Lautstark! #16 / Mai 2009

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  • 8/3/2019 Lautstark! #16 / Mai 2009

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    Datenantifa

    Antifaschistischen Hackern gelingt Schlag gegen

    Blood & Honour-Netzwerk - der Informationsge-

    winn fr hiesige Antifas ist bescheiden.

    Seite 4

    Jahresrckblick 2008

    Die Schweizer Neonaziszene hlt sich mit ffentli-

    chen Auftritten und der Wahl eines PNOS-Mitglieds

    in den Langenthaler Stadtrat im Gesprch.

    Fascho-Fashion

    Das rechte Modelabel Thor Steinar spielt mit Mo-

    tiven und Symbolen, die erst auf den zweiten Blick

    eindeutig sind.

    Lieber Leserinnen und Leser

    Ende Juni ist es wieder so weit: DieSchlachtfeier bei Sempach wird erneut zumlandesweiten Anziehungspunkt fr Neona-zis. Seit ihnen der Zugang zur 1.-August- Feier auf dem Rtli erschwert worden ist,avancierte die Feierlichkeit in Sempach zumwichtigsten Marschtermin in der Agenda derSchweizer Rechtsextremen. Und was sagtman dazu in Sempach? Herzlich wenig.Weder das Organisationskomitee noch dieanderen Festteilnehmerinnen und -teilnehmerkritisierten den Auftritt der Rechtsextremenbis anhin. Ganz im Gegenteil gelten dieGesnge und die Kranzniederlegung derRechtsextremen mittlerweile bereits als inof-

    fizieller Teil des festlichen Aktes.

    Dieses Phnomen wirft einige Fragen auf.Es muss geklrt werden, wer hier wozu wel-che Helden konstruiert und (miss-)braucht.Denn abgesehen von der Sempacher-Sagen-gestalt Winkelried gibt es noch einige ande-re. Mittlerweile rennen Rechtsextreme an Demos sogar schon mit Ch-Guevara-T-Shirts rum. Dass wird damit begrndet,dass Ch offenbar einfach Nationalist gewe-sen sei und nur fr Volk und Heimatgekmpft habe. Die Welt wird gebogen, wieman sie sehen will.

    Bezogen auf die Schweizer Neonazis stelltsich die Frage, warum diese Leute nun ver-mehrt an Schlachtfeiern und zu Heldenge-denken pilgern? Und last but not least: Inwelcher Form lsst sich hier antifaschisti-scher Widerstand mobilisieren? Wir mch-

    ten diesen Fragen im vorliegenden lautstark!nachgehen und fordern auch euch zum ber-legen und Handeln auf.

    Wir wnschen viel Spass beim LesenAntifa Bern

    Antifa Bern

    Postfach 5053

    3001 Bern

    [email protected]

    www.antifa.ch

    Editorial

    16

    Mai 2009

    Ob Rtli, Sempach, Morgartenoder Nfels die Organisatorin-nen und Organisatoren vonhistorischen Festakten kmpf-ten jahrelang mit sinkendenTeilnehmerzahlen. Bis die

    Rechtsextremen darin ihreChance witterten und began-nen, die ideologisch unzeitge-mssen Gedenkfeiern, dieimmer mehr ein Schattendasein

    fristeten, fr ihre Zwecke zunutzen. Seither werden die Fei-ern vermehrt zum Anziehungs-

    punkt von Rechtsextremen.

    Ihr Faible fr das Mittelalter kommtnicht von ungefhr: Im Unterschiedzu Deutschland, wo die Neonazisihrer Helden des Zweiten Weltkrieges

    gedenken, huldigen die Eidgenossengewonnenen Schlachten im Mittelal-ter und damit dem Mythos einergemeinsamen Abstammung, die 800

    Jahre zurckgreift. Mit auserwhltenhistorischen Momentaufnahmen, ins-besondere Bildern heroisch kmpfen-der Urschweizer, soll das Bild einerkollektiven Erinnerung und Verbun-denheit manifestiert werden. Wider-stndische und aufopfernde Eidge-nossen gegen die bermchtigen undfremden Invasoren (Habsburger).

    Ansturm auf biedere Schlacht-

    feiern

    Bisher haben erst die OrganisatorIn-nen der 1.-August-Feier auf demRtli mit einem Ticketsystem dieTeilnahme der Jahr fr Jahr zahlrei-

    cher und dominanter aufmarschie-renden Rechtsextremen verunmg-licht nach einer Dekade schweigen-der Zustimmung/Toleranz notabene.ber 300 Neonazis applaudiertensich und der Schweiz trotzdem, nurdiesmal zwei Tage nach dem offiziel-len Festakt. Der Westschweizer Holo-caustleugner Philippe Brennenstuhlund Markus Martig, Vorsitzender derPNOS-Sektion Emmental, hieltenam 3. August 2008 die Festreden.

    Nach dem Rtli-Verbot ist nun dieSchlachtfeier in Sempach zum grss-ten Aufmarsch der Neonazis aufge-stiegen. Hinter Studentenverbindun-gen, dem kompletten LuzernerRegierungsrat und Schulkinderndefilieren die Rechtsextremen seit

    einigen Jahren ohne sprbare Oppo-sition mit und prgen die Feierzunehmend: Nahmen im 2004 nochrund 30 Neonazis an der Schlachtfei-er teil, stellten sie im Jahr 2008 mitber 200 Personen bereits einenViertel der Anwesenden darunterExponentinnen und Exponenten vonGruppierungen wie Blood & Honour,PNOS, Hammerskins, NationaleOffensive, Kameradschaft Inner-schweiz oder Helvetische Jugend.Dies weckt Erinnerungen an die Auf-mrsche der Frontisten in den1930er-Jahren.

    Schulter an Schulter mit Br-

    gerlichen und Liberalen

    Die Organisatoren des Umzugs rech-

    nen: Wie an anderen ideologischunzeitgemssen Anlssen dieser Artschwinden auch die Teilnehmerinnenund Teilnehmer an der Sempachfeiervon Jahr zu Jahr. Die verstaubtenAufzge vermgen kaum neueGesichter anzulocken. So beklagensich wenige ber den Zustrom artigerNeonazis. Solange der Trupp fried-lich mitluft, wird er toleriert. Kritikscheint fr die Organisatoren nichtangebracht im Gegenteil: Unmit-telbar im Anschluss an den vom Kan-

    ton Luzern organisierten Festaktbernehmen die Neonazis das Zep-ter: Die PNOS hlt eine kurze Rede,beim Denkmal werden Krnze nie-dergelegt, und die alte Nationalhym-ne wird angestimmt. Von offiziellerSeite wurde wohlwollend festgehal-ten, die Neonazis htten whrend desUmzugs nur Kantons-, aber keinePNOS-Fahnen mitgefhrt (prsentwaren sie nur im Vorfeld). Auch dasssie dabei etliche NS-Symbole wieSS-Totenkpfe, Odal-Runen, Sig-Runen (der SS), Wolfsangel undAdolf Hitler- bzw Heil Hitler-Sprche (codiert als 88) auf T-Shirts,Grtelschnallen und Baseball-Capszur Schau trugen, scheint fr dieOrganisatorinnen und Organisato-ren der Schlachtfeier unwesentlich.

    Lobpreisen unter seinesglei-

    chen

    Neben den offiziellen Umzgen ste-hen weitere Gedenkfeiern auf derAgenda der rechtsextremen Szene:Fr den 6. April 2008 riefen die FreiNationale Kameradschaft Helvetia-Germania FNK und Blutschutznach Nfels, um den Sieg der eidge-nssischen Truppen ber die Habs-burger von 1388 zu huldigen. Rund60 rechtsextreme Mnner und Frau-

    en, samt Kleinkindern und Kampf-hunden, zogen durch die GlarnerGemeinde zum Schlachtdenkmal.Dasselbe Komitee mobilisierte frden 10. November 2007 zur natio-nalen Gedenkfeier nach MorgartenSZ. Rund 30 Rechtsextreme legtennach einer kurzen Demo amSchlachtdenkmal eine Gedenktafelmit einer patriotischen Inschrift nie-der, signiert mit dem FrontistengrussHarus. Auch die Nationale Offen-sive, eine ehemals im Raum Bernund Burgdorf aktive Naziskin-Grup-pierung, pflegte gerne solche Zere-monien und marschierte mit Fahnenzum Grauholzdenkmal in Moossee-dorf BE, um dort einen feuchtfrhli-chen Abend zu verbringen.

    Fr die rechtsextreme Szene gehrendie Aufmrsche an historischenGedenkfeiern zum festen Bestandteilim Jahresprogramm. Solche Anlssebieten den Neonazis eine idealeMglichkeit, Kontakte zu knpfenund sich vor einer breiten (medialen)ffentlichkeit zu prsentieren vonden Organisatoren toleriert und ohnefhlbaren Gegenwind aus Bevlke-rung und Politik.

    Schulter an Schulter mit BrgerlichenDie rechtsextreme Szene entdeckt die Schlachtfeiern

    Seite 6Seite 4

    Neonazis marschieren in Gedenken an den vermeintlichen Nationalhelden Winkelried in Sempach

    Ausgabe16 27.4.2009 9:57 Uhr Seite 1

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    Lngst hat die Schweizer Neona-zi-Szene ihr Repertoire an Auf-marsch-Gelegenheiten um die

    Kategorie Trauer- und Gedenk-marsch ergnzt. Sie machtdavon emsig Gebrauch: Allein

    in den letzten zwlf Monatentraten Rechtsextreme in Appen-zell und Yverdon trauernd andie ffentlichkeit.

    Die rechtsextreme Szene hat denTrauer- und Gedenkmarsch zumindest auf den ersten Blick un-verdchtig, unpolitisch und deshalbwenig Anstoss erregend als proba-tes Mittel entdeckt, um auf der Stras-se Prsenz zu markieren sowie ihremenschenverachtende und rassisti-sche Botschaften unter die Leute zubringen. Nicht zuletzt sind solcheAnlsse wie alle Versammlungenund Demonstrationen wichtig frsNetzwerk der Neonazis selbst: Siedienen dazu, neue Sympathisantin-nen und Sympathisanten zu gewin-

    nen, Kontakte zu pflegen und dieeigenen Strukturen zu festigen.

    Handzahm und in Zweierrei-

    hen

    Die Partei National OrientierterSchweizer (PNOS) hat sich in ihrenGrnderjahren bereits im Abhaltenvon Trauerfeiern gebt. Am 5. Juli2003 veranstaltete die Neonazi-Parteiin Burgdorf einen von rund 70 Perso-nen besuchten Gedenkmarsch frden Naziskin Marcel Bannwart.Bannwart, Mitglied des rechtsextre-men Bad Car Club, war exaktzwlf Monate zuvor im Alter von 19

    Jahren bei einem Verkehrsunfall inUngarn tdlich verunglckt. Artig imBenehmen, geordnet im Auftritt(Zweierreihen), zog der Tross durchsBurgdorfer Stadtzentrum zum Grabvon Bannwart, wo ein Freund desVerunglckten eine Rede hielt, umden Anwesenden vor Augen zu fh-ren, wer er war und wofr er stand,

    wie ein PNOS-Chronist einfhlsamfesthielt.Nur ein Jahr spter schrumpfte die

    Trauergemeinde, die sich laut Poli-zeimeldung friedlich und korrekt

    zum Grab von Marcel Bannwartbewegte, auf knappe 20 Nasen.Dafr erhob ihn die lokale Nazi-

    Rockband Indiziert gleichen Jahresin den Rang eines Mrtyrers: Ein

    Foto im Booklet ihres Erstlings, Eid-genssischer Widerstand, zeigtBannwart in kmpferischer Pose.

    Blood & Honour-Parade

    Auch das Drama um die gettetefnfeinhalbjhrige Ylenia wolltensich rechtsextreme Organisationenzu Nutze machen, um sich medien-wirksam in Szene zu setzen (die Zei-tung lautstark! berichtete). Diezunchst verbotene, dann aber aufeiner Miniroute geduldete Demon-stration gegen Kinderschnder undGewalt an Kindern vom 13. Okto-ber 2007 geriet zum Blood &Honour-Schaulaufen. Von den Be-hrden unbehelligt und sekundiertvon weiteren rechtsextremen Kln-geln mit klingenden Namen wie dieFrei Nationale KameradschaftSchweiz-Germania die eigentlicheDemoveranstalterin oder die Ka-meradschaft Baden-Wettingen,konnte der Schweizer Ableger des in-

    Die Schweizer Rechtsrock-BandIndiziert singt im Lied UnserWeg vom gegenseitigen Eid,immer aufrecht weiter zuschreiten, bis in den Tod einan-der zu begleiten. Der Tod ist inden Liedern rechtsextremerBands omniprsent. Sowohlderjenige der Feinde als auchder eigene - zweiterer allerdings

    gedacht als Heldentod.

    Der Tod nimmt in den rechtsextre-men Songtexten zwei gnzlich ver-schiedene Rollen ein: Einerseitswird der Tod am Feind auf usserstbrutale und primitive Art begrsst.Das geht soweit, dass sich in einigen

    Liedtexten die Rechtsextreme imSelbstverstndnis als Mrder darstel-len. Die Schweizer Band Feuersturmsingt, ein Skin geht durch den Wald,macht alle Juden kalt; ein Skin gehtdurch den Wald, macht alle Niggerkalt; ein Skin geht durch den Wald,macht alle Kanaken kalt; ein Skingeht durch den Wald, macht alleSchwulen kalt - Sieg Heil SolcheTexte sind an Brutalitt und Hss-lichkeit kaum zu berbieten.Der Tod von Personen aus derEigengruppe wird andererseits alsetwas Heldenhaftes, Melancholisch-Trauriges verehrt. Im SchweizerRechtsrock werden dazu gernemnnliche Personen aus nationalenMythengeschichten zitiert. DieInnerschweizer Band Dissens erin-

    nert sich beispielsweise im LiedSohn Helvetiens ihrer Vorvterund Ahnen und will sein wie diese

    Toten oder besser gesagt genau so,wie sie sich diese Toten herbeiphan-tasiert. Immer wieder wird der eigeneKampf mit Treueschwren und Eid-erklrungen besiegelt: Ja, ich kmp-fe fr mein Land. Am Grabe meinerVorvter habe ich's geschworen, euerSchwert wird gefhrt durch meineHand, bereit zu sterben fr das Landin dem ich geboren. Aber wessenSchwert soll denn hier nun eigentlichgefhrt werden? Denn abgesehendavon, dass diese Heldengeschichtenwenig mit der historischen Realittzu tun haben, ist auch die Figuren-wahl eine sehr exklusive.

    Wer wird Held?

    Besonders beliebte Mrchenfigurenin diesen, meist in Moll gehaltenenHerzschmerz-Songs sind Tell, Win-kelried und Co. Die Lieder handelnvon Ehre, vom huldvollen Gedenkenan die angeblichen Ahnen und vomAbgrund, in dem wir heute lebenwrden. Man ruft diejenigen in Erin-nerung, die gewaltsam und imKampf gefallen sind oder zumindestihre Kampfeskraft irgendwie unterBeweis gestellt haben. Dabei spielt eskeine Rolle, ob die besungenen Totenberhaupt jemals gelebt haben odernicht. Sie dienen einzig dazu, eineKontinuitt zwischen dem politi-schen Kampf der Rechtsextremenheute und der Vergangenheit herzu-stellen. Und deshalb ist man beim

    Totengedenken auch sehr whle-risch. Frauen aus vergangenen Jahr-hunderten werden berhaupt nicht

    besungen. Auch nicht die toten Mn-ner, die beispielsweise an der Staats-grndung von 1848 beteiligt waren,oder solche, die sich in den vergange-nen zwei Jahrhunderten fr die Ein-

    fhrung von Sozialgesetzgebungenstark gemacht haben. Und alles, wasausserhalb der Staatsgrenzen derheutigen Schweiz gestorben ist, bleibtsowieso aussen vor. Vielleicht mitAusnahme von Nazigrssen wieRudolf Hess und deutschen Wehr-machtsoldaten im Zweiten Weltkrieg- dies hngt von der neonazistischenOrientierung der Rechtsrock-Bandsab.

    Die Ungleichheit im Ohr

    Inhaltlich grenzen sich die Liedtexte

    im Rechtsrock nicht von den politi-schen Zielen und Wertvorstellungenin sonstigen Publikationen der Extre-

    men Rechten ab. Es geht auch hierdarum, rassistische, antisemitische,sexistische und homophobe Ideen zuverbreiten. Gerade in den Textenber verstorbene Helden von

    damals verdeutlicht sich die militari-stische und sozialdarwinistische Beto-nung des ehrvollen Kampfes. Dieserhandelt vom Wunsch nach physischerberlegenheit und nach derUngleichbehandlung von Menschen.Rechtsrock hat sich im Laufe der letz-ten zwanzig Jahren in Europa undden USA immer mehr zum Sprach-rohr der Extremen Rechten entwik-kelt. Mit Hilfe der Musik werdenpolitische Inhalte auf authentischeWeise an die Zuhrerschaft weiterge-tragen. Das Erfolgsrezept dermusikalischen Vermittlung von

    rechtsextremer Ideologie ist derenTiefen- und Breitenwirkung. Musikweckt Gefhle und bewegt damit die

    MusikkonsumentInnen auf einer vielpersnlicheren Ebene als Pamphleteund politische Reden. Gleichzeitigwerden damit junge Menschen ange-sprochen, die auf anderen Wegenniemals erreichbar wren. Die Musikbeschallt die meist jugendlichenRechtsrock-KonsumentInnen an ein-schlgigen Konzerten, aber auch ausdem iPod beim Gang zur Schule oderaus der Konserve beim gemeinsamenBiertrinken am Dorfcliquen-Treff-punkt. Und gerade deshalb ist eswichtig zu beobachten, was mit Hilfedes Rechtsrocks vermittelt wird.Gegen die Vorstellung der Ungleich-heit der Menschen gilt es, sich immerund berall zu wehren. Egal ob sie

    aus den Kopfhrern eines Busnach-barn schallt oder in Parlamenten vonRechtaussenparteien propagiertwird.

    Schwerpunkt

    lautstark! Ausgabe Nr. 16 Mai 2009

    2

    Heldengedenken in E-MollNationale Mythen musikalisch umgesetzt

    Wir werden dich nie vergessen!Trauermrsche als politische Manifestation der Neonazis

    CD-Cover der Schweizer Rechtsrock-Band Feuersturm

    Gegen Kinderschnder in Appenzell: Neonazis vermeintlich tief betroffen

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    Alljhrlich im Februar beginntin Dresden der Reigen der Nazi-Grossveranstaltungen. Der

    Nazi-Pflichttermin in Dresden,bei dem vorgeblich den Totender alliierten Bombardierung

    Dresdens im Februar 1945gedacht werden soll, ist mittler-weile zum grssten Aufmarschin Deutschland geworden. Erdient wie auch die Aufmrschein Halbe, das Gebirgsjgertref-

    fen in Mittenwald und die Auf-mrsche zum Todestag von

    Rudolf Hess dazu, Traditions-linien zum historischen Natio-nalsozialismus zu schaffen.

    Diese Grossveranstaltungen

    frdern die emotionalen Bin-dungen der TeilnehmerInnenuntereinander und schaffen da-mit einen Zusammenhalt imSinne einer nationalsozialisti-schen Identitt.

    ber ihre innere Wirkung hinausgeht es bei diesen Veranstaltungen

    jedoch auch immer wieder darum,die Geschichte zu verleugnen und zurelativieren. Der deutschen Gesell-schaft soll vermittelt werden, dass derNationalsozialismus ein System war,in dem vieles gut und richtig war:Dafr wird der Hitler-StellvertreterRudolf Hess, der in den NrnbergerProzessen als Kriegsverbrecher zulebenslanger Haft verurteilt wurde,von den Nazis zum Mrtyrer stili-

    siert, der als Friedensflieger zuunrecht verurteilt wurde.

    Dafr werden die Wehrmachtssolda-ten und Angehrigen der Waffen-SS,die im Frhjahr 1945 bei einer derletzten Kesselschlachten des ZweitenWeltkrieges starben und nun auf demgrten Soldatenfriedhof inDeutschlands in Halbe liegen, vonden Nazis unter dem Motto Ruhmund Ehre dem deutschen Frontsolda-ten zu Helden stilisiert.

    Dafr werden in Mittenwald amEhrenmal der Gebirgsjger die Ver-brechen von Teilen der Gebirgsjgerim Nationalsozialismus verschwiegenund Verbindungen zur SS geleugnet.Und dafr werden die Toten desBombenangriffs auf Dresden von

    den Nazis benutzt, einen Opfermy-thos zu kreieren. Die Alliierten wer-den einer sinnlosen, kriminellenMassenbombardierung beschul-digt, die BewohnerInnen Dresdensund damit zugleich die BevlkerungDeutschland ausnahmslos als Opferdargestellt. Mit der Stilisierung desBombenangriffs zum Brand,Flammenmeer oder Bombenho-locaust sollen die Verbrechen desNationalsozialismus und insbesonde-re der Massenmord an den europi-schen Jdinnen und Juden relativiertwerden. Der Holocaust soll damit zueinem von vielen Kriegsverbrechenwerden, wie sie von allen Seitenbegangen wurden.

    Warum gerade Dresden?

    Die Bewertung der Luftangriffe aufDresden war sowohl in der DDR alsauch in der BRD politischem Kalklunterworfen. Bis Ende der 1990er-

    Jahre erfolgte in keinem der beidenLnder eine systematische historischeErforschung.

    Hatte der erste Nachkriegsbrger-meister Dresdens, Walter Waldauer,

    noch von einer vermeidbaren abervon deutschen Faschisten provozier-ten Katastrophe gesprochen, erfolgtein der offiziellen DDR-Politik schonbald ein radikaler Schwenk: Die

    Bombardierung wurde als verbreche-risch gebrandmarkt. Ziel sei es gewe-sen, der UDSSR und dem neuzugrndenden sozialistischen deut-schen Staat nur zerstrte Stdte zuhinterlassen.In der BRD waren es vor allemFaschisten und Revanchisten insbe-sondere der Vertriebenenverbnde,

    die an die offiziellen Propagandal-gen des Gbbels`schen Ministeriumsanknpften und die Bombardierungzur Relativierung der deutschenKriegsschuld und zum Aufbau einesdeutschen Opferbildes benutzten.Diese Propaganda fand offene Ohrenund konnte sich beinahe ungehindertin groen Teilen der westdeutschen

    Gesellschaft festsetzen. Bcher wiedas des Holocaustleugners David

    Irving Der Untergang Dresdensaus dem Jahr 1963 stiessen auf breiteAkzeptanz und verbreiteten erfolg-reich die erfundene und vllig ber-triebene Zahl von 250'000 Toten.

    Nach 1989 blieb das verbreitete Bildder verbrecherischen Bombardie-rung mit hunderttausenden Totenzunchst unangegriffen. Das wieder-vereinte Deutschland war auf derSuche nach Normalitt und imBegriff sich selbst als Opfer zu ent-decken, nachdem man die jahrelan-gen Beteuerungen, man habe die

    Vergangenheit erfolgreich bewltigt,schlielich selbst glaubte.

    Die Aufmrsche

    Ab 1998 geriet der Jahrestag derBombardierung Dresdens in dasBlickfeld organisierter Neonazis.Dabei bestand in der brgerlichenGesellschaft gegenber den Alt- und

    Jungnazis sowie Revanchisten, dieversuchten, den 13. Februar in Dres-den fr ihre Propaganda zu nutzen,eine auffllige Unttigkeit: auchwenn man die Nazis als unangenehmempfand, konnten sie sich ungestrtan den offiziellen Trauerfeierlichkei-ten beteiligen. Da die BrgerInnen

    selbst engagiert an dem MythosDresden arbeiteten unfhig undunwillig zu objektiver Betrachtung ,konnten sie sich nicht erfolgreich in-haltlich von den Nazis distanzieren.Im Jahr 1999 mischten sich nur200 Nazis unter die Dresdner Br-gerinnen vor der Frauenkirche, im

    Jahr 2000 wurde der erste Aufmarschder Jungen Landsmannschaft Ost-preussens (JLO) mit bereits 500 Na-zis durchgefhrt. Im Vorfeld des 60.

    Jahrestages der BombardierungDresdens wurde der Umgang mit derimmer grer werdenden Nazide-monstration auch in der brgerlichenffentlichkeit strker diskutiert.Dabei wurde deutlich, wie stark dasbrgerliche Bild des Geschehens inDresden von nazistischen und revan-

    chistischen Vorgaben geprgt war.Unter anderem dadurch ermutigt,kamen im Jahr 2005 schliesslichmehr als 6000 TeilnehmerInnen anden Umzug. Auch dieses Jahr zog derAufmarsch um die 6000 Personenaus dem rechten und extrem rechtenSpektrum an. Darunter fand sich, wiedas schon lange blich ist, auch einebeachtliche Anzahl von aus derSchweiz angereisten Rechtsextre-men.

    Text:Dieser Text wurde uns freundlicher-weise von der Gruppe Interventioni-stische Linke Antifa AG frher:NS-Verherrlichung-Stoppen zurVerfgung gestellt. Der Text ist

    gekrzt, leicht angepasst sowie aktu-alsiert worden.

    Bilder:Recherche Ost

    Schwerpunkt

    lautstark! Ausgabe Nr. 16 Mai 2009

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    Aufmarsch als logische KonsequenzDie Verdrehung der Geschichte am Beispiel Dresden

    ternationalen Neonazi-NetzwerksWerbung in eigener Sache betreibenund belste Symbolik durch dieStrassen tragen. Inklusive Blood &Honour-Fronttransparent ein No-vum in der Schweiz.

    Auge um Auge, Zahn um

    Zahn

    Die PNOS instrumentalisiert dengewaltsamen Tod eines rechts stehen-den Jugendlichen fr ihre eigenenpolitischen Zwecke selbst wenn derVorfall fnf Jahre zurckliegt: Am1. Juni 2003 wurde der damals18-jhrige La-Chaux-de-FonnierMichal F. bei einem Streit in Yver-don von vier Jugendlichen mitMigrationshintergrund verprgeltund erstochen. Eine auch von zahl-reichen Neonazis besuchte Gedenk-feier Anfang Juni 2008 in Yverdonwar fr Mario Friso, StellvertretenderVorsitzender der PNOS-Sektion Ber-ner Oberland, willkommener Anlass,auf der PNOS-Website gegen kul-

    turfremde Auslnder zu hetzen.Und unverblmt mit Gegengewalt zudrohen: Wir werden nicht verges-sen, wie er sein noch kurzes Lebenverlor und wir vergessen auch nicht,wer ihm das Leben genommen hat.(...) Auge um Auge, Zahn um Zahn,so soll der Lebensgrundsatz eines

    jeden Eidgenossen gegenber krimi-nellen Auslndern lauten.

    Was Friso freilich verschwieg: DerMalerlehrling Michal F. hatte in derHardcore-Techno-Szene verkehrtund war Mitglied der patriotischenund fremdenfeindlichen Gruppie-rung Avant Garde Suisse gewesen.Auf deren Website hatte er sich mitdem Pseudonym Boffa eingeschrie-ben, das er jeweils mit 88 ergnzt

    hatte, dem Doppelkrzel fr den ach-ten Buchstaben im Alphabet: HH Heil Hitler.

    Tatort als Wallfahrtsort

    Noch einen Schritt weiter gehendeutsche Neonazis: Nach demgewaltsamen Tod eines JugendlichenAnfang April 2008 ein tatverdchti-ger 19-jhriger auslndischer Her-kunft hatte den 18-jhrigen Kevin P.im Streit erstochen marschiertendie Nationaldemokratische ParteiDeutschlands (NPD) und andereNeonazi-Organisationen gleich drei-mal am Tatort, dem rheinlndischenStolberg bei Aachen, auf. Propagan-da-Videos zu Ehren des gefallenenKameraden wurden auf YouTu-be geschaltet, auch wenn die Fami-

    lie des Opfers jegliche rechtsextremeGesinnung ihres Sohnes bestritt.Zudem kndigten mehrere Szene-Exponenten an, den Trauermarschfest installieren und Stolberg zueinem jhrlichen Wallfahrtsort aus-bauen zu wollen.

    Doch: Anders als in der Schweiz, woGegendemonstrationen die Ausnah-me sind, stossen die deutschen Neo-nazis bei ihren Auftritten im ffentli-chen Raum auf entschlossenenWiderstand fast immer und berallstellen sich ihnen antifaschistischeAktivistInnen und Brgerinitiativenentgegen oder halten Gegenkundge-bungen ab. Getreu dem Motto: Sch-ner Leben ohne Nazis.

    Autonome Nationalisten machen in Dresden aus Ttern Opfer

    Schweizer Beteiligung in Dresden

    Ausgabe16 27.4.2009 9:57 Uhr Seite 3

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    Das Modelabel Thor Steinarermglicht es Mitgliedern derExtremen Rechten, ihre Ideolo-

    gie offen zur Schau zu tragen,ohne gesellschaftliche chtungbefrchten zu mssen. Diesndert jedoch nichts an der Ein-deutigkeit der aufgedruckten

    Motive.

    Mit Thor Steinar: Das Imperiumzerfllt wird im AntifaschistischenInfoblatt Anfang 2008 ein Artikelzur umstrittenen Kleidermarke ber-schrieben. Die Kleidermarke hatKonkurrenz erhalten, denn das seitnunmehr einem Jahr im lukrativen

    Markt aktive Label Erik & Sonswill ebenfalls einen Teil des Kuchensabbekommen. Beim Vorgehen desneuen Labels seien das professionelleMarketing und die von Anfang anumfassende Vertriebsstruktur inDeutschland und den daran angren-zenden Lndern besonders auffal-lend. Die beiden Marken verbindetnicht nur das Zielpublikum, sondernes finden sich auch personelle Ver-knpfungen. Der Vertrieb und denInternetauftritt von Erik & Sonsbetreibt beispielsweise die FirmaTex.Sell, deren Inhaber, Udo Sieg-mund, frher die Websites von ThorSteinar angemeldet hatte. Weiter

    hat sich Axel Kopelke nicht nur dieMarkenrechte an Thor Steinar inzirka 30 Warenklassen gesichert, son-dern sich ebenfalls Eriksson imdeutschen Markenregister eintragenlassen, notabene einen Tag vor derPublikation der Eintragung von Erik& Sons.

    Leute machen Kleider

    Als Modemarke wurde Thor Stein-ar 2002 von Axel Kopelke regi-striert. Unter internationalem mar-kenrechtlichem Schutz befindet sichnicht nur der Begriff Thor Steinar,sondern auch das zugehrige

    ursprngliche Runen-Logo. Seit2003 werden die Kleider durch dieFirma Mediatex Gmbh vertrieben,die Kopelke zusammen mit UweMeusel ins Leben gerufen hatte.Kopelke selbst ist in der rechtsextre-men Szene kein unbeschriebenesBlatt: Er besuchte vlkische Sonnen-wendfeiern, war Gast bei Lieder-abenden mit Frank Rennicke oderTeilnehmer bei einer NPD-Reichs-grndungsfeier im Jahr 2000. Meuselwiederum sieht keinen Grund, sichvon Rechtsextremismus abzugren-zen: Ich muss mich hier nirgendwodistanzieren. Doch nicht nur diebeiden Hauptakteure bringen die

    Marke in Verbindung zur ExtremenRechten. Auch ihre Geschftspartnerim Ausland gehren hufig derrechtsextremen Szene an. In Dne-mark teilen sich der lokale ThorSteinar-Ableger und die von Blood& Honour-nahen Rechtsextremi-sten betriebe Firma NordvindRecords das Postfach. In Schwedenwiederum bestehen Verbindungenzur neonazistischen Widerstandsbe-wegung (Svenska motstandsrrel-sen, SMR), wobei eines ihrerLadengeschfte damit wirbt, der ein-zige Thor Steinar-Laden inSchweden zu sein. Dieser dientzustzlich als Treffpunkt und zum

    Die Ende August 2008 auf diver-sen Indymedia-Seiten verffent-liche Meldung zum Hack einesBlood & Honour-Forums(combat18.org respektive bloo-dandhonour.com/forum) nhr-te die Hoffung auf einen grossenInformationsgewinn. Die Durch-sicht der verffentlichten Datenwar aus Schweizer Perspektive

    jedoch mehrheitlich eineEnttuschung: Nur wenigeund nicht wirklich brisanteInformationen kamen zum Vor-schein gut so.

    Nicht zum ersten Mal ist es antifa-schistischen Hackern gelungen, Web-

    sites und Foren der Extremen Rech-ten lahm zu legen und/oder die dar-ber gefhrte Kommunikationffentlich zu machen. Dabei kamenimmer wieder interessante Informa-tionen ans Tageslicht, Zusammen-hnge wurden offensichtlich oderverdeutlicht, und nicht zuletzt sorg-ten diese Hacks fr Verunsicherungund Misstrauen innerhalb der rechts-extremen Szene. Das jngste Beispielin dieser Reihe ist die Verffentli-chung eines kompletten Blood &Honour-Forums: Alle darin publi-zierten Beitrge, die zum Zeitpunktder Erstellung des Dumps gespei-cherten PMs (private messages)sowie die E-Mail-Adressen derUserInnen des combat18.org-Fo-rums. Dieses wurde nach der Verkn-

    dung des Hacks kurzfristig geschlos-sen, ist nun aber wieder erreichbar.Dies verdeutlicht einerseits, dass sol-che Hacks in einem Bereich nur einetemporre Wirkung entfalten knnen

    das Forum existiert weiterhin ,und zeigt andererseits, dass derExtreme Rechte offensichtlich sehrviel an solchen Foren liegt.

    Warum geniesst dieses Forum einensolch hohen Stellenwert? Betrachtetman das Schweizer Unterforum, lsst

    sich diese Frage nur schwer schlssigbeantworten. In den Monaten Juni,

    Juli und August 2008 wurden gerademal elf neue Topics erffnet. Darun-ter finden sich offensichtlich wenigerbeliebte Themen wie die Bekanntga-be des Todes von Ahmed Huber oderdie Bewerbung des mittlerweileschon wieder eingestellten Blogs derNationalsocialistes suisses. Verhlt-nismssig grossen Anklang habenhingegen die beiden Threads Wit-ze und Alles ber die ex Nationaleund das Tiefkhlbaby gefunden:Zum einen eine Sammlung von rassi-stischen Witzen und zum anderen einAuslassen ber die bsen Medien, dieimmer wieder Lgen verbreiten sol-

    len (Orthographie-Fehler im Origi-nal): Das ist zur zeit das Haupt the-ma in der Schweiz. Tglich werdendie Nationalen von der Presse erneutin den Dreck gezogen und alles nurwegen einer lngst verstossenenNationalen. Grosse Beliebtheitgeniesst auch das Thema Versn-de: Wem kann vertraut werden, werwirtschaftete nur in die eigene Kasse?Dieser feine Herr bereichert sich aufunsere kosten!! (Auto, Haus Pooletc). Oder wie sind die Erfahrungenbezglich Lieferzeit, Zuverlssigkeitetc.? Hinzu kommt das Auslassenber politische Gegner wie dieZecken pejorative Bezeichnungder Neonazis fr die autonome Linke

    oder die Hammerskins sowieAuslnderInnen oder JdInnen. In-

    haltliche Diskussionen werden nurselten gefhrt, und so lassen sich diemeisten UserInnen politisch auchnicht wirklich tiefgrndig verorten.Angepinnte Beitrge beschftigensich mit den Heiden, keltischenBruchen, den Wickingern undmit Met ein Kleinst-Wikipediafr Nationale?

    Auch die Durchsicht von privatemessages der im Schweizer Unterfo-rum aktiven BenutzerInnen fhrt zu

    keinen wirklich neuen Erkenntnissen.Es wird weder rege ber politischeInhalte, Veranstaltungen oder Aktio-nen diskutiert, noch werden wirklichinteressante und relevante Informa-tionen ausgetauscht. Dies knntenatrlich auch damit zusammenhn-gen, dass die vielen bisher durchge-fhrten Hacks dazu gefhrt haben,dass die UserInnen vorsichtigergeworden sind und brisante Informa-tionen noch direkter austauschen.Dennoch soll hier zur Veranschaulichauf zwei PMs eingegangen wer-den, um der/dem interessiertenLeserIn einen Eindruck davon zuverschaffen, was sich hinter denKulissen so alles abspielt.

    Die Userin Fchsin, obwohl selbstim Neonazi-Forum aktiv, scheint einBeleg fr die vom Rechtsextremis-mus-Experten Jrg Frischknechtstammende Aussage zu sein: In dieKiste oder in die Kiste Gefngnisoder Liebesbeziehung als Ausstiegs-grund. Denn die letzte gespeicherteNachricht in ihrem Postfach stammtvon 14Berseker88 und enthltunter anderem diesen Abschnitt:Luag Lydia in letschter zyt isch wr-kli fr s beidi nid eifach gsi, in handas eifach uf sita gschoba das i di nidna meh belasta usw. i bin mier sichermier finden an weg und dr extremirechti weg muas au nid si, wrkli nid,as git wichtigers, z.B. du bisch wichti-ger. Der Bndner Rechtsextremist

    Michael Caminada versucht offen-sichtlich, seine Beziehung zu retten,und spielt dabei sogar mit demGedanken, sich aus der rechtsextre-men Szene zu verabschieden.

    Auch nach Ausstieg, jedoch auf eineetwas endgltigere Art und Weise,kann ein von Walhalla ruft geplan-tes Projekt verstanden werden: Wiesein Namen schon erahnen lsst, ister einem Einzug in Walhall (derHalle der Gefallenen in der nordi-

    schen Mythologie) nicht abgeneigt.Denn er fhlt sich von den Leuten inder Schweiz verraten, die zu wenigfr den Sieg unternehmen undstattdessen nur saufen wrden,zwar usserlich so wie ein Rechteraussehen, aber im Inneren nicht sosind. Deshalb soll etwas Besonderesvollbracht und dokumentiert werden:Ich verrate nur so viel: Ich plane seitlngerem etwas Grosses. Ich bin aufder Suche einen grsseren Van, des-sen Laderaum ich gerne mit ein paar

    witzigen Dingerchen verkleidenmchte. Ich mag grosse "Feuerwer-ke" (...) und hoffe, dass ich dieses Jahrdie Mittel zusammenbringe. Ich binnicht wohlhabend und habe daherAngst, dass es dieses Jahr schon wie-der nicht dafr reicht und ich wiedernichts sparen kann. Bekomme ver-mutlich erst ab 2010 wieder mehrLohn....

    Ausgestiegen ist 14Berseker88nicht, vielmehr zum Moderator des

    Schweizer Unterforums befrdertworden. Moderiert wurde dieses lan-ge Zeit vom User Ed Gein. Dabeihandelt es sich um den langjhrigenWestschweizer Naziskin OlivierKunz, der damit schon sein zweitesAmt abgeben konnte: Ehehehehe,can't imagine how glad I am that I'mnot mod anymore on this fuckingfrench section.

    Was bleibt, ist eine leise Enttu-schung darber, dass der Hack des

    Forums aus Schweizer Perspektivekeine wirklich neuen und verwertba-ren Informationen geliefert hat. Dieswird aber mehrfach durch dieErkenntnis kompensiert, dass diesemForum eigentlich keine Bedeutungbeigemessen werden muss oder kann,da die Mehrheit der darin aktivenUserInnen keine allzu grosse Rolle inder Extremen Rechten der Schweizzu spielen vermgen.

    Datenantifa

    lautstark! Ausgabe Nr. 16 Mai 2009

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    Datenbanken beschlagnahmt!Datenantifa gelingt Schlag gegen Blood & Honour-Netzwerk

    Gehackt und umgestaltet: Das Forum von Blood & Honour

    Fascho-FashionThor Steinar: Eindeutige Symbolik erst auf den zweiten Blick

    Ausgabe16 27.4.2009 9:57 Uhr Seite 4

  • 8/3/2019 Lautstark! #16 / Mai 2009

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    Verkauf von Propagandamaterial.Auch ist bekannt geworden, dass derehemalige Thor Steinar-Mitarbei-ter Udo Siegmund 2005 ein von derrechtsextremen Organisation Natio-nalsocialistisk Front organisierten

    Konzert besucht hatte.

    Kleider machen Leute

    Neben den Verbindungen undMachenschaften der hinter der Mar-ke stehenden Personen rckt insbe-sondere die mit den Kleidern trans-portierte Botschaft das Label insrechtsextreme Spektrum. Auch wenndie Macher versuchen, die Textilienals Mainstream-Klamotten zu bewer-ben, ist die propagierte Botschaft sp-testens auf den zweiten Blick eindeu-tig. Die InformationsbroschreInvestigate Thor Steinar wurdeEnde August 2008 in einer zweitenund aktualisierten Auflage verffent-licht und zeigt anschaulich, wie Bil-der und Motive verstanden werdenmssen. Die Kollektionsanalyse wirdin vier thematische Gebiete unter-

    teilt: Mytisch-nordische Bezge,Bezge zu NationalsozialistischerIdeologie und II. Weltkrieg, Kolo-nialbezge sowie Gewalt- undSportbezge. Bevor auf den Mar-kennamen, das Logo und die darausentstandenen juristischen Auseinan-dersetzungen eingegangen wird, sollanhand der vier Kategorien beispiel-haft aufgezeigt werden, welche Ideo-logie bewusste Thor Steinar-Tr-gerInnen zu transportieren versu-chen respektive vermitteln.

    Zu den mytisch-nordischen Bez-gen gehrt beispielsweise Wuo-tan. Damit wird ein Bezug zumhchsten und bekanntesten aller ger-manischen Gtter, Odin, hergestellt.

    Denn Odin ist nichts anders als diesdgermanische Form von Wuotanund steht fr die alles durchdringen-de, schaffende und bildende Kraft er lenkt im Krieg und fhrt zumSieg. Der auf Kleidungsstcken auf-

    gedruckte Schriftzug kann zudemauch als Will Of The Arian Nation(Wille der arischen Nation), kurzWotan, gelesen werden. TrgerIn-nen eines Sweatshirts oder einer Jak-ke mit dem Schriftzug Wandaliaauf der Brust bekennen sich sowohlzum ostgermanischen Stamm derWandalen (Vandalen) als auch zurBerliner Neonazigruppe VandalenAriogermanische Kampfgemein-schaft und somit zu einer neonazi-stischen Ideologie gepaart mit einemvlkischen Germanenkult. Anfhrerder Vandalen ist Michael Regener,Snger der rechtsextremen BandLandser. ThuleNetz, ThuleGesellschaft oder die Rechts-Rock-Band Ultima Thule: Alles findetsich in der Form von Ultima Thuleimmer wieder auf Kleidern von

    Thor Steinar. Beispielsweise in derForm eines keltischen Knotens, umden sich in Runenschrift die WorteThor Steinar und Ultima Thulewinden. Generell wird dieser Aus-druck auch als nrdlichster Punktoder Rand der Welt bezeichnet.

    Der Aufdruck Nordland gehrt indie Kategorie NationalsozialistischeIdeologie und II. Weltkrieg undkann erst in Kombination mit ande-ren Motiven eindeutig eingeordnetwerden. Aus der Idee einer nordi-schen Art mit Eigenschaften wieStrke, Mut und Kraft wird imZusammenhang mit den WikingernKampf und Eroberung. Auch anzu-treffen ist der Begriff NordlandDivision, eine Einheit der Waffen-

    SS whrend des Zweiten Weltkrieges.Daneben existiert auch Kleidung mitdem Aufdruck Viking Division,was Assoziationen zur SS-DivisionWiking weckt, in der viele Freiwilli-ge aus Europa fr die NS-Armeegekmpft haben. Einen speziellenStellenwert geniesst zudem der Auf-druck Division Thor Steinar, derzu den ltesten Motiven der Markegehrt. Dieser wird meist in Kombi-nation mit einer Flagge auf den Klei-dern angebracht, die der norwegi-

    schen Nationalflagge sehr hnlich ist anstelle des blauen findet jedochein dunkelblaues, fast schwarzesKreuz Verwendung, was Erinnerun-gen an die Reichskriegsflagge der

    Nazis weckt. Die unterschiedlichenDivisionen stehen grundstzlichauch in Verbindung mit der militri-schen Formationsbezeichnung Divisi-on, weshalb natrlich auch der Tarn-musterlook nicht fehlen darf. Dass

    dabei von Thor Steinar das Tarn-muster mit der BezeichnungZrich zur Anwendung kommt,verdeutlicht, dass ein Bezug zur deut-schen Wehrmacht hergestellt werdensoll.

    Kolonialbezge werden durch Auf-drucke wie SdWestAfrika oderWindhuk hergestellt. SdWest-Afrika verweist auf die ehemaligedeutsche Kolonie im heutigen Nami-bia, und Windhuk ist die deutscheSchreibweise fr Windhoek, dieHauptstadt von Namibia.

    Darwinismus taucht bei Thor Stein-ar im Zusammenhang mit Fussballauf und ist somit Teil des Themen-komplexes Gewalt- und Sportbez-ge. In einem Motiv umrahmen bei-

    spielsweise zwei sich gegenberste-hende Stiere einen Fussball. Unterdem Bild steht geschrieben: Survivalof the Strongest, in Anlehnung anden von Herbert Spencer eingefhr-ten und von Charles Darwin aufge-nommenen Begriff Survival of thefittest. Passend dazu und den Sozi-aldarwinismus auf Hooliganismusbertragend gibt es ein T-Shirt zukaufen, das auf der Vorderseite mitSport frei und auf der Rckseitemit 3. bedruckt ist und im Katalogden Namen 3. Halbzeit trgt.Assoziationen wecken zum AusrufSieg Heil knnen und sollen diebeiden Motive Ski Heil! undWeidmanns Heil!, wobei derSchriftzug durch die Abbildung einesMaschinengewehrs zum Motiv wird,

    dass eher an Menschen- als an Tier- jagd erinnert. Schusswaffen findensich in zwei weiteren Motiven: berdem Spruch Shooting Club, dereigentlich auch auf einen Schiessklubmit sportlichem Charakter verweisenknnte, ist ein Sturmgewehr des TypsAK-47 abgebildet, das jedoch kei-nesfalls zum Sportschiessen verwen-det wird, sondern eine weit verbreite-te Waffe ist, die ber 200 MillionenTodesopfer gefordert hat. Auch aufdem Pullover Hausbesuche findetsich eine Waffe: ein G-36-Sturm-gewehr. Und der eigentlich als medi-zinische Konsultation zu verstehendeHausbesuch erhlt eine ganz neueDimension.

    Juristische Folgen

    Neben den eindeutig zweideutigenMotiven wird bereits anhand desMarkennamens und des ursprngli-chen Runen-Logos ersichtlich, wel-che Bezge gemacht werden sollen.Ersterer setzt sich aus den WrternThor und Steinar zusammenund lsst deshalb folgenden Schlusszu. Thor, einer der bekanntestenGtter der nordisch-germanischenMythologie, steht fr Strke, Tatkraftund Schutz. Er ist somit ein Sinnbildfr Strke und Zorn, ein Verbreitervon Angst und Schrecken, gleichzei-tig aber auch ein Beschtzer derMenschen. Felix Steiner, General derWaffen-SS und SS-Obergruppenfh-rer, war an der Besetzung der Tsche-choslowakei beteiligt und bettigtesich nach seiner Entlassung aus der

    US-amerikanischen Kriegsgefangen-schaft als Revisionist und Verteidigerder Waffen-SS. Das eigentliche Mar-ken-Logo bezog sich durch die Ver-wendung von Runen einerseits aufnordisch-germanische Mythologie

    und schaffte andererseits einen natio-nalsozialistischen Bezug, wobei zweiRunenkombinationen zur Deutungherangezogen werden knnen. Die

    Macher verstanden unter dem altenLogo die BuchstabenkombinationT und S und somit die Tiwaz- unddie Sowilo-Rune, die beide whrendder NS-Zeit Verwendung fanden. Sowurde die Tiwaz-Rune von Absol-venten der SA-Reichsfhrerschulegetragen. Die Sowilo-Rune (auch Siggenannt) wiederum wurde in einerdoppelten Ausfhrung von der SSverwendet. So befand ein deutschesGericht denn auch, dass ein wissen-der Betrachter durch die Drehung

    des Logos im Uhrzeigersinn die Dop-pel-Sig-Rune erkennen knne, die inDeutschland verboten ist. Im Sep-tember 2005 wurden das alte ThorSteinar-Logo vom Oberlandes inBrandenburg jedoch neu beurteilt.Demnach erflle das Logo aus heuti-ger Sicht nicht den Tatbestand derVerwendung von Kennzeichen ver-fassungswidriger Organisationen.Die zweite Deutung des ursprngli-chen Logos wird wie folgt hergeleitetund stellt eine Verbindung der RunenTyr und Gibor dar. Gibor ist auchunter dem Namen Wolfsangelbekannt, die im Dritten Reich unter-schiedliche Verwendungen kannte.Obwohl die Try-, die Sig- und auchdie Gibor-Rune in Deutschland ver-botene Symboliken darstellen, ist esin manchen deutschen Bundesln-

    dern nicht verboten, das alte Logo zutragen. Es existiert keine einheitlicheRegelung in Deutschland. Das neueLogo wiederum besteht aus einerGebo-Rune, die Gabe, Gastfreiheitund Ehe symbolisiert, und zweiPunkten. Interessant dabei ist, dassGuido von List in seiner SchriftGeheimnisse der Runen dasRunenlied der Edda neu interpretiertund die Runen neu aufgeschlsselthat. Seiner Meinung nach wurde dasHakenkreuz durch die Verwendungin der Flagge als Buchstabe entweiht,und er ersetzte es deshalb durch eineGebo-Rune. Trotz des neuen Logosbleibt also ein Bezug zum National-sozialismus bestehen.

    Und die Schweiz?

    Mit Thor Steinar-Kleidern wollteund will man auch in der Schweiznicht nur die rechtsextreme Szenebeliefern, sondern auch selbst etwas

    Geld verdienen. 2004 war noch derHammerskin Rafael HernandezAnmelder der Schweizer ThorSteinar-Website und verkaufte

    gleichzeitig ber seinen Nevada-Sto-re Kleider dieser Marke. Neben Her-nandez versuchte sich auch ein weite-rer Hammerskin als Thor Steinar-Verkufer. Adrian Segessenmann warnicht nur kurzfristig Inhaber derDomain thorsteinar.ch, sondernbettigte sich auch als Hndler:Thor Steinar Division Schweiz.Seit dem Umzug von Kopelke in dieSchweiz im August 2007 lautet derDomainname auf ihn respektive sei-ne Comdesign Textile AG, und

    Segessenmann hat die im Handelre-gister eingetragene EinzelfirmaThor Steinar lschen lassen. ObKopelke, wie er selbst behauptet, inder Schweiz wirklich nicht die MarkeThor Steinar vertreiben will, istweiterhin unklar. Ob es jedoch auchohne Kopelkes Umzug an der drittenSwiss Las Vegas Fight Night inBasel Bandenwerbung von ThorSteinar gegeben htte, ist fraglich.Auch veranschaulicht das BeispielSchweiz die Verknpfung und Veran-kerung der Marke in der ExtremenRechten.

    Thor Steinar

    lautstark! Ausgabe Nr. 16 Mai 2009

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    ...zunehmend beliebt: Am 8. Mrz Burgdorf nach Bern geflchtete Spacken.

    Thor Steinar: Zelebrieren...

    ...von vlkischen Mythen in Schrift und Bild auch bei Schweizer Faschos....

    Ausgabe16 27.4.2009 9:57 Uhr Seite 5

  • 8/3/2019 Lautstark! #16 / Mai 2009

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    Die rechtsextreme Szene hieltsich im vergangenen Jahr mitmehreren Aufmrschen imGesprch und mit der erneu-ten Wahl eines PNOS-Vertretersin den Langenthaler Stadtrat.

    Die Antifa gab vor allem imCyberspace Gegensteuer.

    Wichtigste und umtriebigste Akteurinder Neonaziszene war auch im ver-gangenen Jahr die Partei NationalOrientierter Schweizer PNOS. Zwar

    ist der PNOS-Mann Dominic Bann-holzer am 29. Februar als Gemeinde-rat von Gnsberg SO zurckgetre-ten, Michael Vonsch, Kopf derOrtsgruppe Willisau LU, bei denWahlen in die rtliche Einbrge-rungskommission am 20. April chan-cenlos geblieben. Die Partei konnteaber am 26. Oktober berraschendihren Sitz im Langenthaler Stadtratverteidigen und damit ihrem Par-tei-Image neuen Glanz verleihen.Timotheus Winzenried, ein politi-scher Nobody, ersetzt den unbedarf-ten Tobias Hirschi, der in seinen vierAmtsjahren nicht gerade grosseStricke zerrissen hat.

    Nazivokabular-Wahlkampf

    Die Langenthaler Ortsgruppe derPNOS und ihr Umfeld die lokaleSzene verfgt ber einen Klubraumauf dem Porzi-Areal haben Wahl-kampf auf ihre Weise betrieben: miteinem reisserischen Flugblatt gegendie Lotzwiler SP-GemeindertinAynur Kilic im Januar, mit einemBananenwurf auf den schwarzenSP-Nationalrat Ricardo Lumengo ander 1.-Mai-Feier und mit belster

    Hetze gegen die frisch gewhlte MissSchweiz, Whitney Toyloy, im Okto-ber. Im O-Ton: Sie (Whitney Toyloyund die zweitplatzierte Rekha Datta)verkrpern nur das Geschwr, wel-ches die freie, unabhngige Eidge-nossenschaft bereits am Auffressenist.

    Die PNOS ist 2008 in ihrer Kernzo-ne weiter gewachsen. Die am10. Februar gegrndete SektionEmmental, die vom HammerskinMarkus Martig angefhrt wird, istbereits der dritte PNOS-Ableger imKanton Bern. Der von rund 100 Per-sonen besuchte PNOS-Parteitag gingam 2. November im Versammlungs-raum der rechtsextremistischenOrganisation Morgenstern in

    Sempach LU ber die Bhne. Anzwei Vortragsabenden gab die Parteidem sterreichischen Rechtsextremi-sten Andreas Thierry und demSchweizer Holocaust-Leugner Bern-hard Schaub (Kssnacht am Rigi SZ,12. Januar) sowie dem franzsischenNeonazi und Mitbegrnder des Thu-le-Seminars in Kassel, Pierre Krebs,(Unterseen BE, 8. Mrz) eine Platt-form.

    Neue Spielwiesen

    Demonstrationen, Aufmrsche undGedenkfeiern: Die rechtsextremeSzene suchte 2008 die ffentlichkeitwie nie zuvor und auf diesen neu-en Spielwiesen (der Rechtsextremis-mus-Experte Hans Stutz) turnte diePNOS krftig mit. Am 2. Mrz nah-men sich 30 Neonazis in Schwyz dieStrasse und schlugen der Polizei soein Schnippchen: Sie fhrten die vonder PNOS fr den 8. Mrz angekn-digte, von den Behrden aber nichtbewilligte Demo Masseneinbrge-rungen stoppen einfach eine Wochefrher durch. Am 6. April zogenrund 60 Neonazis, samt Kleinkin-dern und Kampfhunden, durchNfels GL zum Schlachtdenkmal.Zum Gedenkmarsch aufgerufen hat-

    ten die Frei Nationale Kamerad-schaft Helvetia-Germania (FNK)und die Gruppe Blutschutz (sieheweiter unten). Ziel des Aufmarsches:ein Zeichen gegen das dekadenteSystem setzen. Am 1. Mai mar-schierten ber 100 Rechtsextremist-Innen unter den Fahnen der PNOSdurch die Stadt Fribourg und skan-dierten: Die Schweiz den Schwei-zern, wir sind das Volk. Der zustn-dige Oberamtmann hatte die Kund-gebung kurzfristig gestattet.

    Klglich gescheitert ist der Versucheines rechtsextremen Mobs, am2. Juni den Antifaschistischen Abend-spaziergang in Bern zu stren. Dierund 50-kpfige Gruppe wurde flugsin die Flucht geschlagen. Pudelwohldrften sich hingegen am 28. Juni dierund 250 Neonazis bei ihrer Teilnah-me an der Schlachtfeier von Sem-pach LU gefhlt haben. Sie konnten,von den Behrden geduldet, ihre ein-schlgigen Embleme zur Schau tra-gen und beim Gedenkstein Krnzeniederlegen. Das Fazit eines PNOS-Exponenten berrascht wenig: DiePNOS marschiert vermehrt an sol-chen lndlichen Heldenfeiern auf,weil die Stdte unsere Kundgebun-gen fast immer verbieten. Immer-

    hin: Einige Tage spter publiziertedas Autonome Medienkollektiv Frei-burg (D) auf der linken Websiteindymedia.ch 241 durchnumme-rierte, qualitativ hochwertige Portrt-bilder der Umzugsteilnehmenden. Inder Folge versahen etliche Nutzer-Innen der Plattform die Fotos mitNamen und rissen die Neonazis soaus ihrer Anonymitt.

    Rtli wir kommen spter

    ber 300 Rechtsextreme trafen sicham 3. August unter der Regie derPNOS auf dem Rtli zu einer eige-nen Nationalfeier, nachdem ihr

    jhrlicher 1.-August-Aufmarsch durchein Ticketsystem und ein grossesPolizeiaufgebot verunmglicht wor-den war. Als Redner traten der West-schweizer Holocaust-Leugner Philip-pe Brennenstuhl und Markus Martigauf. Gegeisselt wurde die Unterwer-fung der Schweizer Politik unter dieInteressen der Wirtschaft und desInternationalismus.

    Der Reigen der Aufmrsche undHeldengedenken wurde am14. November mit einer Gedenkfeierin Morgarten ZG beschlossen: Meh-rere Dutzend Personen folgten einem

    Jahresrckblick

    lautstark! Ausgabe Nr. 16 Mai 2009

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    Langenthal hat seit langem denRuf, ein Hort fr Rechtsextremezu sein. Diese zweifelhafte

    Reputation kommt nicht vonungefhr, im Gegenteil: Am26. Oktober 2008 wurdeTimotheus Winzenried (PNOS)als Nachfolger von Tobias

    Hirschi in den LangenthalerStadtrat gewhlt. Wie schlimmsteht es wirklich um die Metro-

    pole des Oberaargaus?

    Rechtsextreme Attacken haben inLangenthal traurige Tradition:Bereits Ende der 1980er-Jahre sorg-ten Angriffe auf das damalige

    Jugendzentrum Villa Gugelmann in

    Langenthal fr Schlagzeilen. Im2002 wurde das autonome Kultur-zentrum LaKuZ attackiert. BeideMale standen Naziskins aus derUmgebung von Langenthal hinterden Angriffen. In den Jahren dazwi-schen gab es im Oberaargau immerwieder bergriffe auf Linke undAuslnderinnen und Auslnder. Zu

    jener Zeit machten sich die Rechtsex-tremen auch regelmssig in Langen-thaler Kneipen und an den Spielendes Schlittschuhclub Langenthalbemerkbar.Man knnte meinen, solche Vorfllehtten die Bevlkerung sensibilisiert.Doch nach kurzer Emprung waren

    die Taten meist schnell vergessen,und die Stadt wurde nicht mde zubetonen, kein Rechtsextremismus-Problem zu kennen. Es ist inzwischentatschlich so, dass kaum nochNaziskins in der Stadt zu sehen sind.Zum einen, weil sie nun ihren Treff-punkt ausserhalb des Stadtzentrumsauf dem Areal der ehemaligen Por-zellanfabrik haben. Zum anderen,weil sie sich meist unauffllig kleiden,was insbesondere fr die Exponentin-nen und Exponenten der ParteiNational Orientierter Schweizer(PNOS) gilt, welche sich in der Rolleder Biedermnner zu gefallen schei-nen. Ins Auge stechen hchstensnoch die Aufkleber der PNOS, neu-

    erdings ist auch das Stadtzentrumdamit tapeziert.

    Der Wahlerfolg der PNOS

    Im Herbst 2004 schaffte es die PNOSmit ihrem Kandidaten TobiasHirschi in den Stadtrat, auch danketlichen Stimmen der SVP. Eine bseberraschung: Das offizielle Langen-thal zeigte sich denn auch kurzschockiert und sprach von einemZufallstreffer. Tatschlich bliebHirschi whrend seiner farblosenAmtszeit weitgehend isoliert undwurde auch von den brgerlichenParteien nicht untersttzt. Einzig der

    junge SVPler Patrick Freudigerschloss eine Fraktion mit der PNOSanfnglich nicht aus. Er war es auch,der sich spter beim damaligenPNOS-Prsidenten Stefan Wthrichber Hirschis Abstimmungsverhaltenim Rat beschwerte.

    Die Postulate und Motionen derPNOS wurden konsequent verwor-fen die Partei blieb ohne jeglichenEinfluss. Dafr fielen Tobias Hirschiund seine Gesinnungsgenossen aneiner unbewilligten 1.-Mai-Demon-stration in Solothurn negativ auf, wasfr einigen Wirbel bei den Langen-thaler Parteien sorgte.

    Umso erstaunlicher ist es nun, dassdie PNOS ihren Sitz nach vier Jahrenverteidigen konnte. Zumal nichtmehr Hirschi zur Wahl angetretenwar, sondern der erst diesen Frhlingnach Langenthal gezogene und lokalvllig unbekannte Timotheus Win-zenried. Man kann also kaum mehrvon einem Zufallstreffer sprechen.Die SP-Prsidentin Nathalie Scheiblifolgerte denn auch richtig: Die Leu-te whlen die rechtsextreme Gesin-nung der Partei, keine Personen.Und rumte ein, Langenthal habeein handfestes Rechtsextremismus-Problem. Diese Einsicht kommt aller-dings ziemlich spt: Schon im Herbst

    2002 haben nmlich Leute aus demUmfeld des LaKuZ darauf hingewie-sen.Dass die PNOS in den nchsten vier

    Jahren im Langenthaler Stadtratmehr erreichen wird als bisher, istzwar nicht anzunehmen. Je mehr siesich aber als parlamentarische Parteietabliert, desto schwieriger wird eswerden, ihre Demonstrationen undandere Veranstaltungen zu verbieten.

    Gegenbewegung?

    Eigentlich sollte diese Situation derausserparlamentarischen Linken indie Hnde spielen. Die Frage, wiesodem nicht so ist, ist nicht so einfach

    zu beantworten. Mit dem autonomenKulturzentrum htte eine Antifaalles, was sie braucht: Sitzungszim-mer, Rumlichkeiten fr Veranstal-tungen, Bro usw. Trotzdem gibt eskeine antifaschistische oder autono-me Gruppe mehr in Langenthal. Dieaktiven Personen im LaKuZ sind vor-wiegend mit dem Betrieb des Lokalsbeschftigt der Unterhalt desGebudes, der wchentliche Bar-betrieb, das vegane Restaurant undkulturelle Veranstaltungen erforderneiniges an Einsatz und Engagement.Ausserdem sind viele vonihnen noch in diversen Musikprojek-ten ttig. Es sind zwar teilweise

    durchaus politische Bands, welche indiesem Gebude ben, und auch dieVeranstaltungen haben oft politi-schen Charakter. Bis jetzt hat dies

    jedoch nicht zu einer Vernetzung derBesucherinnen und Besucher aufeiner politischen Ebene gefhrt.Ein weiterer Punkt ist, dass die mili-tanten Angriffe der Rechtsextremenschon einige Jahre zurckliegen.Trotz Nazitreff und PNOS-Stadtratfhlen sich die meisten Jugendlichennicht wirklich bedroht, da sie dieNeonazis kaum wahrnehmen ausden Augen, aus dem Sinn. Wenndann mal ber die PNOS diskutiertwird, herrscht vor allem Ratlosigkeitdarber, wie man gegen sie ankmp-

    fen soll, ohne ihr zustzlichePublicity zu verschaffen.Es wird fr die wenigen antifaschisti-schen Aktivistinnen und Aktivistenalso nicht einfach werden, eine ent-schlossene, von Parteien unabhngi-ge Bewegung aufzubauen, um sichder PNOS und ihren Sympathisat-Innen entgegen zu stellen. Es gehtschliesslich um mehr als nur um dasImage einer Kleinstadt.

    Nachtrag: Ende Mrz 2009 kam eserneut zu zwei rechtsextremen Attak-ken gegen das LaKuZ. Dabei wurdenunter anderem Fenster und Trenzerstrt.

    Was ist bloss los in Langenthal?

    Die Schweizer Neonaziszene 2008Jahresrckblick

    Ausgabe16 27.4.2009 9:57 Uhr Seite 6

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    Immer wieder macht Burgdorfim Zusammenhang mit Neona-zis von sich reden. Sei es eineSchlgerei an der traditionellenSoltte, seien es Konzerte der

    Rechtsrock-Band indiziert odersei es eine ganze Familie, dienach einem Abendessen in derStadt verprgelt wird. Jngstsetzte Burgdorf neue, nationale

    Massstbe, in dem erstmalseine Demonstration der PNOSbewilligt wurde.

    Mitte Februar kommt ans Licht, wor-ber die Stadt Burgdorf wohl liebergeschwiegen htte: Die rechtsextre-me Partei PNOS hat durch denRegierungsstatthalter eine Demobe-willigung fr den 8. Mrz 2009erlangt. Nachdem die Stadt im Janu-ar bereits ein Demonstrationsgesuchmit Begrndung der Gefhrdung derffentlichen Sicherheit abgelehnthatte, konnte sie die Einsprache derPartei angeblich nicht erneut ableh-nen. Die Bewilligung verlangt einigeAuflagen; die PNOS drfe nichtdurchs Internet zur Manifestationaufrufen, das heisst, keine Werbungauf der Parteihomepage, sie drfekeine Lautsprecherwagen, bezie-hungsweise Megafone mitfhren, siedrfe keinen Sarg, dafr aber Trom-

    meln im Umzug dabeihaben und siedrfe nur zweimal einen ca. fnf-mintigen Redehalt machen.Einige Parteien nehmen schriftlichund nichts sagend zu den Gescheh-nissen Stellung. Einzig die Jungfrei-sinnigen planen, am Tag des Gesche-hens mit einem Fest vor Ort prsentzu sein.Als bekannt wird, dass antifaschisti-sche Gruppierungen aus der ganzenSchweiz dazu aufrufen, am 8. Mrzebenfalls nach Burgdorf zu reisen,beruft die Stadt eine Krisensitzung

    ein. An dieser wird aus Angst voreinem Zusammenstoss der beidenGruppierungen entschieden, dass diePNOS nun doch nur eine Platz-kundgebung abhalten darf. Den

    Jungfreisinnigen wird nahe gelegt, ihrFest auf einen anderen Tag zu ver-schieben. Die brgerlichen Medien,allen voran die Berner Zeitung (BZ),versetzt die Burgdorfer Bevlkerungmit ihren Artikeln in Angst undSchrecken. Alle rechnen mit demSchlimmsten und frchten wenigerdie Neonazis, als viel mehr denSchwarzen Block, der ihrer Mei-nung nach die Stadt in Schutt undAsche legen wird.Am Morgen des 8. Mrz ist in Burg-dorf noch nicht viel zu merken vonder angeblich bevorstehenden Aus-

    einandersetzung. Gegen 13 Uhr tref-fen die ersten Anhnger der PNOS,ohne Kontrolle, am Besammlungsortein. Beinahe zur gleichen Zeitbeginnt die Polizei in der Oberstadt,dem Treffpunkt der Gegendemon-stranten, erste ausfhrliche Personen-kontrollen durchzufhren. Gegen13.30 Uhr zeichnet sich ab, dass diePNOS Burgdorf in Richtung Bernverlsst. Die AntifaschistInnen ziehengeschlossen und absolut friedlich zumBahnhof und reisen den Neonazisnach, um einen allflligen Umzug

    durch Bern zu verhindern. In Bernwird schnell klar, dass alle zu sptkommen; nachdem sich die PNOS-Aktivisten auf dem Bundesplatzbesammelt haben, ziehen sie kurzer-hand durch die Berner Innenstadt.Geschickt und ohne Skrupel hat dieParteispitze den Aufmarsch in Berngeplant. So entschuldigen sie sich aufihrer Homepage auch bei all denen,die sie in Burgdorf zurcklassen undderen Ankunft in Bern sie nichtabwarten konnten. Mit dem Auftrittvor dem Bundeshaus, dem Parla-mentssitz der Schweiz, hat die extre-me Rechte ein grosses, symbolischesZiel erreicht. Nach dem Konzert inBmpliz letztes Jahr ist der Marschauf Bern mit dem Erreichen desBundesplatzes so gut wie vollendet.

    Burgdorf ists egal

    Burgdorfs Politiker ussern sich nachdiesem Sonntag positiv in denMedien. Alle scheinen froh zu sein,dass die Zhringerstadt von Sachbe-schdigungen verschont gebliebenist. Frei nach dem Motto: Uns egal,wenn Neonazis in Bern aufmarschie-ren, Hauptsache, wir sind fein rausund das Image unserer Stadt ist wie-der hergestellt. Einmal mehr ent-tuscht die Haltung, die Burgdorf ge-gen aussen vertritt. Ganz zu schwei-

    gen von der brgerlichen AktionCourage, die sich im Jahr 2000grndete, um ein klares Zeichengegen Rechtsextremismus zu setzen,und sich jetzt, da es um eine Demon-stration gegen die Antirassismusstraf-norm ging, nicht einmal zu Wortmeldete.

    > KADNZ