41
Lineare Gleichungssysteme A · B6=B · A 1. Matrizen und Gleichungssysteme 1.1. Was ist eine Matrix? m × n m × n m n A = a 11 a 12 ... a 1n a 21 a 22 ... a 2n a m1 a m2 ... a mn . a ij R A. A =(a ij ) m n i=1,j =1 =(a ij ) m×n .

Lineare Gleichungssysteme - TU Bergakademie Freibergtochten/gkhm/skript_Matrizen_Gleichungs... · KAPITEL 2 Lineare Gleichungssysteme Lernziele dieses Abschnitts sind: (1)Begri e:

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KAPITEL 2

Lineare Gleichungssysteme

Lernziele dieses Abschnitts sind:

(1) Begrie: Matrix, Vektor = spezielle Matrix, transponierte Matrix,

inverse Matrix (nur fur quadratische Matrizen erklart), Determinan-

te,

(2) Rechnen mit Matrizen: Addition, Subtraktion von Matrizen, Multi-

plikation mit Skalaren (reelle bzw. komplexe Zahlen), Matrizenmul-

tiplikation,

(3) Rechenregeln (man beachte, dass A ·B 6=B · A ist!),

(4) Gau-Algorithmus, Gau-Jordan-Algorithmus,

(5) Losbarkeitsentscheidung aus"Trapezform\ (

"Endzustand\ des

Gau- bzw. Gau-Jordan-Algorithmus),

(6) Berechnung der inversen Matrix mittels Gau-Jordan-Algorithmus,

(7) Berechnung von Determinanten: Rechenregeln fur Determinanten,

Entwicklungssatz,

(8) Determinantenkriterium fur die Invertierbarkeit von (quadratischen)

Matrizen,

(9) Cramersche Regel zur Losung linearer Gleichungssysteme.

1. Matrizen und Gleichungssysteme

1.1. Was ist eine Matrix?

Definition 2.1. Eine Matrix vom Typ m × n (oder eine m × n-Matrix)

ist ein rechteckiges Zahlenschema mit m Zeilen und n Spalten:

A =

a11 a12 . . . a1n

a21 a22 . . . a2n

......

...

am1 am2 . . . amn

.

Die Zahlen aij ∈ R heien Komponenten (oder Elemente) der Matrix A.

Man schreibt abkurzend:

A = (aij)m ni=1, j=1 = (aij)m×n.

23

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24 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

Die m× 1-Matrizen (bzw. 1×n-Matrizen) werden Spaltenmatrizen oder Spaltenvek-

toren (bzw. Zeilenmatrizen oder Zeilenvektoren) genannt, sie haben die Form

~s =

a1

a2

...

am

bzw. ~z =(a1 a2 . . . an

).

Die Matrix A = (aij)m×n besteht aus m Zeilenvektoren (mit je n Komponenten)

~zi :=(ai1 ai2 . . . ain

), 1 ≤ i ≤ m,

bzw. aus n Spaltenvektoren (mit je m Komponenten)

~sj :=

a1j

a2j

...

amj

, 1 ≤ j ≤ n.

Je nachdem, ob wir die Zeilen oder die Spalten von A hervorheben wollen, schreiben

wir

A =

~z1

~z2

...

~zm

(Zeilendarstellung bzw.)

A =(~s1 ~s2 . . . ~sn

)(Spaltendarstellung).

Die Matrix, deren Komponenten alle gleich Null sind, heit Nullmatrix O.

Definition 2.2. Zwei Matrizen A = (aij) und B = (bij) heien gleich

(man schreibt dafur A = B), wenn sie vom gleichen Typ m×n sind und

fur ihre Komponenten gilt aij = bij fur alle 1 ≤ i ≤ m, 1 ≤ j ≤ n.

1.2. Spezielle Matrizen. Wir benotigen noch weitere spezielle Matrizen, wir

kennen bereits die Nullmatrix O, deren Elemente alle Null sind und die Einheitsma-

trix En. Die quadratische Matrix1 0 . . . 0

0 1 . . . 0...

. . . . . . 0

0 . . . 0 1

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1. MATRIZEN UND GLEICHUNGSSYSTEME 25

auf deren Hauptdiagonale Einsen stehen und alle anderen Elemente Null sind heit

Einheitsmatrix oder n × n-Einheitsmatrix wenn der Typ von Bedeutung ist und

wird mit E bzw. En bezeichnet.

Es sei A eine quadratische Matrix vom Typ n× n :

A =

a11 a12 . . . a1n

a21 a22 . . . a2n

......

...

an1 an2 . . . ann

,

dann heit die Menge der Elemente aiini=1 Hauptdiagonale von A und die Men-

ge der Elemente aj(n+1−j)nj=1 Nebendiagonale von A. Die Matrix A ist eine obere

Dreiecksmatrix, wenn von Null verschiedene Elemente nur auf bzw. uber der Haupt-

diagonale stehen, d.h. aij = 0 fur i > j. Dagegen ist A eine untere Dreiecksmatix,

wenn von Null verschiedene Elemente nur auf bzw. unterhalb der Hauptdiagonale

stehen, d.h. aij = 0 fur i < j. Man kann noch starker unterteilen, indem man nicht

nur von unterer/oberer Dreiecksmatrix sondern von rechter/linker unterer/oberer

Dreiecksmatrix spricht. Eine Matrix, wo nur auf der Hauptdiagonale von Null ver-

schiedene Elemente stehen, heit Diagonalmatrix.Graphisch kann man das wie folgt

veranschaulichen:

Neben

diago

nale

Oberes Dreieck

Unteres Dreieck

Hauptdiagonale

Hauptdiagonale

Hauptdiagonale

Hauptdiagonale

Obere Dreiecksmatrix Untere Dreiecksmatrix Diagonalmatrix

Auch bei einer"rechteckigen\ Matrix A vom Typ m× n wollen wir gelegentlich von

einer oberen Dreiecksmatrix sprechen, was bedeutet, dass alle Elemente aij = 0 fur

i > j sind.

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26 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

1.3. Addition, Subtraktion und Multiplikation mit einem Skalar.

Definition 2.3. Fur Matrizen A = (aij) und B = (bij) gleichen Typs

m× n und jede Zahl λ ∈ R ist die Summe A+ B und das λ-fache von A

komponentenweise deniert:

A+B = (aij + bij)m×n und λA = (λaij)m×n.

Die Dierenz zweier Matrizen gleichen Typs ist deniert als

A−B = A+ (−1)B = (aij − bij)m×n.

Hieraus folgen die

Rechenregeln:

Fur beliebige Matrizen A, B, C gleichen Typs m × n und beliebige reelle

Zahlen λ, ν gilt:

(1) A+B = B + A (Kommutativitat),

(2) (A+B) + C = A+ (B + C) (Assoziativitat),

(3) A+ O = A (Nullelement),

(4) A+ (−A) = O, (inverses Element der Addition),

(5) (λµ)A = λ(µA),

(6) 1A = A

(7) (λ+ µ)A = λA+ µA,

(8) λ(A+B) = λA+ λB.

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1. MATRIZEN UND GLEICHUNGSSYSTEME 27

1.4. Matrizenmultiplikation.

Definition 2.4. Das Produkt einer m× ~n-Matrix

A = (aij)m×n =

~z1

~z2

...

~zm

(Zeilendarstellung)

mit einer ~n× r-Matrix

B = (bij)n×r =(~s1 ~s2 . . . ~sr

)(Spaltendarstellung)

ist deniert durch

AB :=

~z1~s1 ~z1~s2 . . . ~z1~sr

~z2~s1 ~z2~s2 . . . ~z2~sr

......

...

~zm~s1 ~zm~s2 . . . ~zm~sr

,

wobei das Produkt ~z~s eines Zeilenvektors

~z =(α1 α2 . . . αn

)mit einem Spaltenvektor gleicher Lange

~s =

β1

β2

...

βn

deniert ist durch:

~z~s =(α1 α2 . . . αn

)β1

β2

...

βn

:= α1β1 + α2β2 + . . .+ αnβn =n∑

i=1

αiβi.

Beispiel 2.1. Matrizenmultiplikation. Matrix A, vom Typ 3× 3,

1. Zeile

2. Zeile

3. Zeile

1 2 3

2 1 2

4 12

1

1. Spalte 2. Spalte 3. Spalte 1 2 3

2 1 2

4 12

1

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28 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

Matrix B vom Typ 3× 2, 1 2

2 2

3 1

Dann ist A ·B = C eine Matrix vom Typ 3× 2 und wird wie folgt berechnet: 1 2 3

2 1 2

4 12

1

· 1 2

2 2

3 1

=

1 · 1 + 2 · 2 + 3 · 3 1 · 2 + 2 · 2 + 3 · 12 · 1 + 1 · 2 + 2 · 3 2 · 2 + 1 · 2 + 2 · 14 · 1 + 1

2· 2 + 1 · 3 4 · 2 + 1

2· 2 + 1 · 1

=

14 9

10 8

8 10

Man kann das ganze auch in einem Schema darstellen:

B

A C, hier sieht man

den Typ der Matrix C sofort: 1 2

2 2

3 1

1 2 3

2 1 2

4 12

1

14 9

10 8

8 10

Bemerkung 2.1. 1. Man beachte, dass das Produkt

"Zeile mal Spalte\ eine

Zahl ist.

2. Das Produkt AB zweier Matrizen ist nur dann erklart, wenn die Spaltenzahl

von A gleich der Zeilenzahl von B ist.

3. Auf diese Weise stellt A~x = ~b tatsachlich das lineare Gleichungssystem

(4)(siehe spater) dar.

Fur die Multiplikation von Matrizen gelten die folgenden

Rechenregeln: Fur beliebige m × n-Matrizen A, A1, A2, n × r-Matrizen

B, B1, B2 und r × s-Matrix C gilt:

(1) (A1 + A2)B = A1B + A2B, A(B1 + B2) = AB1 + AB2, (Distributiv-

gesetze),

(2) α(AB) = (αA)B = A(αB), α ∈ R,

(3) A(BC) = (AB)C, (Assoziativitat der Matrizenmultiplikation),

(4) EmA = AEn = A.

(5) Aber im Allgemeinen ist AB 6= BA.

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1. MATRIZEN UND GLEICHUNGSSYSTEME 29

Beispiel 2.2. Es sei

A =

(1 2

0 1

)und B =

(1 0

2 3

)

dann gilt

A·B =

(1 2

0 1

(1 0

2 3

)=

(5 6

2 3

)6=

(1 2

2 7

)=

(1 0

2 3

(1 2

0 1

)= B ·A.

1.5. Lineare Gleichungssysteme und Matrizen.

Definition 2.5. Ein lineares Gleichungssystem mit m linearen Gleichun-

gen und n unbekannten x1, x2, . . . xn hat die Form

a11x1 + a12x2 + . . .+ a1nxn = b1,

a21x1 + a22x2 + . . .+ a2nxn = b2,

. . . . . . . . . . . . . . .

am1x1 + am2x2 + . . .+ amnxn = bm,

(4)

mit den Koezienten aij ∈ R und den Absolutgliedern bi ∈ R.

Hierfur schreibt man

A~x = ~b

mit der Koezientenmatrix A = (aij)m×n, dem unbekannten Spaltenvektor ~x und

dem Spaltenvektor der rechten Seite ~b. Das lineare Gleichungssystem heit homogen,

wenn ~b = O gilt, andernfalls heit es inhomogen.

Beispiel 2.3. In einem Netzwerk mit bekannten Widerstanden Ri Ω, i = 1, 2, 3, 4, 5,

gilt nach den bekannten Kirchhoschen Gesetzen fur die folgende Schaltung

I

I2

I1

I4

I5

I

I3

R1

R2

R3

R4

R5

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30 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

Daraus ergibt sich das folgende lineare Gleichungssystem:

I1 + I2 = I

I2 − I3 − I4 = 0

I1 + I3 − I5 = 0

I4 + I5 = I

−R1I1 + R2I2 + R3I3 = 0

− R3I3 + R4I4 − R5I5 = 0

mit der Koezientenmatrix

A =

1 1 0 0 0

0 1 −1 −1 0

1 0 1 0 −1

0 0 0 1 1

−R1 R2 R3 0 0

0 0 −R3 R4 −R5

.

Es zeigt sich, dass die 4. Gleichung redundant ist und deshalb weggelassen wer-

den kann.

Beispiel 2.4. Die Bewegung eines Massenpunktes P in einem kartesischen

Koordinatensystem sei durch den Geschwindigkeitsvektor x, y, z in Abhangigkeit

von den Ortskoordinaten gegeben:

x(t) = 2x(t) + 3y(t) − z(t)

y(t) = x(t) + y(t)

z(t) = −3x(t) + 5y(t) + 7z(t).

Diejenigen Punkte, in denen die Geschwindigkeit x = v1, y = v2, z = v3 erreicht,

wird errechnet aus 2 3 −1

1 1 0

−3 5 7

x

y

z

=

v1

v2

v3

.

Definition 2.6. Ein Spaltenvektor ~c =

c1c2...

cn

heit Losung des Glei-

chungssystems (4) bzw. von

A~x = ~b,

wenn fur xi = ci, i = 1, . . . , n, die m Gleichungen in (4) bzw. was

dasselbe ist A~c = ~b gilt.

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1. MATRIZEN UND GLEICHUNGSSYSTEME 31

Haug wird eine Losung in der Form x1 = c1, x2 = c2, . . . , xn = cn angegeben.

Handelt es sich um ein Gleichungssystem mit nur 2 oder 3 Unbekannten so schreibt

man statt x1, x2, x3 auch oft x, y, z. Ein homogenes Gleichungssystem

A~x = O

besitzt stets mindestens eine Losung, namlich die triviale Losung bzw. Nulllosung

x1 = x2 = . . . = xn = 0.

Nicht jedes Gleichungssystem ist losbar. Im Allgemeinen treten folgende Falle auf:

(1) Das Gleichungssystem besitzt keine Losung.

Beispiel 2.5.−2x+ y = 3,

−4x+ 2y = 2.

Dies kann man sich dadurch veranschaulichen, dass man die beiden

Gleichungen als Geradengleichungen interpretiert. Die Losung des Glei-

chungssystems sind dann der/die Schnittpunkt(e) der Geraden. Im vor-

liegenden Fall sind die beiden Geraden aber parallel und sie schneiden

sich folglich nicht. Somit ist das Gleichungssystem nicht losbar.

(2) Das Gleichungssystem besitzt genau eine Losung.

Beispiel 2.6.x+ 3y = 9,

−2x+ y = −4.

Dies kann man sich dadurch veranschaulichen, dass man die beiden

Gleichungen als Geradengleichungen interpretiert. Die Losung des Glei-

chungssystems sind dann der/die Schnittpunkt(e) der Geraden. Im vor-

liegenden Fall schneiden sich die Geraden in genau einem Punkt. Somit

hat das Gleichungssystem die Losung x = 3 und y = 2.

(3) Das Gleichungssystem besitzt unendlich viele Losungen.

Beispiel 2.7.4x− 2y = 6,

−2x+ y = −3.

Dies kann man sich dadurch veranschaulichen, dass man die beiden

Gleichungen als Geradengleichungen interpretiert. Die Losung des Glei-

chungssystems sind dann der/die Schnittpunkt(e) der Geraden. Im vor-

liegenden Fall sind die beiden Geraden aber identisch und damit ist jeder

Punkt der Geraden Losung. Somit besitzt das Gleichungssystem unend-

lich viele Losungen .

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32 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

Eine weitere Frage ist, ob es"gunstige\ Darstellungen von Gleichungssystemen gibt.

Beispiel 2.8. Wie man leicht nachrechnet hat das Gleichungssystem

x+ 3y = 9,

−2x+ y = −4.

die gleiche Losungsmenge wie das Gleichungssystem

x+ 3y = 9,

y = 2.

Dies fuhrt auf den Begri der Aquivalenz von linearen Gleichungssystemen:

Definition 2.7. Zwei Gleichungssysteme

A~x = ~b, und B~x = ~c

heien aquivalent, wenn sie dieselbe Losungsmenge besitzen.

Insbesondere ergeben die folgenden Umformungen eine aquivalentes Gleichungssy-

stem:

(1) Vertauschen zweier Gleichungen,

(2) Multiplikation einer Gleichung mit einer Zahl α 6= 0,

(3) Addition (bzw. Subtraktion) des Vielfachen einer Gleichung zu (bzw. von)

einer anderen,

da diese Umformungen mit Umformungen gleichen Typs ruckgangig gemacht werden

konnen. Diese Umformungen werden ubersichtlicher, wenn sie an der sogenannten

erweiterten Koezientenmatrix

(A | ~b) :=

a11 a12 . . . a1n b1a21 a22 . . . a2n b2...

......

...

am1 am2 . . . amn bn

ausgefuhrt werden. Man erweitert die Koezientenmatrix A um die Absolutglieder

(rechte Seite) und trennt sie durch einen senkrechten Strich von der Koezientenma-

trix. Die obigen Gleichungsumformungen entsprechen dann den elementaren Zeile-

numformungen der erweiterten Koezientenmatrix (A | ~b) :

(1) Vertauschen zweier Zeilen,

(2) Multiplikation einer Zeile mit einer Zahl α 6= 0,

(3) Addition (bzw. Subtraktion) des Vielfachen einer Zeile zu (bzw. von) einer

anderen.

Folglich gilt:

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1. MATRIZEN UND GLEICHUNGSSYSTEME 33

Satz 2.1. Entsteht (B | ~c) durch endlich viele elementare Zeilenumfor-

mungen, dann sind A~x = ~b und B~x = ~c aquivalent.

1.6. Gauß-Algorithmus. Ziel des nach C. F. Gau benannten Gauschen Al-

gorithmus ist es, die erweiterte Koezientenmatrix durch aquivalente Umformungen

in eine obere Dreiecksmatrix zu uberfuhren. Es ist am einfachsten, den Algorithmus

am Beispiel zu erlautern. Dazu betrachten wir das Gleichungssystem

x1 + x2 + x3 = 2,

2x1 + 3x2 + x3 = 3

x1 − x2 − 2x3 = −6.

Man hat 3 Moglichkeiten ein solches System in"Schemaform\ zu losen:

1. Gleichungsform

x1 + x2 + x3 = 2

2x1 + 3x2 + x3 = 3

x1 − x2 − 2x3 = −6

1. Schritt: Wir vereinfachen unser Gleichungssystem dadurch, dass wir durch aqui-

valente Umformungen x1 aus der 2. und 3. Gleichung bzw. Zeile eliminieren. Wir be-

halten die 1. Gleichung/Zeile bei und erzeugen neue 2. bzw. 3. Gleichungen/Zeilen.

Die neue 2. Gleichung/Zeile entsteht durch Multiplikation der 1. Gleichung/Zeile

mit (−2) und Addition des Ergebnisses zur 2. Gleichung/Zeile ((−2)erster Glei-

chung/Zeile + zweite Gleichung/Zeile = neue zweite Gleichung/Zeile). Analog ver-

fahren wir mit der 3. Gleichung/Zeile indem wir die erste Gleichung/Zeile mit (−1)

durchmultiplizieren und das Ergebnis zur 3. Gleichung/Zeile addieren:

x1 + x2 + x3= 2

x2 − x3= −1

−2x2 − 3x3= −8

2. Schritt: Wir vereinfachen unser Gleichungssystem weiter indem durch aquivalente

Umformungen x2 aus der 3. Gleichung/Zeile eliminiert wird. Wir behalten die 1. Glei-

chung/Zeile und die 2. Gleichung/Zeile bei und erzeugen eine neue 3. Gleichung/Zeile

indem das 2-fache der 2. Gleichung/Zeile zur 3. Gleichung/Zeile addieren:

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34 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

x1 + x2 + x3= 2

x2 − x3= −1

−5x3= −10

Damit haben wir unser Gleichungssystem auf"Dreiecksgestalt\ gebracht und konnen

daraus ablesen, dass x3 = 2 ist. Durch"Ruckwartseinsetzen\ erhalten wir auch x1 und

x2. Das konnen wir aber auch in diesem Schema machen indem wir nun"ruckwarts\

substituieren.

2. In Tabellenform sieht das wie folgt aus

x1 x2 x3

|1| 1 1 2 | · (−2) | · (−1)

2 3 1 3 | · 11 −1 −2 −6 | · 11 1 1 2

0 |1| −1 −1 | · 20 −2 −3 −8 | · 11 1 1 2

0 1 −1 −1

0 0 −5 −10

Man kann diese Tabelle noch weiter verkurzen:

x1 x2 x3

|1| 1 1 2

2 3 1 3

1 −1 −2 −6

0 |1| −1 −1

0 −2 −3 −8

0 0 −5 −10

Die 3. Variante ist die Matrizenform: |1| 1 1 2

2 3 1 3

1 −1 −2 −6

∼(−2) · ~z1 + ~z2

(−1) · ~z1 + ~z3

1 1 1 2

0 |1| −1 −1

0 −2 −3 −8

∼2 · ~z2 + ~z3

1 1 1 2

0 1 −1 −1

0 0 −5 −10

Das Ergebnis kann weiter vereinfacht werden indem die 3. Gleichung/Zeile mit −1

5

durchmultipliziert wird.

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1. MATRIZEN UND GLEICHUNGSSYSTEME 35

Gauß-Algorithmus – Abfolge.

Gau-Algorithmus

(1) Man bringe, wenn notig, durch Zeilenvertauschen ein von Null

verschiedenes Element an die Spitze der ersten Spalte (→ Pivot-

Element)

(2) Ist das Pivot-Element ungleich 1, so multipliziere man die Zeile

in der sich das Pivot-Element befindet mit 1

pivotdurch.

(3) Man erzeuge in der Spalte, in der sich das Pivot-Element be-

findet, unter diesem Nullen indem man geeignete Vielfache der

Zeile, die das Pivot-Element enthalt, zu allen anderen Zeilen addiert.

(4) Man behalte die Zeile, die das Pivot-Element enthalt (und die Zeilen

daruber) und wende die Schritte (1), (2) und (3) auf die Restmatrix

an.

Man kann nun das Ergebnis durch Ruckwartseinsetzen ausrechnen. Ausgangspunkt

ist das als"Dreiecksgestalt\ erhaltene Schema, x3 kennen wir.

In Gleichungsform geht man wie folgt vor:

Wir behalten die 3. Gleichung/Zeile bei und eliminieren x3 aus der 2. Gleichung/Zeile

und der 1. Gleichung/Zeile x3. Dies geschieht indem man die 3. Gleichung/Zeile zur

2. Gleichung/Zeile addiert bzw. die 3. Gleichung/Zeile mit (−1) durchmultipliziert

und das Ergebnis zur 1. Gleichung/Zeile addiert:

x1 + x2= 0

x2= 1

x3= 2

Nun behalten wir die 2. Gleichung/Zeile und die 3. Gleichung/Zeile bei und elimi-

nieren aus der 1. Gleichung/Zeile x2 indem wir von der 1. Gleichung/Zeile die 2.

Gleichung/Zeile abziehen:

x1= −1

x2= 1

x3= 2

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36 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

Wir haben damit als Losung des Gleichungssystems x1 = −1, x2 = 1 und x3 = 2

erhalten. In Tabellenform sieht das wie folgt aus:

x1 x2 x3

1 1 1 2

0 1 −1 −1

0 0 −5 −10 | ÷ (−5)

1 1 1 2 | · 10 1 −1 −1 | · 10 0 |1| 2 | · 1 ·(−1)

1 1 0 0 | · 10 |1| 0 1 | · (−1)

0 0 1 2

1 0 0 −1

0 1 0 1

0 0 1 2

und in Matrixform 1 1 1 2

0 1 −1 −1

0 0 |1| 2

∼1 · ~z3 + ~z2

(−1) · ~z3 + ~z1

1 1 0 0

0 |1| 0 1

0 0 1 2

∼(−1) · ~z2 + ~z1

1 0 0 −1

0 1 0 1

0 0 1 2

Im nachsten Beispiel beantworten wir die Frage wie man am Gauschen Algo-

rithmus sieht, dass das Gleichungssystem unlosbar ist.

Beispiel 2.9. Wir betrachten des Gleichungssystem

x1 − x2 + 2x3 = 3

2x1 − 2x2 + 5x3 = 4

x1 + 2x2 − x3 = −3

2x2 + 2x3 = 1

Wir formen zunachst aquivalent gema dem Gauschen Algorithmus um: Im

ersten Schritt behalten wir die erste Zeile bei:©1 −1 2 3

2 −2 5 4

1 2 −1 −3

0 2 2 1

~z2 + (−2)~z1

~z3 + (−1)~z1

1 −1 2 3

0 0 1 −2

0 3 −3 −6

0 2 2 1

Jetzt vertauschen wir die 2. und die 3. Zeile und dividieren anschlieend die

(neue) 2. Zeile durch 3 und behalten nun diese Zeile bei:

≈~z2 ↔ ~z3

1 −1 2 3

0 3 −3 −6

0 0 1 −2

0 2 2 1

≈13~z2

1 −1 2 3

0 ©1 −1 −2

0 0 1 −2

0 2 2 1

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1. MATRIZEN UND GLEICHUNGSSYSTEME 37

Im nachsten Schritt addieren wir (−2)-fache der 2. Zeile zur 4. Zeile und be-

halten die 3. Zeile bei:

≈(−2)~z2 + ~z4

1 −1 2 3

0 1 −1 −2

0 0 ©1 −2

0 0 4 5

≈(−4)~z3 + ~z4

1 −1 2 3

0 1 −1 −2

0 0 1 −2

0 0 0 13

Jetzt sieht man an der letzten Zeile, dass das Gleichungssystem nicht losbar

ist. Denn die letzte Zeile ausgeschrieben bedeutet nichts anderes als

0x1 + 0x2 + 0x3 = 13

was nie erfullt werden kann.

Als nachstes betrachten wir das folgende homogene Gleichungssystem

Beispiel 2.10.x1 + 2x2 − 5x3 = 0

−2x1 − 3x2 + 6x3 = 0

Hier sind die aquivalenten Umformungen zunachst sehr einfach, wir behalten

die 1. Gleichung bei und addieren das 2-fache der ersten Gleichung zur 2. Glei-

chung, d.h. (©1 2 −5 0

−2 −3 6 0

)≈

(−2)~z1 + ~z2

(1 2 −5 0

0 1 −4 0

)Wir fuhren zusatzlich einen Schritt der Ruckwartselimination aus:

≈~z1 + (−2)~z2

(1 0 3 0

0 1 −4 0

)Oensichtlich konnen wir nicht mehr eliminieren und oensichtlich gibt es min-

destens eine Losung, namlich die triviale Losung. Um uns einen Uberblick uber

die Losungsmenge zu verschaen, schreiben wir die letzte Matrix wieder als

Gleichungssystem auf:

x1 + 3x3 = 0

x2 − 4x3 = 0

oder andres ausgedruckt, sowohl x1 als auch x2 konnen in Abhangigkeit von x3

dargestellt werden:

x1 = −3x3

x2 = 4x3.

Setzt man nun x3 = r ∈ R, so sieht man, dass das Gleichungssystem unendlich

viele Losungen besitzt:

x1 = −3r, x2 = 4r, x3 = r, r ∈ R.

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38 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

Oder anders geschrieben:

~x =

−3

4

1

r, r ∈ R.

Definition 2.8. Eine Matrix ist in Zeilenstufenform oder"Dreiecks-

form\, wenn

(1) Jede Zeile, die nur aus Nullen besteht, am unteren Ende der

Matrix steht.

(2) Das erste, von Null verschiedene Element einer Zeile, eine 1 ist.

Dieses Element sei"fuhrende Eins\ genannt.

(3) Die fuhrende Eins einer jeden Zeile nach der ersten Zeile ben-

det sich rechts von der fuhrenden Eins der vorherigen Zeile.

Graphisch sieht Matrix vom Typ m×n in Zeilenstufenform wie folgt aus (∗ bedeuteteine beliebige reelle Zahl, die bei der Berechnung entsteht):

1 * * * * * ... * * ... *0 1 0 * * * ... * * ... *0 0 0 0 1 * ... * * ... *0 0 0 0 0 1 ... * * ... *..................................0 0 0 0 0 0 ... 1 * ... *0 0 0 0 0 0 ... 0 0 ...0....................................0 0 0 0 0 0 ... 0 0 ...0

r Zeilen

m-r Zeilen

Durch"Ruckwartssubstitution

"bzw. Ruckwartselimination erhalt man hieraus die

Gau-Jordan-Normalform:

1 0 0 0 0 0 ... 0 * ... *0 1 0 0 0 0 ... 0 * ... *0 0 0 0 1 0 ... 0 * ... *0 0 0 0 0 1 ... 0 * ... *..................................0 0 0 0 0 0 ... 1 * ... *0 0 0 0 0 0 ... 0 0 ... 0....................................0 0 0 0 0 0 ... 0 0 ... 0

r Zeilen

m-r Zeilen

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1. MATRIZEN UND GLEICHUNGSSYSTEME 39

Definition 2.9. Eine Matrix ist in Gauss-Jordan-Normalform, wenn

(1) Jede Zeile, die nur aus Nullen besteht, am unteren Ende der

Matrix steht.

(2) Das erste, von Null verschiedene Element einer Zeile, eine 1 ist.

Dieses Element sei"fuhrende Eins\ genannt.

(3) Die fuhrende Eins einer jeden Zeile nach der ersten Zeile ben-

det sich rechts von der fuhrenden Eins der vorherigen Zeile.

(4) Alle anderen Elemente einer Spalte, die eine fuhrende Eins

enthalt, sind Null.

1.7. Gauß-Jordan-Algorithmus. Es ist recht umstandlich den Gauss-Algorithmus

zu verwenden, um eine Gauss-Jordan-Normalform zu erhalten, da zunachst die Eli-

minationsschritte ausgefuhrt werden und dann die Ruckwartselimination erfolgt.

Man kann diese beiden Teile auch zu einem Algorithmus den wir Gauss-Jordan-

Algorithmus nennen wollen vereinen.

Beispiel 2.11. Anwendung des Gauss-Jordan-Algorithmus:

Wir betrachten das Gleichungssystem

2x3 − 2x4 = 2

3x1 + 3x2 − 3x3 + 9x4 = 12

4x1 + 4x2 − 2x3 + 11x4 = 12

bzw. in Matrixform 0 0 2 −2 2

3 3 −3 9 12

4 4 −2 11 12

1. Schritt: Man bringe, wenn notig, durch Zeilenvertauschen ein von Null ver-

schiedenes Element an die Spitze der ersten Spalte. Dieses Element nennt man

auch Pivotelement (vom frz. pivot = Angelpunkt)

≈~z1 ↔ ~z2

©3 3 −3 9 12

0 0 2 −2 2

4 4 −2 11 12

2. Schritt: Wenn das Pivotelement ungleich 1 ist, so multipliziere man die Zeile

in der sich das Pivotelement bendet mit 1

pivotdurch:

≈(13

)~z1

1 1 −1 3 4

0 0 2 −2 2

4 4 −2 11 12

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40 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

3. Schritt: Man erzeuge in der Spalte in der sich das Pivotelement bendet uber

und unter diesem Nullen indem man geeignete Vielfache der Zeile, die das

Pivotelement enthalt, zu allen anderen Zeilen addiert.

≈(−4)~z1 + ~z3

1 1 −1 3 4

0 0 2 −2 2

0 0 2 −1 4

4. Schritt: Man behalte die Zeile, die das Pivotelement enthalt und alle Zeilen

daruber bei und wende den 1. und den 2. Schritt auf die Restmatrix an. Dann

wende man den 3. Schritt auf die gesamte Matrix an.

Man wiederhole den 4. Schritt bis die Gauss-Jordan-Normalform entstanden

ist.

≈(−4)~z1 + ~z3

1 1 −1 3 4

0 0 ©2 −2 2

0 0 2 −1 4

≈(12

)~z2

1 1 −1 3 4

0 0 1 −1 1

0 0 2 −1 4

(−2)~z2 + ~z3

~z2 + ~z1

1 1 0 2 5

0 0 1 −1 1

0 0 0 ©1 2

≈~z3 + ~z2

(−2)~z3 + ~z1

1 1 0 0 1

0 0 1 0 3

0 0 0 1 2

Die Losung des Gleichungssystems ist damit

x4 = 2, x3 = 3, x2 = t, x1 = 1− t, bzw.

x1

x2

x3

x4

=

1

0

3

2

+ t

−1

1

0

0

, t ∈ R.

Allgemein gilt: Die erweiterte Koezientenmatrix (A|~b) wird mittels Gauss(-

Jordan)-Algorithmus in (M |~d) aquivalent umgeformt, mit M in Zeilenstufenform:

(M |~d) =

1 ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ . . . ∗ . . . ∗ d1

0 1 ∗ ∗ ∗ ∗ . . . ∗ . . . ∗ d2

0 0 0 1 ∗ ∗ . . . ∗ . . . ∗ d3

0 0 0 0 0 0 . . . ∗ . . . ∗ d4

......

......

...... . . .

... . . ....

...

0 0 0 0 0 0 . . . 1 . . . ∗ dr

0 0 0 0 0 0 . . . 0 . . . 0 dr+1

......

......

......

......

...

0 0 0 0 0 0 . . . 0 . . . 0 dm

(5)

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1. MATRIZEN UND GLEICHUNGSSYSTEME 41

Satz 2.2. Sei A eine m × n Matrix und ~b ein Spaltenvektor der Lange

m. Dann gilt:

(1) Losbarkeitsentscheidung: Ist eine der Zahlen dr+1, . . . , dm von

Null verschieden, so ist M~x = ~d nicht losbar, und damit ist auch

das Ausgangsgleichungssystem A~x = ~b nicht losbar.

(2) Anzahl der freien Variablen: Ist A~x = ~b losbar, dann enthalt

die allgemeine Losung n−r freie Variable, dabei ist n die Anzahl

der Unbekannten.

(3) Losungsstruktur: Ist das System A~x = ~b losbar, dann lasst sich

die allgemeine Losung in der Form

~v = ~v0 + ~u,

darstellen. Dabei ist ~v0 eine spezielle Losung des inhomogenen Glei-

chungssystems und ~u die allgemeine Losung des zugeordneten ho-

mogenen Gleichungssystems.

Beweis: (1) und (2) liest man aus (5) ab. (3): Mit A~u = ~0 und A~v0 = ~b gilt A(~v0+~u =~b, andererseits folgt aus A~v = ~b und A~v0 = ~b, dass die Dierenz ~u := ~v − ~v0 das

homogene Gleichungssystem A~x = 0 lost. #

Anwendungen:

1. Interpolation: Es sei eine Menge von Datenpunkten gegeben:

(x1, y1), (x2, y2), . . . , (xn, yn).

Gesucht ist ein Polynom, dessen Graph durch die Datenpunkte verlauft. Man zeigen,

dass es ein eindeutig bestimmtes Polynom (hochstens) (n − 1). Grades gibt, dessen

Graph durch alle Datenpunkte verlauft:

y = a0 + a1x+ . . . an−2xn−2 + an−1x

n−1.

Die unbestimmten Koezienten a0, a1, . . . , an−1 werden durch einsetzten der Daten-

punkte bestimmt.

Beispiel 2.12. Datenpunkte: (1; 6), (2; 3), (3; 2). Zu bestimmen ist ein Poly-

nom 2.Grades

y(x) = a0 + a1x+ a2x2.

Wir erhalten folgendes Gleichungssystem:

y(1) = 6 = a0 + a1 + a2

y(2) = 3 = a0 + 2a1 + 4a2

y(3) = 2 = a0 + 3a1 + 9a2

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42 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

Losung des Gleichungssystems: ©1 1 1 6

1 2 4 3

1 3 9 2

≈~z2 − ~z1

~z3 − ~z1

1 1 1 6

0 ©1 3 −3

0 2 8 −4

≈(−2)~z2 + ~z3

~z1 − ~z2

1 0 −2 9

0 1 3 −3

0 0 ©2 2

≈(

12

)~z3

1 0 −2 9

0 1 3 −3

0 0 1 1

≈2~z3 + ~z1

(−3)~z3 + ~z2

1 0 0 11

0 1 0 −6

0 0 1 1

Losung des Gleichungssystems ist a1 = 11, a2 = −6, a3 = 1, folglich verlauft die

Parabel

y(x) = 11− 6x+ x2

durch alle Datenpunkte.

1.8. Transponierte Matrix.

Definition 2.10. Jeder m × n Matrix A = (aij)m×n zugeordnet ist die

transponierte Matrix AT := (aji)n×m, deren i-te Zeile aus den Koezien-

ten der i-ten Spalte von A besteht.

Aus den Spalten von A werden die Zeilen von AT und gleichzeitig werden dabei aus

den Zeilen von A die Spalten von AT .

Beispiel 2.13. Sei A die folgende 4× 3-Matrix

A =

1 α 0

2 4 β

α x 2

0 β x

, dann ist AT =

1 2 α 0

α 4 x β

0 β 2 x

eine 3× 4-Matrix.

Dabei gelten die folgenden

Rechenregeln:

(1) (A+B)T = AT +BT fur Matrizen m× n-Matrizen A und B,

(2) (αA)T = αAT fur alle Matrizen A und α ∈ R,(3) (AT )T = A fur alle Matrizen A,

(4) (AB)T = BT AT , fur alle m× n-Matrizen A und n× r-Matrizen B.

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1. MATRIZEN UND GLEICHUNGSSYSTEME 43

Beweis: (1) bis (3) ergibt sich sofort. Um (4) zu beweisen, beachte man, dass

~z~s =(α1 α2 . . . αn

)β1

β2

...

βn

=n∑

k=1

αkβk =(β1 β2 . . . βn

)α1

α2

...

αn

= ~sT~zT . #

Definition 2.11. Eine n× n Matrix A heit symmetrisch, wenn A = AT

gilt, sie heit schiefsymmetrisch, wenn A = −AT gilt.

Bemerkung 2.2. Jede symmetrische Matrix A = AT = (aij)n×n ist wegen

aij = aji symmetrisch zur Hauptdiagonalen der Matrix A.

Fur jede n × n Matrix A, sind die Matrizen A + AT und AAT symmetrisch.

Dagegen ist die Matrix A− AT schiefsymmetrisch.

1.9. Invertierbare Matrizen. In diesem Abschnitt betrachten wir quadrati-

sche n × n Matrizen. Mit E bezeichnen wir stets die Einheitsmatrix E = (eij)n×n

mit eij =

1, wenn i = j,

0, wenn i 6= j..

Definition 2.12. Eine n× n- Matrix A heit invertierbar, wenn es eine

n× n-Matrix B gibt, so dass gilt

AB = BA = E.

In diesem Fall ist die Matrix B eindeutig bestimmt, sie wird mit A−1

bezeichnet (d.h. B := A−1), und heit inverse Matrix oder die Inverse von

A.

Die inverse Matrix ist eindeutig bestimmt, denn es gilt:

Satz 2.3. Wenn es zur n × n-Matrix A zwei n × n-Matrizen B, C gibt

mit BA = AC = E, dann ist A invertierbar und B = C = A−1.

Beweis: Es ist B = BE = B(AC) = (BA)C = EC = C. Also gilt AB = AC = E

und BA = CA = E und es gibt zu A keine andere Matrix mit dieser Eigenschaft;

d.h. es ist B = A−1. #

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44 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

Beispiel 2.14. Die Einheitsmatrix E = EE ist invertierbar mit E−1 = E.

Fur

A =

(a b

c d

)a, b, c, d ∈ R, mit ad− bc 6= 0

ist

A−1 =1

ad− bc

(d −b−c a

).

Mit Hilfe des Gau-Jordan-Algorithmus kann man nun einen Algorithmus zur

Berechnung inverser Matrizen angeben. Es sei die n×n-Matrix in Zeilenform gegeben:

A =

~a1

~a2

...

~an

und wir suchen die inverse Matrix B = A−1 in Spaltenform

B =(~b1 ~b2 . . . ~bn

).

Auerdem stellen wir die Einheitsmatrix E ebenfalls in Spaltenform dar:

B =(~e1 ~e2 . . . ~en

).

Dann ist

AB = E ⇐⇒ A~bk =

~a1

~a2

...

~an

~bk = ~ek, k = 1, 2, . . . , n,

d.h. die Spalten von A−1 sind die Losungen des Gleichungssystems A~x = ~ek, k =

1, 2, . . . , n. Zur Vereinfachung des Algorithmus kann man statt nur einen Vektor an-

zufugen und den Gau-Jordan-Algorithmus abzuarbeiten, sofort alle Spaltenvektoren

der Einheitsmatrix anfugen, also die gesamte Einheitsmatrix anfugen. Das ergibt fol-

genden Algorithmus:

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1. MATRIZEN UND GLEICHUNGSSYSTEME 45

Algorithmus zur Bestimmung der inversen Matrix:

Es sei A eine n× n-Matrix.

(1) Man fuge die n × n Einheitsmatrix an die Matrix A an, d.h. man

bilde die Matrix (A|E).

(2) Man erzeuge durch aquivalente Zeilenumformungen gema dem

Gau-Jordan-Algorithmus die Gau-Jordan-Normalform der Matrix

(A|E).

Ist die erzeugte Gau-Jordan-Normalform von der Gestalt (E|B), so

ist B die zu A inverse Matrix.

Ist die erzeugte Gau-Jordan-Normalform nicht von der Gestalt

(E|B), d.h ist die Matrix der ersten n Zeilen und Spalten nicht die

Einheitsmatrix, dann ist A nicht invertierbar.

Beispiel 2.15. Man untersuche, ob die Matrix

A =

1 −1 −2

2 −3 −5

−1 3 5

invertierbar ist. Wir beginnen damit die Einheitsmatrix anzufugen und den

Gau-Jordan-Algorithmus abzuarbeiten:

[A|E] =

©1 −1 −2 1 0 0

2 −3 −5 0 1 0

−1 3 5 0 0 1

≈~z2 + (−2)~z1

~z3 + ~z1

1 −1 −2 1 0 0

0 ©−1 −1 −2 1 0

0 2 3 1 0 1

(−1)~z2

1 −1 −2 1 0 0

0 1 1 2 −1 0

0 2 3 1 0 1

≈~z1 + ~z2

~z3 + (−2)~z2

1 0 −1 3 −1 0

0 1 1 2 −1 0

0 0 ©1 −3 2 1

~z1 + ~z3

~z2 + (−1)~z3

1 0 0 0 1 1

0 1 0 5 −3 −1

0 0 1 −3 2 1

Mit Hilfe des Gau-Jordan-Algorithmus kann auf der rechten Seite eine Ein-

heitsmatrix erzeugt werden und damit existiert A−1 und ist gleich

A−1 =

0 1 1

5 −3 −1

−3 2 1

.

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46 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

Beispiel 2.16. Man uberprufe, ob die Matrix

A =

1 1 5

1 2 7

2 −1 4

invertierbar ist und gebe gegebenenfalls die inverse Matrix an. Wir beginnen

wiederum mit dem Gau-Jordan-Algorithmus:

(A|E) =

©1 1 5 1 0 0

1 2 7 0 1 0

2 −1 4 0 0 1

≈~z2 + (−1)~z1

~z3 + (−2)~z1

1 1 5 1 0 0

0 ©1 2 −1 1 0

0 −3 −6 −2 0 1

~z1 + (−1)~z2

~z3 + 3~z2

1 0 3 2 −1 0

0 1 2 −1 1 0

0 0 0 −5 3 1

In der letzten Zeile ist es unmoglich an der 3. Stelle eine

"1\ zu erzeugen,

deshalb bricht der Algorithmus hier ab und die Matrix A ist nicht invertierbar.

Satz 2.4. Es sei

A~x = ~b

ein lineares Gleichungssystem mit n Gleichungen und n Unbekannten.

Wenn die zu A inverse Matrix A−1 existiert, ist die Losung des Glei-

chungssystems eindeutig bestimmt durch

~x = A−1~b.

Beweis: Wir beweisen zunachst, dass ~x = A−1~b eine Losung ist:

A~x = A(A−1~b) = (AA−1)~b = E~b = ~b.

Folglich erfullt ~x = A−1~b das Gleichungssystem und ist damit eine Losung.

Wir zeigen nun die Eindeutigkeit: Es sei ~y eine Losung des Gleichungssystems, d.h.

A~y = ~b,

A−1(A~y) = A~b, beide Seiten der Gleichung wurden mit der existierenden

inversen Matrix A−1 multipliziert.

(A−1A)~y = A−1~b, die Matrizenmultiplikation ist transitiv

E~y = A−1~b, A−1A = E

~y = A−1~b.

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1. MATRIZEN UND GLEICHUNGSSYSTEME 47

Folglich gibt es nur diese eine Losung. #

Rechenregeln fur das Invertieren von quadratischen Matrizen:

(1) Die Inverse einer invertierbaren n× n-Matrix A ist invertierbar;(A−1

)−1= A.

(2) Das Produkt AB zweier invertierbarer n × n-Matrizen ist invertier-

bar;

(AB)−1 = B−1A−1.

(3) Die transponierte AT einer n×n-Matrix ist genau dann invertierbar,

wenn A invertierbar ist. In diesem Fall ist(AT)−1

=(A−1

)T.

Beweis: zu (1): Die Denition der inversen Matrix besagt, dass es zur Matrix A eine

Matrix B mit

AB = BA = E

gibt und diese eindeutig bestimmt ist, d.h. B = A−1 bzw.

AA−1 = A−1A = E. (6)

Lesen wir diese Gleichung nun bezogen auf A−1, so steht da, dass es eine Matrix gibt,

die von rechts und von links mit A−1 multipliziert gerade die Einheitsmatrix ergibt,

also ist diese Matrix gerade die inverse Matrix zu A−1 und die Gleichung (6) besagt

gerade, dass (A−1)−1 = A ist.

zu (2): Wie man leicht sieht gilt:

(B−1A−1)AB = B−1(A−1A)B = B−1EB = B−1B = E

und auch

AB(B−1A−1) = A(BB−1)A−1 = AEA−1 = AA−1 = E.

Nach der Denition der inversen Matrix ist damit (AB)−1 = B−1A−1.

zu (3): Wir haben nachzuweisen, dass falls A invertierbar ist, dann ist auch AT

invertierbar und umgekehrt. Auerdem haben wir zu zeigen, dass dann (A−1)T =

(AT )−1 gilt. Wir nehmen daehalb zunachst an, dass A invertierbar ist und die inverse

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48 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

Matrix ist A−1, d.h.

AA−1 = A−1A = E | transponieren

⇐⇒ (AA−1)T = (A−1A)T = ET

⇐⇒ (A−1)TAT = AT (A−1)T = E

d.h. auch AT ist invertierbar und (AT )−1 = (A−1)T .

Nehmen wir nun an, dass AT invertierbar ist, d.h.

AT (AT )−1 = (AT )−1AT = E | transponieren

⇐⇒(AT (AT )−1

)T=((AT )−1AT

)T= ET

⇐⇒((AT )−1

)TA = A

((AT )−1

)T= E.

Folglich ist A invertierbar und es gilt A−1 =((AT )−1

)T ⇐⇒ (A−1)T = (AT )−1.

#

Anwendungsbeispiel:

Beispiel 2.17. Kryptographie: Unter der Kryptographie versteht man den

Prozess des Ver- und Entschlusselung von Nachrichten. Das Wort kommt vom

griechischen Wort kryptos, was soviel wie"versteckt\ bedeutet. Heutzutage wer-

den komplizierte Methoden angewandt um Nachrichten zu ver- und entschlusseln.

Ein ziemlich schwer zu brechender Kode entsteht bei der Verwendung riesi-

ger Kodierungsmatrizen. Der Empfanger entschlusselt die Nachricht mit Hilfe

der Dekodierungsmatrix, die die inverse Matrix zur Kodierungsmatrix ist. Wir

erlautern das an folgendem einfachen Beispiel.

Wir wollen die Nachricht

Mathematik ist leicht

verschlusseln. Dazu ordnen wir zunachst jedem Buchstaben des Alphabets eine

Zahl zu, der Einfachheit halber sei das die Position des Buchstaben im Alphabet,

also A ist 1, B ist 2, usw. Der Zwischenraum zwischen 2 Worten erhalte die

Zahl 27.

M A T H E M A T I K I S T L E I C H T

13 1 20 8 5 13 1 20 9 11 27 9 19 20 27 21 5 9 3 8 20

Diese Nachricht wird nun mit Hilfe der Kodierungsmatrix

A =

−3 −3 4

0 1 1

4 3 4

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1. MATRIZEN UND GLEICHUNGSSYSTEME 49

verschlusselt. Da wir eine 3 × 3-Matrix zur Kodierung verwenden wollen, un-

terteilen wir die in Zahlen ubertrage Nachricht in 3× 1-Matrizen: 13

1

20

8

5

13

1

20

9

11

27

9

19

20

27

21

5

9

3

8

20

Wir multiplizieren nun jede der Spaltenmatrizen mit der Kodierungsmatrix, was

in einem Schritt mittels Matrizenmultiplikation in der folgenden Weise gemacht

werden kann: −3 −3 4

0 1 1

4 3 4

13 8 1 11 19 21 3

1 5 20 27 20 5 8

20 13 9 9 27 9 20

=

38 13 −27 −78 −9 −42 47

21 18 29 36 47 14 28

135 99 100 161 244 135 116

Die Nachricht wird somit als

38, 21, 135, 13, 18, 99, −27, 29, 100, −78, 36, 161, −9, 47, 244, −42, 14, 135, 47, 28, 116

ubetragen. Um die Nachricht zu dekodieren benotigen wir nun die inverse der

Kodierungsmatrix. Berechnung der Dekodierungsmatrix: −3 −3 4 1 0 0

0 1 1 0 1 0

4 3 4 0 0 1

≈−1

3~z1

1 1 −43−1

30 0

0 1 1 0 1 0

4 3 4 0 0 1

(−4)~z1 + ~z3

1 1 −43−1

30 0

0 1 1 0 1 0

0 −1 283

43

0 1

≈~z1 − ~z2

~z3 − ~z2

1 0 −73−1

3−1 0

0 1 1 0 1 0

0 0 313

43

1 1

≈331~z3

1 0 −73−1

3−1 0

0 1 1 0 1 0

0 0 1 431

331

331

≈~z1 +

(73

)~z3

~z2 − ~z3

1 0 0 − 131−24

31731

0 1 0 − 431

2831

− 331

0 0 1 431

331

331

und damit ist die Dekodierungsmatrix

A−1 =1

31

−1 −24 7

−4 28 −3

4 3 3

Fasst man nun die kodierte Nachricht wieder in 3×1-Spaltenvektoren zusammen

und wendet darauf die Dekodierungsmatrix an, so ergibt sich der ursprungliche

Text der Nachricht.

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50 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

Beispiel 2.18. Man berechne, so moglich, die inverse Matrix zu

A =

(4 1

3 1

).

(4 1 1 0

3 1 0 1

)≈

(1 1

414

0

3 1 0 1

)≈

(1 1

414

0

0 14−3

41

)

(1 1

414

0

0 1 −3 4

)≈

(1 0 1 −1

0 1 −3 4

)und wir erhalten

A−1 =

(1 −1

−3 4

).

Man berechne nun (AT )−1. Wegen

(AT )−1 = (A−1)T

ergibt sich

(AT )−1 =

(1 −3

−1 4

).

Beispiel 2.19. Man lose das Gleichungssystem

x1 + 2x2 − x3 = b1x1 + x2 − 2x3 = b2x1 − x2 − x3 = b3

fur b1b2b3

=

1

2

3

,

0

1

4

,

5

2

−3

.

Dazu ist es nicht erforderlich, dass das Gleichungssystem dreimal gelost wird.

Man kann alle 3 rechten Seiten auf einmal einsetzen. Man schreibt zunachst

wie ublich die Koezientenmatrix hin und fugt dann alle 3 rechten Seiten an: 1 2 −1 1 0 5

1 1 −2 2 1 2

1 −1 −1 3 4 −3

≈ 1 2 −1 1 0 5

0 −1 −1 1 1 −3

0 −3 0 2 4 −8

1 2 −1 1 0 5

0 1 1 −1 −1 3

0 −3 0 2 4 −8

≈ 1 0 −3 3 2 −1

0 1 1 −1 −1 3

0 0 3 −1 1 1

1 0 0 2 3 0

0 1 1 −1 −1 3

0 0 1 −13

13

13

≈ 1 0 0 2 3 0

0 1 0 −23−4

383

0 0 1 −13

13

13

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1. MATRIZEN UND GLEICHUNGSSYSTEME 51

Folglich hat das Gleichungssystem fur

b1b2b3

=

1

2

3

die Losung

x1

x2

x3

=

13

6

−2

−1

, fur

b1b2b3

=

0

1

4

die Losung

x1

x2

x3

= 13

9

−4

1

und fur

b1b2b3

=

5

3

−2

die Losung

x1

x2

x3

= 13

0

8

1

.

Die Ursache hierfur ist, dass die Eigenschaft des Gleichungssystems genau ei-

ne/unendlich viele/keine Losung besitzt nicht von der rechten Seite, sondern

nur von der Koeffizientenmatrix abhangt.

Beispiel 2.20. Man bestimmte die Losung des Gleichungssystems

2x1 + x2 = b1x1 + 1

2x2 = b2

fur

(b1b2

)=

(2

1

),

(0

1

). Wir bilden die Koezientenmatrix und hangen

die rechten Seiten an(2 1 2 0

1 12

1 1

)≈

(1 1

21 1

2 1 2 0

)≈

(1 1

21 1

0 0 0 −2

)

Daraus kann man ablesen, dass das Gleichungssystem fur

(b1b2

)=

(2

1

)die

Losung

(x1

x2

)=

(1

0

)+ t

(−1

2

1

), t ∈ R, besitzt, dagegen fur

(b1b2

)=(

0

1

)keine Losung besitzt.

Geometrische Interpretation:

Das Gleichungssystem2x1 + x2 = 2

x1 + 12x2 = 1

besteht aus zwei identischen Geraden, da die erste Gleichung das Doppelte der

zweiten Gleichung ist. Folglich sind alle Punkte der Geraden sind Losungen des

Gleichungssystems. Das sieht man auch an der Losung, denn(x1

x2

)=

(1

0

)+ t

(−1

2

1

), t ∈ R,

ist gerade eine Parameterdarstellung der Geraden.

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52 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

Dagegen beschreibt das Gleichungssystem

2x1 + x2 = 0

x1 + 12x2 = 1

zwei sich nicht schneidende, parallele Geraden. Der Anstieg der Geraden ist

identisch, aber die erste Gerade verlauft durch den Ursprung, die zweite Gerade

dagegen nicht.

2. Determinanten

Anwendungen von Determinanten

• Wann existiert die inverse Matrix zu einer gegebenen n × n Matrix

A?

• Das Vektorprodukt kann als formale Determinante berechnet werden

(→ siehe lineare Algebra)

• Mit Hilfe der Determinante kann man feststellen, ob Vektoren linear

abhangig oder linear unabhangig sind (→ siehe lineare Algebra).

• Bestimmung der charakteristischen Gleichung bei Eigenwertproble-

men (→ siehe lineare Algebra: Eigenwerte/Eigenvektoren).

• Berechnung von Flacheninhalten in der Computergraphik.

• Hesse-Matrix und Determinante zur Bestimmung von Minima und

Maxima von Funktionen zweier Veranderlicher (→ siehe Hohere Ma-

thematik II)

• Jacobi-Matrix und -Determinante (oder auch Funktionaldeterminan-

te) bei der Transformation von mehrdimensionalen Integralen (→siehe Hohere Mathematik II)

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2. DETERMINANTEN 53

Man bestimmt Determinanten nur von quadratischen Matrizen. Wir werden die

Berechnung von Determinanten rekursiv durchfuhren, d.h. wir denieren wie man ei-

ne 2×2-Determinante berechnet und fuhren dann die Berechnung von (n+1)×(n+1)-

Determinanten auf die Berechnung von n× n-Determinanten zuruck.

Fur 1× 1 ist |A| = det (a) = a. Betrachten wir nun 2× 2-Matrizen:

Definition 2.13. Die Determinante einer 2× 2-Matrix A wird mit det A

oder |A| bezeichnet und wird berechnet als

det

(a11 a12

a21 a22

)=

∣∣∣∣∣ a11 a12

a21 a22

∣∣∣∣∣ = a11a22 − a21a12.

Nun zur Denition und Berechnung von n× n-Determinanten:

Definition 2.14. Es sei A eine quadratische n × n-Matrix. Die (n −1) × (n − 1)-Matrix, die aus der Matrix A entsteht, wenn man die i-te

Zeile und die j-te Spalte streicht, sei mit Aij bezeichnet. Dann berechnet

man die Determinante der n× n-Matrix A aus den Determinanten der

(n− 1)× (n− 1)-Matrizen Aij :

detA :=n∑

i=1

(−1)1+iai1detAi1.

2.1. 3× 3-Matrizen. Es sei

A =

a11 a12 a13

a21 a22 a23

a31 a32 a33

Dann ist

|A| = a11

∣∣∣∣∣ a22 a23

a32 a33

∣∣∣∣∣− a21

∣∣∣∣∣ a12 a13

a32 a33

∣∣∣∣∣+ a31

∣∣∣∣∣ a12 a13

a22 a23

∣∣∣∣∣= a11(a22a33 − a32a23)− a21(a12a33 − a32a13) + a31(a12a23 − a22a13).

Schreiben wir die Berechnung der Determinante noch einmal aus, so ist

|A| = a11a22a33 − a32a23a11 − a33a21a12 + a13a21a32 + a12a23a31 − a31a22a13).

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54 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

Dann sieht man, dass die Determinante wie folgt berechnet werden kann:

+ + +

- - -

Das ist die Sarrussche Regel Die Sarrussche Regel ist auf Determinanten

hoherer Ordnung nicht ubertragbar.

Beispiel 2.21. Man berechne die Determinante von

A =

1 2 −1

3 0 1

4 2 1

dann ist

|A| = 1 · 0 · 1 + 2 · 1 · 4 + (−1) · 2 · 3− 4 · 0 · (−1)− 2 · 1 · 1− 1 · 3 · 2 = 8− 6− 2− 6 = −6.

Satz 2.5. Fur eine obere Dreiecksmatrix gilt

det

a11 ∗ . . . ∗0 a22

. . ....

.... . . . . . ∗

0 . . . 0 ann

= a11a22 · · · ann.

Beweis: Man entwickle jede entstehende Determinante nach der ersten Spalte, da

an der Spitze der jeweilige 1. Spalte immer ein Element der Hauptdiagonale steht

und alle Elemente unterhalb der Hauptdiagonale gleich Null sind, ergibt sich die Be-

hauptung. #

Beispiel 2.22.

|A| =

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣

7 3 4 2 1

0 0 2 4 1

0 0 5 −1 2

0 0 0 4 3

0 0 0 0 6

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣= 7·

∣∣∣∣∣∣∣∣∣0 2 4 1

0 5 −1 2

0 0 4 3

0 0 0 6

∣∣∣∣∣∣∣∣∣ = 7·0·

∣∣∣∣∣∣∣5 −1 2

0 4 3

0 0 6

∣∣∣∣∣∣∣ = 7·0·5·

∣∣∣∣∣ 4 3

0 6

∣∣∣∣∣ = 7·0·5·4·6 = 0.

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2. DETERMINANTEN 55

2.2. Rechenregeln fur Determinanten.

Satz 2.6. (Rechenregeln fur Determinanten bei Zeilenumformun-

gen)

Die Matrix A sei in Zeilenform gegeben: A =

~a1

~a2

...

~an

. Dann gilt

(1) Ein gemeinsamer Faktor einer Zeile kann aus detA herausge-

zogen werden, d.h. fur α ∈ R gilt

det

~a1

~a2

...

α~ai

...

~an

= αdet

~a1

~a2

...

~ai

...

~an

.

(2) Besteht eine Zeile von A aus der Summe ai = bi+ci, dann besitzt

detA die entsprechende Summenzerlegung, d.h.

det

~a1

~a2

...~bi + ~ci

...

~an

= det

~a1

~a2

...~bi...

~an

+ det

~a1

~a2

...

~ci...

~an

.

(3) Ensteht die Matrix A aus der Matrix A durch vertauschen zweier

Zeilen, so ist det A = −detA.

Beweis: Der Beweis lasst sich leicht mittels vollstandiger Induktion fuhren und der

Entwicklung der Determinante nach der ersten Spalte. #

Folgerung aus (3): Sind zwei Zeilen einer Matrix A gleich, so ist ihre Determinante

gleich Null.

Beispiel 2.23. Wir werden die folgende Determinante zunachst nach der

Sarrusschen Regel berechnen:

det

1 2 3

2 1 1

3 3 4

= 4 + 6 + 18− 9− 3− 16 = 0.

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56 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

Wir hatten dieses Ergebnis aber auch anders erkennen konnen. Es gilt namlich

~z3 = (3, 3, 4) = (1, 2, 3) + (2, 1, 1) = ~z1 + ~z3.

Daraus konnen wir sofort schlieen, dass die Determinante gleich Null ist.

Weitere Eigenschaften:

Satz 2.7. (Rechenregeln fur Determinanten): Fur alle n×n-Matrizen A

und B gilt:

(1) Symmetrie in Zeilen und Spalten det (AT ) = detA.

(2) Multiplikationssatz det (AB) = detA · detB.

(3) Invertierbarkeitstest A ist invertierbar ⇐⇒ detA 6= 0.

(1), (2) ohne Beweis. Beweis zu (3): Ist A invertierbar, dann gibt es eine Matrix C

mit AC = CA = E und nach (2) ist det AC = det Adet C = det E = 1. Folglich ist

det A 6= 0. Die Umkehrung ist gerade die Cramersche Regel (siehe spater). #

Folgerungen aus dem Multiplikationssatz:

(1) det (AB) = det (BA).

(2) det (Ak) = (det A)k.

(3) det (A−1) = (det A)−1, falls A invertierbar ist.

(4) det (C−1AC) = detA, fur alle invertierbaren n× n-Matrizen C.

Beweis: zu (1) det (AB) = detA · detB = detB · detA = det (BA).

zu (2) det (Ak) = detA = (det (Ak−1) = . . . = (det A)k.

zu (3) det (AA−1) = detA · det (A−1) = detE = 1 und damit ist det (A−1) = 1det A

.

zu (4) det (C−1AC) = det (C−1) · detA−1 · detC = detA. #

Folgerung aus der Symmetrie: Die Formeln von Satz 2.6 gelten analog fur

die entsprechenden Spaltenumformungen.

Wegen detAT = detA hat man ebenso die Entwicklung von detA nach der i-ten

Spalte. Die Matrix A = (~aj ~a1 ~a2 . . . ~aj−1 ~aj+1 . . . ~an) entsteht aus der Matrix

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2. DETERMINANTEN 57

A = (~a1 ~a2 . . . ~aj−1 ~aj ~aj+1 . . . ~an) durch j − 1 sukzessive Vertauschungen benach-

barter Spalten. Also gilt det A = (−1)j−1detA. Entwickelt man nun erneut det A

nach der ersten Spalte, so ergibt sich der sogenannte

Satz 2.8. (Entwicklung von detA nach der j-ten Spalte:

detA =n∑

i=1

(−1)i+jaijdetAij,

wobei Aij die (n−1)×(n−1)-Matrix bezeichnet, die aus A durch Streichen

der i-ten Zeile und der j-ten Spalte entsteht.

Beispiel 2.24. Man berechne die folgende Determinante:

∣∣∣∣∣∣∣∣∣1 2 3 0

0 1 2 −2

−1 −1 3 2

1 1 2 0

∣∣∣∣∣∣∣∣∣=

~z2 + ~z3

∣∣∣∣∣∣∣∣∣1 2 3 0

0 1 2 −2

−1 0 5 0

1 1 2 0

∣∣∣∣∣∣∣∣∣=

Entwickl. nach 4. Spalte

= (−1)2+4(−2)

∣∣∣∣∣∣∣1 2 3

−1 0 5

1 1 2

∣∣∣∣∣∣∣=

5~s1 + ~s3(−2)

∣∣∣∣∣∣∣1 2 8

−1 0 0

1 1 7

∣∣∣∣∣∣∣=

Entwickl. nach 2. Zeile

= (−2)(−1)2+1(−1)

∣∣∣∣∣ 2 8

1 7

∣∣∣∣∣ = (−2)(2 · 7− 1 · 8) = −12.

Beispiel 2.25. Wir wollen die Determinante von

A =

3 −2 0 −1

0 2 2 1

1 −2 −3 −2

0 1 2 1

berechnen.

1. Schritt: Wir versuchen in einer Zeile oder Spalte moglichst viele Nullen zu

erzeugen, das konnen wir machen, da der Wert der Determinante dabei un-

verandert bleibt. Wir addieren das (−3)-fache der 3. Zeile zur 1. Zeile, d.h.

ausfuhrlich:

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58 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

detA =

∣∣∣∣∣∣∣∣∣3 −2 0 −1

0 2 2 1

1 −2 −3 −2

0 1 2 1

∣∣∣∣∣∣∣∣∣+

∣∣∣∣∣∣∣∣∣−3 6 9 6

0 2 2 1

1 −2 −3 −2

0 1 2 1

∣∣∣∣∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸=

∣∣∣∣∣∣∣∣∣0 4 9 5

0 2 2 1

1 −2 −3 −2

0 1 2 1

∣∣∣∣∣∣∣∣∣

= (−3) ·

∣∣∣∣∣∣∣∣∣1 −2 −3 −2

0 2 2 1

1 −2 −3 −2

0 1 2 1

∣∣∣∣∣∣∣∣∣ = 0

2. Schritt: Entwickeln nach der 1. Spalte:

= (+1) · 1 ·

∣∣∣∣∣∣∣4 9 5

2 2 1

1 2 1

∣∣∣∣∣∣∣Addieren das (−4)-fache der 3. Zeile zur 1. Zeile dazu:

=

∣∣∣∣∣∣∣4 9 5

2 2 1

1 2 1

∣∣∣∣∣∣∣+

∣∣∣∣∣∣∣−4 −8 −4

2 2 1

1 2 1

∣∣∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸=

∣∣∣∣∣∣∣0 1 1

2 2 1

1 2 1

∣∣∣∣∣∣∣= 0

Addieren das (−2)-fache der 3. Zeile zur 2. Zeile dazu:

=

∣∣∣∣∣∣∣0 1 1

2 2 1

1 2 1

∣∣∣∣∣∣∣+

∣∣∣∣∣∣∣0 1 1

−2 −4 −2

1 2 1

∣∣∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸=

∣∣∣∣∣∣∣0 1 1

0 −2 −1

1 2 1

∣∣∣∣∣∣∣= 0

3. Schritt: Entwickeln nach der 1. Spalte:

= 1 · 1

∣∣∣∣∣ 1 1

−2 −1

∣∣∣∣∣ = (−1)− (−2) = 1.

Alternativ, die direkte Entwicklung. Entwickeln nach der 1. Spalte (gunstig, da

zwei Nullen):

detA = 1 · 3 ·

∣∣∣∣∣∣∣2 2 1

−2 −3 −2

1 2 1

∣∣∣∣∣∣∣+ 1 · 1 ·

∣∣∣∣∣∣∣−2 0 −1

2 2 1

1 2 1

∣∣∣∣∣∣∣ =

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2. DETERMINANTEN 59

Nun nach der 1. Spalte bzw. der 2. Zeile entwickeln:

= 3

(1 · 2 ·

∣∣∣∣∣ −3 −2

2 1

∣∣∣∣∣+ (−1)(−2) ·

∣∣∣∣∣ 2 1

2 1

∣∣∣∣∣+ 1 · 1 ·

∣∣∣∣∣ 2 1

−3 −2

∣∣∣∣∣)

+

+(−1) · 2 ·

∣∣∣∣∣ 0 −1

2 1

∣∣∣∣∣+ 1 · 2 ·

∣∣∣∣∣ −2 −1

1 1

∣∣∣∣∣+ (−1) · 1 ·

∣∣∣∣∣ −2 0

1 2

∣∣∣∣∣ =

= 3(2((−3)− (−4)) + 0 + ((−4)− (−3))) + (−2)2 + 2((−2) + 1) + (−1)(−4) =

= 3(2− 1)− 4− 2 + 4 = 1.

2.3. Cramersche Regel. Wir kommen nun zur

Satz 2.9. Cramersche Regel: Gilt fur die Determinante der Matrix

A = (~a1 ~a2 . . . ~an) die Beziehung detA 6= 0, so hat das Gleichungssystem

A~x = ~b mit einer rechten Seite ~b die Losung

xi =1

detAdet (~a1 . . .~ai−1

~b ~ai+1 . . . ~an), i = 1, 2 . . . , n.

(Die i-te Spalte von A wird durch b ersetzt.)

Beweis: Das Gleichungssystem A~x = ~b ist aquivalent zu

a11 a12 . . . a1n

a21 a22 . . . ann

......

...

an1 an2 . . . ann

x1

x2

...

xn

=

b1b2...

bn

⇐⇒

x1a11 + x2a12 + . . .+ xna1n

x1a21 + x2a22 + . . .+ xna2n

...

x1an1 + x2an2 + . . .+ xnann

b1b2...

bn

⇐⇒ x1~a1 + x2~a2 + . . .+ xn~an = ~b.

Damit ist

det (~b ~a2 . . . ~an) = det

(n∑

i=1

xi~ai ~a2 . . . ~an

)=

n∑i=1

xi det (~ai ~a2 . . . ~an)

= x1 det (~a1 ~a2 . . . ~an) = x1 detA.

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60 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

Die anderen Determinanten berechnen sich analog. Da detA 6= 0 gilt ergibt sich die

Behauptung. #

Bemerkung 2.3. Man sollte die Cramersche Regel i. Allg. nicht zur vollstandi-

gen Auslosung eines Systems mit vielen Unbekannten verwenden (hoher Re-

chenaufwand!). Die Formel ist aber gut geeignet zur Berechnung einzelner Un-

bekannter und insbesondere zur Weiterverarbeitung, wenn im Gleichungssystem

zusatzliche Parameter enthalten sind.

Beispiel 2.26. Man bestimme die Losungskomponente x2 des Gleichungssy-

stems

5x1 + 3x2 + 2x3 = 4

−3x1 + 5x2 + 6x3 − 5x4 = 1

3x2 + x3 − x4 = 0

5x1 + 3x2 + 4x3 + x4 = 0

Nach der Cramerschen Regel gilt

x2 =

det

5 4 2 0

−3 1 6 −5

0 0 1 −1

5 0 4 1

det

5 3 2 0

−3 5 6 −5

0 3 1 −1

5 3 4 1

Wir berechnen die einzelnen Determinanten:∣∣∣∣∣∣∣∣∣

5 4 2 0

−3 1 6 −5

0 0 1 −1

5 0 4 1

∣∣∣∣∣∣∣∣∣=

~s3 + ~s4

∣∣∣∣∣∣∣∣∣5 4 2 2

−3 1 6 1

0 0 1 0

5 0 4 5

∣∣∣∣∣∣∣∣∣=

Entwickl. nach 3. Zeile

=

∣∣∣∣∣∣∣5 4 2

−3 1 1

5 0 5

∣∣∣∣∣∣∣=

(−4)~z2 + ~z1

∣∣∣∣∣∣∣17 0 −2

−3 1 1

5 0 5

∣∣∣∣∣∣∣=

Entwickl. nach 2. Spalte

=

∣∣∣∣∣ 17 −2

5 5

∣∣∣∣∣ = 17 · 5− 5 · (−2) = 95.

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2. DETERMINANTEN 61

und∣∣∣∣∣∣∣∣∣5 3 2 0

−3 5 6 −5

0 3 1 −1

5 3 4 1

∣∣∣∣∣∣∣∣∣=

(−2)~z3 + ~z1

(−6)~z3 + ~z2

(−4)~z3 + ~z4

∣∣∣∣∣∣∣∣∣5 −3 0 2

−3 −13 0 1

0 3 1 −1

5 −9 0 5

∣∣∣∣∣∣∣∣∣=

Entwickl. nach 3. Spalte

=

∣∣∣∣∣∣∣5 −3 2

−3 −13 1

5 −9 5

∣∣∣∣∣∣∣=

(−2)~z2 + ~z1

(−5)~z2 + ~z3

∣∣∣∣∣∣∣11 23 0

−3 −13 1

20 56 0

∣∣∣∣∣∣∣=

Entwickl. nach 3. Spalte

= (−1)

∣∣∣∣∣ 11 23

20 56

∣∣∣∣∣ = (−1)(11 · 56− 20 · 23) = −156.

und damit ist x2 = − 95156.

Definition 2.15. Es sei A eine n× n Matrix, dann heit die Zahl

Aij := (−1)i+j

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣

a11 a12 . . . a1,j−1 a1,j+1 . . . a1n

......

......

...

ai−1,1 ai−1,2 . . . ai−1,j−1 ai−1,j+1 . . . ai−1,n

ai+1,1 ai+1,2 . . . ai+1,j−1 ai+1,j+1 . . . ai+1,n

......

......

...

an1 an2 . . . an,j−1 an,j+1 . . . ann

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣Adjunkte des Elements aij.

Bemerkung 2.4. Die Adjunkte des Elements aij ist gleich (−1)i+j mal die

Determinante der (n− 1)× (n− 1) Matrix, die man aus A erhalt, wenn man die

i-te Zeile und die j-te Spalte streicht.

Damit erhalt man aus der Cramerschen Regel:

Satz 2.10. Ist die n× n Matrix A invertierbar, so ist

A−1 =1

detA

A11 A21 . . . An1

A12 A22 . . . An2

......

...

A1n A2n . . . Ann

=1

detA

A11 A12 . . . A1n

A21 A22 . . . A2n

......

...

An1 An2 . . . Ann

T

.

In Worten: Die Inverse von A ist 1det A

mal die Transponierte der Ad-

junktenmatrix von A.

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62 2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME

2.4. Ubersicht: Praktische Berechnung von Determinaten.

2.4.1. Spezialfalle.

Es sei A eine quadratische Matrix (vom Typ n× n), dann ist

det (a11) = a11

und

det

(a11 a12

a21 a22

)=

∣∣∣∣∣ a11 a12

a21 a22

∣∣∣∣∣ = a11a22 − a21a12.

Fur 3× 3 Matrizen gilt die Sarrussche Regel:

∣∣∣∣∣∣∣a11 a12 a13

a21 a22 a23

a31 a32 a33

∣∣∣∣∣∣∣ = a11a22a33+a12a23a31+a13a21a32−a31a22a13−a32a23a11−a33a21a12

bzw.

+ + +

- - -

Fur Determinanten hoherer Ordnung gibt es keine analogen Formeln.

2.4.2. Entwicklungssatz.

Berechnung nach dem (Laplaceschen) Entwicklungssatz

detA =n∑

i=1

(−1)i+jaijdetAij =n∑

j=1

(−1)i+jaijdetAij.

wobei das Vorzeichen nach der Schachbrettregel bestimmt wird:

+ − + − + . . .

− + − + − . . .

+ − + − + . . ....

......

......

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2. DETERMINANTEN 63

und die Unterdeterminante durch Streichen der i-ten Zeile und j-ten Spalte entsteht:

a11 a12 . . . a1,j−1 a1j

∣∣∣ a1,j+1 . . . a1n

a21 a22 . . . a2,j−1 a2j

∣∣∣ a2,j+1 . . . a2n

......

......∣∣∣ ...

...

ai−1,1 ai−1,2 . . . ai−1,j−1 ai−1,j

∣∣∣ ai−1,j+1 . . . ai−1,n

ai1 ai2 . . . ai,j−1 |aij|∣∣∣ ai,j+1 . . . ain

ai+1,1 ai+1,2 . . . ai+1,j−1 ai+1,j

∣∣∣ ai+1,j+1 . . . ai+1,n

......

......∣∣∣ ...

...

an1 an2 . . . an,j−1 anj

∣∣∣ an,j+1 . . . ann

Rechenregeln: Es sei A eine n× n Matrix.

(1) Alle Rechenregeln gelten analog fur Spalten bzw. Zeilen.

(2) Vertauscht man eine Spalte (Zeile) von A mit einer anderen Spalte

(Zeile) von A so andert sich das Vorzeichen der Determinante.

(3) Hat die Matrix A zwei gleiche Spalten (Zeilen), so ist die Determi-

nante von A gleich Null.

(4) Addiert man das Vielfache einer Spalte (Zeile) zu eine anderen Spalte

(Zeile), so bleibt die Determinante unverandert.