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KBWR, Duisburg Seite 1 von 30 19.11.2006 V 1.0 © B. Limbach Lineare Gleichungen und lineare Gleichungssysteme mit zwei Variablen Inhalt: Seite 1.1 Beispiel einer linearen Gleichung mit zwei Variablen 2 1.2 Normalform einer linearen Gleichung mit zwei Variablen und ihre Lösungen 5 1.3 Aufgaben 7 1.4 Aufgaben 7 2.1 Lineare Gleichungssysteme mit zwei Variablen und ihre Lösungen 8 2.2 Das Einsetzungsverfahren an Beispielen 9 2.3 Das Gleichsetzungsverfahren an Beispielen 11 2.4 Das Additionsverfahren an Beispielen 15 2.5 Allgemeine Lösung eines linearen Gleichungssystems mit dem Gleichsetzungsverfahren 18 2.6 Allgemeine Lösung eines linearen Gleichungssystems mit dem Additionsverfahren 19 2.7 Aufgaben 24 3. Zweireihige Determinanten 25 3.1 Definition zweireihiger Determinanten 25 3.2 Aufgaben zu zweireihigen Determinanten 26 3.3 Aufgaben 26 3.4 Eigenschaften zweireihiger Determinanten 27 3.5 Lösungen ausgewählter Aufgaben 28 4. Geschichtliches 30

Lineare Gleichungen und lineare Gleichungssysteme mit … Gleichungssysteme.pdf · Gleichung der blauen Geraden: 3x + 4y = 10 Drei Verfahren werden zur Lösung linearer Gleichungssysteme

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Lineare Gleichungen und lineare Gleichungssysteme mit zwei Variablen Inhalt: Seite 1.1 Beispiel einer linearen Gleichung mit zwei Variablen 2 1.2 Normalform einer linearen Gleichung mit zwei Variablen und ihre Lösungen 5 1.3 Aufgaben 7 1.4 Aufgaben 7 2.1 Lineare Gleichungssysteme mit zwei Variablen und ihre Lösungen 8 2.2 Das Einsetzungsverfahren an Beispielen 9 2.3 Das Gleichsetzungsverfahren an Beispielen 11 2.4 Das Additionsverfahren an Beispielen 15 2.5 Allgemeine Lösung eines linearen Gleichungssystems mit dem Gleichsetzungsverfahren 18 2.6 Allgemeine Lösung eines linearen Gleichungssystems mit dem Additionsverfahren 19 2.7 Aufgaben 24 3. Zweireihige Determinanten 25 3.1 Definition zweireihiger Determinanten 25 3.2 Aufgaben zu zweireihigen Determinanten 26 3.3 Aufgaben 26 3.4 Eigenschaften zweireihiger Determinanten 27 3.5 Lösungen ausgewählter Aufgaben 28 4. Geschichtliches 30

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1.1 Beispiel einer linearen Gleichung mit zwei Variablen Zuerst ein Beispiel einer linearen Gleichung mit zwei Variablen: 2x + 3y = 6 Wie erhält man alle Lösungen dieser Gleichung?

23

Zwei verschiedene Lösungen lassen sich leicht bestimmen. Setzt man z.B. x = 0, so muß y = 2 sein, denn 2 · 0 + 3 · 2 = 6 ist eine wahre Aussage. Das Paar(0/2) ist also eine Lösung der Gleichung. Setzt man y = 0, so muß x = 3 sein, denn 2 · 3 + 3 · 0 = 6. Das Paar(3/0) ist ebenfalls eine Lösung der Gleichung. Zeichnet man beide Lösungen in ein (rechtwinkliges) Koordinatenkreuz ein und zeichnet man durch diese beiden Punkte eine Gerade, so erhält man alle Lösungen der Gleichung 2x + 3y = 6 als Graph. Die Auflösung der Gleichung nach y ergibt: 2x + 3y = 6 ⇔ 3y = –2x + 6

⇔ y = – 23

x + 2

y x 2 – 1 | | | | | | x | | –4 –3 –2 –1 0 1 2 3 4 5 x – –1

Funktionsgraph der linearen Funktion: y = – x + 2

Abb. 1 Festzuhalten ist: 1. Jede Lösung einer linearen Gleichung mit zwei Variablen ist ein Zahlenpaar (x0 / y0). 2. Es gibt unendlich viele Lösungen, d.h. es gibt unendlich viele Zahlenpaare, die eine wahre Aussage ergeben, wenn man sie in die Gleichung einsetzt. 3. Alle Lösungen liegen auf einer Geraden, wenn man sie in ein Koordinatenkreuz einzeichnet. Alle Punkte der Geraden sind Lösungen. Wie ändert sich die Lösungsmenge, wenn man die Gleichung 2x + 3y = 6 leicht abändert? Welche Lösungsmenge hat die Gleichung I 2x + 3y = 0 ? Welche Lösungsmenge hat die Gleichung II 0x + 3y = 6 ? Welche Lösungsmenge hat die Gleichung III 2x + 0y = 6 ?

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Auch für die Gleichung I lassen sich sofort zwei verschiedene Lösungen bestimmen. Setzt man x = 0, so muß auch y = 0 sein. Das Zahlenpaar (0/0) ist eine Lösung der Gleichung. Setzt man x = 3, so muß y = – 2 sein, da 2·3 + 3·(–2) = 0 ist. Das Zahlenpaar (3/–2) ist auch eine Lösung der Gleichung. Die Lösungsmenge ist eine Ursprungsgerade ( siehe Abbildung 2). Die Auflösung der Gleichung I nach y ergibt: 2x + 3y = 0 ⇔ 3y = –2x

⇔ y = – 23

x

y – 2 – 1 | | | | x | | | | | –4 –3 –2 –1 0 1 2 3 4 5 x – –1 – –2 x (3/–2)

Funktionsgraph der linearen Funktion: y = – x 23

Abb. 2 In der Gleichung II (0x + 3y = 6) muß y = 2 sein, unabhängig von dem Wert, der für x eingesetzt wird. Es gilt 0 · x + 3 · 2 = 6 für alle x є . Die folgenden Zahlenpaare sind also Lösungen der Gleichung I 0x + 3y = 6: (–1/2), (0/2), (1/2), (2/2), (3/2),... y x x 2 x x x y = 2 – 1 | | | | | | | | | –4 –3 –2 –1 0 1 2 3 4 5 x – –1 Abb. 3

Die Lösungen liegen alle auf einer Parallelen der x-Achse. Der Graph erfüllt die Gleichung y = 63

= 2.

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In der Gleichung III ( 2x + 0y = 6) muß x = 3 sein, unabhängig von dem Wert, der für y eingesetzt wird. Es gilt 2 · 3 + 0 · y = 6 für alle y є . Die folgenden Zahlenpaare sind also Lösungen der Gleichung III: ( 3/–2 ), ( 3/–1 ), ( 3/0 ), ( 3/1 ), ( 3/2 ), ( 3/3), ... y – 3 x – 2 x – 1 x | | | | | | x | | –4 –3 –2 –1 0 1 2 3 4 5 x – –1 x – –2 x x = 3 Abb. 4

Die Lösungen liegen alle auf einer Parallelen der y-Achse. Der Graph erfüllt die Gleichung x = 62

= 3.

( In diesem Fall ist der Graph kein Funktionsgraph, da der Zahl 3 unendlich viele verschiedene reelle Zahlen zugeordnet werden.) Zusammenfassung: Die Lösungsmenge der linearen Gleichung 2x + 3y = 6 hat unendlich viele Elemente. Zeichnet man die Elemente in ein Koordinatenkreuz ein, liegen diese Elemente alle auf einer Geraden. Jeder Punkt dieser Geraden ist eine Lösung der Gleichung. Setzt man einen der Koeffizienten1) oder die rechte Seite der Gleichung Null, ändert die Gerade ihre Lage: - Setzt man die rechte Seite der Gleichung gleich Null ( Gleichung I: 2x + 3y = 0 ), erhält man eine Ursprungsgerade, die parallel zur Lösungsmenge der Ausgangsgleichung 2x + 3y = 6 ist.

- Setzt man den Koeffizienten der Variablen x gleich Null ( Gleichung II: 0x + 3y = 6 ), ist die Gerade parallel zu x-Achse. - Setzt man den Koeffizienten der Variablen y gleich Null ( Gleichung III: 2x + 0y = 6 ), ist die Gerade parallel zu y-Achse. In jedem Fall hilft die Vorstellung, daß eine lineare Gleichung mit zwei Variablen "eine Gerade ist". Zusatz: Die Gleichung 0x + 0y = 0 wird von jedem Zahlenpaar (x/y) erfüllt. Die Gleichung 0x + 0y = 6 wird von keinem Zahlenpaar (x/y) erfüllt.

1 Koeffizient= Faktor einer Variablen

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1.2 Normalform einer linearen Gleichung mit zwei Variablen und ihre Lösungen Für eine lineare Gleichung in Normalform ax + by = c mit den Formvariablen a, b, c und den Lösungsvariablen x, y wird die Lösungsmenge nun in Abhängigkeit der Formvariablen a, b, c dargestellt. In diesem Abschnitt wird ausgeschlossen, daß sowohl a als auch b gleichzeitig Null sind. Eine Lösung einer linearen Gleichung mit zwei Variablen ist ein Zahlenpaar (x0 / y0), das die lineare Gleichung zu einer wahren Aussage macht, wenn man die 1. Koordinate x0 dieses Paares in die Variable x einsetzt und entsprechend die 2. Koordinate y0 dieses Paares in die Variable y einsetzt. Wählt man wie oben im Beispiel a = 2, b = 3 und c = 6, erhält man die lineare Gleichung 2x + 3y = 6. ( Im Gegensatz zu der quadratischen Gleichung x² + y² = 1, kommen die Lösungsvariablen x, y in einer linearen Gleichung nur in der ersten Potenz vor.) 1. Fall: a = 0, b ≠ 0, c є beliebig

Die Gleichung 0x + by = c hat unendlich viele Lösungen der Form ( x / cb

). Dabei darf

für x jede beliebige reelle Zahl eingesetzt werden. Die Lösungsmenge ist eine Parallele

der x-Achse mit der Gleichung y = cb

. Falls c = 0 ist, ist die Lösungsmenge die

x-Achse selbst. Abbildung 5 zeigt die Lösungsmenge für cb

> 0.

y

y = > 0 cb

– 2 – 1 | | | | | | | | | –4 –3 –2 –1 0 1 2 3 4 5 x – –1 – –2 Abb. 5

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2. Fall: a ≠ 0, b = 0, c є beliebig

Die Gleichung ax + 0y = c hat unendlich viele Lösungen der Form (ca

/ y). Dabei darf

für y jede beliebige reelle Zahl eingesetzt werden. Die Lösungsmenge ist eine Parallele

der y-Achse mit der Gleichung x =ca

. Falls c = 0 ist, ist die Lösungsmenge die

y-Achse selbst. Abbildung 6 zeigt die Lösungsmenge für ca

< 0. Kein Funktionsgraph!

y – 3 – 2 – 1 | | | | | | | | | –4 –3 –2 –1 0 1 2 3 4 5 x – –1 – –2 Abb. 6

x = < 0 ca

ab

ab

cb

3. Fall: a ≠ 0, b ≠ 0, c є beliebig Die Gleichung ax + by = c hat unendlich viele Lösungen.

Zwei spezielle Lösungen sind (ca

/ 0) und (0 / cb

), falls c ≠ 0 ist.

Ist c = 0, sind (b/–a) und (–b/a) zwei verschiedene Lösungen. Die Lösungsmenge der Gleichung ist die Gerade durch diese beiden Punkte. Formt man die Gleichung äquivalent um, erhält man die Normalform einer linearen Funktion: ax + by = c / – ax by= – ax + c / : b ≠ 0 ⇔

y= – ⇔ab

x + cb

( Abbildung 7 zeigt den Fall a = –1 und b = 2 und c = –3 bzw. c= 0. )

Funktionsgraph, falls c= 0 : y = – x

y – 2 – 1 | | | | | | | | | –4 –3 –2 –1 0 1 2 3 4 5 x – –1 – –2

Funktionsgraph, falls c≠ 0 : y = – x +

Abb. 7

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Zusammenfassung: Voraussetzung: a, b, c drei beliebige reelle Zahlen Die Lösungsmenge der linearen Gleichung ax + by = c ist eine Gerade, falls nicht a und b gleichzeitig Null sind. 1. Falls a = 0 ( und b≠ 0) ist, ist die Gerade parallel zur x-Achse. Sie hat dann die

Gleichung y = c

. Ist zusätzlich c = 0, so ist die Gerade die x-Achse selbst. b

2. Falls b = 0 ( und a≠ 0) ist, ist die Gerade parallel zur y-Achse. Sie hat dann die

Gleichung x = c

. Ist zusätzlich c = 0, so ist die Gerade die y-Achse selbst. In

diesem Fall ist der Graph kein Funktionsgraph. a

3. Falls a ≠ 0 und b ≠ 0 sind, ist die Gerade nicht parallel zu einer

Koordinatenachse. Die Gerade hat die Gleichung y= – ab

x + cb

.

Sie ist eine Ursprungsgerade, falls c = 0 ist.

Zwei spezielle Lösungen sind (ca

/ 0) und (0 / cb

), falls c ≠ 0 ist.

4. Falls a = 0 und b = 0 und c≠ 0, also die Gleichung 0x + 0y = c lautet, ist die Lösungsmenge leer, da kein Paar (x/y) diese Gleichung erfüllen kann. 5. Falls a = 0 und b = 0 und c = 0, also die Gleichung 0x + 0y = 0 lautet, ist jedes Zahlenpaar eine Lösung dieser Gleichung. 1.3 Aufgaben: Zeichnen Sie die Lösungsmengen der folgenden linearen Gleichungen jeweils in ein Koordinatenkreuz: 1.3.1 3x + 4y = 7 1.3.2 2x + 3y = – 1 1.3.3 6x – 5y = 12 1.3.4 18x – 13y = – 9

1.3.5 – 0,4x + 1,6y = –2,3 1.3. 6 –12

x + 23

y = –35

1.3.7 0x – 5y = 9 1.3.8 38

x – 0y = –56

1.4 Aufgaben: Die folgenden Lösungsmengen der linearen Gleichung haben gemeinsame Punkte mit den Koordinatenachsen. Bestimmen Sie alle Schnittpunkte der Lösungsmenge mit den Koordinatenachsen. 1.4.1 –3x + 5 y = – 8 1.4.2 x – 2 y = 3

1.4.3 0,4x – 1,5 y = – 3,2 1.4.4 12

x + 13

y = –14

1.4.5 –25

x + 35

y = –45

1.4.6 –4

x + 9

59

y = –89

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2.1 Lineare Gleichungssysteme mit zwei Variablen und ihre Lösungen In diesem Abschnitt betrachten wir lineare Gleichungssysteme aus zwei Gleichungen mit jeweils zwei Variablen. Ein solches lineares Gleichungssystem besteht aus zwei durch "und" verbundenen linearen Gleichungen mit 2 Variablen (Abkürzung: LGS). Eine Lösung eines solchen linearen Gleichungssystems ist ein Zahlenpaar, daß, eingesetzt in beide Gleichungen des Gleichungssystems, jede einzelne Gleichung zu einer wahren Aussage macht. Ein Beispiel: I: 2x + 3y = 6 und II: 3x + 4y = 10 Das einzige Zahlenpaar, das beide Gleichungen zu wahren Aussagen macht, ist das Paar (6/–2). Eingesetzt in beide Gleichungen ergibt sich jeweils eine wahre Aussage.

I: 2·6 + 3·(–2) = 6 und II: 3·6 + 4·(–2) = 10

Abb. 8 Gleichung der roten Geraden: 2x + 3y = 6 Gleichung der blauen Geraden: 3x + 4y = 10 Drei Verfahren werden zur Lösung linearer Gleichungssysteme eingesetzt: – Einsetzungsverfahren – Gleichsetzungsverfahren – Additionsverfahren Alle drei Verfahren sollen an diesem Beispiel und an weiteren Beispielen gezeigt werden. Dabei ist die Vorstellung hilfreich, daß lineare Gleichungen "Geraden" sind. Die Ausnahmen werden später betrachtet. Die folgenden Äquivalenzumformungen für Gleichungssysteme sind erlaubt, d.h. sie verändern die Lösungsmenge nicht: – zwei Gleichungen dürfen miteinander vertauscht werden – jede Gleichung darf mit einer reellen Zahl c≠ 0 multipliziert werden – ein Vielfaches einer Gleichung darf zum Vielfachen einer anderen Gleichung addiert oder subtrahiert werden

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2.2 Das Einsetzungsverfahren Beim Einsetzungsverfahren wird ein Term der einen Gleichung in die andere Gleichung eingesetzt, um so eine Gleichung mit nur einer Variablen zu erhalten, die dann nach der verbliebenen Variablen aufgelöst wird. Das Ergebnis wird danach in die noch ungelöste Gleichung eingesetzt. Diese kann nun gelöst werden, da sie nur noch eine Variable enthält. 2.2.1 Beispiel: I: 2x + 3y = 6 /·3 und II: 3x + 4y = 10 /·2 Ia: 6x + 9y = 18 /–9y und IIa: 6x + 8y = 20 Ib: 6x = 18 – 9y und IIb: 18 – 9y + 8y = 20 In der 2. Gleichung wird der Ausdruck 6x ersetzt durch den gleichwertigen Ausdruck 18 – 9y aus der 1. Gleichung. Jetzt hat die 2. Gleichung nur noch die eine Variable y. Diese wird nun berechnet:

Ib: 6x = 18 – 9y und IIc: 18 – y = 20 /+ y – 20 Ib: 6x = 18 – 9y und IIc: – 2 = y Ic: 6x = 18 – 9·(–2) und IIc: – 2 = y Id: 6x = 36 und IIc: – 2 = y Ie: x = 6 und IIc: – 2 = y einzige Lösung des LGS: (6/–2) 2.2.2 Beispiel: Maria ist sechs Jahre älter als Eva. In zwei Jahren ist Maria dreimal so alt wie Eva heute. Wie alt sind die beiden Mädchen? 1. Lösung dieses Beispiels: Sei x > 0 das Alter von Eva. Sei y > 0 das Alter von Maria. Dann gilt: I: x + 6 = y und II: y + 2 = 3x Ersetzt man nun in der zweiten Gleichung die Variable y durch die linke Seite der ersten Gleichung, also durch x + 6, so erhält man I: x + 6 = y und IIa: x + 6 + 2 = 3x / – x I: x + 6 = y und IIb: 8 = 2x / : 2 I: x + 6 = y und IIc: 4 = x Wird der für x errechnete Wert nun in die erste Gleichung eingesetzt, erhält man den Wert für y. Ia: 4 + 6 = y und IIc: 4 = x Ib: 10 = y und IIc: 4 = x Die Lösung ist also das Paar (4 / 10). (Reihenfolge beachten!)

Abb. 9 Gleichung der roten Geraden: y = x + 6 Gleichung der blauen Geraden: y = 3x – 2

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2. (bessere) Lösung des Beispiels: Nicht immer ist die Einführung einer zweiten Variablen zwingend nötig. Mehrere Variablen sollten nur dann in einer Aufgabe benutzt werden, wenn dies unvermeidbar ist. Sei x > 0 das Alter von Eva. Dann ist x+ 6 das Alter von Maria. Alter heute Alter in zwei Jahren Eva x – Maria x + 6 x + 8 Nach dem Aufgabentext gilt: x + 8 = 3x / – x /:2 ⇔ x = 4 Antwort: Eva ist heute 4 Jahre alt, Maria ist heute 10 Jahre alt. Wie man sieht, ist die Einführung einer zweiten Variablen bei dieser Aufgabe nicht nötig. 2.2.3 Beispiel: Ein weiteres Beispiel zum Einsetzungsverfahren:

y = 3x – 5 und x + y = 3 Da die linke lineare Gleichung in Normalform vorliegt, setzt man den Term 3x – 5 in die rechte Gleichung statt y ein: y = 3x – 5 und x + 3x – 5 = 3 Damit erhält man eine Gleichung, die nur noch die Variable x enthält. Diese Gleichung ist nun nach x aufzulösen: y = 3x – 5 und 4x – 5 = 3 / +5 ⇔ y = 3x – 5 und 4x = 8 /:4 ⇔ y = 3x – 5 und x = 2 Die für die Variable x errechnete Lösung wird nun in die 1. Gleichung eingesetzt: ⇔ y = 3·2 – 5 und x = 2 ⇔ y = 1 und x = 2 Die Lösung dieses linearen Gleichungssystems ist das Paar ( 2 / 1 ). Die Probe ergibt 1 = 3 · 2 – 5 und 2 + 1 = 3

Abb. 10 Gleichung der roten Geraden: x + y = 3 Gleichung der blauen Geraden: y = 3x – 5

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2.3 Das Gleichsetzungsverfahren Beim Gleichsetzungsverfahren werden beide Gleichungen derart umgeformt, daß bei beiden Gleichungen gleiche Ausdrücke einer Variablen auf je einer Seite stehen. Dann werden die beiden anderen Seiten gleichgesetzt, um so eine Gleichung mit nur noch einer Variablen zu erhalten. 2.3.1 Beispiel: I: 2x + 3y = 6 /·3 und II: 3x + 4y = 10 /·2 Ia: 6x + 9y = 18 und IIa: 6x + 8y = 20 Ib: 6x = 18 – 9y und IIb: 6x = 20 – 8y Die beiden linken Seiten sind identisch. Also müssen die jeweiligen rechten Seiten der Gleichungen gleichwertig sein. Man kann sie also gleichsetzen. Beide rechte Seiten enthalten nur die Variable y: Ib: 6x = 18 – 9y und IIc: 18 – 9y = 20 – 8y / +9y – 20 Ib: 6x = 18 – 9y und IId: –2 = y Die berechnete Lösung der 2. Gleichung wird nun in die 1. Gleichung eingesetzt: Ic: 6x = 18 – 9·(–2) und IIc: – 2 = y Id: 6x = 36 und IIc: – 2 = y Ie: x = 6 und IIc: – 2 = y einzige Lösung: (6/–2)

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2.3.2 Beispiel: Gegeben sind zwei Geraden g1 und g2 durch ihre Normalformen. Gesucht: Schnittpunkt S(xs / ys), falls beide Geraden nicht parallel sind.

Sei die Gerade g1 gegeben durch: y = 32

x – 1 und

sei die Gerade g2 gegeben durch: y = –12

x + 2

S(xs / ys) Abb. 11

Der Schnittpunkt S ist der einzige Punkt, der beide Geradengleichungen erfüllt,

d.h. yS = 32

xS – 1 und yS = –12

xS + 2

Setzt man beide Gleichungen gleich, erhält man eine Bestimmungsgleichung für xS .

32

xS – 1 = – 12

xS + 2 / ·2

⇔ 3xS – 2 = –xS + 4 / + xS + 2 ⇔ 4 xS = 6 / : 4

⇔ xS = 1,5 = 32

Setzt man nun die berechnete x-Koordinate des Schnittpunktes S in eine der beiden Gleichungen ein, erhält man die zugehörige y-Koordinate.

Eingesetzt in die 1. Geradengleichung: yS = 32

· 32

– 1 = 94

– 1 = 54

= 1,25

Zur Probe wird die gefundene Lösung auch in die 2. Geradengleichung eingesetzt:

yS = –1

· 2

32

+ 2 = – 34

+ 2 = 54

= 1,25

S(32

/ 54

) ist der gesuchte Schnittpunkt.

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2.3.3 Beispiel: Ein Zug fährt mit 90km/h Durchschnittsgeschwindigkeit von Astadt nach Bstadt. Ein zweiter Zug fährt umgekehrt auf gleicher Strecke mit 110 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit von Bstadt nach Astadt. Die Entfernung beider Städte ist 234 km. Beide Züge verlassen zum gleichen Zeitpunkt ihren Startbahnhof. Nach wie vielen Minuten nach der Abfahrt treffen sie sich? Wie viele Kilometer hat der erste Zug zu diesem Zeitpunkt noch nach Bstadt zu fahren? Wie viele Minuten Fahrtzeit benötigt Zug 2 für die Strecke nach Astadt? Bei Textaufgaben wird häufig der "Ansatz" als schwierig empfunden. Bei dieser Aufgabe liegt es nahe, die Entfernung von Astadt (oder auch von Bstadt) als Funktion der Fahrtzeit zu wählen. Dann ergeben sich für die beiden Züge zwei lineare Funktionen: Zug 1 hält im Bahnhof von Astadt. Wenn er nach Bstadt fährt, entfernt er sich von Astadt.

f1(t) = y = 90kmh

· t h = 90 · t km ( Die Funktion f1 gibt die Anzahl der Kilometer an, die )

( sich Zug 1 von Astadt in t Stunden entfernt. ) ( Siehe auch die Wertetabelle! ) = durchschnittliche Geschwindigkeit pro Stunde mal Fahrzeit Zug 2 steht in Bstadt, ist also 234 km von Astadt entfernt. Wenn Zug 2 losfährt, verringert sich seine Entfernung von Astadt, bis er in Astadt ankommt. Danach entfernt er sich wieder von Astadt.

f2(t) = y = 234 km – 110kmh

· t h = 234 km – 110· t km

Die folgende Graphik gibt die Entfernung beider Züge von Astadt in Kilometer (= km) beim Verlassen des jeweiligen Bahnhofs an. Die Fahrzeit wird in Stunden (= h) gemessen. t:= Fahrzeit in Stunden (t≥0) y:= Entfernung von Astadt in km

Entfernung von AstadtSchnittpunkt: Zeitpunkt des Treffens beider Züge

-150

-100

-50

0

50

100

150

200

250

300

0 1 2 3t Stunden

y km

y = 90t y = 234 - 110t

Abb. 12

t 0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 y = 90t 0 45 90 135 180 225 270

y= 234-110t 234 179 124 69 14 -41 -96

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Werden nun beide Funktionsgleichungen gleichgesetzt, erhält man den Zeitpunkt t0 , zu dem sich beide Züge gleichweit von Astadt entfernt treffen. 90·t0 km = 234 km – 110·t0 km / + 110t0 km ⇔ 200 t0 km = 234 km / : 200 km

⇔ t0 = 234

= 1,17 km

200km Nach 1,17 Stunden (= 70,2 Minuten) treffen sich beide Züge. Der erste Zug hat zu diesem Zeitpunkt 90 · 1,17 km = 105,3 km zurückgelegt. Er ist noch 234 km – 105,3 km = 128,7 km von Bstadt entfernt. Bezeichnet man mit t2 die Fahrtzeit des zweiten Zuges nach Astadt, dann benötigt dieser Zug

234 = t2 · 110 t⇔ 2 = 234110

= 2,127 Stunden = 2 Stunden 7, 63 Minuten um von Astadt nach Bstadt

zu fahren.

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2.4 Das Additionsverfahren Beim Additionsverfahren wird eine Gleichung oder ein Vielfaches einer Gleichung zur anderen addiert oder von ihr subtrahiert. Dadurch kann man eine Gleichung mit nur einer Variablen erhalten, wenn man vorher die beiden Gleichungen entsprechend umgeformt hat. Die Koeffizienten einer Variablen müssen in beiden Gleichungen gleich sein. Wenn dann eine Gleichung von der anderen subtrahiert wird, fällt eine Variable fort. 2.4.1 Beispiel: I: 2x + 3y = 6 /·3 und II: 3x + 4y = 10 /·2 Ia: 6x + 9y = 18 und IIa: 6x + 8y = 20 / IIa – Ia Beide Gleichungen enthalten auf der linken Seite den Term 6x. Subtrahiert man nun die eine von der anderen Gleichung, fällt dieser Term weg. Ia: 6x + 9y = 18 und IIb: – y = 2 /·(–1) Ib: 6x + 9·(–2) = 18 und IIc: y = – 2 Ic: 6x – 18 = 18 und IIc: y = – 2 Id: 6x = 36 und IIc: y = – 2 Id: x = 6 und IIc: y = – 2 einzige Lösung: (6/–2) 2.4.2 Beispiel: Frau Meier kauft 1,6 Kilo Weintrauben und 2,4 Kilo Fleisch. Sie zahlt 33,56 €. Frau Müller kauft 2,8 Kilo Weintrauben und 3,2 Kilo Fleisch. Sie zahlt 46,74 €. Was kosten ein Kilo Weintrauben und ein Kilo Fleisch? x € koste ein Kilo Weintrauben, y € koste ein Kilo Fleisch. ( x, y > 0) I: 1,6·x + 2,4·y = 33,56 € /· 4 und II: 2,8·x + 3,2·y = 46,74 € /· 3 Ia: 6,4x + 9,6y = 134,24 € und IIa: 8,4x + 9,6y = 140,22 € Subtrahiert man von der Gleichung IIa nun die Gleichung Ia, erhält man: ( Die Information der Gleichung Ia dient der Umformung der Gleichung IIa zur Gleichung IIb. Die Gleichung Ia "fällt nicht weg", sondern sie bleibt erhalten!) Ia: 6,4x + 9,6y = 134,24 € und IIb: 2x = 5,98 € / : 2 Ia: 6,4x + 9,6y = 134,24 € und IIc: x = 2,99 € Nun setzt man den Wert für x in die Gleichung I ein und erhält: ( Warum in Gleichung I und nicht in Gleichung Ia?) Ib: 1,6·2,99 + 2,4y = 33,56 € und IIc: x = 2,99 € Ic: 4,784 + 2,4y = 33,56 € und IIc: x = 2,99 € Id: 2,4y = 28,776 € und IIc: x = 2,99 € Ie: y = 11,99 € und IIc: x = 2,99 € Antwort: Ein Kilo Weintrauben kostet 2,99 €, ein Kilo Fleisch kostet 11,99 €. Die Lösung dieses Beispiels zeigt, daß man eine Gleichung von der anderen subtrahieren (oder auch zur anderen addieren) kann, um so zu einer einfacheren Gleichung zu kommen. Dies ist möglich, da man ja auf beiden Seiten der umzuformenden Gleichung Gleiches addiert oder subtrahiert. Die zur Umformung benutzte Gleichung bleibt natürlich bestehen.

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Abb. 13 2.4.3 Beispiel: Gegeben seien die Geraden g1 und g2 durch die folgenden Gleichungen: g1 : –2x + 3y = – 9 und g2 : x + 2y = 2 Gesucht ist ihr Schnittpunkt S. Lösung nach dem Additionsverfahren:

–2x + 3y = – 9 und x + 2y = 2 /·2 –2x + 3y = – 9 und 2x + 4y = 4 / Addiere die 1. Gleichung zur 2. Gleichung

–2x + 3y = – 9 und 7y = –5 /:7 ⇔

–2x + 3y = – 9 und y = ⇔ 57−

/ Setze diesen Wert

/ für y in die 1. / Gleichung ein

–2x + 3·(⇔ 57−

) = – 9 und y = 57−

–2x – ⇔ 15 =

7637−

und y = 57−

–2x = ⇔ 487−

/:(–2) und y = 57−

x = ⇔ 247

und y = 57−

S(24 5

/7 7

−) ist der Schnittpunkt beider Geraden. (siehe Abbildung )

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Abb. 14 rote Gerade g1 : –2x + 3y = – 9 und blaue Gerade g2 : x + 2y = 2

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2.5 Allgemeine Lösung eines linearen Gleichungssystems mit dem Gleichsetzungsverfahren Gegeben sind zwei lineare Funktionen jeweils in Normalform mit unterschiedlichen Steigungen (a1 ≠ a2). ( a1, a2, b1, b2 ∈ ) g1 : y = a1x + b1 und g2 : y = a2x+ b2 Die Koordinaten des Schnittpunktes S( xs / ys ) beider Geraden werden durch Gleichsetzen beider Normalformen berechnet: ys = a1xs + b1 und ys = a2xs+ b2 Setzt man beide Gleichungen gleich, erhält man eine Gleichung für xs : ys = a1xs + b1 = a2xs+ b2 a⇔ 1xs + b1 = a2xs+ b2 / – a2xs – b1 a⇔ 1xs – a2xs = b2 – b1 / auf der linken Seite xs ausklammern (a⇔ 1 – a2) · xs = b2 – b1 / : (a1 – a2) ≠ 0

x⇔ s = 2 1

1 2

b ba a

−−

ys berechnet man danach durch Einsetzen des berechneten Wertes für xs in eine der beiden gegebenen Normalformen.

ys = a1 · 2

1 2

b ba a

−−

1 + b1 oder ys = a2 · 2

1 2

b ba a

−−

1 + b2

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2.6 Allgemeine Lösung eines linearen Gleichungssystems mit dem Additionsverfahren Gegeben seien die sechs reellen Zahlen a1, b1, c1, a2, b2, c2, mit a1, b1 ≠ 0 und a2, b2 ≠ 0. Gegeben seien zwei mit "und" verbundene lineare Gleichungen (= lineares Gleichungssystem): I: a1 x + b1 y = c1 und II: a2 x + b2 y = c2 ————————————————————————————— Soll zuerst die Variable x berechnet werden, muß die Variable y durch Addition verschwinden. Daher multipliziert man die 1. Gleichung mit b2 und die zweite Gleichung mit (– b1): I: a1 x + b1 y = c1 / · b2 ≠ 0 und II: a2 x + b2 y = c2 / ·(– b1)≠ 0 ————————————————————————————— Ia: a1· b2 x + b1· b2 y = c1· b2 und IIa: a2 ·(– b1)x + ·(– b1)b2y = – c2· b1 / IIa+Ia —————————————————————————————— Ia: a1· b2 x + b1· b2 y = c1b2 und IIb: a1· b2 x – a2 b1 x = c1b2 – c2b1 / x ausklammern –—————————————————————————————— Ia: a1· b2 x + b1· b2 y = c1b2 / : b2 ≠ 0 und IIc: ( a1 b2 – a2 b1) · x = c1b2 – c2b1 /: (a1b2 – a2b1) ≠ 0 —————————————————————————————— Falls a1b2 – a2b1 ≠ 0 ist, kann durch a1b2 – a2b1 dividiert werden: I: a1 x + b1 y = c1

und IId: x = 1 2 2 1

1 2 2 1

c b c ba b a b

−−

–––—————————————————————————————— Mit entsprechender Rechnung erhält man für die Variable y: I: a1 x + b1 y = c1 / · a2 ≠ 0 und II: a2 x + b2 y = c2 / ·(– a1) ≠ 0 —————————————————————————————— Ia: a1 a2 x + b1 a2 y = c1 a2 und IIa: – a1a2 x – a1b2 y = – a1c2 / IIa + Ia —————————————————————————————— Ia: a1 a2 x + b1a2 y = c1 a2 und IIb: b1 a2 y – a1b2 y = c1 a2 – a1c2 / y ausklammern —————————————————————————————— Ia: a1 a2 x + b1a2 y = c1 a2 / : a2 ≠ 0 und IIc: (b1a2 – a1b2)·y = c1 a2 – a1c2 / :( b1a2 – a1b2) ≠ 0 —————————————————————————————— I: a1 x + b1 y = c1

und IId: y = 1 2 2 1

1 2 1 2

c a c ab a a b

−−

= 1 2 2 1

1 2 2 1

a c a ca b a b

−−

—————————————————————————————— (Im letzten Schritt wurden nur die Vorzeichen des Zählers und des Nenners vertauscht!) Falls a1, b1 ≠ 0 und a2, b2 ≠ 0 und a1b2 – a2b1 ≠ 0 sind, gibt es eine eindeutige Lösung des linearen Gleichungssystems, die sich aus den Koeffizienten des Systems berechnen läßt:

(*) x = 1 2 2 1

1 2 2 1

c b c ba b a b

−−

und y = 1 2 2 1

1 2 2 1

a c a ca b a b

−−

Auffällig ist die gleiche Struktur beider Ergebnisse im Zähler und im Nenner. Beide Nenner sind gleich. Siehe Abbildung 15a

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Abb. 15a a1, b1 ≠ 0 und a2, b2 ≠ 0. rote Gerade : a1 x+ b1 y = c1 blaue Gerade: a2 x+ b2 y = c2 Welche Lösung(en) hat ein lineares Gleichungssystem (LGS wie oben), falls a1 = 0 und b1, a2 ≠ 0 ist? (In diesem Fall sind die Gleichungen II und IIa bei der Berechnung der Variablen y oben nicht mehr äquivalent!) I: 0· x + b1· y = c1 /: b1≠ 0 und II: a2 x + b2· y = c2 ————————————————————————————— Löst man dann die erste Gleichung nach y auf, und setzt dieses Ergebnis in die zweite Gleichung ein, erhält man:

Ia: y = 1

1

cb

(Gerade parallel zur x-Achse!)

( siehe Abschnitt 1.2: 1. Fall )

und IIa: a2 x + b2· 1

1

cb

= c2 / – b2· 1

1

cb

—————————————————————————————

Ia: y = 1

1

cb

und IIb: a2 x = c2 – b2· 1

1

cb

/ : a2 ≠ 0

—————————————————————————————

Ia: y = 1

1

cb

= 2 1

2 1

a ca b

(Erweiterung mit a2 )

und IIc: x = 2

2

ca

– 2 1

2 1

b ca b

= 2 1 2 1

2 1

c b b ca b−

————————————————————————————— Dieses Ergebnis stimmt mit dem Ergebnis (*) überein. Im Ergebnis (*) können die roten Produkte wegfallen, da sie gleich Null sind. Der grüne Erweiterungsfaktor verändert das Ergebnis nicht.

x = 1 2 1

2 1

2b bc ca b

−−

und y = 2

2

1

1

cb

aa

−−

= 1

1

cb

21a b

21

1 2

a ca b

( Ein analoges Ergebnis erhält man, falls a2 = 0 und b2 ≠ 0 sein sollte!)

Falls zusätzlich b2 = 0 ist, ist die eindeutige Lösung ist das Zahlenpaar ( 2

2

ca

/ 1

1

cb

).

Siehe Abbildung 15b.

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Welche Lösung(en) hat ein lineares Gleichungssystem (LGS wie oben), falls b1 = 0 und a1, b2 ≠ 0 ist? (In diesem Fall sind die Gleichungen II und IIa bei der Berechnung der Variablen x oben nicht mehr äquivalent!) I: a1 x + 0 · y = c1 /: a1≠ 0 und II: a2 x + b2· y = c2 ————————————————————————————— Löst man dann die erste Gleichung nach x auf, und setzt dieses Ergebnis in die zweite Gleichung ein, erhält man:

Ia: x = 1

1

ca

(Gerade parallel zur y-Achse!)

( siehe Abschnitt 1.2: 2. Fall )

und IIa: a2 · 1

1

ca

+ b2· y = c2 / – a2 · 1

1

ca

—————————————————————————————

Ia: x = 1

1

ca

und IIb: b2· y = c2 – a2 · 1

1

ca

= 1 2 2 1

1

a c a ca−

/ : b2≠ 0

—————————————————————————————

Ib: x = 1

1

ca

= 1 2

1 2

c ba b

( Erweiterung mit b2≠ 0 )

und IIc: y = 1 2 2 1

1 2

a c a ca b−

————————————————————————————— Dieses Ergebnis stimmt mit dem Ergebnis (*) überein. Im Ergebnis (*) können die roten Produkte wegfallen, da sie gleich Null sind. Der grüne Erweiterungsfaktor verändert das Ergebnis nicht.

x = 21

21

ca b

b −−

= 1

1

ca

und y = 1 2 2 1

1 2

a c a ca b

−−

2 1

2 1

bca b 2 1a b

( Ein analoges Ergebnis erhält man, falls b2 = 0 und a2 ≠ 0 sein sollte!)

Falls zusätzlich a2 = 0 ist, ist die eindeutige Lösung das Zahlenpaar ( 1

1

ca

/ 2

2

cb

).

Siehe Abbildung 15c.

Abb. 15 b Abb. 15c a1= 0, und a2, b1 ≠ 0 b1 = 0 und a1, b2 ≠ 0 rote Gerade : b1 y = c1 rote Gerade : a1 x = c1 blaue Gerade: a2 x+ b2 y = c2 und b2 ≠ 0. blaue Gerade: a2 x+ b2 y = c2 und a2 ≠ 0. schwarze Gerade: a2 x = c2 und b2 = 0. schwarze Gerade: b2 y = c2 und a2 = 0.

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Fazit: Ein lineares Gleichungssystem a1 x + b1 y = c1 und a2 x + b2 y = c2

ist eindeutig lösbar, falls a1b2 – a2b1 ≠ 0 ist. Die eindeutige Lösung ist dann

x = 1 2 2 1

1 2 2 1

c b c ba b a b

−−

und y = 1 2 2 1

1 2 2 1

a c a ca b a b

−−

Die Eindeutigkeit der Lösung hängt also nur von den Koeffizienten der Variablen x bzw. y ab, nicht jedoch von c1 bzw. c2. Welche Lösungsmenge ergibt sich, falls a1b2 – a2b1 = 0 ist. Es sind nun alle Fälle zu untersuchen, für die a1b2 – a2b1 = 0 wird. Dies sind im wesentlichen vier verschiedene Fälle. 1. Fall: a1 = a2 = b1 = b2 = 0 ( vier Koeffizienten sind gleich Null) Das LGS hat die Form I: 0x + 0y = c1 und II: 0x + 0y = c2 Da die linke Seite immer Null ist, ist das LGS nur lösbar, wenn c1 = c2 = 0 ist. In diesem Fall erfüllt jedes Zahlenpaar (x/y) beide Gleichungen. In allen anderen Fällen (c1 ≠ 0 oder c2 ≠ 0 ) ist das LGS nicht lösbar. 2. Fall: a1 ≠ 0 und a2 = b1 = b2 = 0 ( drei Koeffizienten sind gleich Null, nur einer ist ungleich Null)

Das LGS hat die Form I: a1 x + 0y = c1 und II: 0 x + 0y = c2 Falls c2 ≠ 0 ist, ist das LGS unlösbar, da die zweite Gleichung nicht lösbar ist. Ist

jedoch c2 = 0, so ist die Parallele zur y-Achse mit der Gleichung x = 1

1

ca

die

Lösungsmenge. ( siehe Abschnitt 1.2, Seite 6 , 2. Fall) Analoges gilt, falls a2 ≠ 0 und die drei anderen Koeffizienten gleich Null sind.

Für den Fall, daß b2 ≠ 0 und a1 = b1 = a2 = 0 sind, hat das LGS die Form I: 0x + 0y = c1 und II: 0x + b2 y = c2 Falls c1 ≠ 0 ist, ist das LGS unlösbar, da die erste Gleichung nicht lösbar ist. Ist

jedoch c1 = 0, so ist die Parallele zur x-Achse mit der Gleichung y = 2

2

cb

die

Lösungsmenge. ( siehe Abschnitt 1.2, Seite 5 , 1. Fall) Analoges gilt, falls b1 ≠ 0 und die drei anderen Koeffizienten gleich Null sind. In diesem 2. Fall ist die Lösungsmenge also entweder leer oder eine Parallele zu einer der beiden Koordinatenachsen.

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3. Fall: a1 = 0 und a2 = 0 und b1 ≠ 0 und b2 ≠ 0 (zwei Koeffizienten sind gleich Null, die anderen zwei Koeffizienten sind ungleich Null) Das LGS hat in diesem Fall die Form I: 0x + b1 y = c1 und II: 0x + b2 y = c2

Die Lösungsmenge ist leer, falls 1

1

cb≠ 2

2

cb

ist. In diesem Fall hat man zwei

verschiedene Parallelen zur x-Achse. Ist jedoch 1

1

cb

= 2

2

cb

, dann ist die

Lösungsmenge des LGS diese eine Parallele zur x-Achse: y = 1

1

cb

= 2

2

cb

.

( Hinweis: In diesem Fall sind beide Gleichungen des LGS zueinander proportional, z.B. 3y = 5 und 9y = 15) Analoges gilt für den Fall a1 ≠ 0 und a2 ≠ 0 und b1 = 0 und b2 = 0. Der einzige Unterschied ist, daß die Parallele zur y-Achse verläuft. oder a1 = 0 und b1 = 0 und a2 ≠ 0 und b2 ≠ 0 Das LGS hat in diesem Fall die Form I: 0x + 0y = c1 und II: a2 x + b2 y = c2 Falls c1 ≠ 0 ist, ist die erste Gleichung nicht lösbar. Also ist auch das LGS nicht lösbar, d.h. seine Lösungsmenge ist leer. Ist jedoch c1 = 0, dann ist die Lösungsmenge des LGS die Lösungsmenge der zweiten Gleichung, d.h. die

Gerade mit der Gleichung y= – 2

2

ab

x + 2

2

cb

(siehe Abschnitt 1.2, Seite 7 , 3. Fall) Analoges gilt für den Fall a1 ≠ 0 und b1 ≠ 0 und a2 = 0 und b2 = 0 4.Fall: a1 ≠ 0, a2 ≠ 0, b1 ≠ 0, b2 ≠ 0 aber a1b2 – a2b1 = 0 ( vier Koeffizienten sind ungleich Null) a1b2 – a2b1 = 0 ⇔ a1b2 = a2b1

⇔ 1

1

ab

= 2

2

ab

( beide Geraden sind parallel)

Gilt nun 1

1bc

= 2

2bc

, dann ist die Lösungsmenge des LGS die Gerade mit der

Gleichung y= – 1

1ba

x + 1

1

cb

= y= – 2

2

ab

x + 2

2

cb

.

( Hinweis: In diesem Fall sind beide Gleichungen des LGS zueinander proportional, z.B. 2x + 3y = 5 und 6x + 9y = 15)

Andernfalls ( 1

1bc≠ 2

2bc

) ist die Lösungsmenge des LGS leer.

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2.7 Aufgaben Berechnen Sie die Lösungsmengen der linearen Gleichungssysteme. 2.7.1 4x – 7y = –26 und –3x + 5y = 19

2.7.2 12

x – 23

y = 6 und –52

x + 43

y = –18

2.7.3 3x + 4y = –20 und –5x – 9y = 66 2.7.4 2x + 3y = 6 und 4x + 5y = 8 2.7.5 32x + 16y = –10 und – 20x – 8y = 8 2.7.6 9x + 12y = 13 und –15x + 24y = 15

2.7.7 72

x – 67

y = 3

14 und

56

x + 45

y = 7

30

2.7.8 –5x + 6y = 22 und 17x + 11y = 34 2.7.9 12x – 15y = 210 und 3x + 8y = 36 2.7.10 72x – 26y = 5 und – 42x + 18y = 9 2.7.11 7x – 0y = 5 und – 2x + 3y = 0 2.7.12 0x – 6y = 3 und 0x + 0y = 9 2.7.13 2x – 8y = 4 und 4x + 7y = 0

2.7.14 34

x – 23

y = 12

und x + 2y = 3

2.7.15 9x – 8y = 0 und 0x + 18y = 0 2.7.16 32x – 6y = 12 und –16x + 3y = –6

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3. Zweireihige Determinanten Gegeben seien die sechs reellen Zahlen a1, b1, c1, a2, b2, c2. Gegeben seien zwei mit "und" verbundene lineare Gleichungen (= lineares Gleichungssystem): I: a1 x + b1 y = c1 und II: a2 x + b2 y = c2 Ob ein lineares Gleichungssystem eindeutig lösbar ist, hängt nur von den Koeffizienten der Variablen x und y ab, also nur von den Zahlen a1, b1, a2, b2. Ist das lineare Gleichungssystem eindeutig lösbar, so fällt die gleiche Struktur von Zähler und Nenner der beiden Lösungen (siehe Seite 19)

(*) x = 1 2 2 1

1 2 2 1

c b c ba b a b

−−

und y = 1 2 2 1

1 2 2 1

a c a ca b a b

−−

ins Auge. Das folgende Schema – ohne die Variablen x, y – hilft bei der Berechnung: 1. Spalte 2. Spalte Lösungsspalte c a1 b1 c1 (1) a2 b2 c2 In Pfeilrichtung wird jeweils multipliziert: a1 · b2 – a2 · b1 =: D, wobei das zweite Produkt noch ein negatives Vorzeichen erhält. Ist diese Differenz ungleich 0, so ist das lineare Gleichungssystem eindeutig lösbar und man kann die Variablen x und y nach dem gleichen Schema berechnen. Der Nenner beider Variablen besteht aus der Zahl D (≠ 0). Für die Berechnung der Variablen x ersetzt man die 1. Spalte durch die Lösungsspalte c: c1 b1 (2) c2 b2 Das gleiche Schema ergibt den Zähler der Variablen x: c1 · b2 – c2 · b1 =: Dx . Für die Berechnung der Variablen y ersetzt man die 2. Spalte durch die Lösungsspalte c: a1 c1 (3) a2 c2 Das gleiche Schema ergibt den Zähler der Variablen y: a1 · c2 – a2 · c1 =: Dy . Die Lösungen des linearen Gleichungssystems können also vereinfacht geschrieben werden. Nach dem Schweizer Mathematiker Cramer 2 wird dies "die Cramersche Regel" genannt:

(4) Falls D≠ 0 ist, gilt x = xDD

und y = yDD

.

Um ein eindeutig lösbares lineares Gleichungssystem mit zwei Variablen zu lösen, muß man nur drei "Determinanten" berechnen. 3.1 Definition der zweireihigen Determinante: Sind a, b, c, d vier beliebige reelle Zahlen, angeordnet in zwei Zeilen und zwei Spalten, dann heißt die Zahl

a · d – b · c =: a bc d

Determinante der (2,2)-Matrix . a bc d

2 Die Cramersche Regel wurde 1750 von Gabriel Cramer in seinem Buch „Introduction a l′analyse de lignes courbes algebriques“ veröffentlicht. Zitiert nach Wikipedia.

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Beispiele: Berechnung von Determinanten 3 54 6

= 3 · 6 – 4 · 5 = 18 – 20 = – 2. 2 57 6− −−

= (–2) · 6 – (–7) · (–5) = – 12 – 35 = – 47.

6 94 6

= 6 · 6 – 4 · 9 = 36 – 36 = 0. x 11 x

= x · x – 1 · 1 = x² – 1.

x (x 1)1 x

+ = x · x – 1 · (x+1) = x² – x – 1.

14·

a b a ba b a b+ −− +

= 14· ((a + b)² – (a – b)²) =

14· ( a² + 2ab + b² – ( a² – 2ab + b²))

= 14· (a² + 2ab + b² – a² + 2ab – b²) = ab

3.2 Aufgaben: Berechnen Sie die folgenden Determinanten.

3.2.1 1 23 4

= 3.2.2

1 23

3 44 5

2 =

3.2.3 0 120 23

= 3.2.4 a 1ab b

=

3.2.5 a 1ab b

−= 3.2.6

a 1b 1

=

3.2.7 a bb a

= 3.2.8 2

2b aa b

=

3.2.9 2

21 xx x

= 3.2.10 a b 2a2b a b+

+=

3.3 Aufgaben: Lösen Sie die folgenden Gleichungssysteme mit Determinanten. Das Zeichen " " ∧ ist das logische Symbol für das Wort "und". 3.3.1 2x + 3y = 4 3.3.2 x – 2y = – 3 ∧ 5x + 6y = 7 ∧ – 4x + 5y = – 8 3.3.3 12x + 7y = 15 3.3.4 – 15x + 18y = 25 ∧ – 9x + 8y = 14 ∧ 25x – 20y = – 3 3.3.5 12x + 13y = 14 3.3.6 6x – 4y = 11 –5x + 6y = –7 ∧ ∧ 9x + 4y = 12

3.3.7 12

x + 23

y =512

3.3.8 79

x – 13

y = 21

37

∧34

x + 56

y = 1112

∧11

12−

x + 1324

y= -2

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3.4 Eigenschaften von Determinanten 3.4.1 Besteht eine Zeile oder Spalte einer Determinante nur aus Nullen, hat die Determinante den Wert Null.

0 0c d

= 0 · d – 0 · c = 0 – 0 = 0 oder 0 b0 d

= 0 · d – 0 · b = 0 – 0 = 0

3.4.2 Sind zwei Zeilen oder Spalten einer Determinante zueinander proportional, hat die Determinante den Wert Null. ( k ∈ Proportionalitätsfaktor)

a kac kc

= a · kc – c · ka = ack – ack = 0

3.4.3 Vertauscht man bei einer Determinante die Zeilen mit den Spalten, ändert sich der Wert der Determinante nicht.

a bc d

= a · d – c · b = a · d – b · c = a cb d

3.4.4 Vertauscht man bei einer Determinante die Zeilen (oder die Spalten), ändert die Determinante ihr Vorzeichen.

a bc d

= a · d – c · b = – ( c · b – a · d ) = – c da b

3.4.5 Man multipliziert eine Determinante mit einer reellen Zahl k, indem man die Elemente einer Zeile oder Spalte mit k multipliziert.

k · a bc d

= k · ( a · d – b · c ) = kad – kbc = (ka)d – (kb)c = ka kbc d

oder

k · a bc d

= k · ( a · d – b · c ) = kad – kbc = (ka)d – (kc)b = ka bkc d

3.4.6 Addiert man zu den Elementen einer Zeile (Spalte) ein beliebiges Vielfaches der Elemente einer anderen Zeile, so ändert sich der Wert der Determinante nicht.

a kc b kd

c d+ +

= (a+kc) · d – (b+kd) · c = a · d – b · c + k · (c · d – c· d) = a bc d

3.4.7 Unterscheiden sich zwei Determinanten nur in den Elementen einer Zeile (Spalte), so können sie addiert werden.

a bc d

+e fc d

= a · d – b · c + e · d – f · c = (a+e) · d – c · (b+f) = a e b f

c d+ +

Die Summe beider Determinanten ist die Determinante, die durch Addition entsprechender Elemente der unterschiedlichen Zeile (Spalte) entsteht. Gleiche Zeilen (Spalten) bleiben unverändert erhalten.

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Welche Vorteile bieten die Determinantensätze? Dazu einige Beispiele.

6 964 64

= 6 16 64 16 4

ii

= 0 (nach Satz 3.4.2)

1001 153143 34

= 11 · 91 15313 34

= 11 · 13 ·7 1531 34

= 11 · 13 · 17 ·7 91 2

= 11 · 13 · 17 · (7·2 – 1· 9) = 11 · 13 · 17 · 5 = 12.155 (nach Satz 3.4.5)

1001 153143 34

= 1001 · 34 – 143 · 153 = 12.155 ( nach Definition berechnet)

( Im Zeitalter des Taschenrechners nicht mehr unbedingt ein großer Vorteil. Bei Variablen aber immer noch ein Vorteil!)

2 2

a b a(a b) a

++

= (a + b) · 2

1 aa b a+

= (a + b) · a · 1 1

a b a+

= (a + b) · a · ( a – ( a + b)) = (a + b) · a · ( – b) = – ab(a + b) (nach Satz 3.4.5)

1234 153143 19

= 1234 8 143 153 8 19

143 19− −i i

= 90 1143 19

– 8 143 8 19143 19i i

= 1710 – 143 = 1567 (nach Satz 3.4.7 und 3.4.2) Mit Hilfe der Determinantensätze können Determinanten leichter berechnet werden. 3.5 Lösungen ausgewählter Aufgaben: Aufgabe 1.4:

1.4.1 Sx( 83

/ 0) Sy( 0 / 85−

)

1.4.2 Sx(3 / 0) Sy( 0 / 32−

)

1.4.3 Sx(–8 / 0) Sy( 0 / 3215

)

1.4.4 Sx( 12−

/ 0) Sy( 0 / 34−

)

1.4.5 Sx( 2 / 0) Sy( 0 / 43−

)

1.4.6 Sx( 2 / 0) Sy( 0 / 85−

)

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Aufgabe 2.7:

Nr. a1 b1 a2 b2 c1 c2 D x y 1 4 -7 -3 5 -26 19 -1 -3 2 2 1/2 - 2/3 -2 1/2 1 1/3 6 -18 -1 4 -6 5 3 4 -5 -9 -20 66 -7 12 -14 7 2 3 4 5 6 8 -2 -3 4 4 32 16 -20 -8 -10 8 64 - 3/4 7/8 3 9 12 -15 24 13 15 396 1/3 5/6 6 3 1/2 - 6/7 5/6 4/5 3/14 7/30 3 18/35 13/123 67/369 9 -5 6 17 11 22 34 -157 - 38/157 3 73/157 8 12 -15 3 8 210 36 141 15 35/47 -1 19/47 10 72 -26 -42 18 5 9 204 1 10/17 4 7/34 11 7 0 -2 3 5 0 21 5/7 10/21 12 0 -6 0 0 3 9 0 leer leer 13 2 -8 4 7 4 0 46 14/23 - 8/23 14 3/4 - 2/3 1 2 1/2 3 2 1/6 1 5/13 21/26 15 9 -8 0 18 0 0 162 0 0 16 32 -6 -16 3 12 -6 0 x bel. y = (16/3)·x-2

Aufgabe 3.2:

3.2.1 1 23 4

= 1· 4 – 3 · 2 = 4 – 6 = – 2 3.2.2

1 22 33 44 5

= 12·

45

– 34·

23

= – 110

3.2.3 0 120 23

= 0 – 0 = 0 3.2.4 a 1ab b

= a · b – a · b = 0

3.2.5 a 1ab b

−= a · b + a · b = 2ab 3.2.6

a 1b 1

= a – b

3.2.7 a bb a

= a² – b² 3.2.8 2

2

a bb a

= a³ – b³

3.2.9 2

2

x x1 x

= x³ – x² 3.2.10 a b 2a2b a b+

+= (a+b)² – 4ab=(a – b)²

Aufgabe 3.3: 1 2 3 5 6 4 7 -3 -1 2 2 12 -2 -4 5 -3 -8 52 - 31/52 -2 1/13 3 12 7 -9 8 15 14 159 22/159 1 48/53 4 -15 18 25 -20 25 -3 -150 2 73/75 3 13/15 5 12 13 -5 6 14 -7 137 1 38/137 - 14/137 6 6 -4 9 4 11 12 60 1 8/15 - 9/20 7 1/2 2/3 3/4 5/6 5/12 11/12 - 1/12 3 1/6 -1 3/4 8 7/9 - 13/21 - 11/12 13/28 3/7 -2 - 13/63 5 1/28 5 33/52

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4. Geschichtliches (Zitat: Wikipedia)

Gabriel Cramer Gabriel Cramer (* 31. Juli 1704 in Genf, Schweiz, † 4. Januar 1752 in Bagnols-sur-Cèze, Frankreich) war ein Schweizer Mathematiker. Die Cramersche Regel wurde 1750 von Gabriel Cramer in seinem Buch „Introduction a l′analyse de lignes courbes algebriques“ [2] [3] veröffentlicht. Er gab darin explizit die Formeln für lineare Gleichungssystem mit bis zu drei Gleichungen an. Für Gleichungssystem höheren Rangs beschrieb er wie man die Lösungsformeln erstellen kann. Da die Determinante noch nicht eingeführt war, verwendete er Polynome, wie sie auch die Leibniz-Formel erzeugt. Die Leistung Cramers bestand unter anderem darin, eine Regel für den dabei auftretenden Vorzeichenwechsel zu finden. Er indizierte die Unbekannten, allerdings noch nicht ganz in der heutigen Form. Cramer war auch bewusst, dass lineare Gleichungssystem nicht immer eindeutig lösbar sind.[4] Cramer selbst gab keinen Beweis für seine Formel an. Diesen lieferte erst Augustin Louis Cauchy im Jahr 1815. Dabei führte er auch die heutzutage verwendete Notation der Cramerschen Regel ein. Étienne Bézout zeigte 1764, dass das Polynom im Nenner Null wird, wenn das Gleichungssystem nicht eindeutig lösbar ist.[4] Gottfried Wilhelm Leibniz brachte die Cramersche Regel schon 1678 in einem Manuskript zu Papier. Dieses wurde allerdings erst später entdeckt und hatte somit kein Auswirkung auf die Entwicklung von Lösungsverfahren für lineare Gleichungssystem.[4] Colin Maclaurin beschrieb in seinem Werk „Treatise of Algebra“ Formeln für die Lösungen von linearen Gleichungssystemen aus zwei oder drei Gleichungen, die identisch mit der Cramerschen Regel sind. Obwohl er aufzeigte, dass man diese Formeln auch auf Gleichungssystem mit mehreren Gleichungen erweitern kann, fehlte ihm dazu der letzte Schritt. Er konnte nicht aufzeigen, wie man die Vorzeichen in den dabei verwendeten Polynomen richtig setzt. Ende des 20. Jahrhunderts entfachte C. B. Boyer einen Streit unter Mathematik-Historikern, ob Maclaurin oder Cramer der Entdecker der Formel war.[5] Er empfahl auch eine Umbenennung in Maclaurin-Cramer-Regel.