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Zu einem wichtigen Wettbewerbsvorteil wird für Unternehmen immer mehr das viel diskutierte Schlagwort »Wissensmanagement«. Wissensma- nagement ist aber nicht neu oder besonders kom- pliziert. Von vielen Unternehmen wird es lediglich falsch angegangen. Um das Wissen der Mitarbeiter in einem Unternehmen wirklich nachhaltig zu si- chern und eine notwendige Wissenskultur zu eta- blieren, sind Organisationsveränderungen nötig und letztlich auch ein Umdenken der Mitarbeiter und Führungskräfte. Es reicht nicht, Wissensmanage- ment durch Beschluss zu »installieren«. Kurz: Ein rein technisch geprägter Ansatz ist für ein erfolgrei- ches Wissensmanagement nicht genug. Daher sei an dieser Stelle auch gleich mit dem Gerücht aufge- räumt, dass Google das Allheilmittel für das Wissens- managementprojekt wäre. Unseren Erfahrungen nach reduzieren Suchmaschinen nicht den Aufwand bei der Informationsbeschaung. Im Gegenteil! Die Bedeutung der Veränderung des bisher praktizierten Arbeitsablaufs muss dem Mitarbeiter transparent und verständlich gemacht werden. Denn bei moder- nen Wissensmanagement-Ansätzen geht es nicht um »hochtrabendes Unternehmenswissen«, son- dern um praktisches, ganz alltägliches Zusammenar- beiten. Wissen im Unternehmen nachhaltig sichern Die Anforderungen an Wissens- und Informations- management in Unternehmen ändern sich aktuell mit einer enormen Dynamik, was natürlich beson- ders neuen Formen der Kommunikation zu verdan- ken ist, konkret dem Web 2.0. Die Einarbeitung in neue Wissensgebiete, die bis dato einen Spezialisten erforderten, kann heute Dank YouTube, Blogs, Fo- ren und Wikipedia auch im Selbststudium durchge- führt werden. Sicher, ein komplexer chirurgischer Eingrierfordert auch zukünftig ein Studium durch Spezialisten, aber das im Kapitel »Just-in-time-Infor- mationslogistik« Informationsmanagement S.10 verwendete Beispiel des Aktienhandels, könnte grundsätzlich auch durch Internetrecherchen er- lernt werden. Die Erfahrungen des Geschäfts macht man aber nach wie vor sehr persönlich, subjektiv und individuell. Wissen erschließen und die Zusammenarbeit optimieren 36 Perspektive Mensch

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Zu einem wichtigen Wettbewerbsvorteil wird für Unternehmen immer mehr das viel diskutierte Schlagwort »Wissensmanagement«. Wissensma-nagement ist aber nicht neu oder besonders kom-pliziert. Von vielen Unternehmen wird es lediglich falsch angegangen. Um das Wissen der Mitarbeiter in einem Unternehmen wirklich nachhaltig zu si-chern und eine notwendige Wissenskultur zu eta-blieren, sind Organisationsveränderungen nötig und letztlich auch ein Umdenken der Mitarbeiter und Führungskräfte. Es reicht nicht, Wissensmanage-ment durch Beschluss zu »installieren«. Kurz: Ein rein technisch geprägter Ansatz ist für ein erfolgrei-ches Wissensmanagement nicht genug. Daher sei an dieser Stelle auch gleich mit dem Gerücht aufge-räumt, dass Google das Allheilmittel für das Wissens-managementprojekt wäre. Unseren Erfahrungen nach reduzieren Suchmaschinen nicht den Aufwand bei der Informationsbeschaff ung. Im Gegenteil! Die Bedeutung der Veränderung des bisher praktizierten Arbeitsablaufs muss dem Mitarbeiter transparent und verständlich gemacht werden. Denn bei moder-nen Wissensmanagement-Ansätzen geht es nicht um »hochtrabendes Unternehmenswissen«, son-dern um praktisches, ganz alltägliches Zusammenar-beiten.

Wissen im Unternehmen nachhaltig sichernDie Anforderungen an Wissens- und Informations-management in Unternehmen ändern sich aktuell mit einer enormen Dynamik, was natürlich beson-ders neuen Formen der Kommunikation zu verdan-ken ist, konkret dem Web 2.0. Die Einarbeitung in neue Wissensgebiete, die bis dato einen Spezialisten erforderten, kann heute Dank YouTube, Blogs, Fo-ren und Wikipedia auch im Selbststudium durchge-führt werden. Sicher, ein komplexer chirurgischer Eingriff erfordert auch zukünftig ein Studium durch Spezialisten, aber das im Kapitel »Just-in-time-Infor-mationslogistik« Informationsmanagement S.10 verwendete Beispiel des Aktienhandels, könnte grundsätzlich auch durch Internetrecherchen er-lernt werden. Die Erfahrungen des Geschäfts macht man aber nach wie vor sehr persönlich, subjektiv und individuell.

Wissen erschließen und dieZusammenarbeit optimieren

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Beim Wissensmanagement 2.0 geht es nicht um Wissensdatenbanken, es geht vielmehr um die richtigen Informationen zur richtigen Zeit und die richtigen Netzwerke. Soziale Netzwerke haben sich als Informationsplattformen im privaten Umfeld, aber auch in Unternehmen etabliert. Viele Unter-nehmer haben den Wert des impliziten Wissens ihrer Mitarbeiter erkannt und versuchen nun, über Web-2.0-Anwendungen, zum Beispiel über die Einrich-tung von Microblogs oder Wikis, die Kommunikation und damit den Informationsaustausch zwischen den Mitarbeitern innerhalb eines Fachbereichs und zwi-schen den Fachbereichen zu fördern. Sie versuchen, die starren Organisationsstrukturen aufzubrechen und dynamischen, stets verfügbaren Freiraum zur Lösung von Aufgaben zu schaff en. Beispiele für den eff ektiven Einsatz von Social-Networking-Werkzeu-gen sind:

· Die gemeinsame Erarbeitung von komplexen Texten, wie Angebotsschreiben, bis hin zur Erstellung von Glossaren über Wiki-Technologien

· Die interne und externe Publikation von Infor-mationen und Meinungen in Blogs, Foren und Podcasts. Das ergänzt die offi ziellen Publikations-kanäle durch die Kommunikationsabteilung.

· Die Problemlösung komplexer Herausforderun-gen mittels Mikroblogs und Wikis – im Gegensatz zum klassischen Weg via E-Mail

Jeder Mensch ist immer Wissensträger und Informa-tionsempfänger, gerade auch im Unternehmen. Es muss niemand alles wissen. Wenn man weiß, wer das benötigte Wissen hat, ist schon viel erreicht. Im Wis-sensmanagement 1.0 versuchte man, das Finden des Wissensträgers durch Wissensdatenbanken und Yellow Pages zu unterstützen, im Web 2.0 »outen« sich die Wissensträger durch »Tweets« und »Posts«. Der Anreiz liegt in der Einfachheit des Wissen-Teilens, der einfachen Nachvollziehbarkeit des Absenders und Empfängers und in der direkten Feedbackmög-lichkeit. Informationen sind heute global, überall verfügbar, sofort nutzbar und immer aktuell. Natür-lich gelten die Aussagen zur Erkenntnis und Be-wertung der Informationen mehr denn je – handelt es sich doch nun um eine unüberschaubare Menge an Informationen.

Die Notwendigkeit des Managements von Wissen oder besser gesagt von Informationen ist also nicht zuletzt die Folge der technologischen Evolution. Mit Beginn des Online-Zeitalters ist Information geprüft und ungeprüft überall verfügbar, wird Infor-mation permanent neu generiert und sozialisiert. In diesem Bewusstsein sollten entsprechende Pro-jekte mit der gebotenen Off enheit angegangen werden. Auch wenn es einfacher wirkt, die Komple-xitäten und die Dynamik von Web-2.0-Anwendungen bei den Überlegungen »auszusperren« – es bleibt eine Illusion, dies zu versuchen.

Das implizite Wissen – der Passivposten derWissensbilanzUngleich schwieriger ist es, das implizite Wissen im Unternehmen zugänglich und damit nutzbar zu machen. Implizites Wissen ist personenbezogen. Es existiert in den Köpfen der Wissensträger (Know-how-Träger), die aus höchst egoistischen Gründen, aber auch schlicht aus dem Nicht-Bewusstsein um den Wert ihres Wissens, sparsam mit der Preisgabe ihres Fundus umgehen. Unter dem Aspekt der Wert-haltigkeit der Ressource »Wissen« ist der Verzicht auf den impliziten Teil des Wissens als Unterneh-menswert gleichzusetzen mit einem Passivposten in der unternehmerischen Bilanz. Seit vielen Jahren arbeiten Unternehmen daran, dieses Expertenwissen im Unternehmen zugänglich zu machen. Im Wis-sensmanagement 1.0 wurde viel mit wissenschaft-lich erprobten Methoden experimentiert. Die Angst vor Verlust an Anerkennung und Kompetenz wurde durch die Installation geeigneter Anreizsysteme gemildert. Zum methodischen Erschließen des im-pliziten Wissens wurden beispielsweise Yellow Pages zur Verfügung gestellt. Aufwendig gepfl egte Wis-senslandkarten gaben Aufschluss darüber, wo im Unternehmen welches Wissen vorhanden ist. Ver-einfacht gesagt ging es darum, persönliches Wissen in eine Datenbank zu schreiben, dabei ein geeigne-tes Abstraktionsniveau zu fi nden, um darauf entspre-chend zugreifen zu können und es irgendwie nütz-lich erscheinen zu lassen. Und natürlich sollte dazu keine wertvolle Arbeitszeit verschwendet werden. Diese Art des Wissensmanagements ist im 21. Jahr-hundert nicht mehr praktikabel. Viele Kunden fragen deshalb: »Gibt es denn nun mit Web 2.0 ein neues Wissensmanagement?« Die Antwort ist einfach: »Nein, es gibt kein neues Wissensmanagement.«

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