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Lagerungsbedingte Ver inderungen im Aroma von Milchschokoladen Gottfried Ziegleder und Eva Stojacic Fraunhofer-Institut ffir Lebensmitteltechnologie und Verpackung, Schragenhofstrasse 35, D-8000 Mfinchen 50 Changes in the flavour of milk chocolate during storage Summary. The flavour of fresh and stored milk choc- olates was analysed by means of gaschromatography/ mass spectroscopy. Fresh samples produced by crumb processes revealed a typical caramel taste and con- tained relatively high amounts of furfurylic com- pounds. Stored samples contained two 3,5-octadien-2- ones and some &lactones. Their possible origin is dis- cussed. As model reactions show, the generation of oc- tadienones may be influenced by lipoxidases. Zusammenfassung. Das Aroma frischer und gelagerter Milchschokoladen wird anhand GC/MS untersucht. Frische Muster aus Crumb-Prozessen weisen einen ty- pischen Caramelgeschmack auf und enthalten relativ hohe Konzentrationen einiger Furfurylverbindungen. In gealterten Milchschokoladen werden zwei 3,5-Oc- tadien-2-one und mehrere 6-Lactone nachgewiesen. Die m6gliche Herkunft dieser Stoffe wird diskutiert, wobei Modellversuche den EinfluB von Lipoxidasen auf das Entstehen der Octadienone nahelegen. 1 Problemstellung Die Kenntnisse fiber das Milchschokoladenaroma sind noch unvollkommen, obwohl die Aromen der einzelnen Rezepturbestandteile, Kakao, Milchpulver und Zucker ausgiebig untersucht worden sind. Die komplexe Zusammensetzung der Milchschokoladen erschwert zweifellos die Aromaanalyse und mag den Anreiz zu entsprechenden Arbeiten bisher ged/impft haben. Dabei gelten Geschmack und Aroma zurecht als die qualit/itsbestimmenden Merkmale von Milch- schokolade, und die Identifizierung der geschmacks- gebenden Komponenten sollte daher interessant sein. Auch die bekanntlich schlechtere Lagerf/ihigkeit von Offprint requests to: G. Ziegleder Z Lebensm Unters Forsch (1988) 186:134~138 © Springer-Verlag1988 Milchschokoladen im Vergleich zu Bitterschokoladen hat ihre Ursache im Aromabereich. Daher kann die Aromaanalyse wertvolle Erkenntnisse darfiber liefern, wie die Haltbarkeit zu verbessern w/ire. Der EinfluB der Lagerung auf die Qualit/it von Milchschokoladen wurde anhand chemischer Kenn- zahlen verfolgt [1, 2], w/ihrend im Aroma von Milch- schokolade besonders die freien Fetts/iuren [3] und Hydroxymethylfurfural [4] Beachtung fanden. Zahl- reicher sind Arbeiten fiber das Milchpulveraroma und seine Alterung, so dab hier Literaturangaben nicht vollst/indig aufgeffihrt werden k6nnen [5-8]. Der Ver- gleich zwischen Milchschokolade und Milchpulver ist naheliegend jedoch nur bedingt aussagef/ihig, da Milchfett in Schokolade durch die antioxidative Wir- kung des Kakaoanteils [9] besser gegen oxidativen Verderb geschfitzt wird. Zweifellos hat aber die Quali- t/it bzw. Frische des eingesetzten Milchpulvers wesent- lichen EinfluB auf Aroma und Haltbarkeit von Milch- schokoladen. Die vorliegenden Aromaanalysen wurden an Was- serdampfdestillaten frischer und gelagerter Milch- schokolade durchgefiihrt, mit dem Ziel, insbesondere Erkenntnisse fiber die Alterungsvorg/inge in Milch- schokolade zu erhalten. Die Ergebnisse k6nnten ffir die Qualit/itskontrolle von Nutzen sein oder erste Grundlagen fiir die Herstellung lagerstabiler Milch- schokoladen schaffen. 2 Versuchsbedingungen 2.1 Probematerial und Lagerungsbedingungen Definierte Vollmilchschokolade aus der Industrie (hergestellt fiber Milchpulver oder Crumb) frisch und gelagert untersuchen. Lagerung ohne Papiereinschlag, geruchsneutral in Blecheimern, bei 23 °C, 18 °C, 0 °Cund -20 °C. Vergleichsversuche mit entsprechenden Milchpulverproben und Kakaomassen. 2.2 Aromagewinnung 30 g geraspelte Milchschokolade mit 30 ml vorgew/irmtem destillier- ten Wasser verrnengen und in den Einsatz einer Wasserdampfdestil- lations-Apparatur nach Antonacopoulos (Greiner & GaBner, Mfin- chen) einbringen. Naeh rascher Wasserdampfdestillation die ersten 10 ml des Destillats auffangen, mit kleinen Stfickchen Atzkali auf

Lagerungsbedingte Veränderungen im Aroma von Milchschokoladen

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Lagerungsbedingte Ver inderungen im Aroma von Milchschokoladen

Gottfried Ziegleder und Eva Stojacic Fraunhofer-Institut ffir Lebensmitteltechnologie und Verpackung, Schragenhofstrasse 35, D-8000 Mfinchen 50

Changes in the flavour of milk chocolate during storage

Summary. The flavour of fresh and stored milk choc- olates was analysed by means of gaschromatography/ mass spectroscopy. Fresh samples produced by crumb processes revealed a typical caramel taste and con- tained relatively high amounts of furfurylic com- pounds. Stored samples contained two 3,5-octadien-2- ones and some &lactones. Their possible origin is dis- cussed. As model reactions show, the generation of oc- tadienones may be influenced by lipoxidases.

Zusammenfassung. Das Aroma frischer und gelagerter Milchschokoladen wird anhand GC/MS untersucht. Frische Muster aus Crumb-Prozessen weisen einen ty- pischen Caramelgeschmack auf und enthalten relativ hohe Konzentrationen einiger Furfurylverbindungen. In gealterten Milchschokoladen werden zwei 3,5-Oc- tadien-2-one und mehrere 6-Lactone nachgewiesen. Die m6gliche Herkunft dieser Stoffe wird diskutiert, wobei Modellversuche den EinfluB von Lipoxidasen auf das Entstehen der Octadienone nahelegen.

1 Problemstellung

Die Kenntnisse fiber das Milchschokoladenaroma sind noch unvollkommen, obwohl die Aromen der einzelnen Rezepturbestandteile, Kakao, Milchpulver und Zucker ausgiebig untersucht worden sind. Die komplexe Zusammensetzung der Milchschokoladen erschwert zweifellos die Aromaanalyse und mag den Anreiz zu entsprechenden Arbeiten bisher ged/impft haben. Dabei gelten Geschmack und Aroma zurecht als die qualit/itsbestimmenden Merkmale von Milch- schokolade, und die Identifizierung der geschmacks- gebenden Komponenten sollte daher interessant sein. Auch die bekanntlich schlechtere Lagerf/ihigkeit von

Offprint requests to: G. Ziegleder

Z Lebensm Unters Forsch (1988) 186:134~138 © Springer-Verlag 1988

Milchschokoladen im Vergleich zu Bitterschokoladen hat ihre Ursache im Aromabereich. Daher kann die Aromaanalyse wertvolle Erkenntnisse darfiber liefern, wie die Haltbarkeit zu verbessern w/ire.

Der EinfluB der Lagerung auf die Qualit/it von Milchschokoladen wurde anhand chemischer Kenn- zahlen verfolgt [1, 2], w/ihrend im Aroma von Milch- schokolade besonders die freien Fetts/iuren [3] und Hydroxymethylfurfural [4] Beachtung fanden. Zahl- reicher sind Arbeiten fiber das Milchpulveraroma und seine Alterung, so dab hier Literaturangaben nicht vollst/indig aufgeffihrt werden k6nnen [5-8]. Der Ver- gleich zwischen Milchschokolade und Milchpulver ist naheliegend jedoch nur bedingt aussagef/ihig, da Milchfett in Schokolade durch die antioxidative Wir- kung des Kakaoanteils [9] besser gegen oxidativen Verderb geschfitzt wird. Zweifellos hat aber die Quali- t/it bzw. Frische des eingesetzten Milchpulvers wesent- lichen EinfluB auf Aroma und Haltbarkeit von Milch- schokoladen.

Die vorliegenden Aromaanalysen wurden an Was- serdampfdestillaten frischer und gelagerter Milch- schokolade durchgefiihrt, mit dem Ziel, insbesondere Erkenntnisse fiber die Alterungsvorg/inge in Milch- schokolade zu erhalten. Die Ergebnisse k6nnten ffir die Qualit/itskontrolle von Nutzen sein oder erste Grundlagen fiir die Herstellung lagerstabiler Milch- schokoladen schaffen.

2 Versuchsbedingungen

2.1 Probematerial und Lagerungsbedingungen

Definierte Vollmilchschokolade aus der Industrie (hergestellt fiber Milchpulver oder Crumb) frisch und gelagert untersuchen. Lagerung ohne Papiereinschlag, geruchsneutral in Blecheimern, bei 23 °C, 18 °C, 0 °Cund - 2 0 °C. Vergleichsversuche mit entsprechenden Milchpulverproben und Kakaomassen.

2.2 Aromagewinnung

30 g geraspelte Milchschokolade mit 30 ml vorgew/irmtem destillier- ten Wasser verrnengen und in den Einsatz einer Wasserdampfdestil- lations-Apparatur nach Antonacopoulos (Greiner & GaBner, Mfin- chen) einbringen. Naeh rascher Wasserdampfdestillation die ersten 10 ml des Destillats auffangen, mit kleinen Stfickchen Atzkali auf

pH 8 einstellen, mit NaC1 sfittigen und mit 2 x 1,5 ml Diethylether ausschfitteln. Die Etherphase kalt in N2-Strom auf ca. 0,3 ml ein- engen. Zur ann/ihernden Quantifizierung die Schokolade/Wasser- suspension mit externen Standards versetzen und homogenisieren.

2.3 Gaschromatographie und GC/MS

Gaschromatograph: Carlo Erba 5300 Mega, On-column-Injector; Capillars/iule CP Wax - 52 CB Fused Silika (Chrompack), 50 m; Tr[igergas: He, 70 kPa, Make-up: I-I2, 90 kPa (20 ml/min), Detektor: FID 200 °C, Luft 150 kPa, H 2 65 kPa. Temperaturprogramm 50 °C, 2 min isotherm, dann mit 10 °C/min auf 100 °C und mit 5 °C/min auf 180 °C, dort isotherm. Probenmenge 1 gl.

Gaschromatograph-Massenspektrometer-Kombination Hew- lett-Packard 5990 A; Capillars/iule Carbowax 20 M, 50m, Tr~iger- gas He, Injektor 220 °C, Temperaturprogramm: 60 °C, 4 min iso- therm, dann mit 5 °C/rain auf 170 °C, dort isotherm. Ionisierungs- energie 70 eV. Probenmenge 8 Ixl.

2.4 Dotierung yon Milchschokoladen mit Enzym-Pr@araten

Je 150 g Milchschokolade in einem thermostatisierten Rfihrgef/iB bei 45 °C schmelzen, die Schmelze mit 200 mg eines Enzyms oder einer enzymhaltigen Mischung versetzen und schonend homogenisieren. Danach die Schokoladenmasse in Glfiser ffillen, kristallisieren und bei 24 °C fiber 5 Monate lagern. Eine Nullprobe ohne Zusfitze ana- log vorbehandeln. Zus/itze: je 200 nag von Lipoxidase aus Sojaboh- hen (Fluka), Lipase aus Schweinepankreas (Serva), Haemin aus Rin- derblut (Aldrich) sowie je 200 mg von 1 + 1-Gemischen Lipoxidase/ Lipase, Lipoxidase/Linolensfiure, Haemin/Linolensfiure.

2.50rganoleptische Beurteilung

Die Schokolade durch 4 Koster nach einer geeigneten Halbprofil- Methode beurteilen. Als charakteristische Geschmackskriterien wurden ,frisch - milchig, caramellig, harmonisch, fetts[iurig, k/isig, ranzig, leimig, herbbittere Kakaonote, anhaltender Geschmacksein- druck, Karton- und/oder Fehlgeschmack" herangezogen, ffir die Texturbeurteilung ,Schmelz, Klebrigkeit, Feinheit". Die enzymdo- tierten Muster geruchlich beurteilen.

3 Ergebnisse und Diskussion

3.1 Frische Milchschokolade

Die markantesten Aromastoffe aus dem Wasser- dampfdestillat von Milchschokolade sind in Tabelle I

37

!5 36

43

Abb. 1. Gaschromatogramm des Wasserdampfdestillates einer gela- gerten Milchschokolade (Beschriftung gemgB Tabellen 1 und 2)

aufgefiihrt und in Abb. 1 gekennzeichnet. Kakao als aromaintensiver Bestandteil prfigt die Aromazusam- rnensetzung wesentlich.

Die angegebenen Daten sind daher qualitativ ver- gleichbar mit den Chromatogrammen fiir Kakao [10] oder fiir Bitterschokolade [11]. Dominante Aroma- stoffe des Milchpulvers, wie Diacetyl, 2-Heptanon, Acetoin, Furfural und Benzaldehyd, bewirken ledig- lich relative Konzentrationsverschiebungen im Scho- koladenaroma, da sie auch im Kakaoaroma zu den Hauptkomponenten zfihlen. Das Schokoladenaroma wird ergfinzt und abgerundet durch Vanillin und p- Hydroxybenzaldehyd, die aus einem Vanille-Zusatz stammen.

Spezifisch ffir das Milcharoma sind bekanntlich die freien Fettsfiuren mit den Kohlenstoffzahlen, C4, C6, C8 und Clo, doch wurden diese in der vorliegen- den Arbeit nicht erfal3t, da sie bereits intensiv unter- sucht sind [3] und ihre Isolierung ein spezielles Vorge- hen erfordert hfitte. Beim Vergleich der Spektren von Milchschokolade und Kakao f/illt auf, dab Pyrazine im Schokoladenaroma weniger konzentriert vorkom- men. Dies ist dadurch bedingt, dab die Pyrazinkon- zentration vom Rrstgrad abh/ingt [12] und Kakao ffir

Tabelle 1. Ausgew~ihlte Aromastoffe frischer Milchschokoladen

1 Diacetyl 2 2-Heptanon 3 i Amylalkohol 4 Methylpyrazin 5 2-Methyl-tetrahydrofuran-2-on 6 Methylpyrazin 7 Acetoin 8 2,5-Dimethylpyrazin 9 2,6-Dimethylpyrazin

10 Ethylpyrazin 11 2,3-Dimethylpyrazin 12 2-Ethyl-6-methylpyrazin 13 2-Ethyl-5-methylpyrazin 14 Trimethylpyrazin 15 2,5-Dimethyl-3-ethylpyrazin

16 2,3-Dimethyl-6-ethylpyrazin 17 Furfural 18 Tetramethylpyrazin 19 2,6-Diethyl-3-methylpyrazin 20 2-Acetylfuran 21 Pyrrol 22 Benzaldehyd 23 5-Methylfurfural 24 Benzonitril 25 Phenylacetaldehyd + Acetophenon 26 Furfurylalkohol 27 5-Methylfurfurylalkohol 28 Benzoes/iureethylester 29 Essigs/iurebenzylester 30 1-Phenylethanol

31 Naphtalin 32 Phenylessigsfiureethylester 33 Essigs~iure-2-phenylethylester 34 Benzoes~iure-iso-amylester 35 Benzylalkohol 36 2-Phenylethanol 37 2-Phenyl-but-2-enal (+BHT) 38 4-Methyl-2-phenylpent-2-enal 39 2-Acetylpyrrol 40 Phenol 41 Zimtaldehyd 42 2-Formylpyrrol 43 5-Methyl-2-phenyl-hex-2-enal 44 5-Methyl-2-formylpyrrol 45 Vanillin

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die Milchschokoladenherstellung im allgemeinen schwficher ger6stet wird als ffir Bitterschokolade oder fiir Kakaopulver.

Bemerkenswert ist die gr613ere Konzentration mancher Furfurylverbindungen in Milchschokoladen, da diese im Kakaoaroma normalerweise nur schwach vertreten sind. Insbesondere Furfurylalkohol entwik- kelt sich zu einer Hauptkomponente, wenn bei der Herstellung der Schokolade h6here Feuchtigkeiten angewandt (Produktion von Milkcrumb aus Kon- densmilch und Kakao) oder h6here Temperaturen durchlaufen werden (Verarbeitung von Walzenmilch- pulver). In all diesen Ffillen entstehen Milchschokola- den mit einem mehr oder weniger ausgeprfigten Cara- melgeschmack.

Furfurylalkohol, Methylfurfural und Acetylfuran stellen offenbar Nebenprodukte der Caramelisierung dar. Das Verhfiltnis von Furfurylalkohol/Benzalde- hyd k6nnte nach unseren Ergebnissen als Index I zur Abschitzung der Intensitit des Caramelgeschmacks oder zur Kontrolle der Prozel3parameter herangezo- gen werden. Die I-Werte liegen fiir Milkcrumb-Scho- kolade mit ihrer markanten Caramelnote zwischen et- wa 0,8 und 2,5, ffir konventionell aus Walzenvoll- milchpulver produzierte Schokolade mit erkennbarem Caramelgeschmack bei 0,2 bis 0,4 und ffir Schokolade aus Sprfihvollmilchpulver mit kaum vorhandener Ca- ramelnote unter 0,2. Furfurylalkohol, der nicht selbst zum Caramelgeschmack beitrigt, entsteht fiber den feuchtthermischen Abbau yon Lactose und wurde auch im Milchcaramelaroma als eine der Hauptkom- ponenten identifiziert [13].

3.2 Gelagerte Milchschokolade

Bei Raumtemperatur gelagerte Milchschokolade weist nach etwa 8 bis 12 Monaten im allgemeinen ei- nen beginnenden oder deutlichen Altgeschmack auf. Die zu beobachtenden Geschmacks- und Geruchsein- drficke lassen sich mit fettsfiurig-kfisig, leimig oder kartonartig-muffig beschreiben und stellen bei zuneh- mender Intensitfit schliel31ich einen gravierenden Qua- litfitsverlust dar. Zahlreiche Muster unterschiedlicher Herstellung oder Zusammensetzung wurden geruchs- neutral fiber 8 bis 24 Monate gelagert, analytisch und sensorisch beurteilt und mit frischen oder bei 1 oC ge- lagerten Nullproben verglichen. Bei Milchschokola- den mit den beschriebenen Geschmacksfehlern traten im Chromatogramm meistens spezifische Aromastof- fe in wechselnder Zusammensetzung oder Konzentra- tion auf: 6-Lactone und/oder 3,5-Octadien-2-one (Ta- belle 2). Neben den analytisch erfaBten 6-Lactonen bis Kohlenstoffzahl C12 ist noch mit dem Vorkommen der schwerer flfichtigen Homologen C~4 und C16 zu

Tabelle 2. C h a r a k t e r i s t i s c h e zus~itzliche A r o m a s t o f f e in gea l t e r t en M i l c h s c h o k o l a d e n

Peak" Aromastoff Kovats-Index b MS-Daten =

A (E, Z) 3,5-Octadien-2-on 1 512

B (E, E) 3,5-Octadien-2-on 1 568

C 6-Heptalacton 1 790

D 6-Octalacton 1 930

E 6-Decalacton 2155

F 6-Dodecalacton 2360

43 (100), 95 (90), 81 (53), 41 (36), 124 (33), 79 (32), 53 (32)

95 (100), 43 (75), 81 (49), 41 (35) 79 (28), 53 (28), 124 (25)

42, 99, 41, 77, 55, 43, 56, 128

99, 42, 71, 70, 55, 43, 114

99, 71, 70, 42, 55, 43, 56

99, 55, 70, 71, 43, 42, 114

a A , B, C, D , s. A b b . 1 b Exp . C W 20 M

c Expe r imen te l l

rechnen. Der Gehalt an freien Fettsfiuren steigt nach eigenen Ergebnissen bei der Lagerung nut gering [14].

Die einzelnen 6-Lactone Cs, Clo und C12 errei- chen bei l~ingerer Lagerung eine Maximalkonzentrati- on von annfihernd I mg/kg und k6nnen dabei teilwei- se ihre Geschmacksschwellen fiberschreiten (ffir 6-Oc- talacton 0,6 mg/kg, 6-Decalacton 0,2 mg/kg, 6-Dode- calacton 0,1 mg/kg, jeweils in Wasser bestimmt [15]). 6-Heptalacton wurde nur in Einzelf~illen in geringer Menge nachgewiesen. 6-Lactone k6nnen eine kfisig- ranzige Aromanote in Milchschokolade verursachen, die zum typischen Altgeschmack beitr~igt. Bekannt ist, dab 6-Lactone als charakteristische Alterungsstoffe in Milchpulver auftreten [16] und dort geschmacklich unerwfinscht sind. Durch eine spezielle thermische Vorbehandlung und Desodorierung der Milch konn- ten die Vorstufen der Lactonbildung abgebaut und die Lagerffihigkeit des Milchpulvers verbessert werden [17]. In anderen Milchprodukten, etwa Bratfett, ist der Lactongeschmack dagegen sehr erwfinscht [18].

In Milchfett fiberwiegen generell die 6- gegenfiber den 7-Lactonen [5, 15, 19]. Man geht davon aus, dab sich 6-Hydroxyfettsfiuren als Vorstufen langsam lipo- lytisch aus Triglyceriden abspalten. Da durch Lipasen die Lactonbildung gef6rdert wird [20], k6nnte sie in Milchschokoladen durch die Verwendung lipasearmer Rohstoffe gehemmt werden. Sehr hohe Gehalte an freien Fetts~iuren, wie sie zur Geschmacksbetonung von frischen Milchschokoladen durch den Einsatz li- pasebehandelter [21] oder lipolytisch gereifter [22] Milchpulver erzeugt werden, dfirften die Bildung von 6-Hydroxyfetts~iuren und Lactonen intensivieren und die Schokolade geschmacklich anf/illiger machen.

136

Sehr fiberraschend wurden 3,5-Octadien-2-one un- ter den Hauptaromastoffen vieler gelagerter Milch- schokoladen nachgewiesen. Die Identifizierung der beiden Isomeren erfolgte fiber den Vergleich mit Mas- senspektren [23-25] und GLC-Retentionsindizes nach Literaturangaben. 3,5-Octadienone sind charakteristi- sche Produkte aus enzymatischen, pflanzlichen Oxi- dationsprozessen und kommen fiblicherweise in Aro- men pflanzlicher Stoffe wie Soja, Bohnen, Tee oder Endivie vor. Sie entstehen in Soja durch Oxidation yon Linolens/iure unter Einflul3 von Lipoxygenasen [26, 27]. In Milchprodukten ist 3,5-Octadien-2-on bis- her nur einmal, n/imlich in tranigem Butterfett nach- gewiesen worden [28]. Der Geschmack wurde dort als fettig-fruchtig mit 0,3 bzw. 0,2 mg/kg Schwellenwert angegeben. Damit sind 3,5-Octadien-2-one allerdings geschmacklich weniger wirksam als das verwandte 1,5-Octadien-2-on, das im oxidierten Milchfett einen metallischen off-flavour mit dem beachtlich niederen Schwellenwert yon 0,002 gg/kg darstellt [29].

Viele fiberlagerte Milchschokoladen enthielten rund 1 mg/kg des vorherrschenden (E, Z)-3,5-Octadi- en-2-ons. Alle diese Muster zeigten den charakteristi- schen Altgeschmack, und es liegt nahe, dab 3,5-Octa- dien-2-one hierzu wesentlich beitragen. Nach eigenen Befunden ist das Fehlen der 3,5-Octadien-2-one im Aroma gealterter Milchpulver bemerkenswert; ande- rerseits lassen sich in Milchschokoladen die fiblichen Autoxidationsprodukte des Milchfetts (Alkanale, Alk-2-enale, Alk-2,4-dienale) nicht nachweisen, welche in oxidierten Milchpulvern bekannt sind. Offensicht- lich verhindert die antioxidative Wirkung des Kakao- anteils in Milchschokolade eine normale Autoxidation des Milchfetts, w/ihrend hier ein spezifischer Mecha- nismus bevorzugt 3,5-Octadien-2-one liefert.

Um zu prfifen, ob m6glicherweise Lipoxygenase oder ein verwandtes Enzym in Milchschokolade wir- ken k6nnte, wurde ein Modellversuch durchgeffihrt. G/ingige Enzympr/iparate wurden schonend in ge- schmolzene Milchschokolade eingearbeitet (Tabel- le 3) und diese dann bei 24 °C ffir einige Monate gela- gert. In den mit Lipoxygenase oder Haemin dotierten Proben stieg die Konzentration an 3,5-Octadien-2- onen markant. Diese Reaktion verlief bei Lipoxygena- se sehr spezifisch, w/ihrend sich mit Haemin daneben auch andere Autoxidationsprodukte bildeten (2-Octe- nal, 2-Nonenal, 2,4-Octadienal, 2,4-Nonadienal, 2,4- Decadienal). Das Auftreten dieser Aromastoffe war von einem markanten Geruch begleitet, der bei Lip- oxygenase-Zusatz noch typisch ffir gealterte Milch- schokoladen, mit Haemin jedoch fremdartig wirkte (Tabelle 3). Der Versuch gibt natfirlich keinen Auf- schluB darfiber, ob (oder welche) Enzyme in Milch- schokolade vorkommen, zeigt aber, dab Enzyme dort prinzipiell wirken k6nnen, ungeachtet der sehr niede-

Tabelle 3. EinfluB von k/instlichen Dotierungen auf die Aroma- entwicklung wfihrend der Lagerung a v o n Milchschokolade

Z u s a t z ~ B i ldung von Sensor ische

A r o m a a l t e r u n g e 3 ,5-Octadien- A n d e r e n A u t o x i d a -

2 -onen ° t i o n s p r o d u k t e n ° Typisch Atyp i sch

K e i n 0 0 x 0

L ipox idase x x 0 x x 0 H a e m i n o o x x x Lipase 0 x 0 x x x

Lipox idase / x x 0 x x x x

L ipase

L ipox idase / x x x x x x x x

Linolens / iure

H a e m i n / x x x x x x x x x x

Linolensf iure

" Lagerbedingungen 5 Monate, 24°C b Je 200 nag Zusatz zu 150 g Schokolade c Intensitfitsskala: 0 keine, x leicht, x x stark, x x x sehr stark

ren Wasseraktivitfit und der hohen Polyphenolkon- zentration. Neben Mikroorganismen k6nnen die Rohstoffe Kakao, Milchpulver und Lecithin enzyma- tische Restaktivit/iten in die Rezeptur einschleppen. Welche Rolle Sojalecithin spielt, soll noch geprfift werden. Sojalecithin wird Schokolade als pflanzlicher Emulgator in einer Menge yon etwa 0,4% zugesetzt, wobei Handelslecithine neben Phosphatiden noch So- j a n enthalten. Auch im Aroma von 61freiem Sojalecit- hin wurden 3,5-Octadien-2-one gefunden [30]. Frische und geruchlich einwandfreie Handelslecithine sind, wie eigene Messungen ergaben, noch frei yon 3,5-Oc- tadien-2-onen, w/ihrend diese sich im Aroma von un- giinstig oder 1/inger gelagerten Proben mit unangeneh- mem Geruch zu Hauptkomponenten entwickelt hat- ten. Obwohl dem Lecithin ein antioxidativer Effekt zugeschrieben wird [31], k6nnte es prinzipiell in Kom- bination mit Milchfett an Aromareaktionen beteiligt sein. Minifie [32] hat auf Aromaprobleme in Milch- schokoladen im Zusammenhang mit Sojalecithin hin- gewiesen.

Der Mechanismus der Alterung von Milchschoko- laden ist sicher zu komplex, als dab er durch einzelne Aromastoffe charakterisiert werden k6nnte. Unsere Untersuchung des Wasserdampfdestillats erfal3t nur die flfichtigen Stoffe im Milchschokoladenaroma und erlaubt daher keine Aussage fiber m6gliche Ver/inde- rungen nichtflfichtiger Inhaltsstoffe, beispielsweise ei- ner Denaturierung der Milchproteine. Mit 5-Lacto- nen und 3,5-Octadien-2-onen wurden allerdings zwei sensorisch relevante Stoffgruppen nachgewiesen, die entweder gemeinsam oder mit wechselnder Bedeutung einzeln ffir die Alterung von Milchschokoladen we- sentlich sind. Da freie Fetts/iuren sowohl an den ab- laufenden Reaktionen als auch am geschmacklichen Gesamteindruck beteiligt sind, 1/iBt sich der Alte- rungsproze6 vorwiegend im Milchfett lokalisieren.

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Kakao als nat/irliches Antioxidans kann die spezifi- sche Anf/illigkeit des Milchfetts offenbar nur teilweise ausgleichen. Im Interesse der Qualit/itssicherung sollte bei der Herstellung von Milchschokolade darauf ge- achtet werden, dab restliche Enzymaktivit/iten in den Rohstoffen m6glichst gering sind. Natiirlich ist eine geruchsfreie und hermetisch versiegelte Verpackung erforderlich, um die Aufnahme von Feuchtigkeit und Fehlgerfichen auszuschliegen.

Die vorgestellte Aromauntersuchung kann in pro- blematischen F/illen fiir die Qualit/itsbeurteilung, Fehlersuche und Schadensbegrenzung sehr hilfreich sein. Grenzen ergeben sich allerdings fiir die routine- m/il3ige Qualitfitskontrolle, da die Methode nicht empfindlich genug ist, um den Einflug von Verpak- kungsgertichen sicher zu erfassen und eine Aromaalte- rung bereits im Friihstadium zu erkennen.

Dank. Ffir die finanzielle Unterstfitzung dieser Arbeit danken wir dem Bayerischen Staatsministerium fiir Wirtschaft und Verkehr und der Industrievereinigung ffir Lebensmitteltechnologie und Ver- packung.

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AVI Publ Co, Westport, Connecticut

Eingegangen am 7. Juli 1987

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