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© Rudolf Weyand 1 Leitfaden Prüfung und Wertung der Angebote nach der VOB/A 2009 © Rudolf Weyand Stand: 04.12.2010

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LeitfadenPrüfung und Wertung der Angebote

nach der VOB/A 2009

© Rudolf Weyand

Stand: 04.12.2010

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Prüfung und Wertung der AngeboteWertungsstufen

Die Prüfung und Wertung der Angebote vollzieht sich nach § 16 VOB/A 2009 in vier Wertungsphasen bzw. Wertungsstufen:

in der 1. Phase sind die zwingend auszuschließenden bzw. ausschließbaren Angebote zu ermitteln, ohne dass eine inhaltliche Wertung dieser Angebote vorzunehmen ist (§ 16 Abs. 1 VOB/A)

in der 2. Phase ist die Eignung der verbliebenen Bieter im Hinblick auf die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung zu prüfen (§ 16 Abs. 2 VOB/A)

die 3. Phase betrifft die rechnerische, technische und wirtschaftliche Prüfung der verbliebenen Angebote (§ 16 Abs. 3 – 5 VOB/A)

in der 4. Phase erfolgt die Prüfung, ob ein unangemessen hohes oder niedriges Angebot vorliegt und es wird dann die Auswahl des unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichsten Angebotes getroffen (§ 16 Abs. 6 – 9 VOB/A)

im Interesse von Objektivität und Überprüfbarkeit sind diese Schritte nach der Rechtsprechung mit größter Sorgfalt und streng getrennt von einander vorzunehmen

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die Formalprüfung kann man – im Sinne eines rationellen und wirtschaftlichen Vorgehens - wiederum in zehn Phasentrennen:

• Angebote, die verspätet eingegangen sind, es sei denn, dass der verspätete Eingang durch Umstände verursacht worden ist, die nicht vom Bieter zu vertreten sind (§ 14 Abs. 6)

1. Formalprüfung dahingehend, welche Angebote im Wege der Beachtung der Niederschrift über den Eröffnungstermin nach § 16 Abs. 1 lit. a) zwingend ausgeschlossen werden müssen:

Prüfung und Wertung der Angebote1. Stufe: Formalprüfung

2. Formalprüfung dahingehend, welche Angebote nach § 16 Abs. 1 lit. b) VOB/A zwingend ausgeschlossen werden müssen:

• Angebote, die nicht unterschrieben sind (§ 13 Abs. 1 Nr. 1)• nicht vertrauliche Angebote (§ 13 Abs. 1 Nr. 2)• Angebote, bei denen Änderungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind (§ 13 Abs. 1 Nr. 5

Satz 1)• Angebote, in denen Änderungen des Bieters an seinen Eintragungen nicht zweifelsfrei sind (§ 13 Abs. 1 Nr. 5

Satz 2)

• Angebote mit mehr als einem fehlenden Preis (§ 13 Abs. 1 Nr. 5)

3. Formalprüfung dahingehend, welche Angebote nach § 16 Abs. 1 lit. c) VOB/A zwingend ausgeschlossen werden müssen:

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die Formalprüfung kann man – im Sinne eines rationellen und wirtschaftlichen Vorgehens - wiederum in zehn Phasentrennen:

• Angebote mit einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung

Prüfung und Wertung der Angebote1. Stufe: Formalprüfung

5. Formalprüfung dahingehend, welche Angebote nach § 16 Abs. 1 lit. e) VOB/A zwingend ausgeschlossen werden müssen:

• nicht zugelassene Nebenangebote

• Nebenangebote, die nicht auf besonderer Anlage gemacht und als solche deutlich gekennzeichnet sind (§13 Abs. 3 Satz 2)

6. Formalprüfung dahingehend, welche Angebote nach § 16 Abs. 1 lit. f) VOB/A zwingend ausgeschlossen werden müssen:

4. Formalprüfung dahingehend, welche Angebote nach § 16 Abs. 1 lit. d) VOB/A zwingend ausgeschlossen werden müssen:

7. Formalprüfung dahingehend, welche Angebote nach § 16 Abs. 1 lit. g) VOB/A zwingend ausgeschlossen werden müssen:

• Angebote von Bietern mit vorsätzlich unzutreffenden Erklärungen über ihre Eignung

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Prüfung und Wertung der Angebote1. Stufe: Formalprüfung

8. Formalprüfung dahingehend, welche Angebote nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ausgeschlossen werden können; bei diesen Angeboten liegt es im pflichtgemäßen Ermessen des Auftraggebers, ob er die betreffenden Angebote ausschließt oder nicht

• der praktisch wichtigste Fall ist die Einleitung eines Insolvenzverfahrens; hier muss der Auftraggeber an Hand aller Umstände ermitteln, ob die Einleitung des Insolvenzverfahrens einen Ausschluss rechtfertigt und dann das Angebot entweder ausschließen oder in die nächste Stufe der Prüfung und Wertung mitnehmen

• es handelt sich insoweit immer um eine Einzelfallentscheidung; eine generalisierende Betrachtung – z.B. grundsätzlich immer Ausschluss der Angebote – ist nicht zulässig

die Formalprüfung kann man – im Sinne eines rationellen und wirtschaftlichen Vorgehens - wiederum in zehn Phasentrennen:

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Prüfung und Wertung der Angebote1. Stufe: Formalprüfung

9. Formelle Prüfung eines Angebots, bei dem lediglich in einer einzelnen unwesentlichen Position die Angabe des Preises fehlt (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. c)

• in einem solchen Fall ist im Preisspiegel in diese Position der höchste Wettbewerbspreis aller Angebote einzutragen

die Formalprüfung kann man – im Sinne eines rationellen und wirtschaftlichen Vorgehens - wiederum in zehn Phasentrennen:

• ändert sich dann die Wertungsreihenfolge, ist das Angebot zwingend auszuschließen• ändert sich dann die Wertungsreihenfolge nicht, bleibt das Angebot in der weiteren Prüfung und Wertung

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Prüfung und Wertung der Angebote1. Stufe: Formalprüfung

10. Formelle Prüfung eines Angebots, bei dem geforderte Erklärungen oder Nachweise fehlen (§ 16 Abs. 1 Nr. 3)

• in einem solchen Fall ist zunächst zu prüfen, ob ein zwingender oder fakultativer Ausschluss gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 erfolgt

die Formalprüfung kann man – im Sinne eines rationellen und wirtschaftlichen Vorgehens - wiederum in zehn Phasentrennen:

• ist dies nicht der Fall

verlangt der Auftraggeber die fehlenden Erklärungen oder Nachweise nach (zwingende Regelung)

sind die fehlenden Erklärungen oder Nachweise spätestens innerhalb von 6 Kalendertagen nach Aufforderung durch den Auftraggeber vorzulegen (zwingende Regelung).

die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Aufforderung durch den Auftraggeber (zwingende Regelung)

werden die Erklärungen oder Nachweise nicht innerhalb der Frist vorgelegt, ist das Angebot auszuschließen (zwingende Regelung)

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Prüfung und Wertung der Angebote2. Stufe: Eignungsprüfung

1. die nach der Formalprüfung noch verbliebenen Angebote werden im Rahmen der Eignungsprüfung zunächst dahingehend untersucht, ob die geforderten Eignungsnachweise formal vorliegen

auch die Eignungsprüfung kann man – im Sinne eines rationellen und wirtschaftlichen Vorgehens - wiederum in zwei Phasen trennen:

• Angebote, denen geforderte Eignungsnachweise nicht beigefügt sind und die auch nicht oder nicht rechtzeitig nachgereicht wurden, sind nach der Rechtsprechung gemäß § 16 Abs. 2 VOB/A zwingend von der Wertung auszuschließen!

2. die verbliebenen Angebote werden dann im Rahmen der Eignungsprüfung dahingehend untersucht, ob die Eignung tatsächlich gegeben ist oder nicht

Eignungskriterien sind• Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit (§§ 97 Abs. 4 GWB, 8 VOB/A)• die Erfüllung sonstiger Anforderungen (Tariftreue u.ä.)

• als fachkundig ist nur der Bieter anzusehen, der über die speziellen objektbezogenen Sachkenntnisseverfügt, die erforderlich sind, um eine Leistung fachgerecht vorbereiten und ausführen zu können

• leistungsfähig ist, wer als Unternehmer über die personellen, kaufmännischen, technischen und finanziellen Mittel verfügt, um den Auftrag fachlich einwandfrei und fristgerecht ausführen zu können und in der Lage ist, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen

• ein Bieter ist zuverlässig, wenn er seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen ist und aufgrund der Erfüllung früherer Verträge eine einwandfreie Ausführung erwarten lässt

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Prüfung und Wertung der Angebote2. Stufe: Eignungsprüfung

• bei den Begriffen Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe

• da die Prüfung der Eignung eines Unternehmens ein wertender Vorgang ist, in den zahlreiche Einzelumstände einfließen, ist davon auszugehen, dass diese Begriffe den Auftraggebern einen Beurteilungsspielraum einräumen, der nur einer eingeschränkten Kontrolle durch die Nachprüfungsinstanzen zugänglich ist

• danach ist eine Überschreitung des Beurteilungsspielraumes anzunehmen, • wenn das vorgeschriebene Verfahren nicht eingehalten wird• wenn nicht von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wird• wenn sachwidrige Erwägungen in die Wertung einbezogen werden oder• wenn der sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung haltende Beurteilungsmaßstab nicht zutreffend

angewendet wird• bei der Eignungsprüfung handelt es sich um eine eigene Wertungsstufe im Rahmen der Prüfung und Wertung

von Angeboten, die mit der Feststellung der Eignung oder Nichteignung der Bieter endet. In die engere Wahl kommen nur Bieter, deren generelle Eignung bejaht wird; ein "Mehr an Eignung" ist daher grundsätzlich kein zulässiges Wertungskriterium auf einer der nachfolgenden Wertungsstufen

• bei der Eignungsprüfung handelt es sich nicht um ein streng schematisiertes und objektiviertes Verfahren, in dem nur offizielle Bescheinigungen und Nachweise zählen. Vielmehr handelt es sich um ein weitgehend formloses Verfahren

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Prüfung und Wertung der Angebote2. Stufe: Eignungsprüfung

• bei der Eignungsprüfung steht es öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich frei, auf welche Art und Weise sie sich Kenntnis über die Eignung der Bieter verschaffen. Allerdings müssen die geforderten Unterlagen als Nachweis geeignet sein und bereits in den Ausschreibungsbedingungen bekannt gemacht werden

• der Auftraggeber ist in der Entscheidung frei, ob er offizielle Bescheinigungen verlangt oder inoffizielle, insbesondere Eigenerklärungen, genügen lässt

die in der Praxis üblichen Methoden der Prüfung der Eignung sind – neben der Präqualifikation - die Forderung nach Vorlage von Referenzen bzw. sonstigen Bescheinigungen sowie eigene Erkenntnisse bzw. Erkundigungen bei anderen Auftraggebern

Forderung nach Vorlage von Referenzen

• es ist nicht zu beanstanden, wenn ein Auftraggeber bei der Eignung und Zuverlässigkeit der Bieter maßgeblich auf die Einholung und Auswertung von Referenzen abstellt

• es ist nach der überwiegenden Rechtsprechung auch zulässig, über die – berechtigte – Forderung nach bestimmten Referenzen über einen bestimmten Zeitraum „Newcomer“ faktisch auszuschließen

• die Ersetzung von durch die Vergabestelle geforderten Eignungsnachweisen durch - lediglich -Eignungserklärungen eines Bieters ist nicht zulässig

Forderung nach sonstigen Bescheinigungen

• in Betracht kommen z.B. Unbedenklichkeitsbescheinigungen von Finanzämtern oder Krankenkassen

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Prüfung und Wertung der Angebote2. Stufe: Eignungsprüfung

Verwertung eigener Erkenntnisse

• es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn ein Auftraggeber bei der Prüfung der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit eines Bieters auch auf eigene Erfahrungen aus früheren, abgeschlossenen Vertragsverhältnissen zurückgreift

• dabei kann es sich namentlich auch um ein in der Vergangenheit liegendes vertragswidriges Verhalten oder eine Schlechterfüllung des betreffenden Bieters bei der Ausführung von früheren Verträgen handeln

• wenn ein öffentlicher Auftraggeber bei eigenen Leistungen mehrfach die Erfahrung gemacht hat, dass ein Auftragnehmer bei der Ausführung eines Auftrags vertragliche Pflichten verletzt oder sonstige Obliegenheiten außer Acht lässt, rechtfertigt dies nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen und der Lebenserfahrung, einen solchen Auftragnehmer im Rahmen der Wertung des Angebots von einer weiteren Beauftragung auszuschließen. Der Bieter kann jedoch durch sein Handeln und durch Referenzen den öffentlichen Auftraggeber überzeugen, dass sich sein Verhalten zwischenzeitlich geändert hat

• die Verwertbarkeit früherer eigener Erfahrungen mit einem Unternehmer unterliegt zeitlichen Grenzen. Außer in Ausnahmefällen dürfen einem Bieter etwaige negative Erfahrungen aus früheren Vertragsverhältnissen nicht länger als 3 Jahre entgegengehalten werden

• eigene Erkenntnisse müssen dokumentiert sein, um später verwertet werden zu können

• Erkundigungen der Vergabestelle bei anderen Auftraggebern und Verwertung der Ergebnisse sind zulässig. Eine Dokumentation z. B. mittels formloser Telefonvermerke, aus denen Gesprächszeitpunkt, Gesprächspartner, stichwortartig der Gesprächsgegenstand und vor allem das Ergebnis der Nachfrage hervorgehen, ist notwendig

• auch Verdachtsmomente, die für eine Unzuverlässigkeit eines Bieters sprechen, können den Ausschluss tragen, wenn die den Verdacht begründenden Informationen aus einer sicheren Quelle stammen und eine gewisse Erhärtung erfahren haben. Eine Grenze ist erst dann überschritten, wenn sich die Vergabestelle auf ungeprüfte Gerüchte verlässt und eventuelle Informationen von Seiten Dritter nicht selbstverifiziert

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Prüfung und Wertung der Angebote3. Stufe: rechnerische, technische und wirtschaftliche Prüfung

1. die rechnerische Prüfung beinhaltet das Nachvollziehen der rechnerischen Ermittlung der Positionspreise als Gesamtpreise, eventueller Zwischensummen und der Endsumme des Angebots

• rechnerische Korrekturen:

• grundsätzlich darf der Auftraggeber die vom Bieter eingetragenen Preise nicht ändern• jeder Bieter ist für die von ihm gemachten Preisangaben selbst verantwortlich; von dieser Regel ist auch

dann nicht abzuweichen, wenn der Einheitspreis offenbar falsch ist. Dies gilt unabhängig davon, ob der falsche Einheitspreis versehentlich oder mit Absicht in das Angebot eingesetzt wurde

• reine Additions- bzw. Multiplikationsfehler bei der Zusammenrechnung verschiedener Einzelpositionspreise zu einer Zwischen- oder Endsumme können aber durch den Auftraggeber korrigiertwerden

• die VOB/A enthält eine Regelung zur Bereinigung sonstiger offensichtlicher Rechenfehler: § 16 Abs. 4 VOB/A:

• entspricht der Gesamtbetrag einer Ordnungszahl (Position) nicht dem Ergebnis der Multiplikation von Mengenansatz und Einheitspreis, so ist der Einheitspreis maßgebend

2. technische Prüfung

auch die 3. Stufe kann man – im Sinne eines rationellen und wirtschaftlichen Vorgehens - wiederum in drei Phasen trennen:

3. wirtschaftliche Prüfung

• zu diesen Prüfungsschritten enthält die VOB/AA 2009 keine Vorgaben

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Prüfung und Wertung der Angebote4. Stufe: Angemessenheitsprüfung und wirtschaftlichstes Angebot

• im ersten Abschnitt erfolgt eine Angemessenheitsprüfung der verbliebenen Angebote daraufhin, ob ein Preis unangemessen niedrig ist und in offenbarem Missverhältnis zur Leistung steht (§ 16 Abs. 6 Nr. 1 und Nr. 2)

die 4. Wertungsstufe unterteilt sich – im Gegensatz zur VOB/A 2006 – in zwei Wertungsabschnitte:

• im zweiten Abschnitt werden die verbliebenen Angebote dahingehend geprüft und bewertet, welches Angebot letztlich unter Berücksichtigung aller Wertungskriterien das wirtschaftlichste, d.h. das Angebot mit dem besten Verhältnis zwischen Preis und Leistung, ist (§ 16 Abs. 6 Nr. 3)

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Prüfung und Wertung der Angebote4. Stufe: Angemessenheitsprüfung und wirtschaftlichstes Angebot

unangemessen niedrige Preise:

im Rahmen der Angemessenheitsprüfung werden die verbliebenen Angebote daraufhin überprüft, ob ein Preis unangemessen niedrig ist und in offenbarem Missverhältnis zur Leistung steht (§ 16 Abs. 6 Nr. 1 und Nr. 2)

• auf Angebote, deren Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, darf der Zuschlag nicht erteilt werden (§ 16 Abs. 6 Nr. 1). Dieses Verbot dient dem Ziel, die wirklich seriös kalkulierten Angebote in die letzte Wertungsphase einzubeziehen

• von einem unangemessen niedrigen Preis ist dann auszugehen, wenn der angebotene (Gesamt-)Preis derart eklatant von dem an sich angemessenen Preis abweicht, dass eine genauere Überprüfung nicht im einzelnen erforderlich ist und die Unangemessenheit des Angebotspreises sofort ins Auge fällt

• ein beträchtlicher Preisabstand zwischen dem niedrigsten und den nachfolgenden Angeboten allein ist für sich genommen noch kein hinreichendes Merkmal dafür, dass der niedrige Preis auch im Verhältnis zur zu erbringenden Leistung unangemessen niedrig ist. Hinzu kommen müssen vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass der Niedrigpreis wettbewerblich nicht begründet ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bieter mangels verbindlicher Kalkulationsregeln grundsätzlich in seiner Preisgestaltung frei bleibt

• für die Prüfung der Angemessenheit des Angebotes ist nicht auf einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses, sondern auf den Gesamtpreis, die Endsumme des Angebotes abzustellen.Deshalb liegt noch kein Missverhältnis zwischen Preis und Leistung vor, wenn ein Bieter für eine bestimmte Einzelleistung entweder keinen oder einen auffallend niedrigen Preis eingesetzt hat, sofern er dies bei entsprechend hoher Kalkulation bei anderen Positionen ausgleichen kann

• als Anhaltspunkt für unangemessen niedrige Preise sind grundsätzlich die Preisvorstellungen des Auftraggebers und die Angebotssummen der anderen Bieter heranzuziehen

• die Rechtsprechung geht im VOB-Bereich von einem unangemessen niedrigen Preis bei einer Preisdifferenz von 10% - 20% zwischen den beiden mindestfordernden Angeboten aus

• der Auftraggeber kann selbständig eine Prüfungsschwelle (z.B. 25% Abweichung) festlegen

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Prüfung und Wertung der Angebote4. Stufe: Angemessenheitsprüfung und wirtschaftlichstes Angebot

Folgerungen aus dem Vorliegen eines unangemessen niedrigen Preises:

• der Auftraggeber hat nicht allein deshalb, weil ein Angebot im Preis unangemessen niedrig ist, Anlass, es unberücksichtigt zu lassen. Er hat das Angebot aber in den Einzelpositionen zu überprüfen und von dem Bieter die erforderlichen Belege zu verlangen

• verschiedene Bundesländer (Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Thüringen) haben Vergabegesetze erlassen, in denen u. a. auch eine Prüfungspflicht hinsichtlich unangemessen hoher oder niedriger Preise geregelt sind

• der Auftraggeber muss von dem Bieter eine schriftliche Aufklärung verlangen

• dem Bieter ist die Möglichkeit einzuräumen, mit seinen Argumenten darzulegen, dass er in der Lage ist, seine Leistungen auftragsgerecht zu erbringen

• bei der Prüfung eines unangemessen niedrigen Angebotspreises spielt es keine Rolle, ob die Kalkulationsmethode des Bieters branchenüblich ist oder nicht. Entscheidend ist vielmehr ihre Nachvollziehbarkeit aus betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Sicht

• die Beweislast für die plausible Erklärung eines unangemessen niedrigen Preises geht im Falle der Nachfrage auf den Bieter über

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Prüfung und Wertung der Angebote4. Stufe: Angemessenheitsprüfung und wirtschaftlichstes Angebot

Wertung eines Angebots mit einem unangemessen niedrigen Preis:

• auch ein öffentlicher Auftraggeber ist nicht verpflichtet, nur "auskömmliche" Angebote zu berücksichtigen, sofern er nach Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass der Anbieter auch zu diesen Preisen zuverlässig und vertragsgerecht wird leisten können

• bei einem grundsätzlich leistungsfähigen Bieter kann es verschiedene Gründe geben, im Einzelfall auch ein nicht auskömmliches oder jedenfalls sehr knapp kalkuliertes Angebot abzugeben, z. B. einen Deckungsbeitrag zu den eigenen Gemeinkosten zu erlangen, oder als "Newcomer" ins Geschäft zu kommen

• lediglich Angebote, die in der Absicht abgegeben werden oder die zumindest die Gefahr begründen, andere Marktteilnehmer zu verdrängen oder die erwarten lassen, dass der Anbieter den Auftrag nicht wird durchführen können oder wenn das Angebot von vornherein darauf angelegt ist, den Auftraggeber im Rahmen der Ausführung zu übervorteilen, sind auszuschließen; die Beweislast liegt insoweit beim Auftraggeber

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Prüfung und Wertung der Angebote4. Stufe: Angemessenheitsprüfung und wirtschaftlichstes Angebot

Spekulationsangebote:

• Spekulationsangebote sind eine besondere Ausprägung eines ungewöhnlich hohen bzw. niedrigen Angebotes

• spekulative, das heißt in ihrer wirtschaftlichen Risikobelastung für den Bieter nicht abschließend geklärte Angebote sind, soweit sie nicht allein in wettbewerbsverdrängender Absicht erfolgen, nicht grundsätzlich verboten

• der Auftraggeber ist vergaberechtlich nicht verpflichtet, bei Ungewissheiten durch ein Spekulationsangebot zugunsten des spekulierenden Unternehmens seine Hoffnung darauf zu setzen, dass die möglichen Nachforderungen sich in solchen Grenzen halten werden, dass die Preiswürdigkeit seines Angebots am Ende gewahrt bleibt. So können im Rahmen einer Prognoseentscheidung verschiedene spekulative Risiken eines Angebots in ihrer Gesamtheit sowohl in Bezug auf die Wahrscheinlichkeit ihrer Verwirklichung als auch hinsichtlich ihres möglichen Ausmaßes groß genug sein, um die anfängliche Preiswürdigkeit des Angebots zu kompensieren und den Auftraggeber zu berechtigen, es nicht als das wirtschaftlichste einzustufen

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Prüfung und Wertung der Angebote4. Stufe: Angemessenheitsprüfung und wirtschaftlichstes Angebot

• der Zuschlag ist auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Der niedrigste Angebotspreis allein ist nicht entscheidend (§§ 97 Abs. 5 GWB, 16 Abs. 6 Nr. 3 VOB/A)

• der deutsche Gesetzgeber hat sich in § 97 Abs. 5 GWB ausdrücklich dafür entschieden, dem Kriterium "wirtschaftlichstes Angebot" den Vorzug vor dem ebenfalls zulässigen Kriterium "niedrigster Preis" zu geben. Neben dem Angebotspreis können daher andere - betriebswirtschaftliche - Wirtschaftlichkeitskriterien wie beispielsweise Service, Garantiezeiten, Lieferzeit, Ausführungsdauer, Betriebskosten, Rentabilität, Qualität, Zweckmäßigkeit, technischer Wert, Kundendienst und technische Hilfe, die Verpflichtung hinsichtlich der Ersatzteile, die Versorgungssicherheit, Reparaturzeiten und -kosten oder Anwenderfreundlichkeit, Zuverlässigkeit, Standfestigkeit etc. berücksichtigt werden. Das deutsche Recht schließt damit nicht aus, dass die preisliche Beurteilung des Angebots im Rahmen der Prüfung des wirtschaftlich günstigsten Angebots eine, wenn nicht die maßgebliche Rolle spielt. Der Preis ist nach dem deutschen Vergaberecht vielmehr zwar regelmäßig das wichtigste, aber nicht das allein entscheidende Kriterium

• es ist vergaberechtlich zu beanstanden, wenn der Auftraggeber das wirtschaftlichste Angebot ausschließlich anhand von Durchschnittswerten aller eingehenden und wertbaren Angebote ohne die Ausübung des ihm dabei eingeräumten Ermessens ermittelt. Die Bildung von Durchschnittswerten und damit allein quantitativen Kriterien als Bewertungsmaßstab und die daran formal orientierte Ausrichtung der Angebote ohne eine weitergehende Prüfung wird der Verpflichtung des Auftraggebers, eine Ermessensentscheidung aufgrund qualitativer und quantitativer Kriterien zu treffen, nicht gerecht

im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung als zweiter Abschnitt der 4. Wertungsstufe werden die verbliebenen Angebote dahingehend geprüft und bewertet, welches Angebot letztlich unter Berücksichtigung aller Wertungskriterien das wirtschaftlichste, d.h. das Angebot mit dem besten Verhältnis zwischen Preis und Leistung, ist (§ 16 Abs. 6 Nr. 3)

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Prüfung und Wertung der Angebote4. Stufe: Wirtschaftlichkeitsprüfung

Zuschlags- bzw. Wertungskriterien:

• das Zuschlagskriterium des Preises:• bei Ausschreibungen nach VOB/A und VOL/A genügt nach der Rechtsprechung das alleinige

Zuschlagskriterium "Preis"• nach der wohl überwiegenden Rechtsprechung gibt es bei mehreren Zuschlagskriterien keinen das

Vergaberecht beherrschenden Grundsatz, dass der Preis mit wenigstens 30 v. H. (oder einem Drittel oder mit irgend einem anderen, bestimmten Bruchteil) in die Angebotswertung einzufließen hat

• der in den Angeboten genannte Preis gewinnt für die Vergabeentscheidung dann ausschlaggebende Bedeutung, wenn die auf eine öffentliche Ausschreibung eingereichten Angebote hinsichtlich der für die Vergabeentscheidung nach den Vergabebedingungen maßgebenden Kriterien sachlich und im Hinblick auf den Inhalt des Angebots in technischer, gestalterischer und funktionsbedingter Hinsicht gleichwertig sind

• das Zuschlagskriterium der Wirtschaftlichkeit:• der Begriff der "Wirtschaftlichkeit" stellt nach den vergaberechtlichen Regelungen den Oberbegriff

des Maßstabs für die Angebotswertung dar• eine eigenständige Bedeutung hat dieses Merkmal nicht; dessen Allgemeinheit soll gerade erst durch

Benennung von Kriterien transparent gemacht werden (z. B. Qualität, Ausführungsfrist, Betriebskosten, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Kundendienst, Rentabilität, technische Hilfe, technischer Wert)

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Prüfung und Wertung der AngebotePrüfung und Wertung aller Angebote?

Es ist unter Wahrung der Wettbewerbsgrundsätze zulässig, bei Vorliegen sehr vieler Angebote zunächst die 10 preisgünstigsten Angebote auf formale Korrektheit, Eignung und Wirtschaftlichkeit zu überprüfen und, sollte sich daraus kein zuschlagsfähiges Angebot ermitteln lassen, dann die nächste Preisgruppe zu prüfen, wenn die strikte inhaltliche Trennung der Wertungsstufen eingehalten wird (VK Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2006 - Az.: VK -50/2005 – L)