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Anna Schulz-Schrade 3. Rundbrief Cáritas Chiclayo Laguna 69 in Huaraz Colca Canyon Arequipa Buenos días, buenas tardes, buenas noches oder auch einfach nur holis (=hola) meine Lieben!! Es ist wieder Zeit für einen neuen Rundbrief, mittlerweile schon der Dritte, und ich hab so viel zu erzählen, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. In Chiclayo herrscht grad ne ganz schöne Hitze und mein Zimmer hat sich gefühlt in eine Sauna verwandelt, deshalb habe ich mir ein schattiges Plätzchen im Park gegenüber vom Haus, in dem ich wohne, zum Schreiben gesucht. So, meine Erlebnisse und Tätigkeiten lassen sich ganz gut in die Zeit vor Weihnachten und meinem Urlaub und danach unterteilen. Cáritas Da das Schuljahr hier von März bis Dezember geht, haben wir auch im PAEC Mitte Dezember das Schuljahr 2018 abgeschlossen. Zum Abschluss haben 2 Freiwillige und ich eine kleine Weihnachtsfeier vorbereitet: wir haben Weihnachtsgeschichten gelesen, Weihnachtslieder gesungen und die Kids haben Weihnachtsmandalas angemalt. Der gute Panetón (der „Weihnachtshefezopf“) durfte natürlich auch nicht fehlen und am Schluss hat jedes Kind eine Urkunde für die Teilnahme am Projekt bekommen. An diesem Tag war ich tatsächlich in Weihnachtsstimmung und ich bin den Kindern echt dankbar für den schönen Tag! Mit den Kindern der jüngsten Gruppe (trigo verde) Elva, Susana, Omar und Junior beim Malen Am selben Tag hatten abends auch wir Freiwilligen von Cáritas unsere Weihnachtsfeier und bei der Gelegenheit haben wir auch noch den „Día del Voluntario“ (Tag des Freiwilligen), der am 05. Dezember war, nachgefeiert. Jeder hat ein bisschen was zum Essen mitgebracht und das Cáritas Team hat sich ein unterhaltsames Programm für uns überlegt.

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Anna Schulz-Schrade 3. Rundbrief Cáritas Chiclayo

Laguna 69 in Huaraz Colca Canyon Arequipa

Buenos días, buenas tardes, buenas noches oder auch einfach nur holis (=hola) meine Lieben!!

Es ist wieder Zeit für einen neuen Rundbrief, mittlerweile schon der Dritte, und ich hab so viel

zu erzählen, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. In Chiclayo herrscht grad ne ganz

schöne Hitze und mein Zimmer hat sich gefühlt in eine Sauna verwandelt, deshalb habe ich mir

ein schattiges Plätzchen im Park gegenüber vom Haus, in dem ich wohne, zum Schreiben

gesucht.

So, meine Erlebnisse und Tätigkeiten lassen sich ganz gut in die Zeit vor Weihnachten und

meinem Urlaub und danach unterteilen.

Cáritas

Da das Schuljahr hier von März bis Dezember geht, haben wir auch im PAEC Mitte Dezember

das Schuljahr 2018 abgeschlossen. Zum Abschluss haben 2 Freiwillige und ich eine kleine

Weihnachtsfeier vorbereitet: wir haben Weihnachtsgeschichten gelesen, Weihnachtslieder

gesungen und die Kids haben Weihnachtsmandalas angemalt. Der gute Panetón (der

„Weihnachtshefezopf“) durfte natürlich auch nicht fehlen und am Schluss hat jedes Kind eine

Urkunde für die Teilnahme am Projekt bekommen. An diesem Tag war ich tatsächlich in

Weihnachtsstimmung und ich bin den Kindern echt dankbar für den schönen Tag!

Mit den Kindern der jüngsten Gruppe (trigo verde) Elva, Susana, Omar und Junior beim Malen

Am selben Tag hatten abends auch wir Freiwilligen von Cáritas unsere Weihnachtsfeier und bei

der Gelegenheit haben wir auch noch den „Día del Voluntario“ (Tag des Freiwilligen), der am

05. Dezember war, nachgefeiert. Jeder hat ein bisschen was zum Essen mitgebracht und das

Cáritas Team hat sich ein unterhaltsames Programm für uns überlegt.

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Anna Schulz-Schrade 3. Rundbrief Cáritas Chiclayo

Im Büro habe ich neben Krippe aufstellen und weihnachtlich dekorieren noch den Job

bekommen, haufenweise Weihnachtskarten zu basteln und ich konnte viele Pfarrer aus

Chiclayo kennenlernen. Cáritas Chiclayo hat (jetzt kein Witz!) über 3.000 Panetóns von der

Lebensmittelbank Peru und Alicorp zum Weiterverteilen gespendet bekommen und deshalb

kamen dann die Pfarrer fast aller Pfarreien der Diözese Chiclayo vorbei, um Spenden für ihre

Gemeinden abzuholen. Außerdem habe ich an einem Morgen mit einer kleinen Präsentation

dem ganzen Team ein paar Weihnachtstraditionen aus Deutschland vorgestellt und sie fanden

vor allem die Schokonikoläusen und den Weihnachtsmarkt chévere (=cool).

Am letzten Arbeitstag kam abends noch der Bischof von Chiclayo Monseñor Robert Prevost

(Chef von Cáritas) mit seinem Stellvertreter, dem Padre Jorge (Pfarrer), zum

Weihnachtsabendessen vorbei. Wir haben neben essen und singen auch feierlich das Jesuskind

in die Krippe gelegt und ich durfte das Gebet dazu vorlesen. Nie hätte ich gedacht, dass ich das

Team, wie ich es bisher kannte und so wie wir an dem schönen und echt lustigen Abend

versammelt waren, zum letzten Mal in der Konstellation sehen würde, aber dazu später mehr.

Mit dem Cáritas Team beim Weihnachtsabendessen Weihnachtsfeier der Freiwilligengruppe

Navidad (Weihnachten)

Mein Weihnachten war dieses Mal definitiv etwas anders als sonst mit meiner Familie daheim!

Ich muss auch gleich mal erwähnen, dass meine Gastfamilie bis auf meine Gastschwester

sicher nicht zu den Weihnachtsverrückten auf diesem Planeten gehört. Sie hat sich sehr

gefreut, dass wenigstens ich ihr geholfen habe das Haus zu dekorieren und so haben wir

zusammen den Weihnachtsbaum aufgestellt bzw. zusammengesteckt (halt ein

Plastikweihnachtsbaum, weil das Wüstenklima nicht so zum Nadelbaumanbau taugt) und

Lichterketten aufgehängt. Was ich sehr schön fand, ist, dass sie ihre Lichterkette in „S-Form“

aufgehängt hat und mir dann stolz erklärt hat, dass das für unsere Nachnamen Sandoval und

Schulz-Schrade steht. Die Lichterketten sind mir übrigens nach 2 Tagen erstmal minimalst auf

den Keks gegangen, weil die nämlich bunt blinken und „singen“ und das in so einem richtigen

Dudelton. Aber nach so einer Woche habe ich mich dann tatsächlich dabei ertappt, wie ich

schon mitsinge und letztendlich fand ich sie dann doch ganz cool die Lichterketten.

Man sollte auf jeden Fall nicht den Fehler machen und kurz vor Weihnachten auf dem Modelo

(Stadtzentrum und größter Markt Chiclayos) einkaufen gehen, weil dort das gleiche Chaos wie

in Deutschlands Straßen herrscht: alles rennt hektisch umher, auf der Suche nach Geschenken

auf den letzten Drücker und man vergisst zwischen dem ganzen Materiellen fast, was

Weihnachten eigentlich wirklich ist.

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Am Weihnachtsabend dann bin ich mit meiner Gastschwester Keyla in die Kathedrale zur

Messe mit dem Bischof gegangen und mir hat vor allem die Predigt über Familie an

Weihnachten gefallen, auch wenn ich davon ziemliches Heimweh bekommen habe… Danach

haben wir mit der Familie Abend gegessen: Truthahn mit Panetón (wir haben jetzt einen

Truthahn weniger im dritten Stock bei den restlichen Hühnern) und von mir zubereiteter, mehr

oder weniger gelungener Glühwein. Um Mitternacht sind wir alle aufs Dach hoch, um das

Feuerwerk über Chiclayo anzuschauen und alle haben sich dann „feliz navidad“ (frohe

Weihnachten) gewünscht. Den eigentlichen Weihnachtstag (25. Dezember) haben wir bei

meiner Gastoma mit mehreren Tanten, Onkels, Cousins und Cousinen verbracht. Meine

Plätzchen und Lebkuchen waren schneller aufgegessen als ich gucken konnte und wenigstens

einer Tante hat der Glühwein richtig gut geschmeckt, die hat ihn dann getrunken :P

Silvester

Eine Woche später war dann wie jedes Jahr gleich die nächste Fiesta: Silvester. Da ich über

Silvester Besuch von 2 meiner besten Freundinnen aus Deutschland hatte, hat meine

Gastfamilie sie zu uns fürs Fest eingeladen. Mit Keyla haben wir uns erstmal mit gelben Sachen

eingedeckt, die an jeder Ecke verkauft werden (Haiwaiiketten, Brillen, Hüte,…), weil einem die

Sachen, wenn man sie um Mitternacht trägt Glück und Reichtum fürs Neue Jahr bringen sollen.

Wir haben dann eigentlich gegen die Tradition vor Mitternacht schon „zu Abend“ gegessen,

weil alle Hunger hatten und es gab Pollo a la Brasa (gebratenes Hähnchen, Pommes und Salat).

Mein Gastvater hat eine kurze Ansprache gehalten und mich voll lieb nochmal in der Familie

willkommen geheißen, was mich sehr berührt hat! Kurz vor Mitternacht sind wir wieder alle

aufs Dach hoch, um dann das große Feuerwerk anzuschauen und um Punkt 12 Uhr haben

meine Freundinnen, Keyla und ich je 12 Trauben gegessen, was auch ein Brauch ist, der einem

Glück fürs neue Jahr bringen soll. Danach haben sich alle Nachbarn aus der Straße unten

versammelt, wir haben uns alle ein „feliz año nuevo“ (Frohes Neues) gewünscht,

Wunderkerzen angezündet und zusammen mit meinen Gastgeschwistern und Freunden von

der Feuerwehr sind wir dann noch nach Pimentel an den Strand in der Nähe gefahren, um dort

mit einem Lagerfeuer den Beginn des Neuen Jahres zu feiern, was auch mal echt eine coole

Erfahrung war!!

Urlaub

Da Cáritas ab Weihnachten bis Anfang Januar geschlossen hatte, habe ich den größten Teil

meiner Ferientage in den Zeitraum gepackt und hatte so von Weihnachten bis Mitte Januar

Urlaub und viel Zeit um ein bisschen Peru zu bereisen. Zuerst war ich mit 2 Freundinnen, die

Mit meiner Gastfamilie und

meinen Freundinnen an Silvester:

Alberto, Pauline, Xenia, Keyla, ich,

Elva und Franco

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bei Cáritas arbeiten, in Huaraz, was in der Region Sierra (Gebirge) liegt. Dort haben wir Touren

im Nationalpark Huascarán und der Cordillera Blanca (höchste tropische Gebirgskette)

unternommen, u.a. zu tiefblauen Lagunen wie der Laguna 69 oder zum Gletscher Nevado

Pastoruri. Die Höhenkrankheit Soroche ist mir gottseidank trotz teilweise mehr als 5.000

Metern Höhe erspart geblieben und ich hatte sogar richtiges Winterfeeling im Dezember, weil

es auf der Gletscher Tour geschneit hat

Wie schon vorher erwähnt, hatte ich ja auch Besuch von 2 Freundinnen aus Deutschland, die

auf ihrer Peru- und Ecuadorreise einen Stop bei mir in Chiclayo eingelegt haben. Ich habe

ihnen zuerst ein bisschen Chiclayo und Umgebung gezeigt und danach sind wir für 2 Tage nach

Chachapoyas, Amazonas also in die „Selva“ (Regenwald) gefahren. Hier haben wir die Gocta

Wasserfälle und Kuélap, die Ruinen der Stadt der Chachapoya („Wolkenmenschen“, Volk aus

der Inkazeit), besichtigt. Es war super schön die Beiden wieder zu sehen, uns über die

vergangene Zeit auszutauschen und ich fand es auch besonders, dass sie meine Gastfamilie

und ein bisschen von meinem Leben in Chiclayo kennenlernen konnten!

Zu guter Letzt habe ich noch mit meinen Mitfreiwilligen Moritz und Tobi und Moritz Mentor

Jano einen Trip durch den Süden Perus unternommen #cixgangontour!! Wir waren in vielen

der bekanntesten Städte des Südens: Ica, Nazca, Arequipa, Puno, Cusco, Ayacucho und auch in

Lima. Es würde jetzt leider den Rahmen sprengen, näher auf unsere Erlebnisse einzugehen,

aber es war auf jeden Fall ein großes Abenteuer! Wir haben nicht nur ein paar der Freiwilligen

unserer Gruppe (Sara, Lennart, Rosa, Inga, Johann, Dominik, Alois) in ihren Projektstädten

getroffen, sondern auch andere Reisende kennengelernt und schöne Bekanntschaften

geschlossen, wir sind einmal im LKW gereist und wurden von der Polizei in Puno zum Grillen

eingeladen. Danke für die hammer Zeit Jungs!!

Gocta mit Pauline und Xenia Jano, Tobi, ich und Moritz in Cusco Buggy Tour in Huacachina

Nachdem ich ja dann ganz schön viel unterwegs war, habe ich mich doch sehr gefreut wieder

zurück nach Chiclayo ins „gewohnte Umfeld“ und raus aus der Touristenrolle zu kommen. Da

ist mir zum ersten Mal wirklich klar geworden, dass Chiclayo mittlerweile wie zu einem zweiten

Zuhause geworden ist, ein Ort wo ich mich auskenne und wo es Menschen gibt, die auf meine

Rückkehr warten. Nicht nur z.B. meine Gastmutter Elva, die mich mit Tee, Keksen und einer

dicken Umarmung empfangen hat, sondern auch die super netten Menschen, denen ich jeden

Morgen auf dem Weg zu Cáritas begegne. Der Verkäufer Don Chucky aus der tienda (Laden) an

der Ecke; der ältere Herr aus meiner Straße, der immer auf seinem Stuhl draußen sitzt und mir

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schon von weitem zuwinkt; die Señoras, die belegte Brötchen verkaufen, meine amigos vom

Mototaxi an der Ecke; der Gärtner, der mich immer nach der Uhrzeit fragt; die Señora, die den

Gehweg vor ihrem Haus kehrt und der Wachmann vom Arbeitsamt: alle habe sich gefreut, dass

ich noch da bin und ich gehe jetzt morgens immer ein bisschen früher aus dem Haus, um noch

ein kurzes Schwätzchen mit allen halten zu können. Was mich auch überrascht hat, war als der

Türöffner vom Combi an einem Nachmittag sogar schon wusste, an welcher Ecke ich aussteige,

was schon echt erstaunlich ist, weil es zig tausend Combis in Chiclayo gibt und ich da bestimmt

nicht immer denselben erwische.

Zwischenseminar und Jugendpartnerschaftstreffen

Anfang Februar hatten wir unser zweites Zwischenseminar in Huampani (Lima), dieses Mal mit

allen 23 Freiwilligen. Neben Anne war auch wieder Arturo als Seminarleiter am Start. Beim

ersten Abendessen gabs gleich mal eine große Überraschung: Anne hatte uns Brezeln und Brot

aus einer deutschen Bäckerei in Lima mitgebracht, das hat nach einem halben Jahr so gut

geschmeckt wie noch nie, danke dafür. An leckerem Essen hat es uns allgemein nicht

gemangelt dank der Superköchinnen Ernestina und Marcolina (kennen wir schon vom

Einreiseseminar) und es hatte auch jeder Freiwillige etwas aus seiner Region mitgebracht,

sodass wir Snacks aus ganz Peru probieren konnten. Neben Reflektion unserer bisherigen Zeit

in Peru haben wir uns hauptsächlich mit den Jahresthemen beschäftigt: Bildung, Migration,

Umwelt, Politik und Geschichte mit Kaspar ;), Religion und Partnerschaft und vieles mehr. In

der Einheit Feminismus/Geschlechterrollen/Gleichberechtigung haben wir gelernt, wie früh

wir schon als Kleinkinder von unserem Umfeld in die Rolle von Junge oder Mädchen gedrängt

werden und wie sich das auf die Entwicklung auswirkt, beispielsweise durch das Spielzeug dass

uns „jungs- und mädchentypisch“ geschenkt wird. Warum gibt es pinke Überraschungseier

extra nur für Mädchen, können Jungs nicht auch mit Prinzessinen spielen und Mädchen mit

Baggern? Oder warum würden die Meisten ihrem Sohn ausreden, ein Paar rosa Schuhe zu

kaufen, wenn sie ihm doch gefallen? Auch mit dem Thema Armut und Entwicklung haben wir

uns lange beschäftigt. Der Ansatz der Entwicklungshilfe in der Form wie es sie früher wie

heutzutage gibt ist der falsche, dass die Weißen Menschen aus den sogenannten

„entwickelten Ländern“ den „Armen helfen“. Weil wissen wir denn, was die Menschen wirklich

brauchen und wollen? Viele Aktionen sind gut gemeint, aber falsch gemacht und hier ist mir

eine Geschichte von Anne im Kopf geblieben: eine Gruppe von Weißen Männern hat in einem

Dorf in Ghana einen Brunnen gebaut, weil sie gesehen haben, dass die Frauen jeden Morgen 2

Stunden zu einem Fluss laufen, um von dort das Wasser für den Tag herzutragen und sie haben

gedacht, dass sie mit einem Brunnen den Frauen einen Gefallen tun. Was sie aber nicht

wussten war, dass die Frauen gerne in ihrer Gruppe zum Fluss laufen, weil es die einzigen

Stunden am Tag sind, in denen sie das Dorf verlassen und frei untereinander schwatzen und

lachen können. Letztendlich wurde der Brunnen nicht genutzt. Viel zu oft wird einfach immer

noch von oben herab auf Probleme geschaut und nicht der Austausch und Zusammenarbeit

auf Augenhöhe gesucht, Situationen falsch dargstellt und interpretiert und viel Potenzial nicht

gesehen oder ignoriert, weil man sich überlegen fühlt. In dem Zusammenhang haben wir auch

unsere Rolle als Weiße in Peru reflektiert, haben uns mit der Kolonialen Vergangenheit

Deutschlands beschäftigt, mit Rassismus und der Frage „Woher kommst du?“ und uns ist

nochmal klar geworden, was für Privilegien wir haben und dass es sehr wichtig ist, wie man

damit umgeht. Ebenso haben wir einen kritischen Blick auf unseren Freiwilligendienst

geworfen, weil wir damit ja auch Teil der Entwicklungshilfe sind. Es ist mir schon ein paar Male

passiert, dass mir einfach von fremden Leuten dafür gedankt wird, dass ich hier bin und sie

sich selbst als „das nicht entwickelte Land, dem noch viel fehlt“ bezeichnen. Es ist ziemlich

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schwer darauf zu reagieren, zu erklären, dass es eben nicht so ist, dass Deutschland nicht

besser/schlechter/entwickelter oder sonst was ist und vor allem, dass ich selbst am meisten

von meinem Freiwilligendienst profitiere, mehr lerne und Erfahrungen sammle, als ich den

Menschen jemals zurück geben könnte.

Außerdem hatten wir Zeit um uns untereinander über unsere Erfahrungen auszutauschen,

Volleyball und weitere Gruppenspiele zu spielen und um einen Freiwilligenfilm zu drehen. Wir

haben auch jeden Morgen von jemandem aus der Gruppe aktuelle Nachrichten aus

Deutschland, Peru und der Welt mitgeteilt bekommen und Moritz und ich haben es uns nicht

nehmen lassen, ein kurzes Heute Journal mit Gundula Gause und Klaus Kleber (inklusive Hemd,

Fliege und Intro!) auf die Beine zu stellen und in dem Rahmen die Nachrichten vorzutragen.

Die letzten 2 Tage konnten wir die 10 VAMOS! Freiwilligen, die im August nach Deutschland

ausreisen, noch näher kennenlernen, weil sie ihr erstes Seminar im selben Haus hatten.

Nach 8 intensiven, aber auch spaßigen Tagen haben wir dann unsere Location gewechelt und

sind nach Chosica zum Jugendpartnerschaftstreffen gefahren. Unsere Freiwilligengruppe war

auch mit im Organisationsteam und wir haben uns u.a. um die Deko, Impulse, Anschuggerle,

und kleine Workshops gekümmert und die Leiter der Arbeitsgruppen unterstützt. Neben uns

und den VAMOS! Freiwilligen haben an die Hundert Jugendliche aus ganz Peru teilgenommen.

Das Treffen war vom Programm ähnlich wie IMPACT und in vier Tagen ging es um Umwelt, die

TINI Gärten und die Methodologie von ANIA (die Organisation mit den TINIs). Zwischendurch

gab es auch immer wieder spirituelle Impulse und Highlight waren die Noche Alemana und die

Noche Peruana (deutsche und peruanische Nacht). Wir haben Bräuche aus den einzelnen

Monaten vorgestellt und so quasi ein Jahr durchgespielt, inklusive Schneeballschlacht mit

Papierkugeln, Fasching, Oktoberfest und Glühwein&Kinderpunsch. Der Tanz des Fliegerliedes

durfte klar auch nicht fehlen und danach haben wir zu altbekannten Partyliedern abgetanzt. In

der peruanischen Nacht haben die Peruaner und viele Tänze aus ihren jeweiligen

Herkunftsregionen vorgeführt und wir konnten teilweise auch mittanzen.

Nach dem Treffen hatten wir noch einen Nachmittag für den Abschluss unseres Seminars bei

Anne in Barranco, Lima. Da wurden letzte organisatorische Dinge geklärt und danach ging für

alle wieder zurück in ihre Einsatzstellenorte.

Brezeln in Peru Alle 23 Freiwilligen und die 10 VAMOS Freiwilligen beim Partnerschaftstreffen

Cáritas

Als ich Mitte Januar den ersten Tag wieder im Büro war, habe ich geschockt festgestellt, dass

das Team sich um ein paar Personen reduziert hatte. Weil zum Ende des Jahres viele Verträge

und Projekte ausgelaufen sind, fehlte es Anfang des Jahres sowohl an Projekten als auch an

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Geld, um die Anzahl der bisherigen Mitarbeiter zu halten und so sind wir (wenn man mich

mitzählt) jetzt nur noch zu acht. Da unter denen, die jetzt nicht mehr dort arbeiten auch meine

Anleiterin Laura war, habe ich jetzt erstens keine Anleiterin mehr und zweitens gab es erstmal

niemanden, der für das Freiwilligenprogramm der peruanischen Freiwilligen zuständig ist.

Nach viel Umstrukturierung und Reorganisation im Team, bin nun ich die Zuständige für das

Freiwilligenprogramm, weil Janinna, die Chefin, meinte, dass ich die Freiwilligen und deren

Projekte am besten kenne und mit Unterstützung vom Team wir das gut hinbekommen

werden und ich viel daraus lernen kann. Ich bin jetzt also quasi mein eigener Chef, was auf der

einen Seite echt cool ist, weil ich ganz viel Freiraum für eigene Ideen habe, aber auf der

anderen Seite ist es schon eine große Verantwortung & Herausforderung und ich bin ja auch in

keinster Weise professionell wie die bisherigen Leiterinnen. Ich weiß noch nicht, ob ich das

jetzt gut finden soll oder nicht, weil das ja eigentlich nicht unbedingt die Tätigkeit eines

Freiwilligen sein sollte. Aber gut, meine neuen Aufgaben sind jetzt hauptsächlich die

Freiwilligentreffen, die alle 2 Wochen stattfinden werden, zu organisieren und die Projekte

vom Vorjahr wieder zu starten, zu planen und natürlich auch selber teilzunehmen. Zuerst

einmal haben Saublo, Abi und ich (die beiden sind aus dem Bereich Kommunikation und

Projekte und waren so nett mir zu helfen) neue Freiwillige mit einer Facebook Kampagne

angeworben und es haben sich über 40 Freiwillige eingeschrieben! Danach haben wir Ende

Februar das erste Treffen mit allen alten und neuen Freiwilligen gemacht, wo ich das

Freiwilligenprogramm vorgestellt habe und wir uns in Arbeitsgruppen eingeteilt haben. Also

bis dahin hat eigentlich alles ganz ordentlich geklappt und ich hoffe, dass wir Anfang April dann

auch gut in die Projekte starten können. Geplant ist das PAEC wieder aufzunehmen, mit den

Kindern aus der Aldea Infantil einen TINI anzulegen, einmal im Monat eine Strandputzaktion an

einem der Strände von Chiclayo durchzuführen und die Unterstützung der Freiwilligen in

einem Projekt mit Workshops zur Prävention von Überschwemmungen etc. in den ländlichen

Gebieten bei starkem Regen.

Caminata „Huellas de Ternura“

Unsere erste Aktivität als neue Freiwilligengruppe war die Unterstützung bei der Durchführung

der Caminata „Huellas de Ternura“ in Chiclayo. Huellas de Ternura (dt. Spuren der Zärtlichkeit)

ist eine Bewegung, die sich unter dem Motto „Null Gewalt, 100% Zärtlichkeit“ gegen Gewalt

gegen Kinder einsetzt. Das Logo und Symbol der Bewegung ist ein Papierdrache in den Farben

blau, rot, gelb und grün. Von Juni 2018 bis Juni 2019 sind die Hauptorganisatoren symbolisch

mit einem großen Papierdrachen durch ganz Lateinamerika und die Karibik unterwegs und

machen Halt in unterschiedlichen Städten der Länder, so auch in Chiclayo. Aktionsstart war an

der Grenze der USA zu Mexiko und das Ende wird in Patagonien im Süden Argentiniens sein. In

allen Städten wird ein großer Marsch durch die Innenstadt mit vielen Menschen organisiert

und am Ende unterschreiben alle Teilnehmer den „Pakt der Zärtlichkeit“ und verpflichten sich

so zum liebevollen, respektvollen und gewaltfreiem Umgang mit Kindern und Jugendlichen. In

manchen Städten gab es auch Konzerte und Tanzaufführungen, allgemein werden alle Formen

der Gewalt offen angesprochen und in vorher durchgeführten Workshops thematisiert.

Organisatoren der Aktion sind die Bischofskonferenz Lateinamerikas, World Vision, alle Cáritas

Lateinamerika, Fe y Alegría und viele weitere kleinere soziale und kirchliche Institutionen. In

Chiclayo wurde Cáritas als Kooperationspartner ausgewählt und von unserem Team hat Enoc

Urbina die Organisation übernommen und wir Freiwilligen haben ihn mit Werbung in allen

Bereichen und dem Basteln von seeehr vielen Plakaten, Bannern und Fähnchen unterstützt.

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Wir durften auch an einem der Workshops teilnehmen und haben so ein bisschen was über

den Umgang mit Kindern und die Auswirkungen von Gewalt gelernt.

Am 05. März kam der Drache dann nach Chiclayo und es haben über 400 Personen am Marsch

teilgenommen. Es war eine super gute Stimmung auf der Straße und ein tolles Gefühl, mit so

vielen Menschen friedlich für eine gute Sache unterwegs zu sein und Teil einer so großen und

internationalen Aktion zu sein. Die ganze Zeit wurde auch laut der Slogan aufgesagt und der

Aktionssong (Hay un niño en tus manos - falls es einer anhören möchte) gesungen. Mein

Gastvater hat mich sogar im Fernsehen in den Nachrichten gesehen, ich wurde wohl dabei

gefilmt wie ich eine Gruppe von Schulkindern in Empfang genommen habe

Cáritas Team vor der Kathedrale Marsch durch die Straßen

Gestión del Riesgo de Desastres

Weil ich während der Schulferien ja nicht mehr ganz so viel zu tun hatte, durfte ich in ein

neues Projekt einsteigen. Leiter des Projektes ist Lanty Séclen von Cáritas und es geht um die

Prävention von Krisenfällen und den Schutz der ländlichen Bevölkerung in Pacora, einem

Distrikt Chiclayos. Viele der caseríos (Dörfer) von Pacora liegen direkt am Río La Leche (ein an

sich kleiner Fluss mit dem witzigen Namen „die Milch“). Das Problem ist, dass der Fluss in der

Regenzeit von Januar bis April ein großes Risiko für die Bevölkerung darstellt, weil der

Wasserpegel bei Regen sehr schnell ansteigt und es zu Hochwasser und weitreichenden

Überschwemmungen kommt. Da viele der Häuser in Ufernähe ein Fundament aus Lehm haben

oder gar ganz aus Lehm gebaut sind, können sie dem Wasser nicht Stand halten und stürzen

einfach zusammen. Das Projekt versucht zum einen in Workshops mit den Menschen aus den

Dörfern eine Situationsanalyse zu machen, um zu erkennen wo genau die

Schwachstellen/Gefahren liegen und gemeinsam mit den Leuten Lösungen zu finden. In ein

paar der Workshops durfte ich schon mithelfen und in Gruppenarbeit haben z.B. die Ältesten

der Dörfer Pläne erstellt, wo dann Überschwemmungen der letzten Jahre eingezeichnet

wurden oder es wurden Tabellen mit allen Problemen, die während des Jahres auftreten.

Neben den Analysen werden auch Spenden, wie z.B. Schaufeln, Gummistiefel, Wellblech, Holz

und Mückenschutzmittel (durch den Regen kommt es auch zu einer Schnakenplage, wodurch

auch die Gefahr auf Krankheitsüberragung durch Mücken steigt) verteilt. Außerdem haben wir

im Cáritas Lager Notfallkits mit Wasserkanistern, Lebensmitteln und Küchengeräten gerichtet,

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die im Falle einer großen Überschwemmung verteilt werden. Tatsächlich haben Mitte Februar

schon mindestens 5 Familien in Zaña Teile ihrer Häuser verloren und wurden dann mit

Spenden unterstützt.

Workshop in Las Juntas, Pacora Juan Coronado Santisteban, Teniente Gobernador von Las Juntas, erklärt den Lageplan

Der zweite Bereich des Projektes ist die Formierung einer Brigade mit 50 Brigadisten aus den

Dörfern, sodass sich die Leute in einem Notfall im ersten Moment erstmal selbst organisieren

und geplant handeln können. Hier arbeitet Lanty mit Omar Montero vom Zivilschutz Pacora

und mit den Tenientes Gobernadores (so etwas Ähnliches wie ein Bürgermeister in jedem

caserío) zusammen. Im April wird es jeden Samstag eine Art Workshop mit Ausbildung und

Kapazitierung zum Brigadisten geben und letzte Woche war ich mit Lanty und Omar ein paar

der Tenientes der Dörfer besuchen, um die letzten Fragen zum Programm zu klären und

Einschreibeformulare zu verteilen. Ich selbst habe in dem Projekt eher eine begleitende Rolle

und meine Aufgabe ist es das Material zu richten, zu verteilen, manche Aufgaben zu erklären

und hauptsächlich mit den Leuten ins Gespräch zu kommen, aber trotzdem ist es sehr

bereichernd und ich habe schon viel gelernt. Manchmal machen mich die Geschichten, die mir

von vorherigen Regenfällen erzählt werden auch ziemlich traurig und hilflos, andererseits ist

die Einstellung und Motivation der Leute sich nicht unterkriegen zu lassen und etwas zu

verbessern wirklich seeehr cool und aufbauend.

Kurz gesagt macht mir die Mitarbeit bei Cáritas trotz der Veränderungen immer noch viel Spaß,

weil es einfach so tolle Aktionen wie die Caminata gibt, ich Einblick in spannende Projekte

bekomme und wir mit den Freiwilligen viel Motivation für den Start unserer eigenen Projekte

im April haben. Das Team ist zwar geschrumpft, aber ich habe das Gefühl, dass wir dadurch

noch besser zusammengewachsen sind und ich sogar mehr ins Team und die Aktivitäten

eingebunden bin als vorher. Allerdings fühle ich mich an manchen Tage im Büro auch echt

nutzlos und ich hoffe, dass sich das ab April mit dem Start der Projekte dann ändert.

Sonstiges

Zuerst eine traurige Nachricht: und zwar ist der kleine Papagei Pedro gestorben… er hat zwar

u.a. meine Flipflops zerstört, aber war mir doch irgendwie ans Herz gewachsen und ich werde

sein Rumgeschreie bestimmt vermissen!

Docu Peru in Santa Rosa

Dank meiner Mentorin Ayby hatte ich im Januar die Möglichkeit an einem tollen Projekt

teilzunehmen. Ayby wohnt in Santa Rosa, einem kleinen Fischerdorf an der Küste von Chiclayo,

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und leitet dort eine Freiwilligengruppe namens Adriel, die in ihrem Dorf soziale und kulturelle

Projekte durchführen. Docu Peru ist eine gemeinnützige Organisation und Vereinigung von

professionellen Künstlern (Fotografen und Fotografinnen, Musiker_innen, Maler_innen,…) aus

Lima unter der Leitung von José Balado. Sie leisten eine sehr schöne und wichtige Arbeit und

eines ihrer vielen Projekte ist die Caravana Costa Norte 2019. Die Idee ist, den Menschen in

kleinen Dörfern an der Küste eine Stimme zu geben. So sind sie mit einer großen Gruppe 5

Wochen lang von Dorf zu Dorf gezogen, wie z.B. nach Santa Rosa. Eine Woche lang bieten sie

professionelle Workshops in Fotografie, Radio, Musik, Dokumentationen drehen, Fanzine und

Wand bemalen an. Die Workshops sind komplett gratis und für jedes Alter, es kann also jeder

teilnehmen der möchte. Als Kooperationspartner vor Ort hatten sie sich Adriel ausgesucht und

ich habe mitgeholfen alles für die Ankunft des Teams vorzubereiten und Werbung zu machen.

Zum Projektstart sind fast 150 Teilnehmer gekommen und die Motivation war riesig! 2 Tage

lang hatte ich das Glück am Projekt teilnehmen zu können (ich habe mir Wand bemalen

ausgesucht) und vor allem das Team kennenzulernen, dann musste ich auch schon los zum

Zwischenseminar nach Lima und konnte leider bei der Abschlusspräsentation am letzten Tag

nicht dabei sein. Die Ergebnisse sind in allen Gruppen klasse und echt sehenswert geworden,

findet ihr auf Instagram (@docuperu und @adriel, die freuen sich immer über neue

Abonnenten!!).

Das Team von Docu Peru, meine Mentorin Ayby und ich

Regen in Chiclayo

Als mir alle beim ersten Regen im Januar vom El Niño Phänomen und von Hochwasser in

Chiclayo erzählt haben, konnte ich mir nicht wirklich was darunter vorstellen. Aber als ich dann

an einem Abend die dicken schwarzen Wolken gesehen habe, es die ganze Nacht geregnet hat

und ich morgens beim Haustür aufmachen vor einem halben See/Matschloch stand, hats

langsam klick gemacht. Wie gesagt ist hier von Januar bis April Regenzeit, den Rest vom Jahr

regnet es so gut wie nicht und es ist alles vom Sand trocken/staubig. Wenn es in den 4

Monaten regnet, dann richtig und man kann sich Chiclayo wie eine Art Schwimmbecken

vorstellen: die Straßen laufen mit Wasser voll und es kann nicht ablaufen. In manchen Straßen

stand man sogar auf dem Gehweg Knöcheltief im Wasser und nicht geteerte Teile der Stadt

haben sich in riesige Matschlöcher verwandelt. Aber nicht nur das Wasser an sich ist ein

Problem, sondern vor allem der Zustand vom Wasser, weil sich darin natürlich der ganze Dreck

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der Straßen sammelt. An diesem einen Morgen war echt Ausnahmezustand, es gab kaum

Mobilität und viele haben versucht das Wasser mit Besen in die wenigen Gullideckel zu kehren

und mit Motobombas wurde nach und nach das Wasser „abgesaugt“. Es hat bestimmt 3 bis 4

Tage gedauert, bis alle Straßen halbwegs von Wasser befreit waren und meine Gastfamilie

meinte aber, dass man das noch nicht viel Wasser nennen kann im Vergleich zu den

Überschwemmungen von 2017, wo das Wasser zum Teil hüfthoch stand. Durch den

Klimawandel werden die Regenfälle und das El Niño Phänomen immer stärker und

hauptsächlich die Menschen, die in den ländlichen Gebieten leben leiden ja am Überlaufen der

Flüsse. Weil es jedes Jahr dasselbe ist, sind Institutionen wie z.B. INDECI, das Rote Kreuz, die

Polizei, Feuerwehr und Cáritas schon lange dabei, Notfallpläne auszuarbeiten und die

Infrastruktur der Stadt anzupassen, aber so ein Vorgang braucht natürlich Zeit und ich hoffe,

dass zumindest für dieses Jahr es bei der einen Überschwemmung bleibt.

Straße im Zentrum unter Wasser Chiclayaner beim Regen kehren

Carnaval in Cajamarca

In Cajamarca gibt es neben Puno den sehenswertesten Karneval von Peru. Das wollten sich

viele unserer Freiwilligengruppe nicht entgehen lassen und auch ich bin übers Wochenende für

die ersten 2 Karnevalstage hingefahren. Am ersten Tag (Samstag) war Farbentag: wir wurden

von allen Seiten mit Farbe beworfen oder bekamen sie auch direkt ins Gesicht geschmiert und

hatten dank Mariana auch Farbe um kräftig was zurück zu geben. Ein paar ganz Lustige sind

sogar auf die Idee gekommen,den Kofferraum unseres gut gefüllten Taxis bei langsamer Fahrt

zu öffnen und einen ganzen Eimer Farbe auf uns zu kippen! Am nächsten Tag gab es die

patrullas, einen Umzug verkleideter Gruppen durch die Straßen, und außerdem war Wasser

angesagt. Mit Regenponchos ausgestattet, haben wir versucht nicht nass gemacht zu werden

und auch andere Leute mit Wasserbomben abzuwerfen. Die Straßen Cajamarcas waren voller

Menschen aus ganz Peru und bestimmt auch anderen Ländern, es herrschte ausgelassene

Stimmung, alle waren looooco loco por los carnavales (verrückt nach Karneval, der Spruch

wurde die ganze Zeit gesungen) und auch nachts ging das Fest auf den großen Plätzen mit Tanz

und Musik weiter. Die Krönung des Karnevalkönigs und Prinzessin und den Abschluss habe ich

nicht mehr miterlebt, aber dazu findet ihr vielleicht was in den anderen Rundbriefen

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Anna Schulz-Schrade 3. Rundbrief Cáritas Chiclayo

Essen

In einem Rundbrief muss ich einfach auch mal das Essen erwähnen, deshalb hier 10 facts zu

meinen Erfahrungen mit der guten Küche des Nordens:

1. Reis: egal ob ein Gericht schon Kartoffeln und Nudeln enthält, laut meiner Gastmutter

muss immer noch eine Portion Reis dazu, sonst ist es kein Essen

2. Ceviche: das peruanische Nationalgericht aus in Limonen-Zwiebel-Marinade gegartem

rohen Fisch schmeckt mittlerweile auch mir, aber nur mit wenig ají (peruanischer Chili)

3. Ich habe schon viele überraschte Blicke geerntet, weil ich meinen Tee ohne Zucker

trinke

4. Arroz Chaufa: DAS Gericht der peruanisch-asiatischen Küche (gebratener Reis mit

Hühnchen oder Meeresfrüchten, Ei, Gemüse und Soyasoße)

5. Lomo saltado (Geschnetzeltes in Tomaten und Zwiebeln mit Reis und Pommes) ist

aktuell mein Lieblingsgericht

6. Sonntags gibt es bei uns manchmal Fisch mit Süßkartoffel zum Frühstück?!

7. Die bekannteste Süßigkeit aus dem Departamento Lambayeque ist King Kong: 3

Scheiben Keks mit irgendeiner Fülllung zwischen drin z.B. Maracuya, rote Früchte oder

ganz klassisch Manjar blanco (süße Milchcreme)

8. Chicha de Jora: aus Mais hergestelltes Getränk, wird hier in der Nähe besonders auf

dem Land in Morrope und Túcume gemacht und gibt es immer auf Festen meiner

Gastfamilie. Gibt man nach dem Mais kochen Zucker hinzu, bekommt man nach ein

paar Tagen auch einen Alkoholgehalt von 1 – 3%, das ist dann Maisbier.

9. Es gibt auch dunkellilanen Mais, aus dem z.B. das süße Getränk Chicha Morada

hergestellt wird

10. Meine Gastfamilie isst so gut wie alles nur mit dem Löffel. Im Haus gibt es auch Gabeln

und Messer, aber sie haben sich das einfach so angewöhnt, auch ich esse jetzt ohne

groß darüber nachzudenken mein Hähnchen mit Löffel und ich finds auch allgemein

mega praktisch nur mit dem Löffel zu essen

Das wars dann soweit von mir und wie immer ist alles was ich geschrieben habe meine eigene

Perspektive und kann nicht als repräsentativ für Peru und alle Peruaner gesehen werden.

Im nächsten Rundbrief könnt ihr euch auf die 72 Stunden Aktion (wir nehmen in Chiclayo, Lima

und Arequipa in der Kategorie International teil!), Ostern, meine Teilnahme an der Aufführung

der Passionsgeschichte in Moritz Pfarrei in Patapo und vieles mehr freuen

Vielen Dank fürs Lesen, ganz liebe Grüße, besos y un fuerte abrazo (Küsschen und eine dicke

Umarmung) und meldet euch bei Interesse oder Fragen doch einfach bei mir (anna.schulz-

[email protected]).

Meine Gasttanten

Mari und Susana und

meine Gastmutter

stellen Chicha de

Jora her

Ceviche

Eure Anna