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Hubert Weber Laplace-Transformation fur Ingenieure der Elektrotechnik

Laplace-Transformation: f¼r Ingenieure der Elektrotechnik

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Mit 111 Abbildungen und 125 Beispielaufgaben
1m Teubner
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet Ober <http://dnb.ddb.de> abrufbar.
Prof. Hubert Weber. Fachhochschule Regensburg
1. Auf!. 1976 2. Auf!. 1978 3. Auf!. 1981 4. Auf!. 1984 5. Auf!. 1987 6. Auf!. 1990 7. Oberarbeitete und erganzte Auflage Marz 2003
Aile Rechte vorbehalten © B. G. Teubner Stuttgart/Leipzig/Wiesbaden. 2003
Der Teubner Verlag ist ein Unternehmen der Fachverlagsgruppe BertelsmannSpringer. www.teubner.de
Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschOtzt. Jede Ver­ wertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fOr Verviel­ faltigungen. Obersetzungen. Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen. Handelsnamen. Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme. dass solche Namen im Sinne der Waren- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden dOrften.
Umschlaggestaltung: Ulrike Weigel. www.CorporateDesignGroup.de
ISBN 978-3-519-10141-3 ISBN 978-3-322-96747-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-96747-3
Vorwort
Die Beschiiftigung mit dieser Transformation ist auch fUr mehr an der Anwendung der Mathematik interessierten Ingenieure sinnvoll, da viele Problernlosungen im Bildbereich der Laplace-Transformation wesentlich einfacher verlaufen. Dies ist deshalb der Fall, da den schwierigeren Differentiationen und Integrationen des Zeitbereiches einfache algebraische Operationen im Bildbereich entsprechen.
So werden zum Beispiel lineare Differentialgleichungen des Zeitbereiches zu linearen Gleichungen des Bildbereiches. FOr Anwendungen in der Elektrotechnik kann durch Einfiihren von Bildspannungen, Bildstrornen und Bildwiderstanden auf das Aufstellen der Differentialgleichungen des Zeitbereiches ganz verzichtet werden, wodurch die Problemlosung nochmals vereinfacht wird.
Es solI versucht werden, eine Einfiihrung in die Theorie und Anwendung der Laplace-Transformation zu geben, die einerseits ausreicht, viele in der Praxis auftretenden Probleme zu losen, die andererseits aber auch eine Grundlage fUr weitergehende Studien darstellt. Urn dieses Ziel oboe allzu groBem Aufwand erreichen zu konnen, wurde vielfach auf eine volle mathernatische Strenge verzichtet.
Die Verwendung von Methoden der Funktionentheorie zur inversen Laplace­ Transformation wird gezeigt, aber nicht zum Prinzip der inversen Laplace­ Transformation gemacht. Die Auswertung der ,,kornplexen Urnkehrformel" setzt Kenntnisse der Analysis kornplexwertiger Funktionen voraus. Die dazu notwendigen Siitze werden aufgefiihrt.
Die Verwendung von Korrespondenzen und Transformationsregeln ist einfacher. Der Weg, die Bildfunktion in Terme zu zerlegen und gliedweise zu transformieren ist praxisgerechter und zeigt die Bedeutung der Lage der Pole einer Bildfunktion fUr die zugehOrige Zeitfunktion.
VI Vorwort
FUr eine gekilrzte Behandlung der Laplace-Transfonnation hat es sich bewiihrt, nach der Definition der Laplace-Transformation im Abschnitt 4.1 gleich zu den Transformationsregeln uberzugehen, wohei die Abschnitte 4.3.9, 4.3.14 und 4.3.15 zunachst ausgelassen werden k6nnen, wn schneller zu den Anwendungen zu gelangen.
Ich m6chte mich heim B. G. Teubner Verlag und insbesondere bei Herro Dr. Feuchte vom Lektorat MaschinenbaulElektrotechnik bedanken, dass dieses aus Vorlesungen an der Fachhochschule Regensburg entstandene Buch in einer neuen Auflage erscheinen kann.
Regensburg, im Januar 2003 Hubert Weber
INHALT
1.2.1 Grundbegriffe ............................................................................ 2 1.2.2 Berechnung der F ourierkoeffizienten ......................................... 3 1.2.3 Amplitudenspektrum ................................................................. 8
1.3 KOMPLEXEFoURIERREIHE .............................•............•...................... 12 1.3.1 Grundlagen ............................................................................. 12 1.3.2 Berechnung der komplexen Fourierkoeffizienten ..................... 13
2 FOURIERINTEGRAL
2.1 OBERGANG VON DER FOURIERREIHE ZUM FOURIERINTEGRAL ............... 17 2.2 EIGENSCHAFTEN DES FOURIERINTEGRALS ••.............................••.•..•..... 20
3 FOURIERTRANSFORMATION
FOURIERTRANSFORMATION (FFf) ...................................................... .30
4.3.1 Laplace-Transformierte elementarer Zeitfunktionen ............... 49 4.3.2 Additionssatz ........................................................................... 54 4.3.3 Verschiebungssatz ................................................................... 57 4.3.4 Dirac'sche Deltafunktion ......................................................... 65 4.3.5 Diimpfungssatz ........................................................................ 70 4.3.6 Partialbruchzerlegungen .......................................................... 73 4.3.7 Pol-Nullstellenplan einer echt gebrochen rationalen
Bildfunktion ............................................................................ 85 4.3.8 Faltungssatz ........................................................................... 89 4.3.9 Inverse Laplace-Transformation durch Reihenentwicklung
der Bildfunktion ................................................................... 92 4.3.10 Integrationssatz fUr die Originalfunktion ................................. 97
vm InhaIt
einer Zeitfunktion .................. ... ........... .... .......... ................. 105 4.3.13 Grenzwertslitze ...................................................................... 109 4.3.14 Differentiationssatz fUr die Bildfunktion ............................... 112 4.3.15 Integrationssatz fUr die Bildfunktion ...................................... 115
4.4 ANwENDUNGEN DER LAPLACE-TRANSFORMATION .........••••.•••.••• 119 4.4.1 LOsen von linearen Differentialgleichungen mit konstanten
Koeffizienten ......................................................................... 119 4.4.2 Lasen von Systemen gewahnlicher linearen Differential-
gleichungen mit konstanten Koeffizienten ......................... 125 4.4.3 RCL-Netzwerke ..................................................................... 134
4.5 USERTRAGUNGSVERHALTEN VON NETZWERKEN •........•...................•. 152 4.5.1 Grundbegriffe ........................................................................ 152 4.5.2 Impulsantwort und Sprungantwort ......................................... 153 4.5.3 Ubertragungsfunktion ............................................................ 154 4.5.4 Pol-Nullstellenplan einer Ubertragungsfunktion .................... 166 4.5.5 Ubertragungsfunktion und Frequenzgang .............................. 168
5 ANHANG
5.1 LOSUNGEN ZU DEN USUNGSAUFGABEN ............................................. 177 5.2 SATZE DER LAPLACE-TRANSFORMATION ........................................... 190 5.3 KORRESPONDENZEN DER LAPLACE-TRANSFORMATION ...................... 191 5.4 LITERATUR .................................•.................................................... 199 5.5 LISTE DER VERWENDETEN FORMELZEICHEN ...................................... 200 5.6 SACHWORTVERZEICHNIS .......•.......•.......................................•.......... 201
1. Fourierreihen
1.1 Einfiihrung
In vielen Bereichen der Naturwissenschaften und der Technik etwa in der Physik oder in der Elektrotechnik, haben harmonische Schwingungen, die durch eine Sinusfunktion
/(1) = A sin(tV 1 +qJ) (1.1)
beschrieben werden konnen, eine groBe Bedeutung. Hierbei ist A die Ampli­ tude, tV die Kreisfrequenz und qJ der Nullphasenwinkel der harmonischen
Schwingung.
Bei der Oberlagerung derartiger harmonischer Schwingungen sind zwei Hille zu unterscheiden: 1. Oberlagert man harmonische Schwingungen der gleichen Frequenz, so
erbAIt man wieder eine harmonische Schwingung dieser Frequenz. Von dieser Tatsache wird in der Elektrotechnik sHindig Gebrauch gemacht. Durch Uberlagerung von sinusfOrmigen Wechselspannungen der gleichen Frequenz, etwa der Netzfrequenz 50 Hz erbAlt man wieder eine sinusfOrmige Wechselspannung der Frequenz 50 Hz.
2. Uberlagert man harmonische Schwingungen verschiedener Frequenzen, so erbAIt man einen zwar periodischen, im allgemeinen jedoch keinen sinusfOrmigen Vorgang.
Die Uberlagerung von harmonischen Schwingungen der gleichen Frequenz ergibt wieder eine harmonische Schwingung dieser Frequenz. Durch Uberlagerung harmonischer Schwingungen verschiedener Frequenzen kann man periodische Funktionen erzeugen, die im allgemeinen nicht sinusfOrmig sind. Es stellt sich jetzt die Frage, ob man auch umgekehrt "jede beliebige" periodische Funktion als eine Summe von harmonischen Schwingungen darstellen kann. Diese Frage wurde von dem franzOsischen Mathematiker Jean Baptiste Joseph Fourier (1768 - 1830) positiv beantwortet.
Die genauen Bedingungen hierfiir wurden von dem deutschen Mathematiker Peter Gustav Dirichlet (1805 - 1858) angegeben.
H. Weber, Laplace-Transformation © B. G. Teubner Stuttgart/Leipzig/Wiesbaden 2003
2
1.2.1. Grundbegriffe
Definition 1.1
1 Fourierreihen
Eine Funktion f( t) heillt T-periodisch (periodisch mit der Periode 1), wenn
fUr aIle Zeitpunkte t des Definitionsbereichs gilt:
f(t+T) = f(t) (1.2)
1. f ( t) beschrankt ist,
2. f(t) im Intervall [O,T]hOchstens endlich viele Unstetigkeitsstellen hat
3. die Ableitung f' (t) im Intervall [0, T] bis auf hOchstens endlich viele
Stellen stetig ist.
Eine Funktion f(t), die den Dirichlet - Bedingungen geniigt, kann innerhaIb
einer Periodendauer T in endlich viele Teilintervalle zerlegt werden, auf denen f( t) monoton und stetig verUiuft. An Unstetigkeitsstellen treten nur
endliche SprunghOhen auf. Diese Voraussetzungen sind bei den in den Anwendungen auftretenden periodischen Zeitfunktionen im aHgemeinen erfiiHt.
Satz 1.1
00
darstellen, wobei 0)0 = 21t die Grundkreisfrequenz ist. T
Gl. (1.3) lasst sich folgendermaBen physikalisch interpretieren:
(1.3)
Jeder periodische Vorgang kann in eine Summe von harmonischen Schwingungen zerlegt werden. Dabei konnen neben der Grundfrequenz nur ganzzahlige Vielfache dieser Frequenz auftreten. Man spricht in diesem Zusammenhang daher auch von Fourieranalyse, bzw. harmonischer Analyse.
1.2 Reelle Fourierreihen 3
Eine Fourierreihe konvergiert an jeder Stetigkeitsstelle ts der Zeitfunktionj(t)
gegen den Funktionswert f{ts ) und an einer Unstetigkeitsstelle tu gegen das
arithmetische Mittel aus dem rechts- und linksseitigen Grenzwert vonj(t).
FOr die weiteren Uberlegungen ist es zweckmaBig, durch die Substitution x = mot (1.4)
von einer T-periodischen Funktion j(t) zu einer 21t-periodischen Funktion j(x) fiberzugehen. Man hat dann den Vorteil, periodische Funktionen j(x) zu betrachten, die aile die gleiche Periode 21t haben. Die Fourierreihe nach Gl. (1.3) geht damit fiber in die Form
00
Satz 1.3:
1. FOr aile ganzzahligen, von Null verschiedenen Zahlen k gilt: 2x 2x
JSin(kX)dx = 0 und JCOS(kX)dx = 0
o 0
2. FOr aile ganzzahligen, von Null verschiedenen Zahlen k und m gilt 21t
r. {O fUr k :;t: m tin(kx)sin(mx)dx = 1t fUr k = m
o 21t r {O fUr k :;t: m t°s( kx )cos( mx)dx = 1t fUr k = m
o 2x
JSin(kx)Cos(mX)dx = 0 (1.9)
o Auf den relativ einfachen Beweis der im Satz 1.3 angegebenen Integrations­ formeln sei verzichtet. Wir benfitzen sie im folgenden als Hilfsformeln bei der Berechnung der Fourierkoeffizienten.
4 1 Fourierreihen
1. BereehDung des FourierkoeffizieDteD Qo (konstantes Glied der FR)
Durch Integration der Fourierreihe nach Gt. (1.5) fiber eine volle Periode erhlilt man
21t 21t 00 [ 21t 21t 1 f f(x)ttt = faottt + L ak fcos(kx)ttt + bk fSin(kx)ttt = a021t
o 0 k=l 0 0
da nach Gt. (1.6) aile Integrale der Summe den Wert Null haben. Damit ergibt sich fUr das konstante Glied der Fourierreihe
21t
x
Bild 1.1 Mitte1wert von fix)
In vielen einfachen Hillen kann das konstante Glied als Mittelwert der Funktion f(x) ohne Rechnung ange-
geben werden, da der Mittelwert der periodischen Funktion f( x) oft un-
mittelbar erkennbar ist.
Ausgehend von Gt. (1.5) 0()
f(x) = ao + L [am cos(m x) + bmsin(mx)] (1.5)
m=!
wobei vorubergehend m als Summationsindex gewiihlt wurde, erhiilt man durch Multiplikation mit cos(kx) und anschlieBender Integration iiber eine Periode
1.2 Reelle F ourierreihen 5
21t 21t.., 21t f j(x)cos(kx)dx = ao f cos(kx)dx + Lam f cos(mx)cos(kx)dx + o 0 m=l 0
.., 21t
+ L bm f sin(mx)cos(kx)dx = ak1t m=l 0
Denn nach den Gleichungen (1.6), (1.8) und (1.9) haben alle Integrale bis auf ein einziges den Werte Null. Ftir m = k erhaIt man
21t f cos(kx)cos(kx)dx = 1t
21£
(1.11)
Multipliziert man Gl. (1.5) mit sin(kx) und integriert anschlie6end tiber eine volle Periode, so erhaIt man analog zur Berechnung der Fourierkoeffizienten ak fUr die Koeffizienten der Sinusglieder
21t
(1.12)
Aile bei der Berechnung der Fourierkoeffizienten auftreten den Integranden J(x), namIich j{x), j{x)cos(kx) und auch j{x)sin(kx) sind 21t-periodische Funktionen. Es gilt daher
21£ a +21£ f J(x)dx = f J(x)dx (1.13) o a
Als Integrationsintervall kann also ein beliebiges Intervall der Lmge 21t gewMllt werden. Insbesondere ist es flir manche Funktionen j(x) gtinstig,
anstelle des Intervalls [0,21tJ das Intervall [-1t, 1t ] zu verwenden.
6 I Fourierreihen
5. Bereehn_g der Fourierkoeftizienten gerader _d _gerader Faktionen
Die Berechnung der Fourierkoeffizienten einer periodischen Funktion ist einfacher, wenn die periodische Funktionf(x)eine Symmetrie besitzt, also
entweder eine gerade oder eine ungerade Funktion ist.
a) j(x) sei eine gerade periodische Funktion, d.h., es giltj(-x) = j(x)
:t,.x)
ao=-; jf(x)dx
o
x
Istj(x) eine gerade Funktion, so ist auch j(x)cos(x) eine gerade Funktion. j(x)sin(x) dagegen ist eine ungerade Funktion. Withlt man als Integrations­ intervall [-n, n), so erhalt man:
1t
(1.14)
Die Fourierreihe einer geraden Funktion ist eine reine "Kosinusreihe". Eine gerade Funktion j(x) wird allein durch Kosinusfunktionen, d.h. durch den geraden Anteil der Fourierreihe dargestellt.
b) Die Zeitfunktion j(x) ist eine ungerade periodische Funktion:j(-x) = - j(x) 1st j(x) eine ungerade Funktion, so ist auch j(x)cos(x) eine ungerade Funk­
x tion, withrend j{x )sin(x) als Produkt -+--7'<---t-----:;t'----t--+--t--~ von zwei ungeraden Funktionen gerade
Bild 1.3 Ungerade Funktion}{x)
1t
ist. Verwendet man das Integrations­ intervall [-x ,x ] und berticksichtigt die entsprechenden Symmetrien, so erhalt man
bk =; jf(x)Sin(kx)dx (1.15)
o Die Fourierreihe einer ungeraden Funktion enthalt nur die ebenfalls ungeraden Sinusfunktionen. Durch Ausntitzen von vorhandenen Symmetrien lasst sich der Rechenaufwand zur Berechnung der Koeffizienten einer Fourierreihe also
1.2 Reelle Fourierreihen 7
wesentlich verringern. Man wird daher eine vorgegebene periodische Zeitfunktion, deren Fourierreihe bestimmt werden soli, zuerst auf Symmetrien untersuchen. Auch die Tatsache, dass bei geraden Funktionen die Fourierkoeffizienten ak, bzw. die Fourierkoeffizienten bk bei ungeraden
Funktionen durch Integrale von 0 bis 1t, anstelle von Integralen von 0 bis 21t berechnet werden, bedeutet im vielen FaIlen eine Vereinfachung der Rechnung.
Ubersicht
Sinus- und Kosinusglieder der gleichen Frequenz konnen zu einem resuItierenden Sinusglied zusammengefasst werden.
Qkca;(h)+bksin(h) = Aksin(kx+lP)
gegeneinander verschobenen Sinus- und Kosinusschwingungen in einem Zeiger­ diagramm dar, so sind die oben hergeleiteten Gleichungen unmittelbar zu erkennen.
Man erhlilt einen anschaulichen Uberblick fiber die harmonischen Schwingungsanteile, wenn man die Amplituden Ak als Ordinaten fiber der Frequenz als Abszisse in einem Amplitudenspektrum darstellt. Dabei ist
k Ak die resultierende Amplitude einer harmonischen Schwingung der k-fachen Grundfrequenz.
1.2 Reel\e Fourierreihen
A
9
f(x)
f(x + 21t) = f(x)
bestimmt werden. -A
I I L
Bild 1.6 Periodische Funktion
Da die Funktion ungerade ist, sind der lineare Mittelwert ao = 0 und die Koeffizienten der Kosinusglieder ak = O. Es mOssen daher nur die Fourierkoeffizienten bk berechnet werden. FOr sie gilt
bk = ~ 2Jlt f(x)sin(kx)dx = 2A ltrsin(kx)dx = 2A [- COS(kx)]lt 1t 1t J' 1t k 0
o 0
1t 3 5 7 9
= 4A~ sin(2m-l)x 1t L..J 2m-1
m=l
x = 0, ± 1t, ± 21t, ± 31t,
liefert die Fourierreihe den Wert f(x) = O. Dies sind auch die Mittel der rechts- und linksseitigen Grenzwerte
mE N
4A It
Bild 1.7 zeigt das Amplitudenspektrum. Man erkennt, dass neben der Grundfrequenz nur die ungeradzahligen Vielfachen dieser Grundfrequenz mit abnehmenden Amplituden auftreten.
Bild 1.8 zeigt den Verlaufvonj(x) und der Naherungsfunktion
fn(x) = 4A ~ sin(2m-l)x 1t ~ 2m-l
m=l
im Intervall von 0 bis 1t fUr a) n = 2 und b) n = 15
f(X),f2(X) Ii S(x)
Bild 1.8 Nliherungsfunktionen!n(x)
An den Unstetigkeitsstellen sind auch bei groBeren Werten von n die
Abweichungen der Naherungsfunktionen fn(x) (endliche Fourierreihe) von der Funktionj(x) nicht beliebig klein. Man kann zeigen, class fUr n ~ 00 die Hohe des ersten seitlichen Maximums den Wert 1,18A hat (Gibb'sches PhAnomen).
Beispiel 1.2. Gegeben ist die 21t-periodische Funktion j(x), die im Intervall [ -1t, 1t ] definiert ist durch
Bild 1.9 Periodische Funktionf{x)
{
2A A--x O~x<1t
1t
f(x + 21t) = f(x)
1.2 Reelle Fourierreihen
Da j(x) eine gerade Funktion ist, gilt fUr alle k: bk = O. Man erkennt femer: ao = 0 (linearer Mittelwert). Fur k ~ 1 gilt:
K K
o 0
f XCOS(kX)dx= xsin(kx) + xcos(kx) + C k k 2
Daraus folgt fUr die Fourierkoeffizienten ak
ak = 2A [sin(kx)]K _ 4A [xsin(kX) + COS(kX)]K 1t k 0 1t2 k k 2 0
4A {~ k=2m-l =--[I-cos(kn)]= 1t2k 2
1t2k2 o k=2m
f(x) = ~[COS(X)+ cos(3x) + cos(5x) + cos(7x) + ... ] 1t2k2 9 25 49
11
bier die Amplituden proportional zu -;- abnehmen. k
Bemerkung: Die Funktionen von Beispiel 1.1 und Beispiel 1.2 haben eine Gemeinsamkeit, sie sind sogenannte alternierende Funktionen. fiir welche f (x + 1t) = - f (x) gilt. Fiir die Fourierkoeffizienten einer alternierenden periodischen Funktion llisst sich allgemein ao = 0; a2m = 0 und b2m = 0 nachweisen. d.h. bei der Fourieranalyse einer alternierenden Funktion treten nur hannonische Schwingungen auf, deren Frequenzen ungeradzahlige Vielfache der Grund­ frequenz sind.
12 1 Fourierreihen
1.3. Komplexe Fourierreihe
1.3.1. Grundlagen
Verwendet man die aos dem Rechnen mit komplexen Zahlen her hekannten Euler'schen Gleichungen
e jkx == cos(kx) + jsin(kx) (1.18)
e-jh ==cos(kx)- jsin(kx) (1.19)
so erWUt man durch Addition, bzw. Subtraktion der heiden Gleichungen
cos(kx) ==.!.(ejkx +e-jkx ) 2 (1.20)
sin(kx) == ;j (ejkx _e-jkx ) = _~(ejkx _e-jkx ) (1.21)
Die reelle Fourierreihe co
f(x) == ao + L [akcos(kx) + bksin(kx) ]
k=l geht unter Verwendung der Gleichungen (1.20) und (1.21) tiber in
f(x)== f[ a; (ejkx -te- jkX )_ j~k (e jkX _e-jkx)]
k=O
k=O co
Die Koeffizienten ck dieser komplexen Fourierreihe sind im aligemeinen komplexe Zahlen.
Zwischen den komplexen Fourierkoeffizienten ck und den Koeffizienten ak und bk der reellen Fourierreihe bestehen fur k > 0 die Zusammenhange
_ ak - jbk ck - => ak = 2Re ck und bk = - 21m ck
2 1st die 21t -periodische Funktionj(x) eine gerade Funktion, (bk = 0 fur aile k), so sind die Fourierkoeffizienten ck reell.
1.3 Komplexe Fourierreihe 13
1m Falle einer ungeraden 2x-periodischen Funktionj{x) (ak = 0 fUr aile k), sind die Fourierkoeffizienten ck rein imaginare Zahlen.
1.3.2. Berechnung der komplexen Fourierkoeffizienten Ck
Multipliziert man die komplexe Fourierreihe 00
!(x) = L Cm ejmx
m=-<lO
mit dem Faktor e-jkx und integriert anschlie6end iiber eine Periode, so erhalt man
21£ 00 21£
o m=-oo 0
o 2x
o 21£
o
(1.23)
Als Integrationsintervall kann auch das Intervall FOr k = 0 ergibt sich:
[-x, x ] gewahlt werden.
o (1.24)
Das konstante Glied CO (Mittelwert der Zeitfunktion) stimmt natiirlich mit dem
konstanten Glied ao der reellen Fourierreihe iiberein.
14 1 Fourierreihen
Beispiel 1.3. Es soil die Fourierreihe der 21t - periodischen Funktion
f(x)= e fUr -1t~x<O
fUr O~x<1t
berechnet werdeno
1t Wir erhalten als linearen Mittelwert der Funktion./{x): Co = ao = - 0
4 FOr k ~ 1 erhalt man durch eine partielle Integration
2x 2x
1 J -°lex 1 [ x - °lex 1 - Olex] ck =- xe J dx=- --e J +-e J 21t 21t jk k 2
o 0
a) FOr gerade Zahlen k = 2n (n E N) ist ejim = 1 und damit
1 bk =-2Imck =-­
k
b) FOr ungerade Zahlen k = 2n - 1 ist e jim =-1 und damit o 1 2 1
ck = __ J___ => ak = -- und bk =-
1tk2 2k 1tk2 k
Keelle Fourierreihe:
f(x) =2:+ ~[(_l)k+1 sin(kx) _~ COS(2k-l)X] 4 .L.J k 1t (2k _1)2
k=l
Komplexe Fourierreihe:
f(x)= 1r + ~ [iej2kx +(-1-+~Jej(2k-l)Xl 4 .L.J 41r 41rk2 4k
k=--oo k .. O
1.3 Komplexe Fourierreihe 15
b)
Bild 1.11 Amplitudenspektrum a) fil.r die reelle FR b) fil.r die komplexe FR
Zwischen den Amplituden der reellen und der kornplexen Fourierreihe bestehen die Zusammenhange:
(1.25)
Beispiel 1.4.
Man berechne die Fourier­ koeffizienten der in Bild 1.12 dargestellten 21t-periodischen Funktionj{x).
Beispiel 1.5.
Man berechne die Fourierreihe der 21t-periodischen Funktion j{x), die irn Intervall [0, 21t I durch
x f(x) = -
A 1t ··.~.I
L---...J
Bild 1.13 "Sagezahnkurve"
16 1 Fourierreihen
Beispiel 1.6. Es solI die Fourierreihe der 21t-periodischen Funktionj{x) bestimmt werden. die im Intervall [-1t. 1t ] durch
2 2
1
x
0 1t s: X < 21t
f(x + 21t} = f(x)
Gegeben ist die 21t-periodische Funktion
f(x) = e -x 0 s: x s: 21t
f(x+ 21t} = f(x)
2 Fourierintegral
2.1. Ubergang von der Fourierreihe zurn Fourierintegral
1m Abschnitt 1 baben wir gesehen, dass eine T - periodische Zeitfunktion /P(t), die den Dirichlet'schen Bedingungen genugt, als Fourierreihe
00
k=l
darstellbar ist. Es ist dies die Zedegung eines periodischen Vorgangs in eine Summe von harmonischen Schwingungen, anscbaulich charakterisiert durch ein diskontinuierliches Amplitudenspektrum. Es stellt sich nun die Frage, ob auch eine nichtperiodische Funktion in harmonische Schwingungen zedegt werden kann. Wir betrachten dazu eine Zeitfunktion f(t) , die nur innerhalb eines
Zeitintervalls der Lange Tvon Null verschiedene Werte annehmen kann. Es sei
f { definiert fUr - T $ t $ T (2.2) (t) = 2 2
o sonst
fUr welche die komplexe Fourierreihe 00
fp(t) = L ck ejkaJot (2.3)
k=-oo
mit der Grundkreisfrequenz lOo = 2tr und den komplexen Fourierkoeffizienten T
.!. 2
-.!. 2
existiert. Wegen fp(/) = f(/) im Intervall [- ~ ,~] kann in Gl. (2.4) die
periodische Zeitfunktionfp(t) dUTch f(t) ersetzt werden. Die in Abschnitt l.2.1
eingefiihrte Variable x wurde hierbei wieder durch lOo 1 , die Periodendauer 2n
entsprechend dUTch T ersetzt.
18
2 Fourierintegral
c) Nichtperiodische Funktion J(t)
Bild 2.1 zeigt eine nichtperiodische Funktion J( t) und die zugehOrige
periodische Funktion Jp(t) bei verschiedenen Werten der Periodendauer T.
Man erkennt, dass im Grenzfall T ~ 00 aus Jp(t) eine nichtperiodische
Funktion wird.
Verwendet man Gt. (2.4) und != roo ,so erhalt die komplexe Fourierreihe fUr T 21t
die periodische Funktion Jp(t) folgende Form:
Jp(t) = 2~ f [}f(t)e-;'''''' dt]liJO ejkmot k=-oo T -2
(2.5)
2n /).liJ = liJo == - T
2.1 Obergang von der Fourierreihe zum Fourierintegral 19
der mit wachsender Periodendauer Timmer kleiner wird. 1m Grenzfall T ~ 00
wird aus Wo ein Differential dw aus den diskreten Kreisfrequenzen k Wo wird
eine kontinuierliche Kreisfrequenz w, die Summation geht in eine Integration
tiber. Mit T ~ 00, Wo ~ dw, kwo ~w, 2: ~f und fp(t) ~ j{t) wird
aus Gl. (2.5):
Definition 2.1
heillt Spektralfunktion.
Satz 2.1:
1st die Zeitfunktion f(t) absolut integrierbar, d.h. es gilt 00
j I f(t) Idt <00, (2.8)
-00
so existiert die zugehOrige Spektralfunktion F( w ).
Die Aussage des Satzes 2.1 ist eine hinreichende, keine notwendige Bedingung flir die Existenz der Spektralfunktion.
Das uneigentlicbe Integral von Gl. (2.7) konvergiert wegen / e-jltJt /= 1 sogar
absolut, wenn die folgende Bedingung erfiillt ist.
00 00
20 2 Fourierintegral
Darstellung a1s Fourierintegral 00
f(t)=...!.. J F(CJJ)ejDJtdOJ 2"
(2.9)
Wir haben gesehen, dass sich auch eine nichtperiodische Funktion f(t) in
harmonische Schwingungen aufiosen lasst. 1m Gegensatz zu einer periodischen Funktion, bei der nur ganzzahlige Vielfache einer Grundkreisfrequenz OJ 0
auftreten konnen, existiert hier ein kontinuierliches Schwingungsspektrum, dessen spektrale Verteilung durch die Spektralfunktion F( OJ ) beschrieben wird. Anstelle einer Fourierreihe erhalt man das Fourierintegral. Die Zeitfunktion f(t) ergibt sich dabei a1s Integral fiber das kontinuierliche
Schwingungsspektrum. Dieses Zerlegen eines zeitIichen Vorgangs in harmonische Schwingungen, das Arbeiten im Frequenzbereich, ist fiir viele Anwendungen, gerade auch in der Elektrotechnik, fiberaus wichtig.
2.2 Eigenschaften des Fourierintegrals
Es sollen im folgenden einige Eigenschaften des Fourierintegrals gezeigt werden. Dabei werden deutliche Analogien zur Fourierreihe sichtbar. Da die Spektralfunktion F( OJ) im a1lgemeinen eine komplexwertige Funktion ist, sie wird auch a1s komplexe Amplitudendichte bezeichnet, kann sie in einen Realteil Re F( OJ) und in einen Imaginacteil ImF( OJ) zerlegt und in Komponentenform
F(OJ) = ReF(OJ)+jImF(OJ) (2.10)
angegeben werden. In Analogie zur Fourierreihe werden fUr den Realteil und den Imaginarteil der Spektralfunktion F( OJ ) auch die Bezeichnungen
ReF(ro) = a(w) bzw. ImF(OJ) =-b(w)
verwendet, sodass sich fUr die Spektralfunktion folgende Darstellung ergibt:
F(OJ) = a(w) - jb(w)
Satz 2.3:
1st f(t) eine reellwertige Funktion, so ist der Realteil der zugehOrigen
Speldralfunktion F( OJ) eine gerade, der lmaginarteil eine ungerade Funktion der Kreisfrequenz OJ
Beweis:
00 00
-00 -00
Re F(OJ) = J f(t)cos(OJt)dt (2.11)
-00
00
-00 (2.12)
Ersetzt man in den Gleichungen (2.11) bzw. (2.12) die Variable OJ durch -OJ,
so erkennt man unrnittelbar, dass
ReF(-OJ) = ReF(OJ) und ImF(-OJ) = - ImF(OJ)
gilt, da cos( OJ t) eine gerade und sin( CiJ t) eine ungerade Funktion von der Kreisfrequenz OJ ist.
Mit F(OJ)=ReF(OJ)+jlmF(OJ) und ejlOt=cos(OJt)+jsin(OJt) gehtdas
komplexe Fourierintegral nach Gl. (2.9) tiber in
/(1) ~ :" U:ReF('" )cos("") - ImF(", )sin(rot) IdOl
+ j ~ReF ('" )sin("") + 1mF( "')eas( ",')Id"'} Daj{t) als reellwertig vorausgesetzt wird, hat das zweite Integral den Wert Null. Man erkennt dies auch daran, dass der Integrand des zweiten Integrals eine ungerade Funktion ist.
22 2 F ourierintegral
BeIiicksichtigt man noch, dass beim ersten Integral tiber eine gerade Funktion integriert wird, so erlUUt man die folgende reelle Form des Fourierintegrals:
co
f{t) = : f[ReF(CO)COS(COt)-lmF(CO)Sin(cot)]dco (2.13)
o Das reelle Fourierintegrai hat eine einfachere Fonn, wenn die Zeitfunktion j{t) eine Symmetrie besitzt.
1st f{t) eine gerade Funktion, so ist oach G1.(2.12) der lmaginarteil der
Spektralfunktion Null und GI. (2.13) geht tiber in co
f{t) = ~ f ReF(co)cos(cot)dco
co
Re F( co) = 2 f f{t)cos(cot) dt
o 1st die Zeitfunktion j{t) eine ungerade Funktion, so ist Spektralfunktion Null. Das reelle Fourierintegrallautet dann
co
o Man erkennt eine deutliche Analogie zur Fourierreihe einer periodischen Zeitfunktion. Die Fourierreihe einer geraden periodischen Funktion enthalt nur Kosinusglieder, die einer ungeraden Funktion nur Sinusglieder. Entsprechend ist das Fourierintegral einer geraden nichtperiodischen Zeitfunktion ein Integral tiber ein kontinuierliches Spektrum von Kosinusschwingungen, das einer ungeraden nichtperiodischen Zeitfunktion ein Integral tiber ein kontinuierliches Spektrum von Sinusschwingungen. Ohne Beweis sei abschlie6end erwiihnt, dass an Unstetigkeitsstellen von f(t)
das Fourierintegral, wie die Fourierreihe, zum arithmetischen Mittel aus dem rechts- und linksseitigen Grenzwert der Zeitfunktion f( t) fuhrt.
2.2 Eigenschaften des Fourierintegrals 23
Ubersicbt Komplexes Fourierintegral
Spektralfunktion Fourierintegral
co co
F(OJ) = f fU)e-j{J}/dt f(t) =_1 f F(OJ)ej{J}/dOJ 21r
-co -co
Reelles Fourierintegral
F(OJ) = Re F(OJ) + jImF(OJ) co
f(t) =l. j[ReF(OJ)COS(~t) ]dOJ Re F(OJ) = f f(t)cos(OJt)dt 1r - ImF(OJ)sm(OJt)
-co 0
Spektralfunktion Fourierintegral
co co
F(OJ) = 2 f f(t)cos(OJt) dt f(t) = ! f Re F(OJ)cos(OJt) dOJ
0 0
0 0
t
f { e -at fUr 1 ~ 0 (0) 0, reell)
(I) = o fUr 1<0
Fur die Spektralfunktion F( OJ ) erhalt man mit Gl. (2.7)
OOs . OOs . [e _(a+jcv)t]OO 1 F(OJ) = f(t)e-Jcvtdt= e-(a+Jcv)tdt= . ---
-(0+ JOJ) 0+ jOJ -00 -00 0
Es ist der Grenzwert lim [e -( a + j ~ )t ] = 0 ,da 0 > 0 und reell vorausgesetzt t~oo -(0+ JOJ)
war und I ejwt I = 1 ist. Fur die Zerlegung der Spektralfunktion F( OJ ) in ReaI­
und Imaginarteil folgt:
F( ) - 1 - 0 - jOJ R F() 0 d I F() -OJ OJ - o+jOJ - 02+b2 => e OJ = 02+OJ2 un m OJ = 02+OJ2
Bild 2.3 ReaI- und Imaginarteil der Spektralfunktion F( OJ )
Man erkennt, dass der Realteil der Spektralfunktion eine gerade, der Imaginan:eil eine ungerade Funktion der Kreisfrequenz OJ ist.
2.2 Eigenschaften des Fourierintegrals
F(ro) = {A fUr - roO::; t::; roO o sonst
Man berechne die zugehOrige Zeit­ funktion f( t) .
25
Die Spektralfunktion F( (J) ist reellwertig. Die zugeh6rige Zeitfunktion ist daher eine gerade Funktion der Variablen t und es folgt mit Gl. (2.14):
Wo wo f( ) - A J ( )-3 - A [Sin({J)t)] _ A sin({J)ot) t - - cos (J)t U{i) - - -
1i 1i t 0 1i 1 o
FOr t = 0 ist die Zeitfunktion fit) nicht definiert. Es existiert aber der Grenzwert
lim f(/) = A{J)o t--+ 0 1i
f(t)
Beispiel 2.3. Man berechne die Spektralfunktion F( (J) ) zur Zeitfunktion
f(l) =
fUr T
2 Fourierintegral
-al tl f(t) = e (aeR, a<O).
Beispiel 2.5. Man berechne fUr die Zeitfunktion
T 0 T -- 2 2
Bild 2.8 Zeitfunktion von Beispiel 2.5
Beispiel 2.6.
1m F(w)
0 sonst
Gegeben ist die Spektralfunktion
3. Fouriertransformation
Durch Gl. (2.7) wird einer bestimmten Klasse von Zeitfunktionen, fUr welche das uneigentliche Integral konvergiert, eine Spektralfunktion F(w) zugeordnet. Eine derartige Zuordnung heiSt auch Transformation. Es wird dadurch eine Zeitfunktionj(t) in eine Bildfunktion F(w)transformiert.
Definition 3.1:
F(w) = ff(t)e-jaJ'dt
b) Die Menge der Originalfunktionen f(t), fUr welche die zuge­
horige Spektralfunktion F(w) existiert, heiSt Originalraum.
c) Die Menge der Bildfunktionen F( w) heiSt Bildraum der
Fouriertransformation.
(2.7)
Die Originalfunktion f( t) geht durch die Fouriertransformation in die Bildfunk­
tion F(w) tiber.
Da F(w) durch Fouriertransformation aus der Zeitfunktion f(t) erhalten wird,
heiSt F(w) auch Fouriertransformierte der Funktion f( t). Dieser Zusammen­ hang wird symbolisch ausgedriickt durch
F(w) = F{f(t) } (3.1)
Zeitfunktion f( t) bestimmt werden.
H. Weber, Laplace-Transformation © B. G. Teubner Stuttgart/Leipzig/Wiesbaden 2003
28 3 Fouriertransfonnation
f(t)=- F(cu)eJ6) tdcu 1 J . 2n
(2.9)
-00
Inverse Originalfimktion f( t) <
Fouriertransformation Bildfimktion F(m)
Die Zeitfunktion f( t) erhalt man durch inverse Fouriertransformation aus F(m) ,
symbolisch ausgedriickt dureh
(3.2)
Das folgende Beispiel soli zeigen, dass schon rur eine einfache Zeitfunktion die Fouriertransformation nieht ohne weiteres durchgefiihrt werden kann.
BeispieI3.1. Man bestimme die Fouriertransformierte der "Sprungfunktion"
&(f)
Mit 01. (2.7) erhalt man
F(m)=F{&(/)}= ooJe-jaJtdl=[e-~aJtlOO = lim [_~e-jaJt]+~ - jm t~oo jm jm
o 0
Da e -jliJ t = eos(ml) + jsin(ml) fUr 1 ~ 00 nieht definiert ist, kann man auf
diese Weise die Fouriertransformierte der Sprungfunktion nieht erhalten.
3.1 Definition der Fouriertransformation 29
Die Spnmgfimktion ist nicht absolut integrierbar. Sie erfiillt daher Dicht die ito Satz 2.2 angegebene hinreichende Bedingung fUr die Existenz einer Spektral­ funktion. FUr a ~ 0 geht die ito Beispiel 2.1 betrachtete Zeitfunktion
/(/)= e I~ { -at fUr 0
o fUr 1<0 (a>O)
in die Sprungfunktion fiber. Mit dem Ergebnis von Beispiel 2.1 1
F(m)=-.- a+Jm
erMlt man ito Grenzfall a ~ 0 fUr die Fouriertransformierte der Sprung- funktion
F(m)=~ Jm
Dieser Weg ist aber schon deshalb nicht befriedigend, weil sich damit fUr die inverse Fouriertransformation
00 f l' &(1) = -. - eJaJt dm Jm
-00
ergibt und diese Darstellung fUr m = 0 nicht definiert ist.
Die Menge der Zeitfunktionen, fUr die eine Fouriertransformierte existiert, kann dadurch erweitert werden, dass man den Funktionsbegriff der klassischen Analysis durch die Hinzunahme der Dirac'schen Deltafunktion (s. Abschn. 4.3.4) als verallgemeinerte Funktion erweitert.
Als Fouriertransformierte der Sprungfunktion ergibt sich dann
{ 1to(m)
F(m)= ~
Jm
In den vorhergehenden Abschnitten haben wir die Fourierreihen periodischer Zeitfunktionen Wld die Fouriertransformation von kontinuierlichen nichtperlo­ dischen Zeitfimktionen betrachtet.
Die BerechnWlg einer Fourierreihe kann man als eine Operation auffassen, die einer periodischen Zeitfunktion eine Folge von komplexen Fourierkoeffizienten C k zuordnet.
Die Fouriertransformation ordnet einer kontinuierlichen nichtperiodischen Funktion 1(/) eine Fouriertransformierte F(m) zu.
In beiden Fallen mUssen Integrale bestimmt werden. Dies ist jedoch nur dann moglich, wenn die betrachtete Zeitfunktion in einer analytischen Form gegeben ist, die hinreichend einfach ist, sodass die auftretenden Integrale auch berechnet werden konnen. In der Praxis ist dies nicht immer der Fall. Urn nWl in solchen Fallen einen Computer, also eine digitale Rechenanlage, als Hilfsmittel einsetzen zu kOnnen, muss die kontinuierliche FWlktion digitalisiert werden. Die FWlktion wird dazu abgetastet Wld durch eine Folge von Funktionswerten beschrieben. Wir kommen dadurch von der schon besprochenen kontinuierlichen Fourier­ transformation (FT) zur diskreten Fouriertransformation (OFT). Integrationen gehen dabei in Summationen tiber, die von digitalen Rechen­ anlagen ausgefiibrt werden konnen.
Die schnelle Fouriertransformation (Fast Fourier Transform oder FFT) ist nur ein Algorithmus, der konsequent aIle Symmetrien der diskreten Fouriertrans­ formation ausnlltzt. Die diskrete Fouriertransformation Wld ihre inverse Trans­ formation werden dadurch besonders schnell durchflihrbar.
Durch diese schnelle Fouriertransformation Wld den Einsatz schneller Rechner sind SignalbearbeitWlgen in Echtzeit moglich. Der Fouriertransformation werden damit viele interessante AnwendWlgsgebiete erschlossen.
4 Laplace - Transformation
4.1 Definition der Laplace-Transformation
Da in der Elektrotechnik immer nur Zeitfunktionen von einem Zeitpunkt t = 0 (z. B. dem Schaltzeitpunkt) an interessieren, auch wenn Anfangsbedingungen (z. B. Spannungen an Kondensatoren) aus der Vergangenheit des Systems vorhanden sind, wollen wiT im Rahmen der Laplace-Transformation nur kausale Zeitfunktionen betrachten.
Defmition 4.1:
Eine Funktion f( t) heiBt kausale Zeitfunktion, wenn fUr aIle 1 < 0 gilt:
f(/) = 0
Betrachten wiT nur kausale Zeitfunktionen, so k6nnen wiT die folgende Definition der einseitigen Laplace-Transformation geben, bei der die Integration fiber den Zeitbereich mit der unteren Grenze bei 1 = 0 begiont.
Definition 4.2:
man die durch die Funktionaltransformation 00
F(s) = Jf(t)e-stdl (4.1)
o
definierte Funktion F(s). Hierbei ist s = a + j m eine komplexe Variable.
1m Unterschied zu der im Abschn. 3 behandelten Fouriertransformation ist der dort rein imaginiire Exponent - j m t des Exponentialfaktors durch einen komplexen Exponenten -sl = - (a + jm)1 ersetzt worden.
Wir werden sehen, dass gerade dadurch die Konvergenz des dUTCh die Gl. (4.1) definierten Laplace-Integrals fUr aIle in der Praxis vorkommenden Zeit­ funktionen erreicht werden kann.
FOr aIle in der Praxis auftretenden Zeitfunktionen existiert dadurch eine Laplace-Transformierte.
H. Weber, Laplace-Transformation © B. G. Teubner Stuttgart/Leipzig/Wiesbaden 2003
32 4 Laplace - Transformation
Das Laplace-Integral 00 00
g(t) = f(t)e-ut
absolut integrierbar ist. F(s) ist dann die Fouriertransformierte der Zeitfunktion
g(t). Die Funktion get) = f(l) e -u t ist absolut integrierbar, wenn f( t) nieht
starker ansteigt als eine Exponentialfunktion. Mit einem geeignet gewIDiltem
a kann erreieht werden, dass der Faktore-at selbst bei einer exponentiell ansteigenden Funktion f( t) iiberwiegt, sodass
lim f(l)e-U 1= 0 I~O
ist. Wir konnen daher feststellen:
Das Laplace-Integral konvergiert, es existiert also eine Laplace-Transformierte F(s), wenn die Originalfunktion f( t) nieht stiirker ansteigt, als eine Exponen-
tialfunktion.
Diese Bedingung kann bei einem geeignet gewiihlten a > P fUr aile in den
Anwendungen vorkommenden Zeitfunktionen erfiillt werden.
Die Konvergenzabszisse f3 ist durch die Art der betraehten Zeitfunktion f( t)
bestimmt.
00
F(s) = jf(t)e-S'dt
o von Interesse. Die Variable s = a + j m hat die Dimension einer Kreisfrequenz,
also die Dimension sec -\ . Der Faktor e -sf des Integranden von Gl. (4.1) ist dimensionslos. Durch die Integration liber den Zeitbereich, die ja eine Aufsummierung infinite-
simal kleiner Elemente f( t) e -Sl dt bedeutet, kommt zur Dimension der
Zeitfunktion f( t) noch die Dimension des Differentials dt hinzu.
4.1 Definition der Laplace-Transformation 33
Die Laplace-Transformierte U(s) einer Spannung u(t), namlich 00
U(s) = JU(t)e-S1dt
o hat demnach die Dimension Vsec, die Laplace-Transformierte /(s) eines Stromes ;(t) analog die Dimension Asec.
In diesem Zusammenhang sei auf eine manchmal verwendete etwas modifi­ zierte Laplace-Transformation, die Carson-Transformation hingewiesen, bei der die Bildfunktion durch
00
o
definiert ist. Wegen des zusatzliches Faktors s der Dimension sec-1 hat bei der Carson-Transformation die Bildfunktion F(s) stets die gleiche Dimension wie die Originalfunktion f( t) .
Geschichtliche Anmerkung
Operatorenrechnung zur von den deutschen
Gustav Doetsch groBe
34 4 Laplare - Transformation
Beispiel 4.1. Es soli die Laplace-Transformierte F(s) der Zeitfunktion f( t) = t
berechnet werden.
FUr die kausale Zeitfunktion f( t) = t gilt f( t) = {~ Durch eine partielle Integration mit
fUr t~O
fUr t<O
-st u=t ~ u'= 1 und v'=e-st ~ v=_e_ erMltman
-s
1, -st [te- st ] 00 1 1. -st [Ie-st e-st] 00
F(s) = le dt = ~ 0 +-:; t dt = --s--7 0 s2
Dabei wird vorausgesetzt, dass der Grenzwert
lim e-st = lim e-ute-jwt =0 t400 t400
existiert. Dies ist fUr Re s = u > 0 der Fall. Bei dieser Zeitfunktion f( I) ist
demnach die Konvergenzabszisse p = O.
Die Laplace-Transformierte F(s) existiert in einem Gebiet der komplexen s-Ebene, das durch Re s > 0 bestimmt ist. Es handelt sich hierbei urn eine Halbebene, die sogenannte Konvergenzhalbebene der Bildfunktion. In Bild 4.1 sind die kausale Zeitfunktion f( I) = I und die Konvergenzhalbebene
ihrer Laplace-Transformierten F(s) dargestellt. Die komplexwertige Funktion F(s) hat an der Stelle s = 0 einen Pol zweiter Ordnung und ist flir aile s =1= 0
definiert. Sie ist aber nur in der Konvergenzhalbebene u > 0 Lapalce­ Transformierte der kausalen Zeitfunktion f( t) = I.
t
o
Bild 4.1 Zeitfunktionj{t) und Konvergenzhalbebene der Bildfunktion F(s) von Beispiel 4.1
4.2 Inverse Laplace-Transformation 35
Die inverse Laplace-Transformation, die eine Bildfunktion F(s) in die zuge­ hOrige Originalfunktion f( t) abbildet, ist durch die komplexe Umkehrformel
uo+ joo
Uo - J'lO
gegeben.
Beweis: Nach der Definition der Laplace-Transformation gema6 Gl. (4.1) gilt 00 00
F(s)= jf(t)e-S1dt= jf(t)e-U le- jOJ Idt
o 0
Ein Vergleich mit der Definition der Spektralfunktion durch Gl. (2.7) zeigt, dass die Laplace-Transformierte F(s) der Zeitfunktion f( t) Spektralfunktion
(Fouriertransformierte) der Zeitfunktion g(t) = f(t)e-U1 ist.
Mit dem Fourierintegral (Gl. (2.9» erhiilt man
-00
Multipliziert man diese Gleichung mit dem Faktor eut , so ergibt sich 00 00
f(t) =_1_ jF(S)eutej{J)tdm=_I_ jF(S)estdm 2H 2H
-00 -00
Da bei dieser Integration nur m variabel, a=ao > fJ konstant ist, also einen in
der Konvergenzhalbebene liegenden festen Wert annimmt, folgt mit dY = j dm
schlie6lich Gl. (4.2). Zu einer vorgegebenen Originalfunktion f(t) liefert die
durch Gl. (4.1) definierte Laplace-Transformation, die Konvergenz des Laplace­ Integrals vorausgesetzt, eindeutig eine Bildfunktion F(s). Es ist aber auch von Interesse, ob die durch Gl. (4.2) beschriebene inverse Laplace-Transformation ebenfalls eindeutig ist.
36 4 Laplace - Transformation
Nun haben aber etwa die im Bild 4.2 dargestellten Zeitfunktionen
{ t fUr t:;t:2sec
It (t) = t und h (I) = 3 fUr t = 2 sec
00 00
3 2
t
Bild 4.2 Zeitfunktionen It (I) und h( I) , die sich filr die Zeit t = 2 sec in ihren
Funktionswerten unterscheiden
Die Zeitfunktionen 11 (I) und 12(/) besitzen die gleiche Bildfunktion F{s). Sie unterscheiden sich nur durch eine Nullfunktion. Eine Nullfunktion N(/) ist eine Funktion, fUr die
t
o ist. Unterscheiden sich Zeitfunktionen nur urn Nullfunktionen, so werden ihnen durch die Laplace-Transfonnation gleiche Bildfunktionen zugeordnet. Die durch die komplexe Umkehrfonnel beschriebene inverse Laplace­ Transfonnation liefert daher eine Zeitfunktion, die sich hOchstens urn eine Nullfunktion von der Originalfunktion unterscheiden kann. Wir erhalten somit den folgenden Eindeutigkeitssatz:
Satz 4.2: Stimmen die Bildfunktionen zweier Originalfunktionen in einer Halbebene Re s > P iiberein, so unterscheiden sich die Originalfunktionen hOchstens urn
eine Nullfunktion.
4.2 Inverse Laplace-Transformation 37
Zur Berechnung der Originalfunktion I( t) aus einer gegebenen Bildfunktion
F(s) mit der komplexen Umkehrformel
0"0+ joe
0"0- joe
ist als Integrationsweg in der komplexen s-Ebene eine in der Konvergenz­ halbebene liegende Parallele zur imaginaren Achse zu wahlen.
0"0 + joo
0"0 - joo
Zur inversen Laplace-Transformation mit Hilfe der komplexen Umkehrformel ist die Kenntnis einiger Sitze der Analysis komplexwertiger Funktionen notwendig. Diese Satze der Funktionentheorie sollen im folgenden ohne Beweis angegeben werden.
Definition 4.3:
a) Eine Vorschrift, die jedem Element z = x + jy eines Gebietes der z - Ebene eine komplexe Zahl w = u + jv zuordnet, heiBt Funktion w = j(z) der komplexen Variablen z.
b) Eine Funktion w = j(z) heiBt in einem Punkt Zo regulir oder holomorph, wenn sie in jedem Punkt zeiner Umgebung von Zo diffenrenzierbar ist, d.h., die Ableitung
j'(z)= lim f(z+A.z)- fez) existiert. Il z-.+O A.z
e) Eine Funktion w = j(z) heiBt in einem Gebiet G der komplexen z-Ebene holomorph oder regulAr, wenn sie an jeder Stelle des Gebietes G differenzierbar ist.
d) Stellen, an denen eine Funktion w = j(z) nieht regular ist, heiBen singuiAre SteUen.
38 4 Laplace - Transformation
Satz 4.4:
1st die Funktion w = .f(z) in einem einfach zusammenhangenden Gebiet, das ist ein Gebiet, das durch eine einfache Kurve abgeschlossen werden kann, holomorph, so gilt der folgende Integralsatz von Cauchy:
f f(z)dz=O, (4.3)
w
wenn W ein beliebiger, in G liegender, einfach geschlossener Weg ist. Dieser Satz ist aquivalent mit der Aussage, dass das bestimmte Integral
1 f(z)dz
einen vom Integrationsweg von zl nach z2 unabhangigen Wert hat.
Der Integralsatz von Cauchy wird auch als Hauptsatz der Funktionentheorie (Theorie der komplexwertigen Funktionen) bezeichnet. Wesentlich ist die Beschrankung auf ein einfach zusammenhangendes Gebiet, in dem die Funktion .f(z) holomorph ist. Umfasst der geschlossene Weg W singulare Stellen von .f(z), so hat das Umlaufsintegral im allgemeinen einen von Null verschiedenen Wert (Satz 4.7).
Satz 4.5:
Unter den gleichen Voraussetzungen wie beim Integralsatz von Cauchy (Satz 4.4) gelten die folgenden Integralformeln von Cauchy
f(zo)=~! f(z) dz 27rJ:r z-zo
w
w
(4.4)
(4.5)
Der Punkt Zo liegt im Inneren des im positiven Sinn (Gegenuhrzeigersinn) durchlaufenen geschlossenen Weges W.
4.2 Inverse Laplace-Transfonnation
Die Integralformeln von Cauchy machen die bemerkenswerte Aussage, dass die Funktionswerte und die Werte der Ableitungen einer regularen Funktion im Inneren einer geschlos­ senen Kurve W durch die Werte der Funktion auf dieser Kurve bestimmt sind.
Bild 4.4 Integrationsweg W
39
x
1st die komplexwertige Funktion j(z) in einem Gebiet G der komplexen Ebene regular, d.h. uberall differenzierbar, so folgt aus Gl. (4.5), dass sie dort beliebig oft differenzierbar ist. Ahnlich, wie in der reellen Analysis, kann auch eine Funktion j(z) einer komplexen Variablen z an einer Stelle z = Zo in eine Potenzreihe entwickelt werden.
Dabei gilt der folgende Satz:
Satz 4.6:
co
w
(4.6)
(4.7)
b) Jede in einem Kreisringgebiet regulare Funktionj(z) kann in eine Laurent­ Reihe entwickelt werden
40 4 Laplace - Transfonnation
Bei der Reihenentwicklung einer Funktion j(z) kOnnen die folgenden Faile unterschieden werden:
1. Die Reihe beginnt mit einem Glied, das einen positiven Index hat, d.h., es gilt
!(z)=cm(z-z.o)m +cm+l(z-zo)m+l +Cm+2(Z-Zo)m+2 + ...
Die Funktion j(z) hat dann an der Stelle z = Zo eine m-fache Nullstelle.
j(z) ist an der Stelle Zo regular.
2. Die Reihe beginnt mit einem Glied, das einen negativen Index hat.
!(z) = c-n + ... + Ll +co +Cl(Z-ZO)+C2(Z-zO)2 + ... (z-zo)n (z-zo)
Die an der Stelle z = Zo vorliegende Singularitat hellit Pol n-ter Ordnung. Die Funktion (z - zo)n j(z) ist fur z = Zo regular.
3. Besitzt die Reihe kein erstes Glied, so hat die durch die Laurent-Reihe dargestellte Funktion j(z) an der Stelle Zo einen Pol "unendlich hoher Ordnung". Die Stelle z = Zo ist eine wesentlich singulare Stelle. So ist z.B. die Funktion
~ 111 1 e z =1+-+--+--+···+--+···
z 2!z2 3!z3 k!zk
an der Stelle z = 0 wesentlich singular. Wir betrachten nun Funktionen j{z), die bis auf endlich viele isolierte Pole regular sind. An der Stelle z = Zo sei ein Pol n-ter Ordnung und wir wollen das Umlaufintegral
tf(Z)dZ
W
berechnen, wobei der Integrationsweg W ein im positiven Sinn durchlaufener, geschlossener Weg urn die Poistelle Zo ist. Die Funktion j{z) sei bis auf diese Poistelle im Inneren und auf dem Weg W regular. FOr j{z) gibt es dann die Laurent - Reihe:
f c-n c-l ( )2 (z)= + ... + +co +Cl Z-ZO)+C2(Z-ZO + ... (z-zo)n (Z-Zo)
4.2 Inverse Laplace-Transfonnation 41
Mit dieser Reihendarstellung folgt fUr das gesuchte Integral
! j(z)dz=c_n ! I dZ+ ... +Cl !_I-dz+co!dz+Cl !(z-zo)dz+ ... :r :r (z-z )n :r z-zo :r :r w wow w w
(4.8) Setzt man in die Gleichungen (4.4) und (4.5) die uberall reguUire Funktion j{z) = 1 ein, so erhiUt man
! 1 dz = {21r j fUr n = 1 (4.9) :r (z-zo)n 0 fUr n:;t:l w
Gl. (4.8) geht damit uber in
f j(z)dz = 21r jC-l
w
(4.10)
Von Gl. (4.8) ist also nur Gl. (4.10) "ubrig geblieben". Man nennt daher den Koeffizienten c-I das "Residuum" der Funktionj{z) an der Stelle z = zoo
Definition 4.4:
Unter dem Residuum der Funktionj{z) an der Stelle z = zo versteht man
Res {j(z) }=~! j(z)dz = c-l Z=Zo 2tg:r
(4.11)
w
Der Integrationsweg Wist dabei ein geschlossener, im positiven Sinn durchlaufener Weg um die Polstelle bei z = Zo
1st Zo eine Stelle, an der die Funktion j{z) regular ist, so folgt aus dem Integralsatz von Cauchy, dass das Residuum der Funktionj{z) in einem solchen Holomorphiepunkt den Wert Null hat. Wir konnen nun den fUr die Integration im Komplexen so wichtigen Residuensatz angeben.
42 4 Laplace - Transfonnation
Umfasst der im positiven Umlaufssinn geschlossene Integrationsweg W die isolierten Pole zl, z 2, •.. , Z n , so gilt der folgende Residuensatz
1 n -. ff(Z)dz= L Res {f(z)} (4.12) 21l'J w k=l Z=Zk
Zur Berechnung der Residuen einer Funktion kann man nach G1.(4.11) das Residuum der Funktionj(z) an der Stelle Zo durch den Koeffizienten c-I der
Laurent-Reihenentwicklung an der Stelle Zo angeben. Dazu muss aber die Reihenentwickiung zuerst durchgefiibrt werden. Einfacher wird daher in vielen FlUlen der folgende Weg sein, die Residuen einer Funktion zu bestimmen.
Satz 4.8:
a) Es sei die Stelle z = Zo eine einfache Poistelle der Funktionj(z). Dann gilt
fiir das Residuum der Funktion an dieser einfachen Poistelle Zo
z~e:o {f(z) }=[(z-zo)f(z)]z=zo (4.13)
b) An der Stelle z = Zo sei ein n-facher Pol der Funktionj(z). Dann gilt
Res {f(z) }=_I_[ d n - l l {(Z-Zo)n f(z) }~ (4.14)
z=zo (n-I)! dzn- z=zo
Beweis 1. An der Stelle z - zo sei ein einfacher Pol der Funktion. Fur die Laurent-
Reihe gilt dann
Die Funktion
(z-zo)f(z)=CI + co(z-ZO)+CI(Z-zO)2 +C2(Z-zO)3 + ... ist an der Stelle Zo regular. Setzt man fiir z den Wert Zo ein, so erhaIt man die
zu beweisende Aussage. Da der Ausdruck (z - zO) f(z) fiir z - Zo unbestimmt
von der Form Oxao ist, bedeutet dies genauer ausgedriickt
lim (z - zo)f(z) = Ll Z~Zo
4.2 fuverse Laplace-Transfonnation
2. An der Stelle z = Zo sei ein n-facher Pol. Die fUr Zo reguliire Funktion
(z - z 0 ) n f (z) hat die Reihendarstellung
43
d n - 1
Potenzen von z - z 0
Setzt man in die letzte Gleichung fUr z den Wert Zo ein, so erMlt man die zu beweisende Aussage.
Res {f(z) }=C-l =_I_[dn- 1 1 {(Z-Zo)n f(Z)}~
z=z (n-l)! dzn- o z=~
Beispiel 4.2. Man bestimme fUr die Funktion f(z) = 1 2 die z(z -1)
Residuen an den Poistellen. Die Stelle z = 0 ist eine einfache Poistelle der Funktion und man erMlt mit Gl. (4.13)
Res {f(z) }=[zf(z)L=o =[ 1 2] =1 z=O (z-l) z=O
Die gegebene Funktionj{z) hat an der Stelle z = 1 einen Pol 2. Ordnung. Gl. (4.14) liefert
R~s {f(z) }=~[~{.!.}] =-[{] =-1 z-l 1. dz z z=l z z=l
Wir wollen nun den Residuensatz verwenden, urn die inverse Laplace­ Transformation mit Hilfe der komplexen Umkehrformel nach Gl. (4.2) vorzunehmen. Es soil bier nur an einigen Beispielen gezeigt werden, wie auf diese Weise aus einer gegebenen Bildfunktion F(s) die Originalfunktion f(t) berechnet werden
kann. Das praxisgerechtere Verfahren besteht in der Verwendung von Transformationsregeln und Korrespondenzen, die im lliichsten Abschnitt besprochen werden.
44 4 Laplace - Transfonnation
Satz 4.9:
Es sei F(s) die Bildfunktion einer Originalfunktion f(t). F(s) habe die endlich
vielen isolierten Pole sl, s2, ... ,sn und es sei femer lim I F(s) 1=0.
Dann gilt f(t)= t S~e:k {F(s)est } k=l
Beweis:
Zum Beweis wiihlen wir als Integrationsweg den in der komplexen s - Ebene liegenden
Weg W = WI + W2 der aile Polstellen der Funktion F(s) und damit auch aile Pole von F(s)eSt umfasst, da der Faktor eSt selbst im Endlichen keine Pole besitzt.
S~<Xl
O"o+jwo
~I.F(s)estds= ~ f F(s)estds+ ~ fF(s)estds= 21l' J ]' 21l' J 21l' J
w 0"0- jwo W;l
1m Grenzfall (00 ~ 00 und damit auch R ~ 00 gilt
lim fF(S) est ds = o. R~oo
W2
(4.15)
(4.16)
Es gilt lim I F(s) 1= 0, da der Betrag des Faktors est = eO"tejwt auf dem s~oo
Weg W2 wegen 0' ~ 0'0 beschrankt bleibt.
1m Grenzfall OJo ~ 00 geht Gl. (4.16) in die komplexe Umkehrformel
(Gl. (4.2» iiber und wir erhalten damit die Aussage von Satz 4.9.
4.2 Inverse Laplace-Transformation 45
F(s)=-. Es solI die s-a
zugehorige Originalfunktion f( t) bestimmt werden.
Die Bildfunktion F(s) hat an der Stelle s = a einen einfachen Pol.
Die Voraussetzung von Gl. (4.16), niimlich lim 1 F(s) 1 = 0 ist hier erfiilIt und s~ao
wir erhalten daher mit Gl. (4.13)
f(t)= Res {F(s)est }= {<s-a)F(s)est } s =a = {est} s=a =eat s=a
Wir haben damit ein Paar von Funktionen gefunden, die sich beziiglich der Laplace-Transformation entsprechen.
Der Zeitfunktion f( t) = eat entspricht die Laplace-Transformierte
1 F(s)=-.
s2
Es solI die zugehOrige Originalfunktion f( t) bestimmt werden.
Die Bildfunktion hat an der Stelle s = 0 einen zweifachen Pol. Da die
Voraussetzung lim 1 F(s) 1=0 erfiillt ist, erhiilt man mit Gl. (4.14) s~oo
Beispiel 4.5. Man berechne die Originalfunktion f( t) zur Bildfunktion
1 F(s)=--.
s2 +1
1 Die Bildfunktion (Laplace-Transformierte) F(s)=--=----
s2 +1 (s- j)(s+ j)
hat an den Stellen sl = j und s2 = - j einen einfachen Pol. Die Voraussetzungen fiir die Anwendbarkeit von Gl. (4.15) sind gegeben. Mit Gl. (4.13) erhalten wir
46 4 Laplace - Transfonnation
f(t)= Res { ~st o}+ Res { ~st 0 }=[ est o ] +[ e
st o ]
s=j (s-J)(s+J) s=-j (s-J)(s+J) s+J s=j s-J s=-j
1 JOt 1 -JOt 1 [ JO t _Jo t] 0 ( ) = -e --e =- e -e =SlD t
2j 2j 2j
Die Funktionen F(S>=+ und f(t)=sin(mt) bildeneinPaarvoneinander S +1
bezOglich der Laplace-Transfonnation "entsprechenden" Funktioneno
Ubungsaufgaben zurn Abschnitt 4.2 (Losungen im Anhang)
Beispiel 4.6.
a) Es soli das Umlaufsintegral
f Z~2 dz w
berechnet werden, wobei als Integra­ tionsweg W ein Kreis yom Radius r urn die Pol stelle z = 2 zu wiihlen ist. 0 Hinweis: Auf dem Kreis gilt
z-2=reja
f(z)=- z-2
y
f(z)= ----::- (z + 1)(z _1)3
Beispiel 4.8: Man berechne zu den folgenden Bildfunktionen die zugehOrigen Originalfunktionen f( t)
a) F(s)= 1 (s -I)(s -2)
1 c) F(s) =--
s3 d) F(s)= 4
f) F(s) = s+S (s + 1)(s2 + I)
Beispiel 4.9: Gegeben ist die Bildfunktion F(s) = _I , wobei der Exponent n sn
eine natOrliche Zahl ist. Es soli die zugehOrige Originalfunktion f( t) bestimmt
werden.
BeispieI4.10: Zur Bildfunktion F(s) = ---:--­ (s2 +li
entsprechende Zeitfunktion f( t) berechnet werden.
Beispiel 4.11: Gegeben ist die Bildfunktion F(s) = 4 s . s -16
Man berechne mit der komplexen Umkehrformel ihre Originalfunktion f( t) .
48 4.3 Transfonnationsregeln
00
o und insbesondere auch die der inversen Laplace-Transformation mit der komplexen Umkehrformel
CTo+joo
ist fUr die Anwendungen der Laplace-Transformation in der Technik im allgemeinen zu kompliziert. 1m Abschn. 4.2 haben wir die Berechnung des komplexen Umkehrintegrals mit Methoden der komplexen Analysis kennen gelemt. Die Verwendung dieser "Residuenmethode" soIl daher bier nicht zum Prinzip der inversen Laplace­ Transformation gemacht werden. Urn sowohl die Laplace-Transformation, als auch die inverse Laplace­ Transformation einfacher durchfiihren zu konnen, werden wir Transformationsregeln herleiten. Eine mmIiche Situation besteht auch in der Analysis. Dort werden die Ableitung einer Funktion als Grenzwert eines Differenzenquotienten, das bestimmte Integral als Grenzwert einer Summe definiert, fUr praktische Rechnungen aber macht man von den wesentlich einfacheren Differentiations­ bzw. Integrationsregeln Gebrauch. Ahnlich wollen wir auch bier vorgehen. Auf die Verwendung von umfangreichen Korrespondenztabellen soll zunachst verzichtet werden. Wir werden erkennen, dass neben den Transformations­ regeln nur wenige Grundkorrespondenzen rur sehr viele Anwendungen geniigen. Wir werden im folgenden u.a. die Schreibweisen verwenden.
F(s) = L{ f(t) }
F(s) ist die Laplace-Transformierte der Funktion f(t) ,
f( t) entsteht durch inverse Laplace-Trans­
formation aus F(s),
Da die Funktionen f(/) und ihre Laplace-Transformierte F(s) sich bezfiglich
der Laplace-Transformation "entsprechen", wird der zwischen ihnen vorhandene Zusammenhang nach DIN 5487 symbolisch durch ein "Korrespondenzzeichen" ausgedIiickt. Als Korrespondenzzeichen verwendet man • - 0 bzw. 0 - •. Der ausgefiillte (schwarze) kleine Kreis steht dabei immer auf der Seite der Bildfunktion F(s).
F(s) .-0 f(t) bedeutet, F(s) ist die Laplace-Transformierte von f( I) bzw. f( I) ist die Originalfunktion zu F(s).
Jede Korrespondenz kann von rechts nach links, aber auch von links nach rechts gelesen werden. So bedeutet die Korrespondenz
1 (0-.-
s2
Der Zeitfunktion f(/) = 1 entspricht die Bildfunktion F(s) = ~ und der s
Bildfunktion F(s) = ~ entspricht im Zeitbereich die Funktion f(t) = 1 . s
4.3.1 Laplace-Transformierte elementarer Zeitfunktionen
a) Laplace-Transformierte der Sprungfunktion
8(t) = {~ fUr «0
FOr die Zeit 1 = 0 ist dUTCh diese Definition keine Aussage fiber die Sprungfunktion gemacht. Die Sprungfunktion tritt insbesondere bei den Anwendungen der Laplace­ Transformation in der Elektrotechnik haufig auf. Sie beschreibt etwa einen idealisierten Einschaltvorgang einer Gleichspannung von 1 V zum Schaltzeit­ punkt 1= O.
50 4.3 Transfonnationsregeln
Zur Bestimmung der Laplace-Transfonnierten F(s) der Sprungfunktion benutzen wir die Definitionsgleichung der Laplace-Transfonnation und erhalten
L{e(t»)- j e -"dt=[ e~: r ! o 0
Zur Konvergenz des Integrals wird vorausgesetzt, dass fUr den Grenzwert gilt:
lim e-st = lim e-(j/ e-jtot =0
jl» .... ~ ....
~ Dies ist der Fall, wenn Re s = cr > 0 gewlihlt wird. FOr die Funktion f( t) = e(t) konver-
giert das Laplace-Integral in der durch Re s > 0 bestimmten Halbebene.
CT Das dadurch definierte Gebiet der -~~H~H~H~~+-~ komplexen s-Ebene, heillt Konver-
genzhalbebene.
Bild 4.8 Konvergenzhalbebene
Die Funktion F(s) =.!. ist als komplexwertige Funktion zwar fUr alle s ::!= 0 s
definiert, ist aber nur in der Konvergenzhalbebene Re s > 0 Laplace­ Transfonnierte der Zeitfunktion f(t)=e(t). Wir erhalten damit die folgende
Korrespondenz: 1
(4.17)
Es solI die Laplace-Transformierte der Exponentialfunktion f ( t) = eat bestimmt werden, wobei a eine beliebige komplexe Zahl sein kann. Zur Berechnung der Laplace-Transformierten verwenden wir die Definitions­ gleichung und erhalten
L{eat }= OOfe at e-s/dt= OOfe-(s-a)tdt=[e-(s-a)tj 00
-(s-a) s-a 000
Zur Konvergenz des Laplace-Integrals muss vorausgesetzt werden, dass der Grenzwert
lim e-(s-a)t =0 t~cc
ist. Diese Bedingung ist fUr
Re(s-a)=O"-Rea>O
der durch 0" > Re a definierten Konver­
genzhalbebene eine Laplace-Trans­ formierte. Bild 4.9 Konvergenzhalbebene
Es gilt daher die Korrespondenz 1 eat 0-. __
s-a
Als Laplace-Transformierte der Potenzfunktion f(t) = tn, wobei der Exponent n
zuniichst eine natiirliche Zahl sein solI, erhiilt man mit der Definitions­ gleichung der Laplace-Transformation durch eine partielle Integration mit
e-st u=tn ~ u' = ntn- I und v'=e-st ~ v=-­
-s und damit
Lj,n ~ }ne-"dt~[,n~~"r +~ 1"-le-"dt~~ 1,.-le-"dt o 0 0 0
Zur Konvergenz des Integrals muss lim tn e -st = 0 angenommen werden. t-+oo
Da die Exponentialfunktion gegenOber der Potenzfunktion Oberwiegt, ist dies fUr Re s = 0" > 0 der Fall. Dadurch ist die Konvergenzhalbebene (0" > 0) bestimmt, in welcher die
Bildfunktion F(s) der Zeitfunktion f( t) = t n existiert.
Vnter dieser Voraussetzung erhalten wir durch wiederholte partielle Integration
52 4.1 Transfonnationsregeln
00 00 00
L {tn }= Jtn e-st dt = .; Jtn- I e-st dt =.; n; 1 Jtn- 2 e-st dt = 000
00
= ... =~ n-I n-2 ... ~.!. re-stdt=~ s s s s s J sn+1
o Das Ergebnis konnen wir in der Korrespondenz
n' t n 0-. _.- n=I,2,3, ... (4.19) sn+1
zusammenfassen. Wir wollen nun auch die Laplace-Transformierte der allgemeineren Potenzfunktion
f(t)=t r
bestimmen, wobei r eine beliebige reelle Zahl ist, die der Bedingung r > -1 genugt. Diese Einschriinkung auf reelle Zahlen r > -I ist notwendig, weil anderenfalls das Laplace-Integral an der unteren Integrationsgrenze t = 0 nicht konvergiert.
Zur Berechnung der Laplace-Transformierten von f( I) = I r fiihren wir U = sl
als neue Integrationsvariable ein. Damit erhalten wir 00 00 00
F(s) = Jl r e-stdl= JU: e-u ~du=s-<r+I) Ju r e-udu
o 0 s 0
r(z)= JIZ-1e-tdl (4.21)
o definiert ist, folgt aus GI.(4.20)
L {t r }=s-<r+I)r(r+l) und wir erhaIten die Korrespondenz
I r 0-. r(r+1) (4.22) sr+l
Die Zahlenwerte der Gammafunktion findet man in mathematischen Tabellen- werken und auf man chen Taschenrechnem.
4.3.1 Laplace-Transformierte elementarer Zeitfunktionen 53
Ausgehend von der Definitionsgleichung der Gammafunktion erbalt man durch eine partielle Integration mit
u=tz- I ~u'=(z_l)tz-2 und v' = e-t ~v=-e-t
00 00 00
r(z)= ftZ-le-tdt=[-tZ-le-t]~ +(z-I) ftZ-2e-tdt=(Z-I) ftZ-2e-tdt
o 0 0 Wir erhalten somit fUr die Gammafunktion die Rekursionsformel
r(z) = (z -l)r(z -I) (4.23)
d.h. eine Formel, die es gestattet, bei einem bekanntem Funktionswert, den Funktionswert fUr ein urn 1 vergroBertes Argument zu berechnen.
00
So erbalt man aus r(l) = fe -st dt = 1 mit der Rekursionsformel
o r(2) = lr(l) = 1 = l! r(3) = 2r(2) = 2 = 2! r(4) = 3r(3) = 6 = 3!
und schlieBlich durch fortgesetztes Anwenden der Rekursionsformel
r(n+l)=n! (4.24)
1st die reelle Zahl r in der Korrespondenz (4.22) im Sonderfall eine natiirliche Zahl n, so geht mit Gl. (4.24) die Korrespondenz (4.22) in die Korrespondenz (4.19) fiber. Fiir die Anwendungen in der Elektrotechnik werden manchmal die Laplace-Transformierten der Zeitfunktionen
und
f(t) = fi bzw. f( t) = Jt benotigt. Mit
und rf2"3) -- J;21t h··lt d· K d ~ l er a man Ie orrespon enzen
Jt 0-. t F 0-. J;
2sJ;
(4.25)
(4.26)
/;(t) 0-. F;(s) = f /;(t)e-stdt, sofolgt
n
(4.27)
n COn n co n
La; /;(t) 0-. fL a; /;(t)e- st dt= La; f /;(t)e- st dt= L a; F;(s) ,
;=1 0 ;=1 ;=1 0 ;=1
da das Integral einer Summe von Funktion gleich ist der Summe der Integrale und die konstanten Faktoren aj jeweils vor die Integrale gesetzt werden konnen. Durch die Laplace-Transfonnation wird eine Linearkombination von Originalfunktionen /;(t) in die analoge Linearkombination von Bild-
funktionen F;(s) abgebildet.
Insbesondere folgt aus der Linearitat der Laplace-Transformation, dass dem a-fachen einer Originalfunktion f(t) auch das a-fache ihrer Bildfunktion F(s)
entspricht. Dies hat zur Folge, dass eine Korrespondenz, die ja keineswegs eine Gleichung darstellt, wie eine Gleichung, mit einem konstanten Faktor multipliziert werden darf. So kann z.B. die Korrespondenz
n' . tn 1 tn 0-. -'- In - 0-. -- sn+l n! sn+l
umgeformt werden. Ersetzt man noch n durch n - I, so erhiilt man die fur die inverse Laplace-Transfonnation oft zweckmafiigere Aussagefonn
1 tn- l -.-0-­ sn (n-I)!
(4.28)
4.3.2 Additionssatz 55
Beispiel 4.12. Zur Originalfunktion f( t) = 2t3 - 5t2 + 3 soIl die Bildfunktion
F(s) bestimmt werden.
3! 2! 1 12-lOs+3s2 F(s)=2--5-+3- = --..,..----
s4 s3 S s4
Die additive Konstante 3 der Originalfunktion kann als 3 &(t) interpretiert
werden, da ja nur Zeitpunkte betrachtet werden, die groBer als Null sind und fUr diese Zeitpunkte hat die Sprungfunktion den Wert 1.
Beispiel 4.13. Man bestimme die Laplace-Transformierten der Zeit­ funktionen
fi (t) = sin(mt) und h (t) = cos( mt).
Aus den Euler'schen Gleichungen und
ejm I = cos(mt) + jsin(mt) e-jm I =cos(mt)- jsin(mt)
folgt durch Addition, bzw. Subtraktion der beiden Gleichungen
sin(mt) = ij (e jwt _e-jwt ) und cos(mt)=t(ejwt +e-jwt )
Die gesuchten Bildfunktionen erhalten wir dann mit dem Additionssatz
Fi(S)=~[_I ___ I_]= a 2j s- jm s+ jm s2 +m2
und
F2(S) =-.!.[_l_+_l_]= s 2 s - jm s + jm s2 +(,,,2
Damit ergeben sich die Korrespondenzen
sin (mt) 0-. (4.29)
Beispiel 4.14. Man bestimme die Originalfunktion ft..t) zu den folgenden Bildfunktionen
a) F(s)= 3s+8 s2 +16
und b) 2
F(s)=5s +3s+8 s3
a) Mit der Zerlegung der Bildfunktion F(s) = 3s +8 in die Teilbruche s2 +16
F(s)= 3s+8 =3 s +2 4 s2+16 s2+42 s2+42
erhiUt man unter Verwendung der Korrespondenzen (4.29) und (4.30)
f(t) = 3cos( 4t) + 2sin(4t)
2 b) Durch Zerlegen der Bildfunktion F(s) = 5s + 3s + 8 in die Teilbruche
s3
s s2 s3
und gliedweises Transformieren in den Zeitbereich erhiUt man die Original­ funktion
f(t) = 5 + 3t + 4t2 .
Entsprechend der Korrespondenz .!.. - 0 s( t) gilt ~. - 0 5s( t) . s s
Da die Sprungfunktion flir die hier nur betrachteten Zeitwerte t > 0, den Wert 1 annimmt, kann anstelle von 5 s(t) auch einfach 5 geschrieben werden.
Ubungsaufgaben zurn Abschnitt 4.3.2 (Losungen im Anhang)
Beispiel 4.15. Man berechne die Laplace-Transformierten F(s) zu den folgenden Zeitfunktionen
a) f(t)=t4 -3t2 +5 b) f(t) = 3e-2t +5e-3t
t
c) f(t) = 2sin(t) - 3cos(t) d) f{t) = 212 - e -"2
e) f(t) = sinh(at) f) f(t) = cosh(at)
4.3.3 Verschiebungssatz 57
Beispiel 4.16. Zu den folgenden Bildfunktionen F(s) sollen die zugehOrenden Originalfunktionen J( t) bestimmt werden.
s 4 - 3s3 + 5s - 7 b) 6 8
a) F(s) = F(s)=--- s5 s+5 s-2
c) 1 3
e) F(s) = 2s+15
So ist die Funktion
gegentiber der zum Zeitpunkt t = 0 einsetzenden Zeitfunktion J(t) urn
J(t) I" (I)
das Zeitintervall to verschoben. Bild 4.10 Zeitftmktionenj{t) und.f'(t)
Wesentlich ist, dass die hier betrachtete Zeitfunktion J* (t) durch eine reine
Verschiebung der zum Zeitpunkt t = 0 einsetzenden Funktion J( t) entstanden
ist, die ja als eine kausale Zeitfunktion fUr Zeitpunkte t < 0 den Wert Null hat.
Diese erst ab dem Zeitpunkt t = to vorhandene Funktion J* (t) kann auch
durch J*(t) = J(t - to)&(t-to) ausgedrtickt werden, da der Faktor Get-tO)
fUr Zeitpunkte t < to den Wert 0 und fUr Zeitpunkte t > to den Wert 1 hat.
58 4.3 Transfonnationsregeln
Satz 4.11: Verschiebungssatz
Hat die zum Zeitpunkt t = 0 einsetzende Zeitfunktion fU) die Laplace­
Transfonnierte F(s), so ist die Laplace-Transfonnierte der zeitlich urn
t = to verschobenen Zeitfunktion l* (t) gegeben durch F * (s) = F(s)e -siO ,
d.h. es gilt:
ex> ex>
to to
Durch Einfiihren einer neuen Integrationsvariablen l' = t - to geht die untere
Integrationsgrenze tl = to fiber in 1'1 = 0, wahrend die obere Integrations­
grenze t2 = 00 unverandert in 't2 = 00 fibergefiibrt wird. Damit wird
00
L {J* (t)}= e -sio f f(1')e -ST d1' = e -SloL {j(t)}
o Eine Verscbiebung einer Zeitfunktion f(t) mit der Laplace-Transfonnierten
F(s) urn ein Zeitintervall to hat im Bildbereich der Laplace-Transfonnation eine
Multiplikation der Bildfunktion F(s) mit dem Faktor e -sto zur Folge.
Bildfunktionen mit einem derartigen Faktor e -sto ergeben im Originalbereich Zeitfunktionen, die erst zum Zeitpunkt t = to einsetzen und fur Zeitpunkte t < to den Wert Null haben.
Da in der Elektrotechnik hiiufig Strome oder Spannungen betrachtet werden, die erst von einem Zeitpunkt t = to ab wirksam werden, wird dieser Satz in den Anwendungen der Laplace-Transfonnation oft benfitzt.
4.3.3 Verschiebungssatz 59
Beispiel 4.17. Gegeben ist die zum Zeitpunkt t = to einsetzende Sprungfunktion
{o filr 1 < 10 &(/-/0) =
1 filr I> 10
f(t)
Bild 4.11 Funktionsverlauf f(t) = &(t -/0)
Aus &(/) 0 -. ! folgt mit dem Verschiebungssatz filr die gesuchte Bildfunktion s
e-sto F(s)=L{&(1 - (0) }=--
s
Beispiel 4.18. Es solI die Laplace-Transformierte eines zur Zeit 1 = 0 einsetzenden Rechteckimpulses der Impulsdauer 1 und der ImpulshOhe A bestimmt werden.
f(/)
A
t
o b) -Ae(t- r)
Bild 4.12 Rechteckimpuls (a) und Zerlegung des Impulses in zwei Teilfunktionen (b)
Entsprechend der Zerlegung des Rechteckimpulses in zwei Teilfunktionen nach Bild 4.12 erhalt man filr die Originalfunktion die Darstellung
f(/) = A[C(/)-c(/-r)]
F(s)=A(I_e-sr ) s
In diesem einfachen Beispiel kann die Bildfunktion F(s) auch durch das Laplace-Integral
60 4.3 Transfonnationsregeln
F(s)-lAe-"dt~A[e~:r < [I-e<] o 0
berechnet werden. In weniger einfachen HUlen ist es vorteilhaft, mit Hilfe des Verschiebungssatzes Integrationen zu venneiden.
Beispiel 4.19. Man bestimme die Laplace-Transfonnierte der Zeitfunktion
1(1)
A
fUr t> to Die Zeitfunktion f( t) kann in einem
zum Zeitpunkt I = 10 einsetzenden
Rechteckimpuls der Impulsdauer 10
und einer zur Zeit I = 10 beginnenden Exponentialfunktion zerlegt werden (Bild 4.13).
Entsprechend dieser Zerlegung ergibt sich fUr die Zeitfunktion j{t) die Darstellung
f(t) = A [&(/) - &(/-/0)]+ Ae -2(1-10)&(1 - (0)
und mit dem Verschiebungssatz die zugehOrige Laplace-Transformierte
F(s) = A [1_e- S1o J+~e-Slo s s+2
Beispiel 4.20. Es soli die Laplace-Transformierte der Zeitfunktion
{ A t fUr O~I ~r
f(/)= r
o fur I>r
bestimmt werden. Entsprechend der Zerlegung der Funktion f( I) in drei Teilfunktionen nach
Bild 4.14 gilt
4.3.3 Verschiebungssatz 61
Durch Laplace-Transformation unter Verwendung des Verschiebungssatzes erhlilt man
F( ) - A [1 -ST] A-ST S -- -e --e '( s2 s
Beispiel 4.21. Eine Zeitfunktion f( t) entstehe durch periodisches Fortsetzen der
Funktion
fo(1) = o fUr aile iibrigen Zeitpunkte
Man bestimme die Laplace-Transformierte F(s) dieser periodischen Zeit­ funktion j( t). Die gegebene periodische Zeitfunktion f( t) entsteht dadurch, dass die Funktion
/0(/), urn die Periodendauer T, bzw. urn 2T, 3T, ... verschoben, immer wiederkehrt (Bild 4.15).
o T t
FOr die periodische Zeitfunktion f( I) gilt daher
f{t)= fo(1) + fo{t-T)c{t-T)+ fo{t-2T)c{/-2T)+···
62
4.3 Transformationsregeln
F(s) = Fo(s) [1 +e-sT +e-2sT + ... ]= Fo(s)[I+e-ST + (e-sT )2 + ... ]
Der Ausdruck in der eckigen Klammer ist eine unendliche geornetrische Reihe
mit dem Faktor q = e -sT . Die unendliche Reihe konvergiert wegen
Iq 1=1 e-sTI = e-utl e- jwt 1 < 1
fUr 0" > 0, eine Bedingung, die in der Konvergenzbalbebene der Sprungfunktion (a> 0), erflillt ist. Mit der Summenformel der konvergenten unendlichen geometrischen Reihe
S=I+q+q2 +q3 + ... = _1_ l-q
ergibt sich schlieBlich fUr die Laplace-Transformierte der periodischen Zeitfunktionj{t)
F(s) = Fo(s) l_e-sT
e-2s Beispiel 4.22: Gegeben ist die Bildfunktion F(s) = --. Gesucht ist die
s+3 zugehOrige Originalfunktion f( t) .
Aus der Korrespondenz _1_. - 0 e - 31 folgt mit dem Verschiebungssatz s+3
f(t) ={e-3(/-2) fUr t?2 bzw. f(t) =e-3(t-2)s(t_2) o fUr t<2
Beispiel 4.23. Zur Bildfunktion F(s) = m(1- e -sT ) mit der Kreisfrequenz s2 +m2
m = ~ solI die Originalfunktion f( t) bestimmt werden.
Wir zerlegen die gegebene Bildfunktion in die TeilbIiiche
F(s) = m(l-e-sT ) m m e-sT s2 + m2 s2 + m2 s2 + m2
4.3.3 Verschiebungssatz
m(l- e-sT ) F(s) = 2 2 .-0 f(t) = sin(ml)-sin[m(/-T)]c(/-T)
s +m
63
Der Verlauf dieser Zeitfunktion f( I) ist in Bild 4.16 dargestellt. Es handelt sich
urn eine einmalige Sinusschwingung.
Der Funktion.fi(/) = sin(mt), die zur
Zeit 1 = 0 einsetzt, iiberlagert sich fUr t > T die Funktion
h (I) = - sin [m(1 - T) ]e(1 - T) ,
/(/)
Bild 4.16 Zeitfunktion.f{t)
Die Originalfunktion f( I) hat daher fUr Zeitpunkte I> T den Wert Null.
Ubungsaufgaben zom Abschnitt 4.3.3 (Losungen im Anhang)
Beispiel 4.24. Man bestimme die Bildfunktionen F(s) zu den folgenden Originalfunktionen
f(t) ~ {it ~I)2 fUr 1~1 f(t)~{ : fUr 0::;;/::;;3 a) b)
fUr 1<1 fUr 1>3
f(t)={ S~(/) fUr t::;; It { 0
t<1 c)
(I _1)3 e -2(1-1) I ~ I
f(t)o{i 0::;;/<1
f(t)O{~-2 0::;;/<1
1>2 1>2
Beispiel 4.25. Man berechne die Laplace-Transformierte F(s) eines Rechteckimpulses der Impulshohe A, der zur Zeit 11 begiont und zum Zeitpunkt 12 endet
64
Bild 4.17 Periodische Zeitfunktion
4.3 Transformationsregeln
Man bestimme die Laplace­ Transfonnierte Jfl:s) der im Bild 4.17 dargestellten periodischen Zeitfunktion f(t).
Beispiel 4.27. Man bestimme die Laplace-Transfonnierte Jfl:s) der Zeitfunktion
f(t)
A
ist in Bild 4. I 8 dargestellt.
Beispiel 4.28. Es sollen die Originalfunktionen f( t) zu den folgenden
Bildfunktionen bestimmt werden. e-2s
g) F(S)=!(I-e- S )- e-s
s3
4.3.4 Dirac'sche Deltafunktion 65
Bevor wir uns mit weiter mit Regeln der Laplace-Transformation beschiiftigen, ist es zweckmaBig, eine spezielle Zeitfunktion, die Deltafunktion, zu betrachten, die insbesondere auch in den Anwendungen der Laplace-Transformation in der Elektrotechnik eine wichtige Rolle spielt. Die Deltafunktion wurde 1947 von dem Englander Paul D ira c durch die Eigenschaften
c5(t) = 0 fUr aIle t:;f: 0 00
fc5(t)dt = 1
Definition 4.5
-00
definierte Funktion ~t), heillt Deltafunktion, wobeij(t) eine beliebige, an der Stelle t = 0 stetige Funktion ist.
Aus der Definitionsgleichung (4.34) folgen die ursprunglich von Dirac geforderten Eigenschaften der Deltafunktion. So erhiilt man etwa Gl. (4.33) aus Gl. (4.34) durch Einsetzen der Zeitfunktionj(t) = 1.
Eine Funktion mit den Eigenschaften der Deltafunktion ist im Rahmen der klassischen Analysis nicht vorstellbar. Die Deltafunktion wurde daher vielfach als "Pseudofunktion" bezeichnet und fand erst in einer neuen mathematischen Disziplin als "Distribution" oder "verallgemeinerte Funktion" eine ErkUirung.
Man kann eine Distribution oder verallgemeinerte Funktion als Grenzwert einer Folge von gewohnIichen Funktionen definieren.
66 4.3 Transfonnationsregeln
Satz 4.12:
Es sei {gn(t)} eine Folge von gewohnlichen Funktionen mit der Eigenschaft 00
lim Ign(/)/(/)dl= /(0) n~oo
(4.35)
-00
lim gn(t)=O(/) (4.36) n~oo
Aile Funktionsfolgen von Bild 4.19 sind Folgen von kausalen Zeitfunktionen, die Gl. (4.35) erfiillen. In der Mathematik werden im allgemeinen Funktionsfolgen gewahlt, die symmetrisch zu t = 0 verlaufen. Wir wollen uns jedoch hier im Rahmen der Laplace-Transformation auf Folgen kausaler Zeitfunktionen beziehen.
n 1---..,
o n
2 n
Jede diese Folge von Funktionen ist auch normiert, d.h. es gilt 00
fgn(t)dt = 1.
4.3.4 Dirac'sche Deltafunktion 67
Die Funktionenfolgen gn(t) sind physikalisch als Folgen von Impulsen der Impulstlache 1 interpretierbar, die mit wachsenden n kOrzer und hOher werden. Die Deltafunktion beschreibt daher einen idealisierten Impuls der Impulstlache 1, dessen Impulsdauer gegen Null geht. Sie heiSt deshalb auch Impulsfunktion (Deltaimpuls) und wird graphisch durch einen Pfeil der Lange 1 ( Bild 4.20 ) dargestellt.
b(t) b(t - to)
Bild 4.20 Deltafunktion und zeitlich verschobene Deltafunktion
FOr die zeitlich verschobene Deltafunktion t5( t - to), d.h. fUr einen
Deltaimpuls zum Zeitpunkt t = to gilt analog zu Gl.(4.34) 00
Jt5(t-tO)/(t)dt= /(to) (4.37)
(Ausblendeigenschaft der Deltafunktion)
Da die Funktion t5(t - (0) nur zum Zeitpunkt 1 = 10 von Null verschieden ist,
gilt fUr das Produkt einer Zeitfunktion /( I) mit der Deltafunktion t5(t - to)
/(t) 15(1 - to) = /(to) o(t - to) (4.38)
und insbesondere auch
Als eine besonders einfache Folge von kausalen Zeitfunktionen, die gegen die Deltafunktion konvergieren, wollen wir eine Folge von Reckteckimpulsen betrachten, deren Impulstlache stets list und deren Impulsdauer 't gegen Null konvergiert. Wir erhalten damit fUr die Deltafunktion eine mogliche Darstellung der folgenden Form
68
6( t) = lim &(t) - &(t - 1') t"-+O l'
o Mit dem Verschiebungssatz erhalten wir fUr die Laplace-Transformierte F(s) der Deltafunktion
Bild 4.21 Rechtecldmpuls
. 1 [1 e -st" ]1 . 1-e -st" F(s)= hm - ---- =- hm---
t"-+O l' s S S t"-+O l'
o Da der letzte Ausdruck fUr 't ~ 0 unbestimmt von der Form - wird, kannen o nach der Regel von L'Hospital Ziihler und Nenner nach der Variablen 't des Grenziibergangs differenziert und dann der Grenziibergang durchgefUhrt werden. Man erhIUt
1 . se-sr F(s)=- hm --=1
s t"-+O 1
6(t) 0-. 1 (4.40)
Der Originalfunktion j{t) = 6(/) entspricht im Bildbereich die Funktion
F(s) = l. Die in ihrer Definition etwas problematische Deltafunktion hat eine besonders einfache Laplace-Transformierte. FUr die Funktionj{/) = 6(t-to). einem Deltaimpuls zur Zeit t = to. erhiilt man
mit dem Verschiebungssatz die Korrespondenz
(4.41)
Wir wollen nun einen Zusammenhang zwischen der Ableitung der Sprungfunktion und der Deltafunktion herleiten.
Die Funktion j(/) von Bild 4.22 steigt im ZeitintervaII von 0 bis 't linear vom Funktionswert 0 auf den Wert 1 an und behlilt diesen Wert fur t > 't bei. Ihre Ableitung hat dementsprechend fur 0 < t < 't den Wert lh fOr aIle anderen Zeitpunkte den Wert Null.
4.3.4 Dirac'sche Deltafunktion 69
1m Grenzfall 1" ~ 0 geht die Funktion ft..t) in die Sprungfunktion s(t) und ihre Ableitung in die Deltafunktion fiber.
l{t)
1 1
FOr die Ableitung der Sprungfunktion gilt
ds(t) _ {O fUr 1*0
dt niehtdefiniertfUr t = 0
Es kann daher die Deltafunktion nieht als die "fibliehe" Ableitung der Sprungfunktion s(t) aufgefasst werden.
Man bezeiehnet daher die Deltafunktion als verallgemeinerte Ableitung der Sprungfunktion und schreibt dafiir
Ds(t) = o(t), (4.42)
wobei D (Derivation) als Symbol fUr die verallgemeinerte Ableitung gewlililt wurde. Die verallgemeinerte Ableitung stimmt an allen Stellen, an denen die Zeitfunktion ft..t) stetig ist mit der von der Analysis her bekannten "fibliehen" Ableitung fiberein. Am Unstetigkeitsstellen, an denen diese Ableitung Dieht definiert ist, spielt die Deltafunktion eine wesentliehe Rolle (s. Abschn. 4.3.12).
70 4.3 Transformationsregeln
Entspricht einer Zeitfunktionj(t) die Laplace-Transfonnierte F(s), so entspricht
der gedampften Zeitfunktion f(t)e-at die Laplace-Transfonnierte F(s + a).
f(t) 0-. F(s) => f(t)e-at 0-. F(s+a) (4.43)
Beweis: Zum Beweis greifen wir auf die Definitionsgleichung der Laplace - Trans­ formation zuriick und erhalten
co co
o 0
00
F(s) = f f(t)e-stdt
o nur dadurch, dass die komplexe Variable s durch s + a ersetzt ist.
Die Laplace-Transfonnierte der Zeitfunktion j(t)e-at unterscheidet sich von der Laplace-Transfonnierten der Funktionj(t) nur dadurch, dass s durch s + a ersetzt ist.
Wir hatten gesehen, dass eine Verscbiebung urn to im Zeitbereich einen Faktor
e-sto im Bildbereich zur Folge hat (Verscbiebungssatz).
Umgekebrt bedingt ein Faktor e-at bei der Zeitfunktion eine Verscbiebung im Bildbereich. Der Diimpfungssatz wird daher auch als 2. Verscbiebungssatz (Verscbiebung im Bildbereich) bezeichnet.
Der bier gewahlte Name "Diimpfungssatz" ist inhaltlich nur dann gerecht­
fertigt, wenn Re a > 0 ist, d.h. wenn der Faktor e -a t wirklich zeitlich abldingt. Bei den Anwendungen in der Elektrotechnik ist dies i. allg. der Fall.
Der Satz gilt aber auch fur zeitlich ansteigende Faktoren e -at bei Re a < O.
4.3.5 IYcimpfungssatz
f(t) = e-3tsin(2t)
bestimmt werden.
71
Aus der Korrespondenz sin(2t) 0 -. +- folgt mit dem Dampfungssatz, s +4
indem man wegen des zusiitzlichen Faktors e -3t die Variable s durch s + 3 ersetzt
2
Beispiel 4.30. Gesucht ist die zu der verzogert einsetzenden Originalfunktion
f(/) = 5(t - r) e-2(t-r)t:(1 - r)
gehOrende Bildfunktion F(s).
5/ 0 -.- s2
der gedampften Zeitfunktion 5te -2t
/(/)
5/e-2t 0-. 5 (s +2)2
Die gegebene, verzogert einsetzende Zeitfunktion
f(l)= 5(1 - r)e-2(t-r)t:(1 - r)
entsteht aus der Zeitfunktion 5te -2t durch eine Verschiebung urn das Zeit­
intervall To Mit dem Verschiebungssatz ergibt sich schlieBlich die gesuchte Bildfunktion
5 F(s) = e-sr (s +2)2
72 4.3 Transformationsregeln
BeispieI4.31. Gegeben ist die Bildfunktion F(s) = 2 s+5 Es solI die s +2s+10
zugehOrige Originalfunktionj(t) ermittelt werden.
Die Bildfunktion F(s) kann umgeformt werden in
F(s) = s+5 s+l + 4 3 (s+I)2 +9 (s+I)2 +32 3 (s+I)2 +32
Mit den bekannten Korrespondenzen
sin(wt) 0-. OJ und cos(at) 0-. s s2 + OJ2 s2 + w2
folgt unter Beachtung des Diimpfungssatzes
f(t)=[ COS(3t)+~sin(3t)] e-t
F(s) = 2 . (s+a)
1 Wir betrachten zunachst nur die Bildfunktion F(s) =""2. Aus der bekannten
s
Korrespondenz ~ 0 -. t folgt unter Verwendung des Dampfungssatzes fUr s
die gesuchte Zeitfunktion f{t) = t e -at.
Ubungsaufgaben zorn Abschnitt 4.3.5 (Losungen im Anhang)
Beispiel 4.33. Man bestimme die Bildfunktionen F(s) zu den folgenden Zeitfunktionen
a) f{t) = (2 e -5t b) f(t) = (4 e3t
c) f(t) = e-8 tcos(OJt) d) f(t) = e-2tcosh{t)
e) f(t) = (1 +te- t )2 f) { e - 2(t-J),in(1 -I) fiirt~l
f(t) =
BeispieI4.34. Man ennittle die Originalfunktionen.f(t) zu den Bildfunktionen 1 1 s+ 1
a) F(s) = b) F(s) = c) F(s) = --::--- s2+2s+1 s2+4s+8 s2+ 2s - 3
1 -2s -3s d) F(s) = 3 e) F(s) = e f) F(s) = --::-e __
(s+a) (s+I)3 s2 +2s+5
1 -3s r;; g) F(s) = -e h) F(s) = 'II" 3
(s + 2)2 (S+3)2
Z( ) n n-l F(s)=_s_= ans + an-l s +···+afS +aO
N(s) bm sm +bm-l sm-l +"'+q s+bo
der Variablen s. zahler Z(s) und Nenner N(s) sind ganze rationale Funktionen (Polynome) vom Grad n bzw. m, wobei bei einer echt gebrochen rationalen Funktion der Grad des Zahlers kleiner ist als der Grad des Nenners. Die Koeffizienten aj und bk sind reelle Zahlen. Die inverse Laplace-Transformation, d.h. die Bestimmung der zugehOrigen Originalfunktion .f(t) kann mit der im Abschnitt 4.2 behandelten Residuen­ methode durchgefiihrt werden. Dazu miissen die Pole der Bildfunktion F(s) bekannt sein. Die Bestimmung der Pole [ = Nullstellen des Nenners N(s) ] fiihrt zu der Aufgabe, die algebraische Gleichung m-ten Grades
N(s) = bmsm +am_ISm- 1 +···+f'JS+bo =0
zu IOsen. Zur Berechnung der LOsungen dieser algebraischen Gleichung m-ten Grades werden fUr m > 2 meist Naherungsverfahren verwendet, deren Durchfiihrung mit den heutigen elektronischen Rechenhilfsmitteln im allgemeinen unproblematisch ist. Sind die Nullstellen si des Nenners bekannt, so kann der Nenner in ein Produkt von Linearfaktoren zerlegt werden und man erhiilt fUr die Bildfunktion
F(s) = Z(s) (s - slXs - s2)'" (s -sm)
74 4.3 Transformationsregeln
a) Bildfunktion mit nur einfachen reellen Polen
Satz 4.14:
Hat die echt gebrochen rationale Bildfunktion F(s) nur einfache reelle Pole s = sk (k = 1,2, ... , m), so gilt folgende Partialbruchzerlegung
F(s)=~+~+ ... + ~+ ... +~ (4.44) s-s) s-s2 s-sk s-sm
Beweis: Als Nenner der Teilbriiche kommen aile Faktoren des Nenners von F(s) in Frage. Da F(s) eine echt gebrochen rationale Funktion ist, miissen auch die Teilfunktionen, in die F(s) zerlegt wird, echt gebrochen rational sein. Daraus folgt, dass die Zlihler der Teilbriiche konstante Zahlen sind.
Satz 4.15:
1st die Bildfunktion F(s) eine echt gebrochen rationale Funktion mit nur einfachen reellen Polen s = Slo so gilt fUr die zugehOrige Originalfunktion
m
1(1)= L Ak eskt (4.45)
k=l wobei die Koeffizienten At die Z!ihler der Partialbruchentwicklung von F(s) sind. Diese Aussage wird auch Heaviside'scher EntwickJungssatz genannt.
Beweis: Ausgehend von der Partialbruchzerlegung der Bildfunktion F(s) nach Gt. (4.43) erhlilt man mit der Korrespondenz
~.-oAkeskt s-sk
unter Verwendung des Additionssatzes die Aussage des zu beweisenden Satzes.
4.3.5 Diimpfungssatz 75
Nachdem sowohl die allgemeine Form der Partialbruchzerlegung der Bildfunktion F(s), als auch die allgemeine Form der Originalfunktion fit) feststehen, miissen noch die zahler Ak der Teilbrtiche berechnet werden. Das hierfiir zweckmaBige Verfahren besteht darin, die Bildfunktion mit dem Hauptnenner der Teilbriiche, d.h. mit dem Produkt der Teilnenner
N(s) = (s - sl)(s - s2) ... (s -sm)
zu multiplizieren. In die dadurch erhaltene Gleichung, die fUr aIle Werte von S
giiltig ist, werden fUr die komplexe Variable S nacheinander m "giinstige" Werte eingesetzt. Giinstige s-Werte sind in diesem FaIle die Polstellen sk. Auf diese Weise entstehen m Gleichungen fUr je einen unbekannten zahler Ak-
In vielen Fiillen ist jedoch eine Formel zur Bestimmung der Ak zweckmaBig. Multipliziert man den Ansatz zur Partialbruchzerlegung
F(s)=~+~+ ... + ~+ ... +~ s-sl s-s2 s-sk s-sm
mit dem Faktor (s - sV' so folgt
(s-sk)F(s)= Al(s-sk) + A2(s-sk) + ... + Ate + ... + A",(s-sk) s-sl s-s2 s-sm
Da die Polstellen nach Voraussetzung aIle verschieden sind, kiirzt sich der Faktor (s - sk) nur bei dem Teilbruch mit dem zahler Ak. Setzt man in die neu entstandene Gleichung fUr S den Wert sk ein, so folgt
Ak= lim (S-sk)F(S)=[(S-Sk)F(s)]s=s (4.46) s~q k
Die Bildfunktion F(s), die in Teilbrtiche zerlegt werden soIl, wird mit (s - sk) multipliziert. Dec dadurch entstehende Ausdruck wird durch Einsetzen der Polstelle sk fUr die Variable s unbestimmt von der Form ''Null x Unendlich". Da aber der Nenner von F(s) den Linearfaktor (s - sv enthalt, entsteht durch Kiirzen dieses Faktors ein Ausdruck, in den fUr S der Wert sk eingesetzt werden kann.
Mit F(s) = Z(s) kann Gl. (4.46) umgeformt werden in N(s)
A -I. Z(s) k - un
s ~ sk (N(S») s-sk
76 4.3 Transformationsregeln
lim (N(S») KOrzt man diesen Ausdruck nun nicht mit S - sic> was S ~Sk s-sk
m6glich ist, da der Linearfaktor S - sk