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Alle zwei Jahre sind ÖH-Wahlen, so auch heuer wieder. Die ÖH ist deine gesetz- lich verankerte und demokratisch legitimierte Interessensvertretung. Sie ver- tritt dich in Gremien deiner Universität, achtet auf deine Interessen gegenüber dem Wissenschaftsministerium und hat auch europaweit in der European Student Union einiges mitzureden. Die ÖH verfügt über ein Budget, das für deine Information und Beratung genauso wie für die Unterstützung diverser Projekte und nicht zuletzt für das gesellschaftspolitische Mandat der ÖH zur Verfügung steht. Hinter dem Wort „gesellschaftspolitisches Mandat“ steckt jene Tatsache, dass Universitäten genauso wie die ÖH nicht außerhalb der Gesellschaft zu denken sind. Denn wer Zugang zu Bildung hat, wie Bildung gestaltet ist, wie viel Geld für sie vorhanden ist und welchen Gesetzen sie unterworfen wird, ist direkt mit allen anderen politischen Fragen verbunden. Bildungssupermarkt Derzeit ist festzustellen, dass universitäre Bildung immer stärker mit der Frage nach „Verwertbarkeit“ am Arbeitsmarkt zusammenhängt. Stark vereinfacht: Aus Bildung wird Ausbildung, aus Universitäten werden Unternehmen, aus StudentInnen sollen KundInnen des Österreichischen Bildungssupermarktes gemacht werden. Dazu kommt, dass diese Ausbildung immer weniger Student- Innen zugänglich ist. Bildung, kritische Auseinandersetzung mit sich selbst und Vertiefung in komplexe Zusammenhänge werden vom Ministerium nicht mehr als Ziel der Unis definiert. Quantität zählt: Schnell, oberflächlich und dem Arbeitsmarkt angepasst sollen Unis funktionieren. Dieses Verständnis von Bildung widerspricht dem der GRAS grundlegend. Für die GRAS braucht besonders universitäre Bildung Zeit. Bildung, Reflexion und Kritik sind keine messbaren Werte, jedeR hat unterschiedliche Herangehens- weisen und benötigt daher unterschiedlich viel Aufwand und unterschiedlich viel Zeit für ein Studium. Außerdem ist es in den Augen der GRAS unerlässlich, dass alle Zugang zu Bildung haben. Zugangsbeschränkungen, Studiengebüh- ren und Prüfungen, die das Ziel haben, mehr als die Hälfte der StudentInnen „auszusieben“, sind für uns daher nicht vertretbar, da es um Wissenschaft und nicht um den Schein gehen soll. Bildung, Feminismus, Praktika Bildungspolitik ist allerdings nur einer von vielen Bereichen, in dem die GRAS in der ÖH ganz bewusst ihr gesellschaftspolitisches Mandat wahrnimmt. Noch immer gibt es zu wenige Frauen an Österreichs Universitäten – sei es in Führungspositionen, als Lehrveranstaltungsleiterinnen oder als Autorin- nen wissenschaftlicher Texte. Im Rahmen der ÖH wird die GRAS alles tun, um dem entgegenzuarbeiten: mit der Unterstützung feministischer Projekte, starker Öffentlichkeits- und Medienarbeit und in allen Unigremien, in denen die GRAS vertreten ist. Ein weiteres Thema, das uns wichtig ist, sind Praktika. Denn: Wir sind alle von dem Trend betroffen, dass StudentInnen zunehmend als Billigarbeitskräfte missbraucht werden. Wir treten daher für 800€ Mindesteinkommen, eine Be- schränkung der Praktika-Dauer und sozial- wie auch arbeitsrechtliche Min- deststandards ein. Nicht nur bei den ÖH-Wahlen kannst du deinen Lebensraum Uni aktiv ge- stalten – jederzeit kannst du in der GRAS aktiv werden. Damit das auch weit- erhin so bleibt und die GRAS auch in Zukunft die relevante linke Kraft in der ÖH ist: Arsch bewegen, wählen gehen! Von 26. – 28. Mai auf deiner Uni. Deine Uni, Deine Wahl ÖH-Wahlen 26. – 28. Mai GRASwurzel Periodicum der GRAS Ausgabe Mai 2009 Österreichische Post AG/Sponsoring.Post 02Z034619 S 1070

GRASwurzel Ausgabe Mai 2009

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GRASwurzel Ausgabe Mai 2009

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Page 1: GRASwurzel Ausgabe Mai 2009

Alle zwei Jahre sind ÖH-Wahlen, so auch heuer wieder. Die ÖH ist deine gesetz- lich verankerte und demokratisch legitimierte Interessensvertretung. Sie ver-tritt dich in Gremien deiner Universität, achtet auf deine Interessen gegenüber dem Wissenschaftsministerium und hat auch europaweit in der European Student Union einiges mitzureden. Die ÖH verfügt über ein Budget, das für deine Information und Beratung genauso wie für die Unterstützung diverser Projekte und nicht zuletzt für das gesellschaftspolitische Mandat der ÖH zur Verfügung steht.Hinter dem Wort „gesellschaftspolitisches Mandat“ steckt jene Tatsache, dass Universitäten genauso wie die ÖH nicht außerhalb der Gesellschaft zu denken sind. Denn wer Zugang zu Bildung hat, wie Bildung gestaltet ist, wie viel Geld für sie vorhanden ist und welchen Gesetzen sie unterworfen wird, ist direkt mit allen anderen politischen Fragen verbunden.

Bildungssupermarkt

Derzeit ist festzustellen, dass universitäre Bildung immer stärker mit der Frage nach „Verwertbarkeit“ am Arbeitsmarkt zusammenhängt. Stark vereinfacht: Aus Bildung wird Ausbildung, aus Universitäten werden Unternehmen, aus StudentInnen sollen KundInnen des Österreichischen Bildungssupermarktes gemacht werden. Dazu kommt, dass diese Ausbildung immer weniger Student- Innen zugänglich ist. Bildung, kritische Auseinandersetzung mit sich selbst und Vertiefung in komplexe Zusammenhänge werden vom Ministerium nicht mehr als Ziel der Unis definiert. Quantität zählt: Schnell, oberflächlich und dem Arbeitsmarkt angepasst sollen Unis funktionieren.Dieses Verständnis von Bildung widerspricht dem der GRAS grundlegend. Für die GRAS braucht besonders universitäre Bildung Zeit. Bildung, Reflexion und Kritik sind keine messbaren Werte, jedeR hat unterschiedliche Herangehens-

weisen und benötigt daher unterschiedlich viel Aufwand und unterschiedlich viel Zeit für ein Studium. Außerdem ist es in den Augen der GRAS unerlässlich, dass alle Zugang zu Bildung haben. Zugangsbeschränkungen, Studiengebüh-ren und Prüfungen, die das Ziel haben, mehr als die Hälfte der StudentInnen „auszusieben“, sind für uns daher nicht vertretbar, da es um Wissenschaft und nicht um den Schein gehen soll.

Bildung, Feminismus, Praktika

Bildungspolitik ist allerdings nur einer von vielen Bereichen, in dem die GRAS in der ÖH ganz bewusst ihr gesellschaftspolitisches Mandat wahrnimmt. Noch immer gibt es zu wenige Frauen an Österreichs Universitäten – sei es in Führungspositionen, als Lehrveranstaltungsleiterinnen oder als Autorin-nen wissenschaftlicher Texte. Im Rahmen der ÖH wird die GRAS alles tun, um dem entgegenzuarbeiten: mit der Unterstützung feministischer Projekte, starker Öffentlichkeits- und Medienarbeit und in allen Unigremien, in denen die GRAS vertreten ist.Ein weiteres Thema, das uns wichtig ist, sind Praktika. Denn: Wir sind alle von dem Trend betroffen, dass StudentInnen zunehmend als Billigarbeitskräfte missbraucht werden. Wir treten daher für 800€ Mindesteinkommen, eine Be-schränkung der Praktika-Dauer und sozial- wie auch arbeitsrechtliche Min-deststandards ein.

Nicht nur bei den ÖH-Wahlen kannst du deinen Lebensraum Uni aktiv ge-stalten – jederzeit kannst du in der GRAS aktiv werden. Damit das auch weit-erhin so bleibt und die GRAS auch in Zukunft die relevante linke Kraft in der ÖH ist: Arsch bewegen, wählen gehen! Von 26. – 28. Mai auf deiner Uni.

Deine Uni, Deine WahlÖH-Wahlen 26. – 28. Mai

GRASwurzelPeriodicum der GRAS

Ausgabe Mai 2009

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Die ÖH ist die gesetzliche Vertretung aller StudentInnen in Österreich und vertritt deren Interessen gegenüber der Univer-sität, dem Ministerium und repräsentiert die StudentInnen als politische Institution nach außen. Sie ist jedoch nicht nur eine simple Interessensvertretung, sondern besitzt auch das gesell-schaftspolitische Mandat, sodass die ÖH zu allgemein-gesell-schaftlichen Entwicklungen und Themenfeldern Stellung bezie-hen kann und auch soll.Die Universität ist Teil der Gesellschaft, was nur allzu oft ver-gessen wird. Werteveränderungen, Moden und dominierende ideologische Strömungen spiegeln sich deshalb in den Sekto-ren Bildung, Wissenschaft und Forschung wider. Die ÖH hat die Aufgabe, darauf zu reagieren und sich im gesellschaftlichen Diskurs miteinzubringen. Sie soll im Sinne der StudentInnen Po-sition beziehen, wie es auch Gewerkschaften tun, aber darüber hinaus Zusammenhänge erkennen und die Gesellschaft als komplexes Ganzes begreifen. Denn die Universität befindet sich in keinem Elfenbeinturm, auch wenn das eine weit verbreitete Vorstellung ist.

Passives Wahlrecht für ausländische Stu-dentInnen

Demokratie und Partizipation der StudentInnen wird erst durch die ÖH möglich, denn in verschiedenen Gremien haben die gewählten VertreterInnen die Möglichkeit den Studienplan mitzugestalten, die Zukunft der Universitäten mitzubestim-men und inhaltliche Initiativen und Akzente zu setzen. Die ÖH verleiht den StudentInnen eine starke Stimme, wenn sich

Entscheidungen von Seiten der Politik oder Universität negativ auf sie auswirken. Diskriminierungen aufgrund von Aussehen, Geschlecht, sozialem Hintergrund, Sprache, Leistungsfähig-keit, Herkunft oder Religion gehören zum Alltag und werden (selbst) auf der Universität meist als Normalzustand angeseh-en. So werden Benachteiligung oder Ausschluss von politischer Partizipation oft nicht hinterfragt – wie es beim passiven Wahl-recht „ausländischer“ StudentInnen der Fall ist. Dass Frauen in höheren Positionen kaum vertreten sind, Studierende aus sozial schwächeren Klassen ihr Hauptaugenmerk nicht ausschließlich aufs Studieren legen können oder Menschen aufgrund körperli-cher Einschränkungen Probleme haben, die Universität gleich zu nutzen wie andere, wird ebenso akzeptiert. Dies zu themati-sieren und sich gerechte wie vernünftige Konzepte zu überlegen ist eine der Kernaufgaben der ÖH.

Wie funktionieren die ÖH-Wahlen?

Die Universität ist unser Gestaltungsraum, den wir aktiv und partizipativ verändern können. Dies ist auf vier Ebenen möglich, zwei davon kannst du direkt wählen. Beispielsweise die Studienvertretung (StV), welche sich für die Anliegen der Studierenden der betreffenden Studienrichtung einsetzt. Sie bie-tet Beratungen und Serviceleistungen an und ist in die Studi-enplanerstellung (Curricula) involviert. Auch wenn viele StVn ihren Schwerpunkt auf Service legen, gibt es einige, die durch Workshops, Zeitungen usw. aktiv Gesellschaftskritik betreiben – wie beispielsweise manche Bagrus (Basisgruppen) und IGs (In-stitutsgruppen) in Wien. Die StVn der verschiedenen Fakultäten

wählen dann die Fakultätsvertretung (FV oder FStV), welche die Studienrichtungen koordiniert und sich auf Fakultätsebene für die Studierenden einsetzt. Die Universitätsvertretung (UV) als höchste Instanz vertritt die Gesamtzahl der StudentInnen der jeweiligen Universität. Sie wird per Listenwahl gewählt und steht in Verhandlung mit dem Rektorat und lokalen Entschei-dungsträgerInnen.

Die Universität ist unser Gestal-tungsraum, den wir aktiv und

partizipativ verändern können.

Der ÖH steht Budget zur Verfügung, mit dem sie die eigene Arbeit genauso finanziert wie diverse studentische Initiativen und Projekte. Bereiche wie Soziales, Feminismus, Finanzen, Bil-dungspolitik, Internationales, und Gesellschaftskritik werden in einzelnen Referaten behandelt. Außerdem entsendet die UV MandatarInnen in die Bundesvertretung (BV) und in den Senat, der neben Rektorat und Universitätsrat das wichtigste Gremium an der Universität darstellt. Die BV ist wiederum die bundesweite Studierendenvertretung und steht in ständi-gen Verhandlungen mit der Bundesregierung und dem Wissen-schaftsministerium (BMWF).Jede abgegebene Stimme bei der ÖH Wahl stärkt die Studie-rendenvertretung, sodass die Verteidigung von Rechten und Freiheiten der StudentInnen bzw. Trendumkehr zu nachhaltiger Bildungspolitik nur durch eine starke ÖH erfolgen kann. Es-sentiell für den Erfolg ist das Engagement und die aktive Teil-habe von StudentInnen, die sich in der HochschülerInnenschaft einbringen und die Universität mitgestalten statt die Klappe zu halten.

ÖH – Mitgestalten statt Klappe haltenGesellschaftskritik inklusive: Unis sind keine Elfenbeintürme sondern Teil der Gesellschaft. Deswegen nehmen linke ÖHs ihr allgemeinpolitisches Mandat ernst. david

Die direkte Wahl der Bundesvertretung, bei der alle ÖH-wahl-berechtigten StudentInnen ihre Stimme für eine der bundesweit wahlwerbenden Gruppen abgeben konnten, wurde durch ein vollkommen sinnwidriges Beschickungssystem ersetzt: Pro 5000 StudentInnen darf nun eine Universitätsvertretung je ein Man-dat in die Bundesvertretung der ÖH entsenden. Universitäten ab 1000 Studierenden erhalten eineN MandatarIn; kleinere Unis, Fachhochschulen und Pädagogische Hochschulen werden zu sogenannten Wahlgemeinschaften zusammengeschlossen. Gefinkelt ist auch ein Kniff, durch den der stimmenschwachen und rechtsextremen Fraktion RFS (Ring Freiheitlicher Student-en) der Einzug ins Studierendenparlament ermöglicht wird. Ex-tra für sie wurde ein sogenannter „Listenverband“ ins Leben gerufen, durch den ab 1000 Stimmen, die an unterschiedlich-sten Unis gesammelt werden können, ein Mandat gesichert ist.

Das Ergebnis dieser Vorgangsweise ist, dass die Anzahl der ab-gegebenen Stimmen in keiner Relation zu den Mandaten in der Bundesvertretung steht: So hat etwa die Universität für Boden-kultur mit 6225 Wahlberechtigten genauso (nur) ein Mandat zu beschicken wie beispielsweise die Kunstuniversität Linz mit 864 Wahlberechtigten. Eine Stimme an der Kunstuni Linz ist also siebenmal mehr „wert“ als eine Stimme an der BoKu!Aus Sicht der ehemaligen Ministerin Gehrer hatte das neue

Wahlrecht vor allem einen Vorteil: Durch die Bevorzugung der kleinen tertiären Bildungseinrichtungen wird das Wahlergebnis in Richtung der angepassten ÖVP-Aktionsgemeinschaft und der Fachschaftslisten verfälscht, da GRAS und VSStÖ tradi-tionell an den großen Universitäten ihre besten Ergebnisse ha-ben. Außerdem wurde die GRAS oft auch an jenen Unis in die Bundesvertretung gewählt, an denen die GRAS nicht direkt für die Universitätsvertretung kandidierte. Das ist nun nicht mehr möglich.

Gefinkelt ist auch ein Kniff, durch den der stimmenschwachen und

rechtsextremen Fraktion RFS (Ring freiheitlicher Studenten) der

Einzug ins Studierendenparlament ermöglicht wird.

Dass die Handlungsfähigkeit der ÖH-Bundesvertretung durch dieses Wahlrecht eingeschränkt wurde, hat spätestens die Min-derheitsexekutive der ÖVP-AG bewiesen, nachdem die Koali-tion aus GRAS, VSStÖ und FLÖ im Juni 2008 FLÖten gegan-gen ist.

Die Grünen & Alternativen StudentInnen fordern – auch weil jetzt die FHs Teil der ÖH sind – weiterhin lautstark die Wiede-reinführung der Direktwahl. Außerdem ist für uns untragbar, dass nur StudentInnen aus dem europäischen Wirtschaftsraum (EWR) für die ÖH-Wahlen kandidieren dürfen. Die GRAS fordert daher zusätzlich zum aktiven auch das passive Wahl-recht für alle StudentInnen – unabhängig von deren Herkunft!

Demokratie - nein danke?Im Herbst 2004 wurde die Direktwahl der Bundesvertretung der Öster-reichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) durch einen Initiativantrag im Nationalrat der damaligen ÖVP-FPÖ Mehrheit – das heißt ohne Stellungnahme der ÖH selbst – im Nationalrat abgeschafft. Warum das ÖH-Wahlrecht alles andere als demokratisch ist. mons

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Basisdemokratie, Feminismus, Antifaschismus und Ökologie: Das sind vier der zentralen Eckpfeiler der Grünen & Alterna-tiven StudentInnen (GRAS). Männerbünde zerschlagen, mehr Frauen in höhere Positionen der Unis, Hierarchien aufbrechen, die Uni allen zugänglich machen und selbst gestalten können sind weitere Kernanliegen, die wir in unserer Arbeit in der ÖH, der Fraktion und bei der Zusammenarbeit mit diversen anderen Gruppen immer mitdenken.Seit den 80er Jahren kandidiert die GRAS bei den ÖH-Wahlen und ist spätestens seit Ende der 90er Jahre die bestimmende linke Kraft in der ÖH. Sieben Jahre Arbeit in der Bundesver-tretung der ÖH (2001-2008) sowie in zahlreichen Universitäts-vertretungen haben grasige Spuren hinterlassen: Dass die Stu-diengebühren (teilweise) abgeschafft wurden, ist nicht zuletzt Verdienst der linken ÖH, in der die GRAS als stimmenstärkste Fraktion tonangebend war.Für die GRAS ist Beratung und Service selbstverständlich – und als solches auch kein zentrales Wahlkampfthema. Denn Wohn-, Rechts-, Studiums-, Sozial- und Beihilfenberatung sind zwar Kernaufgaben der ÖH; allerdings immer nur Symptombekämp-fung. Für uns ist es wichtig, die größeren Zusammenhänge zu verstehen und die Probleme an ihrer Wurzel zu bekämpfen: So kann die beste Sozialberatung nur wenig helfen, wenn Studi-engebühren, schlechte Förderung im Kindergarten und eine Teilung der SchülerInnen auf Hauptschulen und Gymnasien zuvor selektieren und etlichen Menschen den Weg auf die Uni bereits Jahre zuvor verstellen.Genauso verhält es sich mit dem Thema Feminismus: Mehr Frauen in höheren Positionen der Unis, ÖH-Kindergarten usw. sind zwar wichtig; allerdings muss sich für eine wirkliche Ver-besserung das Geschlechterrollenverständnis der Gesellschaft ändern. Denn für Kinder sollen nicht nur Mütter und Familien

verantwortlich sein, und für die Unsichtbarkeit der Frauen in unserer Gesellschaft sind nicht nur Literaturlisten, in denen nur Männer angeführt werden, verantwortlich. Rollen werden im Kindesalter gelernt, unter anderem in der Schule verfestigt und ihre Auswirkungen zeigen sich nicht zuletzt auf Österreichs Unis: Obwohl 56 Prozent der StudentInnen weiblich sind, gibt es keine einzige Rektorin.Wie auf Seite 1 bereits geschrieben, sind die Unis für uns also nicht losgelöst von der Gesellschaft zu verstehen. Dass Bil-dung immer mehr zur Ware wird, ist klarerweise keine Ent-wicklung, die nur an Unis entstanden ist und nur diese betrifft. Daher erkennt die GRAS ihr allgemeinpolitisches Mandat in der ÖH-Arbeit an und wird auch weiterhin nicht schweigen, wenn immer mehr Leute um einen Hungerlohn rund um die Uhr arbeiten müssen, wenn ausländische Studierende struk-turell benachteiligt werden oder wenn Wissenschaftsminister Hahn mit Neuerungen des Unigesetzes uns StudentInnen weiter mundtot machen will.Nicht zu vergessen ist bei all dem ein lustvoller und basisde-mokratischer Zugang zu unserer politischen Arbeit. Lustvoll, weil wir mehr vom Leben wollen als Lernen, Uni-Abschluss und fremdbestimmtes Arbeiten. Basisdemokratisch, weil wir Hierarchien, genauso wie „nach oben buckeln und nach unten treten“ ablehnen. Mehr zu Basisdemokratie findest du auf Seite 7.Und nicht zuletzt sind die Plena der GRAS, in deren Rahmen wir unsere Inhalte und Arbeit besprechen und Beschlüsse fas-sen, offen zugänglich. Das heißt, dass jedeR die/der gerne mit- machen und mitdiskutieren möchte, jederzeit eingeladen ist – was allerdings nicht bedeutet, dass wir für Leute offen sind, die sich auf Plena sexistisch, rassistisch oder homophob äußern.Mit Wahlergebnissen von bis zu 40 Prozent an einzelnen Unis wurde die GRAS bei den letzten Wahlen zweitstärkste Fraktion. Bei diesen Wahlen wollen wir wieder stimmenstärkste werden – um weiterhin widerständige und linke Politik auf der ÖH zumachen.

Der Zugang zu Bildung ist ein wichtiger Indikator für die Qualität einer Demokratie. Denn: Nur wenn die Bevölkerung Zugang zu Wissen hat, kann sie hinterfragen und kritisieren was in einem Staat passiert. Das bedeutet, Bildung wirkt eman-zipatorisch. Bildung muss für alle kostenlos und ohne Hürden zugänglich sein. Die bildungspolitischen Forderungen der GRAS resultieren aus diesen Überlegungen.

Du musst leider draußen bleiben?

Jede Art von Zugangsbeschränkungen ist sozial selektiv. Öster-reich ist in punkto sozialer Selektivität unter den Schlusslich-tern innerhalb Europas – an die Hochschulen kommen in erster Linie Kinder, deren Eltern ebenfalls eine Hochschulausbildung absolviert haben. Österreich ist auch Schlusslicht bei der Aka-demikerInnenquote – wir liegen bei 18 Prozent, OECD-Schnitt ist 27 Prozent. Das bedeutet für die GRAS: Zugangsbeschrän-kungen dürfen nicht noch weiter eingeführt, sondern müssen gesamt abgeschafft werden.

Bummelt, Leute, bummelt

Studiengebühren machen es besonders sozial schlechter gestellten StudentInnen schwierig, zu studieren. Mit der teil-weisen Abschaffung der Studiengebühren im letzten August hat sich die Situation für viele Studierende zwar verbessert – nicht jedoch für ausländische StudentInnen, die nach wie vor zahlen müssen. Auch für alle anderen bleibt die Gehrer’sche Diktion

aufrecht: Studieren in möglichst kurzer Zeit ist angesagt. Die Mindeststudiendauer hat bis vor wenigen Jahren den Zeitraum beschrieben, der mindestens nötig ist, um ein Fach begreifen zu können. Durch Gehrer und Co. wurde dieser Begriff ins Gegenteil verkehrt – Mindeststudiendauer bemisst heute, wie lange ohne Beihilfenverlust studiert werden kann. Dieser mas-sive Zeitdruck bedeutet natürlich auch Einbußen in der Quali-tät eines Studiums. Deshalb fordert die GRAS die Abschaffung der Studiengebühren für alle, den Ausbau der Stipendiensys-teme und die Ausweitung der Toleranzsemester.

Der Zugang zu Bildung ist deter-minierend für die Qualität jeder

Demokratie.

Das Universitätsgesetz 2002 hat die Universitäten endgültig entdemokratisiert: der Senat, das einzige gewählte Gremium, wurde auf „akademische“ Aufgaben beschränkt und hat bei wichtigen Entscheidungen der Universität nur mehr Stellung-nahmerecht. Auch die Machtverteilung innerhalb des Senates ist eine Farce: ordentliche ProfessorInnen halten die absolute Mehrheit, obwohl sie die kleinste Gruppe innerhalb der Universität sind. Das wissenschaftliche Personal, das den größten Teil der universitären Lehre und Forschung trägt, wurde auf unter 25 Prozent gekürzt. Und StudentInnen, die mit Abstand die größte Gruppe an der Universität darstellen,

wurden auf ein Viertel der Stimmen gestutzt. Der/die RektorIn hält gemeinsam mit dem politisch besetzten und ahnungslosen Universitätsrat die absolute Macht. Die GRAS fordert die Re-demokratisierung der Universitäten und die Abschaffung des Unirates, sowie eine wesentlich stärkere Einbindung der Stu-dentInnen in universitäre Entscheidungsprozesse.

Unternehmen Universität

Bildung wird als Ware verstanden, als handelbare Dienstleis-tung – nicht als Recht der Menschen, für das der Staat garan-tieren muss. Die Einführung von Studiengebühren, die Ausrich-tung der Wissenschaft auf die Wirtschaft, die Gestaltung der Unis als Unternehmen, die Einrichtung des politisch besetzten Unirates – all das sind Zeichen der Verwirtschaftlichung von Bildung. Die Forschung ist zunehmend von GeldgeberInnen aus der Wirtschaft abhängig – und muss entsprechend Ergeb-nisse liefern, die dieser auch ins Konzept passen. Kurz gesagt: Die Freiheit der Wissenschaft ist tot. Bildung ist allerdings ein Grundrecht, das nicht nach den Kriterien der Wirtschaft ge-staltet werden darf. Das bedeutet für die GRAS: die Finanzier-ung der Universitäten und die Sicherstellung der Lehre muss durch den Staat erfolgen.

Editorial

Bildung ist ein Recht, kein Privileg!Die GRAS kämpft für freie und offene Bildung für alle. Und sie hat einen eman-zipatorischen Bildungsbegriff. Was das heißt, warum wir das so sehen und was die Konsequenzen aus diesem Verständnis sind. sima

Wahldschungel kia

A meint, das Wichtigste sei, möglichst oft bei den Info-Ständen vor den Unis zu stehen und Leute über die GRAS zu informieren. B meint hingegen, es brauche dringend mehr Info-Material, das unter die Leute gebracht werden muss. C besteht darauf, noch eine Presseaussendung zu verschicken – und D möchte eigentlich nur von der gestrigen Party erzählen.B und C sind sich einig, dass Pressearbeit und Fold-er erste Priorität haben, denn ohne Materialien hilft der schönste Infostand nichts. A ist beleidigt. D möchte noch immer von der gestrigen Party er-zählen.B und C versuchen auf A einzureden und erklären sich dazu bereit, morgen neben der Arbeit an den Materialen beim Stand zu stehen. D würde jetzt wirklich gern von der gestrigen Party erzählen.A und C einigen sich darüber, dass die Priorität in jedem Wahlkampf auf der Vermittlung der Inhalte der GRAS liegen sollte. B meint, es dürfe auf keinen Fall die Theorie unter den Tisch fallen. A, B und C beginnen eine angeregte Diskussion zum Thema Theorie und Praxis. D möchte frustriert den Raum verlassen. A, B und C: „Okay, erzähl halt schnell wie es gestern war. Aber eigentlich möchten wird jetzt an der Graswurzel weiter arbeiten.“D: „Es war recht nett aber um vier Uhr ist mir einge-fallen: Wir haben noch kein Editorial.“Ups.

Mehr Gras für die ÖHGrün, Alternativ – und was die GRAS darunter versteht. feder

Impressum

MitarbeiterInnen: aga!, Michael Bauer, Jürgen Bittner, Lisa Breit, Verena Czaby, Flora Eder, Stefan Esterer, Bernhard Gitschtaler, Anton Karl, Saskia Kaufmann, David Kriebernegg, Sigrid Maurer, Huem Otero, Eva Pentz, Stephan Pabst, Gregor Schamschula, Marga-rethe Staudner, Gina Waibel

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Page 4: GRASwurzel Ausgabe Mai 2009

Seit der Ankündigung Hahns, die elektronische Stimmabgabe über das Internet zu erlauben, unternahm die GRAS zahlreiche Schritte, um diesen demokratiepolitischen Wahnsinn zu ver-hindern.Eines der ersten auftretenden Probleme war die Weitergabe von Studierenden-Daten an das Bundesrechenzentrum durch die Wahlkommissionen an den Universitäten. Dies führte sogar zum Rücktritt der Verfassungsrechtlerin und Vorsitzenden der Wahlkommission der Universität Wien, Gerda Marx. Das von ihr aufgezeigte Problem wurde von Hahn nur oberflächlich und vielleicht sogar widerrechtlich durch eine eigene Verordnung gelöst. Bei der Podiumsdiskussion der GRAS zum Thema E-Voting (online abrufbar unter wien.gras.at) konfrontierte Pe-ter Purgathofer, Professor für Informatik, das Ministerium mit neuen Problemen: Das angewandte System kann nicht dafür garantieren, dass Stimmen nicht verloren gehen oder manipu-liert werden. Außerdem kann nicht nachvollzogen werden, ob nachgeprüft wurde, welche Person für welche Fraktion gestim-mt hat.Aufgrund dieser massiven Probleme, die E-Voting mit sich bringt, wird die GRAS die ÖH-Wahlen anfechten, sollte die Internetwahl tatsächlich umgesetzt werden. Ein System, das die Sicherheit und Nachprüfbarkeit von Wahlen in so großem Ausmaß gefährdet und alle verfassungsrechtlichen Grundsätze

missachtet, darf nicht zur Anwendung kommen. Auch der Ver-fassungsgerichtshofspräsident Holzinger und sein Vorgänger Korinek äußerten bereits massive Bedenken am E-Voting. Das alles scheint Minister Hahn jedoch kalt zu lassen.

Das angewandte System kann nicht dafür garantieren, dass

Stimmen nicht verloren gehen oder manipuliert werden.

Systemabsturz bei ÖVP-AG

Auch die Verstrickung der ÖVP-Fraktion, der Aktionsgemein-schaft (AG), in die Bewerbung und Durchführung des E-Vot-ings ist offensichtlich. An einigen Universitäten Österreichs verteilen Mitglieder der AG unsichere Lesegeräte der Sicher-heitsstufe eins von drei und aktivieren BürgerInnenkarten. An anderen Universitäten werden Testwahlen durchgeführt – bei denen übrigens das System abstürzte. Eine solche Verstrick-ung einer wahlwerbenden Gruppe in einen Wahlvorgang sollte

mehr als zu denken geben.Die größten Vorteile von Papierwahlen sind leichte Nachprüf-barkeit und Transparenz. JedeR kann nachvollziehen, wie der Wahlvorgang funktioniert und wie das Ergebnis zustande kom-mt. Und falls es zu einem Problem kommt, können alle abgege-benen Stimmen ohne Problem noch einmal ausgezählt werden. Diese Möglichkeit ist beim E-Voting nicht gegeben. KeineR weiß, wie genau das Programm funktioniert, Manipulationen können kaum nachgewiesen werden. Bei der Anwendung des Systems in England griffen die MitarbeiterInnen der durchfüh-renden Firma noch im laufenden Wahlvorgang in die Daten ein. Durch E-Voting, wie es bei den kommenden ÖH-Wahlen ein gesetzt werden soll, wird Missbrauch Tür und Tor geöffnet.

Die GRAS setzt sich dafür ein, dass die ÖH-Wahlen sicher ablaufen und die Grundprinzipien des allgemeinen, freien, ge-heimen, gleichen, persönlichen und unmittelbaren Wahlrechts nicht missachtet werden. Das unsichere, teure und rechtswid-rige System des E-Voting darf nicht zur Anwendung kommen. Neben den zahlreichen rechtlichen Schritten setzt die GRAS daher auch auf Aufklärungs- und Informationsarbeit für alle ÖH-WählerInnen. Sollte E-Voting tatsächlich durchgeführt werden, werden über alle Köpfe hinweg zentrale Grundla-gen demokratischer Wahlen abgeschafft. Die GRAS wird sich nicht gefallen lassen, dass aus StudentInnen Versuchskaninchen gemacht werden.

E-Voting - Betrug vorprogrammiertBundesminister Hahn will bei den ÖH Wahlen 2009 E-Voting testen. Ob es tatsächlich soweit kommt, steht noch nicht fest. Neben diversen Pannen und Fehlern im E-Voting-System gibt es auch massive rechtliche Bedenken, ob E-Voting überhaupt legal ist. greg

Das Wissenschaftsministerium rührt für E-Voting (kosten-) kräftig die Werbetrommel und lässt sowohl die BürgerInnen-Karten-Funktion der E-card freischalten als auch Kartenle-segeräte verteilen, damit möglichst viele Studierende das neue Angebot nützen können. Dieses sonst eher ungewohnte Be-mühen des Ministeriums um uns StudentInnen erklärt sich erst dann, wenn mensch bedenkt, dass die ÖH-Wahlen als Pilotpro-jekt für andere Wahlen – bis hin zu Landtags- und National-ratswahlen – dienen soll.

Was Wahlen können sollen

Ordentliche Wahlen durchzuführen bedarf einiger Überlegun-gen; Wahlen auf Papier sind über mehrere Jahrzehnte hinweg erprobt und schaffen die Möglichkeit, für alle nachvollziehbar kontrolliert zu werden. Die Mitglieder der Wahlkommissionen, die von den unterschiedlichen Parteien beschickt werden, kontrollieren sich gegenseitig, Stimmzettel werden abgezählt, Wahlurnen versiegelt und Wahlkabinen ermöglichen es, un-beobachtet die Stimme abzugeben. Alles in allem ein solides System, das kaum manipuliert werden kann. Nach der Wahl bleiben Stimmzettel auf Papier, die es ermöglichen, dass je-derzeit nachgezählt werden kann. Um das gesamte Verfahren nachvollziehen zu können reichen etwas Zeit, guter Wille und Kenntnis der Grundrechnungsarten aus. Wird eine Wahl per E-Voting durchgeführt, ist die Sache deut-lich komplizierter. Das System der kommenden ÖH-Wahlen ist die sogenannte Distanzwahl. Bei E-Voting wird gänzlich auf Wahllokale verzichtet – die Stimmabgabe erfolgt über den ei-

genen PC, daheim im Wohnzimmer. Daraus ergibt sich das erste große Problem: Die Verantwortung für Geheimhaltung und Abwehr von Beeinflussung wird von der Kontrolle durch die Wahlkommissionen auf die einzelnen WählerInnen abgeschoben. Weitere Bedenken ergeben sich aus der Sicherheit der verwendeten Systeme. Diese werden zwar von ExpertInnen geprüft und zertifiziert, unterliegen allerdings nicht mehr der Kontrolle der einzelnen WählerInnen – zumal die verwendeten Programme nicht veröffentlicht werden. Da-bei stehen Sicherheit und Verständlichkeit einander im Weg; je sicherer die Software ist, umso weniger Menschen können die zu Grunde liegenden Verfahren noch nachvollziehen. Hand aufs Herz: Wie viele haben sich schon so eingehend mit El-liptic Curve Cryptography oder RSA-Verschlüsselung ausein-ander gesetzt, um mit gutem Gewissen über die Sicherheit eines konkreten Programms urteilen können?

Wählen sinnlos?

Wahlen machen nur dann Sinn, wenn sie einerseits den „Wil-len“ der WählerInnen abbilden und andererseits genau diese Anforderung auch von allen Beteiligten nachvollzogen werden kann. Genau da wird allerdings jedes EDV-System versagen. Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 3. März diesen Jahres bereits erkannt, dass nur Wahlver-fahren zulässig sind, bei denen „die wesentlichen Schritte von Wahlhandlung und Ergebnisermittlung zuverlässig und ohne besondere Sachkenntnis überprüft werden können“. Auf eine solche Erkenntnis warten wir in Österreich noch.

Stell dir vor, es sind Wahlen – und keineR geht hin.

Bequem wählen über den eigenen Computer und per Internet – und warum das mehr Probleme schafft, als es löst. marx

Das Kreuz mit dem virtuellen Kreuzerl E-Voting aus der Sicht eines Mitglieds der

Wahlkommission an der Boku Wien. bitter

Mit der heurigen ÖH-Wahl führt Minister Hahn einen öster-reichweiten Feldversuch an den Universitäten durch. Vorge-schobenes Ziel dabei ist es, durch eine höhere Wahlbeteili-gung die Demokratie zu stärken. Von den BefürworterInnen als Modernisierung gepriesen, von KritikerInnen als ernst-hafte Gefahr für die Demokratie verdammt – was ist also dran am elektronischen Kreuzerl? Bei drei ÖH Wahlen hatte ich die Möglichkeit, gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Wahlkommission einen korrek-ten Ablauf und eine unverfälschte Widergabe des WählerIn-nenwillens zu gewährleisten. Die gegenseitige Kontrolle und die Transparenz beim Ablauf der Wahlen machen eine größere Manipulation nahezu unmöglich.Das E-Voting hingegen stellt eine Blackbox dar: Stimmab-gabe, die Unverfälschtheit der Stimme, die sichere Aufbe-wahrung der Stimmen bis zur Auszählung und eine allfällige Neuauszählung verlaufen intransparent und zu keinem Zeit-punkt rückverfolgbar. Gegenseitige Kontrolle ist von vorn-herein ausgeschlossen, Einzelne sind – das Wissen und Zu-gang zu dem System vorausgesetzt – fähig, die elektronische Wahl komplett zu fälschen. Ohne Risiko und unbemerkt! Kein an Demokratie glaubender und demokratisch denk-ender Mensch kann ernsthaft in Erwägung ziehen, jede Kon-trollmöglichkeit bei Wahlen aus der Hand zu geben.Warum wird das E-Voting trotzdem an den Universitäten mit Zwang und ohne vorherige seriöse Auseinandersetzung durchgesetzt? Sollen, nachdem die Abschaffung der Direkt-wahl der Bundes-ÖH immer noch keine absolute Mehrheit für die AG gebracht hat, die Spielregeln nochmals zu ihren Gunsten geändert werden? Ist Hahn selbst auf sein „mod-ernes“ Image hereingefallen? Oder will er sich einfach nur im Vorfeld der Wiener Gemeinderatswahl – negativ – profil-ieren?

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Page 5: GRASwurzel Ausgabe Mai 2009

GRASwurzel Mai 09 �

Nach Gehrer kräht der Hahn

Zwölf Jahre lang wurde die Bildungspolitik von Elisabeth Geh-rer bestimmt. Sie war als ÖVP-Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur für die Universitäten in Österreich zuständig. In dieser Zeit war sie nicht untätig und setzte sich für den Wandel der Universitäten ein – von demokratisch gelenk- ten Institutionen hin zu straff geführten und von Effizienz geleiteten „Bildungsunternehmen“.Die demokratischen Strukturen an den Universitäten beschnitt sie durch ein neues Universitätsgesetzes (UG). Dieses Gesetz brachte den Universitätsrat, welcher als „Aufsichtsrat“ der Universitäten für Effizienz sorgen soll. Mit Bildung und Uni-versitäten haben die oft aus Politik und Wirtschaft stammenden Persönlichkeiten jedoch selten Erfahrung. Statt ProfessorInnen, StudentInnen und MitarbeiterInnen entscheidet aber nun dieser Universitätsrat an den Unis.

Durch die Beschneidung demokratischer Rechte und der

Gestaltung der Universitäten als Unternehmen zeigt Hahn sein

wahres Gesicht.

Auch die ÖH selbst wurde von der Reformwut Gehrers nicht verschont. Ohne die ÖH in diese Prozesse einzubinden, wurden ihre Strukturen verändert, die Direktwahl der Bundesvertre-tung trotz heftigen Protestes abgeschafft und die Vertretung der StudentInnen massiv erschwert.Seit dem Jahr 2007 ist Ministerin Gehrer Vergangenheit. Die Gegenwart besteht aus dem ÖVP Politiker „Gio“ Johannes Hahn. Dieser gibt sich gerne als moderner und offener Poli-tiker. Mit dem konfrontativen Verhalten Gehrers gegenüber den Studierenden will er nichts zu tun haben. Er sieht sich als Partner der Universitäten und als Patron der StudentInnen.

Kein frischer Wind...

Doch der Schein trügt: Es gibt keine Bestrebungen, die Uni-versitäten wieder demokratischer zu machen, genau so wenig Willen, die StudentInnenvertretung in Entscheidungsprozesse einzubinden. Politik wird im stillen Kämmerchen gemacht und dann in den Medien verkündet.Um sich ein liberales und positives Image zu schaffen, wird jede Aussendung des Wissenschaftsministeriums mit einer Umfrage belegt. Ob es sich dabei um die überwältigende Befürwortung der StudentInnen von Studiengebühren, E-Voting oder auch Zu-gangsbeschränkungen handelt: Stets wird durch diese Studien große Zustimmung der StudentInnen suggeriert – die Herkunft der Studien und die Fragestellung der Umfragen werden jedoch nicht veröffentlicht. So könnte dann auch eine Bejahung der Frage: „Wünschen Sie sich einen barrierefreien Zugang zu den ÖH Wahlen?“ als Zustimmung zu E-Voting gewertet werden.

… mehr vom alten Mief

Sieht mensch sich Hahns Pläne an, ist klar, in welche Richtung die Bildungspolitik der ÖVP geht. Die erneut geplante Novelle des Unigesetzes soll Universitäten weiter Unternehmen anglei-chen. Dem einzig noch gewählten Gremium der Universität, dem Senat, sollen die letzten Kompetenzen entzogen werden. Wenn VertreterInnen der Wirtschaft im Universitätsrat alleine entscheiden, wird die Geisteswissenschaft ausgehungert und die Naturwissenschaften werden als Innovationsmotor der Wirtschaft gesehen. Vom Anspruch der Universitäten, kritische und unabhängige Bildung zu vermitteln, bleibt nicht mehr viel übrig.StudentInnen werden endgültig zu KundInnen eines „Bildungs-unternehmen“ degradiert, anstatt mündige und kritische Mit-

gestalterInnen der Universitäten zu sein – falls sie überhaupt die geplanten Zugangsbeschränkungen überwinden.Doch auch für die Vertretung der StudentInnen hat Minister Hahn ein Zuckerl: das E-Voting. Ganz im Geiste Gehrers setzt er dieses Projekt gegen den Willen der ÖH durch.Mit Argumenten lässt er sich von der Sinnlosigkeit und der Gefahr von E-Voting nicht überzeugen. Ob nun E-Voting grundsätzlich das Recht auf freie und geheime Wahlen ge-fährdet, das Projekt hunderttausende Euro verschlingt (während die Unis unterfinanziert sind) oder auch die fehlgeschlagenen E-Voting-Versuche in anderen Ländern; das alles wischt Hahn beiseite. Ihn interessiert nur das Prestige, sein Projekt E-Voting durchgesetzt zu haben. Auch als Test für spätere (Nationalrats-) Wahlen.Anstatt also die Probleme und Sorgen der Universitäten und der StudentInnen zu beachten, setzt ÖVP-Wissenschaftsmi-nis-ter Hahn die Politik Gehrers fort. Durch die Beschneidung de-mokratischer Rechte, der Gestaltung der Universitäten als Un-ternehmen, der Planung von Zugangsbeschränkungen und dem Ausschluss der StudentInnenvertretung von Entscheidungs- prozessen der Uni zeigt Hahn sein wahres Gesicht.Die GRAS fordert nicht nur eine ausreichende Finanzierung und Rücknahme der demokratiefeindlichen Reformen, sondern setzt auch auf die Mobilisierung von StudentInnen und poli-tischen Druck.

Torte den Moorhahn!

Wenn du’s dem Hahn und der Lisl mal so richtig zeigen willst - torte die beiden in unserem supertollen Moorhahn-Spiel!

www.wirwollendasunigesetz.net/moorhahn

E-Voting ist nicht der erste Wahnsinn, mit dem das Wissenschaftsministe-rium uns StudentInnen konfrontiert und unsere demokratischen Mitbestim-mungsmöglichkeiten beschneidet. Denn Hahn setzt konsequent die student-Innenfeindliche Politik Gehrers fort. stefon

Wer zeigt Herz? Die StudentInnen hätten einen pflegeleichten Minister gratis (!) ab-zugeben. Bei Budgetverhandlungen für sein Ressort ist unser Minister äußerst leicht zufriedenzustellen und ist auch sonst eher anspruchslos, wenn es um die Finanzierung der Fachhochschulen und Universitäten geht.

Unser Minister ist an Treuherzigkeit zu seinen (alten) Herren nicht zu überbieten und kräht auch gerne jede x-beliebige Botschaft in deren Interesse. Je nach Windrichtung passt er sich dabei geschickt an.

Gerne lacht er aus Zeitungen oder in Fernsehkameras und prahlt damit, dass er einst Philosophie studiert hat. Langwierigen Diskussionen oder noch langweiligeren in-haltlichen Gesprächen kann er dafür aber nichts abgewinnen.

Seine Lieblingsfarbe ist ein scheinbar liberales Tiefschwarz, sein Spieltrieb hat sich von Glücksspielautomaten weg und hin zu E-Voting und Wahlmaschinen verlagert. Außerdem zählen Studiengebühren, Abschaffung der lästigen Mitbestimmung der Studierenden und die Einführung von Zugangsbeschränkungen zu seinen Lieblings-beschäftigungen.

Nur der höheren Bildung kann unser Minister leider nichts abgewinnen – höchstens noch der Finanzierung der ÖVP-Aktionsgemeinschaft (AG) aus Steuergeldern. Deshalb suchen wir ein Plätzchen für ihn, das möglichst weit entfernt ist von irgendwelchen Universitäten, Fachhochschulen oder Bundesministerien für Wissenschaft und Forschung.

Pflegeleichter Minister abzugebenWer ein Herz für unseren Minister hat, soll sich bitte bei der GRAS melden! mons

Page 6: GRASwurzel Ausgabe Mai 2009

Feministische Theorie in technischen Studienrichtungen

Technik und gesellschaftliche Entwicklung hängen zusammen; es ist ein grober Fehler, technische Fächer als wertfrei zu be-trachten. Trotzdem wird das gerne ignoriert. Vergleichen lässt sich dies mit der Diskussion rund um das E-Voting bei der ÖH Wahl: Geht es dabei ausschließlich um das Problem der technischen Umsetzung und der Sicherheit oder handelt es sich vielmehr um eine grundsätzliche demokratiepolitische Frage? Ähnlich verhält es sich mit feministischer Kritik in den Natur-wissenschaften und Technik.Wird die Forderung danach erhoben, feministische Theorien verpflichtend in allen Studienplänen zu verankern, finden sich nur wenige StudentInnen, die dies unterstützen – im Gegen-teil, die meisten sprechen sich dezidiert dagegen aus. Weiters ist gerade von Studentinnen oft zu hören, dass sie „so etwas“ nicht bräuchten, da sie ohnehin schon ein technisches Studium absolvierten und daher schon „genug emanzipiert“ seien und sie sich außerdem auf der Uni gut genug durchsetzen könnten.

Feministische Theorie in allen Lehrplänen

Diese Ablehnung beruht auf zwei grundsätzlichen Missver-ständnissen. „Verpflichtende feministische Theorie“ in allen Studienrichtungen ist einerseits nicht gleichbedeutend mit der Einführung einer Pflicht-Lehrveranstaltung mit dem Titel „Feministische Theorie“ in allen Studienplänen und hat ander-erseits auch nicht zum Ziel, die „Integration“ von Frauen in technischen Studien zu erhöhen.

„Verpflichtende feministische Theorie“ in allen Studienrich-

tungen bedeutet weder die Einfüh-rung einer Pflicht-Lehrveranstal-

tung mit dem Titel „Feministische Theorie“ in allen Studienplänen

noch hat sie zum Ziel, die „Integra-tion“ von Frauen in technischen

Studien zu erhöhen.Die Forderung zielt vielmehr darauf ab, die klassische, männ-liche Betrachtungsweise der Lehrinhalte aufzubrechen und um feministische Aspekte zu erweitern. Dadurch werden gender-spezifische Unterschiede aufgezeigt und den StudentInnen be-wusst gemacht.

Besonders in technischen Studien ist dies sehr wichtig, da Leh-rende den Stoff oft als Fakten und unumstößliche Tatsachen präsentieren und die Studierenden nicht zum kritischen Hinter-fragen des eben Gelernten anregen. Wird beispielsweise an der BOKU in ländlicher Neuordnung (ein Fach, das sich mit der Raumordnung im landwirtschaftli-chen Bereich beschäftigt) über die Auswirkungen des jeweils herrschenden Erbrechts auf das Landschaftsbild referiert, wird die unterschiedliche Aufteilung des Grundes – je nachdem ob alles an den ältesten Sohn vererbt wird oder ob der Besitz glei-chmäßig auf alle Söhne aufgeteilt wird – als Beispiel gebracht. Ob beziehungsweise ab wann Frauen Grund erben konnten und welche Veränderung im Landschaftsbild dies mit sich brachte und was das heute noch für Auswirkungen auf die sozialen Ver-hältnisse im bäuerlichen Umfeld hat, wird nicht angesprochen. Bei Verkehrs- und Raumplanung verhält es sich ähnlich: VerkehrsteilnehmerInnen werden gerne in einen Topf gewor-fen, wobei sie sich jedoch durchaus unterschiedlich verhalten. Laut der aktuellen Studie des VCÖ “Gender-Gaps im Verkeh-rs- und Mobilitätsbereich“ benutzen Frauen mit 64 Prozent deutlich häufiger öffentliche Verkehrsmittel als Männer (56

Prozent)1. Die Studie belegt außerdem, dass auch die Zwecke der zurückgelegten Wege unterschiedlich sind. Von Frauen zurückgelegte Wege haben mit zwölf Prozent weitaus häufiger „Holen oder Bringen von jemandem“ zum Zweck als die von Männern mit fünf Prozent. Der mehrheitlich von Männern be-nutzte motorisierte Individualverkehr wird in unserer Gesell-schaft bevorzugt behandelt. So werden nicht öffentliche Gelder ungleich in Anspruch genommen und andere Mobilitätsfor-men benachteiligt, sondern auch andere Bevölkerungsgruppen (Kinder, ältere Menschen, Menschen mit Bewegungseinschrän-kungen, …) von eigenständiger Bewegung ausgeschlossen. Diese wiederum werden vermehrt von Frauen von einem Ort zum anderen gebracht.

Die Forderung zielt vielmehr darauf ab, die klassische, männ-

liche Betrachtungsweise der Lehrinhalte aufzubrechen und um

feministische Aspekte zu erweitern.

Die Trennung unterschiedlicher Funktionen der räumlichen Strukturen nach Wohnen, Arbeiten, Bilden, Versorgen, Erholen, Verkehren und Kommunizieren wirkt sich unterschiedlich auf Frauen und Männer aus.

Im Westen der BRD leisten Frauen mehr als doppelt so viel Re-produktionsarbeit (also Unterstützung, Pflege und Betreuung von anderen Haushaltsmitgliedern, sowie Haus- und Gartenar-beit) wie Männer. Die funktionale Raumtrennung verstärkt die Doppelbelastung von erwerbstätigen Frauen. Kinder müssen in den Kindergarten oder zur Schule gebracht werden, Essen eingekauft, ältere Menschen und Kranke besucht und versorgt werden. Das kann in einer funktionsgetrennten Stadt schon mal dazu führen, dass Frauen sich ihren Arbeitsplatz nach Er-reichbarkeits- und nicht nach Qualitätskriterien aussuchen.²Im Wissen um diese Unterschiede können bestehende Situ-ationen besser verstanden werden und Planungen (Beispiel Verkehrsplanung) besser an die Betroffenen angepasst werden. Viel wichtiger ist aber, dass durch strategische Planung dazu beigetragen werden kann, Geschlechterverhältnisse zu verän-dern. Hierfür müssen WissenschafterInnen, Lehrende und StudentInnen erst sensibilisiert werden. Daher muss es zur Grundausbildung von IngenieurInnen gehören, über genderspezifische Aspekte Bescheid zu wissen.

Forscherinnen fördern

Zu einer feministischen Betrachtungsweise des Gelehrten gehört auch die Würdigung der Leistungen von Forscherinnen und Wissenschafterinnen. Sicher ist die Anzahl bedeutender Frauen in der Wissenschaft weitaus geringer als die von Männern, da Frauen erst seit Ende des 19. Jahrhunderts die Möglichkeit haben, zu höherer Bildung zu gelangen. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass hauptsächlich die Forschungsergeb-nisse von Männern von den Lehrenden als Beispiele gebracht werden müssen. Oft haben Frauen im selben Gebiet geforscht und sind zu ebenso wichtigen Erkenntnissen gekommen, die jedoch weniger beachtet wurden und daher auch einen gering-eren Bekanntheitsgrad in der wissenschaftlichen Welt haben. Es ist die Aufgabe der Lehrenden, diese jahrelange Praxis zu hinterfragen und sich aktiv über wichtige Forschungsergebnisse von Frauen in Ihrem Fachgebiet zu informieren und diese in Ihren Lehrveranstaltungen einzubauen. So wird es für junge Frauen und Mädchen selbstverständlich, eine wissenschaftliche Laufbahn in den Naturwissenschaften und Technik einzuschla-gen.Feministische Theorie in allen Studienplänen bedeutet das Sicht- barmachen von Frauen in den Lehrinhalten – sowohl bezogen auf ihre Leistungen in Wissenschaft und Forschung als auch als eigene Zielgruppe in Planungsprozessen. Die GRAS fordert da-her, feministische Theorien verpflichtend in allen Studienplänen zu verankern.

1 DER STANDARD, Printausgabe, 11./12. April 2009² Becker Ruth. Feministische Kritik an Stadt und Raum: Gender Mainstreaming und Managing. 2004 Diversity. http://www.ssoar.info/ssoar/View/?resid=3835

Was in geisteswissenschaftlichen Studien bereits Gang und Gäbe ist, wird in technischen Studienrichtungen noch vernachlässigt – die Berücksichtigung feministischer Theorien in der Lehre. maggie & hot

GRASwurzel Mai 09�

Page 7: GRASwurzel Ausgabe Mai 2009

Ist dir Feminismus nicht peinlich?

Ist Feminismus heute obsolet? Ist Feminismus heute peinlich? Viele Männer und auch viele Frauen würden diese Frage mit „Ja“ beantworten. Immerhin, Frauen dürfen seit fast 100 Jahren wählen und können theoretisch Bundeskanzlerin bezieh-ungsweise tatsächlich Vorstandsvorsitzende von großen Un-ternehmen werden. Männer wiederum werden sogar öffentlich aufgefordert, sich mehr im Haushalt zu betätigen und einen Teil der Kinderbetreuung zu übernehmen. Auch massiv diskriminie-rende Gesetze, die noch bis in die 70er Jahre galten (beispiels-weise das Recht von Männern, ihren Ehefrauen die Erwerbs-arbeit zu untersagen), wurden schließlich doch abgeschafft. Wozu also die Aufregung dieser „alten Emanzen“ und „ständig nörgelnden FeministInnen“? Es ist doch eh alles wunderbar!?

Die Realität sieht anders aus

Werden jedoch die sozialen Lebensverhältnisse vieler Frauen etwas näher betrachtet, zeigt sich ein anderes Bild. Zwar wur-den die größten gesetzlichen Diskriminierungen mittlerweile abgeschafft und gleichzeitig verschiedenste Frauenförderungs-maßnahmen eingeführt, doch hat dies nur wenig an den gesell-schaftlichen Strukturen und der sozialen Situation von Frauen geändert. Viele Aspekte der weiblichen Diskriminierung sind unverändert geblieben oder auf eine andere Ebene verschoben worden.

Besonders deutlich zeigt sich dies an der nach wie vor beste-henden sozialen und ökonomischen Schlechterstellung von Frauen. Frauen verdienen bis heute für die gleiche Arbeit über 25 Prozent weniger als Männer. Zusätzlich sind Frauen häufig in schlechter bezahlten Branchen sowie als Teilzeitarbeitsbe-schäftigte tätig und übernehmen nach wie vor den Großteil der unbezahlten Arbeit unserer Gesellschaft (Haushaltsfüh-

rung, Kinderbetreuung oder Pflege von Alten und Kranken). Dass dies nicht nur die aktuelle soziale Situation von Frauen (und eventuell ihrer Angehörigen) betrifft, sondern immer auch ihre zukünftige finanzielle Lage, darf nicht vergessen werden. Bis heute orientiert sich das (österreichische) Sozial- und Pen-sionssystem am Gehalt der Versicherten sowie an Voll- und Langzeitbeschäftigung. Frauen wiederum weisen selten ein durchgängiges Erwerbsleben auf und sind häufig in atypischen Beschäftigungsverhältnissen und schlechter bezahlten Dienstlei-stungsbranchen tätig. Damit erfahren sie eine massive soziale Benachteiligung, die immer wieder in die Armutsfalle führt.

Ursache für die nach wie vor beste-hende Geschlechterungleichheit,

die für Frauen massive soziale und ökonomische Auswirkungen hat,

ist nicht die bewusste Benach-teiligung von Frauen, sondern die

unserer Gesellschaft zu Grunde liegende Struktur.

Gleichzeitig hat sich in den letzten Jahren auch gezeigt, dass Frauen trotz guter Ausbildung und bestehender Anti-Diskrimi-nierungsgesetze nur selten in höhere Positionen von Wirtschaft, Politik und insbesondere auch Universitäten kommen. Frauen in Vorstands- und Aufsichtsratspositionen sind nach wie vor rar, Bundeskanzlerin oder gar Bundespräsidentin gab es in Ös-terreich noch keine und die erste Rektorin einer österreichisch-en Universität ist erst kürzlich zurückgetreten. Und wenn es Frauen doch in höhere Positionen schaffen, dann meist in

frauenstereotypen Bereichen, wie Familienministerinnen oder Volksschuldirektorinnen zeigen. Andere, klar männlich defini-erte Positionen bleiben Frauen bis heute meist verschlossen.

Alte Strukturen aufbrechen!

Ursache für die nach wie vor bestehende Geschlechterungleich- heit, die für Frauen massive soziale und ökonomische Aus-wirkungen hat, ist nicht die bewusste Benachteiligung von Frauen, sondern die unserer Gesellschaft zu Grunde liegende Struktur. Diese orientiert sich generell am Männlichen als der Norm und ist damit vorwiegend männlich konzipiert und do-miniert.Dies zeigt sich am deutlichsten an der Sprache. Noch immer wird meist die ausschließlich männliche Form verwendet („die Studenten“ auch für weibliche Studierende) und auch allgemei-ne Aussagen wie „wer hat seinen Hut vergessen?“ verdeutlichen die männliche Dominanz in der Sprache. Frauen verschwinden auf diese Weise aus der Sprache und aus der dazugehörenden Gedankenwelt. Das Männliche gilt als Norm, Frauen werden strukturell missachtet oder als Anhängsel des Mannes angeseh-en.Die Ursachen für die Geschlechterungleichheit liegen damit tiefer. Sozialisation, Erziehung und Verhalten gegenüber den Geschlechtern beruhen immer auf gesellschaftlichen Strukturen und reproduzieren diese erneut. Schon Kleinstkindern werden Rollen und Rollenbilder zugewiesen, die diese von Geburt an erlernen und die sich in ihrem späteren („weiblichen“ bzw. „männlichen“) Verhalten niederschlagen und widerspiegeln.Eine Veränderung der Geschlechterdifferenz und der Benach-teiligung von Frauen ist damit nicht nur durch Frauenförder-ungspläne und Anti-Diskriminierungsgesetze möglich, sondern durch ein gleichzeitiges Aufbrechen und Verändern der ge-schlechtlich definierten Strukturen unserer Gesellschaft. Erst eine Aufhebung oder Verschiebung der geschlechtlichen Rol-lenbilder und Verhaltenszuschreibungen sowie der männlich dominerten Herrschaftsverhältnisse kann auch die Geschlech-terdifferenz auflösen.

Erst eine Aufhebung von Rollenbildern und Verhaltenszuschreibungen sowie der männlich dominierten Herrschaftsverhältnisse kann die Geschlechter-differenz auflösen. Warum Feminismus heute für eine geschlechtergerechte Gesellschaft ungebrochen wichtig ist – und ganz und gar nicht peinlich. vecee

Nach der ersten Wahl, zu der in Österreich auch Frauen zugelas-sen waren, betrug der Anteil an weiblichen Abgeordneten im Parlament 5,7 Prozent. Es dauerte 56 Jahre, bis sich dieser Anteil erstmals auf über 10 Prozent erhöht hat. Heute sitzen 183 Abgeordnete im Parlament und nur knapp ein Drittel von ihnen ist weiblich. Es gibt lediglich 60 Bürgermeisterinnen in Österreich, hingegen aber 2239 Bürgermeister. Diese Zahlen zeigen ein deutliches Bild: Die politische Situation in Österreich basierte und basiert auf dem grundlegenden Prinzip der patri-archalen Vorherrschaft. Doch nicht nur in der Politik, auch in anderen Berufsfeldern herrschen ähnliche Zustände. Die am Geschlecht festgemachte Ungleichbehandlung von Mann und Frau ist nach wie vor gra-vierend.

Kampf gegen die Konstruktion von Zweigeschlechtlichkeit

Obwohl die Gleichstellung in Artikel 7(1) des österreichischen Bundesverfassungsgesetzes geregelt ist und auch die europäische

Union seit mehr als 30 Jahren eine Beschäftigungspolitik ver-folgt, die zur Chancengleichheit der Geschlechter führen soll, sind Frauen in höheren beruflichen Positionen nach wie vor schlecht vertreten. Quoten, die dazu beitragen sollen, bestehende Ungleichheiten zu beseitigen, sind dabei ein wichtiges, jedoch auch fragwür-diges Instrument. In einem Kampf gegen die Konstruktion von Zweigeschlechtlichkeit, in dem es darum gehen soll, dass Geschlecht, also „gender“, zu einer unwesentlichen Kategorie wird, scheint es paradox, Frauen positiv zu diskriminieren und damit das System des Geschlechterdualismus unangetastet zu lassen bzw. regelrecht zu stützen. Bliebe allerdings die Kon-struktion von Männlichkeit und Weiblichkeit unangetastet, ginge das auf Kosten lauten Protestes und direkt geäußerter Kritik an bestehenden patriarchalen Verhältnissen.Und ohne starke mediale Thematisierung, ohne dem Kampf gegen tief verwurzelte Geschlechterverhältnisse, ohne die For-derung deutlicher politischer Konsequenzen, würde die subtile Form der Unterdrückung von Frauen nur weiterhin reprodu-ziert werden.

Quoten - Nur was für Realos?Mindestens 50 Prozent der Welt den Frauen – gibt es ein sinnvolles Argument, das nicht dafür spricht? Über das schneidige Schwert der Frauenquoten, die Überwindung der Geschlechterkonstruktion sowie positive und negative Diskriminierung. breit

GRASwurzel Mai 09 �

Frauenanteil unter den Rektoren - 0 %

Frauenanteil unter den ProfessorInnen - 15 %

Frauenanteil unter den Studierenden - 56 %

Frauenanteil unter den AssistentInnen - 33 %

Page 8: GRASwurzel Ausgabe Mai 2009

GRASwurzel Mai 09�

Freiräume fallen nicht vom Himmel – TÜWI bleibt!

WelcheR Wiener StudentIn kennt es nicht: Das TÜWI, das früh-er mal „der Türkenwirt“ war? Damals noch ein gutbürgerli-ches Hotel-Restaurant, ist das TÜWI heute ein studentischer Freiraum und – sentimental ausgedrückt – das Herz der BOKU auf der Türkenschanze.Hier finden regelmäßig Konzerte, Workshops und StudentIn-nenfeste statt, hier gibt es ein bio-vegetarisches/veganes Mit-tagsmenü (mit Mensa-Pickerl günstiger) und Getränke zu studi-freundlichen Preisen. In TÜWIs Hofladen werden biologische, regionale und saisonale Produkte angeboten, die zumeist von BOKU-Studierenden vermittelt werden. Für dieses Projekt hat der TÜWI-Verein 2008 sogar den Nachhaltigkeitspreis des Wissenschaftsministeriums erhalten.

Das TÜWI-Gebäude ist ein Ort, an dem studentische Initiativen Raum finden und wo Kontakte und Kooperationen geknüpft werden können. Eine Form gelebter Interdisziplinarität und eine Möglichkeit, soziale und ökologische Verantwortung nicht nur zu lernen, sondern im gelebten Miteinander zu praktizie-ren.

15 Jahre Ungewissheit sind genug!

Seit 15 Jahren nutzen StudentInnen und engagierte Menschen das „Türkenwirt“-Gebäude – doch stets war die Raumsitua-tion ungewiss. Nachdem der TÜWI-Verein dank der ÖVP-AG sogar zwei Jahre Mensa-AG überleben musste und aus eigenem Antrieb neu erstanden ist, wirkt es umso erstaunlicher, dass dieses zentrale Gebäude aufgegeben werden sollte. Das hatte zumindest der ehemalige Rektor Hubert Dürrstein vor, indem er die Rückgabe an die Bundes-Immobiliengesellschaft (BIG) in der letzten Leistungsvereinbarung1 festschrieb.

Seither hat sich viel getan: Altrektorin Ingela Bruner hat das Anliegen eines studentischen Freiraums im Türkenwirtgebäude ernst genommen und die 15 Jahre alten Pläne, es als „Haus der Studierenden“ umzuwidmen, weitergeführt. Ein General-sanierungsplan des Ministeriums für Bundesimmobilien sollte den Umbau finanzieren. Partizipative Raumordnungskonzepte wurden erstellt, die ersten Entwürfe gezeichnet. Nun allerdings wurde weder das Konzept „Haus der Studieren-den im Türkenwirtgebäude“ noch die Sanierung des TÜWI-Ge-bäudes vom interimistischen Rektorat in den Entwicklungsplan aufgenommen. Als Vorwand wird die Aufgabe des Gebäudes aus der alten Leistungsvereinbarung angegeben, die ja nicht einfach durch eine Sanierung desselben ersetzt werden könne. Damit mache sich die BOKU „nur unglaubwürdig“ – ein vorge-schobenes Argument also.

Unser Geld – Unser Haus

Tatsächlich unglaubwürdig wirkt hingegen die Verhandlungs-weise des Rektorates angesichts des uneingeschränkten Bekennt- nisses der BOKU-StudentInnen zu ihrem Haus. Bereits im Jahr 2006 widmeten 80 Prozent der StudentInnen ihre Studienge-bühren der Weiteranmietung des Türkenwirtgebäudes, womit wir Studierenden bisher drei Millionen Euro zur Finanzierung bereitstellten. Darüber hinaus gab es ein klares Bekenntnis aller an der BOKU vertretenen ÖH-Fraktionen zum Haus der Studierenden auf Basis einer Nutzungsvereinbarung. Das ergab ein partizipativer Gestaltungsworkshop, der im Dezember 2008 von der ÖH-BOKU abgehalten wurde. Nicht zuletzt wurden Anfang April von der Initiative für ein Haus der Studierenden innerhalb von drei Wochen 1749 Unterstützungserklärungen – knapp 25 Prozent aller BOKU-Studis – für das Haus der Studierenden im TÜWI gesammelt.

Leider wurden diese Bemühungen bei dem Beschluss der Leis-tungsvereinbarung im Unirat trotz deutlicher Argumentationen von Seiten der Initiative – zuletzt bei der Uniratssitzung am 15. April – abgelehnt. Vom ÖH-Vorsitzenden (derzeit ÖVP-AG) kam trotz Zusage kein Bekenntnis zum Haus der Studieren-den (HdS). Der Verweis des Rektors auf zuständige Stellen im Ministerium – wo man es ja versuchen könne – wirkt da wie blanker Zynismus.Freiräume fallen nicht vom Himmel, genauso wenig wie das Geld dafür – aber das ist noch lange kein Grund, Ideale zu ver-raten. Die bagru*GRAS*boku wird weiter für ein TÜWI und studentischen Freiraum im Türkenwirtgebäude und auf der ganzen BOKU kämpfen. Wer, wenn nicht wir?

Weblinks:petition.hausderstudierenden.at (Seite der Initiative HdS)hausderstudierenden.at (Der Haus der Studierenden – Blog)http://boku.gras.at (bagru*GRAS*boku)

1) Leistungsvereinbarung: Verhandlungen des Rektorates mit dem Wissen-

schaftsministerium über das Budget der Universität auf Basis des Entwick-

lungsplanes. Die BOKU verhandelt mit allen anderen Unis um ein viel zu

knappes Budget für die nächsten drei Jahre und muss Prioritäten setzen, wo

alles oberste Priorität hat.

Ein „Haus der Studierenden“ an der BOKU ist mehr als nur eine jahrzehn-telange Forderung und der TÜWI-Verein ist mehr als nur ein Studi-Beisl. PabetS

„Es gibt nicht nur keine Theorie von Basisdemokratie es gibt auch kein gemeinsames Konzept …“ Das Fehlen einer solchen theoretischen Grundlage unterstützt wohl den Eindruck, dass basisdemokratische Gruppen chaotische Haufen sind. Wie also charakterisiert sich Basisdemokratie und was sind ihre Stärken?Basisdemokratie hat ihren Ursprung in direkt demokratisch organisierten BürgerInneninitiativen und ist im Wesentlichen durch folgende drei Elemente charakterisiert.

Die grassroots democracy oder auch Graswurzeldemokra-tie, sieht vor, dass die AktivistInnen auf jeder Ebene der Bes-chlussfassung so viel Mitspracherecht wie möglich haben. Das gewährleistet, dass alle Personen gleichberechtigt sind und Be-schlüsse auf Basis einer breiten Diskussion, die viele Perspek-tiven miteinschließt, getroffen werden. Zudem soll durch eine dezentrale Organisation erreicht werden, dass die einzelnen Gruppen autonom und eigenverantwortlich entscheiden.Das basisdemokratische Konsensprinzip bedeutet, dass alle Entscheidungen nur im Konsens – also nur wenn sie von al-len befürwortet werden – getroffen werden. Dies erfordert oft lange Diskussion, da Menschen nicht einfach überstimmt werden können. Das Resultat solcher Diskussionen ist aller-

dings, dass alle Beteiligten hinter der Entscheidung stehen – nicht nur eine Mehrheit. Auf dem Fundament der ersten beiden Charakteristika ist be-sonders das Bekenntnis zur Herrschaftskritik wichtig. Hierar-chien werden abgelehnt und bewusst vermieden. Alle Stimmen haben den gleichen Wert und müssen gleich viel Gehör finden. Basisdemokratie hat also nichts mit Chaos zu tun, sondern ist eine Form von politischer Organisation, die durch Abwesenheit von Herrschaft und festgefahrenen Strukturen die individuelle Freiheit und somit fundiertere und demokratischere Entschei-dungen fördert. Sie ermöglicht es, Beschlüsse zu fassen, die dort zu wirken beginnen, wo sie auch tatsächlich entstehen. In der Gruppe.

Einbringen statt Abstimmen Ein Plädoyer für die Basisdemokratie giwa

Seit 15 Jahren treffen sich StudentInnen im TÜWI-Garten

Übergabe von 1749 Unter-schriften ans BOKU-Rektorat

die bagru*GRAS*boku-AktivistInnen in Aktion

Page 9: GRASwurzel Ausgabe Mai 2009

Nach vielen vorhergehenden Treffen wurde 1999 von 31 Bil-dungsministerInnen die Bolognaerklärung unterschrieben. Das Ziel war, einen europäischen Hochschulraum zu schaffen, in dem Studierende und Personal zwischen den Ländern wechseln können und in dem Studienleistungen in allen Staaten aner-kannt werden. Um Lehrveranstaltungen überall anrechenbar zu machen, wurden die ECTS-Punkte eingeführt. Ebenso wurden die Abschlüsse vereinheitlicht und auf Bachelor, Master und PhD (Doctor of Philosophy) umgestellt. Hinter diesen an sich vernünftigen Zielen verbirgt sich aber eine “hidden agenda” – die Ökonomisierung der Bildung. Und die wird immer offen-sichtlicher. Bachelor-AbsolventInnen sind billige akademische Arbeitskräfte für die Wirtschaft, der Master soll bereits nur mehr für eine exzellente Elite zugänglich sein. Auch die Grund- idee einer Zusammenarbeit der Universitäten in Europa hat völlig ins Gegenteil umgeschlagen. Statt Transparenz und Ko-operation bestimmt ein beinharter Kampf um die vorderen Plä-tze in diversen Rankings das Feld, die Jagd nach Kennzahlen, die aufgrund der Berechnungsmethode nicht einmal ansatz-weise etwas mit einer Realität zu tun haben. Eingeschlichen hat sich der Konkurrenzkampf über die Bestrebungen, die Qual-ität der Hochschulen zu sichern. So wollen die neoliberalen PlayerInnen innerhalb des Bolognaprozesses – allen voran die europäische Kommission – nun die Qualität der Hochschulen über Rankings sichern. Diese Entwicklungen stehen in direktem Zusammenhang mit der Lissabon-Strategie. Im März 2000 wurde in Lissabon von den europäischen Staats- und RegierungschefInnen beschlos-

sen, die EU bis 2010 zum „international wettbewerbsfähigsten, dynamischsten, wissensbasierten Wirtschaftsraum“ zu machen. Bildung liegt eigentlich ausschließlich im Kompetenzbereich der Nationalstaaten, die EU hätte da nix mitzureden. Durch entsprechende Instrumente und massives Lobbying seitens der Europäischen Kommission und anderen VorkämpferInnen der neoliberalen Agenda wird jedoch ein großer Teil der Hoch-schul- und Wissenschaftspolitik von der EU-Ebene diktiert. Funktionieren kann das ganze deshalb, weil sich ja alle Sta-aten „freiwillig“ beteiligen und es sich kein Staat leisten kann, nicht mitzumachen. Während Bologna noch mehr oder weniger glaubwürdig an einem gemeinsamen Bildungsraum interessiert war (selbstverständlich auch aus primär wirtschaftlichem Inter-esse), strebt Lissabon die totale Ökonomisierung von Bildung an. Dies wird umso deutlicher, wenn die EU-Kommission „Emp-fehlungen“ zur Finanzierung von Hochschulen veröffentlicht: Studiengebühren, Direkt-Vermarktung von Forschungsergeb-nissen und Sponsoring sollen die Liquidität der Universitäten sicherstellen.Die Umsetzung der Lissabon-Ziele erfolgt über die so genannte Methode der „offenen Koordinierung“, ein Instrument das der EU erlaubt, ohne eigentliche Kompetenz und demokratische Legitimation Politik zu machen. Aus einem Mix von „Erfah-rungsaustausch“, statistischen Vergleichen, der Erreichung von benchmarks und Empfehlungen der Kommission entsteht Bil-dungspolitik, die weder kontrolliert wird noch demokratisch legitimiert ist. Die Empfehlungen der Kommission sind nicht bindend, nachdem aber in der EU so ziemlich alles über Lob-

bying funktioniert fühlen sich die Staaten gezwungen, auf den Zug aufzuspringen. Im vorauseilenden Gehorsam hat in diesem Sinn auch Österreich mit dem Universitätsgesetz 2002 bestim-mte Forderungen der EU-Kommission umgesetzt. Nach Meinung der EU soll auch der Bildungsbereich neu auf-gestellt werden – selbstverständlich immer mit Fokus auf die Privatwirtschaft. Ebenso wie soziale und medizinische Ab-sicherung soll Bildung privatisiert und in Warenform umge-wandelt werden – das General Agreement on Trade in Services (GATS) der Welthandelsorganisation hat auch die entsprech-ende Vorarbeit dafür geleistet. Die österreichische Version dieser Ökonomisierung der Bil-dung äußert sich in vielen Bereichen. Von der Einführung von Studiengebühren (die ja nicht wirklich abgeschafft sind), über Zugangsbeschränkungen auf allen Ebenen bis zum massiven Zeitdruck, unter dem StudentInnen heute stehen – all diese Entwicklungen deuten in die selbe Richtung. Die Einrichtung der Universitätsräte, die Entmachtung des Senates (das einzige demokratisch gewählte Organ innerhalb der Universität), die Machtverlagerung auf die Rektorin bzw. den Rektor, die Entlas-sung der Universitäten in die „Autonomie“ – die Entdemokra-tisierung der Universitäten ist bereits weit fortgeschritten. Zu-dem kommen noch New Public Management-Instrumente wie Leistungs- und Zielvereinbarungen, Entwicklungspläne, Profil-bildung und ähnliches, das die Universitäten in effiziente Un-ternehmen, die die perfekten AbsolventInnen für die Wirtschaft produzieren, umwandeln soll. Die GRAS stellt sich vehement gegen die Ökonomisierung von Bildung. Auch wenn diese Entwicklungen weit fortgeschritten sind – es gibt immer noch Dinge die verhindert, geändert und rückgängig gemacht werden können und müssen. Dafür werden wir auch innerhalb der nächsten ÖH-Exekutive kämpfen.

Bundesminister Hahn, der sich nur wenig von seiner Vorgän-gerin Gehrer unterscheidet, ist es, der offensichtlich den nöti-gen unipolitischen Weitblick mit einem dickem Brett vor sei-nem Kopf verwechselt. Wie ließen sich sonst die Forderungen Hahns nach flächendeckenden Zugangsbeschränkungen in al-len Master- und PhD-Studien und einer selektiven Studienein-gangsphase in den Bachelorstudien erklären?

Österreich hat laut der aktuellen OECD-Studie „education at a glance“ die drittniedrigste AkademikerInnenquote. Genauso schlecht schaut es mit der Quote der StudienanfängerInnen und der Drop-Out-Quote aus – also jener Zahl, die die Studi-enabbrecherInnen misst. Dass Hahn dies vehement abstreitet, ändert nichts daran, dass Österreich auch bei den Zuwächsen der AkademikerInnenquote weit hinter dem EU-Durchschnitt zurückbleibt. Angesichts dieser erschreckenden Zahlen er-scheint es geradezu wahnwitzig, die Anzahl der StudentInnen mit Zugangsbeschränkungen verringern zu wollen. Österreich braucht mehr StudentInnen – nicht weniger. Die GRAS fordert deshalb eine entsprechende Finanzierung der bestehenden Stu-dien und Maßnahmen zur Steigerung der Studierendenzahl um 100.000 Personen. Bundesminister Hahn fordert eine selektive Studieneingangs-phase in allen Bachelorstudien. Zusätzlich zu Prüfungen in überlaufenen Studienrichtungen, die ausschließlich den Zweck haben, StudentInnen an der Fortsetzung des Studiums zu hindern (sogenannte Knock-Out-Prüfungen), will Hahn den Studis nun weitere Steine in den Weg legen. Er vergisst dabei völlig, dass ein Studienerfolg ohne Absolvieren und Bestehen

von Prüfungen nicht erreichbar ist. Anstatt den Unis endlich die benötigten Mittel zur Verfügung zu stellen, sollen die Student-Innen von den Unis vertrieben werden.In Kombination mit den flächendeckenden Zugangsbeschrän-kungen in weiterführenden Master- und PhD-Studien werden sich viele potentielle StudentInnen ein Uni-Studium sprich-wortlich „schenken“, da dann weder entsprechende berufliche Chancen geschweige denn die Garantie auf wissenschaftliche Bildung bestehen.

GRAS fordert: Mehr Qualität in der Lehre! Die Betreuungsdichte an den Österreichischen Unis hält keinem internationalen Vergleich stand. Nur noch wenige Student- Innen haben den Luxus, echte Betreuung von Diplom- bzw. Masterarbeiten und Dissertationen zu erhalten. Die Lehrenden ächzen unter der Belastung, weil viel zu wenig wissenschaftli-ches Personal zur Verfügung steht.

Die GRAS sicherte hunderten StudentInnen in Innsbruck einen

Psychologie-Studienplatz.

Was macht Minister Hahn dagegen? Zusagen von besserer Fi-nanzierung entpuppen sich regelmäßig als falsch. Von einem Abkommen mit Deutschland, einen Teil der Medizinstudien-plätze zu finanzieren, ist nichts in Sicht. Die Grünen & Alter-

nativen StudentInnen werden aber nicht müde, weiterhin mehr Geld für die ausgebluteten Unis zu fordern und für bessere Stu-dienbedingungen zu kämpfen.

Die GRAS hilft Die GRAS setzt sich mit allen Mitteln gegen Zugangsbeschrän-kungen ein und besteht weiter auf einem offenen Hochschul-zugang ohne Beschränkungen und Gebühren. Nur so kann der Bildungs- und Wissenschaftsstandort Österreich gesichert werden.Neben entsprechender Öffentlichkeitsarbeit und dem Engage-ment in der HochschülerInnenschaft hilft die GRAS auch all jenen StudentInnen, die von Zugangsbeschränkungen an den Universitäten betroffenen sind. Direkt bei den schon bestehen-den Aufnahmetests informieren AktivistInnen der GRAS über bestehende Lücken im System und helfen den Studierwilligen dabei, rechtliche Schritte gegen die jeweilige Universität einzu-leiten. Auf diese Weise konnte die GRAS beispielsweise in Inns-bruck hunderten StudentInnen einen Psychologie-Studienplatz sichern. Aktuell läuft ein Bescheidbeschwerdeverfahren beim Verfassungsgerichtshof, um die Zugangsbeschränkungsverord-nung des Innsbrucker Rektorats endgültig zu kippen.

Wenn Hahn und seine HelferInnen in den Rektoraten auch Dich oder Deine FreundInnen vom Studieren abhalten wollen, zögere nicht, Dich bei der GRAS zu melden – Wir helfen Dir weiter!

Wer ist hier beschränkt?Grüne & Alternative StudentInnen lehnen Zugangsbeschränkungen ab. mons

Education not Profit!Mit den Erklärungen von Bologna 1999 und Lissabon 2000 bekam die Ökono-misierung der Bildung ein (grausames) Gesicht. Und Instrumente, die der neoliberalen Lobby alle Möglichkeiten eröffnen. sima

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Page 10: GRASwurzel Ausgabe Mai 2009

StudentInnen, Universitäts- und FachhochschulabsolventInnen zählen zwar allgemein immer noch zu den Privilegierten am Ar-beitsmarkt – allerdings nur, wenn sie genügend Praxis aufweisen können. Diese kann wiederum nahezu ausschließlich unter prekären Bedingungen gesammelt werden. Zahlreiche Studien zeigen, dass die Bereitschaft der ArbeitgeberInnen sinkt, für die qualifizierte Arbeit auch gerecht zu bezahlen, PraktikantInnen zu versichern oder zu vereinbarten Zeiten arbeiten zu lassen. Immer häufiger und selbstverständlicher werden Studierende heute als „Generation Praktikum“ bezeichnet: Proseminare werden am Abend besucht, Vorlesungen am Wochenende ge-blockt und ein oder gleich zwei Praktika noch schnell in den Ferien absolviert – und das meist unbezahlt: Laut einer aktuel-len Studie wird ein Drittel der Praktika gratis absolviert, jedeR Siebente macht Überstunden im Praktikum und 36 Prozent der PraktikantInnen empfinden die Arbeitsbelastung als „sehr hoch“.

Luxus Arbeit?

Auch nach dem Studium absolvieren 50 Prozent der StudentIn-nen noch mindestens ein Praktikum, um den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu schaffen. Doch wie finanziert mensch sich diese unbezahlte Arbeit? Bei zwei Drittel der StudentInnen

und AbsolventInnen müssen die Eltern als zusätzliche Einkommens- quelle ein-

springen. Dies zeigt, dass Praktika überhaupt nur von einer privilegierten Schicht gemacht werden können; Kinder aus ärmeren Familien können sich diesen „Luxus“ nicht leisten. Darüber hinaus sind für passende Praktika oft Verbindungen, Netzwerke und Seilschaften notwendig, was einmal mehr zu sozialer Selektion und nicht selten zu struktureller Diskrimi-nierung von Frauen führt, sowie Personen aus bildungsfernen Schichten von adäquaten Arbeitsplätzen fernhält.All dem steht ein eklatantes Versäumnis in der Schaffung not-wendiger rechtlicher und politischer Rahmenbedingungen gegenüber. Unter dem Begriff Praktikum wird Ausbeutung betrieben, auf Kosten der Betroffenen und zum Schaden der sozialen Sicherungssysteme. Außerdem führt die steigende An-zahl an Praktikumsstellen zu einem Teufelskreis: Wenn immer mehr AkademikerInnen und StudentInnen gezwungen sind, als PraktikantInnen für wenig oder auch gar kein Geld zu arbeiten, werden in Folge immer weniger reguläre Stellen angeboten. Um zu verhindern, dass PraktikantInnen als billige Arbeitskräfte missbraucht werden, benötigen wir gesetzliche Regelungen, die ein Praktikum als Lernverhältnis und arbeits- wie sozialrecht-lich klar definieren.

Unter dem Begriff Praktikum wird Ausbeutung betrieben, auf Kosten der Betroffenen und zum Schaden

der sozialen Sicherungssysteme.

Den Großparteien ist dies schon lange bekannt, unternommen wurde bisher aber nichts. Forderungen von öster-

reichischen wie auch europäischen PraktikantInneninit iat iven werden ignoriert, Anträge der Grünen zur Verbesserung der Situation von PraktikantIn-nen verschiedenen parlamen-tarischen Ausschüssen zugewi-esen und dann auf ewig vertagt – schließlich geht es um hun-derte Gratisarbeitskräfte für „unsere“ Wirtschaft. Auch die Ministerien profitieren von der derzeitigen Situation: Wie par-

lamentarische Anfragen bzw. die Homepages der Ministerien zeigen, bieten diese ebenso Praktika an – viele davon unter- oder gar unbezahlt. Besonders das Außenministerium sticht hervor (siehe Anfragebeantwortung 4782/AB XXIII. GP, 2008): In den Jahren 2004 bis 2007 gab es zwei- bis dreimal mehr unbezahlte Praktikastellen als bezahlte. Diese dauerten bis zu sechs Monaten, fanden oft im Ausland statt und berechtigten zu keinerlei Entgelt oder Kostenersatz. Das Ministerium er- klärte unbekümmert, dass es sich dabei um „Volontariate“ handeln würde – als würde der geänderte Name diese Ausbeu-tung von Arbeitskraft rechtfertigen.

GRAS Offensive

Wir StudentInnen sind alle von diesem Trend betroffen – daher geht die GRAS nun in die Offensive. Wir fordern gesetzlich ver-ankerte Rahmenbedingungen für Praktika: Vertraglich fixierte Bezahlung mindestens über der Armutsgrenze, also 800 Euro und darüber, Festlegung der maximalen Dauer bei höchstens fünf Monaten, Einbindung in die Kollektivverträge sowie ar-beitsrechtliche Mindeststandards wie Kranken- und Pensions-versicherung. Mindeststandards müssen eingehalten, Einschul-ungen abgehalten werden und Ansprechpersonen wie auch Feedbackmöglichkeiten vorhanden sein. Ein Teil der Umsetz-ung muss über die ÖH passieren: Einerseits im Rahmen ihrer Beratungstätigkeit durch Vermittlung von Grundkenntnissen im Arbeitsrecht, andererseits durch vehementen Einsatz auf al-len Ebenen zur Einführung der geforderten gesetzlichen Rege-lungen. Mit einer starken GRAS in der ÖH soll dem Thema Ausbeutung im Rahmen von universitärer Bildung, prekären Beschäftigungsverhältnissen und Praktika endlich eine starke mediale Präsenz und institutionalisierte Gegenöffentlichkeit gegeben werden.

Zahl dir deine Arbeit doch selbst!Wann hast du zuletzt 300 Euro verdient – für ein Monat, 50 Stunden pro Woche, unter Zeitdruck und ohne Sozialversicherung? Gerade erst im letzten Sommer? Und in diesem Sommer arbeitest du wieder einen Monat, kriegst dafür aber gar nichts bezahlt? Angesichts der allgemeinen Situation von Prak-tikantInnen ist dies leider nicht überraschend. evap

Facts

JedeR StudentIn absolviert durchschnittlich drei Prak-tika, mindestens eines davon unbezahlt. Häufig ohne Vertrag, arbeiten wir bis zu 40 Wochenstunden, jedeR Siebente macht sogar Überstunden während des Prak-tikums – und der uns eigentlich zustehende Urlaub wird nicht einmal erwähnt. Obwohl Praktika unserer Ausbil-dung dienen sollen, wird oft auf unsere Qualifikationen keine Rücksicht genommen. Ist das Praktikum dann vor-bei, bekommen wir oft nicht einmal Feedback oder ein Arbeitszeugnis. Ganz zu schweigen von einem guten Job: Nur bei 20 Prozent führt dieses prekäre Ausbeutungs- verhältnis auch zu einer Anstellung.

Der GRAS-Forderungskatalog für Praktika

- ein Mindesteinkommen in der Höhe von 800 Euro pro Monat für jedes Praktikum - die Beschränkung von Praktika auf maximal 5 Monate - die Gewährleistung von sozial- und arbeitsrechtlichen Mindeststandards- die Einbindung von PraktikantInnen in den Kollektivvertrag- die Einführung eines PraktikantInnenausbildungsgesetzes, das die Aufgaben, Rechte und Pflichten regelt- die Einrichtung eines Stipendiensystems für Praktika im NGO-Bereich, da sich NGOs in den seltensten Fällen leisten können, PraktikantInnen zu zahlen, diese Arbeit aber extrem wichtig ist- die Einhaltung von Qualitätsstandards: es muss eine Ansprechperson, Einschulungen und regelmäßiges Feedback geben- Praktika sind in erster Linie Ausbildungsverhältnisse, keine Billigarbeit für ausbeut- ende Unternehmen

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Braune Soße in Tuch und Frack

In der Wiener Hofburg tummelte sich am 30. Jänner einmal mehr alles, was in der deutschnationalen Szene Rang und Namen hat. Zum 56. Mal lud der Wiener Korporations-Ring (WKR) in die repräsentativsten Räume Österreichs zum „größten cou-leurstudentischen Gesellschaftsereignis im Deutschsprachigen Raum“.MandatarInnen des Österreichischen Parlaments, Vorsitzende stimmenstarker Parteien und bis vor kurzem auch noch Rekto-ren zahlreicher Universitäten zeigten hier nicht nur Wichs und Schmiss sondern auch offen ihr geringes Unbehagen mit Bur-schenschaften wie der als rechtsextrem eingestuften Olympia, der Cimbria oder der Teutonia.

In der Wiener Hofburg tummelte sich am 30. Jänner einmal mehr

alles, das in der deutschnationalen Szene Rang und Namen hat.

Bereits 2008 fanden Demonstrationen gegen den rechtsextre-men WKR-Ball statt. Ein breites Bündnis organisierte die Demo gegen Deutschtümelei, rund 500 Leute demonstrierten damals gegen die braune Soße in Tuch und Frack. Auch dieses Jahr tat-en sich zahlreiche Organisationen zusammen. Bei der von der GRAS angemeldeten Demo wurden heuer 2000 Demonstrant-Innen vom Arbeitskreis gegen den WKR mobilisiert, die vom Westbahnhof aus durch die Wiener Innenstadt zogen – unter dem Motto „Burschis in die Pfanne haun“ und gegen Revision-ismus und völkische Tradition.

Unirektoren raus aus dem WKR!

Neben der stark besuchten Demo konnte die GRAS dieses Jahr einen weiteren Erfolg gegen die rechtsextreme Szene feiern. Mit der Auflistung zahlreicher Rektoren Österreichischer Unis im „Ehrenkommitee“ des WKR-Balls versuchten dessen Organi-satoren bisher, sich politische Legitimation zu geben. 2008 fanden sich namentlich die Rektoren Peter Skalicky von der TU Wien, Hans Sünkel von der TU Graz, Wolf Dietrich Fircks-Burgstaller von der VetMed Wien, Reinhart Gutzeit vom Mo-zarteum Salzburg sowie Stephan Schmidt-Wulffen von der Bil-denden in besagtem Unterstützungkommitee. Die GRAS ging mit dieser schockierenden Tatsache an die Öffentlichkeit. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch zahlreiche Redaktionen.

Drei der genannten Rektoren meldeten sich umgehend bei der GRAS und distanzierten sich nicht nur vom WKR sondern auch von faschistischem und rechtsextremen Gedankengut. Auch die Rektoren Skalicky und Sünkel der technischen Universitäten Wien und Graz ließen zumindest über ihre Sekretariate wissen, dass sie künftig nicht mehr in der Unterstützungsliste des Balls vertreten sein werden.Dies schien die rechtsextreme Szene und den WKR schwer getroffen zu haben. In einem Hetzmail gegen eine GRAS-Ak-tivistin wurde deren gesamter Lebenslauf sowie ihre Wohna-dresse veröffentlicht. Der „verwöhnten Rotzgöre“ solle „auf die Finger geklopft“ werden. Beunruhigenderweise konnte die-ses Mail über einen Verteiler der Uni Klagenfurt, der sonst von StudentInnen für Partyankündigungen genutzt wird, verbreitet werden. Die Spuren ließen sich bis zur rechtsextremen Internet-seite Thiazi.net rückverfolgen, wo das Mail ebenfalls publiziert wurde.Mit antisemitischer Wortwahl und verschwörerischen Kurzschlüssen wurde in dem Brief nicht nur die GRAS erwähnt, auch ein Mitarbeiter des Dokumentationsarchiv des Öster-reichischen Widerstands (DÖW) wurde angegriffen. Die Sta-atsanwältInnenschaft ermittelt und weitere juristische Schritte werden selbstverständlich gesetzt.

Widerstand gegen Faschismus

Gegen rechtsextreme und antisemitische Auswüchse dieser Art ist Widerstand zu leisten. Das beweisen wir auch bei unseren Aktionen gegen den „Couleurbummel“, bei dem sich jeden Mittwoch Burschenschafter in voller Montur vor der Uni Wien treffen. In Kappe, Scherpe und Sakko treffen sich Burschen-schafter des WKR hier auf der Rampe der Universität – eine Tradition die ihr Ziel an einer kleinen Statue im Innenhof der Uni Wien hat. Diese, „Siegfriedskopf“ genannt, wurde 1923 von der antisemitischen „Deutschen Studentenschaft“ für alle im Ersten Weltkrieg gefallenen Studenten und Lehrer errichtet. Unter anderem auf Betreiben der GRAS finden regelmäßig Ge-genveranstaltungen der ÖH Uni Wien und anderer Organisa-tionen statt.Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. In diesem Sinne wird die GRAS auch weiterhin Widerstand ge-gen Deutschtümelei, völkische Tradition und rechtsextreme Verbindungen leisten.

Olympia, Cimbria, Teutonia und Kameraden drehten sich am WKR-Ball im Takt mit Politikern von FPÖ bis Front National – die GRAS veranstaltete eine Demo mit 2000 Personen und verhinderte eine Unterstützung des Balls durch Öster-reichische Rektoren. aga!

Regenbogen, „unpolitischer“ Service und „für dich erreicht“: So stilisiert sich die Aktionsgemeinschaft. Wer jedoch hinter die Fassaden der ÖVP-AG blickt, wird eines Besseren belehrt.Obwohl von der AG traditionell geleugnet, wird sie von der ÖVP finanziert. Das beweist nicht nur der Rechnungshofbe- richt 02/2000. Die verschiedenen Bünde, seltsame ÖVP-Vereine, die Partei selbst und (wie eine parlamentarische Anfrage jüngst ergeben hat) sogar das Wissenschaftsministerium sorgen dafür, dass die (Re)Aktionsgemeinschaft die reichste StudentInnen-fraktion ist. Eine Interessensvertretung gegen die studierenden-feindliche Politik der ÖVP ist damit undenkbar.Die Nähe zu den klerikal-faschistoiden, ultrakonservativen Kar-tellverbänden und ein Frauenanteil von etwa 10 Prozent des Klubs der AG sind weitere gute Gründe, nicht mit der ÖVP-AG zusammenzuarbeiten.Die AG beweist immer wieder eindrucksvoll, wie schnell sie ihre Meinung an die der ÖVP anpassen kann – zuletzt als es um E-Vot-ing ging. Ihr Spitzenkandidat und unsichtbarer ÖH-Vorsitzender der letzten zwei Semester, Samir Al-Mobayyed, glänzt in erster Linie durch Unwissenheit und fehlende bildungspolitische Kom-petenz. Die ÖVP-AG findet auch, dass Bildungspolitik losgelöst von gesellschaftspolitischen Themen gesehen werden kann – der rechtsextreme RFS sitzt natürlich während den Sitzungen der ÖH-Bundesvertretung immer an der Seite der AG-CV-Brüder. Die GRAS nimmt ihre Verantwortung für die Bildungs- und Ge-sellschaftspolitik ernst und wird die Studierenden nie an die ÖVP-AG verraten.

(Re)AktionsgemeinschaftDie GRAS schließt eine Koalition mit der ÖVP-AG weiterhin aus mons

Burschenschafter vor der Uni Wien beim wöchtenlichen Mittwochsbummel

Page 12: GRASwurzel Ausgabe Mai 2009

GRASwurzel Mai 0912

Ich mach mir die Welt wie sie mir gefällt...

Vom 26.-28. Mai 2009 hast du die Wahl über die politische Ausrichtung deiner HochschülerInnenschaft! Wer dich gegenüber der Regierung vertritt, wer sich für dich in politischen, sozialen und rechtlichen Belangen einsetzt, liegt in deiner Hand. GRAS wählen: Mehr Frauen in höheren Positionen der Unis ++ Rollenbilder aufbrechen ++ Zugangsbeschränkungen abschaffen ++ Ausreichend Budget für Österreichs Unis + 800 Euro Mindestlohn und Mindeststandards für Praktika

Probier mal GRASDie Grünen & Alternativen StudentInnen kandidieren an 1� Universitäten in Österreich:• Universität Wien • Universität Klagenfurt • Veterinärmedizinische Universität Wien • Universität für Bodenkultur (bagru*GRAS*boku)

• Universität Innsbruck (PUFL-GRAS) • Universität Linz • Universität Graz • Universität Salzburg • Technische Universität Graz (BLATT)

• Musikuniversität Wien (Kunstrasen) • Wirtschaftsuniversität Wien • Technische Universität Wien• Medizinische Universität Graz •