Upload
others
View
0
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
A
Lehrstuhl für Allgemeine Lebensmitteltechnologie
Prof. Dr. K.-H. Engel
2
LebensmittelchemischesSeminar
W. Weiss
Wintersemester 2010/11
• Lebensmittelchemische Analytik: Notwendigkeit, Praxis-
anforderungen, Methoden
• Versuchsvor- und Nachbereitung, Probenvorbereitung,
Durchschnittsprobe, statistische Auswertung, Fehler
• Mineralstoffbestimmung (Veraschung)
• Wassergehalts- bzw. Trockenmasse-Bestimmung
• Protein- und Aminosäureanalytik
• Kohlenhydratanalytik
• Fettanalytik (Fettgehalt; Kennzahlen; Fettsäurespektrum)
• Enzymatische Analysen
• Optische Methoden (UV/Vis-Photometrie)
• Schnellmethoden (Teststäbchen, Reflektometrie)
• Chromatographische Trenntechniken (DC, GC, HPLC)
• Anwendungsbeispiele
Lebensmittelchemische Analysen Liefern objektive Kriterien zur Beurteilung eines Lebens- mittels, z.B. Genuss- bzw. Nährwert, oder Anwesenheit un- erwünschter bzw. gesundheitsschädlicher Inhaltsstoffe
Einsatz lebensmittelchemischer Analysen in der1) amtlichen LM-Überwachung: Schutz der Gesundheit des Verbrauchers sowie Schutz vor Irreführung und Täuschung
2) LM-Produktion: Qualitätskontrolle, Rohstoff- und End- kontrolle, Prozessüberwachung, Anlagenreinigung etc.
3) LM-Forschung und -Entwicklung: Entwicklung neuartiger Produkte oder Herstellungsverfahren
Rechtliche Aspekte:• Hersteller sind verpflichtet, ausschließlich sichere Lebens- mittel in den Verkehr zu bringen
• Verbraucherschutz und LM-Sicherheit liegen an erster Stelle in der Verantwortung des Herstellers (Produkthaftung!) -> umfassende Qualitätskontrollen (Eigenkontrollen) nötig
• Hersteller trägt die Beweislast, dass nicht er einen Fehler seines Produktes verursacht hat
Lebensmittelchemische Analytik:• Hauptbestandteile eines Lebensmittels: Proteine, Fette, Koh- lenhydrate/Zucker, Mineralstoffe, Wasser; ggf. Alkohol
• Spezielle Inhaltsstoffe, z.B. Vitamine, Spurenelemente, Cof- fein, Zusatzstoffe (Konservierungs-, Süß-, Farbstoffe, Anti- oxidantien), toxische Inhaltsstoffe, Schwermetalle, Allergene
• ausserdem: Verfälschungen; Frische- bzw. Verderbszustand; Lagerstabilität; Erhitzungsverfahren (z.B. bei Milch)
Begriffsbestimmung:
„Nachweis“ = „vorhanden / nicht vorhanden“ (qualitativ)„Bestimmung“ = „wie viel“ (quantitativ)
3
Methoden
1) „Klassische“, meist nasschemische Verfahren• meist gravimetrisch/titrimetrisch (Wägung: sehr präzise!)• oft: amtliche Methode bzw. Schieds- oder Referenzmethode• für „Notfälle“ (z.B. bei Ausfall eines Analysenautomaten)• niedrige Anschaffungs- und Gerätekosten• werden oft zur Kalibrierung von Schnellmethoden eingesetzt
Nachteile / Einschränkungen:
• meist nur Summenparameter (Fett, Protein etc.) bestimmbar• arbeits- und zeitaufwändig• teilweise hoher Chemikalienverbrauch ->Abfallproblematik
2.) Schnellbestimmungsmethoden• z.B. Dichte- oder Volumenmessung, Refraktometrie, Test- stäbchen (Dip-Stick), Reflektometrie, DC (halbquantitativ)• meist zur Prozesskontrolle während der LM-Produktion• schnell, preiswert -> für Routineanalytik• ideal für den Nachweis einer Grenzwertüber- oder Unter- schreitung oder zur „Vorselektion“ von Analysenproben
Nachteile
• weniger präzise als Referenzmethoden
3) Instrumentelle, teil- bzw. vollautomatisierte Verfahren• HPLC, GC, FT-IR, NMR, enzymatische Analysen, ELISA• z.T. simultane Bestimmung mehrerer Parameter: Fett, Zucker, Protein (z.B. Milkoscan; Winescan)• meist sehr schnell; z.T. auch sehr präzise
• Nachteile
• hohe Anschaffungs- (Geräte-) Kosten• häufige Kalibrierung erforderlich• z.T. komplizierte Auswertung (-> PC)
Beispiel:Dichtebe-stimmung
4
Beispiel: Dichtebestimmungsverfahren
Aräometer(Schnellmethode)
Biegeschwinger(instrumentelle Analytik,
automatisiert)
Pyknometer(Referenzmethode)
5
Vor- und Nachbereitung quantitativer Messungen
• Auswahl der geeigneten Analysenmethode• Probenahme und Probenvorbereitung bzw. -aufbereitung• eigentliche Bestimmung des Analyten• Auswertung
Auswahl der Methode: je nach Anforderungsprofil• Routineanalytik (Zeitbedarf!) -> schnell, aber meist weniger exakt• hohe Präzision erforderlich -> Referenzmethoden; auch zur Kalibrierung• hoher Probendurchsatz -> parallele anstelle serieller Analysen• Sensitivität (Nachweisgrenze) und Spezifität• Analysenkosten (pro Analyse; Anschaffungskosten; Verbrauchsmaterial)• Automatisierbarkeit• ist speziell geschultes Personal erforderlich?• werden spezielle Laboreinrichtungen benötigt? (Abzug, Isotopenlabor)• Sicherheitsaspekte (-> toxische Chemikalien, Abfallentsorgung)
Probenvorbereitung bzw. Probenaufbreitung• repräsentative Probe; Durchschnittsprobe -> zerkleinern, homogenisieren• Beispiele: Käse, Wurst, Milch• nach dem Homogenisieren: luftdicht verpacken (dicht schließendes Schraubdeckelgefäß); vor jeder Probeentnahme durchmischen!• evtl. Abtrennung störender Inhaltsstoffe (z.B. durch Carrez-Klärung)• evtl. Anreicherung bestimmter Inhaltsstoffe (v.a. Spurenbestandteile)
Auswertung-> Mehrfachbestimmung, Durchschnittswert, Standardabweichung, Präzision und Richtigkeit, „wahrer“ Wert, Fehlererkennung
6
Repräsentative Probe / Durchschnittsprobe
Käselaib: Segment(„Kuchenstück“)homogenisieren
Milch
Milch: rahmt auf-> vorsichtig mischen
(Lufteintrag vermeiden,sonst Dichteänderung!)
Wurst; pflanzliche LM:nichtessbare Anteile
(Pelle, Schale) entfernen!
7
Bestimmung von Mineralstoffen („Asche“)
Hauptsächlich zwei Verfahren angewandt:• Trockene Veraschung• nasse (feuchte) Mineralisierung
1) Trockene VeraschungAsche = der bei der vollständigen Verbrennung der organischen Substanzverbleibende Rückstand = überwiegend Mineralstoffe (evtl. auch Sand)
Arbeitsweise• Probe in Porzellan- oder Platintiegel einwiegen
• Verkohlen mit IR-Strahler oder Bunsenbrenner
• dann Verbrennen der organischen Substanz im Muffelofen bei ca. 520-550°C; Zeitbedarf: 2-4 h
• Temperatur: nicht > 550°C, da Alkalihalogenide flüchtig sind! (-> Salz-Verluste!)
• Nach vollständiger Veraschung: Tiegel im Ex- sikkator abkühlen lassen und zurückwiegen
• Meist: Zusatz von Reaktionsbeschleunigern („Veraschungshilfen“) z.B. H2O2, Mg-Acetat
• Magnesiumacetat:
a) Peroxidbildung -> Sauerstoffüberträger
b) thermische Zersetzung -> Aufblähen ->
Oberflächenvergrößerung, besserer Luftzutritt
-> schnellere Verbrennung der organischen Substanz
Nachteil: Mg-Acetat verbrennt nicht rückstandsfrei
-> „Blindversuch“ nötig (Differenzbestimmung)
Hauptnachteil / -problem der Veraschung:Nicht geeignet für leicht flüchtige Metalle, ins-besondere nicht für toxische Spurenelemente(As-, Hg-, Cd-, Pb-Verbindungen), da zu hoheVerluste auftreten - > in diesem Fall: feuchteMineralisierung Methode der Wahl
8
2) Nasse (feuchte) Mineralisierung („nasse Veraschung“)
Bei der nassen (feuchten) Mineralisierung wird die Analysensubstanz mitflüchtigen Oxidationsmitteln in der Hitze behandelt, bis die gesamteorganische Substanz zersetzt ist. Meist in einem Druckaufschlussgefäßoder unter Rückflusskühlung -> Verluste werden weitgehend vermieden
Oxidationsmittel:• konz. Schwefelsäure + Salpetersäure• Perchlorsäure (60%)• 65%-ige Salpetersäure (HNO3)• seltener: 50% Wasserstoffperoxid (H2O2)
Hauptanwendungsgebiet:• Probenvorbereitung zur Bestimmung (toxischer) Spurenelemente• Eigentliche quantitative Bestimmung: mittels Atomabsorptionsspektroskopie (AAS)
Rückfluss-apparatur
Zerstäuber
Linienstrahler(Hohlkathoden-
lampe)
Mono-chromator
Detek-tor
Flamme mitsalzhaltiger
Probe
Prinzip der AAS
Druckaufschluss-gefäss
Kontinuierliches, sowie Emissions-und Absorptionsspektrum
Flammeohne Probe
9
Bestimmung des Feuchtigkeitsgehaltes (Wasser- bzw. Trockenmassebestimmung)
• chemische Methoden (-> Wassergehalt direkt bestimmbar)• physikalische Methoden (indirekt -> nur Trocknungsverlust)
Chemische Methoden
1) “Carbid-Methode“ (selten angewandt)
CaC2 + 2 H2O -> Ca(OH) 2 + C2H2
Messung des Volumens oder Drucks
Vorteile:
• sehr schnelle und einfache Messung -> „Feldmethode“, z.B. bei pflanzl. Produkten• Anhand der Einwaagemenge des Messgutes und dem angezeigten Druck kann der jeweilige Feuchtegehalt direkt auf dem Manometer ab- gelesen werdenNachteil: Bestimmung ist nicht allzu genau
2) Karl-Fischer-Titration (in der Praxis von größter Bedeutung)
SO2 + I2 + 2 H2O H2SO4 + 2HI (Prinzip)
Vorteile
• sehr spezifisch und empfindlich• automatisierbar• ideal für geringe Wassermengen; Referenzmethode bei LM mit H2O- Gehalt < 10% (z.B. Mehl)• Kristallwasser wird mit erfasst (z.B. bei Glucose-Monohydrat)
Nachteile
• relativ langsam (Titration)• hohe Chemikalienkosten, insbesondere bei LM mit hohem Wassergehalt Karl-Fischer-Apparatur
10
Physikalische Wasserbestimmungmethoden (Bestimmung des Trocknungsverlustes)
1) Trocknen im Trockenschrank („Seesandmethode“)Prinzip: Es wird die Differenz zwischen dem Probengewicht (Masse)vor und nach dem Trocknen unter Normaldruck und erhöhter Tem-peratur (meist 103°C) ermittelt
Durchführung:
• Probe homogenisieren und gut zerkleinern
• flache Metallschale (Alu) mit Seesand (zwecks Oberflächenvergrößerung) sowie Glasstab mit abgeplattetem Ende bei 103°C vortrocknen und auf ± 1 mg genau wiegen
• Probe einwiegen und bei 103°C (kontrollieren!) 2-3 h lang bis zur Massekonstanz trocknen (-> Masse darf nicht mehr abnehmen)
• eventuelle Massenzunahme (aufgrund von Fettoxidation) nicht berücksichtigen
• Schale im Exsikkator mit aktivem Kieselgel („Blaugel“) lagern
Fehlermöglichkeiten• Temperatur zu niedrig oder Zeit zu kurz gewählt (-> Wasser nicht vollständig verdampft)
• Bildung von Wasser durch chemische Reaktionen (z.B. Maillard-Rkt.) -> Vakuumtrockenschrank bei 70°C verwenden
• Falls Gewichtszunahme während des Wägevorgangs: Hygroskopische Proben absorbieren Feuchtigkeit aus der Luft
-> Alu-Schale sofort nach der Entnahme aus dem Exsikkator wiegen
-> notfalls Massezunahme gegen die Zeit auftragen und graphisch oder rechnerisch auf den Zeitpunkt t = 0 extrapolieren
Massezunahme bei hygroskopischen Proben
Glasstäbchen, an einem Endeabgeplattet
Flache Alu-Schale mit Seesand,vorgetrocknet und genau gewogen
t [min]
[g]
0 2 5
100
101
XX
XX
11
Vorteile• relativ preiswert (Trockenschrank, Waage, Alu-Schalen, Seesand)• „parallele“ Methode (simultane Analyse mehrerer Dutzend Proben)• geringer Arbeitsaufwand• gute Reproduzierbarkeit der Werte• vielfach Referenzmethode (amtliche Methode)
Nachteile• Hoher Zeitaufwand (3-4 h)• Andere flüchtige Stoffe (Alkohole, ätherische Öle) werden mit erfasst• Eigentlich wird nicht der Wassergehalt, sondern der Trocknungs- verlust bestimmt -> ggf. Kalibrierung mit einer chemischen Wasser- bestimmungsmethode (z.B. nach Karl-Fischer) empfehlenswert• Bei thermolabilen Stoffen (z.B. Honig) zu hohe Werte aufgrund von Zersetzungen bzw. chemischen Reaktionen (z.B. Maillard-Reaktion) -> Variante: Vakuumtrockenschrank bei 70°C
2) Infrarot-Trocknung
Vorteile• schneller als Trockenschrankmethode (10-30 min)• in Kombination mit integrierter Waage automatisierbar; On-line Messung
Nachteile• nur in dünner Schicht (
Prinzip:Das im Lebensmittel enthaltene Wasserwird mit einer hydrophoben Flüssigkeit(„Schlepper“), meist Toluol oder Xylol,aus der Analysenprobe abdestilliert.Nach Kondensation in einem graduiertenRöhrchen kann das Volumen des abge-schiedenen Wassers abgelesen werden.
Vorteil• Einsatz großer Probemengen möglich -> ideal für inhomogene LM (z.B. Sauer- kraut) oder fettreiche, hochviskose Proben (z.B. Cremes)
Nachteil• relativ ungenau (Volumen-Ablesung)
4) Azeotrope Destillation
5) Spezielle Wasserbestimmungsmethoden
5.1 Kryoskopie (Gefrierpunktsbestimmung)
Prinzip: Durch Zusatz von Wasser wird der Gefrier-punkt einer Lösung (z.B. Milch) angehoben -> Nachweis / Bestimmung einer Verwässerung
Vorteile• prinzipiell sehr genau; beste Methode bei Milch• automatisierbar (dann auch sehr schnell)
Nachteil• sehr exakte Temperaturmessung nötig (bei Milch: < 0.01°C um 2% Wasserzusatz festzustellen)Beispiel:
• Gefrierpunkt von unverfälschter Milch: - 0,55°C• Gefrierpunkt verwässerter Milch: - 0.50°C-> ca. 10% Wasserzusatz
Heizplatte
Probe mit„Schlepper“
Rückfluss-kühler
Sk
ala
Milch-Kryoskop 30 Proben/Stunde 13
5.2 Weitere Methoden zum Nachweis eines Wasserzusatzes
• Dichtemessung (Pyknometer, Aräometer)
• Refraktometrie (z.B. „Serumrefraktion“ bei Milch)
Wasserbestimmung - warum?• Nachweis von Verfälschungen/Verwässerungen (Milch!)
• Haltbarkeit eines LMs hängt vom Wassergehalt (exakter: von seiner Wasseraktivität) ab (-> Mikroorganismen; Enzymaktivität!)
• Zur Brennwertberechnung: Kohlenhydratbestimmungen sind meist schwierig -> daher oft: % KH = 100 - (Wasser + Fett + Protein + Asche), sofern keine größeren Mengen anderer Bestandteile im LM vorhan- den sind (z.B. Ballaststoffe)
• Prinzip: Dichte bzw. Brechungsindex einer Lösung verändern sich bei Wasserzusatz. Änderung ist (innerhalb gewisser Grenzen) pro- portional zur zugesetzten Wassermenge
• Vorteil: sehr schnelle Messung
• Nachteil: exakte Temperierung erforderlich, da Volumen temperatur- abhängig
14
Protein- und Aminosäureanalytik
• Proteine sind aus Aminosäuren aufgebaut; daher schwankt ihr Stickstoffgehalt nur innerhalb enger Grenzen (ca. 15-18%)• Aus diesem Grund wird der Proteingehalt eines Lebensmittels meist über dessen Stickstoffgehalt bestimmt• In der Praxis werden hauptsächlich zwei Methoden eingesetzt: Verfahren nach Kjeldahl sowie nach Dumas
• Probe wird mit konz. Schwefelsäure in Gegenwart eines Katalysators (meist Kupfersulfat) oxidativ aufgeschlossen. Zusätzlich Zugabe von K2SO4 zur Erhöhung des Siedepunktes (ca. 370°C !) -> Proteinstickstoff wird in Ammoniumsulfat übergeführt:
Proteinstickstoff (NH4)2SO4konz. H2SO4
Katalysator
• Nach beendetem Aufschluss: Kolben abkühlen lassen (!). Nach Zu- gabe von dest. Wasser und NaOH im Überschuss (alkalische Reaktion überprüfen!) wird aus dem Ammoniumsulfat [(NH4)2SO4] Ammoniak (NH3) freigesetzt (die starke Base NaOH verdrängt die schwache Base NH3 aus ihrem Salz) und durch Wasserdampfdestillation in eine säure- haltige Vorlage (meist Borsäure) übergetrieben
(NH4)2SO4 + 2 NaOH 2 H2O + 2 NH3 + Na2SO4
Methode nach Kjeldahl (1883)
Ve
rein
fac
hte
Da
rste
llu
ng
!
15
konz. H2SO4 + Kat.
+ NaOHH3BO44
HCl
• NH3 wird durch die Borsäure (schwache Säure) in der Vorlage gebunden:
H3BO3 + NH3 (NH4)H2BO3(vereinfachte Darstellung)
• Die Menge des gebundenen Ammoniaks (NH3) wird durch Titration mit 0.1 M Salzsäure (HCl) („Verdrängungstitration“) bestimmt
(NH4)H2BO3 + HCl NH4Cl + H3BO3
• Aus dem HCl-Verbrauch lässt sich der Stickstoffgehalt der Probe, und aus diesem der Rohproteingehalt unter Zuhilfenahme eines protein- spezifischen Faktors („Kjeldahlfaktor“) berechnen (Beispiele s.u.)
Lebensmittel protein-spezifischer Faktor
Milch 6,38Fleisch, Fisch, Ei 6,25Gelatine 5,55Nüsse 5,40
Kjeldahl-
KolbenWasserdampf-Destillation
(vereinfachte Darstellung)
16
NaOH-Überschuss
H3BO3
Kühler
Beispiel:N-Gehalt (Ei) = 2,0%Proteingehalt = 12,5%
Apparative Ausstattung
Originalapparatur - Kjeldahl (1883)„Traditionelle“ Apparatur für
Mehrfach-Bestimmungen
Vollautomatische Apparaturfür Vielfach-Bestimmungen
17
Hauptvorteile des Kjeldahl-Verfahrens• zuverlässige und robuste Methode; offizielles Referenzverfahren
• preisgüstig bei Verwendung der „traditionellen“ Apparatur; kann ohne hohe Investitionskosten in kleineren Labors etabliert werden
• sowohl für Serien- als auch Einzelbestimmungen geeignet• „parallele Methode“ -> simultane Analyse von bis zu 24 Proben
• Mikro-, Halbmikro- und Makroverfahren
Nachteile des Kjeldahl-Verfahrens• relativ hoher Chemikalienverbrauch (zusätzlich: Abfallentsorgung! Kosten!)
• umweltschädliche bzw. aggressive Chemikalien
• beim Aufschluss werden saure/korrosive Dämpfe freigesetzt! Gesundheitsgefahr! -> spezielle La- borausstattung (Abzug, Absaugung) erforderlich
• relativ lange Aufschlusszeit (ca. 120 min) -> Zeit- bedarf ca. 2-3 h (aber: simultaner Aufschlussund simultane Destillation von bis zu 24 Proben!)
• hoher Arbeits- und Zeitaufwand bei nicht-auto- matisierten Verfahren
So nicht!
Melamin(Cyanursäuretriamid)
Fehlermöglichkeiten• unvollständiger Aufschluss (zu niedrige Temperatur; Schwefelsäure nicht konzentriert genug; ungeeignete Katalysatoren)
• N-Verluste beim Aufschluss durch Eindampfen bis zur Trockene (zu geringe Schwefelsäuremenge; Temperatur zu hoch gewählt)
• Ammoniakverluste bei der Destillation (Destillationsapparatur un- dicht; Destillationszeit zu kurz; Ende des Kühlerröhrchens taucht nicht in die borsäurehaltige Vorlage ein)
• pH-Wert der zu destillierenden Flüssigkeit nicht alkalisch genug -> pH-Wert mit Indikatorpapier überprüfen und ggf. mehr NaOH zugeben
• methodischer Fehler bei Anwesenheit größerer Mengen anderer stickstoffhaltiger Verbindungen (z.B. Nucleinsäuren); kommt in der Praxis jedoch selten vor
• Vortäuschung eines höheren Proteingehaltes in Lebensmitteln durch einen (verbotenen!) Zusatz stickstoffhaltiger Verbindungen, wie z.B. Melamin in Milchpulver (China 2006/08)
18
Stickstoffbestimmung nach Dumas (1831)
Prinzip• Vollständige Oxidation des organischen Materials in der Probe durch Verbrennung in einer Sauerstoff-Atmosphäre bei Tempe- raturen von 900°C - 1000°C
• Die Verbrennungsgase (CO2, H2O, NOx und N2 werden über heisses Kupfer geleitet um Sauerstoff zu entfernen und vor- handene Stickoxide (NOx) in Stickstoff (N2) umzuwandeln
• Das resultierende Gasgemisch wird durch eine CO2- / H2O-Falle geleitet
• Verbliebenes N2 wird volumetrisch (traditionelle Methode) oder -bei vollautomatisierten- Apparaturen mittels eines Wärmeleit- fähigkeitsdetektors (WLD) bestimmt und daraus der Proteinge- halt berechnet
Vorteile im Vergleich zum Kjeldahl-Verfahren
• Kurze Analysenzeit (3-5 min pro Probe)• Keine aggressiven Chemikalien erforderlich• Hoher Automatisierungsgrad• Ideal für Serienanalysen
Nachteile• Hohe Investitionskosten; ausserdem: hochreine Gase erforderlich
• neben Amino- (Protein-) Stickstoff werden auch andere Stickstoff- verbindungen (z.B. Nitroverbindungen (R-NO2) erfasst• für Einzelanalysen: Kjeldahl-Verfahren günstiger
19
O2 CO2
CuO + CuO Cu-NetzSubstanz ca. 900°C
50% KOH
N2
Apparativer Aufbau
2 Cu + 2 NO 2 CuO + N2
OO
N2
Automatisierte Stickstoffbestimmung nach Dumas
20
Detektor
Probe
Helium
O2 -Zufuhr
Ofen
CuO
Kupfer
Wasser-Konden-
sator
CO2-Entfernung
GC-Säule
WLD WLD
Spezielle Protein- und Aminosäure-bestimmungsmethoden
Beispiele:• kolorimetrisch-photometrische Proteinbestimmungsmethoden (z.B. nach Lowry oder Bradford)
• Formoltitration
• Hydroxyprolinbestimmung (Bindegewebe)
Prinzip: In Gegenwart von Proteinen undsaurem pH-Wert -> Verschiebung desAbsorptionsmaximums von CBB 250 Gvon 465 nm zu 595 nm (rot-violett)-> photometrische Bestimmung
Coomassie Brilliant Blue 250 G
Einsatzgebiet: Vor allen in der klinischen Chemie und Biochemie; sel-tener in der LM-Analytik (z.B. Proteingehaltsbestimmung bei Milch)
Farbstoffbindungsmethode nach Bradford
Formol-Titration
• Zur summarischen Erfassung von freien Aminosäuren, z.B. in Fruchtsaft
• Die Formolzahl bezeichnet die Menge an 0.1 M NaOH-Lösung in ml, die zur Neutralisation der H+-Ionen verbraucht wird, die bei der Reaktion von 100 ml Untersuchungsflüssigkeit mit einer wässrigen Formaldehyd- Lösung freigesetzt werden
R-CH-COO- + 2 HCHO R-CH-COO - + H+
I I NH3
+ N-(CH2OH)2
Aminosäure FormaldehydTitration mit0.1 M NaOH 21
Kalibrierkurve
Hydroxyprolin-(Bindegewebs-)Bestimmung
• Die Aminosäure 4-Hydroxyprolin kommt nur in Bindegewebe vor,und zwar in einem konstanten Anteil von ca. 12.5%• Sie kann somit zur Bestimmung des Bindegewebsanteils (Sehnen, Knorpel, Haut) in Fleischwaren dienen
Prinzip• Hydroxyprolin (I) wird nach saurer Hydrolyse aus dem Bindegewebs- eiweiß freigesetzt und mit Chloramin T zu einen Pyrrol (II) oxidiert
• Dieses Oxidationsprodukt bildet mit zugesetztem p-Dimethylamino- benzaldehyd (III) ein rotgefärbtes Kondensationsprodukt (IV), dessen Konzentration bei 558 nm photometrisch bestimmt werden kann
(I) (II) (III) (IV)
+
+
Saure Protein-Hydrolyse
Farbreaktion
Fotometrische MessungHyp-Konzentration aus der
Kalibrierkurve ablesen
22
Ox.
6N HCl
Kohlenhydrat- / Zuckeranalytik
• Gesamt-Kohlenhydratbestimmung: z.B. zur Brennwertberechnung eines Lebensmittels
• Oder: Bestimmung einzelner Zucker (Glucose, Fructose etc.) zur Beurteilung der Eignung eines Lebensmittels für Diabetiker
• Oft sehr komplexe Zucker- /Kohlenhydratzusammensetzung vieler LM (z.B. Glucose, Fructose, Saccharose, Lactose, Stärke, Inulin) -> Analytik gestaltet sich demzufolge schwierig
• Meist einfacher: % KH = 100 - (Protein + Fett + Wasser + Asche) sofern im LM keine nennenswerten Mengen anderer Inhaltsstoffe (z.B. Ballaststoffe) enthalten sind
• Zuverlässigste Bestimmungsmethoden: Enzymatik und HPLC
Quantitative Bestimmung durch chemische Summenmethoden(z. B. Methode nach Luff-Schoorl)
• Basieren auf dem Reduktionsvermögen verschiedener Zucker gegen- über Cu2+ - Ionen: Die reduzierenden Zucker reagieren mit den Cu2+- Ionen und werden dabei oxidiert, während Cu2+ zu Cu+ reduziert wird:
2 Cu2+ Cu2O
• Anschliessend: Bestimmung des Überschusses an Cu2+ -Ionen durch Zugabe von Kalium-Iodid -> Bildung von schwerlöslichem Kupfer(I)iodid, bei gleichzeitiger Oxidation von Iodid zu Iod, dessen Menge durchTitration mit Natriumthiosulfat-Maßlösung ermittelt wird:
2 Cu2+ + 4 I- 2 CuI + I2
Einschränkungen• exakte Einhaltung der Reaktionsbedingungen, da die Reaktion nicht stöchiometrisch verläuft!
• Störend wirken: Reduktone, Ascorbinsäure etc.
• Saccharose: wirkt nicht reduzierend (s. Abb.) -> erst nach saurer Hydrolyse bestimmbar
• 1 g Lactose oder Maltose ! 0.5 g Glucose -> wichtig für Analytik: Kenntnis der genauen Zuckerzusammensetzung des LMs -> dünnschichtchromatographische Analyse
Titration mit Na2S2O3
Reduktionsvermögeneinzelner Zucker
Glc Frc Sacch
(Prinzip)
23
Dünnschichtchromatographischer Nachweis einzelner Zucker
• Ermittlung der Zuckerzusammensetzung eines Lebensmittels
• schnelle, einfach durchführbare, preiswerte und zuverlässige Methode
• Fleckengröße und -intensität ermöglichen eine halbquantitative Abschätzung der Menge der einzelnen Zucker
• oft auch zur „Vorselektion“ von Proben für weitere Analysen eingesetzt
Enzymatische Bestimmung einzelner Zucker
• UV-photometrische Tests zur Bestimmung von Monosacchariden (z.B. Glucose, Fructose), Disacchariden (Saccharose, Lactose, Maltose) und Polysacchariden (Stärke, Inulin)
• Vorteile: hochspezifische Bestimmung einzelner Zuckerarten in Gemischen
24
A AV1 V2