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115 Kurzüberblick Die Umgebung von Industrie- und Handelsunternehmen hat sich in den letzten Jahren tiefgreifend verändert. Beispielhafte Auslöser waren der Wandel vom Produzenten zum Käufermarkt, der faktische Wegfall der nationalen Grenzen und die damit verbundene Intensivierung des europäischen Binnenmarktes sowie die zunehmende Bedeutung ökologischer Anforderungen. Um die Kundenbedürfnisse den- noch befriedigen zu können und damit dem Wettbewerb gewachsen zu sein, müssen sich die Distributionsstrukturen der Unternehmen immer schneller an diese Verände- rungen anpassen. Nur so können die Waren flexibel, kostengünstig und schnell an die Kunden geliefert werden. In diesem Spannungsfeld kommt der Planung und Steuerung der Distributionsabläufe eine immer wichtigere Bedeutung zu. Ziel dieses Kapitels ist nicht nur die Vermittlung grundlegender Begrifflichkeiten und Zusammenhänge der Distributionslogistik, sondern weiterhin auch Methoden zur Distributionsplanung und -steuerung sowie Kennzahlen zur Messung der Distributions- leistung und -kosten. 4.1 Grundlagen der Distributionslogistik Die Distributionslogistik setzt den Betrachtungsschwerpunkt auf den physischen Material- und den damit verbundenen Informationsfluss. Es werden die grundlegenden Begrifflich- keiten und Aufgaben sowie aktuelle Herausforderungen, Einflussfaktoren und Ziele, die auf die Distributionslogistik einwirken, dargestellt und erläutert. 4 Distributionslogistik Günther Schuh, Volker Stich und Stefan Kompa G. Schuh () · V. Stich · S. Kompa 52062 Aachen, Deutschland E-Mail: Gü[email protected] V. Stich E-Mail: [email protected] S. Kompa E-Mail: [email protected] G. Schuh, V. Stich (Hrsg.), Logistikmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-28992-7_4, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

Logistikmanagement || Distributionslogistik

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Kurzüberblick Die Umgebung von Industrie- und Handelsunternehmen hat sich in den letzten Jahren tiefgreifend verändert. Beispielhafte Auslöser waren der Wandel vom Produzenten zum Käufermarkt, der faktische Wegfall der nationalen Grenzen und die damit verbundene Intensivierung des europäischen Binnenmarktes sowie die zunehmende Bedeutung ökologischer Anforderungen. Um die Kundenbedürfnisse den-noch befriedigen zu können und damit dem Wettbewerb gewachsen zu sein, müssen sich die Distributionsstrukturen der Unternehmen immer schneller an diese Verände-rungen anpassen. Nur so können die Waren flexibel, kostengünstig und schnell an die Kunden geliefert werden. In diesem Spannungsfeld kommt der Planung und Steuerung der Distributionsabläufe eine immer wichtigere Bedeutung zu.

Ziel dieses Kapitels ist nicht nur die Vermittlung grundlegender Begrifflichkeiten und Zusammenhänge der Distributionslogistik, sondern weiterhin auch Methoden zur Distributionsplanung und -steuerung sowie Kennzahlen zur Messung der Distributions-leistung und -kosten.

4.1 Grundlagen der Distributionslogistik

Die Distributionslogistik setzt den Betrachtungsschwerpunkt auf den physischen Material- und den damit verbundenen Informationsfluss. Es werden die grundlegenden Begrifflich-keiten und Aufgaben sowie aktuelle Herausforderungen, Einflussfaktoren und Ziele, die auf die Distributionslogistik einwirken, dargestellt und erläutert.

4Distributionslogistik

Günther Schuh, Volker Stich und Stefan Kompa

G. Schuh () · V. Stich · S. Kompa52062 Aachen, DeutschlandE-Mail: Gü[email protected]

V. StichE-Mail: [email protected]

S. KompaE-Mail: [email protected]

G. Schuh, V. Stich (Hrsg.), Logistikmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-28992-7_4, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

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4.1.1 Definitionen

Der Begriff Distribution wird in der wirtschaftswissenschaftlichen und ingenieurwissen-schaftlichen Literatur nicht einheitlich verwendet. Aus der wirtschaftswissenschaftlichen Sichtweise beschreibt die Distribution die bedarfs- und anforderungsgerechte Verteilung von Waren zwischen der Bedarfsentstehung und der Produktion [1, 2].

Aus ingenieurwissenschaftlicher Sicht hingegen umfasst die Distribution die Planung, Steuerung, Durchführung und Kontrolle aller Aktivitäten zur Verteilung von Waren vom Produzenten bis zum Kunden. Sie verbindet Produktionsunternehmen über Absatz-/Ver-triebskanäle mit dem Kunden [3, 4]. Der Aufgabenbereich lässt sich dabei in die akquisito-rische und physische Distribution – die sogenannte Distributionslogistik – unterteilen. Die akquisitorische Distribution schafft die vertraglichen Grundlagen des Vertriebs, während die physische Distribution die operative Abwicklung beinhaltet [4].

Die Distributionslogistik verknüpft die Vertriebsseite eines Unternehmens mit der sto-chastischen Bedarfsstruktur des Kunden und hat das Ziel, die physische Verfügbarkeit der Produkte und den dazugehörigen Informationsfluss zu gewährleisten. Sie steuert mit ihren Konzepten und Verfahren den Absatz der Produkte sowie die physischen, dispositi-ven und administrativen Prozesse der Warenverteilung zum Absatzmarkt (Point of Sale). Somit lässt sich herausstellen, dass die Distributionslogistik für die Planung, Steuerung und Überwachung aller Transport- und Lageraktivitäten verantwortlich ist, die mit dem Material- und Informationsfluss vom Ende der Produktion bis zur Übergabe der Ware beim Kunden verbunden sind. Die Distributionslogistik wird in der Literatur auch oft als „physical distribution“ oder „Vertriebslogistik“ beschrieben [4–13]. Für das weiter-führende Verständnis des Kapitels und der damit verbundenen Einbettung in die gesamte Unternehmenslogistik wird die zuvor erläuterte Definition der Distributionslogistik ver-wendet.

4.1.2 Einordnung der Distributionslogistik

Die Distributionslogistik ist ein Teilbereich der Unternehmenslogistik und kann komple-mentär zur Beschaffungslogistik gesehen werden [8]. Sie bildet die Schnittstelle zwischen der Produktionslogistik des eigenen Unternehmens und der Beschaffungslogistik des Kun-den. Sie umfasst alle Aktivitäten unter Berücksichtigung des Material- (Produkte, Begleit-material etc.) und Informationsflusses (Bestellungen, Bestätigungen, Absagen etc.), die im Zusammenhang mit der Belieferung des Kunden mit Produkten stehen [3, 6, 8].

Es lassen sich daher physische, den Materialfluss betreffende, und logische, den In-formationsfluss betreffende, Schnittstellen unterscheiden. Die physische Ausgangsschnitt-stelle zum Endkunden wird darüber definiert, zu welchem Zeitpunkt die Ware in die Verfügungsgewalt des Kunden übergeht. Ausgangsseitig führen interne Fehlplanungen von Produktionsaufträgen bzw. eine Nichtberücksichtigung von Prognoseergebnissen zu einer Unterversorgung der Distribution. Negative Kundenentscheidungen, wie bspw. die Ablehnung von Produkten aufgrund von Zeitverstößen oder Beschädigungen, führen zu

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Rücktransporten und erneuten Einlagerungsprozessen, die zu einer Zusatzbelastung der Distribution führen [6].

Ein weiterer negativer Effekt in der Distributionslogistik entsteht durch die mangeln-de interne Abstimmung, ob das Fertigwarenlager zur Distribution sowie die Disposi-tion der Fertigerzeugnisse in den Aufgabenbereich der Distribution fallen oder nicht. In der Praxis wird diese Problemstellung nicht selten unzureichend geklärt. Eine mögli-che Regelung könnte in Abhängigkeit zur Fertigstellungszeit getroffen werden. Zu früh gelieferte Güter bleiben so lange in der Kostenverantwortung der Produktion, bis die geplante Fertigstellungszeit erreicht ist. Für zu spät gelieferte Sendungen übernimmt die Produktion die Verantwortung über die entstehenden Folgekosten. Die physische Ein-gangsschnittstelle wird intern zwischen Produktion und Distribution über zuvor verein-barte Regeln definiert [6].

Zwischen den beiden Schnittstellen – der Produktionslogistik des eigenen Unterneh-mens und der Beschaffungslogistik des Kunden – lassen sich die Struktur sowie die Auf-gaben eines Distributionssystems gestalten und planen.

Im Rahmen der Distributionslogistik werden je nach Ausprägung des Distributions-systems (vgl. 4.3.4.1) und der zu beliefernden Branche verschiedenartige Produkte auf-trags- und kundenspezifisch abgewickelt. Dabei lassen sich folgende Produkttypen unter-scheiden [6, 7, 14]:

• Anlagegüter, die in der Praxis meist an Großabnehmer versandt werden und eher selten vorkommen.

• Produktionsgüter, wie bspw. Rohstoffe oder Halbfabrikate, die der Kunde meist in ver-einbarten Belieferungsmengen und -frequenzen regelmäßig erhält. Diese Produktart wird ebenfalls oft an Großabnehmer ausgeliefert und ist in der Praxis häufig anzutref-fen.

• Konsumgüter, wie bspw. Lebensmittel, Bekleidung etc. werden direkt an den Kunden oder in einer Zwischenstufe an den Händler in der entsprechenden Stufe verschickt. Die Belieferungsmenge besteht oft aus kleinen Verpackungseinheiten. Konsumgüter lassen sich wiederum in Fertigerzeugnisse, Handelswaren und Ersatzteile unterteilen [15]:

− Fertigerzeugnisse sind in sich geschlossene funktionsfähige Gegenstände, die aus einer Anzahl von Gruppen und/oder Teilen bestehen. Sie sind das Ergebnis der Fertigung.

− Handelswaren sind gekaufte Gegenstände, die ohne Be- und/oder Verarbeitung ver-kauft werden.

− Ersatzteile sind Teile oder Gruppen, die dazu bestimmt sind, ein beschädigtes, ver-schlissenes oder fehlendes Teil oder eine solche Gruppe zu ersetzen.

Jede einzelne Produktart stellt, abhängig vom Gewicht, den Produkt-/Gebindeabmaßen, dem Aggregatzustand, den Kundenvorgaben etc. unterschiedliche Anforderungen an die Planungs- und Steuerungsaufgaben der Distributionslogistik (Auswahl des Verkehrsträ-gers, Distributionskanal, Distributionsstrategie etc….). Somit muss die Distributionslo-gistik flexibel und anpassungsfähig gestaltet werden, um möglichst allen Kundenanfor-derungen gerecht werden zu können. Die dafür verwendeten Planungs- und Steuerungs-methoden werden in den Kap. 4.3 und 4.4 aufgegriffen und behandelt.

4� Distributionslogistik

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4.1.3 Aufgaben und Ziele

Zu den weiterführenden Aufgaben der Distributionslogistik, die in den folgenden Unter-kapiteln differenziert betrachtet und erläutert werden, gehören unter anderem folgende Funktionen (Abb. 4.1) [6, 11, 16, 17]:

Durch verbrauchssynchrone Materialanlieferungen und vorgegebene Verpackungsvor-schriften steigen die Anforderungen an die Distributionslogistik enorm [8]. Zudem be-ansprucht die art- und mengenmäßige sowie räumlich und zeitlich abgestimmte Bereit-stellung der produzierten Güter einen erheblichen Koordinations- und Planungsaufwand [4, 6].

Ziel der Distributionslogistik ist es, die richtige Ware zum richtigen Zeitpunkt am richti-gen Ort in der richtigen Menge und Qualität bereitzustellen sowie ein optimales Verhältnis zwischen der Distributionsleistung und den Distributionslogistikkosten zu gewährleisten [12]. Im weiteren Verlauf des Kapitels wird in Kap. 4.3 differenziert auf die Mess- und Be-wertbarkeit von distributionslogistischen Zielgrößen eingegangen. Dabei wird ein speziell auf die Distributionslogistik ausgelegtes Zielsystem erläutert und dargestellt. Allgemeine Ziele der Distributionslogistik lassen sich jedoch nach kluck [11] in kundenspezifische und logistische Ziele unterteilen.

Abb. 4.1   Aufgaben der Distributionslogistik

Distributionslogistik

Auftrags-abwicklung

Strategieplanung

Funktions- und Standortplanung

der Lager

Festlegung von Anzahl und

Umfang der Lager

Bestimmung der Distributions-

kanäle

TourenplanungTransportmittel-

planung

Warentransport und

-umschlag

Value-AddedServices durch Logistikdienst-

leister

Lagerhaltung und Kommissionierung

Verpacken, Sortieren, Puffern und Konsolidieren

der Ware

Kooperationen mit Logistik-

dienstleistern

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Neben der operativen und strategischen Abwicklung des Materialflusses zu minimalen Kosten beinhalten Kundenziele u. a. auch persönliche Betreuung, Präsenz sowie einen hohen Servicegrad. Folgende Zielsetzungen sollten zudem berücksichtigt werden:

• Ein hoher Servicegrad, der in Abhängigkeit vom Produkt, vom Kunden und der Dis-tributionsstufe festzulegen ist,

• Abdeckung zukünftiger Serviceleistungen und Bedarfe,• Auskunftsbereitschaft und Informationstransparenz,• Flexibilitätsbereitschaft im Hinblick auf Kundenwünsche.

Logistikziele versuchen den Material- und Informationsfluss unter Berücksichtigung der gegebenen Kosten zu maximieren oder bei gegebenem Output die Kosten zu minimieren. Maßnahmen zur Realisierung dieser können bspw. sein [11]:

• Bestandsreduzierung,• optimierter Einsatz von Lager- und Kommissioniertechniken,• IT-Systeme zum Datenaustausch zwischen Händlern, Vertriebsorganisationen und La-

gern,• dynamische Anpassung der optimalen Standort- und Sortimentsplanung, hervorgerufen

durch bspw. Kundenverschiebungen oder eingebrochene Nachfrage von Produkten etc.

Kosten- und leistungsoptimierte Auswahl von Transportmitteln und Umschlagsystemen

4.1.4 Herausforderungen

Eine der bedeutendsten Herausforderungen, der sich die Distributionslogistik und deren Planung ausgesetzt sieht, ist das dynamische Marktumfeld. Mit den derzeitigen Planungs-prozessen und -methoden lassen sich bisher nur sehr schwer zukunftsorientierte Aussagen über strategische, taktische und operative Entwicklungen der Distributionslogistik treffen [3]. Weiterhin muss das Management die Distributionsstrukturen aufgrund gewandelter situativer Rahmenbedingungen verändern können, um den modernen Markt- und Wettbe-werbserfordernissen folgen zu können [18]. Voraussetzung für quantifizierbare Aussagen über die Zukunftstendenzen ist eine ganzheitliche Integration der Distribution in sämt-lichen relevanten Unternehmensfunktionen. Die Aufgabe des Managements besteht darin, ein zielführendes Entscheidungsverhalten sowie entsprechende Handlungsmethoden für die Ausrichtung der Distributionslogistik zu identifizieren und anzuwenden [18].

Alle Funktionsbereiche der Distributionslogistik müssen daher als eine Einheit betrach-tet werden, um Zusammenhänge und Auswirkungen auf andere Teilbereiche des Unter-nehmens zu erkennen und nachhaltig positiv zu beeinflussen [19]. In vielen Unternehmen ist dieser Ansatz noch nicht integriert und mit den Unternehmensfunktionen abgestimmt. Auftragseingangs-, Lagerhaus-, Transport-, Datenverarbeitungsmanager etc. arbeiten in ihrem Tagesgeschäft zumeist unabhängig voneinander. Die innerbetriebliche Absprache und Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Unternehmensbereichen stellt jedoch die Weichen für eine erfolgreiche und wirtschaftliche Ausrichtung der unternehmensübergrei-fenden Distributionslogistikprozesse [18].

4� Distributionslogistik

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Die Einflussfaktoren auf die Distributionslogistik lassen sich generell in Markt- und Kundenanforderungen sowie in die Möglichkeiten und Rahmenbedingungen zur Leis-tungserbringung unterteilen. Den Markt- und Kundenanforderungen (Abb. 4.2) lassen sich folgende Faktoren zuordnen [3, 6, 8, 12, 18, 19, 20]:

Die zuvor genannten Einflussfaktoren für Möglichkeiten und Rahmenbedingungen zur Leistungserbringung lassen sich wie in Abb. 4.3 unterteilen und fließen direkt in die stra-tegischen Grundelemente des Unternehmenserfolgs ein [3, 8, 12, 19, 20]. Sie dienen zum einen der Realisierung von Kundenvorgaben, der Schaffung von Wettbewerbsvorteilen sowie zur Gestaltung effizienter Wertschöpfungsprozesse. Mithilfe der drei genannten Kriterien lassen sich die drei Hauptziele eines Unternehmens ableiten [6]:

• Kundenzufriedenheit durch Einhaltung der Kundenvorgaben,• Wirtschaftlichkeit der Wertschöpfungsprozesse,• Zukunftssicherung durch Schaffung von Wettbewerbsvorteilen.

Die drei Unternehmensziele sind auch für die Distribution als unternehmensübergreifende Funktionen relevant. In der Distributionslogistik wird die Kundenzufriedenheit anhand der Erfüllung von Service- und Leistungsvorgaben gemessen. Zur Erreichung der Wirt-schaftlichkeit sind effizient und effektiv gestaltete Prozesse zu realisieren. Die Zukunfts-sicherung wird durch die Schaffung umfangreicher Leistungsangebote geschaffen (Wett-bewerbsvorteile).

4.1.5 Ressourcen der Distributionslogistik

Die logistischen Ressourcen, die der Distribution zur operativen und strategischen Auf-tragsabwicklung sowie für die Betreibung eines Distributionssystems zur Verfügung stehen, sind u. a. abhängig vom Auftragsvolumen, den rechtlichen Rahmenbedingungen, den innerbetrieblichen Aufgaben sowie von den Kundenbedarfen und -vorgaben [6, 16].

Abb. 4.2   Einflussfaktoren des Marktes auf die Distributionslogistik

Markt- und Kundenanforderungen

� Verstärkte Dienstleistungsorientierung durch Übernahme von zusätzlichen Serviceleistungen wie bspw. Kommissionieren, Verpacken, Ladungssicherung etc.

� Preisbildung am Markt sowie Anpassungsfähigkeit des Sortiments

� Globalisierung und Markterweiterung; weltweite Konzentration von Kunden erfordern eine Neuausrichtung des gesamten Wertschöpfungsnetzwerkes

� Ökologische Anforderungen hinsichtlich der Reduzierung des Verpackungsmitteleinsatzes, Verringern der CO2-Emissionen

� Kundenstruktur, wie bspw. Großabnehmer, Einzelhändler etc.

� Kulturelle Rahmenbedingungen

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Abb. 4.3   Einflussfaktoren auf die Leistungserbringung der Distributionslogistik

Möglichkeiten und Rahmenbedingungen zur Leistungserbringung

� IT-gestützte Technologien wie bspw. standardisierte Datenmodelle, Standardschnittstellen, Sendungsverfolgungssysteme, E-Commerce etc.

� Einbindung von System-/Modullieferanten sowie von spezialisierten Logistikdienstleistern (3PL, 4PL)

� Breites und zumeist unüberschaubares Angebot an europaweit agierenden Logistikdienstleistern

� Fertigungsart, wie bspw. Auftrags- oder Serienfertigung

� Anzahl der Produktionsstätten, bspw. ein Werk oder mehrere Werke

� Produktionsprogramm

� Differenziertes Produktsortiment durch erhöhte Variantenvielfalt

� Verkürzung von Innovations- und Produktlebenszyklen

� Mängel in der Verkehrsinfrastruktur

� Entwicklung des Arbeitsmarktes, mangelndes Fachpersonal, steigende Personalkosten, Arbeitszeitreduzierung, Optimierung des Personaleinsatzes etc.

Abb. 4.4   Ressourcen der Distributionslogistik

4� Distributionslogistik

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Die logistischen Ressourcen umfassen das Personal (wie bspw. Lager-, Transport-, Ver-triebs-, Organisations- und Kommissionierpersonal), Flächen/Räumlichkeiten (wie bspw. Lager-, Puffer- und Ladeflächen, Rampen, Parkplätze, verkehrstechnische Infrastruktur in Form von Wegen, Schienen, Straßen und Autobahnen), Arbeitsmittel (wie bspw. Trans-portmittel, Lager- und Umschlagseinrichtungen), Arbeitshilfsmittel (wie bspw. Transport-hilfsmittel, Verpackungsmaterial, Energie, Treibstoffe, Hilfsstoffe), Organisationsmittel (wie bspw. Informations- und Kommunikationstechnik (IuK-Technik), Datenerfassungs-geräte, Formulare, Rechner- und Kommunikationsnetze) und Bestände (wie bspw. Waren-, Kunden-, Gefahrgut-, Rohmaterial- und Halbfabrikatsbestände).

4.1.6 Akteure der Distributionslogistik

Traditionell lassen sich in der Distributionslogistik allgemein vier verschiedene Akteure unterscheiden [2]. Innerhalb der Transportkette übernehmen diese unterschiedlichen Auf-gaben.

4.1.6.1 Spediteur/Logistikdienstleister

Der Versender ist für die Bereitstellung der Ware sowie für die Weitergabe der Informatio-nen an den Spediteur verantwortlich. Zudem kalkuliert er die Kosten für Transportmittel und Ladungsträger. Die Aufgabe des Spediteurs liegt in der Organisation des Transports für das entsprechende Gut bzw. die Ladung. Seine Verpflichtungen werden in § 453 HGB durch den Speditionsvertrag geregelt. Der Frachtführer hingegen ist verpflichtet, das Gut zum Bestimmungsort zu befördern. Die Transportdurchführung wird ebenfalls in § 407 HGB geregelt. Der Empfänger nimmt im Wareneingang seines Unternehmens die Ware oder die Ladung vom Frachtführer entgegen und führt die Wareneingangsprüfung sowie die nachgelagerten innerbetrieblichen Prozesse der Lagerung durch.

Der frühere Transporteur/Spediteur, der ausschließlich den Transport sowie die Lage-rung als Dienstleistung angeboten hat, erweiterte zunehmend sein Dienstleistungsspekt-rum um weitere distributionslogistische Aufgaben (Logistikdienstleister) (Abb. 4.5). Der Logistikdienstleister bietet neben den klassischen Tätigkeiten des Spediteurs die komplet-te Bandbreite der Logistikdienstleistungen in Form von individuell ausgestalteten, inte-grierten und nutzungsabhängigen Leistungspaketen an [21–24].

4.1.6.2 Third Party Logistics Provider (3PL)

Die Übernahme der zu vergebenen Logistikdienstleistung im Rahmen des Outsourcing-Prozesses geschieht durch Kooperationen mit sogenannten „Third Party Logistics Provi-dern (3PL)“. Der 3PL bietet im Rahmen der Kontraktlogistik noch zusätzliche Dienstleis-

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tungen zum klassischen Logistikdienstleister an. Tätigkeiten, die ausgelagert und früher als Kernkompetenzen des Unternehmens betrachtet wurden, sind dabei sowohl die End-montage sowie komplette Produktionsvorgänge, Bestandsführung und -verantwortung als auch Teile der Logistikplanung [23–26]. Der 3PL bietet auf Kunden abgestimmte, grund-legende Logistikdienstleistungen an und führt diese Aufgaben mit eigenen Anlagen und Ressourcen durch. Aufgrund der Dienstleistungsverträge sind die Kooperationen strategi-scher Natur und zumeist langfristig ausgerichtet [26]. Der Fokus der Aktivitäten des 3PL ist klar auf die operativen Logistikaktivitäten gerichtet [22]. Dabei verfügt der 3PL oftmals eher über effiziente Technologien, Services und Ressourcen als das Unternehmen [27]. Die effektive und wirtschaftliche Steuerung von Logistik- bzw. Distributionsnetzwerken wird in Zukunft ebenfalls zusätzlich von 3PL übernommen [21].

4.1.6.3 Fourth-Party-Logistics-Provider (4PL)/Lead-Logistics-Provider (LLP)

Ein erweitertes Konzept, das auf der Zukunftsvision des 3PL aufbaut, stellt das Konzept des „Fourth-Party-Logistics-Providers (4PL)“ dar. Die 4PL sind Systemintegratoren, die auch als „Lead-Logistics-Provider (LLP)“ bezeichnet werden [22, 25, 28]. Ein 4PL über-nimmt schwerpunktmäßig für seine Kunden das Management (Steuerung und Adminis-tration) von logistischen Leistungen [26]. Seine Zusatzleistungen beinhalten u. a. auch die Auftragsabwicklung, die Kundenbetreuung sowie die Planung und Implementierung von IT-Systemen [28]. Der 4PL verfügt über keinerlei eigene Anlagen oder Ressourcen inner-halb der Wertschöpfungskette [22]. Das Ziel des 4PL ist es, ein perfektes Zusammenspiel

Abb. 4.5   Entwicklung des Spediteurs zum „Fourth-Party-Logistics-Provider (4PL)“ [21]

Application Hosting (ASP)

Produktion/ Montage

Transport

Lagerung

Konsolidierung (Kom., Pack.)

Komplette Logistik

4PLLP3retsieltsneidkitsigoLnoitidepS

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zwischen mehreren Sublieferanten zu koordinieren, die in Summe mindestens die gleiche Servicequalität erbringen wie der 3PL. Durch Konkurrenzkampf der Sublieferanten kann der 4PL oftmals Logistikdienstleistungen günstiger als der 3PL anbieten. Beim Kunden kommt dieser wesentlich glaubwürdiger an, da er kein Eigeninteresse wie der 3PL ver-folgt, um seine Kapazitäten oder Netzwerke möglichst gut auszulasten [23]. Vielmehr ver-knüpft er die Teilnehmer einer Logistikkette, sodass ein möglichst reibungsloser Prozess zur Wertschöpfungssteigerung entsteht. 4PL analysieren nicht nur die Teilprozesse der Wertschöpfungsnetzwerke, sondern erarbeiten zudem Maßnahmen, um die Teilprozesse später nachhaltig zu verbessern [28].

Überträgt man die Ausprägungsformen der Logistikdienstleister auf die Teilprozesse bzw. Unternehmensfunktionen der Distributionslogistik, so ist die Unternehmensleitung bestrebt, die nicht essentiellen "Overheads" abzubauen und sich auf die Kernelemente des Unternehmensgeschäfts zu konzentrieren. Dabei soll der Anteil an Fremdkapital verringert und ein niedriger Break-even-Point durch operative Neustrukturierungen mittels des Out-sourcings von nicht wertschöpfenden Tätigkeiten erreicht werden. Oftmals fehlen bei der Expansion des eigenen Unternehmens die notwendigen Erfahrungen auf dem Gebiet der globalen Distribution. Anstatt die Liefergebiete und -märkte neu zu erschließen, werden die Aufgaben der Distributionslogistik auf spezialisierte Logistikdienstleister übertragen. Das Thema „Outsourcing“ wird zudem im folgenden Kapitel der strategischen Distribu-tionsplanung näher behandelt (vgl. Kap. 4.3.3.4) [19].

4.2 Distributionsplanung

Die Hauptaufgabe der Distributionsplanung besteht in der Sicherung des Material- und Informationsflusses zum Kunden [3, 28]. Die Planung kann auf Tages-, Wochen-, Monats- und Jahresbasis erfolgen. Überträgt man die vier Planungsarten (vgl. Kap. 4.3.2) auf die Distributionslogistik, so erfolgt die klassische Bearbeitung der Distributionsplanung in drei Stufen. In Abhängigkeit des Planungshorizonts und dessen Bedeutung für den Unter-nehmenserfolg kann man analog zu den klassischen Planungsarten zwischen der strate-gischen, taktischen und operativen Distributionsplanung unterscheiden (Abb. 4.6) [20].

4.2.1 Strategische Distributionsplanung

Die strategische Distributionsplanung befasst sich mit der langfristigen Festlegung der Distributionsstrategie und des Zielsystems sowie mit der Planung von relevanten Distri-butionskanälen. Distributionskanäle werden in der Literatur oftmals auch als Absatzwege bezeichnet [3]. Innerhalb der Distributionskanäle werden die Produkte dem Kunden zu-gänglich gemacht. Weiterhin bildet die strategische Distributionsplanung die Basis für alle zeitlich und sachlich nachfolgenden taktischen und operativen Planungen. Zudem legt sie das Zielsystem inkl. Priorisierungen der Distributionslogistik fest, was eine wesentliche Rolle bei der Realisierung und Gestaltung des Distributionssystems einnimmt [6].

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Die übergeordnete Unternehmensstrategie jedoch stellt die Problemstellung und Kern-ziele des Unternehmens heraus, an denen sich auch die Distributionslogistik orientieren muss, um eine unternehmensübergreifende Zielrichtung zu realisieren. Die Herausforde-rungen sind sowohl markt- und kundenspezifisch als auch direkt an die Leistungserbrin-gung gekoppelt.

Basierend auf der Distributionsstrategie, werden Entscheidungen hinsichtlich des di-rekten und indirekten Absatzes (Distributionskonzepte) sowie der Anzahl einzusetzender Absatzmittler und Logistikdienstleister getroffen [3, 6]. Beim direkten Absatz verkauft der Hersteller seine Produkte selbst ohne eine Zwischenstufe zum Kunden. Beim indirekten Absatz hingegen wird der Handel zwischengeschaltet und fungiert als Absatzmittler [3]. Die Aufteilung der distributionslogistischen Aufgaben auf die Unternehmensbereiche und -funktionen sowie die Anzahl der in den Distributionsstufen eingesetzten Absatzmittler und Logistikdienstleister werden im Rahmen einer Make-or-buy-Entscheidung getroffen [6].

Die Wahl des Distributionskanals kann mithilfe von verschiedenen Entscheidungsme-thoden festgelegt werden. Mit dem Ergebnis lassen sich konkrete Maßnahmen und Ziel-kriterien für die Gestaltung des Distributionssystems aus strategischer Sicht ableiten und entwickeln [6].

4.2.1.1 Strategien

Wie zuvor dargestellt, ist die Strategiebildung innerhalb dieser Planungsebene ein wesent-licher Faktor für die zukünftige Ausrichtung der Distributionslogistik. Mittels der Wettbe-werbsstrategien von Porter (1989) lassen sich mögliche Strategien für die Distributions-logistik ableiten.

Abb. 4.6   Die Planungsebenen der Distributionslogistik [6]

4� Distributionslogistik

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Segmentierungsstrategie

Das eigene Unternehmen segmentiert den Markt anhand zuvor festgelegter Kriterien in verschiedene Kundengruppen. Mögliche Segmentierungskriterien können beispielsweise die geographische Region, die Branche oder nachfragebezogene Kriterien sein. Die Seg-mentierung bezieht sich jedoch nicht nur auf einzelne Kundengruppen, sondern auch auf die Distributionselemente. Unternehmensspezifische Segmentierungskriterien sind zum Beispiel der Standort, der Umsatz, die Auslastung oder das Sortiment. Mittels der Segmen-tierung der Distributionselemente sowie der Kundengruppen ist die optimale Zuordnung und Auswahl des Distributionskanals möglich [7].

Selektions- und Differenzierungsstrategie

Das Unternehmen bestimmt, abhängig vom Sortiment und den Kundengruppen, der An-zahl und Art der Absatzkanäle und den damit verbundenen Logistikdienstleistern, die in die Distributionslogistikprozesse zusätzlich eingebunden werden sollen. Weitere Differen-zierungsmöglichkeiten ergeben sich aus unterschiedlichen Preisen, Zahlungsbedingungen, Lieferbedingungen und Kommunikationsbeziehungen [7].

Stabilisierungsstrategie

Ziel dieser Strategie ist es, langfristig ein stabiles Distributionssystem zu realisieren, das die Distributionslogistikziele erfüllt und den Unternehmenserfolg nachhaltig sichert. Mit-hilfe von integrierten Vertriebssystemen werden das Monitoring der Distributionsleistung sowie die stabilen Preise, die Qualität und der Service der Absatzmittler gewährleistet. Durch die Anwendung des Push-Prinzips wird versucht, durch gezielte Anreize den Distri-butionskanal zu veranlassen, die Produkte an die nachfolgenden Stufen und Endkunden zu verkaufen. Das Pull-Prinzip hingegen initiiert auf der Endverbraucherseite durch gezielte Marketingmaßnahmen einen Nachfragesog, der die Zwischenstufen des Distributionska-nals dazu zwingt, die geforderten Produkte in ihrem Sortiment aufzunehmen [7].

Rationalisierungsstrategie

Das gewählte Distributionssystem muss kontinuierlich an die dynamischen Marktbedin-gungen sowie an die sich ändernden Unternehmensziele angepasst werden, um eine hohe Effektivität und Effizienz der Distributionslogistik zu gewährleisten. Ressourcen und Pro-zesse des Distributionssystems werden mittels Aufgabenumstrukturierungen oder -redu-zierungen möglichst schlank gehalten [7].

Imagebildungsstrategie

Der Name des Unternehmens sowie der Markenname des Produkts kann durch die Aus-wahl des richtigen Distributionspartners und -kanals positiv im Gedächtnis des Kunden

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bleiben. Eine weitere Möglichkeit ist die richtige Auswahl von Einzelhandelsgeschäften, um einen schnellen und hohen Verbreitungsgrad des Produktnamens zu gewährleisten [7].

Internationalisierungsstrategie

Das Unternehmen muss bei der Auswahl des Distributionssystems länderspezifische Be-sonderheiten der Distributionslogistik kennen, um möglichst schnell den Markt mit seinen neuen Distributionskanälen zu durchdringen. Unternehmen, die weltweit agieren, können sich hierdurch wesentliche Wettbewerbsvorteile verschaffen [7].

4.2.1.2 Priorisierung der Distributionslogistikziele

Nach der Erläuterung relevanter Zielgrößen (vgl. Kap. 4.1.2.3) müssen im Rahmen der strategischen Distributionsplanung vom Management Entscheidungen hinsichtlich der Ausrichtung der Distributionslogistik und derer Ziele getroffen werden. Ein klassischer Zielkonflikt der Distributionslogistik lässt sich durch die Erhöhung der Distributionsleis-tung bei gleichzeitiger Senkung der Distributionskosten aufzeigen [20]. An dieser Stelle ist nun das strategische Management gefragt, die Teilziele der Distributionslogistik zu priorisieren und eine Zielrichtung vorzugeben.

Im Rahmen der Distributionslogistik wird ein möglichst optimaler Ausgleich im Konflikt zwischen der Sicherstellung der vom Markt geforderten Lieferfähigkeit bei möglichst geringen Kosten angestrebt (Abb. 4.7). Das Zielsystem kann zu einer mess-baren, wirtschaftlichen Beurteilung der Distributionslogistik herangezogen werden. Auf der einen Seite wird die Kundenzufriedenheit indirekt durch die Distributionsleistung und auf der anderen Seite durch die Distributionskosten beeinflusst. Die Optimierung der Zieldimensionen beschreibt die grundlegenden Aufgaben und Zielsetzungen der Dis-tributionslogistik [6]. Die Distributionsleistung setzt sich aus den folgenden Zielgrößen zusammen [20]:

• Lieferfähigkeit• Termintreue• Lieferzeit• Liefermenge• Anzahl Stock-outs• Lieferflexibilität

Die Kostenstruktur der Distributionslogistik beinhaltet folgende Zielgrößen [1, 20, 29, 30]:

• Anzahl und Größe der Lager/Standorte• Transport- und Frachtkosten• Auftragsabwicklungskosten• Lager- und Obsoleszenzkosten• Bestandskosten (Kapitalbindungskosten)

4� Distributionslogistik

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• Serviceleistungskosten• Administrative Kosten zur Bewirtschaftung der Distributionsstandorte

Die Auflösung des Konflikts zwischen Erhöhung der Distributionsleistung und Verrin-gerung der Distributionskosten kann nur durch eine Priorisierung der einzelnen Distribu-tionslogistikziele sowie durch ein speziell auf die Anforderungen angepasstes Distribu-tionssystem erfolgen. Daher müssen bei der Auswahl des Distributionssystems alle Ein-flussfaktoren und Randbedingungen berücksichtigt werden, die für das Unternehmen und seine Kunden von Bedeutung sind.

4.2.1.3 Distributionskonzepte

Nach der Entscheidung über die Wahl des Distributionskanals sowie der Verkehrsart ist nun anhand der strategischen Distributionsplanung zu klären, welche Distributionskon-zepte für den Transport der Ware vom eigenen Unternehmen zum Endkunden verwendet werden sollen. Für die Distributionslogistik lassen sich exemplarisch folgende Distribu-tionskonzepte darstellen (Abb. 4.8):

Abb. 4.7   Zieldimensionen und -konflikte der Distributionslogistik [20]

Verringerung derDistributionskosten

Distributionslogistische Aspekte

Gestaltung europäischer DistributionssystemeLiefer- und Transportstrategien zur Verringerung der VerkehrsbelastungInformations- und Kommunikationstechnologien

Erhöhung derDistributionsleistung

Verringerung derDistributionskosten

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Direktbelieferung

Bei der Direktbelieferung werden die Waren für den Kunden von der Produktionsstätte bzw. vom Fertigwarenlager des Herstellers direkt an die Filialen des Händlers geliefert [5, 31]. Dabei werden keine weiteren Zwischenstufen bzw. Absatzmittler eingesetzt. Diese Distributionsstrategie bietet sich insbesondere für die effiziente Abwicklung von großen Liefereinheiten sowie bei Rahmenverträgen mit sich kurz wiederholenden Belieferungs-zyklen an [14, 31]. Für die Filialen des Handels bedeutet diese Form der Distribution einen hohen operativen Aufwand sowie eine hohe Anzahl an Rampenkontakten aufgrund feh-lender Konsolidierungsschritte [31]. In zentralisierten, einstufigen Distributionssystemen sind Direktbelieferungen die Regel [1]. Die Direktbelieferung ist oft bei Zulieferern von großen Konzernen zu finden, die ihre Standorte in direkter Nähe zum Kunden haben. Das Just-in-Time(JiT)-Konzept beruht ebenfalls auf dem Prinzip der Direktbelieferung [21]. Zur operativen Abwicklung müssen für die ausgewählten Produkte die Prozesse zur An-lieferung klar definiert werden. Dazu zählt die Abwicklung der Distributionslogistik, die

Abb. 4.8   Distributionskonzepte der Distributionslogistik. (in Anlehnung an Wildemann [7])

Legende:

Spediteur

Kunde

Lieferant

Terminal

Filiale

Crossdocking-Punkt

Gebiets-spediteur-konzept/ Milkrun

Gebietsspediteur

BeschaffungAbnehmer, z.B. Automobilwerk

Gebietsspediteur

Distribution

Direkt-belieferug

Produktionsstätten Kunden

Zentrallager-belieferung

KundenProduktionsstättenZentrallager

Trans-shipment-points

Transshipment-Terminal

CrossDocking1 stufig

FilialenProduktionsstätten Crossdocking-Punkt

CrossDocking2 stufig

FilialenProduktionsstätten Crossdocking-Punkt

4� Distributionslogistik

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Belieferungsfrequenz, die Zahlungsabwicklung sowie die Verwendung der Transport- und Ladehilfsmittel [32].

Zentrallagerbelieferung

Die Zentrallagerbelieferung hat sich im Handel als eine der dominanten Belieferungs-formen etabliert. Die Ware wird, bevor sie zur Filiale oder dem Endkunden geliefert wird, in einem Zentrallager bzw. Distributionszentrum des Händlers zwischengelagert. Zumeist werden artikelreine Ladungsträger in bestimmten Packungsgrößen eingelagert, die anschließend filialspezifisch kommissioniert und bereitgestellt werden [31]. Der Be-griff „Zentrallager“ wird oftmals mit den Begriffen Logistikzentrum, Versandzentrum, Lagerzentrum, Warenverteilzentrum, Versorgungszentrum und Umschlagszentrum syno-nym verwendet. In der Literatur findet man jedoch keine klare Abgrenzung der zuvor aufgeführten Begrifflichkeiten [16, 33]. Im Rahmen dieses Unterkapitels werden daher die Begriffe Zentrallager bzw. Distributionszentrum verwendet.

Das Zentrallager stellt einen wichtigen Knotenpunkt innerhalb eines Distributionsnetz-werkes dar und ist maßgeblich für den effizienten Materialfluss vom Unternehmen zum Kunden verantwortlich [9]. Die Zentrallagerbelieferung lohnt sich dann, wenn die Liefer-zeit sehr kurz ist, um die vom Kunden geforderte Liefertermintreue zu gewährleisten, oder wenn die Schwankungen des Abverkaufs größer als die Regellieferzeit sind [31]. Ein gut organisiertes Zentrallager kann enorme Kostenersparnisse, kürzere Durchlaufzeiten, eine Verringerung der Gesamtlagerbestände, die Aufrechterhaltung der Warenverfügbarkeit so-wie schnellere Belieferungszeiten erzielen [9].

Gebietsspediteurkonzept

Beim Gebietsspediteurkonzept, auch Milkrun genannt, werden regelmäßige Belieferungen von Kunden innerhalb eines Gebietes bzw. einer Region in Form einer Tour gebündelt [1, 10, 32]. Das Verfahren trägt seinen Namen in Anlehnung an die Verteilung von Milchfla-schen in den USA. Die vollen Flaschen werden durch den „Milchjungen“ verteilt und die leeren gleichzeitig eingesammelt [28, 32]. Hierbei handelt es sich um eine Form der Direkt-belieferung [28]. Organisiert wird diese Art der Distribution entweder mittels des eigenen Fuhrparks oder durch einen Logistikdienstleister [10, 28]. Durch die Konzentration auf einen Spediteur je Distributionsgebiet wird die zentrale Disposition vereinfacht, wodurch die Termintreue aller Auslieferungen steigt [10]. Durch den Transport von Waren unter-schiedlicher Kunden können Transportkosten sowie die Auslastung der Transportmittel op-timiert werden [10, 21]. In der Industrie wird der Milkrun vor allem für C-Teile eingesetzt.

Transshipment-Point

Der Transshipment-Point (TSP) fungiert in der Distributionslogistik als dezentraler und kundennaher Umschlagspunkt innerhalb eines Distributionsnetzwerkes. Innerhalb dieses

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Distributionskonzepts werden regelmäßig frequentierte Warentransporte, zumeist ausge-hend vom Zentrallager des Herstellers, in die TSP geleitet, wo die Ladungen kundenspezi-fisch zusammengestellt, konsolidiert und an die nächste Distributionsstufe weitergeleitet werden [1, 4, 14]. An TSP findet gewöhnlich von kleineren Sendungseinheiten ein Wech-sel der Verkehrsart von Fern- zum Nahverkehr statt [1, 14]. Die Abwicklung an den TSP wird häufig von Logistikdienstleistern übernommen [14].

Konsolidierungskonzepte

Durch Konsolidierungskonzepte werden Sendungen von mehreren Verladungs- und/oder Empfangspunkten auf verschiedene Sammel- und/oder Verteiltouren aufgeteilt [10]. Die Konsolidierung kann durch die Einbindung eines bestandslosen Umschlagspunktes (Tran-sitpunkt) realisiert werden, bei dem eine Umsortierung von lieferantenreinen Sendungen in kundenreine Sendungen erfolgt.

Dadurch entstehen oft mehrgliedrige Transportketten, zusätzliche Umschlagsvorgän-ge durch Sortiervorgänge sowie ein erheblich größerer operativer Mehraufwand als bei Direktbelieferungen. Des Weiteren müssen die Konsolidierungsvorgänge geplant und ko-ordiniert werden, was den Dispositionsaufwand der Materialströme ansteigen lässt. Die Auslastung der Transportmittel hingegen kann aufgrund größerer relationsbezogener Auf-kommensmengen optimiert werden. Bei längerfristigen Austauschbeziehungen können daher auch Linienverkehre eingesetzt werden [10].

In der Distributionslogistik der Konsumgüterindustrie werden zumeist Konsolidie-rungskonzepte in verschiedenen Ausprägungen eingesetzt. Es lassen sich vier wesentliche Konzepte herausstellen:

Multi-Pick-Konzept

Das Multi-Pick-Konzept holt die Bedarfsmengen eines Handelsunternehmens und dessen Filiale innerhalb eines definierten Wiederbeschaffungszeitraums mittels einer festgelegten Tour bei den Produzenten ab und stellt diese dem Handelslager konsolidiert zur Verfü-gung. Die Sammel- und Zustellverkehre müssen jedoch von einem gemeinsamen Logistik-dienstleister übernommen werden, um den Koordinationsaufwand möglichst effizient zu halten [10].

By-Pass-Konzept

Beim By-Pass-Konzept werden filialbezogene und vorkommissionierte Sendungen direkt beim Hersteller abgeholt. Die Ware wird nicht eingelagert, sondern direkt an die Filia-len weitergeleitet. Zusätzlich ist eine Auftragszusammenführung von Sendungen aus dem Handelslager möglich. Das bedeutet für die Distributionsabwicklung, dass innerhalb des Auftragszyklus die Sendungsbereitstellung aus dem Handelslager sowie die Filialkommis-sionierung vom Hersteller zu realisieren sind [10].

4� Distributionslogistik

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Direct-Store-Delivery-Konzept

Das Direct-Store-Delivery-Konzept stellt eine filialgerechte Zusammenstellung der Ware bereits beim Hersteller dar. Der komplette Kommissionieraufwand muss somit vom Her-steller koordiniert und durchgeführt werden. Abhängig von der Sendungsgröße und der Fahrzeugauslastung werden die Sendungen vom Hersteller direkt zu den entsprechenden Filialen zugestellt [10].

Cross-Docking-Konzept

Beim Cross-Docking-Konzept wird die angelieferte Ware in einem Transshipment-Point zu filialspezifischen Sendungen kommissioniert, zusammengestellt und ohne Zwischen-lagerung direkt an die Handelsfilialen ausgeliefert [1, 4, 9, 13, 21, 25, 29, 31, 33, 34, 35]. Die Ware wird nach Ankunft direkt in das Transportmittel verladen, das die Ware auch zur Filiale transportiert. Unterstützend kommissioniert der Hersteller die Artikel empfänger-spezifisch vor [36]. Gerade in engen Ballungszentren ist es nicht sinnvoll, eine Filiale von jedem Zulieferer einzeln beliefern zu lassen [21, 34]. Das Cross-Docking eignet sich daher optimal für die Warenverteilung im Einzelhandel. Ein Informationsaustausch über EDI oder Web-Services zwischen Hersteller und Kunde ist zur erfolgreichen Umsetzung des Konzepts jedoch eine wesentliche Voraussetzung [34]. Einer der ersten Nutzer des Cross-Docking-Konzepts in Deutschland war der Lebensmitteldiscounter Aldi. Weitere Anwender sind bspw. Tengelmann, Lidl und Karstadt [34]. Die Post bzw. Paketdienste sind ein weiteres Beispiel für dieses Konzept [21].

Es lassen sich zwei verschiedene Arten des Cross-Dockings unterscheiden. Beim einstu-figen Cross-Docking kommissioniert der Absender für den Empfänger so vor, dass Misch-paletten tagesgenau und zielgerichtet in den entsprechenden Filialen eintreffen. Innerhalb des Transshipment-Points findet nur eine empfängerbezogene Konsolidierung statt. Das einstufige Cross-Docking beschränkt sich fast ausschließlich auf Paletten. Andere Ladungs-träger wie Rollcontainer sowie Behälter und Pakete werden aufgrund des hohen Handlings- und Koordinationsaufwands nur selten an die Händler ausgeliefert [9, 13, 31, 34, 35].

Beim zweistufigen Cross-Docking werden zumeist artikelreine Paletten angeliefert, die im Transshipment-Point aufgebrochen und mittels einer geeigneten Verteil- bzw. Sortier-technik zu kundenspezifischen Ladeeinheiten zusammengestellt werden. Nach der filial-gerechten Bereitstellung werden die Ladeeinheiten an die Filiale ausgeliefert [9, 13, 31, 34, 35].

Mittels Cross-Docking wird das Ziel verfolgt, Bestände und die damit verbundene Ka-pitalbindung zu reduzieren, Belieferungs- und Durchlaufzeiten zu verkürzen und Trans-portkosten zu senken [9, 13, 31, 34, 35]. Als wesentlicher Nachteil des Konzepts sind der hohe Planungs- und Koordinationsaufwand des eigenen Unternehmens sowie der hohe Know-how-Anspruch an die Logistikdienstleister zu erwähnen [31]. Um das Cross-Do-cking-Konzept ins operative Tagesgeschäft einbinden zu können, sind einige organisatori-sche und informationstechnische Voraussetzungen notwendig [13, 21, 34, 33]:

• Exakte Planung, da es keine oder nur sehr geringe Lagerbestände gibt,• hohe Liefertreue, Lieferfähigkeit und Lieferqualität der Logistikdienstleister,

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• elektronischer Datenaustausch (EDI),• adäquate Raumverhältnisse zur Errichtung eines Transshipment-Points mit Cross-Do-

cking-Konzept,• der Bestand des Transshipment-Points muss einmal pro Tag komplett umgeschlagen

werden,• einfache Umschlagsverfahren,• idealerweise wird nur das logistische Hilfsmittel (Ladungsträger) umgeschlagen, ohne

einzelne Verpackungseinheiten zu verändern (Sortieren, Umpacken oder Preisauszeich-nung).

4.2.1.4 Make-or-buy-Entscheidung in der Distributionslogistik

Die Ausführung der zuvor dargestellten Distributionskonzepte als auch andere Aufgaben-bereiche der Distributionslogistik können entweder durch unternehmenseigene Leistun-gen oder mittels Logistikdienstleister durchgeführt werden. Diese Entscheidung ist jedoch dem Management und der strategischen Distributionsplanung zugeordnet und wird in den meisten Fällen mittels einer klassischen Make-or-Buy-Entscheidung begründet und ent-schieden.

Durch die Globalisierung und den damit verbundenen Kostendruck versuchen Unter-nehmen, immer mehr „nicht-wertschöpfende“ Tätigkeiten auf Dritte zu verlagern, um die eigenen Kosten zu reduzieren und die Prozesse möglichst effizient zu gestalten. Mittels einer Make-or-buy-Analyse wird festgelegt, ob das Unternehmen bestimmte Unterneh-mensfunktionen oder -bereiche weiterhin selbst betreibt oder diese in Form von Dienst-leistungen am Markt einkauft [29]. Diese Entscheidung sollte nicht ausschließlich anhand der Kosten entschieden werden, da auch weitere qualitative und quantitative Aspekte eine bedeutsame Rolle spielen. Die Analyse sollte weiterhin die zusätzlichen Kosten sowie die Kostenersparnisse nach der Fremdvergabe für das eigene Unternehmen mit einbeziehen. Speziell für die Distributionslogistik bedeutet das, dass einige oder alle Funktionen der Distributionslogistik, die bisher intern durchgeführt wurden, an einen externen Dienstleis-ter delegiert werden [1, 19]. Man spricht bei der Auslagerung von Teilfunktionen und/oder Unternehmensbereichen vom sogenannten Outsourcing. Im Begriff Outsourcing werden die Begriffe „Outside“, „Resource“ und „Using“ zusammengeführt [1]. Prinzipiell spricht man in der Distributionslogistik von Outsourcing, sobald physische oder administrative Logistikaktivitäten, die von einem Unternehmen in der Regel nicht als Prozesse mit Kern-kompetenzen gesehen werden, an einen entsprechend spezialisierten und qualifizierten Logistikdienstleister übertragen und im weiteren Verlauf der Geschäftsbeziehungen von diesem gegen entsprechende Vergütung erbracht werden [1, 22, 32].

Die sechs Phasen des Outsourcings

Die Planung und Vorgehensweise ist maßgeblich für den Erfolg des Outsourcings ver-antwortlich. Die Durchführung einer erfolgreichen Vergabe von Logistikdienstleistungen

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mit speziellem Fokus auf die Distributionslogistik lässt sich in sechs Phasen unterteilen [10]. In der ersten Phase wird ein Gesamtkonzept für die auszulagernden Distributions-logistikprozesse erarbeitet. Im zweiten Schritt wird der Leistungsbedarf für Prozesse und deren Zielsetzungen ermittelt. Anschließend legt das Unternehmen die Zielkriterien für die Vergabe der Dienstleistung an das zukünftige Partnerunternehmen fest. Nachdem die Vergabepolitik festgelegt wurde, startet mit der vierten Phase der eigentliche Ausschrei-bungsprozess. Nach Ablauf der Ausschreibungsfrist werden alle Angebote überprüft und mittels der in Schritt zwei und drei erarbeiteten Kriterien ausgewertet. In den darauf fol-genden Vertragsverhandlungen wird mit dem zukünftigen Kooperationspartner die Leis-tungsvergütung verhandelt sowie interne Kontrollmechanismen zur Leistungserbringung festgelegt. Ein methodisches und strukturiertes Vorgehen gibt dem Unternehmen eine ziel-führende Leitlinie, um unplanmäßige Ereignisse während der gesamten Ausschreibung und der Vertragsverhandlungen zu vermeiden.

Chancen und Risiken des Outsourcings

Die Umsetzung des Outsourcings innerhalb der Distributionslogistik birgt viele Chancen für das Unternehmen, sich in seiner Kostenstruktur zu verbessern, da es sich um nicht-wertschöpfende Tätigkeiten handelt. Der Kostenaspekt ist in den meisten Fällen auch der Hauptgrund für die Initiierung des Outsourcings. Die Variabilisierung der Fixkosten sowie die Lohnkostensenkungen durch Branchenarbitrage zählen zu den häufigsten Anlässen. Weitere positive Aspekte des Outsourcings für die Distributionslogistik sind [1, 10, 22, 37]:

• Reduzierung der Distributionslogistikkosten,

− Kostendegression durch Skaleneffekte („economies of scale“),− Poolingeffekte („economies of scope“),− Kostensenkung durch Risikoteilung,− Integrationseffekte,− Ergebnisverbesserung durch Senkung der Opportunitätskosten (Shareholder-Value-

Effekt),− Effizienzsteigerung durch Spezialisierung („economies of skill“),− Produktivitätssteigerung durch Motivationseffekte,− Transaktionskosteneffekte (Kosten der Inanspruchnahme des Marktes),

• Fokussierung auf das eigene Kerngeschäft,• Spezialkompetenzen des Logistikdienstleisters nutzen,• Verbesserung des Services,• Erhöhung der Flexibilität,• Reduzierung der Kapitalbindung und Freisetzung von liquiden Mitteln,• Investitionsvolumen für die Distributionslogistik verringern.

Neben den aufgezeigten Chancen kann ein nichtstrukturiertes und ungeplantes Outsour-cing-Vorhaben auch erhebliche Risiken für das Unternehmen mit sich bringen. Mit der Auslagerung von Teilprozessen der Distributionslogistik muss zuvor innerbetrieblich

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geheimhaltungspflichtiges Know-how mit dem neuen Kooperationspartner geteilt werden. Dabei besteht die Gefahr des Verlusts von strategischen Wettbewerbsvorteilen in Form von Technologie, Innovation und Prozess- bzw. Branchen-Know-how [24]. Weiterhin be-gibt sich das Unternehmen in eine gewisse Abhängigkeit vom Kooperationspartner, was sich im schlimmsten Falle durch Nichtleistung oder qualitative Mängel in der Leistungs-erbringung äußert [22, 25]. Beim Start der Kooperation können Abstimmungsprobleme aufgrund nicht klar definierter Zuständigkeitsbereiche und Schnittstellen entstehen [37]. Weiterhin ist aufgrund der Ressourcenumverteilung oder -freisetzung der Motivations-verlust bei den eigenen Mitarbeitern sehr hoch. Die Angst, den Arbeitsplatz womöglich zu verlieren, lässt die Leistungsbereitschaft im Allgemeinen sinken. Das Ziel der Ressourcen-freisetzung ist es, die eigenen Mitarbeiter in ein neues Angestelltenverhältnis mit güns-tigeren Tariflöhnen aus Sicht des Arbeitgebers einzugruppieren, die wertmäßig zumeist niedriger als die zuvor gezahlten Gehälter sind [22].

4.2.2 Taktische Distributionsplanung

Die taktische Distributionsplanung erhält ihre Vorgaben von der strategischen Planungs-ebene und übernimmt deren Zielanpassungen und -änderungen. Sie trifft mittelfristige Entscheidungen hinsichtlich der Struktur und Aufgaben des Distributionssystems (Anzahl der Lagerstufen), der Auswahl geeigneter Verkehrsträger sowie die Zuordnung der Kun-den auf einzelne Distributionsstandorte je Stufe [6].

4.2.2.1 Distributionsstrukturen

Die Bestimmung der Distributionsstruktur bestimmt die Interaktion innerhalb der Dis-tributionslogistik. Sie bildet den Gestaltungsrahmen des Distributionssystems und die weiterführende Planung der Haupt- und Detailprozesse der Distributionslogistik. Das Dis-tributionssystem lässt sich mittels der vertikalen und horizontalen Distributionsstruktur beschreiben und gestalten (Abb. 4.9) [3, 5, 6].

Vertikale Distributionsstruktur

Die vertikale Distributionsstruktur beschreibt, über wie viele Lagerstufen die Waren von der Produktion bis zum Kunden gelangen [3, 5, 6, 29]. Die vertikale Struktur lässt sich dabei anhand der Stufigkeit des Distributionssystems unterscheiden [5, 6, 16]:

• In einem einstufigen System bestehen zwischen der Quelle und der Senke ungebroche-ne Direktverbindungen.

• In einem zweistufigen System ist zwischen der Quelle und der Senke die Verbindung durch eine Zwischenstation unterbrochen. Diese Zwischenstation nennt man Transship-ment-Point oder Umschlagspunkt.

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• In einem dreistufigen System sind die Verbindungen zwischen der Quelle und der Sen-ke entweder durch Sammelstationen und Verteilstationen oder durch Logistikzentren und nachgeschaltete Verteilstationen zweimal unterbrochen.

• In einem mehrstufigen System gibt es zwischen der Quelle und der Senke mehr als zwei Unterbrechungen.

Je größer die Anzahl der Stufigkeit eines Systems ist, desto größer ist die Anzahl der Lager. Das ermöglicht zwar kurze Wege zum Kunden und zwischen den Lagerstandorten sowie kürzere Lieferzeiten und niedrigere Transportkosten, jedoch führt diese Ausprägung zu hohen Beständen und Lagerhaltungskosten im Gesamtsystem. Des Weiteren ist ein größe-res Aufkommen an Materialbewegungen sowie eine komplexere Material- und Informa-tionssteuerung notwendig [5, 6].

Aus der Praxis heraus lassen sich innerhalb der vertikalen Stufigkeit des Distributions-systems maximal vier Lagerstufen unterscheiden [3, 5, 6, 12, 29]:

Werkslagerstufe

Die Werkslagerstufe, auch Fertigwarenlagerstufe genannt, dient zum größten Teil dem Mengenausgleich zwischen der eigenen Produktion und der Distribution. Der Warenbe-stand schließt zumeist nur das am Ort hergestellte Sortiment ein. Die Anzahl der Werks-lager ist mit der Anzahl der Produktionsstätten identisch.

Abb. 4.9   Vertikale und horizontale Distributionsstrukturen

P1

WL 1

P2

WL 2

P3

WL 3

ZL

RL 1 RL 2

AL 2 AL 3 AL 4AL 1 AL 5

Kunde

4. Stufe

3. Stufe

2. Stufe

1. Stufe

Auslieferungslager

Regionallager

Zentrallager

Werkslager

Produktionsstätten

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Zentrallagerstufe

Die Zentrallagerstufe ist die nachgelagerte Stufe des Werkslagers. Sie beinhaltet das kom-plette Sortiment des Herstellers und ggf. noch Fremdprodukte, die in dieser Stufe zentral verwaltet und gelagert werden. Bestehen nachgelagerte Regionallagerstufen, dann dienen diese zur Nachschubsteuerung der Bestände. Bei einer zentralisierten Distributionsstruktur werden die Aufträge des Kunden jedoch direkt vom Zentrallager beliefert. Diese erlauben aufgrund hoher Durchsatzmengen den Einsatz kapitalintensiver Lager- und Umschlags-verfahren.

Regionallagerstufe

Die Regionallagerstufe hat die Aufgabe, innerhalb einer bestimmten Absatzregion einen Puffer zwischen der Produktionsstätte und dem Absatzmarkt aufzubauen. Diese werden durch eine eigene Bestandsführung von vor- und nachgelagerten Lagerstufen entlastet. Im Regionallager selbst werden nur Teile des Sortiments gelagert, die auch von der Absatz-region nachgefragt werden.

Auslieferungslagerstufe

Die Auslieferungslagerstufe ist eine dezentral agierende Einheit innerhalb eines Verkaufs-bezirks und ist einem festen Kundenkreis zugeordnet. Die Belieferung der Abnehmer er-folgt über die Vereinzelung und Konsolidierung der entsprechenden Kundenauftragsmen-gen. Sie enthalten nicht zwingend das gesamte Sortiment, sondern in der Regel – regional unterschiedlich – die jeweils absatzstärksten Produkte. Aufgrund des Artikelspektrums be-sitzen viele Unternehmen ein großes und verzweigtes Netzwerk an Auslieferungslagern, denen ein oder mehrere Verkaufsgebiete zugeordnet sein können. Die Nachschubsteue-rung der Auslieferungslager erfolgt entweder direkt von der Werkslagerstufe oder über die Zentrallagerstufe.

Der Kunde kann prinzipiell von jeder Lagerstufe aus beliefert werden. Bestehen in der Struktur des Distributionssystems jedoch Auslieferungslagerstufen, dann werden die Kunden zumeist von dieser Stufe beliefert. Bei größeren Kundenaufträgen werden die Bestellungen oft direkt an die Produktionsstätte oder die nächsthöhere Lagerstufe weiter-geleitet und ausgeliefert [6].

Ziel muss es daher beim Betrieb von vertikalen Distributionsstrukturen sein, die Anzahl der Stufen möglichst gering zu halten und die Bestände in den Werkslagern bei gleichzeiti-ger Reduzierung der Auslieferungslager zu senken, ohne dabei die Lieferbereitschaft und den Servicegrad innerhalb der Absatzgebiete negativ zu beeinflussen [6]. Die Planung der vertikalen Distributionsstruktur ist eine längerfristige Entscheidung, die einen direk-ten Einfluss auf die Aufgabenverteilung zwischen den Lagerstufen und die bestehenden Relationen hat [12]. Bei der Reduzierung der Lagerstufenanzahl ist darauf zu achten, dass sich für einzelne Lager Funktionsverschiebungen ergeben können. Bei einer einstufigen

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Distributionsstruktur mit Zentrallager übernimmt das Zentrallager auch gleichzeitig die Funktion des Auslieferungslagers [3].

Horizontale Distributionsstruktur

Die horizontale Distributionsstruktur beschreibt die Zahl der Lager auf jeder Distribu-tionsstufe sowie die geographische Aufteilung der Liefergebiete hinsichtlich der Lager-zuordnung [5, 6, 12]. Die Anzahl der Lager je Distributionsstufe bestimmt, zusammen mit der Anzahl der Distributionsstufen, die notwendige Kapazität des entsprechenden Lagers [3, 29]. Darüber hinaus erfolgt zu den einzelnen Lagern eine Zuordnung der entsprechen-den Absatzgebiete unter Berücksichtigung von wirtschaftlichen Aspekten [3, 29]. Ebenso wird der optimale Standort eines Lagers maßgeblich von den Transportkosten zu den Kun-den bestimmt. Die optimale Lage des Distributionsstandortes sowie die Kundenzuordnung lässt sich unter Zuhilfenahme von mathematischen Verfahren (vgl. Kap. 2) ermitteln [6]. Diese Zuordnungsthematik wird in der Literatur oft als „Warehouse-Location-Problem“ bezeichnet. Diese Problemstellung wird durch folgende Faktoren maßgeblich beeinflusst [12, 29]:

• Kunden-/Abnehmerkreis,• Bestellmengen und -frequenzen,• Produktpalette,• Standort der Produktionsstätten,• Lagerhaltungs- und Kapitalbindungskosten,• Transportkosten zwischen Produktionsstätten und Lager,• Transportketten der Warenauslieferung.

Generell gilt, dass mit steigender Anzahl von Lagerstandorten die Lagerhaltungskosten steigen und die Transportkosten zwischen den Standorten und den Kunden bis zu einem bestimmten Punkt abnehmen. Diese gegenläufige Beziehung charakterisiert die Entschei-dungsfindung und kann nur durch eine Vergleichsrechnung für mehrere Szenarien gelöst werden. Weitere Methoden und mathematische Verfahren werden zur Lösung dieser Pro-blemstellungen in Kap. 2 behandelt [6].

4.2.2.2 Verkehrsträgerwahl

Die Verkehrsträgerwahl innerhalb der taktischen Distributionsplanung richtet sich stark an der vorgegebenen Infrastruktur, der zu fahrenden Tour, an den Kundenanforderungen hinsichtlich des Transportvorgangs sowie maßgeblich an den Entscheidungen aus der stra-tegischen Distributionsplanung aus (Distributionskonzepte, Strategie, Distributionskanal).

Bei einem inhomogenen Sortiment besteht die Notwendigkeit, verschiedene Transport-mittel und -wege zu nutzen. Der Distributionslogistik stehen als Transportsystem oder Ver-kehrsträger der Straßen-, Schienen-, Schiffs- (Binnen- und Seeschiffsverkehr) und Luft-verkehr sowie der kombinierte Verkehr zur Verfügung [3, 7].

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Die Auswahl des Verkehrsträgers ist für die Distributionslogistik von hoher Bedeutung, da verkehrsseitige Unsicherheiten den Transport zu einem kritischen Element der Dis-tributionslogistik machen. Fehllieferungen, nichtbeschädigte sowie termingerechte Lie-ferungen, die den Kunden nicht rechtzeitig erreichen, führen zu erhöhten Transport- und Auftragsabwicklungskosten, die eine langfristige Störung oder Beendigung des Geschäfts-verhältnisses hervorrufen können [3]. Die Entscheidung für die Wahl eines Transportmit-tels wird anhand von Kosten, Kapazitäten, Geschwindigkeit, Produktanforderungen, Kun-denvorgaben, Flexibilität sowie Umweltverträglichkeit getroffen. Die Transportkosten der Distributionslogistik setzen sich aus den einmaligen Investitions- und den laufenden Transportkosten zusammen [3]:

• Einmalige Investitionskosten des Transports umfassen die Art und Anzahl der im eige-nen Fuhrpark befindlichen Transportmittel

• Laufende Transportkosten: Die laufenden Kosten lassen sich wiederum in fixe und variable Kosten aufteilen. Die

fixen Kosten beinhalten Abschreibungen und Kapitalbindungskosten für das Transport-mittel, Steuern und Versicherungen sowie fixe Personalkosten. Die variablen Kosten setzen sich aus den variablen Personalkosten, Kosten für die Betriebsmittel, aus den Reparatur- und Wartungskosten sowie den Bereifungskosten zusammen.

Transportketten

Die physische und informationstechnische Abwicklung des Transportvorgangs wird in-nerhalb der sogenannten Transportkette realisiert. Die Transportkette ist eine Folge von technisch und organisatorisch verknüpften Vorgängen, bei denen Personen oder Güter von einer Quelle zu einer Senke bewegt werden [6, 10, 29, 38]. Die Transportkette wird als Sys-tem angesehen, in dem die Systemverträglichkeit der technischen und organisatorischen Vorgänge eine elementare Voraussetzung darstellt. Die Koordination der organisatorischen Vorgänge übernehmen unternehmensübergreifende Informations- und Steuerungssysteme.

Transportketten lassen sich in ein- und mehrgliedrige Ketten unterteilen [6, 29]. Die eingliedrige Transportkette stellt den ungebrochenen Verkehr oder Direktverkehr ohne Transportmittelwechsel von der Quelle zur Senke dar [6, 10].

Mehrgliedrige Transportketten lassen sich zudem in drei Phasen unterteilen [6, 10]: Die erste Phase beschreibt den sogenannten Flächenverkehr. Der Flächenverkehr beinhal-tet den Vorlauf, bei dem Güter von mehreren Quellen eingesammelt und zu einem Sam-melpunkt transportiert werden. Die zweite Phase wird als Streckenverkehr bezeichnet und stellt den Hauptlauf dar, der die Güter gebündelt vom Sammelpunkt zu einem Verteilpunkt befördert. Die dritte Phase beinhaltet wieder die Art des Flächenverkehrs, bei dem vom Verteilpunkt die Feinverteilung zu den Senken erfolgt, den sogenannten Nachlauf. In allen drei Phasen kann ein Wechsel des Transportmittels stattfinden [38].

Die mehrgliedrigen Transportketten lassen sich weiterhin in den gebrochenen und kombinierten Verkehr unterscheiden [6]. Beim gebrochenen oder multimodalen Verkehr wird beim Wechsel des Transportmittels auch das Transportbehältnis gewechselt [38]. Der kombinierte oder auch intermodale Verkehr beinhaltet den Transport von Gütern mit zwei oder mehreren Verkehrsträgern ohne einen Wechsel des Transportbehältnisses [4, 38].

4� Distributionslogistik

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Kombinierter Verkehr

Das angestrebte Ziel des kombinierten Verkehrs ist eine wirtschaftliche Nutzung der vor-handenen Kapazitäten des Schienen-, Binnen- und Seenetzes, um eine Entlastung des Stra-ßenverkehrs im Hinblick auf den Verkehrsfluss und den Umweltschutz zu erzielen sowie eine erhöhte Verkehrssicherheit zu gewährleisten [38].

Der kombinierte Verkehr lässt sich zudem in die zwei Unterkategorien Behälter- und Huckepackverkehr aufteilen. Beim Behälterverkehr werden genormte Klein- und Groß-behälter transportiert, die als umschließende und/oder abschließende Ladehilfsmittel be-schrieben werden können, wie bspw. Container, Wechselaufbauten und Gitterboxpaletten [4, 38]. Beim Huckepackverkehr unterscheidet man in Abhängigkeit der beteiligten Trans-portmittel zwischen dem Huckepackverkehr (im eigentlichen Sinne), dem Roll-on-Roll-off-Verkehr (Ro-Ro) und dem Swim-in-Swim-out-Verkehr (Si-So) [38].

Der Huckepackverkehr beschreibt den Transport von Straßenverkehrsmitteln auf der Schiene über große Entfernungen [29]. Dieser wurde später auf andere Transportkombina-tionen übertragen (z. B. Straße-Schiff), anfangs jedoch für den Straße-Schienen-Transport entwickelt [38]. Durch den kombinierten Verkehr können Transporte von der Straße auf die Schiene umgeleitet und somit das Verkehrsaufkommen auf der Straße entlastet werden, wobei vorrangig die wirtschaftliche Betrachtung zu berücksichtigen ist [16].

Der Ro-Ro-Verkehr stellt den Transport von Straßen- oder Schienenverkehrsmittel auf Schiffen des Binnen- und Seeschiffverkehrs dar. Ro-Ro-Schiffe unterscheiden sich durch die Gestaltung des Laderaums sowie hinsichtlich des Laderaumzugangs von anderen Schiffen. Innerhalb des Schiffes werden die Transporteinheiten über bewegliche Rampen, die mit dem Kai verbunden sind, sowie mittels Fahrstühlen gefördert [38]. Der Ro-Ro-Ver-kehr erreicht seine Wirtschaftlichkeit beim Transport von Verkehrsmitteln wie bspw. Lkw, Eisenbahnwagen und Sattelaufliegern auf vorrangig kurzen Strecken [38].

Beim Si-So-Verkehr werden Schubleichter aus der Binnenschifffahrt mit speziellen Hochseeschiffen (Carrier) auf hoher See transportiert [38]. Der Ladungsumschlag erfolgt mithilfe von bordeigenen Förder- und Hebezeugen.

4.2.2.3 Kundenzuordnung

Die Kundenzuordnung beschreibt, mit welcher Transport- und Lagerhaltungsstrategie Kundensegmente, abhängig vom Standort, beliefert werden [3]. Zuvor muss jedoch die Art, die Anzahl sowie die Kapazität der einzusetzenden Verkehrsträger und Transportmit-tel festgelegt und den einzelnen Distributionsstandorten zugeordnet werden. Die Kunden-zuordnung ist ein dynamischer Prozess, da sich die Zugehörigkeit eines Produkts zu einer Kundengruppe z. B. saisonbedingt oder aufgrund einer Umstrukturierung des Gesamt-sortiments verändern kann. Die Klassifizierung muss daher in regelmäßigen Abständen überprüft und angepasst werden. Als Planungsgrundlage hierfür müssen die Distributions-kanäle, der Lieferservicegrad sowie die distributionslogistischen Zielsetzungen aus der strategischen Planungsebene bekannt sein [6].

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Die mathematischen und theoretischen Grundlagen der Kundenzuordnung auf ein-zelne Distributionsstandorte werden innerhalb dieses Bandes in Kap. 2 detailliert dar-gestellt.

4.2.3 Operative Distributionsplanung

Die operative Distributionsplanung bekommt ihre Vorgaben aus der strategischen und taktischen Planungsebene. Sie befasst sich mit Problemstellungen, die häufig in kur-zen Zeitabständen auftreten und eher kurzfristiger Natur sind [3]. Typische Problem-stellungen liegen dabei in der Lagerdisposition, in der Auftragsabwicklung sowie in der Tourenplanung. Des Weiteren legt die operative Distributionsplanung die Lager-, Transport- und Informationstechnik fest und entscheidet über deren Einsatz [6]. Anhand des Zielsystems (vgl. Kap. 4.1.2.3) werden die einzusetzenden Transport- und Lager-haltungskonzepte festgelegt sowie der Fahrzeug- und Personalbestand dimensioniert [6]. Im Bezug auf die Lagerhaltung ist insbesondere auf den Einsatz kostenminimaler Lager-haltungspolitiken, die einzusetzende Lagertechnik sowie auf die Höhe des Sicherheits-bestands der Fertigerzeugnisse zu achten [3]. Die Zuordnung von Produktgruppen zu den einzelnen Distributionsstufen sowie Fertigerzeugnisbestandshöhen in den einzelnen Distributionsstandorten sind weitere wesentliche Aspekte der operativen Distributions-planung.

Im Transportbereich liegen typische operative Planungsaufgaben in der Transportdis-position sowie in der Tourenplanung [3, 6]. Die Tourenplanung beinhaltet die Aufgaben-stellung für den Spediteur bzw. den Frachtführer (Logistikdienstleister), die geforderte Distributionslogistikleistung zu erbringen. Die Planung und Steuerung von Touren als auch die Sendungs- und Frachtverfolgung werden mittels betrieblicher Anwendungssoft-ware unterstützt [2]. Die Zuordnung von Kundenaufträgen auf einzelne Touren sowie die Ressourcenplanung der Transportmittel sind entscheidende Faktoren, um möglichst nied-rige Transportkosten zu gewährleisten. Wichtige Kriterien, die die Entscheidung beein-flussen, sind bspw. die Größe und Zusammensetzung des Fuhrparks, die Bestimmung von Direktbelieferungskriterien und Mindestauftragsgrößen [6].

4.2.3.1 Lagerdisposition

Die taktische Distributionsplanung beschäftigt sich zum einen mit der Teileverfügbarkeit auf den einzelnen Distributionsstufen und den damit verbundenen Beschaffungsprozessen sowie zum anderen aus technischer Sicht mit der physikalischen Abwicklung der Lager-haltung innerhalb einer Distributionsstufe. Die Erläuterung der Realisierung der Teilever-fügbarkeit wird analog zur Distribution im Kap. 3 (Beschaffungslogistik) dargestellt. In diesem Kapitel wird jedoch vorwiegend die physikalische Abwicklung der Lagerhaltung aus planerischer Sicht behandelt.

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Lagerbestandsmanagement

Die operative Instanz zur Klärung dieser Fragestellungen ist das Lagerbestandsmanage-ment. Die Aufgabe des Lagerbestandsmanagements beinhaltet die Planung und Kon-trolle des Lagerbestands und dessen Optimierung innerhalb der Distributionsstruktur. Dem Lagerbestand werden zusätzlich die beiden Komponenten Sicherheitsbestand und Umlaufbestand zugeordnet. Der Sicherheitsbestand beschreibt die Mindestlager menge, die zur Sicherstellung der Distribution bei Versorgungsengpässen oder plötzlichen Nachfrageschwankungen aufgebaut werden muss. Zieht man den Sicherheitsbestand vom mittleren Lagerbestand ab, so erhält man den durchschnittlichen Umlaufbestand [3].

Lagerhaltungsstrategien

Ausgangspunkt für die Lagerhaltung ist die spezifische Lagerhaltungsstrategie, die mit den Aufgaben des Lagerbestandsmanagements einhergeht [2]. Strategien zur Lagerplatz-vergabe sowie Ein- und Auslagerungsstrategien bestimmen die Effektivität wie auch die wirtschaftliche Effizienz eines Lagers. Weiterhin ermöglichen sie eine Minimierung der Lagerbedienwege sowie eine gleichmäßige Auslastung der Lagerkapazitäten [12]. Die La-gerplatzvergabestrategien lassen sich wie folgt unterscheiden [12, 38]:

• Feste Lagerplatzvergabe: Jedem Artikel des Sortiments sind ein oder mehrere feste Lagerplätze im Lager zuge-

ordnet.• Freie Lagerplatzvergabe innerhalb fester Bereiche: Die Lagerplatzvergabe kann im Rahmen einer Zonierung oder einer Querverteilung

erfolgen. Bei der Zonierung werden die Ladeeinheiten hinsichtlich ihrer Umschlags-häufigkeit möglichst optimal an die Wegzeit der Fördertechnik oder des Personals aus-gerichtet. Die Querverteilung beinhaltet, dass mehrere Ladeeinheiten eines Artikels auf mehrere Lagergassen verteilt werden.

• Vollständig freie Lagerplatzvergabe: Bei der sogenannten chaotischen Lagerung werden die Ladeeinheiten auf beliebig freie

Lagerplätze eingelagert.

Ein- und Auslagerungsstrategien

Die Ein- und Auslagerungsstrategie gibt Aufschluss über die Handhabung der Ladeeinhei-ten im Lager, die im Wesentlichen von der Zugriffshäufigkeit als auch von der Beschaffen-heit des Artikels abhängt. Folgende Strategien lassen sich hierfür herausstellen [12, 38]:

• FiFo – First in, First out Diese Strategie beschreibt die Auslagerung der zuerst eingelagerten Ladeeinheit des

Artikels. Vorwiegend wird diese Strategie bei verderblichen Artikeln mit Mindesthalt-barkeitsdatum eingesetzt.

G.�Schuh�et�al.

4

Page 29: Logistikmanagement || Distributionslogistik

143

• LiFo – Last in, First out Diese Strategie beschreibt die Auslagerung der zuletzt eingelagerten Ladeeinheit des

Artikels.• Mengenanpassung Bei der Auslagerung werden volle und/oder angebrochene Ladeeinheiten entsprechend

der Kundenauftragsmenge ausgelagert.• Wegoptimierte Ein- und Auslagerung Bei dieser Strategie wird die Ladeeinheit des Artikels mit dem kürzesten Bedienweg für

das Personal oder der Fördertechnik ausgelagert.

Die Auswahl der Lagerplatzvergabe- sowie der Ein- und Auslagerungsstrategie ist abhän-gig vom Lieferbereitschaftsgrad, der Wiederbeschaffungszeit der Artikel, den Fehlmen-genkosten sowie der Vorhersagespanne und den zukünftigen Bestandsergänzungen [29].

4.2.3.2 Transport- und Lagertechniken

Im Rahmen der operativen Distributionsplanung stehen die Auswahl und der effiziente Einsatz der Transport- und Lagertechniken im Vordergrund. Die optimale Erfüllung wirkt sich mitentscheidend auf den Gesamterfolg der Distributionslogistik aus. Im Folgenden sollen deshalb wichtige Aspekte einer anforderungsgerechten Gestaltung des innerbetrieb-lichen Materialflusses beschrieben werden. Zur Gestaltung eines optimierten Material-flusses sind insbesondere die Funktionen des Transportierens und des Lagerns bzw. der optimierte Einsatz der Transport- und Lagertechnik von entscheidender Bedeutung [8].

Bei der operativen Distributionsplanung der Transport- und Lagertechnik gilt es, für eine konkrete Transport- bzw. Lageraufgabe (inner- als auch überbetrieblich) anforde-rungsgerechte Transport- bzw. Lagermittel auszuwählen und diese möglichst optimal zu einem Transport- oder Lagersystem zusammenzufügen. Ausgangspunkt ist somit immer die Charakterisierung der jeweils zu bewältigenden Transport- bzw. Lageraufgabe [20].

Mit der Zielsetzung der lager- und transportkostenminimalen Auslieferung der Ware werden die aus der strategischen Distributionsplanung festgelegten Transport- und Lager-haltungspolitiken herangezogen, um den erforderlichen Fahrzeug- und Personalbestand zu bestimmen. Im Hinblick auf den Lagerbereich sind insbesondere sämtliche Entscheidun-gen hinsichtlich der Ermittlung kostenminimaler Lagerversorgungspolitiken und der Höhe der Sicherheitsbestände zu nennen. Ebenso sind die Zuordnung von Produktgruppen zu den einzelnen Distributionsstufen und deren Lager sowie die Entscheidung hinsichtlich der Höhe der Produktbestände in den einzelnen Stufen zu treffen [6].

Mit Hinblick auf die zu erfüllenden Aufgaben von Transportsystemen und der damit verbundenen Transporttechnik lassen sich folgende Kriterien/Anforderungen bei der Pla-nung herausstellen [8, 10]:

• Massenleistungsfähigkeit: Fähigkeit von Verkehrsmitteln zum Transport großer Men-gen zu niedrigen Kosten

• Schnelligkeit: Transportdauer, Transportgeschwindigkeit• Netzbildungsfähigkeit: Fähigkeit zur Durchführung flächendeckender Transporte

4� Distributionslogistik

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• Berechenbarkeit: Maßstab für die zeitliche Zuverlässigkeit der Transportvorgänge• zeitliche Flexibilität: Häufigkeit der Verkehrsbedienung, Fähigkeit auf zeitliche Ver-

änderungen/Anforderungen zu reagieren• räumliche Flexibilität: Fähigkeit zur räumlichen Verlagerung/Verflechtung von Trans-

portmitteln/-kapazitäten• Sicherheit: Maß für Unfallhäufigkeit von Transporten und Schadenshöhe• Umweltbeeinflussung: insbesondere Energieeinsatz, Schadstoff- und Lärmemissionen• Art des Transportgutes und seine mechanischen, physikalischen und chemischen

Eigenschaften• Art des Transportweges mit Angaben über Form, Neigung, Steigung (Linienführung),

Vertikal- und Horizontaltransport• Länge der Betriebsdauer, wie unterbrochener, stetiger, ein- oder mehrschichtiger Be-

trieb• Art der Bedienung und Wartung, Sicherheit der Bedienung, leichte Austauschbarkeit

von Verschleißteilen• Höhe der Investitionen und der Betriebskosten, Wirtschaftlichkeit

Die Planung der Lagertechnik wird u. a. bestimmt durch die Artikel-, Sortiments- und Auftragsstruktur. Die Auftragsstruktur wird beschrieben durch auftragsbezogene Daten wie bspw. Anzahl der Positionen, Gewicht, Volumen des Auftrags. Unter der Artikelstruk-tur versteht man den gegliederten Aufbau der Artikel eines Sortiments nach bestimmten Ordnungskriterien. Unter der Sortimentsstruktur ist die Zusammenstellung der Artikel des Produktionsprogramms eines Unternehmens zu verstehen. Auch bei der operativen Pla-nung der Lagertechnik im Rahmen der Distributionslogistik sind verschiedene Kriterien/ Anforderungen zu berücksichtigen [8]:

• Lagergut: Stückgut, Schüttgut, Lagerhilfsmittel• Ladeeinheit: Art, Abmessungen, Gewicht• Lagersystem: Einheitenlager, Kommissionierlager• Lagerungsarten: Bodenlagerung, Regallagerung• Regalart: Palettenregal, Durchlaufregal• Lagerordnung: feste Lagerplatzordnung, freie Lagerplatzwahl• Lagerorganisation: Lagerplatz-/Lagerbestandsverwaltung, Kommissionierung• Bedienung: manuell, mechanisch, automatisch• Lagerbediengeräte: Stapler, schienengeführte Lagerbediengeräte, Arbeitsgangbreite• Umfeld/Sicherheitseinrichtungen/Brandschutz• Investition, Betriebskosten• Flächen- und Raumbedarf• Automatisierungsgrad• Lagerstrategien, -flexibilität

Die Charakterisierung der Transport- bzw. Lageraufgabe im Rahmen der Distributions-logistik sollte im Rahmen einer systematischen Vorgehensweise erfolgen, da sich aus der Charakterisierung der Transport- oder Lageraufgabe unmittelbar die Anforderungen ab-leiten lassen [20].

G.�Schuh�et�al.

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Die Vorgehensweise bei der Planung der Transport- und Lagertechnik besteht darin, die soeben beschriebenen Planungsgrößen zu ermitteln und festzulegen. Anschließend ist die geeignete Transport- und Lagertechnik für die zu erfüllenden Anforderungen/Aufgaben zu bestimmen. Basis dafür sollte eine Wirtschaftlichkeitsrechnung sein [8].

4.2.3.3 Tourenplanung

Die Tourenplanung ist ein Teilgebiet der Entsorgungslogistik und Distributionslogistik, die sich mit der Planung, Steuerung und Kontrolle von Transport- und Lagersystemen sowie mit den relevanten Prozessen beschäftigt. In diesem Kapitel werden Fragen der Tourenplanung am Beispiel der Distributionslogistik behandelt. Man spricht dabei auch von der „letzten Meile“, was den Transport von der letzten Distributionsstufe zum End-kunden beschreibt [39].

Das Ziel der Tourenplanung ist es, eine Anzahl an Kunden eines Liefergebietes, de-ren Bedarfe und Standorte bekannt sind, von einer Distributionsstufe mit einer gegebe-nen Anzahl an Fahrzeugen und Kapazitätsbeschränkungen unter Berücksichtigung der Gesamttransportkosten und der -transportdistanz zu beliefern [13, 20, 39, 40]. Die Tou-renplanung hat die Aufgabe, kleinere Transportaufträge, die einzeln ein Fahrzeug nicht auslasten, zu Touren zusammenzufassen. Die Menge aller Touren, die zur Deckung der gesamten Nachfrage benötigt werden, stellen das Ergebnis der Tourenplanung dar, den sogenannten Tourenplan [6]. Die Tourenplanung beschäftigt sich im Rahmen der takti-schen Distributionsplanung mit der Ermittlung von Standard- bzw. Rahmentouren, die in bestimmten Zeitabständen (täglich, wöchentlich) einen mehr oder weniger festen Ver-lauf haben bzw. ein bestimmtes Gebiet bedienen [10]. Aufgrund der variantenreichen Anzahl an Restriktionen handelt es sich um ein sehr komplexes Optimierungsproblem. So müssen z. B. Gewichts-, Volumen-, Entfernungsrestriktionen, Geschwindigkeiten der Transportmittel oder u. a. auch die vorgegebenen Zeitfenster für die Anlieferung der Kunden berücksichtigt werden [16, 20]. Die Variantenvielfalt der möglichen Lösungen für diese Probleme sind aufgrund der zahlreichen Freiheitsgrade entsprechend groß. Die räumliche Struktur, auf die sich die Tourenplanung bezieht, wird als Netzwerk aus Kno-ten und Kanten abgebildet. Können die Kunden als Knoten dargestellt werden (z. B. als Adresspunkte), spricht man von einer knotenorientierten Tourenplanung [6]. Die Ver-fahren der Tourenplanung lassen sich in zwei Teilprobleme zerlegen [40]:

• die Kundenzuordnung zu den einzelnen Touren,• die Reihenfolgefestlegung der Kunden innerhalb der einzelnen Tour.

Man unterscheidet die Tourenplanungsverfahren weiterhin dahingehend, ob die Problem-stellungen der Kundenzuordnung und der Abarbeitung der Kundenreihenfolge simultan gelöst werden (parallele Verfahren) oder die zuvor dargestellten Problemstellungen nach-einander gelöst werden können (sequentielle Verfahren) [40].

4� Distributionslogistik

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Savings-Verfahren

Das Savings-Verfahren von Clarke und Wright (1964) ist das in der Praxis am häufigsten eingesetzte heuristische Lösungsverfahren für knotenorientierte Tourenprobleme und zählt zu den parallelen Verfahren, da die Kundenzuordnung zum Fahrzeug und die Reihenfol-gebildung für das Besuchen der Orte simultan erfolgen [6, 40]. Ausgangspunkt dieses Verfahrens ist die Überlegung, alle Kunden zunächst einzeln vom Auslieferungslager zu beliefern. Kunden werden nur dann in einer Tour zusammengelegt, wenn die daraus re-sultierende Länge der Strecke kürzer ist, als die, welche auftritt, wenn die Kunden einzeln beliefert werden [20].

Sweep-Verfahren

Der Sweep-Algorithmus zählt zu den bekanntesten Vertretern der sequentiellen Verfahren und wurde 1974 von Gillett und Miller erfunden. Der Sweep-Algorithmus ist ein koor-dinatenorientiertes Verfahren, bei dem die Knoten in Form von kartesischen Koordinaten oder Polarkoordinaten vorliegen [6, 40]. Bei diesem Verfahren überstreicht ein Radius-strahl das gesamte Liefergebiet. Die Kunden werden in der Reihenfolge beliefert, wie der Radiusstrahl die einzelnen Standorte überstreicht [20].

Die zuvor beschriebenen Verfahren zur Tourenplanung sind heutzutage in Tourenpla-nungssystemen abgebildet, die im Rahmen der taktischen Distributionsplanung die Dis-position und die Tourenbildung unterstützen. Sie bieten dem Unternehmen eine Entschei-dungshilfe für den wirtschaftlichen Einsatz von Transportmitteln. Tourenplanungssysteme sind häufig als Modul in Fuhrparkinformationssysteme integriert [20]. Moderne Touren-planungssysteme setzen sich mindestens aus den folgenden Komponenten/Funktionen zu-sammen [6]:

• Schnittstellen: Automatischer Import und Export aller benötigten Daten aus den rele-vanten IT-Systemen,

• grafische Benutzeroberfläche zur Darstellung digitalisierter Straßenkarten und Tabel-len,

• automatische Planungsfunktionen, sowohl interaktiv als auch manuell,• Parametereingaben für die Berücksichtigung aller wichtigen praktischen Nebenbedin-

gungen (Restriktionen),• Ergebnisaufbereitung mittels Statistiken und Drucklisten.

Zusätzlich zur operativen Touren- und Reihenfolgeplanung können Tourenplanungssys-teme zur Unterstützung der strategischen Planung eingesetzt werden, z. B. in der Trans-portkapazitätsplanung zur Festlegung von Distributionsstrategien, zur Beschaffung von Transportmitteln und zur Bestimmung der Zusammensetzung des Fuhrparks.

Alternativen zu Tourenplanungssystemen sind sogenannte Transportleitsysteme. Ur-sprünglich für den innerbetrieblichen Transport und Zwischenwerksverkehr entwickelt, werden Transportleitsysteme auch zunehmend im Straßengüterverkehr eingesetzt. In bei-den Fällen stellen sie allerdings höchst selten Module von Fuhrparkinformationssystemen

G.�Schuh�et�al.

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dar, sondern vielmehr unabhängig implementierte Informationssysteme. Im Gegensatz zu Tourenplanungssystemen führen sie eine permanente Optimierung aller Touren durch.

4.3 Distributionssteuerung

Die Steuerung der Distributionslogistik lässt sich exemplarisch mittels der Kernprozesse und Funktionsbereiche der Logistik (vgl. Kap. 1) anhand eines Distributionszentrums ver-deutlichen (Abb. 4.10).

Die Distributionssteuerung greift auf die Planungsinformationen der Distributionspla-nung zurück, um die Anforderungen und Ziele für das Tagesgeschäft operativ umzusetzen und zu koordinieren. Das Aufgabenspektrum eines Distributionszentrums lässt sich in in-ner- und außerbetriebliche Aufgaben unterteilen. Zu den innerbetrieblichen Funktionsberei-chen gehören Transaktionen des Wareneingangs, des Lagers, des Kommissionierbereiches sowie des Warenausgangs [5, 6, 16]. Die außerbetrieblichen Funktionsbereiche schließen den Transportvorgang mit seinen Distributionskonzepten, ausgehend vom Distributions-zentrum zur nächsten Distributionsstufe, ein. Eine übergreifende Aufgabe für die Distribu-tionslogistik übernimmt die Auftragsabwicklung, indem sie die Koordination der inner- und außerbetrieblichen operativen Tätigkeiten der Distributionslogistik steuert. Die Aufgaben der einzelnen Distributionsbereiche werden in den folgenden Unterkapiteln näher erläutert.

4.3.1 Transport

Die allgemeine Aufgabe des Transports liegt im zielgerichteten Raumausgleich von Erzeug-nissen innerhalb des Distributionssystems durch Verwendung von Transportmitteln [3, 5, 7, 14, 41]. Der Transport bildet dabei das Bindeglied des Materialflusses zwischen dem Unter-

Abb. 4.10   Aufgaben und Funktionsbereiche eines Distributionszentrums

DistributionszentrumDistributionszentrum

Transportzur nächsten Distributions-stufe(Distributions-konzepte)

Transport(Beschaffungs-konzepte)

Wareneingang

� Entladen des Transportmittels

� Warenannahme� Qualitätsprüfung� Umschlagen /

Umpacken

Warenausgang

� Innerbetrieblicher Transport

� Verpacken und Etikettieren

� Versandvorbereitung� Beladen des

Transportmittels

Lager 1Paletten

� Einlagern� Lagern� Auslagern

Lager NLBehälter

� Einlagern� Lagern� Auslagern

KommissionierungBereich 1

KommissionierungBereich 2

KommissionierungBereich NK

Auftragsabwicklung

DistributionszentrumDistributionszentrumDistributionszentrumDistributionszentrum

Transportzur nächsten Distributions-stufe(Distributions-konzepte)

Transportzur nächsten Distributions-stufe(Distributions-konzepte)

Transport(Beschaffungs-konzepte)

Transport(Beschaffungs-konzepte)

Wareneingang

� Entladen des Transportmittels

� Warenannahme� Qualitätsprüfung� Umschlagen /

Umpacken

Warenausgang

� Innerbetrieblicher Transport

� Verpacken und Etikettieren

� Versandvorbereitung� Beladen des

Transportmittels

Lager 1Paletten

� Einlagern� Lagern� Auslagern

Lager NLBehälter

� Einlagern� Lagern� Auslagern

Lager 1Paletten

� Einlagern� Lagern� Auslagern

Lager NLBehälter

� Einlagern� Lagern� Auslagern

KommissionierungBereich 1

KommissionierungBereich 2

KommissionierungBereich NK

KommissionierungBereich 1

KommissionierungBereich 2

KommissionierungBereich NK

Auftragsabwicklung

4� Distributionslogistik

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nehmen und dem Absatzmarkt. Transportmittel stellen als mobile Distributionselemente die räumliche Verbindung zwischen den Produktionsstätten, Lagern und Kunden her [4].

Die Erzeugnisse dürfen dabei keinen oder nur unwesentlichen Veränderungen während des Transportvorgangs unterliegen [7].

Die klassische Transportaufgabe lässt sich in die Transportvorbereitung, Beladung, Transportdurchführung, Entladung und Transportnachbereitung unterteilen [7, 13, 30].

4.3.1.1 Transportvorbereitung

Zur Transportvorbereitung zählen Aufgaben wie das Verpacken in oder auf dem Trans-porthilfsmittel, Kennzeichnungsvorgänge, die Erstellung und Kontrolle der Ladepapiere, Transportmittelsicherung sowie weitere Vorbereitungen des Transportmittels [13, 30].

4.3.1.2 Beladung/Entladung

Die Beladung des Transportmittels besteht aus dem Anheben bzw. Absenken der Ladung auf die Ladefläche sowie aus erforderlichen Stapelungs- und Ordnungsvorgängen. Die Aufgaben der Entladung sind analog zur Beladung nur in umgekehrter Reihenfolge durch-zuführen [13, 30].

4.3.1.3 Transportdurchführung

Neben der eigentlichen Transportdurchführung können auch administrative (z. B. Zoll-abwicklung) oder objektbezogene Dienstleistungen (z. B. Kühlung) durchgeführt werden [13, 30]. Bei der Durchführung der Transportaufgabe spielen folgende Fragestellungen eine wichtige Rolle [7]:

• Was soll transportiert werden? (Gewicht, Volumen, Warenart, Verpackungsart, Kunden-, Länder- und Gefahrengutvor-

schriften)• Womit soll transportiert werden? (Transportmittel, Ladehilfsmittel)• Wie oft soll transportiert werden? (Belieferungsfrequenz)• Wer soll Transporte durchführen? (unternehmenseigener Fuhrpark, Logistikdienstleister, Absatzmittler)

Entscheidend ist für den gesamten Transportvorgang, dass die Ladung auf dem Transport-mittel nach den entsprechenden Vorschriften und Richtlinien gesichert ist. Die Anforde-

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Page 35: Logistikmanagement || Distributionslogistik

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rungen sowie die technischen Eigenschaften des Transportmittels sind für die Auswahl der Ladungssicherungsmaßnahmen und -methoden ausschlaggebend. Hinsichtlich der Last-verteilung auf der Ladefläche des Transportmittels, die durch die Anordnung der Ladeein-heiten beeinflusst wird, ist eine symmetrische Anordnung anzustreben, um eine einseitige Belastung zu vermeiden. Weiterhin sollte der Schwerpunkt der Gesamtladung möglichst niedrig gehalten werden sowie das zulässige Gesamtgewicht und die Achslast berücksich-tigt werden. Die Ladungssicherung verhindert während des gesamten Transportvorgangs das Verrutschen oder Auseinanderfallen der Ladung. Zur Sicherung der Ladung werden Ladungssicherungsmittel wie bspw. Zurrgurte, Festlegehölzer, Keile, (Luft-)Kissen oder andere Polster zum Verschließen von Hohlräumen eingesetzt [38].

4.3.1.4 Transportnachbereitung

Zur Transportnachbereitung zählen bspw. die Bearbeitung der Fracht- und Ladepapiere sowie die Reinigung des Transportmittels [13, 30].

4.3.1.5 Liefer- und Transportkonditionen

Die praktische Umsetzung von Konsolidierungspotenzialen wird in der Regel von den Lie-fer- und Transportkonditionen zwischen Lieferant und Kunde, der sogenannten Frankatur, rechtlich beeinflusst. Besonders im internationalen Warenverkehr spielen diese eine wichti-ge Rolle. Die Festlegung handelsüblicher Vertragsformeln wird mithilfe der „International Commercial Terms (INCOTERMS )“ geregelt (Abb. 4.11). Sie regeln die Übernahme der Transport- und Versicherungskosten sowie das finanzielle Risiko beim Verlust der Ware [10].

In der Praxis werden die Frankaturen EX Works (EXW), Free On Board (FOB), Cost, Insurance Freight (CIF), Delivered Duty Paid (DDP) am häufigsten verwendet [42]. Im Folgenden werden die Frankaturen „Frei Haus“ und „Ab Werk (EXW)“ näher erläutert. Bei der „Frei Haus“-Zustellung trägt der Lieferant sämtliche transportbezogenen Kosten sowie Verpflichtungen hinsichtlich der Lieferzeit und Schadensfreiheit. Für den Kunden findet der Gefahrenübergang am Empfangsort statt. Bei der „Ab Werk“-Anlieferung trägt der Kunde die Kosten der Transportabwicklung und übernimmt die Verantwortung für die Auslieferung der Ware an den Empfangsort. Der Abnehmer muss die Planung und Steue-rung der Abholung sowie die Anlieferung zu den Empfangspunkten organisieren und den Logistikdienstleister damit beauftragen [10, 43].

4.3.1.6 Tracking und Tracing

Bei allen Distributionskonzepten ist die Verfolgbarkeit sowie der Sendungsstatus der La-dung ein entscheidender Informationsfaktor für eine effiziente Transportabwicklung. In

4� Distributionslogistik

Page 36: Logistikmanagement || Distributionslogistik

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der Praxis werden dafür sogenannte Tracking- und Tracing-Systeme eingesetzt. Ein Track-ing-System bietet dem Unternehmen die Möglichkeit, zu jedem Zeitpunkt die Frachtsen-dung zu lokalisieren sowie dessen Status abzufragen [34]. Das Tracing-System hingegen archiviert diese Informationen, um einen kontinuierlichen Sendungsverlauf der Ladung gewährleisten zu können. Mithilfe der Datenspeicherung können vergangenheitsbezogene Auswertungen gemacht werden, um eventuelle Schwachstellen aufzudecken und zu be-seitigen [28].

Bei der Sendungsverfolgung werden über satellitengesteuerte Hilfsmittel wie GPS (Global-Positioning-System) und AEI (Automatic-Equipment-Identification) positions-genaue Abfragen gemacht. Die Informationen werden direkt an eine zentrale Datenbank weitergegeben. Während des kompletten Transportvorgangs können über GPS und AEI genaue Positionsabfragen eingeholt werden. Über das Monitoring lässt sich somit der Fuhrpark managen, zeitnah auf Störungen reagieren sowie die Transportverpflichtungen der Logistikdienstleister überprüfen [34]. Durch den Einsatz von Tracking- und Tracing-Systemen in der Distributionslogistik können die Gesamtkosten um bis zu fünf Prozent reduziert werden [28].

Die Funktionalität des Trackings und Tracings kann von externen Logistikdienstleis-tern oder von professionellen Distributionsunternehmen sowohl im Inland als auch im

Abb. 4.11   Incoterms

EXW

FOB

FCA

DES

DEQ

DDP

Gefahrtragung des VerkäufersKostentragung des Verkäufers

Gefahrtragung des KäufersKostentragung des Käufers

EXW ex works (ab Werk)FCA free carrier (frei Frachtführer)FOB free on board (frei an Bord)DES delivered ex ship (geliefert ab Schiff)DEQ delivered ex quay (geliefert ab Kai (verzollt))DDP delivered duty paid (geliefert verzollt)

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Ausland als Dienstleistung angeboten werden. Weitere distributionslogistische Dienstleis-tungen sind bspw. die Zollabfertigung, Fahrzeugleasing, Beförderung gefährlicher Mate-rialien, das Fuhrparkmanagement sowie die Fahrzeuginstandhaltung [19].

4.3.2 Lagerhaltung

Der Lagerprozess beschreibt nach VDI 2411 jedes geplante Liegen von Arbeitsgegenstän-den und Gütern im Materialfluss [10, 38]. Speziell für die Distributionslogistik werden die Fertig- oder Halbfabrikate des Herstellers innerhalb der Lager des Distributionszentrums für die Weiterleitung zum Kunden zwischengelagert und bereitgestellt [29]. Die Bestände dienen dabei als zeitlicher, räumlicher und mengenmäßiger Entkopplungspunkt zwischen der Nachfrage des Kunden und der Distributionslogistik [2, 21, 30, 41].

4.3.2.1 Funktionen der Lagerhaltung

Der eigentliche Lagerungsvorgang, das Lagern, auch als Lagerung bezeichnet, beinhaltet folgende Funktionen [3, 7, 12, 29, 38]:

Die Ausgleichsfunktion versucht die dynamischen Materialzugänge und -bedarfe über die mengenmäßige und/oder zeitliche Verteilung auf der Beschaffungsseite zu koordinie-ren und abzufangen. Das kann durch die Ermittlung der optimalen Bestellmenge im Rah-men der Beschaffungslogistik vermieden werden.

Die Sicherungsfunktion der Lagerung bildet den Puffer für unvorhersehbare Risiken in der Produktion sowie für Bedarfsschwankungen auf der Distributions- und Lieferverzöge-rungen auf der Beschaffungsseite. Zudem kann auch die unzureichende Informationsver-teilung ein Auslöser für die zuvor genannten Problemstellungen sein.

Die Aussortierungsfunktion, auch Sortimentsfunktion genannt, dient im Handel oder der innerbetrieblichen Logistik als Gestaltungshilfe für die Sortimentsbildung im Lager. Dabei werden Produkte, die am Markt nicht mehr nachgefragt oder in der Produktion nicht mehr verwendet werden, aussortiert.

Mit der Spekulationsfunktion lässt sich auf prognostizierte Preiserhöhungen auf den Beschaffungs- oder Absatzmärkten durch vorherigen Bestandsaufbau reagieren. Die zu beschaffende Menge ist immer größer als der eigentliche Bedarf. Diese Art der Lagerfunk-tion ist aufgrund der schlechten Planungsgenauigkeit nicht die wirtschaftlichste Variante.

Die Veredelungsfunktion, auch als Produktionsfunktion des Lagers bekannt, wird für Qualitätsänderungen am bereits gelagerten Endprodukt genutzt (z. B. durch Alterung, Gä-rung, Reifung, Trocknung).

Eine weitere wichtige Aufgabe des Lagers im Rahmen der Distributionslogistik be-steht darin, den Zielkonflikt zwischen der optimalen Bestandshöhe unter der Berücksichti-gung wirtschaftlicher Kriterien sowie der Erfüllung des Lieferservices zu ermitteln. Zwei Drittel der gesamten Logistikkosten entfallen dabei auf die Lagerhaltungskosten. Diese setzen sich aus dem gebundenen Kapital und den Kosten für Betriebsmittel, Personal und

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Verwaltung zusammen [38]. Somit hat der zuvor dargestellte Zielkonflikt einen direkten Einfluss auf das Betriebsergebnis des Unternehmens [29].

4.3.2.2 Lagerarten

Unter einem Lager versteht man einen Raum oder eine Fläche zum Aufbewahren von Stück- und/oder Schüttgut, das mengen- und/oder wertmäßig in der Bestandsführung er-fasst wird [7, 10, 38]. Die Aufgabe der Lager umfasst somit die Bevorratung, Pufferung und Verteilung bzw. Sammlung von Produkten [2, 10, 38]. Weiterhin kommt dem Lager im Distributionsprozess eine Steuerungsfunktion zu, um Warensendungen in der richtigen Zusammenstellung zum Kunden oder der nachgelagerten Distributionsstufe zu bringen. Dabei werden zuvor Materialflüsse aus verschiedenen Quellen in einem Lager zusammen-geführt und anschließend zur Senke transportiert.

Lager lassen sich anhand verschiedener Kriterien und Merkmale klassifizieren. Man unterscheidet dabei zwischen dem Eingangs-, Zwischen- und Absatzlager. Das Eingangs-lager, auch Beschaffungslager genannt, dient zur Vorratshaltung der Rohstoffe oder Halb-fertigprodukte. Das Zwischenlager unterstützt die Bevorratung zwischen den verschiede-nen Stufen des Fertigungsprozesses. Beim Absatzlager liegt der Fokus auf dem zeitlichen Puffer zwischen Produktions- und Distributionsprozessen.

4.3.2.3 Umschlag

Das Umschlagen von Gütern beinhaltet einen Wechsel des Ladehilfsmittels, des Förder-mittels oder der Lagerposition. Weiterhin versteht man nach DIN 30781 unter Umschlagen nicht ausschließlich den Wechsel der Ladungseinheit auf ein Transportmittel, sondern die Gesamtheit aller Förder- und Lagervorgänge, inkl. Be- und Entladungsvorgänge [4, 8, 10]. Durch diesen Wechsel entstehen Zeitverzögerungen in der Materialflusskette. Die Be- und Entladungsvorgänge können am Transportmittel als Heck-, Seiten- oder Dachum-schlag erfolgen. Der physische Umlagerungsvorgang wird dabei durch die entsprechen-de Umschlagstechnik realisiert. Je nach Transportmittel und Verkehrsträger variieren die Anforderungen und Rahmenbedingungen für den Einsatz des Umschlagprozesses [10]. Prinzipiell lässt sich der Umschlag mittels folgender Methoden und Umschlagstechniken durchführen [8]:

• Von der Hoffläche bzw. vom Fahrweg (Niederflurumschlag),• über Rampen,• manuell und mechanisiert mit Umschlagsmitteln wie bspw. Staplern,• automatisiert mittels Rollenbahnen (Schnellverladung),• mit bordeigenen Hilfsmitteln wie bspw. Kran, Stapler, Handgabelhubwagen.

Zur Realisierung der zuvor genannten Methoden müssen Be- und Entladungsstrategien sowie dispositive Funktionen bestimmt und festgelegt werden. Weiterhin sind strategi-

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sche Aspekte für die Verpackungs- und Transportsicherung, der Versand- und Puffer-strategien sowie Frachtraum-, Fuhrpark- und Tourendispositionsfunktionen zu berück-sichtigen [8].

Die Ziele des Umschlagens liegen in der Erhöhung der Umschlagsleistung, in der Re-duzierung der Fahrzeugstandzeiten und Personalkosten. Weiterhin sollen Warenbeschädi-gungen verringert als auch organisatorische Abläufe mithilfe der Umschlagstechnik und -strategie optimiert werden. Die Standardisierung und Normung von Ladehilfsmitteln und der Einsatz von automatisierten Umschlagsmittel können die Umschlagsgeschwindigkeit und -leistung verbessern [10].

4.3.3 Kommissionierung

Um die Kundenaufträge individuell zusammenzustellen sowie eine termingerechte Auslie-ferung zu garantieren, werden in Distributionszentren Kommissionierbereiche eingerich-tet, in denen die notwendigen operativen Vorarbeiten durchgeführt werden.

Unter Kommissionieren versteht man nach VDI 3590 das Zusammenstellen von Teil-mengen aufgrund von Anforderungen (Aufträgen) aus einer Gesamtmenge von Gütern (Sortiment) [7, 16, 29, 30, 44]. Die Kommissionierung stellt den Übergang von der sorten-reinen Lagerung zum sortenunreinen Kundenauftrag dar [8].

Eine wesentliche Voraussetzung für den Kommissioniervorgang ist die Bereitstellung der Artikel in der Kommissionierzone. Nachdem der Kommissionierer seinen Kommis-sionierauftrag erhalten hat, muss er die entsprechenden Bereitstellplätze der Artikel inner-halb der Kommissionierzone ablaufen, die geforderten Warenmengen entnehmen und in einen Sammelbehälter ablegen. Dieser kann sowohl auf einem Fördersystem oder einem Transportmittel befestigt sein. Anschließend werden die Sammelbehälter an einem Platz zusammengestellt und an die Verpackung weitergeleitet. Sollte die Verpackung schon bei der Kommissionierung erfolgen, werden die Versandeinheiten direkt zum Warenausgang transportiert. Von diesen Grundfunktionen, die nicht zwangsläufig in der angegebenen Reihenfolge durchgeführt werden müssen, können je nach Gestaltung des Kommissio-niersystems auch einige entfallen [8, 29].

4.3.3.1 Aufgaben der Kommissionierung

Die operativen Aufgaben der Kommissionierung (Materialfluss) werden in die Bereitstel-lung, Fortbewegung, Entnahme sowie in die Abgabe unterteilt. Die Bereitstellung der Ar-tikel für den Kommissionierer kann statisch oder dynamisch erfolgen. Bei der statischen Bereitstellung bewegt sich der Kommissionierer direkt zum Artikel (Mann zur Ware). Bei der dynamischen Bereitstellung werden die Artikel mittels entsprechender Fördertechnik zum Kommissionierer gebracht (Ware zum Mann). Die nach der Entnahme verbleibenden Restbestände werden wieder in den Lagerbereich transportiert und eingelagert. Die Ab-gabe der entnommenen Ware kann zentral oder dezentral geschehen. Bei der zentralen

4� Distributionslogistik

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Abgabe wird die Ware in einen oder in mehreren mitgeführten Kommissionierbehältern abgelegt, die nach der Fertigstellung des Kommissionierauftrags an einen zentralen Ort weitergeleitet werden. Bei der dezentralen Abgabe wird die Ware am Entnahmeort auf ein Fördersystem oder in einen Behälter gelegt und innerbetrieblich zum nächsten Zielort weiterbefördert [10, 45].

Um eine möglichst hohe und qualitative Kommissionierleistung trotz monotoner und körperlich belastender Arbeitsvorgänge zu gewährleisten, sind Kontrollverfahren wie das Wiegen von fertig kommissionierten Aufträgen oder der Einsatz von Barcodesystemen hilfreich [7].

4.3.3.2 Kommissioniersystem

Der Kommissioniervorgang findet innerhalb eines Kommissioniersystems statt. Das Kom-missioniersystem besteht aus den Systemkomponenten des Material- und Informations-flusses sowie aus einem übergelagerten Organisationssystem [10, 16, 44].

Die Organisation der Kommissionierbereiche und deren Aufteilung kann ein- und mehrzonig gestaltet sein. Die Verteilung der Artikel auf die einzelnen Kommissionier-zonen hängt von deren Eigenschaften ab, wie bspw. Größe, Gewicht und Zugriffshäufig-keit. Zur optimalen Bedienung sollten die Artikel für den Kommissionierer aus ergono-mischen und zeitlichen Aspekten möglichst in unterschiedlichen Ebenen und Positionen gelagert werden, um eine schnelle Erreichbarkeit zu gewährleisten [10]. Die Organisation eines Kommissioniersystems bestimmt somit die Wirtschaftlichkeit der Kommissionier-prozesse [29].

4.3.3.3 Einheitenbildung in der Kommissionierung

Die physischen Einheiten, die innerhalb des Kommissioniersystems mittels Transport- und Informationstechniken abgewickelt werden, lassen sich in Lager-, Bereitstell-, Ent-nahme-, Sammel-, Kommissionier- und Versandeinheiten unterteilen [4]. In den Lager-einheiten werden die Artikel zur Kommissionierung bevorratet. Die Bereitstelleinheiten sind die Nachschubeinheiten für die Kommissionierfächer und werden für die spätere Entnahme bereitgestellt. Entnahmeeinheiten beschreiben die mengenmäßige Entnahme des angeforderten Artikels durch den Kommissionierer. Sammel- oder Kommissionier-einheiten entstehen durch die Entnahme der bestellten Positionen mittels eines Kommis-sionierauftrags sowie durch das anschließende Zusammenfassen der Einzelpositionen zu einer Versandeinheit. Die Versandeinheit bezeichnet die Menge der bestellten Artikel, die für den Kundenauftrag verpackt und dem Versand zum Transport bereitgestellt werden [4].

Die Qualität des Informationsflusses wird anhand der Datenaufbereitung und der Datenübermittlung gemessen. Die Planungsdaten können in der Auftragsreihenfolge

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(Order-Picking) oder in Chargen (Batch-Picking) aufbereitet und eingeplant werden. Die Kommissionieraufträge werden beim Order Picking synchron zum Auftragseingang abgearbeitet. Beim Batch Picking werden die Kommissionieraufträge gesammelt, um mehrfach auftretende Einzelpositionen über alle Aufträge zu einer Summenposition zu-sammengefasst. Nach der Abarbeitung der neu generierten Kommissionierposition wird diese wieder auf die ursprünglichen Aufträge und deren Einzelpositionen aufgeteilt. Diese Art der Auftragsbearbeitung wird auch als 2-stufige Kommissionierung bezeich-net [4].

4.3.4 Verpackung

Unter dem Begriff Verpackung versteht man die lösbare Umhüllung eines Gutes, um den Artikel vor äußeren Einflüssen zu schützen. Die Verpackung beinhaltet fünf verschiedene Funktionen. Die Schutzfunktion soll das Gut vor quantitativen und qualitativen Verände-rungen sowie vor Beschädigungen und Schmutz von Umwelt oder Personen schützen. Die Lagerfunktion der Verpackung gewährleistet die Stapelbarkeit des Gutes sowie ein raumsparendes Lagern. Die Transportfunktion trägt zur optimalen Auslastung der Trans-portmittel bei. Weiterhin dient sie zur Sicherung von Ladeeinheiten und Ladungen und unterstützt die Bildung von Transporteinheiten. Die Manipulationsfunktion gewährleistet die korrekte Handhabung des Gutes und legt handhabungsgerechte Gewichte und Formen fest. Die Informationsfunktion dient u. a. der Warenpräsentation sowie zu Identifikations-hilfestellungen. Weiterhin können auf der Verpackung wichtige Gebrauchsanweisungen sowie Sicherheitshinweise abgedruckt werden [12, 29].

Zu den Verpackungsmaterialien zählen unter anderem Säcke, Tüten, Fässer, Flaschen, Dosen, Kästen, Kartons, Aufkleber, Etiketten sowie Polster oder Füllmaterial. Der Ver-packungsbedarf wird meist langfristig ermittelt und erfolgt nach den Methoden der Ver-brauchssteuerung [29].

Die Konzeption standardisierter und distributionslogistikgerechter Verpackungen ist mithilfe von CAD-Software möglich. Die Standardisierung der Verpackungen reduziert deutlich die Distributionskosten und beschleunigt gleichzeitig die Abläufe innerhalb der logistischen Kette [29]. Eine weitere Erleichterung der logistischen Abläufe stellt die Eti-kettierung der Verpackung dar. Sie sollte an einer geeigneten und festgelegten Stelle an-gebracht werden. Die Etikettierung beinhaltet Angaben zur Artikelnummer sowie produkt-bezogene Eigenschaften [12]. Besonders geeignet ist der Einsatz von EAN-Strichcodes zur Kennzeichnung von Waren. Eine Weiterentwicklung stellt die sogenannte RFID-Tech-nologie dar, mit der über entsprechende Technologien die Anzahl der zu speichernden Informationen sowie das zeitgleiche Erfassen von mehreren Artikeln gleichzeitig erfolgen kann (Pulkerfassung).

Nach der Fertigstellung der Kommissionieraufträge muss der Kundenauftrag für den sicheren Weitertransport zum Kunden verpackt werden. Um Umpackvorgänge zu vermei-den sowie die Anzahl der einzusetzenden Verpackungsgrößen in der Distributionslogistik zu reduzieren, sollten hauptsächlich Standard- oder Normkartons verwendet werden [7].

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Die Durchführung der Verpackung kann entweder zentral oder dezentral unmittelbar im Anschluss an den letzten Arbeitsschritt erfolgen [12].

4.3.5 Auftragsabwicklung

Die Aufgaben der Auftragsabwicklung für die Distributionslogistik liegen im Wesentli-chen in der Aufnahme, Aufbereitung, Umsetzung, Weitergabe und Dokumentation von Kundenauftragsdaten vom Zeitpunkt der Auftragsaufgabe bis zum Eingang der Ware (mit Sendungsdokumenten) und der Rechnung beim Kunden [12]. Sie gewährleistet einen dem Materialfluss vorauseilenden, begleitenden oder nacheilenden Informationsfluss sowie einen ständigen Informations- und Kommunikationsaustausch mit den Kunden, den Lo-gistikdienstleistern sowie den eigenen Unternehmensbereichen [6].

Der vorauseilende Informationsfluss gewährleistet für die betroffenen Unternehmens-bereiche sowie für die Akteure der Distributionslogistik innerhalb der Transportkette den erforderlichen Planungs- und Dispositionsspielraum. Der begleitende Informationsfluss beinhaltet den aktuellen Status des Materialflusses. Er gibt Aufschlüsse über Termin- und Zeitfensterabweichungen. Der nacheilende Informationsfluss dient in der Regel zur Quali-tätsmessung der erbrachten Distributionsleistung, wie bspw. der Liefertreue, des Service-levels sowie der Liefertermintreue [6].

Integrierte Informationssysteme ermöglichen es, unterschiedliche Auftragsabwick-lungsprozesse miteinander zu verknüpfen [12]. Weiterhin können mittels dieser Syste-me die Daten für alle Unternehmensbereiche zur Verfügung gestellt werden. Es ist daher zwingend notwendig, durch technische und organisatorische Maßnahmen sowie durch Informationstechniken eine schnelle Bearbeitung der eingehenden Kundenaufträge zu gewährleisten, um die innerbetrieblich nachgelagerten Auftragsabwicklungsprozesse einleiten zu können. Die Auftragsabwicklung innerhalb eines Distributionszentrums ist den operativen Vorgängen des Materialflusses übergeordnet. Der Stellenwert eines IT-ge-stützten Auftragabwicklungssystems ist sehr hoch, da sich mittels der Verfügbarkeit früh-zeitiger und umfassender Informationen langfristig eine effiziente Distributionslogistik realisieren lässt [12].

Es stellt sich jedoch die Frage, in welcher Art und in welchem Umfang die Informa-tionen den einzelnen Unternehmensbereichen zur Verfügung gestellt werden müssen. Un-vollständige Informationen verhindern innerhalb der Auftragsabwicklung effiziente Pro-zesse und können meist nur sporadisch mit einem erheblichen Mehraufwand angeglichen werden, um nicht nur die Planung, sondern auch die Steuerung zu unterstützen. Stellt man den Mitarbeitern zu viele Informationen zur Verfügung, so müssen die relevanten von den weniger relevanten getrennt werden, was wiederum zu Verwirrung und Unübersichtlich-keit innerhalb der Prozesse führt. Daher ist die Bereitstellung von Informationen in der richtigen Menge, zur richtigen Zeit sowie in der richtigen Qualität ein relevantes Krite-rium, um einen effizienten Informationsfluss zu garantieren, der sich wiederum positiv auf die Durchlaufzeit der Auftragsabwicklung auswirkt [12].

Eine wesentliche Vorrausetzung dafür sind klar definierte Schnittstellen und eindeutige Daten, die eine hohe Aktualität sowie die Vermeidung von Redundanzen gewährleisten [12].

G.�Schuh�et�al.

4

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4.4 Bewertung der Distributionslogistik

Kennzahlen bieten die Möglichkeit, wichtige Sachverhalte und Zusammenhänge zu be-urteilen, um komplexe Strukturen und Prozesse einfacher darzustellen. Kennzahlen sind praxisorientiert und ermöglichen der Unternehmensführung einen Überblick über die Ef-fizienz und Wirtschaftlichkeit der Betriebsorganisation [15]. Betrachtet man Kennzahlen isoliert, dann sind diese in ihrer Aussage zunächst neutral. Kennzahlen sind absolute Zah-len oder Verhältniszahlen. Sie können mit einer Dimension behaftet oder dimensionslos sein und dienen zur Quantifizierung von betrieblichen Ist- und Sollzuständen [8]. Kenn-zahlen stellen u. a. für die Distributionslogistik eine wichtige Grundlage für die Kontrolle der Planungs- und Steuerungsmaßnahmen dar.

4.4.1 Arten von Kennzahlen

Kennzahlen lassen sich allgemein in absolute und Verhältniszahlen unterteilen. Absolute Zahlen setzten sich aus Summen-, Differenz- oder Mittelwertbildungen zusammen. Ver-hältniszahlen hingegen sind Relativzahlen, die immer aus einem Vergleich entstehen. Verhältniszahlen lassen sich wiederum in Gliederungs-, Beziehungs- und Indexzahlen unterteilen. Gliederungszahlen sind eine Teilmenge, die zur entsprechenden Gesamt-menge in Beziehung gesetzt werden, z. B. Umsatz eines Artikels im Verhältnis zum Gesamtumsatz des Sortiments. Beziehungszahlen stellen das Verhältnis zweier sach-lich miteinander in Beziehung stehender Zahlen dar, die inhaltlich jedoch keinen Bezug zueinander haben, z. B. Umsatz des Unternehmens gemessen an der Anzahl der Mit-arbeiter. Indexzahlen sind Ausdrücke für wertmäßige Änderungen bestimmter Größen, die zeitlich verschoben, aber gleichartig sind, z. B. Gewinn in Periode 2 zu Gewinn in Periode 1 [8].

4.4.2 Kennzahlensystem

Die Einordnung der Kennzahlen in ein Kennzahlensystem bildet den notwendigen sach-lichen Zusammenhang und ist auf ein gemeinsames Gesamtziel ausgerichtet. Ein Kenn-zahlensystem für die Distributionslogistik muss jedoch unternehmensspezifisch an den Leistungs- und Zielzahlen ausgerichtet und angepasst werden, da die distributionslogisti-schen Prozesse beispielsweise nach Branche und Unternehmenstyp stark variieren können [46]. Der Einsatz eines Kennzahlensystems ist als fortlaufende Aneinanderreihung von Planungsfunktionen (Plan) und Überwachungsfunktionen (Check) zu verstehen, durch die Maßnahmen (Do) bewertet und Steuerungsfunktionen (Act) abgeleitet werden (Abb. 4.12) [47].

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Zur Bewertung der distributionslogistischen Prozesse sind Kennzahlen und Indikatoren notwendig, die Aussagen über die Leistungsfähigkeit des gesamten Distributionssystems liefern [7]. Das Zielsystem zur Bewertung der Distributionslogistik setzt sich, wie bereits zuvor in Kap. 4.1 dargestellt, aus dem Verhältnis von Logistikleistung und Logistikkosten zusammen. Anhand dieser beiden Kennzahlen lässt sich die Effizienz der Distributions-logistik ermitteln.

4.4.3 Distributionslogistikleistung

Die Distributionslogistikleistung (Abb. 4.13) setzt sich aus drei Einzelfaktoren zusammen. Eine hohe Distributionslogistikleistung kann durch eine kurze Durchlaufzeit, eine hohe Produktivität sowie mittels eines hohen Lieferservices realisiert werden. Für jeden dieser Leistungsfaktoren gibt es quantifizierbare Kennzahlen, die für die Distributionslogistik im operativen Tagesgeschäft von hoher Bedeutung sind. Alle dargestellten Kennzahlen in die-sem Unterkapitel sowie das Kennzahlensystem bauen auf der VDI-Richtlinie 4400 auf [15].

4.4.3.1 Durchlaufzeit

Die Ermittlung der Durchlaufzeit für die Teil- und Gesamtprozesse der Distributionslogis-tik lassen sich anhand der Formeln Gl. (4.1) und Gl. (4.2) berechnen. Die mittlere Durch-

Abb. 4.12   Der PDCA-Zyklus nach VDI 4490 [47]

Distributions-controlling

Act Plan

Check Do

Act:Maßnahmen einleiten

Check:Analyse derPlan-Ist-AbweichungenKostenkontrolle

Plan:Zielsetzung und-vereinbarung

Do:Zielvereinbarungenumsetzen

Operatives Management

Strategisches und taktisches

Management

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4

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laufzeit tmD sowie die Standardabweichung der Durchlaufzeit tσD tragen dazu bei, die Kundenauftragsdurchlaufzeit für Distributionslogistikprozesse zu kalkulieren.

(4.1)

(4.2)

Die Durchlaufzeit bildet dabei die planungsrelevanten Grundlagen für die Dimensionie-rung von Ressourcen und Kapazitäten der Distributionslogistik. Die Mitarbeiterprodukti-vität lässt sich jedoch anhand von Leistungskennzahlen wie bspw. mittels der Kommissio-nierung in Formel Gl. (4.3) ermitteln. Die Formel berechnet die Kommissionierauftrags-positionen je Mitarbeiterstunde x. Analog können diese Berechnungen für alle weiteren Teilprozesse der Distributionslogistik angewandt werden.

(4.3)

tmD =

n∑i=1

Durchlaufzeiti

n[in BKT]

tσD =

√√√√√n∑

i=1(Durchlaufzeiti − Mittlere Durchlaufzeit)2

n[in BKT]

x =Anzahl Kommissionierauftragspositionen

Mitarbeiterstunden Distribution[in 1/h]

Abb. 4.13   Zielsystem der Distributionslogistik nach VDI 4400 [15]

Ziel

syst

emLe

istu

ngs-

und

Kos

ten-

kenn

zahl

enHohe Logistikeffizienz

netsokkitsigoL egnireGgnutsielkitsigoL ehoH

Kurze Durchlaufzeiten

Hohe Produktivität

Hoher Lieferservice

Geringe Bestandkosten

Geringe Prozesskosten

Kommissionier-auf trags-positionen pro Mitarbeiter-stunde

Durchlaufzeit Warenausgang (μ, σ)

Servicegrad

Bestätigungs-quote KWT

Liefertreue

Liefertermintreue

Liefertermin-abweichung(μ,σ)

Reklamations-quote

Umschlags-häuf igkeit

Kosten Distributions-tätigkeit je Kommissionier-auf trags-position

Kosten Transport pro Lieferung

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4.4.3.2 Produktivität

Die Produktivität hingegen ist ein Indikator für effizient gestaltete Distributionslogistik-prozesse sowie ein Frühwarnsystem für Probleme bei der Leistungserstellung. Die Kenn-zahl lässt sich nicht nur auf die Mitarbeiterproduktivität, sondern auch auf Abteilungen und Bereiche übertragen.

4.4.3.3 Lieferservice

Der Lieferservice lässt sich mit sehr vielen Kennzahlen beschreiben und messen. Exem-plarisch dafür werden hier der Servicegrad ηs Gl. (4.4), die Liefertreue ηLt Gl. (4.4), die Liefertermintreue ηTtr Gl. (4.5) sowie die Reklamationsquote ηR Gl. (6.6) herangezogen. Der Servicegrad ηs sowie die Liefertreue ηLt wird im operativen Tagegeschäft synonym verwendet (vgl. Kap. 3). Die Liefertermintreue ηTtr spiegelt für die ausgelieferten Liefer-scheinpositionen die termingerechte Auslieferungsquote wider.

(4.4)

(4.5)

Ein weiteres wichtiges Qualitätsmerkmal der Distributionslogistik beschreibt die Rekla-mationsquote ηR. Mittels dieser Kennzahl können Schwachstellen in den eigenen Prozes-sen ermittelt und ggf. Maßnahmen zur Problembehebung eingeleitet werden.

(4.6)

4.4.4 Distributionslogistikkosten

Die Distributionslogistikkosten lassen sich in Bestands- und Prozesskosten unterteilen (Abb. 4.13). Das Ziel ist es, die gesamten Distributionslogistikkosten möglichst gering zu hal-ten und eine hohe Auslastung der Transportmittel und der Ressourcen zu gewährleisten [15].

4.4.4.1 Bestandskosten

Um die Bestandskosten der Distributionslogistik bewerten zu können, ist die Umschlags-häufigkeit y Gl. (4.7) eine relevante Zielgröße. Sie gibt an, in welchem Zeitraum der Be-stand eines Artikels einmal komplett umgeschlagen wurde.

ηs = η Ltr =Anzahl befriedigter Kundenauftragspositionen

Anzahl Kundenauftragspositionen· 100 [in%]

η Ttr =Anzahl termingerechter Lieferscheinpositionen

Anzahl Lieferscheinpositionen· 100 [in %]

ηR =Anzahl berechtigter Kundenreklamationen

Anzahl Lieferscheinpositionen· 100 [in %]

G.�Schuh�et�al.

4

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(4.7)

4.4.4.2 Prozesskosten

Kennzahlen für die Ermittlung von Prozesskosten der Distributionslogistik können bei-spielsweise mithilfe der mittleren Kosten für die Distributionstätigkeiten je Kommissio-nierauftragsposition kDiGl. (4.8) sowie analog für die Transportabwicklung die mittleren Transportkosten je Warensendung kTr Gl. (4.9) abgedeckt werden.

(4.8)

(4.9)

Mithilfe der mittleren Distributionskosten je Kommissionierauftragsposition kDi können Kostenpauschalen für die Bearbeitung eines Kommissionierauftrags kalkuliert werden. Diese Kostensätze können anschließend für die Kalkulation der Auftragsabwicklung ver-wendet werden. Anhand der durchschnittlichen Transportkosten je Warensendung kTr lassen sich Prozesskostensätze für die Transportabwicklung ermitteln, die ebenfalls in die Auf-tragsabwicklung mit einfließen.

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y =Lagerabgang

Mittlerer Bestandswert[in 1/Jahr]

kDi =Kosten Distributionstätigkeit

Anzahl Kommissionierauftragspositionen[in €]

kTr =Transportkosten

w[in €]

4� Distributionslogistik

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