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1 Der Einsatz Groupware-basierter fachlicher Komponenten für Prozess- und Teamorientierung im Controlling Steigender Wettbewerbsdruck, die Globa- lisierung der Märkte und immer kürzer werdende Innovationszyklen in der Soft- ware-Entwicklung erfordern in zuneh- mendem Maße eine Erhöhung von Flexi- bilität, Integrationsgrad und Offenheit von Softwaresystemen [FeSi97, 25]. Insbe- sondere im Controlling lassen sich durch die Verwendung fachlicher Komponen- ten die Vorteile einer effektiven Wieder- verwendbarkeit, Anpassbarkeit und Er- weiterbarkeit realisieren. Im folgenden Beitrag wird das am Groupware Competence Center der Uni- versität Paderborn konzipierte prozessori- entierte Team-Controllingsystem (ProTe- Cos) vorgestellt, das durch die Integration einer Executive Information System-Kom- ponente und innovativer Workflow- und Projektmanagement-Komponenten mit integriertem Dokumentenmanagement der Unterstützung von Controllingprozes- sen in einem teamorientierten Kontext dient. Durch eine neuartige Komponen- ten-übergreifende Architektur bisher weitgehend isolierter fachlicher Kompo- nenten stellt ProTeCos ein integratives System zur Darstellung, Analyse, Informa- tionsaustausch und vor allem Prozesscon- tolling dar, dessen Gesamtfunktionalität mittels Groupware-basierter fachlicher Komponenten gewährleistet wird. Die Zielsetzung von ProTeCos ist es, sämtliche Informationen, die für einen Anwender in einem bestimmten Kontext von Bedeu- tung sind, zu integrieren und eine flexibel konfigurierbare Benutzersicht auf die In- formationen zu erlauben. Über die Infor- mationsversorgung hinaus ermöglicht ProTeCos auch eine fundierte Entschei- dungsunterstützung und aktive Informa- tions- und Wissensgenerierung, z.B. durch die Integration von Planungsmodellen. Die im Folgenden dargestellten fachli- chen ProTeCos-Komponenten sind eigen- ständig und haben sich „standalone“ in vielen unterschiedlichen Anwendungsfel- dern bewährt. Erst die Integration der auf unterschiedlichen Paradigmen basieren- den, fachlichen Komponenten bietet durch die Realisierung von Synergieeffek- ten neue Perspektiven und Möglichkeiten, die weit über die Summe der Potenziale der einzelnen fachlichen Komponenten hinausgehen und ProTeCos völlig neue betriebswirtschaftliche Gesamtfunktiona- litäten verleihen. Die prozess- und team- orientierte Nutzung von ProTeCos basiert somit auf der Modularität der fachlichen Komponenten, die so konzipiert, realisiert und eingesetzt werden, dass sie in unter- schiedlichen Anwendungsumgebungen und Einsatzbereichen wiederverwendbar und erweiterbar sind. Dementsprechend sind die fachlichen ProTeCos-Komponen- ten in Hinblick auf ihre Systemarchitektur, Komplexität und systemtechnischen Schnittstellen so generisch, dass sie in viel- fältigen Anwendungsumgebungen im Sin- ne einer offenen Systemarchitektur stan- dalone oder im Verbund mit anderen fachlichen Komponenten nutzbar sind. Die Erweiterbarkeit um weitere fachliche Komponenten stellt somit eine charakte- ristische Eigenschaft von ProTeCos dar und gewährleistet die flexible Nutzung des Systems in unterschiedlichen Einsatz- bereichen. Das ProTeCos-Framework setzt sich, wie in Bild 1 dargestellt, aus folgenden Groupware-basierten, modular aufgebau- ten fachlichen Komponenten zusammen: dem ProTeCos-Kernel, der ProTeCos-EIS- Komponente sowie der ProTeCos-Projekt- management-Komponente. Bei den modularen ProTeCos-Kompo- nenten handelt es sich um einzelne, stand- alone nutzbare Frameworks, deren objekt- orientierte Architekturen, Meta-Modelle und Basisfunktionalitäten, abgesehen von der EIS-Komponente, am Groupware Competence Center der Universität Pader- born seit 1992 konzipiert wurden. Die da- raus generierten Produkte werden auf dem Groupware-Markt als (Standard-) Produkte vertrieben und bewähren sich seit 1995 in der betrieblichen Praxis in ei- ner Fülle horizontaler und vertikaler An- wendungsumgebungen. ProTeCos wird in Kooperation mit einem großen deut- schen Maschinenbauunternehmen als Pro- totyp entwickelt und befindet sich z.Zt. in der Evaluationsphase. Die eingesetzten 20 Konzeption eines prozessorientierten Team-Controllingsystems (ProTeCos) mit Groupware-basierten fachlichen Komponenten Philipp Haberstock, Ludwig Nastansky WI – Schwerpunktaufsatz WIRTSCHAFTSINFORMATIK 41 (1999) 1, S. 20 – 30 Dipl.-Kfm. Philipp Haberstock, Prof. Dr. Ludwig Nastansky, Groupware Competen- ce Center, Universität Paderborn, Warburger Str. 100, D-33100 Paderborn, E-Mail: {Philipp.Haberstock | Ludwig. Nastansky}@notes.uni-paderborn.de, http://gcc.uni-paderborn.de

Konzeption eines prozessorientierten Team-Controllingsystems (ProTeCos) mit Groupware-basierten fachlichen Komponenten

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Page 1: Konzeption eines prozessorientierten Team-Controllingsystems (ProTeCos) mit Groupware-basierten fachlichen Komponenten

1 Der EinsatzGroupware-basierterfachlicher Komponentenfür Prozess- undTeamorientierung imControlling

Steigender Wettbewerbsdruck, die Globa-lisierung der Märkte und immer kürzerwerdende Innovationszyklen in der Soft-ware-Entwicklung erfordern in zuneh-mendem Maße eine Erhöhung von Flexi-bilität, Integrationsgrad und Offenheitvon Softwaresystemen [FeSi97, 25]. Insbe-sondere im Controlling lassen sich durchdie Verwendung fachlicher Komponen-ten die Vorteile einer effektiven Wieder-verwendbarkeit, Anpassbarkeit und Er-weiterbarkeit realisieren.

Im folgenden Beitrag wird das amGroupware Competence Center der Uni-versität Paderborn konzipierte prozessori-entierte Team-Controllingsystem (ProTe-Cos) vorgestellt, das durch die Integrationeiner Executive Information System-Kom-ponente und innovativer Workflow- undProjektmanagement-Komponenten mitintegriertem Dokumentenmanagementder Unterstützung von Controllingprozes-sen in einem teamorientierten Kontextdient. Durch eine neuartige Komponen-ten-übergreifende Architektur bisherweitgehend isolierter fachlicher Kompo-nenten stellt ProTeCos ein integrativesSystem zur Darstellung, Analyse, Informa-tionsaustausch und vor allem Prozesscon-tolling dar, dessen Gesamtfunktionalitätmittels Groupware-basierter fachlicherKomponenten gewährleistet wird. DieZielsetzung von ProTeCos ist es, sämtlicheInformationen, die für einen Anwender ineinem bestimmten Kontext von Bedeu-tung sind, zu integrieren und eine flexibelkonfigurierbare Benutzersicht auf die In-formationen zu erlauben. Über die Infor-mationsversorgung hinaus ermöglichtProTeCos auch eine fundierte Entschei-dungsunterstützung und aktive Informa-tions- und Wissensgenerierung, z.B. durchdie Integration von Planungsmodellen.

Die im Folgenden dargestellten fachli-chen ProTeCos-Komponenten sind eigen-ständig und haben sich „standalone“ invielen unterschiedlichen Anwendungsfel-dern bewährt. Erst die Integration der aufunterschiedlichen Paradigmen basieren-den, fachlichen Komponenten bietetdurch die Realisierung von Synergieeffek-ten neue Perspektiven und Möglichkeiten,die weit über die Summe der Potenzialeder einzelnen fachlichen Komponentenhinausgehen und ProTeCos völlig neuebetriebswirtschaftliche Gesamtfunktiona-litäten verleihen. Die prozess- und team-orientierte Nutzung von ProTeCos basiertsomit auf der Modularität der fachlichenKomponenten, die so konzipiert, realisiertund eingesetzt werden, dass sie in unter-schiedlichen Anwendungsumgebungenund Einsatzbereichen wiederverwendbarund erweiterbar sind. Dementsprechendsind die fachlichen ProTeCos-Komponen-ten in Hinblick auf ihre Systemarchitektur,Komplexität und systemtechnischenSchnittstellen so generisch, dass sie in viel-fältigen Anwendungsumgebungen im Sin-ne einer offenen Systemarchitektur stan-

dalone oder im Verbund mit anderenfachlichen Komponenten nutzbar sind.Die Erweiterbarkeit um weitere fachlicheKomponenten stellt somit eine charakte-ristische Eigenschaft von ProTeCos darund gewährleistet die flexible Nutzungdes Systems in unterschiedlichen Einsatz-bereichen.

Das ProTeCos-Framework setzt sich,wie in Bild 1 dargestellt, aus folgendenGroupware-basierten, modular aufgebau-ten fachlichen Komponenten zusammen:dem ProTeCos-Kernel, der ProTeCos-EIS-Komponente sowie der ProTeCos-Projekt-management-Komponente.

Bei den modularen ProTeCos-Kompo-nenten handelt es sich um einzelne, stand-alone nutzbare Frameworks, deren objekt-orientierte Architekturen, Meta-Modelleund Basisfunktionalitäten, abgesehen vonder EIS-Komponente, am GroupwareCompetence Center der Universität Pader-born seit 1992 konzipiert wurden. Die da-raus generierten Produkte werden aufdem Groupware-Markt als (Standard-)Produkte vertrieben und bewähren sichseit 1995 in der betrieblichen Praxis in ei-ner Fülle horizontaler und vertikaler An-wendungsumgebungen. ProTeCos wirdin Kooperation mit einem großen deut-schen Maschinenbauunternehmen als Pro-totyp entwickelt und befindet sich z.Zt. inder Evaluationsphase. Die eingesetzten

20

Konzeption einesprozessorientiertenTeam-Controllingsystems(ProTeCos) mitGroupware-basiertenfachlichen Komponenten

Philipp Haberstock, Ludwig Nastansky

WI – Schwerpunktaufsatz

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 41 (1999) 1, S. 20 – 30

Dipl.-Kfm. Philipp Haberstock, Prof. Dr.Ludwig Nastansky, Groupware Competen-ce Center, Universität Paderborn,Warburger Str. 100, D-33100 Paderborn,E-Mail: {Philipp.Haberstock | Ludwig.Nastansky}@notes.uni-paderborn.de,http://gcc.uni-paderborn.de

Page 2: Konzeption eines prozessorientierten Team-Controllingsystems (ProTeCos) mit Groupware-basierten fachlichen Komponenten

fachlichen Komponenten und ihre Funk-tionalitäten umfassen im Wesentlichen:

■ Der ProTeCos-Kernel stellt die Basisdes ProTeCos-Frameworks dar und be-steht u.a. aus dem Espresso-Modul alsoperativer Zentralkomponente mit in-tegrierter Workflow-Engine (ProTe-Cos-WF), OrganizationModeler undProcessModeler zur Abbildung der Auf-bau- und Ablauforganisation [Espr98].

■ Die ProTeCos-EIS-Komponente(ProTeCos-EIS) besteht aus einem EIS-Modul für Analyse und (Re-)Präsenta-tion von Datenkollektionen sowie zurUnterstützung eines innovativen Re-portings, dem Roll-Up-Modul zur Zu-sammenfassung und Konsolidierungvon Daten sowie dem Jiver-Modul zurBereitstellung von HTML-Funktiona-litäten [EIS97].

■ Die ProTeCos-Projektmanage-ment-Komponente (ProTeCos-Pro-ject) dient als Planungsumgebung demintegrierten Management von Zeiten,Terminen und Leistungen sowie derteamorientierten Projektabwicklungim Controlling. Das Modul ProjectCon-nect stellt dabei die Integration mit derfachlichen Komponente MS-Project(oder austauschbar: CA SuperProject)her. ProjectBuilder dient der intuiti-ven, grafischen Erstellung von Control-ling-Projekten sowie der Bereitstellungvon Project-Libraries [GrPr98].

Die Systemintegration der einzelnen fach-lichen ProTeCos-Komponenten wird mit-tels einer Groupware-basierten Architek-tur von Message-Objekten realisiert[Nast98, 176f.] und ermöglicht einegrundlegende Ausrichtung auf Prozess-orientierung im Management und in derLeistungserstellung. Es ist gerade diese Ar-chitektur, die durch Integration bisher ge-trennter fachlicher Komponenten einenneuartigen Ansatz in der Kommunikation,Kooperation und Koordination im Con-trolling darstellt. Im Groupware-Kontextsteht bei Kommunikation das „send“-Prin-zip im Vordergrund, so dass sich der (1)

Kommunikationsaspekt von Groupwareinsbesondere auf Systeme zum „store-and-forward“-Versand von elektronischenMessage-Objekten bezieht. Unter dem (2)

Kooperationsaspekt von Groupware wirdvor allem das gemeinsame Arbeiten einerGruppe nach dem „share“-Prinzip verstan-den, bei dem die Gruppenmitglieder Zu-griff auf einen gemeinsamen Informa-tionsbestand haben, den sie einsehen,

bearbeiten und erweitern können. Der(3) Koordinationsaspekt umfasst darüberhinaus Struktur und Prozessketten vonGeschäftsprozessen und konzentriert sichauf Modellierung und operative Ab-wicklung der Gruppenarbeit im Rahmenvon Workflow-Management-Systemen[Lotu95].

Ziel eines prozessorientierten Control-ling ist es, auch die operativen Ebenen desunternehmerischen Geschehens und Han-delns transparent zu machen, um alle Un-ternehmensbereiche jeweilig zielorien-tiert auszurichten und koordinieren zukönnen [Bred98, 94]. OrganisatorischeVeränderungen in Richtung kleiner, ei-

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Groupware-basierte fachliche Komponenten

MS-ProjectMS-

Project

........z.B. DSSz.B. DSS

WeitereKomponenten

WeitereKomponentenProTeCos-Project

• Project-DB-Modul• Ressource-DB-Modul(PAVONE GroupProject)

ProTeCos-Project

• Project-DB-Modul• Ressource-DB-Modul(PAVONE GroupProject)

DataWarehouse

DataWarehouse SAPSAP OLTP-

SystemeOLTP-

Systeme

ProTeCos-EIS

• EIS-Modul• Roll-Up-Modul• Jiver-Modul(PAVONE Roll-Up&EIS)

ProTeCos-EIS

• EIS-Modul• Roll-Up-Modul• Jiver-Modul(PAVONE Roll-Up&EIS)

ExterneDatenbanken

ExterneDatenbanken

Project-ConnectProject-Connect

Project-BuilderProject-Builder

ProTeCos-Kernel

• Simulations-Modul• HTML-Modul

ProTeCos-Kernel

• Simulations-Modul• HTML-Modul

ProTeCos-WFWorkflow-Engine

(PAVONEEspresso)

ProTeCos-WFWorkflow-Engine

(PAVONEEspresso)Modeler

Organization-Modeler

Process-ModelerProcess-Modeler

Bild 1 Roadmap der fachlichen Komponenten im ProTeCos-Framework

Kernpunkte für das Management

Das Prozessorientierte Team-Controllingsystem (ProTeCos) stellt ein inno-vatives Konzept zur Eliminierung bestehender Schwachstellen imControlling dar. Die Integration der Groupware-basierten fachlichenKomponenten für Executive Information Systems (EIS), Workflow-, Projekt-und Dokumentenmanagement gewährleistet:• neue Perspektiven durch die Realisierung von Synergieeffekten für die

prozess- und teamorientierte Unterstützung der Informationsversorgungs-,Planungs- und Kontrollprozesse.

• die Unterstützung der Kommunikation, Kooperation und Koordination inflexiblen, dokumentengetriebenen Workflows im Intranet und Internet.

• die Informationsdarstellung, -analyse und -verteilung sowie die Entschei-dungsunterstützung durch eine flexibel konfigurierbare Benutzersicht aufsämtliche bedeutenden Informationen.

• die Wiederverwendbarkeit und Erweiterbarkeit in unterschiedlichen An-wendungsumgebungen im Umfeld der Kooperationserfahrungen mit ei-nem großen Maschinenbauunternehmen.

Stichworte: Groupware Framework, wiederverwendbare fachlicheKomponenten, Controlling, Prozessorientierung, Executive InformationSystem, Workflow Management, Projekt Management, Message-Objekte

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genständiger Geschäftseinheiten sowieder verstärkte Einbezug externer Partnerlassen dabei die Koordinationsaufgabe fürdas Controlling immer wichtiger werden.Für die wirkungsvolle Erfüllung dieser An-sprüche sind einerseits eine grundlegendeprozessorientierte Ausgestaltung der In-formations-, Kommunikations-, Planungs-und Kontrollsysteme, andererseits die Un-terstützung und laufende Koordinationder damit verbundenen Prozesse selbstnotwendig.

Ein prozessorientiertes Controllingnutzt das Wissen und die Motivation alleram Controllingprozess beteiligten Mitar-beiter und erfordert die Bereitstellungprozessspezifischer, flexibler Steuerungs-instrumente zur Teamunterstützung imControlling [Fisc96, 222]. Durch die Inte-gration bisher weitgehend isolierter fach-licher Komponenten, wie z.B. ExecutiveInformation Systems (EIS) und einem ver-zahnten Ensemble von Groupware An-wendungen, ermöglicht ProTeCos, flacheHierarchien in Unternehmen zu unterstüt-zen und Teamarbeit im Controlling pro-duktiver zu gestalten. Die Integrationsar-gumente, die hier für Groupware-basierteFrameworks gelten, unterscheiden sich inihrer Essenz nicht von den Argumenten,die in der Literatur für transaktionsorien-tierte, nicht Message-Objekt orientierteSysteme zu finden sind. Als Beispiel fürletztere sei auf einen aktuellen konzeptio-nellen Beitrag im SAP R/3-Bereich verwie-sen (SAP Business Framework [SAP98]).

Im Folgenden werden zunächst – inHinblick auf die Aufbereitung der fachli-chen Umgebung – die Schwachstellen be-stehender Controllingprozesse in ihren In-formationsversorgungs-, Planungs-, Kon-troll- sowie Koordinationsfunktionen, auf-gezeigt und die wesentlichen Merkmalevon Groupware und Messaging als Enab-ling-Technologien im Controlling darge-stellt. Ausgehend von den skizzierten An-forderungen an ProTeCos werden in An-schluss daran ausgewählte Funktionalitä-ten verdeutlicht. Abschließend wird – inHinblick auf Modellierung, Entwurf undAnwendungsarchitekturen auf Basis fach-licher Komponenten – das objektorien-tierte ProTeCos-Architekturkonzept skiz-ziert.

2 Groupware undMessaging als „Enabling“-Technologien für denEinsatz fachlicherKomponenten imControlling

2.1 Schwachstellenbestehender ExecutiveInformation Systems (EIS)und ControllingprozesseDie bisher vergangenheitsorientierte,stark auf die Aufgaben des innerbetriebli-chen Rechnungswesens beschränkte Per-spektive des Controlling kann den heuti-gen Anforderungen an Flexibilität, Schnel-ligkeit, Vollständigkeit, Übersichtlichkeitund Anpassungsfähigkeit der Informa-tionsversorgung nicht genügen. Vielmehrmuss sich das Controlling weit mehr anden zukünftigen Aufgaben der Unterneh-mensführung orientieren, da Informatio-nen zunehmend als Quelle strategischerWettbewerbsvorteile anzusehen sind.

Die Bereitstellung umfassender und re-levanter Informationen sowie ihre schnel-le Auswertung und Analyse ist Aufgabevon Executive Information Systems (EIS)bzw. Führungsinformationssystemen[GlGa97, 201ff.]. Starres Bereichsdenkenund mangelnde Flexibilität gegenüberwechselnden Anforderungen sind Nach-teile funktionsorientierter Organisations-strukturen und schränken die Leistungsfä-higkeit von EIS erheblich ein. Traditionel-le EIS sind oft passive und statische Syste-me, die aufgrund unausgeprägter Prozess-orientierung nicht in der Lage sind, dieSchwachstellen bestehender Informa-tionsversorgungs-, Planungs- und Kon-trollprozesse zu reduzieren. DerartigeSchwachstellen sind u.a.:

■ Statische, arbeitsplatzorientierte Orga-nisationssicht

■ Abteilungsegoistisches Rollenverhal-ten sowie Informations- und Machtmo-nopole

■ Passives Kommunikationsverhalten■ Bringepflichtige Informationsversor-

gung der Prozesse■ Medienbrüche und Schnittstellenpro-

bleme innerhalb der Controllingpro-zesse

■ Redundante Datenhaltung und fehlen-de Datenkonsistenz

■ Papierbasiertes Reporting zu vorgege-benen Zeitpunkten

■ Geringe Prozesstransparenz■ Lange Durchlaufzeiten der IST-Erfas-

sungs- und Planungsprozesse sowiestarre Planungshorizonte

■ Fehlende Abstimmung und inkonsis-tente Planungsmodelle

■ Fehlende strategische Kontrolle■ Heterogene Informationstechnologie

[ScRö97, 215; Piet94, 175].

Zur Überwindung dieser Schwachstellenbedarf es der Erweiterung eines EIS um ak-tive und dynamische Komponenten. Die-se fördern die Unterstützung eines dichtenKommunikationsnetzes, die Koordinationzwischen Abteilungen, Arbeitsgruppenund Teams, die konsequenten Ausrich-tung aller am Controllingprozess beteilig-ten Mitarbeiter auf ein gemeinsames Zielsowie einen dynamischen Ansatz in derDefinition und organisatorischen Rege-lung der Schnittstellen und Kompetenzenim Controlling.

Darüber hinaus werden in traditionel-len EIS zumeist hochgradig strukturierte,quantitative Informationen (z.B. in For-mularen oder Tabellenreporten) in ver-gleichsweise starren Abläufen bearbeitet.Ein großer Teil relevanter Informationenim Unternehmen lässt sich jedoch nicht instrukturierten Datensichten darstellen,weist eine erhebliche formale und seman-tische Spannbreite auf und ist in ad-hocAbläufe eingebettet. Typische Beispieledafür sind Nachrichtenmeldungen, Mei-nungen, Ideen, zusammenfassende Con-trollingberichte, Planungsabstimmungen,Markttrends, Konkurrenzanalysen, Unter-nehmensstrategien, Businesspläne oderProjektpläne. Trotz ihrer Bedeutung fürden Controllingprozess ist die Sammlung,Bearbeitung, Speicherung und Weiterlei-tung solch „weicher“, wenig strukturier-ter, qualitativ wirksamer Informationen inherkömmlichen EIS nur mit erheblichemAufwand zu bewältigen oder sogar un-möglich – etwa frei formatierte Dokumen-tenstrukturen, komplexe Zusammenstel-lungen einzelner Reportelemente, Busi-ness-Grafiken, Abbildungen – ganz zuschweigen von multimedialen Datenty-pen wie Animation, Sprache oder Video[NaSc95, 305ff.].

Herkömmliche EIS gehen in der Regelvon einer streng hierarchisch geordnetenUnternehmenspyramide aus, innerhalb

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Philipp Haberstock, Ludwig Nastansky

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welcher in regelmäßigen Abständen eineVielzahl von Daten zu schriftlichen Be-richten für das Management verdichtetwerden. In zukünftigen, wettbewerbs-orientierten Unternehmensorganisatio-nen müssen jedoch alle Mitarbeiter weitintensiver mit jeweilig notwendigen undgeeignet gefilterten Informationen für ihreAufgaben versorgt werden, um schnellauf sich verändernde Anforderungen desMarktes reagieren zu können [Moun96,70]. Dabei sind Teamarbeit und ganzheitli-che, prozessorientierte Handlungsweisenwesentliche Rahmenparameter. Es gilt,auf ein Berichtswesen mit einem primäreinseitigen Informationsfluss von untennach oben zugunsten vernetzter Struktu-ren zu verzichten und bestehende Hinder-nisse im Informationsfluss, wie z.B. Ma-nagementhierarchien, zu reduzieren[Müll94, 196f.].

Durch die Verflachung der Hierarchienin dezentralen, prozessorientierten Unter-nehmen wird der Kommunikations-, Ko-operations- und Koordinationsaufwandimmer größer. Diese Entwicklung erfor-dert, dass neue Strukturen schnell geschaf-fen werden können und der Zugriff aufUnternehmensdaten nach Bedarf zu steu-ern ist. Diese notwendige Flexibilität wirdaber durch die starre Standardisierung vonEIS und deren einseitige Orientierung anquantitativen, internen Daten behindert.

Ein innovatives EIS als Instrument einesprozessorientierten Controlling ist daherdurch strukturoffene und qualitativeAspekte zu ergänzen. Neben der rückbli-ckenden Analyse operativer Daten solltees auch zukunftsgerichtete sowie externeInformationen beinhalten. Informations-und zunehmend Wissensmanagement imGegensatz zur Datenorientierung spielt da-bei eine immer wichtigere Schlüsselrolle.Ein modernes EIS sollte jedoch neben derErweiterung der Ausrichtungsdimensio-nen (z.B. qualitative und externe Informa-tionen) und der Systemkomponenten(z.B. Data Warehouse und OLAP [In-mo96]) auch in der konzeptionellen Aus-richtung angepasst werden. Oftmals wer-den Führungskräfte mit irrelevanten Infor-mationen überlastet und häufig laufen Ak-tivitäten im Unternehmen voneinandergetrennt ab. In Zukunft bedarf es derenVerknüpfung und damit einer integriertenPlattform für die Kommunikation, Koope-ration und Koordination. Nur unter diesenVoraussetzungen können EIS auch in Zu-kunft ihrer Rolle als leistungsstarke Con-

trolling-Instrumente gerecht werden[BrDö97, 328].

2.2 Groupware als Basiseines prozessorientiertenControllingSeit Anfang der neunziger Jahre existiereninnovative Informations- und Kommuni-kationssysteme, die mit dem BegriffGroupware bezeichnet werden. Diese ha-ben grundlegend neue Zielsetzungen,funktionale Konzepte sowie Architektu-ren und eröffnen neue Perspektiven undPotenziale im Controlling. Computer Sup-ported Cooperative Work (CSCW) stelltin diesem Zusammenhang ein interdiszi-plinäres Forschungsgebiet dar, welchesdie Verbindung zwischen Informations-und Kommunikationstechnologie und ko-operativer Teamarbeit zum Forschungsge-genstand hat [KrLe91, 345ff.] und als wis-senschaftlicher Rahmen der Untersu-chung von Groupware betrachtet werdenkann. „Groupware“ stellt in diesem Rah-men einen generischen Begriff für speziali-sierte computerbasierte Werkzeugumge-bungen und Plattformen dar, die daraufausgerichtet sind, für Arbeit in Teams ein-gesetzt zu werden [Grei88; MaCr90;Riem98, 53f.].

Offene Groupware-Plattformen sind inder Lage, den neuen Anforderungen anEIS im Rahmen eines prozessorientiertenControlling Rechnung zu tragen. Group-ware unterstützt durch die Basisfunktiona-litäten bei Kommunikation, Koordinationund Kooperation eine weit effektivereNutzung und (Weiter-)Bearbeitung aller

Arten von Informationen innerhalb desControllingprozesses sowie die Abstim-mung und Koordination von Planungs-und Kontrollprozessen in dezentralen undverteilten Unternehmensorganisationen.Bild 2 stellt in diesem Kontext grundle-gende Zusammenhänge zwischen demzeitlichen Verlauf der Entwicklungen imBereich der Informationstechnologienund den zu beobachtenden Veränderun-gen der Unternehmensstrukturen dar[Scho98, 10].

Mit Hilfe von Groupware mit einemessenziell prozessorientierten Systeman-satz können die Systembrüche zwischenstrukturierten Datenmengen und nicht-strukturierten Informationsbeständen auf-gehoben werden. Mittels entsprechenderSchnittstellen wird ein systemoffener Da-ten- und Informationsaustausch möglich,um den Zugang zu strukturierten Daten,so z.B. zu traditionellen EIS oder Transak-tionssystemen, sowie zu unstrukturiertenDaten, so z.B. Internet, WWW oder Doku-mentenmanagementsystemen, zu realisie-ren. Groupware ermöglicht dadurch denZusammenschluss von Informations- undKommunikationssystemen verschiedenerteilautonomer Systeme und schafft so dieVoraussetzungen für neue Organisations-und Kommunikationsstrukturen im Con-trolling. Groupware baut dabei komple-mentär auf vorhandenen Systemen aufund schafft ein neues, auf Message-Objekten basierendes Verbindungsnetzzwischen den Systemebenen.

Das standardisierte, periodische Ma-nagement Reporting lässt sich mit Hilfevon Groupware-Applikationen durch fle-

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Groupware-basierte fachliche Komponenten

HierarchischeOrganisationen

Flache Hierarchien

Dezentralisierung

Prozeßorganisation/Business Teams

Flex

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nehm

ens-

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ktur

enun

dde

rA

ufga

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Gruppenunterstützung durch Informationstechnologien

70er Jahre 80er Jahre 90er Jahre 21. Jahrhundert

Mainframe

Client Server

Personal Computing

Groupware

Internet/Network

Computing

Bild 2 Entwicklung von Unternehmensstrukturen und Informationstechnologien

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xible, nachfrageorientierte und prozessge-triebene Reportingsysteme ablösen. Infor-mationen werden nicht mehr nach einemvorgegebenen, starren Schema von einemMitarbeiter zum anderen verschoben, son-dern stehen in jeder gewünschten Formzu jeder gewünschten Zeit an jedem ge-wünschten Ort den Entscheidungsträgernunterschiedlicher Hierarchiestufen imRahmen eines hochdifferenzierten Zu-griffsschemas zur Verfügung (Prinzip ei-nes „information pull“ in einer „informa-tion sharing“ unterstützenden Systemum-gebung) [BrDö97, 328].

Groupware-Anwendungen erlaubendie Einbindung der verschiedenen Instan-zen in einen auf die Unternehmenszieleausgerichteten Controllingprozess. So istes möglich, alle Controller aktiv am Con-trollingprozess zu beteiligen und ihnen In-formationen, z.B. über die getroffenenEntscheidungen und umzusetzenden Maß-nahmen, auf allen Hierarchiestufen ent-sprechend ihrer Funktion und Aufgabenzur Bearbeitung bereitzustellen. DieseForm des „Team-Controlling“ unterstütztein von Zusammenarbeit geprägtes Rol-lenverhalten und ermöglicht mittels offe-ner Kommunikation über alle Hierarchie-ebenen hinweg, Planabweichungen, Pro-bleme, Chancen und Risiken zu erkennenund schnell und effektiv darauf zu reagie-ren. Controlling-Teams integrieren dabeiihre Beiträge abteilungs- und funktions-übergreifend unter Berücksichtigung ei-ner gemeinsamen, messbaren Zielsetzungin den gemeinschaftlichen Kontext derControllingprozesse. Absicherungs- undPlanbefolgungsdenken soll dabei durch ei-genverantwortliches Handeln und per-sönlichen Einfluss auf die Erfüllung derControlling-Aufgaben abgelöst werden.

2.3 Essenzielle Merkmalevon Groupware undMessaging in ProTeCosEin prozessorientiertes Controlling erfor-dert, dass teamorientierte Controllingsys-teme zur Informationsversorgung undEntscheidungsunterstützung geschaffenwerden müssen, die kurze Entscheidungs-zeiten und Entscheidungsdelegation un-terstützen [Müll94, 195ff.]. Die in diesemBeitrag vorgestellte Integration der ProTe-Cos-EIS-Komponente und innovativerGroupware Komponenten zu einem pro-zessorientierten Team-Controllingsystem(ProTeCos) zur Unterstützung von Koor-

dination, Informationsversorgung sowiePlanung und Kontrolle schafft die Voraus-setzungen für neue Organisations- undKommunikationsstrukturen und -kulturenim Controlling.

Innerhalb einer flexiblen Workflow-Architektur wird die zunehmende Fokus-sierung auf Wissenselemente an Stelle vonreinen Datensichten durch die zentraleNutzung von Compound-Dokumenten,eingebettet in Message-Objekte als Contai-ner-Strukturen, unterstützt. Diese Contai-ner dienen der Aufnahme der „klassi-schen“ Datenobjekte im Controlling (For-mular, Tabelle, Grafik) wie auch der be-reits angesprochenen darüber hinausge-henden unstrukturierten Informations-oder Wissenselemente. Sie sind verteiltlesbar und beschreibbar, gesteuert durchWorkflow-Management mit jeweiligenaufgabenspezifischen Zugriffskontrollme-chanismen und Sicherheitsvorgaben. Da-durch, dass verteilte Fachkompetenzenschneller und effizienter nutzbar gemachtwerden, Abstimmungsarbeit erleichtertund Synergien durch gemeinsame Res-sourcennutzung erschlossen werden,dient ProTeCos damit ebenso zur Lösungschwer formalisierbarer Problemklassenin den Workflows eines Controllingsys-tems – Problemklassen, deren Informa-tionsmanagement bisher z.B. mittels Pa-pierdokumenten, ad-hoc Meetings oderTelefonaten realisiert wurde.

Die gemeinsame Nutzung von Informa-tionsobjekten stellt einen wichtigenAspekt der Verwendung Groupware-basierter fachlicher Komponenten in ei-nem „sharing“-Kontext dar. Die fachli-chen Komponenten sind von allen Con-trollingmitarbeitern funktional verteiltnutzbar und erlauben einen gezielten Zu-griff auf die jeweilig betroffenen, gleich-falls verteilt organisierbaren Daten- bzw.Informationsrepositorys. So kann z.B. vonverschiedenen Standorten auf dieselbe In-formation in variantenreichen Anwender-sichten zugegriffen werden oder die Bear-beitung einer Teilaufgabe gezielt dezentralangestoßen werden. In Hinblick auf dieVerminderung der Durchlaufzeiten undsemantische Anreicherung, z.B. bei derIST-Erfassung von Daten, bei Budgetpla-nung und -kontrolle oder bei ad-hoc Auf-gaben, sind damit über Workflow-Ma-nagement und Compound-DokumenteQuantensprünge in der Qualität einesControlling-Systems realisierbar. Die not-wendige Koordination und Synchronisa-tion bei zeitlich und räumlich getrennten

Controlling-Teams wird dabei durch eineausgefeilte Messaging- und Replikationsar-chitektur gewährleistet.

3 Konzeption desprozessorientierten Team-Controllingsystems(ProTeCos)

3.1 Die Unterstützung derInformationsversorgungsprozesse durch die EIS-KomponenteUnter der Informationsfunktion des Con-trolling ist die systematische Erfassung,Aufbereitung und Bereitstellung aller füh-rungsrelevanten Informationen zu verste-hen. Die ProTeCos-EIS-Komponente un-terstützt in diesem Zusammenhang fol-gende Funktionalitäten, die dazu dienen,unternehmensweite Informationen in ih-ren diversen Formen zu erfassen, zu kon-solidieren, grafisch aufzubereiten, zu ana-lysieren und zu verteilen:

■ Konsolidierung von Informatio-nenEIS generiert aus den Unternehmensda-ten aggregierte und konsolidierte Con-trolling-Informationen, die auf OLAP[EIS97] basieren und allen am Control-lingprozess Beteiligten ein umfassen-des Bild der aktuellen Geschäftssitua-tion liefern.

■ Detaillierte Analyse von Informa-tionenEIS stellt verschiedene Möglichkeitenbereit, vorhandene Daten umfassendzu analysieren. Durch die Auswahl dergrafisch aufbereiteten Daten lassen sichz.B. Umsatz- oder Ergebnisabweichun-gen einfach erkennen und entspre-chend beeinflussen. VerschiedeneSichten auf die Daten sowie „Drill-Down“ und „Slice-and-Dice“ Funktio-nalitäten ermöglichen dabei fundierteund zielgenaue Unternehmensent-scheidungen.

■ Vielfältige grafische Gestaltungs-möglichkeitenDurch freie Wahl von Diagramm-Typ,Legende oder „Warn“-Funktionen lässtsich die grafische Präsentation der Da-ten einfach und individuell anpassen.Alle Reports lassen sich im Dokumen-tenmanagement-Kontext flexibel gene-rieren, strukturieren und auswerten.

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Philipp Haberstock, Ludwig Nastansky

Page 6: Konzeption eines prozessorientierten Team-Controllingsystems (ProTeCos) mit Groupware-basierten fachlichen Komponenten

■ Wahl zwischen Standard- und ad-hoc BerichtenEIS ermöglicht die Wahl zwischen vor-definierten Tabellen, Grafiken und„Warn“-Funktionen im periodischenoperativen Controlling oder ad-hoc Ab-fragen zur Beantwortung individuellerFragestellungen z.B. im Rahmen vonstrategischen Controlling-Prozessen.

■ Vorabdefinition der Präsentations-unterlagenEIS unterstützt die Festlegung einer be-stimmten Anordnung von Diagram-men und Berichten im Rahmen vonPräsentationen sowie die Definition be-vorzugter Ansichten.

■ Live-BriefingDie Funktion des Live-Briefings ermög-licht die Kommentierung und qualitati-ve Analyse ausgewählter „Slices“ durchalle Anwender. Diese grafisch individu-ell aufbereiteten und kommentiertenSlices lassen sich allen Nutzern des EISzugänglich machen und ermöglicheneine gemeinsame Bewertung. Das inBild 3 dargestellte Live Briefing stelltsomit eine leistungsfähige Option ziel-gerichteter und benutzerspezifischerKommunikation und Kooperation in-nerhalb des EIS dar.

Die ProTeCos-EIS-Komponente bietet eineMöglichkeit, aktuelle Standardberichte imganzen Unternehmen in koordiniertenWorkflows schneller und mit wenigerAufwand als mit herkömmlichen Repor-tingsystemen bereitzustellen. Die am Con-trollingprozess beteiligten Mitarbeiterwerden dadurch von Routineabläufenentlastet und können mehr Zeit für dieAnalyse von Berichten und Auswertun-gen verwenden.

Durch die weit reichende Delegationvon Entscheidungsbefugnissen und durchdie höhere Eigenverantwortlichkeit derMitarbeiter in dezentralen und teamorien-tierten Unternehmensstrukturen vergrö-ßert sich der Adressatenkreis der Control-linginformationen und verlangt somiteine stärkere Berücksichtigung der indivi-duellen Informationsbedürfnisse. Dem-entsprechend gewinnen flexible Spezial-analysen und Controllingauswertungen,die auf die jeweiligen dezentralen Verant-wortungsbereiche (z.B. Profit Center) aus-gerichtet sind gegenüber aufwendigenStandardauswertungen an Bedeutung. AlsKonsequenz hat sich das Controlling inZukunft weitaus stärker als bisher mit derIndividualisierung der Informationsnach-

frage und der Flexibilisierung zur Befriedi-gung dieser Informationsnachfrage aus-einander zu setzen [Reic96, 560].

Die ProTeCos-EIS-Komponente bietetdaher die Flexibilität, Berichtsinhalte – be-dienungsmäßig gesehen – einfach den in-dividuellen Anforderungen der Benutzeranzupassen. Anwender können Informa-tionen individuell gruppieren, sortierenund filtern. Auswahllisten, Eingabeauffor-derungen und die Hervorhebung von sig-nifikanten Abweichungen erhöhen eben-falls den Nutzen solcher Berichte und Ana-lysen. Da jeder Bericht eine entsprechen-de multidimensionale Logik beinhaltet,können Empfänger ihre Berichte um wei-tere Funktionalitäten ergänzen. Für alleAdressaten besteht die Möglichkeit mehr-dimensionaler, stufenweiser Informa-tionsabrufe und -verdichtungen („DrillDown“, „Drill Up“) sowie der Durchgriffauf operative Datenbestände („DrillThrough“) zu Analysezwecken. Eine Ar-chitektur von Datenwürfel-Objekten ver-mindert dabei die notwendigen Zugriffeauf operative Datenbestände.

Mit den eingebetteten Groupware-spezifischen Koordinationsmechanismenwird bei einer „vollständig“ verteilten Da-tenhaltung [Nast98, 191-196] gleichzeitiggewährleistet, dass alle Daten und Infor-mationsmengen in einer kohärenten Form

gehalten werden und allen Controlling-mitarbeitern im Rahmen ihrer Benutzer-rechte zugänglich sind. Datenobjekte wer-den per Replikation in verteilten Umge-bungen selektiv synchronisiert, so dassÄnderungen und Aktualisierungen derDaten allen Mitarbeitern in einem wohlde-finierten organisatorischen Kontext un-mittelbar und laufend zur Verfügung ste-hen. Spezielle Anstrengungen zur Aktuali-sierung einzelner Auswertungen entfallensomit, da über dem gesamten System einautomatisches, dokumentenzentriertesVersionsmanagement liegt. Die vollständi-ge und korrekte Erfassung und Übernah-me entscheidungsrelevanter Daten ausTransaktionssystemen (z.B. SAP), aus un-terschiedlichen Niederlassungen und Län-dern ist in diesem Zusammenhang eineder wichtigsten Voraussetzungen für eineeffiziente unternehmensweite Informa-tionsversorgung und wird in der ProTe-Cos-EIS-Komponente durch die üblichenOLAP-Schnittstellen im Data Warehouse-Kontext realisiert („IntraOLAP-Pump“)[EIS97].

Aufgrund der Verantwortlichkeitsdele-gation auf alle Mitarbeiter findet der Pro-zess der Informationsversorgung und -be-arbeitung jedoch nicht nur auf obersterFührungsebene statt, sondern bezieht alleMitarbeiter ein. Der Informationsversor-

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Groupware-basierte fachliche Komponenten

Bild 3 EIS-Funktion „Live Briefing“

Page 7: Konzeption eines prozessorientierten Team-Controllingsystems (ProTeCos) mit Groupware-basierten fachlichen Komponenten

gungsprozess kann hierbei gemäß Seufert[Seuf97, 139] wie in Bild 4 dargestellt alsZyklus aus Query, Analyse, Reporting undTeam Review beschrieben werden, beidem die jeweiligen Verantwortlichkeiteninnerhalb der ProTeCos-EIS-Komponente

in einem geschlossenen Prozessmodell ab-gebildet werden.

Der Einsatz von ProTeCos ist hierbeigerade auch auf tieferen Hierarchieebenensinnvoll, da dort weitaus detailliertereKenntnisse über die Ursachen einer spezi-

fischen Controlling-Maßnahmen erfor-dernden Entwicklung vorhanden sind alsauf den oberen Führungsebenen. So lassensich in ProTeCos Standardauswertungendurch aussagekräftige erläuternde Kom-mentare im Informationsmanagement derbeteiligten Mitarbeiter anreichern. Indivi-duelle Ergänzungen können anschließendbegutachtet und bei Bedarf konsolidiertwerden.

3.2 Die Unterstützung derPlanungs- undKontrollprozesse durch dieWorkflow- undProjektmanagement-KomponenteGerade für die Koordination der iterati-ven, unternehmensweiten Planungs-,Kontroll- und Budgetierungsprozesse, ins-besondere in dezentralen Unternehmen(z.B. bei Profit Center-Organisationen), er-weist sich der Einsatz Groupware-basier-ter Komponenten für Workflow-Manage-ment als hoch problemangepasst und ef-fektiv. Mittels der Workflow-Komponen-te in ProTeCos lassen sich Rahmenplänein Teilpläne untergliedern und den je-weils verantwortlichen Bereichseinheitenzuordnen. Dieser Prozess wird in der Re-gel von einem zentralen Controlling-Teamkoordiniert und betrieben. Innerhalb derdezentralen Bereiche können in einemmehrstufigen Prozess Planungsteamleiterdann z.B. Controllern ihre individuelleAufgabe im Teilplan zuordnen (spezifi-sche Funktionalität in der Team-Adres-sierung und Gruppenauflösung der zu-grundeliegenden „Espresso“ Workflow-Engine [Espr98]). Sobald die dezentralenBereiche ihre individuellen Budgets fertiggestellt haben, erscheinen die Ergebnisseautomatisch im Gesamtplan und lassensich mit Hilfe des EIS grafisch aufbereitenund analysieren.

Bild 6 stellt ein solches Planungsdoku-ment dar, das im aktuellen Workflow-Management gemäß formalisiertem Pla-nungsprozess an alle beteiligten Profitcen-ter parallel versendet wird. Die Konsoli-dierung der einzelnen Teilpläne zu einemGesamtplan erfolgt automatisch mit Hilfevon Software Agenten.

Über die Zustandsmodellierung imWorkflow-Modell ist es kontinuierlichmöglich, den aktuellen Stand des Gesamt-plans mit Hilfe der ProTeCos-EIS-Kom-

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Philipp Haberstock, Ludwig Nastansky

Query Analyse Reporting Team Review

1. Anfragedes Benutzers

2. Ergebnisanalyse(Drill-Down / Sliceand Dice struktu-rierter Daten)

4. Berichterstellungund -verteilung

6. Konsolidierung derKommentare/Szenarien

3. Erkennen von Anomalien/ ggf.Durchgriff auf zugrundeliegendeDokumente/semistrukturierte Daten

5. Ggf. Initiierung weiterer indiv. Query-und Analyseprozesse der Teammitglieder

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Bild 4 Prozess der Informationsversorgung

Bild 5 Multimediales Informationsobjekt in ProTeCos

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ponente zu analysieren. Die grafische Ge-genüberstellung von Plan- und IST-Datenkann somit jederzeit von allen Control-lingmitarbeitern aufgerufen werden kann.

Auch ohne dass alle Teilpläne vollstän-dig in den Gesamtplan integriert wordensind, lassen sich aktuelle Zwischenständedes Gesamtplans abrufen und analysieren.Noch ausstehende, überfällige oder vor-läufige Plandaten werden dabei klar iden-tifiziert, so dass der aktuelle Prozessstandder Planung lückenlos dokumentiert ist.Über die Definition geeigneter Software-Agenten lässt sich eine automatische Auf-forderung an diejenigen Kostenstellen-und Budgetverantwortlichen vornehmen,die bis zu einem bestimmten Zeitpunktihre Planwerte noch nicht in den Gesamt-plan integriert haben. In gleicher Weiselassen sich Benachrichtigungen an weite-re Planungsverantwortliche in Abhängig-keit von bestimmten Zeit-Triggern defi-nieren. Der Zeitverzug bestimmter nochausstehender Teilpläne wird den Planver-antwortlichen auf diese Weise automa-tisch angezeigt, so dass weitere Steue-rungsmaßnahmen gezielt eingeleitet wer-den können. Ebenso lassen sich bei einerAbweichung vom Planungskalender alleBeteiligten über eventuelle Verschiebun-gen der Planungstermine informieren.

Aufgrund des Projektcharakters vielerPlanungsabläufe, wie z.B. der operativenJahresplanung, wird ein Netzplansystemals in ProTeCos integrierte weitere fachli-che Komponente für die Planung und Ver-folgung der Termine und Leistungen derControllingprojekte genutzt und gewähr-leistet ein zeitbezogenes Management derMeilensteine, Projektlaufzeiten und SOLL-Abweichungen. Im Sinne der Komponen-tenarchitektur als Netzplantechnik-Enginebeliebig austauschbar sind dabei die welt-weit verbreiteten Systeme MS Project undCA SuperProject [MSPr98; CASu98]. Mit-tels der ProTeCos-Projektmanagement-Komponente (ProTeCos-Project) lassensich alle geplanten Aufgaben an die ent-sprechenden Controllingmitarbeiter ver-teilen. Die Rückmeldung der IST-Daten er-folgt auf elektronischem Weg. Alle amControllingprojekt beteiligten Mitarbeiterhaben jederzeit Zugriff auf den stets aktu-ellen Status des Controllingprojektes undkönnen bei Problemen sofort reagieren.Bild 7 stellt einen Ausschnitt aus dem ak-tuellen Projektplan der operativen Jahres-planung des Partnerunternehmens dar(Beispiel auf Basis von MS Project).

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Groupware-basierte fachliche Komponenten

Bild 6 Controlling-Planungsobjekt im Workflow-Kontext

Bild 7 Integration der Netzplantechnik-Komponente in ProTeCos

Page 9: Konzeption eines prozessorientierten Team-Controllingsystems (ProTeCos) mit Groupware-basierten fachlichen Komponenten

3.3 Die Koordination desgesamten Controlling-Prozesses durch denProTeCos-KernelDie komplexen Abläufe im Controllingstellen aufgrund der intensiven Kommu-nikations- und Kooperationsbeziehungenbesondere Anforderungen an den ProTe-Cos-Kernel, der die einzelnen ProTeCos-Komponenten im Rahmen einer Control-ling-Plattform integriert und mittels derProTeCos Workflow-Engine die Basis fürdie Kommunikation, Kooperation und Ko-ordination im Controlling bildet. Durchden ProTeCos-Kernel lassen sich Berichteund Auswertungen von einer bearbeiten-den Stelle zur nächsten weiterleiten. Eslässt sich dabei genau definieren, welcheMitarbeiter welche Berichte und Auswer-tungen zur Bearbeitung vorgelegt bekom-men und welche Informationen diese Be-richte in Abhängigkeit von der jeweiligenBenutzerklasse enthalten sollen.

Ausgangspunkt der prozessbezogenenUnterstützung der Planungs- und Kontrol-laufgaben auf den unterschiedlichen Hie-rarchieebenen sind Funktionalitäten zurModellierung der Planungs- und Kontroll-prozesse mit Hilfe eines Prozessmodellie-rungswerkzeugs. Dazu werden die rele-

vanten Planungs- und Kontrollprozesseidentifiziert und, wie in Bild 8 dargestellt,mit Hilfe eines grafischen Vorgangseditorsinnerhalb von ProTeCos abgebildet. DasKonzept der ad-hoc Modifikation ermög-licht darüber hinaus, variable und kurzfris-tig aufzufangende Abweichungen von dervorgegeben normalen Ablaufstruktur inruntime-Umgebung zu realisieren.

Neben der grafischen Modellierung derAblaufkomponenten in den Planungs-und Kontrollprozessen ermöglicht ProTe-Cos das grafische Erstellen und Pflegender Controlling-Aufbauorganisation, dieVerwaltung der Controlling-Teams undAbteilungen sowie die Zuweisung be-stimmter Planungs- und Kontrollaufgabenzu diesen Teams und Abteilungen [Ot-Na97]. Bild 8 zeigt einen beispielhaftenSchnappschuss aus dem ProTeCos-Pro-cessModeler und dem ProTeCos-Or-ganizationModeler mit Darstellung derAbteilungs- und Teamorganisation.

In einem durch zunehmende Komple-xität und wachsende Dynamik gekenn-zeichneten wirtschaftlichen Umfeld wer-den in ProTeCos der Flexibilität, Anpass-barkeit und Reagibilität als Schlüsselfakto-ren für die Unterstützung der Controlling-prozesse und als Voraussetzung für ad-äquates unternehmerisches Handeln derEntscheidungsträger hohes Gewicht bei-

gemessen. ProTeCos-Process-Modelerund -OrganizationModeler sind in ihrerEinbettung in die fachliche KomponenteEspresso (ProTeCos-Kernel) architektur-mäßig auf eine flexible und schnelle An-passung aller betroffenen ProTeCos-Komponenten sowohl an Veränderungender Informationsbedürfnisse als auch derOrganisationsstrukturen und Controlling-prozesse ausgerichtet. Sie unterstützen da-durch die Wiederverwendbarkeit derfachlichen Komponenten. In ProTeCoskönnen daher Auswertungsdimensionen,Unternehmensstrukturen, Projekte undAbläufe prinzipiell einem laufenden Ver-änderungs- bzw. Anpassungsprozess un-terworfen sein. Im Gegensatz zu Transak-tionssystemen unterstützt die Message-Objekt- und Dokumenten-basierte Group-ware-Architektur in höchst leistungsfähi-ger Form inkrementale Versionierungenwie auch das Nebeneinander strukturun-terschiedlicher Prozesse in einem komple-xen, verteilten Prozessumfeld. Durch die-se Flexibilität lässt sich die Entwicklungvon Controllingsystemen in unterschied-lichsten Unternehmensumfeldern einfa-cher, schneller und kostengünstiger ge-stalten sowie die Qualität und Wartbarkeitder Lösungen signifikant erhöhen.

Darüber hinaus wird die Wiederver-wendbarkeit der fachlichen ProTeCos-

Philipp Haberstock, Ludwig Nastansky

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Bild 8 Komponenten Process-Modeler und Organization-Modeler in ProTeCos

Page 10: Konzeption eines prozessorientierten Team-Controllingsystems (ProTeCos) mit Groupware-basierten fachlichen Komponenten

Komponenten durch generische system-technische Schnittstellen unterstützt, diees ermöglichen, die fachlichen Kompo-nenten in vielfältigen Anwendungsumge-bungen im Sinne einer offenen Systemar-chitektur standalone oder im Verbund zunutzen. Dementsprechend ist im Rahmendes Forschungsprojektes der Einsatz aus-gewählter ProTeCos-Komponenten inden Bereichen Konstruktion sowie For-schung und Entwicklung des Partnerun-ternehmens geplant. Neben der Wieder-verwendbarkeit der fachlichen Kompo-nenten dienen die generischen System-schnittstellen sowie die Systemarchitekturder Erweiterbarkeit des ProTeCos um wei-tere fachliche Komponenten. Eine Erwei-terung z.B. in Form einer Methoden- undModellunterstützung durch eine Decision-Support-Komponente, interne Wissensda-tenbanken, in denen z.B. Controlling-handbücher, Bewertungsvorschriften undbereichsspezifische Richtlinien online zurVerfügung gestellt werden, externe Wirt-schaftsdatenbanken, die durch eine fachli-che Komponente mit Frühwarn-Funktio-nalitäten ausgewertet werden oder unter-nehmensübergreifende Kommunikations-module stellen nur einige Beispiele einerErweiterung von ProTeCos dar.

Innerhalb des ProTeCos-Kernels die-nen dedizierte Zugriffsrechte dazu, überfokussierte Definitionen von (sich mögli-cherweise überschneidenden) Benutzer-gruppen jeweilig nur die relevanten Ar-beitsobjekte bereitzustellen. Ein standardi-sierter, partieller Umsatzbericht kann soz.B. gezielt an eine Teilmenge von ProfitCentern disseminiert werden; die Betrof-fenen sehen dabei jeweils nur die ihr je-weiliges Profit Center angehenden Zah-len. In einer ad-hoc Aktion lassen sich z.B.Bearbeitungsobjekte mit hohem Vertrau-lichkeitsanspruch zum Sammeln spezifi-scher Informationen an die betroffeneZielgruppe unter Nutzung von Encryp-tion-Technologie in Umlauf bringen undwieder zusammenführen.

Als technologische Basis für die Inte-gration der einzelnen fachlichen ProTe-Cos-Komponenten dient die marktführen-de Groupware-Plattform Lotus Notes, wel-che eine Integrationsebene über einerVielzahl heterogener Hardware-, (Anwen-dungs-)Software-, Betriebs- und Netzbe-triebs-Systemen im Intranet und Internetzu bilden vermag. Kommunikation, Dar-stellung, Analyse und Bearbeitung der In-formationen folgen damit einer strengMessage-Objekt orientierten Architektur

und stellen für die Anwender eine einheit-liche dokumentenzentrierte Oberflächebereit. Besondere Merkmale der Group-ware-Plattform Lotus Notes sind u.a. ge-meinsam genutzte Compound-Doku-mente in verteilten Dokumentendaten-banken mit Replikationsarchitektur, dieUnterstützung integrierter Gruppenkom-munikation, vielfältige standardisierteSchnittstellen zu externen Datenbestän-den oder Transaktionssystemen, ausge-reifte Sicherheitskonzepte, eine integrier-te Agentenarchitektur sowie eine mächti-ge und skalierbare Entwicklungsumge-bung. Insbesondere hat sich Lotus Notes –im Kontext des übergeordneten Themen-kreises dieses Beitrags – seit Jahren alsPlattform bewährt, welche gerade die Ent-wicklung fachlicher Komponenten unddenn daraus erfolgenden modularen Auf-bau übergeordneter Komponenten-Sys-teme von seiner essenziellen Message-Objekt Architektur her in verteilter Umge-bung nicht nur unterstützt, sondern for-dert.

Lotus Notes stellt im Rahmen der Pro-TeCos-Architektur durch die Server-Kom-ponente Domino ohne besonderen zusätz-lichen Entwicklungsaufwand transparen-te Intra- und Internetfunktionalitäten be-reit. Entsprechend können für die Notes-nativen fachlichen Komponenten in Pro-TeCos wahlweise Notes-Clients oder stan-

dardmäßige Web-Browser an den verteil-ten Arbeitsplätzen der Controlling-Mitar-beiter bzw. auf Geschäftsführungsebenegenutzt werden. Anzeige, Bereitstellungund Bearbeitung von Controlling-Be-richten und Auswertungen ist entspre-chend in skalierbarer Weise im Intranet ei-ner Organisation oder via Internet mög-lich. Vorteile dieser Architektur bestehenim Investitionsschutz in IT-Infrastruk-turen durch standardisierte Bedienbar-keit, vergleichsweise geringen zusätzli-chen Hard- und Softwareanforderungenbei den Clients (wenn überhaupt) und derproblemlosen Integration bzw. dem trans-parenten Zugriff auf externe Informatio-nen über das Internet.

Als Basistechnologien innerhalb derProTeCos-EIS-Komponente dienen DataWarehouse und OLAP (Online AnalyticalProcessing)-Technologien. Ausgehendvon marküblichen Transaktionssystemen,wie z.B. SAP, lassen sich die Daten einesUnternehmens in einem Data Warehousezu einem zentralen Datenpool zusammen-fassen. In Verbindung mit OLAP-Techno-logien können entscheidungsrelevante In-formationen schnell und effizient abge-fragt werden [Inmo96].

Bild 9 stellt die ProTeCos-Architektur,komplementär zu der Komponentendar-stellung in Bild 1, in einer mehr funktiona-len Sicht dar.

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Groupware-basierte fachliche Komponenten

Operative Systeme

Groupware Plattform

Roll-up-

Engine

ProTeCos-Benutzeroberfläche

ProTe

Cos

Es-pres-

so

Lotu

sN

otes

Internet

ExterneDaten

ExternesProjekt-

planungs-

ExternesProjekt-

planungs-tool

EIS-Appli-kation

EIS-Appli-kation

ProTeCos-Eingangs-

korb

ProTeCos-Eingangs-

korb

EspressoProcess-Modeler

EspressoProcess-Modeler

EspressoOrga-

Modeler

EspressoOrga-

Modeler

Bild 9 Schematische Darstellung der ProTeCos-Architektur

Page 11: Konzeption eines prozessorientierten Team-Controllingsystems (ProTeCos) mit Groupware-basierten fachlichen Komponenten

4 Zusammenfassung undAusblick

Unternehmensweite Informationen in ih-ren diversen Formen und an unterschied-lichen Orten zu erfassen, zu konsolidie-ren, zu analysieren, im Workflow (weiter)zu bearbeiten und zu verteilen stellt für je-des Unternehmen eine große Herausfor-derung dar. In Anbetracht der bisherigenpositiven Praxiserfahrungen kann das pro-zessorientierte Team-Controllingsystem(ProTeCos) vor diesem Hintergrund alsein innovatives Controllingsystem be-trachtet werden, das durch den EinsatzGroupware-basierter fachlicher Kompo-nenten die Schwachstellen klassischer„Executive Information Systems“ zu über-winden versucht und neue Möglichkeitenzum aktiven Informationsmanagement,zur Entscheidungsunterstützung und zumWissensmanagement im Controlling auf-zeigt. Durch die Zusammenstellung undAnpassung der dargestellten fachlichenKomponenten in Form des ProTeCos Me-ta-Modells wurde versucht, die Entwick-lung und das Deployment von Control-lingsystemen einfacher, schneller undkostengünstiger zu gestalten sowie derenQualität erheblich zu erhöhen.

Durch den Einsatz der Groupware-basierten fachlichen Komponenten istProTeCos skalierbar, flexibel an unter-schiedliche Umfeldbedingungen anpass-bar und trägt maßgeblich zur Reduzierungder zeitlichen, räumlichen und konzeptio-nellen Distanz der Planungs- und Entschei-dungsebenen in Unternehmen bei. Dem-entsprechend soll durch die generischeGestaltung der Systemarchitektur sowieder systemtechnischen Schnittstellen dieErweiterbarkeit und Wiederwendbarkeitder fachlichen Komponenten gewährleis-tet werden.

Aus dem erheblichen Potenzial derVerwendung fachlicher Groupware-ba-sierter Komponenten im Controlling er-gibt sich anhand der Praxiserfahrungender Bedarf an weiteren innovativen Lö-sungen zur Unterstützung der Team- undProzessorientierung im Controlling. DieErweiterung der ProTeCos-Konzeptionum weitere Komponenten wie z.B. exter-ne Datenbanken sowie Methoden- undModellunterstützung erscheint deshalbsinnvoll und notwendig.

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