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Leuchner, M..; Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte / Jahresbericht 2020 1 Leuchner, M., Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte Ausgabe 492a - Nr. 13/2020 - ISSN 1861-3993 Ketzler, G., Leuchner, M.: Der Witterungsverlauf im Raum Aachen im Jahre 2020 im Kontext langjähriger Klimatrends (S. 1-7) ---------------------------- außerdem in dieser Ausgabe: Döscher, N., Ketzler, G., Leuchner, M.: Entwicklung der monatlichen Stickstoffdioxid Mess- werte der Stadt Aachen 2019 und 2020 vor dem Hintergrund städtischer Luftqualitätsmaß- nahmen und Corona-Pandemie (S. 8-12) Ketzler, G., Leuchner, M.: Die klimatologische Normalperiode 1991-2020 in Aachen (S. 13-22) Der Jahreswitterungsbericht der Klima- messstation Aachen-Hörn gibt einen Über- blick über den Witterungsverlauf für das Jahr 2020. Wie immer werden dabei auch einzelne Aspekte des Klimas und der Kli- mavariabilität speziell im Großraum Aachen und in den Nachbarregionen exemplarisch dargestellt. Der tabellarische Jahresbericht 2020 der Klimamessstation Aachen-Hörn (am Ende dieses Beitrags) ist Teil dieses Witterungsberichts. Das Jahr 2020 weist das höchste bisher gemessene Temperaturmittel für die Stati- on Aachen-Hörn aus: 12,2°C. Dieser Wert liegt um 2,5 K über dem Mittel der klimato- logischen Normalperiode 1961-1990 für die Station Aachen (Wetterstation). Er ist zu- gleich auch deutlich höher als alles, was sich aus – teils sehr unsicheren – Aufzeich- nungen vor Beginn der Messungen nach modernem Standard im Jahr 1901 und in der Periode seitdem ergab. Ein Temperaturrekord wurde 2020 auch in weiten Teilen Europas registriert, z.B. war das Temperaturmittel für Europa insge- samt, eventuell auch global (KNMI, 2021a) und für Belgien (IRM, 2021) höher als in jedem anderen Jahr seit Beginn der Auf- zeichnungen und in einem Gebiet am west- lichen Rand Mitteleuropas insgesamt sehr hoch (RTBF, 2021). In den Niederlanden Abbildung 1: Jahresgang der Temperatur AC-Hörn im Jahr 2020 und im langjährigen Mittel

Leuchner, M..; Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation

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Leuchner, M..; Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte / Jahresbericht 2020

1

Leuchner, M., Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte

Ausgabe 492a - Nr. 13/2020 - ISSN 1861-3993

Ketzler, G., Leuchner, M.: Der Witterungsverlauf im Raum Aachen im Jahre 2020 im Kontext

langjähriger Klimatrends (S. 1-7)

----------------------------

außerdem in dieser Ausgabe:

Döscher, N., Ketzler, G., Leuchner, M.: Entwicklung der monatlichen Stickstoffdioxid Mess-

werte der Stadt Aachen 2019 und 2020 vor dem Hintergrund städtischer Luftqualitätsmaß-

nahmen und Corona-Pandemie (S. 8-12)

Ketzler, G., Leuchner, M.: Die klimatologische Normalperiode 1991-2020 in Aachen (S. 13-22)

Der Jahreswitterungsbericht der Klima-

messstation Aachen-Hörn gibt einen Über-

blick über den Witterungsverlauf für das

Jahr 2020. Wie immer werden dabei auch

einzelne Aspekte des Klimas und der Kli-

mavariabilität speziell im Großraum

Aachen und in den Nachbarregionen

exemplarisch dargestellt. Der tabellarische

Jahresbericht 2020 der Klimamessstation

Aachen-Hörn (am Ende dieses Beitrags) ist

Teil dieses Witterungsberichts.

Das Jahr 2020 weist das höchste bisher

gemessene Temperaturmittel für die Stati-

on Aachen-Hörn aus: 12,2°C. Dieser Wert

liegt um 2,5 K über dem Mittel der klimato-

logischen Normalperiode 1961-1990 für die

Station Aachen (Wetterstation). Er ist zu-

gleich auch deutlich höher als alles, was

sich aus – teils sehr unsicheren – Aufzeich-

nungen vor Beginn der Messungen nach

modernem Standard im Jahr 1901 und in

der Periode seitdem ergab.

Ein Temperaturrekord wurde 2020 auch in

weiten Teilen Europas registriert, z.B. war

das Temperaturmittel für Europa insge-

samt, eventuell auch global (KNMI, 2021a)

und für Belgien (IRM, 2021) höher als in

jedem anderen Jahr seit Beginn der Auf-

zeichnungen und in einem Gebiet am west-

lichen Rand Mitteleuropas insgesamt sehr

hoch (RTBF, 2021). In den Niederlanden

Abbildung 1: Jahresgang der Temperatur AC-Hörn im Jahr 2020 und im langjährigen Mittel

Leuchner, M..; Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte / Jahresbericht 2020

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war 2020 genauso warm wie 2014, das bis-

her wärmste Jahr (KNMI, 2021b). Im östli-

chen Mitteleuropa und auch in großen Tei-

len Deutschlands war das Jahresmittel

knapp unter dem letzten Höchstwert

(DWD, 2021a).

Alle Monate des vergangenen Jahres waren

in Aachen wärmer als normal. April und

August waren mit +4,6 K bzw. + 4,4 K be-

zogen auf den Normalwert besonders auf-

fällig, nach Jahreszeiten war die Abwei-

chung aber gleichmäßig verteilt (Winter

und Sommer je +2,9 K, Frühling +2,6 K,

Herbst +1,7 K). Bis auf den März waren al-

le Monate auch wärmer als das Dekaden-

mittel im Zeitraum 1991-2000 (siehe

Abb. 1).

Die höchste Temperatur des Jahres von

37,9°C wurde am 8.8.2020 gemessen. Auch

wenn der Extremwert von 40,0°C vom

Sommer 2019 deutlich nicht erreicht wur-

de, liegt dieser Wert doch auf Platz 2 vor

dem zuvor wärmsten Sommerereignis

(37,7°C in 2015). Der Trend zu höheren

Temperaturen setzt sich in 2020 insgesamt

fort und zwar auf gegenüber den Vorjahren

klar erhöhtem Niveau (siehe Abb. 2).

Insgesamt traten wie im Vorjahr 14 „Heiße

Tage“ auf (Temperaturmaximum ≥ 30°C;

normal: 3-4); 45 „Sommertage“ (Tempera-

turmaximum ≥ 25°C) kamen vor, 20 mehr

als normal. Die Anzahl der „Frosttage“

(Minimum < 0°C; normal: 54) betrug mit 27

nur die Hälfte des Normalwertes, Eistage

(Tage mit Dauerfrost) kamen gar nicht vor.

Auch in Belgien und den Niederlanden war

das Jahr 2020 in Bezug auf die besonderen

Tage überdurchschnittlich warm. Die Zahl

der Sommertage lag an der belgischen

Hauptstation Uccle mit 32 über dem Nor-

malwert von 28 (IRM, 2021), in den Nieder-

landen waren die Werte ähnlich (32 / 26 in

De Bilt; KNMI, 2021b). Die Zahl der heißen

Tage war in Belgien (Uccle) und den Nie-

derlanden (De Bilt) ebenfalls ähnlich groß

wie in Aachen (beide: 12 statt 4) (IRM,

2021; KNMI, 2021b). Die Zahl der Frost-

und Eistage fiel auch geringer aus als im

langjährigen Mittel (Belgien: 27 statt 44

Frosttage und 0 statt 7 Eistage; Uccle;

IRM, 2021; in den Niederlanden: 31 statt

58 Frosttage, 0 statt 8 Eistage; De Bilt;

Abbildung 2: Abweichungen der Jahresmittel der Lufttemperatur vom Mittel 1901 - 2000

(Aachen (Wetterstation) bis 2011, danach Aachen-Hörn); durchgezogene Linie:

7-jährig übergreifendes Mittel

Leuchner, M..; Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte / Jahresbericht 2020

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KNMI, 2021b).

Im Jahr 2020 sind wieder mehrere - und

zwar 5 - Tage mit einem Temperaturmaxi-

mum ≥ 35°C aufgetreten; zum Vergleich: in

der für 2020 noch maßgeblichen Normalpe-

riode von 1961-1990 gab es insgesamt nur

vier solcher Tage. Während einer Hitzewel-

le im August wurde dieser Wert an 4 Ta-

gen, davon an drei aufeinander folgenden,

überschritten; insgesamt lag während der

entsprechenden Wetterlage das Tempera-

turmaximum an 8 aufeinander folgenden

Tagen bei 30°C oder mehr. Solche Wetter-

lagen sind bioklimatisch sehr belastend.

Das Statistische Bundesamt stellt am Ran-

de einer Corona-Auswertung eine deutliche

Übersterblichkeitswelle im August 2020

fest, die – unter Verweis auf den Deutschen

Wetterdienst - mit dieser deutschlandweit

eingetretenen Hitzeperiode in Verbindung

gebracht wird (DESTATIS, 2020).

In den Niederlanden wurden noch nie so

viele aufeinanderfolgende heiße Tage ge-

messen; in De Bilt waren es 8 Tage mit ei-

nem Temperaturmaximum ≥ 30°C (vom

6.8. – 13.8.; mit 3 weiteren Tagen außer-

halb dieser Periode ergab sich der Rekord-

wert von 11 für 2020). Auch das Wochen-

mittel der Tageshöchsttemperatur lag in

dieser Zeit so hoch wie noch nie seit 1901

(33,2°C) und mit dem Extremwert der Peri-

ode von 34,6°C wurde auch die höchste

Temperatur des Jahres festgestellt (KNMI,

2020). Ähnlich verlief die Hitzewelle in

Belgien; in Uccle wurden ebenfalls 8 heiße

Tage registriert, allerdings nicht in unun-

terbrochener Folge, jedoch mit einem höhe-

ren absoluten Maximum von 35,9°C, der

bisher höchsten Augusttemperatur (IRM,

2020).

Die enormen Auffälligkeiten des Tempera-

turverlaufs der letzten Jahre und ihr Zu-

sammenhang zum anthropogenen Treib-

hauseffekt veranschaulicht auch die Visua-

lisierung „Warming Stripes“ in Abbildung 3

(am Ende des Beitrags). Diese basiert ei-

nerseits auf der „Aachener Temperaturrei-

he 1829-2009“ (Ketzler, 2010) mit nach-

träglichen Ergänzungen und andererseits

auf historischen Treibhausgasrekonstruk-

tionen bzw. Messdaten (Meinshausen et al.,

2017).

Niederschlag, Sonne und Wind

Die Jahresniederschlagssumme von

706 mm liegt – wie 2018 – deutlich unter

dem Mittelwert der Jahre 1961-1990 an der

Station Aachen-Wetterstation (828 mm; -

126 mm = -15,2%), bei den hohen Jahres-

temperaturen bleibt es also bei einem Was-

serdefizit. Insgesamt wurde an 199 Tagen

Niederschlag mit einer Intensität von min-

destens 0,1 mm registriert (normal: 196).

Am 11.3.2020 fiel dabei der mit 23,0 mm

höchste in 2020 gemessene Tagesnieder-

schlag an der Station Aachen-Hörn, ein

sehr geringer Wert.

Auch der Jahreswert in Uccle (B) lag mit

731 mm deutlich unter dem Normalwert

(-121 mm); in De Bilt (NL) wurden mit

855 mm hingegen 11 mm mehr als normal

registriert (IRM, 2021; KNMI, 2021b).

Über dem Durchschnitt lag 2020 auch wie-

der bei der Sonnenscheindauer: als es an

der Station Aachen-Hörn Anfang Oktober

zu Messausfällen kam, war bereits eine

Jahressumme von 1820 h erreicht, 269 h

mehr als im ganzen Jahr normalweise. Be-

sonders fiel der Mai mit 310 h auf (=

+118 h). Ganz ähnlich ist die Jahresbilanz

für Uccle (B), wo es mit 1838 h sogar 294 h

mehr als normal gab, in De Bilt (NL) waren

es 1957 h (352 h mehr als normal; IRM,

2021; KNMI, 2021b).

Die höchste an der Station Aachen-Hörn

gemessene Windgeschwindigkeit lag bei

28,8 m/s (= 103,7 km/h, Windstärke 11).

Spitzenböen von Windstärke 8 und mehr

(ab 61,9 km/h) wurden 2020 an 29 Tagen

registriert (langjähriges Mittel: 47 Tage).

In Belgien wurde am 20.1.2020 der bislang

höchste Luftdruck in Uccle mit 1048,3 hPa

(bezogen auf Meereshöhe) gemessen. An

der Klimamessstation Aachen-Hörn betrug

der Luftdruck zu diesem Zeitpunkt

1019,8 hPa (auf Stationshöhe 222 m ü.

NHN; nach dem – bei dieser Ortshöhe

normalerweise nicht angewendeten - Nähe-

rungswert für die barometrische Höhenstu-

fe ergäbe sich ein ähnlicher Wert).

Leuchner, M..; Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte / Jahresbericht 2020

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Der folgende Beitrag „Entwicklung der mo-

natlichen Stickstoffdioxid Messwerte der

Stadt Aachen 2019 und 2020 vor dem Hin-

tergrund städtischer Luftqualitätsmaß-

nahmen und der Corona-Pandemie“ behan-

delt Trends der Luftqualität in Aachen.

„Die klimatologische Normalperiode 1991-

2020 in Aachen“ analysiert die auffälligen

Veränderungen während der mit dem ak-

tuellen Berichtsjahr zu Ende gegangenen

Normalperiode.

Gunnar Ketzler, Michael Leuchner

Quellenangaben

DESTATIS – Statistisches Bundesamt

(2020): Sterbefallzahlen und Übersterb-

lichkeit [Achtung: dynamischer Inhalt]; https://www.destatis.de/DE/Themen/Quersc

hnitt/Corona/Gesellschaft/bevoelkerung-

sterbefaelle.html; 29.12.2020

DWD – Deutscher Wetterdienst (2021a):

Pressemitteilung „Deutschlandwetter im

Jahr 2020“;

https://www.dwd.de/DE/presse/pressemittei

lun-

gen/DE/2020/20201230_deutschlandwetter

_jahr_2020.pdf?__blob=publicationFile&v=

3; 21.1.2021

IRM – Institut Royal Météorologique de

Belgique (2020): Bilans climatologique

mensuel - août 2020;

https://www.meteo.be/uploads/media/5f4f53

4d43065/bilan-climatologique-mensuel-

202008-

irm.pdf?token=/uploads/media/5f4f534d430

65/bilan-climatologique-mensuel-202008-

irm.pdf; 28.3.2021

IRM – Institut Royal Météorologique de

Belgique (2021): Bilans climatologiques de

2020;

https://www.meteo.be/fr/climat/bilans-

climatologiques/2020/annee; 21.1.2021

Ketzler, G.: Die Aachener Temperaturreihe

1829-2009; in: Klimamessstation Aachen-

Hörn – Monatsberichte, Ausgabe 359a - Nr.

13/2009 - ISSN 1861-3993, Jahresbericht

2009, Sonderausgabe zum 30-jährigen Be-

stehen der Klimamessstation Aachen-Hörn

des geographischen Instituts der RWTH

Aachen (zuzügl. Aktualisierungen)

KNMI – Koninklijk Nederlands Meteoro-

logisch Instituut (2020): Klimaatbericht –

rekordwarme week, 14.8.2020;

https://www.knmi.nl/over-het-

knmi/nieuws/recordwarme-week ; 8.3.2021

KNMI – Koninklijk Nederlands Meteoro-

logisch Instituut (2021a): Klimaatbericht -

Wereldtemperatuur 2020 op eerste of twee-

de plaats; https://www.knmi.nl/over-het-

knmi/nieuws/wereldtemperatuur-2020-op-

eerste-of-tweede-plaats; 21.1.2021

KNMI – Koninklijk Nederlands Meteorolo-

gisch Instituut (2021b): Jaaroverzicht van

het weer in Nederland, 2020;

https://cdn.knmi.nl/knmi/map/page/klimato

logie/gegevens/mow/jow_2020.pdf;

21.1.2021

Meinshausen et al. (2017): Historical

greenhouse gas concentrations for climate

modelling (CMIP6); doi:10.5194/gmd-10-

2057-2017) (zuzügl. Aktualisierungen)

RTBF - Radio-télévision belge de la Fédéra-

tion Wallonie-Bruxelles (2021): 2020 aura

été l'année la plus chaude jamais enregis-

trée en Belgique;

https://www.rtbf.be/info/societe/detail_2020

-aura-ete-l-annee-la-plus-chaude-jamais-

enregistree-en-belgique?id=10664384;

22.1.2021

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Leuchner, M..; Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte / Jahresbericht 2020

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Abbildung 3: Warming Stripes – der „Barcode“ des Klimas für Aachen 1830 – 2019; Lufttemperatur in Aachen und globale CO2-Konzentrationen

Quellen: NOAA ESRL DATA, Meinshausen et al. (2017), Ketzler (2010), Leuchner et al. (2020)

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Leuchner, M., Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte

Ausgabe 492a - Nr. 13/2020 - ISSN 1861-3993

Döscher, N., Ketzler, G., Leuchner, M.: Entwicklung der monatlichen Stickstoffdioxid-

Messwerte der Stadt Aachen 2019 und 2020 vor dem Hintergrund städtischer Luftqualitäts-

maßnahmen und der Corona-Pandemie

Die Arbeitsgruppe Klimatologie befasst

sich auch mit Luftinhaltsstoffen bei groß-

räumigen und regionalen bzw. lokalen Fra-

gestellungen (Yuan et al., 2019; PMLAB,

2014). Seit Juli 2018 erhebt die Stadt

Aachen in Kooperation mit dem Lehr- und

Forschungsgebiet Physische Geographie

und Klimatologie (PGK) die mittlere mo-

natliche Stickstoffdioxidkonzentration mit-

tels Passivsammlern an 24 Standorten im

Stadtgebiet. Die Messwerte werden auf der

Internetseite der Stadt Aachen bereitge-

stellt (Stadt Aachen 2021). An dieser Stelle

soll die Entwicklung der Messwerte in den

Jahren 2019 und 2020 vor dem Hinter-

grund städtischer Maßnahmen zur Verbes-

serung der Luftqualität, sowie Beschrän-

kungen des öffentlichen Lebens im Zuge

der Corona-Pandemie betrachtet werden.

Nach einem kurzen Überblick der Messer-

gebnisse folgt eine zeitliche Gegenüberstel-

lung des NO2-Kurvenverlaufs mit Zeit-

punkten der Einführung von Luftquali-

tätsmaßnahmen auf der einen, sowie politi-

schen Entscheidungen im Zuge der Ein-

dämmung des Pandemiegeschehens auf der

anderen Seite.

Abbildung 1 vergleicht die mittleren mo-

natlichen Stickstoffdioxid-Messwerte der

Jahre 2019 und 2020 für jeden Monat ge-

mittelt über alle Stationen im Stadtgebiet

Aachen. In elf Monaten wurden im Jahr

2020 niedrigere Werte gemessen als im

Jahr 2019. Allein im September wird dieser

Trend nicht bestätigt. Besonders große Un-

terschiede, mit niedrigen Werten 2020 und

hohen Werten 2019, lassen sich in den Mo-

Abbildung 1: Monatlicher Vergleich der mittleren NO2-Konzentration in Aachen in den

Jahren 2019 und 2020

Leuchner, M..; Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte / Jahresbericht 2020

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naten Februar und Juli beobachten. Mona-

te mit weniger großen Unterschieden sind

der März, April und August.

Dieser Eindruck geht auch aus Tabelle 1

(am Ende des Beitrags) hervor, in der die

Veränderungen der Monatswerte aller Sta-

tionen von 2020 gegenüber den Werten von

2019 dargestellt werden. Es wird dabei

aber auch klar, dass sich die Werte im Sep-

tember 2020 nicht an jeder Messstation er-

höht haben. Bei einem Drittel der Statio-

nen (allerdings Standorte mit sowieso ho-

hen Konzentrationswerten an verkehrsrei-

chen Straßen am Rand der Innenstadt) wa-

ren die NO2-Werte im September 2020

niedriger als 2019 und bei zwei weiteren

unverändert. Die Häufung gestiegener

Werte im September sticht jedoch aus den

übrigen Werten der Tabelle heraus. Wäh-

rend im September 2020 an 14 Stationen

höhere Werte gemessen wurden als 2019,

ist dies für allen übrigen Monaten zusam-

men nur 6-mal vorgekommen und zwar in

den Monaten März, Juli und August.

Eine besonders deutliche Verringerung der

NO2-Werte von 2020 gegenüber denen aus

2019 konnte hingegen für die Monate Feb-

ruar und Juli festgestellt werden. In beiden

Monaten betrug die negative Änderung

zwischen 2019 und 2020 an 23 der 24 Sta-

tionen mehr als 20 %.

In den vergangenen zwei Jahren hat die

Stadt Aachen spezielle Maßnahmen zur

Verbesserung der Luftqualität beschlossen

(Rat der Stadt Aachen 2019a, 2019b). Un-

abhängig davon wurde das öffentliche Le-

ben im Zuge der Pandemiebekämpfung im

Frühjahr und Herbst 2020 teilweise herun-

tergefahren (Landesregierung Nordrhein-

Westfalen 2021). Ob es Hinweise darauf

gibt, dass sich die Schwankungen in der

mittleren NO2-Konzentration anhand die-

ser Maßnahmen erklären lässt, soll an die-

ser Stelle betrachtet werden.

Neben Regelungen, die darauf abzielten,

die Situation an einzelnen Standorten mit

einer besonders hohen NO2-Konzentration

zu verbessern, wurden auch Maßnahmen

getroffen, die zum Ziel hatten die NO2-

Werte im gesamten (Innen-)Stadtbereich

zu senken. Hier ist vor allem die Einfüh-

rung einer Geschwindigkeitsbegrenzung

Abbildung 2: Mittlere NO2 Konzentration in Aachen in den Jahren 2019 und 2020 mit

Zeitpunkten bzw. Zeiträumen der Einführung von Maßnahmen im

Zusammenhang mit Luftqualität und Covid-19 Pandemie

Leuchner, M..; Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte / Jahresbericht 2020

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auf 30 km/h auf vielen Straßen der Innen-

stadt sowie einigen Einfallstraßen zu nen-

nen, die ab Dezember 2019 wirksam wurde

(Stadt Aachen 2019). In Abbildung 1 lässt

sich besonders im Monat Februar ein gro-

ßer Unterschied der NO2-Konzentration

zwischen 2019 und 2020 feststellen. Im

Monat März ist der Unterschied jedoch

wieder deutlich geringer und an der Innen-

stadtnahen Messstation Kapuzinergraben

wurden sogar höhere Werte gemessen.

Nimmt man die im Zuge der Pandemie ge-

troffenen Maßnahmen in den Blick, fällt

auf, dass im Laufe des ersten Lockdowns

von März bis Mai 2020 die Werte zunächst

stabil blieben bevor sie bis Juli 2020 konti-

nuierlich abfielen. Im Juni und Juli waren

die Beschränkungen aus dem Frühjahr je-

doch schon wieder teilweise aufgehoben. Ab

Mitte Juni bis Mitte September gab es eine

Phase weitgehender Reisefreiheit, auch von

den und in die Niederlande und nach Bel-

gien. Dieser Zeitraum deckt sich zum Teil

mit dem starken Anstieg der NO2-Werte im

August und September 2020. Der Zweite

weitgehende Lockdown trat Ende Oktober

in Kraft. Die NO2-Konzentration sank im

Folgenden auf ein deutlich niedrigeres Ni-

veau.

Den zeitlichen Verlauf der NO2-Werte in

der gesamten Messperiode zeigt Abbil-

dung 2. Zunächst lässt sich innerhalb der

zwei betrachteten Jahre eine allgemeine

Tendenz hin zu geringeren NO2-

Konzentrationen erkennen. Andererseits

bleiben die teils erheblichen Schwankun-

gen erkennbar, die schon in Zusammen-

hang mit Abbildung 1 diskutiert wurden.

Besonders auffällig ist auch in diesem Zu-

sammenhang der starke Anstieg der mitt-

leren NO2-Konzentration im August und

September 2020, nachdem im Juli 2020

noch der tiefste Wert der betrachteten Zeit-

spanne gemessen wurde.

Abbildung 2 zeigt neben der mittleren NO2-

Konzentrationen der betrachteten Zeit-

spanne, Markierungen, welche die Zeit-

punkte bzw. Zeiträume anzeigen an denen

die Maßnahmen zur Verbesserung der

Luftqualität bzw. zur Bekämpfung der Co-

vid-19 Pandemie getroffen wurden. Es wird

klar, dass die NO2-Werte trotz der

Schwankungen, die möglicherweise zum

Teil mit den ergriffenen Maßnahmen er-

klärt werden können, einem allgemeinen

Trend hin zu niedrigeren NO2-folgen. Zu

diesem Schluss kommt auch das Umwelt-

bundesamt (UBA). Bundesweit registrierte

es – wie ansatzweise auch an einzelnen

Standorten in Aachen – teilweise deutliche

Rückgänge im Frühjahr 2020 (bis 30%;

UBA, 2021a). Insgesamt gibt es aber seit

etwa 2016 allgemein einen beschleunigten

Rückgang der NO2-Konzentrationen (UBA,

2021b).

Fazit

Ob und in wie weit die vorgestellten Maß-

nahmen im Zusammenhang mit der Ver-

besserung der Luftqualität und Bekämp-

fung der Corona-Pandemie durchgängig ei-

nen Einfluss auf die Entwicklung der mitt-

leren NO2-Werte hatten, lässt sich auf Ba-

sis dieser Daten nicht eindeutig nachvoll-

ziehen. Dass einige große Schwankungen in

den Werten, wie die stetige Abnahme von

Dezember 2019 bis März 2020 oder der

starke Anstieg im August und September

2020, mit der Einführung von Tempo 30 in

weiten Teilen der Innenstadt bzw. einer

Phase der Reisefreiheit während der

Corona- Pandemie zusammenfallen, gibt

möglicherweise Hinweise darauf, dass ein

kausaler Zusammenhang bestehen könnte.

Im Allgemeinen ist die NO2-Konzentration

jedoch von einer ganzen Reihe Faktoren

abhängig. Beispielweise spielen andere

Stickoxid-Quellen als der Verkehr oder

wechselnde Windsituationen eine entschei-

dende Rolle, die für einige der Schwankun-

gen verantwortlich sein könnten. Bemer-

kenswert ist dabei auch der sich über die

beiden Jahre andeutende negative Trend

der NO2-Werte, der als Fortsetzung eines

ab etwa 2016 verstärkten, bundesweit ne-

gativen NO2-Trends nach Jahren nur ge-

ringer Rückgänge interpretiert werden

kann, dem die diskutierten aktuellen Er-

eignisse sicher nicht entgegengelaufen

sind.

Niels Döscher, Gunnar Ketzler, Michael

Leuchner

Leuchner, M..; Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte / Jahresbericht 2020

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Quellenangaben

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(2021): Coronavirus (Covid-19);

https://www.land.nrw/de/tags/coronavirus-

covid-19?combine=&type=All; 4.3.2021

PMLAB Lehr- und Forschungsgebiet Phy-

sische Geographie und Klimatologie (hg.),

Belgische Interregionale Umweltagentur

(IRCEL – CELINE) (host) (2014): PM-LAB

Info-System;

http://pmlab.irceline.be/index_de.html;

4.3.2021

Rat der Stadt Aachen (2019a): Auszug -

Luftreinhalteplan, Bericht der Verwaltung

zum Gerichtsurteil, Dritte Fortschreibung

des Luftreinhalteplans, Sofortmaßnahmen

akt. Tagesordnungsanträge der GRÜNE

Fraktion vom 07.08.19 und 14.08.2019;

https://ratsinfo.aachen.de/bi/to020.asp?TOL

FDNR=95029; 4.3.2021

Rat der Stadt Aachen (2019b): Luftreinhal-

teplan Aachen, Dritte Fortschreibung. Stu-

fenplan: Sofortmaßnahme Stufe 1 und Stu-

fe 2;

https://ratsinfo.aachen.de/bi/___tmp/tmp/45

081036971402008/971402008/00353593/93-

Anlagen/01/006TOP-Anlage1.pdf; 4.3.2021

Stadt Aachen (2021): Aktuelle NO2-

Messungen;

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999-2019

Leuchner, M..; Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte / Jahresbericht 2020

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Tabelle 1: Änderungen der NO2-Konzentration von 2020 gegenüber den Werten aus dem Jahr 2019. Positive Veränderung in Rot, keine Veränderung in Gelb markiert.

Messort Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember

Römerstraße 19 -14,58% -36,84% -15,56% -22,45% -32,00% -23,26% -39,58% -7,14% -6,38% -30,23% -25,00% -25,00%

Peterstraße 72/74 -19,15% -44,64% -12,20% -26,53% -23,81% -21,43% -39,13% -2,33% -4,55% -33,33% -31,82% -29,27%

Monheimsallee 25 -16,33% -37,50% -27,27% -28,89% -31,91% -27,27% -40,82% -17,02% -4,55% -27,50% -36,96% -34,88%

Jülicher Straße 34/36 -8,33% -32,20% -11,11% -28,85% -27,27% -24,44% -42,55% -13,04% -13,04% -33,33% -30,61% -29,79%

Roermonderstraße 27 -17,78% -46,30% -26,19% -36,36% -26,32% -27,78% -35,29% -20,51% -2,78% -16,13% -30,00% -30,77%

Seilgraben 1 -29,03% -32,26% -45,71% -15,15% -3,03% -36,84% -30,77% -28,95%

Junkerstraße 47 -3,45% -9,38% -12,50% -10,00% -27,27% 0,00% 24,14% 0,00% -18,75% -6,90%

Von-Coels-Straße 4 -11,90% -29,79% -7,69% -14,29% -16,28% -6,98% -25,00% 2,33% 10,00% -15,79% -21,43% -16,22%

Kapuzinergraben 15 -21,88% -33,33% 10,71% 3,23% -6,06% 0,00% -30,30% -7,14% 18,52% -13,64% -11,11% -8,33%

Kasinostraße 54 -16,67% -37,50% -21,88% -3,33% -17,65% -3,57% -26,47% -6,67% 13,79% -7,69% -20,00% -10,71%

Adalbersteinweg 274 -20,00% -30,61% -17,50% -10,26% -19,51% -7,69% -19,05% 4,76% 12,82% -2,78% -12,50% -5,41%

Vaalserstraße 67 -19,23% -48,39% 5,26% -16,00% -14,29% -5,56% -27,78% 0,00% 21,05% -26,32% -30,77% -18,18%

Napolensberg 138 -7,50% -5,13% 5,71% -3,13% -20,00% -25,71% -44,44% -16,67% -8,57% -40,63% -42,42% -15,63%

Horbacherstraße 88 -16,67% -55,17% -10,53% -26,09% -16,67% -29,41% -65,00% -38,89% 18,75% -29,41% -27,27% -19,05%

Trierer Straße 626 -23,68% -24,32% -15,63% -17,24% -21,88% -14,81% -33,33% -15,38% -10,34% -24,14% -10,34% -3,70%

Roermonderstraße 301 -6,90% -47,06% -4,35% -25,93% -29,17% -15,00% -47,83% -15,00% 0,00% -22,73% -35,71% -16,00%

Kurbrunnenstraße 5 -6,90% -44,44% -16,00% -17,86% -20,00% -20,83% -40,00% -8,70% 8,33% -16,00% -26,67% -15,38%

Boxgraben 63 -5,41% -32,61% -19,44% -26,47% -26,67% -17,24% -30,00% -9,09% 0,00% -22,22% -21,62% -17,65%

Schinkelstraße 1 -7,69% -55,88% -17,39% -4,17% -13,64% -11,76% -33,33% -34,78% 4,35% -31,82% -26,92% -25,00%

Monheimsallee (MS) -15,63% -35,00% -7,41% -3,45% -19,35% -3,70% -25,00% -14,71% 12,90% -7,41% -19,35% -20,00%

Bahnhofstraße 33 -10,71% -45,71% -16,00% -11,11% -19,23% -18,18% -37,04% -12,00% 12,00% -21,74% -11,54% -20,83%

Markt 42 -13,64% -55,56% -6,25% -5,00% -17,65% 0,00% -26,67% -20,00% 18,75% -20,00% -10,00% -21,05%

Elisengarten -9,52% -53,57% -5,88% -10,00% -18,75% -16,67% -35,71% -14,29% 20,00% -25,00% -20,00% -15,79%

Friedrich-Wilhelm-Platz 1 -12,50% -53,33% -5,26% -8,70% -10,00% -13,33% -42,11% -23,53% 16,67% -17,65% -100,00% -10,53%

Leuchner, M..; Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte / Jahresbericht 2020

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Leuchner, M., Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte

Ausgabe 492a - Nr. 13/2020 - ISSN 1861-3993

Ketzler, G., Leuchner, M.: Die klimatologische Normalperiode 1991-2020 in Aachen

Für die Klimamessstation Aachen-Hörn

des Geographischen Instituts ist die mit

dem Jahr 2020 zu Ende gegangene Nor-

malperiode die erste vollständige Normal-

periode im klassischen Intervall der Kli-

mastatistik; sie schließt an die vorausge-

henden Perioden 1901-1930, 1931-1961 und

1961-1990 an, für die zumindest für die

frühere Station Aachen (Wetterstation) in

nicht allzu großer Entfernung und ähnli-

cher Lage Daten vorliegen (siehe Abb. 1).

Somit kann für die stärkerer Streuung un-

terliegenden Klimaelemente davon ausge-

gangen werden, dass – wie diese Vorge-

hensweise unterstellt – die natürliche Va-

riabilität durch Mittelung hinreichend er-

fasst wird und somit verlässliche Aussagen

über den langfristigen Zustand der Atmo-

sphäre am gegebenen Ort möglich sind; bei

den sog. „konservativen“, also weniger va-

riablen Klimaelementen (z.B. der Lufttem-

peratur) ist dies schon nach 10 Jahren an-

zunehmen. Weitere Informationen zu den

Mess- und Auswertungsstandards sowie

speziell zu den Daten von Aachen (Wetter-

station) 1961-1990 siehe: Müller-

Westermeier, 1996; allgemeine Informatio-

nen zur Klimamessstation Aachen-Hörn

und Klimamessungen in Aachen finden

sich in den Jahres- und Monatsberichten

der Klimamessstation Aachen-Hörn

(Leuchner et al., 2021) bzw. in einer Son-

derausgabe im Rahmen des Jahresberichts

2009 (Schneider et al., 2010).

Trotz Veränderungen bei den örtlichen Sta-

tionen (z.B. durch Verlegung von Aachen

(Wetterstation) nach Aachen-Orsbach in

2011; siehe Abb. 1) bzw. durch Umstellung

von Messtechnik (s.u.), kann für Tempera-

tur und Niederschlag folgendes zusammen-

fassend vorab festgestellt werden.

Die Lufttemperatur lag in der Normalperi-

ode 1991-2020 im Mittel um 1,1 K über

Abbildung 1: Lage der in der Normalperiode relevanten Stationen in Aachen. AC-Hörn

1980 (Geographisches Institut der RWTH Aachen), AC (Wetterstation) 1901 – 2011

(DWD), AC Orsbach 2011 (DWD); Kartengrundlage: Geobasis NRW (tim-online.nrw.de)

Leuchner, M..; Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte / Jahresbericht 2020

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dem 100-jährigen Temperaturmittel 1901-

2000 (9,6°C) und hat gegenüber der vor-

hergehenden Periode um 1,0 K zugenom-

men (siehe Abb. 2). Wie 1961-1990 (+0,1 K)

lagen auch die zwei ersten für Aachen vor-

liegenden Normalperioden (1901-1930 und

1931-1960) demgegenüber sehr nahe am

Mittel 1901-2000 oder waren etwas kälter

(-0,3 K und 0,0 K).

Innerhalb der letzten Normalperiode kann

bei der Lufttemperatur in 10-Jahresmittel

(Dekaden) differenziert werden (Abb. 2).

Die Abweichung des Dekadenmittels 1991-

2000 betrug gegenüber dem Mittel 1961-

1990 +0,7 K (+0,8 K gegenüber 1901-2000),

2001-2010 +0,9 K und 2011-2020 +1,4 K.

Bei den Sommertemperaturen (Juni, Juli,

August) lag die höchste Temperatur aller

Monate 1991-2000 im Mittel bei 30,6°C,

2001-2010 bei 31,3°C und 2011-2020 bei

33,7°C; zwischen der ersten und der zwei-

ten Dekade nahm dieser Wert demnach um

0,7 K zu, zwischen der zweiten und der

dritten Dekade um 2,4 K.

Die Niederschlagsmenge 1991-2020 lag in

Bezug auf die mittlere Jahressumme deut-

lich unter dem Wert der vorhergehenden

Normalperiode (Mittel 1991-2020: 778 mm

berechnet für die Station Aachen (Wetter-

station), gegenüber 1961-1990 gemessenen

830 mm). Allerdings war das nicht sehr

deutlich aus dem Bereich früherer

Schwankungen: 1901-1930: 839 mm, 1931-

1960: 797 mm. Der höchste Tageswert lag

1991-2020 bei 58,3 mm (Aachen-Hörn) ge-

genüber 63,7 mm Aachen (Wetterstation)

1961-1990 (1901-1930: 73,7 mm, 1931-

1960: 66,6 mm).

Insgesamt ist eine deutliche Zunahme der

Temperaturen, speziell auch in der letzten

Dekade bzw. in den Sommermonaten zu

verzeichnen; dem steht eine zuletzt rück-

läufige Niederschlagsmenge gegenüber.

Den für Aachen im Rahmen des „Anpas-

sungskonzepts an die Folgen des Klima-

wandels im Aachener Talkessel“ auf Basis

von regionalen Modellergebnissen abgelei-

teten Erwartungswerten für durch den

Klimawandel bedingte Temperaturzunah-

men (einschließlich Stadtklimaeffekten)

von 0,3 K bis 0,45 K pro Dekade im Zeit-

raum 2010-2030 steht eine gemessene

Temperaturzunahme im 10-Jahresintervall

Abbildung 2: Abweichungen der Jahresmittel der Lufttemperatur vom Mittel 1901 – 2000

nach Jahren und klimatologischen Normalperioden (Aachen (Wetterstation) bis

2011, danach Aachen-Hörn); Daten: DWD (2021a)

Leuchner, M..; Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte / Jahresbericht 2020

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2011-2020 im Vergleich zu 2001-2010 von

0,5 K bzw. 0,6 K gegenüber, also etwa 0,2 K

bzw. 0,15 K mehr (+67% bzw. +33%).

Stationsänderungen in der Normalperiode

und Analyse der Zeitreihe

Die Vergleichbarkeit zu älteren Daten von

Aachen (Wetterstation) ist allerdings nur

gegeben, soweit die Reihen homogen sind.

Die Klimamessstation Aachen-Hörn ist im

fraglichen Zeitraum nicht verlegt und mit

i.w. unveränderter Messtechnik betrieben

worden. Die Station besteht seit 1980 und

wird seit 1990 vollelektronisch bzw. digital

betrieben (Schneider et al., 2010). Das di-

rekte Stationsumfeld in einem Hoch-

schulcampusbereich unterlag in dieser Pe-

riode einzelnen Veränderungen, wobei hier

der Abriss des sog. Verfügungszentrums in

ca. 100 m Entfernung erheblich war. Am

gleichen Standort sind aber kurz danach

zwei insgesamt etwas kleinere Gebäude

(„ICT Cubes“) und an einem anderen, ähn-

lich weit entfernten Standort noch der Er-

weiterungsbau E3 des Informatik-

Zentrums zusätzlich entstanden, sodass

das Bauvolumen netto insgesamt ähnlich

geblieben ist.

In den Monaten April bis Juni 2011 ist al-

lerdings die ehemalige Klimahauptstation

Aachen (Wetterstation) des Deutschen

Wetterdienstes (DWD) von der Kuppe des

Wingertsbergs (bei Errichtung 1901 außer-

halb, nach und nach infolge Stadterweite-

rungen zuletzt im in der Stadt gelegenen

Aachener Kurpark) nach Aachen-Orsbach

als „Klimareferenzstation“ an einen Stand-

ort weit außerhalb jeden direkten Sied-

lungseinflusses verlegt worden. Dadurch

ist es zu einer Veränderung der Standort-

bedingungen gekommen, die eine direkte

Vergleichbarkeit bei einem Teil der Klima-

elemente unmöglich macht. Um zu über-

prüfen, ob sich zumindest für die Lufttem-

peratur eine nachvollziehbare Vergleichs-

möglichkeit ergibt, wurden die Jahresmit-

teltemperaturen der Stationen im Zeitraum

1991-2020 verglichen (siehe Abb. 3)

Für den Zeitraum 1991-2010 ergibt sich bei

den Jahresmitteltemperaturen zwischen

der Station Aachen-Hörn und Aachen (Wet-

terstation) eine Differenz von 0,2 K. Dabei

Abbildung 3: Jahresmitteltemperaturen AC-Hörn, AC (Wetterstation) bzw. AC-Orsbach

(oben, linke Skala) und Temperaturdifferenzen AC (Wetterstation - AC-Hörn bzw. AC-

Orsbach-AC-Hörn (unten, rechte Skala); Daten: DWD (2021a)

Leuchner, M..; Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte / Jahresbericht 2020

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weisen beide Stationsreihen weitgehend

gleichsinnige Schwankungen von Jahr zu

Jahr und einen fast identischen Trend auf;

die Differenzen zwischen ihnen verändern

sich wenig (sie nehmen tendenziell um

0,6 K / 100 Jahre ab; wenn 1991, das erste,

auffällig stark abweichende Jahr der voll-

elektronischen Datenerfassung an der Sta-

tion Aachen-Hörn nicht berücksichtigt

wird, sogar nur um 0,1 K / 100 Jahre; siehe

Abb. 3). Auch sind die Dekadenmittel der

beiden Stationen für die Perioden 1991-

2000 (10,6°C bzw. 10,4°C) bzw. 2001-2010

(10,8°C bzw. 10,6°C) konsistent. Hinzu

kommt, dass bei fast gleicher Höhenlage

eine ähnliche Geländesituation in Kuppen-

lage allerdings mit mehr Bebauung bei

Aachen-Hörn und demgegenüber einer

stärkeren Leelage zur städtischen Wär-

meinsel bei Aachen (Wetterstation) vor-

liegt, was diesen geringen und nahezu kon-

stanten Differenzwert sehr plausibel er-

scheinen lässt. Es ergibt sich somit kein

Hinweis darauf, dass eine Inhomogenität in

diesem Zeitraum vorliegt; in Bezug auf die

Jahresmitteltemperatur wird deshalb bis

zum Ende der Normalperiode 1991-2020

die Temperaturreihe Aachen (Wetterstati-

on) mit diesem nach der Differenzenmetho-

de ermittelten Korrekturwert (TAC-Hörn =

TAachen(Wetterstation) + 0,2 K) weitergeführt.

Die Temperaturreihe Aachen-Orsbach ver-

hält sich hingegen deutlich anders und ist

für eine vergleichbare Korrektur (noch)

nicht geeignet (siehe Abb. 3). Die Differenz

zur Station Aachen-Hörn ist deutlich grö-

ßer (Jahresmittel 2012-2020: 11,3°C ge-

genüber 10,6°C), was aufgrund der Lage

von Aachen-Orsbach deutlich außerhalb

der Stadt zu erwarten und an sich kein

Hinderungsgrund ist; die Station liegt auf

231 m ü. NHN und damit auch nur wenige

Meter höher als der frühere Standort auf

etwa 202 m ü. NHN (was bei einem mittle-

ren Höhengradienten der Lufttemperatur

von -0,65 K / 100 m einer mittleren Tempe-

raturdifferenz von 0,2 K entspräche). Al-

lerdings weist die Reihe einen deutlich an-

deren Trend als die der beiden anderen

Stationen auf: die Differenzen zur Station

Aachen-Hörn nehmen – hochgerechnet -

um 1,4 K / 100 Jahre zu. Auch dies ist nicht

verwunderlich, denn im städtischen Um-

feld überlagert sich der großräumige Kli-

matrend mit zunehmenden Stadtklimaef-

fekten: „Besonders schlecht durchlüftete,

dicht bebaute und versiegelte urbane Flä-

chen heizen sich bei intensiver Sonnenein-

strahlung tagsüber stark auf. Das führt zu

Temperaturwerten, die in großen Städten

bis zu 10 Grad über denen des Umlandes

liegen“ (DWD, 2020). Bei linearer Zurück-

rechnung dieses Trends wären für die Sta-

tion Aachen-Hörn in den 1960er Jahren

ähnliche Verhältnisse wie in Aachen-

Orsbach zu erwarten, was grundsätzlich

der Stadtentwicklung in dieser Periode

entspricht, denn damals lag der Standort

praktisch am Stadtrand. Aufgrund der Tat-

sache, dass diese Daten aber noch nicht

einmal für eine komplette Dekade vorlie-

gen und der Trend entsprechend unsicher

ist, werden diese Daten hier nicht für eine

Korrektur herangezogen.

Temperaturtrends

Bei der Lufttemperatur liegt mit den aktu-

ellen Daten auch eine lange Reihe der

Normalwerte von 1901 – 2020 vor (Abb. 2).

Die Normalwerte der Mitteltemperatur für

die ersten drei dieser Normalperioden wei-

chen nur geringfügig (zwischen -0,3 K und

+0,1 K) vom langjährigen Mittel ab. Dabei

ist die erste Periode dieser drei die kälteste

und die letzte die wärmste. Die vierte

Normalperiode (1991-2020) weicht hinge-

gen deutlicher und nach oben vom langjäh-

rigen Mittel ab (+1,1 K). Innerhalb der letz-

ten Normalperiode ergibt sich außerdem

noch eine Differenzierung nach den Deka-

denmitteln: die Temperaturzunahme ge-

genüber der vorhergehenden Normalperio-

de schreitet in allen 10-Jahresperioden fort,

in der ersten (1991-2000; +0,7 K) und in

der letzten (+0,5 K) relativ stark, in der

mittleren weniger (+0,2 K). Bei den Som-

mertemperaturen (Juni, Juli, August) liegt

der Wert in der letzten Dekade (2011-2020)

bei +0,6 K.

Mit diesen Dekadenmittelwerten der Luft-

temperatur liegen erstmals für Aachen

auch gemessene Temperaturtrends vor, die

mit neuerdings in der Praxis verwendeten

Klimaprojektionen aus Regionalisierungen

globaler Klimamodellrechnungen vergli-

chen werden können. Danach hat die ge-

messene Lufttemperatur in den letzten drei

Leuchner, M..; Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte / Jahresbericht 2020

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Dekaden im Mittel um 0,47 K / 10 Jahre

zugenommen, in der letzten Dekade 2011-

2020 um 0,5 K (Sommermittel: +0,6 K).

Demgegenüber war auf Basis einer Aus-

wertung von Klimaprojektionen mit mehre-

ren Klimamodellen für das A1B-Szenario

(Buttstädt et al., 2014: das [ältere] A1B-

Szenario beinhaltet insgesamt etwas opti-

mistischere Annahmen als das [neuere]

RCP8.5 Szenario) für Aachen großräumig

eine mittlere Temperaturzunahme von

0,5 K (Sommermittel: 0,6 K) für die Periode

2010-2030 ermittelt worden. Diese Projek-

tionen wurden auch für das „Klimaanpas-

sungskonzept für den Aachener Talkessel“

verwendet (siehe: Erläuterungen zum

Klimaanpassungskonzept für den Aachener

Talkessel; Ketzler et al., 2013). Pro Dekade

wären danach +0,25 K bzw. +0,3 K zu er-

warten gewesen.

Die verfügbaren Klimamodelle berücksich-

tigten allerdings keine lokalen Stadtklima-

effekte, die für das „Anpassungskonzept an

die Folgen des Klimawandels im Aachener

Talkessel“ über Annahmen zur flächenhaf-

ten Nachverdichtung bzw. zu Erweite-

rungsvorhaben mit vorliegenden geostatis-

tischen Temperaturmodellierungen hoch-

gerechnet wurden; hier wurden Tempera-

turzunahmen im Zeitraum 2010-2030 von

örtlich bis ca. 0,3 K, flächig meist unter

0,1 K berechnet (Ketzler et al., 2013). Dies

bedeutet, dass 0,05 K bis örtlich 0,15 K pro

Dekade zu erwarten waren. Basierend auf

dem jetzt für die letzte Dekade durchführ-

baren Vergleich der gemessenen Jahres-

temperaturen von AC-Hörn und AC-

Orsbach zeichnet sich in Aachen (für eine

Situation am Rand der Innenstadt) ein

vermutlicher urbaner Temperaturtrend von

etwa +1,4 K / 100 Jahre oder +0,14 K / De-

kade ab (siehe oben). Dies würde bedeuten,

dass die tatsächlichen Temperatureffekte

von zwischenzeitlichen Veränderungen im

städtischen Raum eher im ganz oberen Be-

reich des seinerzeit angenommenen Wer-

tebereichs oder darüber liegen statt – wie

im Konzept aufgrund nur stichprobenarti-

ger Erhebungsdaten z.B. zur Nachverdich-

tung angesetzt – im unteren. Demnach wa-

ren für Aachen auf Basis der damaligen re-

gionalen Modellergebnisse zuzüglich der

eingetretenen Stadtklimaeffekte Tempera-

turzunahmen von 0,30 K (= 0,25 K +

0,05 K) bis 0,45 K (=0,30 K + 0,15 K) pro

Dekade im Zeitraum 2010 – 2030 erwart-

bar, die gemessene Temperaturzunahme

2011-2020 gegenüber 2001-2010 betrug

demgegenüber 0,5 K bzw. 0,6 K, also etwa

+0,20 K (+67%) bzw. +0,15 K (+33%) mehr.

Theoretisch wäre zwar für die nächste De-

kade eine Stagnation oder auch ein Rück-

gang der Temperaturen möglich, so dass es

für die Periode 2010-2030 dann insgesamt

bei dem angenommenen Temperaturan-

stieg bliebe. Es gibt derzeit allerdings kei-

nerlei Hinweise für solche Entwicklungen,

sondern vielmehr einen erwarteten weite-

ren Anstieg, wobei der DWD (2021b) in den

neuen 1-10-Jahresvorhersagen konkret von

Temperaturzunahmen im Großraum

Aachen zwischen 1,0 K bis 1,5 K (2020-

2024) sowie 1,5 K – 2,0 K (2025-2029) ge-

genüber 1981-2010 ausgeht (= +0,3 K –

+0,8 K bzw. +0,8 K - +1,3 K gegenüber der

Dekade 2011-2020).

Niederschlagstrends

Die Niederschlagsdaten der Stationen

Aachen-Hörn und Aachen (Wetterstation)

können im System der Normalperioden

zumindest für die 30-Jahres-Periode 1981-

2010 verglichen werden, als beide Statio-

nen parallel betrieben wurden. In diesem

Zeitraum wies Aachen-Hörn eine mittlere

Jahressumme des Niederschlags von

908 mm auf, Aachen (Wetterstation)

840 mm; im Mittel waren die Jahressum-

men also an Aachen-Hörn um 68 mm

(Buttstädt et al., 2010) also um 8,1% grö-

ßer. Auf Basis der mittleren Jahressumme

für Aachen-Hörn von 772 mm für den Zeit-

raum 2011-2020 kann mit der Quotienten-

methode das Dekadenmittel dieser Periode

für die dann nicht mehr bestehende Station

Aachen (Wetterstation) zu 714 mm abge-

schätzt und daraus – zusammen mit den

gemessenen Dekadenmitteln 1991-2000

und 2001-2010 beider Stationen (874 mm

und 792 mm bzw. 932 mm und 832 mm) -

das Jahresmittel für die ganze Normalperi-

ode 1991-2020 an Aachen (Wetterstation)

zu 779 mm hochgerechnet werden. Aus die-

sem Wert und dem Normalwert für

Aachen-Hörn im Zeitraum 1991-2020 von

852 mm ergäbe sich eine Niederschlagsdif-

ferenz der Stationen von 73 mm (9,4%); die

Niederschlagssumme hätte für Aachen

Leuchner, M..; Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte / Jahresbericht 2020

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(Wetterstation) danach um 22 mm zuge-

nommen (+3% gegenüber 1961-1990:

830 mm). In Bezug auf die Jahresnieder-

schlagssummen wurden im „Anpassungs-

konzept an die Folgen des Klimawandels

im Aachener Talkessel“ (Ketzler et al.,

2013) – ebenfalls auf Basis regionaler

Klimamodellierungen – im Raum Aachen

für die Periode 2010 – 2030 nahezu unver-

änderte Niederschläge erwartet, im Som-

mer mit eher geringeren Niederschlags-

summen; aufgrund der großen Variabilität

der Niederschläge kann hier noch nichts

Definitives festgestellt werden, die Messda-

ten widersprechen den Modellannahmen

bislang jedenfalls nicht.

Die Station Aachen-Orsbach kann auf-

grund der kurzen Betriebszeit noch nicht

sicher mit Aachen-Hörn verglichen werden;

im Zeitraum 2012-2020 lag hier jedenfalls

die mittlere jährliche Niederschlagssumme

bei 787 mm und damit nur wenig (+15 mm;

+1,9%) über dem Wert von Aachen-Hörn

für den gleichen Zeitraum.

Vergleich der Normalperioden im Detail

Die Mitteltemperatur an der Klimaesssta-

tion Aachen-Hörn im Zeitraum 1991-2020

betrug 10,9°C (siehe auch Tabelle 1 und 2

am Ende des Beitrags). Im Vergleich zur

Normalperiode 1961-1990 an Aachen (Wet-

terstation) von 9,7°C sind das 1,2 K mehr,

unter Berücksichtigung der im Mittel 0,2 K

höheren Lufttemperatur an Aachen-Hörn

als an der jetzt nicht mehr betriebenen Sta-

tion Aachen (Wetterstation) (siehe oben)

entspricht das einer Temperaturzunahme

von 1,0 K im Verlauf der letzten 30 Jahre

in einer solchen Randlage zur Innenstadt

von Aachen.

Diese deutliche Zunahme der Mitteltempe-

raturen drückt sich auch in praktisch allen

besonderen Temperaturwerten aus. Das

absolute Temperaturmaximum lag 1991-

2020 mit 40,0°C um 4,6 K über dem

Höchstwert der Normalperiode 1961-1990,

das absolute Minimum von -15,7°C fiel

auch aber nicht so viel höher aus als im

vorhergehenden Zeitraum (-17,4°C). Der

wärmste Monat war in beiden Normalperi-

oden der Juli mit 1991-2020 im Mittel

19,2°C (1961-1990: 17,3°C), der kälteste

blieb der Januar mit im Mittel 3,4°C (ge-

genüber 2,4°C). Der absolut wärmste Mo-

nat 1991-2020 war der Juli 2006 mit im

Mittel 23,9°C, der Dezember 2010 war mit

im Mittel -1,5°C der kälteste Monat; das im

Mittel wärmste Jahr war 2020 mit 12,2°C,

das kälteste 1996 mit 9,1°C.

Die Zahl der Frosttage (Tagestiefsttempe-

ratur < 0°C) betrug im Zeitraum 1991-2020

(Aachen-Hörn) 44,0, 1961-1990 waren es

51,7 (Aachen(Wetterstation)); 1996 kamen

85 Frosttage vor (2010 immerhin auch 84),

2014 waren nur 18. Der Trend bei den

Frosttagen ist auf Jahresbasis rückläufig

(-24,8 Tage / 100 Jahre), bei den meisten

der Monate mit Frosttagen (Okt-Feb) auch,

nicht aber im März und April; hier liegt ei-

ne leichte Zunahme vor (+7 / 100 Jahre

bzw. +3 / 100 Jahre). Eistage (Tage mit ei-

ner Höchsttemperatur < 0°C; „Dauerfrost“)

gab es zuletzt im Durchschnitt 7,8, in der

vorhergehenden Normalperiode waren es

im Mittel 12,5 pro Jahr; solche Tage kamen

im Zeitraum 1991-2020 maximal 51 in ei-

nem Jahr vor (2010), 2020 gab es keinen

Eistag.

Im Zeitraum 1991-2020 wurde durch-

schnittlich an 34,5 Tagen eine Temperatur

von 25°C erreicht oder überschritten

(„Sommertag“), in der Normalperiode davor

war dies an 24,1 Tagen der Fall (maximal

waren es im Zeitraum 1991-2020 erhebli-

che 71 (2018), minimal 15 (1996)). Tage mit

einer Höchsttemperatur von 30°C oder

mehr („heiße Tage“) traten 1991-2020 im

Durchschnitt 7,6 pro Jahr auf, in der Peri-

ode 1961-1990 waren es 3,5; maximal gab

es davon 16 pro Jahr (1994), 1993 kam kein

solcher Tag vor. Mit zunehmenden Tempe-

raturen sind Überschreitungen von 35°C

nicht mehr ungewöhnlich, so dass auch sie

jetzt in den Monats- und Jahresberichten

der Klimamessstation Aachen-Hörn routi-

nemäßig aufgeführt werden sollen (eine of-

fizielle Bezeichnung für diese Tage gibt es

in der deutschsprachigen Meteorologie

noch nicht); 1991-2020 gab es in Aachen

durchschnittlich 0,9 dieser sehr heißen Ta-

Leuchner, M..; Ketzler, G. [Hrsg.]: Klimamessstation Aachen-Hörn - Monatsberichte / Jahresbericht 2020

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ge pro Jahr, 2019 und 2020 traten 5 solcher

Tage auf, jeweils mehr als in der ganzen

Normalperiode 1961-1990 überhaupt (4).

Der mittlere Jahresniederschlag in der Pe-

riode 1991-2020 betrug an der Station

Aachen-Hörn 852 mm, 1961-1990 waren es

830 mm - allerdings liegen nur für Aachen

(Wetterstation) Daten für diese Periode

vor. Wenn nach der Quotientenmethode der

um 8,1% höhere Niederschlag an Aachen-

Hörn zugrunde gelegt wird (s.o.), wären an

Aachen (Wetterstation) 1991-2020 788 mm

zu erwarten gewesen; damit wäre die Nie-

derschlagssumme in der aktuellen 30-

Jahresperiode dort um 42 mm (5,1%) ge-

ringer ausgefallen als 1961-1990.

2007 war das Jahr mit der höchsten Nie-

derschlagsmenge in der aktuellen Normal-

periode (1136 mm; Aachen-Hörn), im ext-

remen Trockenjahr 2018 wurden dort nur

660 mm registriert. Maximal fielen an ei-

nem Tag 58,3 mm Niederschlag

(28.7.2014); dies war etwas weniger als

beim Starkregenereignis 7.10.1982

(63,7 mm), dem maximalen Tagesnieder-

schlag in der Periode 1961-1990. Die Zahl

der Tage mit einem Niederschlag von min-

destens 0,1 mm betrug 1991-2020 durch-

schnittlich 199 pro Jahr (Aachen-Hörn; 196

in 1961-1990 Aachen (Wetterstation)). Ins-

gesamt ist bezogen auf die wesentlichen

Eckdaten zum Niederschlag eine Abnahme

der Menge festzustellen (-5,1%), die unter

Berücksichtigung der – vor allem: sommer-

lichen – Temperaturzunahme eigentlich ei-

ne sehr deutliche Tendenz zu mehr Tro-

ckenheit beinhaltet. Die Intensität der

stärksten Niederschläge hat nicht erkenn-

bar zugenommen, damit ist allerdings

nichts über eine mögliche Veränderung der

Verteilungsfunktion von Starkregenereig-

nissen ausgesagt, zumal die Wiederkehr-

zeiten bei Extremniederschlägen auch

deutlich über 30 Jahren liegen können.

Bei weiteren Klimaelementen können die

Normalperioden nicht bzw. nicht ohne wei-

teres verglichen werden. Bei der Sonnen-

scheindauer sind die Reihen nicht homo-

gen; generell fand um das Jahr 1990 eine

Umstellung der Messtechnik von analogen

Sonnenscheinautographen (z.B. vom Typ

Campbell-Stokes) auf elektronische Mess-

technik (Pyranometer) statt, 1990 – 2010

wurde an der Station Aachen-Hörn zudem

noch eine spezielle Messtechnik betrieben.

Bei der Globalstrahlung liegen aus der Zeit

vor 1990 gar keine kontinuierlichen Mes-

sungen vor. Beim Wind sind ebenfalls kei-

ne homogenen Messreihen gegeben; die

Messung der Windgeschwindigkeit reagiert

empfindlich auf Veränderungen im Umfeld,

z.B. auch auf den Baumschnitt.

Gunnar Ketzler, Michael Leuchner

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1861-3993; Sonderausgabe zum 30-jährigen

Bestehen der Klimamessstation Aachen-

Hörn des Geographischen Instituts der

RWTH Aachen,

https://www.klimageo.rwth-

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aaaaaaabdcevw

Tabelle 2: Bericht über die klimatologische Normalperiode 1991-2020 - Übersicht