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Bevölkerungsschutz 3 2006

Magazin 3/06

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Bevölkerungsschutz

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Liebe Leserinnen,liebe Leser,

„Die Weltmeisterschaft ist vorbei, abersie wird unvergessen bleiben — hier inDeutschland und weltweit. Denn wirhaben spannende Spiele erlebt undeine so fröhliche, ausgelassene Stim-mung, wie sie bei Fußball-Weltmeis-terschaften noch niemals da gewesenist. Millionen Menschen in aller Welthaben in den letzten Wochen erfahren,wie weltoffen und gastfreundlichDeutschland ist. Das ist ein großartigerErfolg. Und hinter diesem großen Er-folg steckt jede Menge Arbeit, Einsatz-freude und Engagement. Zehntausen-de von Menschen haben dazu beige-tragen“ sagte Bundespräsident HorstKöhler anlässlich eines Empfangs fürdie Helfer der Fußball- WM. Dabeiwürdigte der Bundespräsident aus-drücklich den Einsatz der vielen Volun-teers, Sicherheitskräfte und Menschenim Service- und Dienstleistungssektor.Bundesinnenminister Dr. WolfgangSchäuble dankte auf einer Pressekon-ferenz nach dem Ende der WM den„unzähligen Helfern von THW, BBK,den Feuerwehren, den Hilfs- und Kata-strophenschutzorganisationen sowieder Bundeswehr. Alle haben gemein-sam die WM zu einem fantastischenFest werden lassen“.

Arbeiter-Samariter-Bund

Da die Auswertung der Erfahrungen,die während des WM-Einsatzes ge-macht wurden, noch nicht abgeschlos-sen ist, wird Bevölkerungsschutz erstin der Ausgabe 4/2006 ausführlichdarüber berichten.In der Ihnen vorliegenden Ausgabehaben wir einen Beitrag über denStart des EU-Projektes „EuropäischeVirtuelle Akademie für den Bevölke-rungsschutz“. Außerdem berichten wirüber das Thema Vogelgrippe, das unswohl auch in Zukunft noch beschäf-tigen wird, sowie über ein Set „Ersatz-kleidung“ bei der DekontaminationVerletzter und die Beteiligung des BBKan der Internationalen Luftfahrtaus-stellung in Berlin.In der Mitte des Heftes finden Sie ei-nen herausnehmbarer Planungskalen-der für das Jahr 2007. Auf der Rück-seite haben wir die Seminarplanungder AKNZ zusammengestellt. Wir wünschen Ihnen .Eine interessante Lektüre und nocheinige schöne Sommertage wünscht

Ihr Redaktionsteam

Bisher nur im Modell: Der neue Zivilschutz-Hubschrauber vom Typ EC 135 T2i, den der Bund ab 2007 einsetzen wird.(Foto: Stein / BBK)

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NOTFALLVORSORGE FORUM

RUBRIKEN

SERIE

INTERNATIONAL

Kulturgutschutz in Deutschland 49

Medien 47

Termine 48

Impressum 48

Arbeiter-Samariter-Bund 34

Bundesanstalt Technisches Hilfswerk 36Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft 38

Deutscher Feuerwehrverband 39

Deutsches Rotes Kreuz 40

Johanniter-Unfall-Hilfe 42

Malteser Hilfsdienst 44

Leserbriefe, Meinungen 46

ZusammenspielGemeinsam in der ersten Reihe 2

Bilanz nach dem AbpfiffGrößter DRK-Einsatz ist eine Erfolgsgeschichte 5

„Sich zu kennen ist die halbe Miete“Zivil-Militärische Zusammenarbeit bewährt sich 9

Dekontamination VerletzterSets mit Ersatzkleidung für kontaminierte Betroffene 13

Ein Click in die Zukunft EU-Projekt „Europäische Virtuelle Akademie für den Bevölkerungsschutz (EVA4CP)“, erste Ergebnisse 16

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN

Vorsorge für den StromausfallEin Leitfaden für die Einrichtung und den Betrieb einer Notstromversorgung 25

BEVÖLKERUNGSSCHUTZ

Vogelgrippe in einem Nutztierbestand in Sachsen

Tätigkeiten der Feuerwehr 21

„Tower an Christoph ILA“Zivilschutzhubschrauber bei der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung 31

INHALT

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NOTFALLVORSORGE

men, im Schnitt waren an den Spieltagen etwa 700ehrenamtliche Helfer vor Ort. Seinen Aufgaben ent-sprechend leuchtete das THW Behandlungsplätzeund Einsatzstellen an den WM-Stadien aus, sichertedie Einrichtung und den Betrieb von Bereitstel-lungsräumen und übernahm die Verpflegung der Ein-satzkräfte vor Ort. Zusätzlich unterstützten sie dieBundespolizei bei Einreisekontrollen an den Gren-zen mit diversen Beleuchtungstechniken, Zelten undlogistischer Hilfe. Obwohl im gesamten Zeitraumder Spiele kein Ernstfall eintrat, leisteten die ehren-amtlichen Helfer an jedem Spieltag an den jeweili-gen WM-Spielorten in den Bereichen ihrer Kern-kompetenzen technische Hilfe.

Da THW-Präsident Albrecht Broemme erst seitdem 16. Mai in seinem Amt ist, nutzte er die WM,um sich an den Spielstätten den ehrenamtlichen undhauptamtlichen Mitarbeitern vorzustellen. An allenzwölf WM-Stadien informierte er sich über die Auf-gaben und das Leistungsspektrum der ehrenamtli-chen Basis sowie die Zusammenarbeit mit den ande-ren Hilfsorganisationen. Er betonte, dass das part-nerschaftliche Miteinander, das hier gelebt würde,richtungsweisend für die Zukunft sei. Dabei hob ereine weitere Besonderheit des WM-Einsatzes hervor:„Gemeinsam mit den anderen Organisationen stehenwir diesmal in der ersten Reihe.“

Erfahrungen sammeln und neue Möglichkeiten testen

Bestandteil der nationalen Sicherheitsgarantiewaren Kontingente von Einsatzkräften der verschie-denen Katastrophenschutz- und Rettungsorganisatio-nen an den einzelnen Spielorten. Neben dem Ein-richten und Betreiben von Bereitstellungsräumenübernahm das THW vielerorts die logistische Aufga-

Zwölf Stadien, 32 Mannschaften, 25 Spieltage undam Ende ist Italien Weltmeister. Für die beteiligtenEinsatz- und Rettungskräfte der verschiedenen Orga-nisationen waren die vier Wochen bei der Fußball-Weltmeisterschaft eine nationale Großübung. EineÜbung, bei der die Zusammenarbeit und die Ko-operation mit anderen Hilfsorganisationen im Vor-dergrund stand. „Es ist eine einmalige Situation“,

ZusammenspielGemeinsam in der ersten Reihe

Von Britta Vogt, THW

beschrieb THW-Präsident Albrecht Broemme MitteJuni gegenüber den THW-Einsatzkräften in Ham-burg die Rahmenbedingungen für die Katastrophen-schutzorganisationen. „Wir sind alle gemeinsam imEinsatz und doch nicht im Einsatz. Das gibt uns dieChance, uns untereinander auszutauschen und überGemeinsamkeiten nachzudenken.“

Insgesamt 17.473 eingesetzte Kräfte des THWbefanden sich in den jeweiligen Bereitstellungsräu-

In Dortmund, Kaiserslautern und Köln übernahm das THW auch die Verpflegung für die Kräfte von

Feuerwehr, Polizei und Sanitätsorganisationen.

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len oder Funkverbindungen über weite Strecken mit-tels Richtfunk- und W-LAN-Technik. In Stuttgartunterstrich der Leiter der Fachgruppe die Bedeutungdes Einsatzes für die Kommunikation der Organisa-tionen untereinander: „Mit dem üblichen Funkver-kehr hätte sich die Kommunikation aller Einsatz-kräfte untereinander nur auf den unmittelbaren Sta-

be, die Helfer mit Essen und Getränken zu versor-gen. Mit der THW-Fachgruppe Logistik Verpflegung(Log V) verfügt das THW über ein Instrument, dasbei längeren Einsätzen Essen für bis zu 200 Personenzubereiten kann. Für die Bereitstellungsräume in Dort-mund, Kaiserslautern und Köln übernahmen die Feld-köche des THW allerdings nicht nur die Verpflegungder eigenen Helfer, sondern auch für die Kräfte vonFeuerwehr, Polizei und Sanitätsorganisationen.

Allein für Dortmund wurden an den sechsSpieltagen jeweils bis zu 2.500 Mahlzeiten zubereitetund verteilt. Um die große Anzahl an Essen herstel-len zu können, haben sich die Fachgruppen Log Vaus sechs Ortsverbänden zusammengeschlossen. Da-bei handelt es sich um fünf normale Fachgruppenund eine „XXL“-Gruppe, die mehr 1.000 Helfer ver-pflegen kann. „Es ist beeindruckend zu sehen, wiedie ehrenamtlichen Helfer an den Spielstätten die lo-gistischen Aufgaben lösen und welche Einsatzbereit-schaft sie zeigen“, sagte Präsident Albrecht Broemmebei seinen Besuchen der Einsatzkräfte. Zusätzlichversorgten die Feldköche in Köln insgesamt 6.000Personen, in Kaiserslautern richteten sie 20.000Lunchpakete her und gaben 10.000 warme Mahlzei-ten aus. Dabei verarbeiteten die ehrenamtlichen Hel-fer der Log V für Köln rund

•1.200 Kilogramm Fleisch, •800 Kilogramm Beilagen, •800 Kilogramm Gemüse, •6.000 Frikadellen, •6.000 Brötchen, •1.360 Kilogramm Äpfel, •400 Kilogramm Fladenbrot, •6.000 Schokoriegel, •120 Kilogramm Zucker, •120 Kilogramm Kaffee, •4.000 Liter Fruchtsäfte und •150 Liter Kaffeesahne.

Zur Unterstützung der Kommunikation derBundespolizei errichtete das THW in Hamburg, Stutt-gart und Frankfurt mobile Relaisstellen. Dabei kamdie neue Komponente „Weitverkehrstrupp“ der Fach-gruppe Führung und Kommunikation ins Spiel. BeiEinsätzen mit erhöhtem Kommunikationsaufwand,wie bei der WM, errichten die ehrenamtlichen Sprech-funkexperten des THW mit Hilfe einer 40 Meterhohen mobilen Teleskop-Mastanlage Relaisfunkstel-

dionbereich erstreckt. Durch die Errichtung unsererRelaisstation konnten wir die Kommunikation biszu den außerhalb der Stadtgrenze stationierten Lot-senstellen sicherstellen“. In Halle an der Saale über-nahmen die THW-Einsatzkräfte des Weitverkehrs-trupps die mobile Datenübertragung von der Luft-beobachtung an das Bundespolizeiamt. Mit ver-schiedenen Testläufen, wie auf der Brand- und Kata-strophenschutzmesse „Interschutz“ im Juni vergan-genen Jahres, bereiteten sich die Helfer auf ihrenEinsatz während der WM vor.

Voneinander lernen können

Zum Achtelfinalspiel England gegen Ecuadorreisten rund 4.000 britische Fans zusätzlich nachStuttgart. Gemäß dem Motto „Die Welt zu Gast beiFreunden“ errichteten die THW-Einsatzkräfte für dieÜberraschungsgäste in kurzer Zeit ein Übernach-

Zu den Aufgaben gehörte auch das Ausleuchten vonBehandlungs-plätze und Einsatzstellen an den WM-Stadien.

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tig zur Stelle. Ausgerüstet mit Notfallkoffern und Tra-gen unterstützten sie die Sanitätsorganisationen unddie Berufsfeuerwehr Nürnberg beim Transport derFans zu den Behandlungsplätzen. An anderer Stellesicherten sie gemeinsam mit der Feuerwehr denHubschrauberlandeplatz für Franz Beckenbauer ab.

Aufgrund der baulichen Maßnahmen im Leip-ziger Zentralstadion, das neue Bauwerk wurde in dasalte „Stadion der Hunderttausend“ integriert, muss-ten Rettungsplattformen für den Zugang auf die Tri-büne gefertigt werden. Mit Gerüstteilen aus demmodularen THW-Einsatzgerüstsystem stellten dieEinsatzkräfte diese mobilen Rettungsplattformenbereit und betreuten sie an den fünf Spieltagen inLeipzig. Im Einsatzfall sollen die Plattformen denSanitätskräften einen schnelleren Zugang zu denRängen ermöglichen.

Letztendlich verbuchte die deutsche National-mannschaft im „kleinen Finale“ gegen Portugaleinen Sieg und die Einsatz- und Rettungskräfte ver-brachten gemeinsam mit den Gästen aus aller Weltaufregende Tage bei der WM. Kontakte wurden ge-knüpft oder erneuert, Kenntnisse vertieft und Besu-cher über das Leistungsspektrum des THW informiert.Für die gute Zusammenarbeit und Verzahnung mitden anderen Hilfsorganisation sprach THW-PräsidentAlbrecht Broemme auf seiner Tour durch die WM-Städte den THW-Kräften sein Lob aus: „Eine Lehrenehmen wir aus diesem ‚Großeinsatz’ mit: Die deut-sche Sicherheitsarchitektur ist gut. Die WM war dieideale Chance, das Zusammenspiel der verschiede-nen Organisationen weiter zu verbessern, wertvolleErfahrungen auszutauschen und über Schnittstellennachzudenken sowie Allianzen für einen zukunftsfä-higen Bevölkerungsschutz zu schmieden. In denBereitstellungsräumen, an den Behandlungsplätzen,gleich wo das THW eingebunden ist, jeder hatte sei-nen Aufgabenbereich. Die unterschiedlichen Kom-ponenten ergänzten sich und bildeten das Ganze —das Sicherheitssystem, auf das die Bürgerinnen undBürger vertrauen. Durch die enge Kooperation derOrganisationen während der WM wurden Ressour-cen gebündelt und der Katastrophenschutz weiteroptimiert.“

tungsgelände. Mit Radladern räumten sie die Flächehinter dem WM-Jugend-Camp für die englischenBesucher frei, sorgten für die erforderliche Notbe-leuchtung und bauten mit dem Einsatzgerüstsystemeine Kabelbrücke für die Infrastruktur des improvi-sierten Campinggeländes.

Mit einem neuen digitalen Funksystem fürBehördenanwendungen (TETRA) befassten sich dieEinsatzkräfte von THW, Feuerwehr, Polizei undSanitätsorganisationen in Leipzig. TETRA soll einestörungsfreie Kommunikation unter allen Netzteil-nehmern sowie eine abhörsichere Sprach- und Daten-übertragung gewährleisten. Im Unterschied zumAnalogfunk erfolgt die Kommunikation über einBündelfunknetz, so dass Relaisfunkstellen eingespartwerden können. Während der WM nutzten dieSprechfunkexperten von THW und anderen Organi-sationen TETRA und unterzogen es einem Praxistest.

Verzahnung der Kompetenzen

Als aufgrund der Witterungsbedingungenzahlreiche Personen in Nürnberg während der Über-tragung des WM-Achtelfinalspieles Deutschland –Schweden mit Kreislaufproblemen behandelt werdenmussten, waren die Trägertrupps des THW rechtzei-

Einsatz- und Rettungskräfte verbrachten gemeinsam mit den Gästenaus aller Welt im sportlichen Sinne aufregende Tage bei der WM.

(Fotos: THW)

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Mit einer beeindruckenden Bilanz schließt das Deut-sche Rote Kreuz sein bisher größtes Einsatzkapitelin den vergangenen 50 Jahren ab: Die Fußball-Welt-meisterschaft Deutschland 2006 wurde nach vierjäh-riger Vorbereitung zu einer Erfolgsstory. Dank einesprofessionellen gesamtverbandlichen Managementsentfaltete dieser Einsatz nicht nur bundesweit, son-dern auch international eine hohe Aufmerksamkeitfür das Rote Kreuz.

Gesamtbilanz

Über vier Wochen sicherten täglich 3.000 bis5.000 Helferinnen und Helfer des DRK die sanitäts-

Bilanz nach dem AbpfiffGrößter DRK-Einsatz ist eine Erfolgsgeschichte

Von Dirk Reichert, DRK-Generalsekretariat

wehr ab. Insgesamt wurden allein durch das DRKüber 96.700 Helfereinsätze durchgeführt, die einGesamtvolumen von nahezu 900.000 Einsatzstun-den erbrachten.

Zur Koordinierung und Steuerung des Einsat-zes wurde das Führungs- und Lagezentrum des DRK-Generalsekretariates über acht Wochen aktiviert undin einen 24-Stunden-Betrieb versetzt. Verbindungsper-sonen im FIFA Hauptquartier und im GemeinsamenMelde- und Lagezentrum des Bundes und der Länder(GMLZ) sorgten für den nötigen Informationsaus-tausch. Darüber hinaus waren in allen DRK-Landes-und unzähligen -Kreisverbänden Einsatzstäbe undLeitungsgruppen für die operative Führung und Lei-tung vor Ort verantwortlich. Sie sorgten letztlichdurch ein intensives Zusammenwirken mit den zustän-digen behördlichen Krisenstäben und Einsatzleitun-gen den positiven Einsatzerfolg.

Einsatz für Fans und Spieler

Haupteinsatzschwerpunkte waren dabei natür-lich die WM-Stadien in den zwölf Spielorten. Hier-zu hat das Rote Kreuz mit dem Organisationskomi-tee FIFA WM 2006 des Deutschen Fußball-Bundesam 25.01.2006 einen Exklusivvertrag über die notfall-mäßige medizinische Versorgung und Betreuung füralle 64 Spiele geschlossen. In den Stadien Berlin,Hamburg und Hannover arbeitete es dabei partner-schaftlich mit dem Arbeiter-Samariter-Bund zusam-men. Über 6.380 Helferinnen und Helfer, darunter550 vom ASB, wurden einem umfassenden Akkredi-tierungsverfahren unterzogen und standen somit fürdie Einsätze in den Stadien zur Verfügung.

Die Herausforderung in den Stadien bestandin erster Linie darin, die nach langen Verhandlungenvereinbarten hohen Qualitätsstandards umzusetzen.

Übersicht über die für den Stadioneinsatz akkreditierten Kräfte (ASB und DRK gesamt).

Qualifikation Anzahl

Notärzte 472

Rettungsassistenten 1.085

examiniertes Pflegepersonal 250

Rettungssanitäter 996

Rettungshelfer 457

Sanitätshelfer 2.668

Einsatzleitungen 181

Führung und Kommunikation 272

ggeessaammtt 66..338811

und betreuungsdienstlichen Aufgabenstellungen inden WM-Stadien, auf den Fanfesten, an den Groß-bildleinwänden und in der öffentlichen Gefahrenab-

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die Anzahl der Hilfeleistungen je Spiel etwa doppeltso hoch wie bei Bundesliga-Spielen.

Die Zusammenarbeit mit dem Veranstalter(FIFA) und dem Ausrichter (DFB) orientierte sich anden durch das FIFA-Pflichtenheft vorgegebenen Leis-tungsparametern, die auch ihren Niederschlag in denabgegebenen Regierungsgarantien und im Muster-konzept „Katastrophenschutz“ des Nationalen Sicher-heitskonzeptes gefunden haben. Dabei wurde vorallem auf die Erfahrungen des FIFA Konföderationen-Pokals im Juni 2005 in fünf der zwölf WM-Stadienaufgebaut. Schon dort hat sich die Zusammenarbeitmit der eigenen medizinischen Verantwortungsstruk-tur des Veranstalters und Ausrichters bewährt. Sokonnten die partnerschaftlichen Beziehungen derDRK-Einsatzleitungen zu den „Medical Officers“ derFIFA und des Organisationskomitees genutzt werden,um gemeinsam ein hohes Versorgungsniveau und ef-fiziente Abläufe in den Stadien sicherzustellen. DieSchnittstellen zwischen den jeweiligen medizinischenVerantwortungsbereichen funktionierten durch ihreenge Verzahnung und gemeinsame Koordinierungsehr gut.

Schon im Vorfeld der WM hat das DRK dieVersorgung verschiedener Begleitveranstaltungendurchgeführt. U.a. waren die Fitnesstests der FIFA-Schiedsrichter an mehreren Wochenenden in NeuIsenburg (Hessen) und das Talente 2006 — Schüler-festival mit Fußball- und Kreativwettbewerben undZeltlagern vom 08.-12. Mai 2006 in Berlin zubetreuen.

Vor eine größere Herausforderung für die zen-trale Führung und Koordinierung des Einsatzgesche-hens wurde das Deutsche Rote Kreuz gestellt, als dieteilnehmenden Nationalteams in Deutschland ange-kommen waren und sich durch öffentliche Trainings-veranstaltungen in den Quartierstädten präsentier-ten. Die hier kaum einschätzbaren Zuschauerzahlenwaren natürlich ebenfalls sanitätsdienstlich zu be-treuen, wofür vertragsgemäß Vorsorge getroffen war.Demnach gewährleistete das DRK innerhalb von 24Stunden eine entsprechende Leistungserweiterungund setzte bundesweit bei 40 „Public Trainings“ 890Helferinnen und Helfer mit 3.432 Stunden sowieüber 180 Krankenfahrzeuge ein. Die Hilfeleistungs-zahlen halten sich auch hier in Grenzen: lediglich127 Hilfeleistungen insgesamt, davon 39 mit ärztli-cher Versorgung und 40 Abtransporte spiegeln rund-um eine tolle Stimmung bei den Trainings wieder.

Neben einer hochkonzentrierten und der die Stan-dards bei Bundesliga- und Länderspielen weit über-treffenden personellen Besetzung der Sanitätsdienstemussten auch materielle Ausstattungen den Anforde-

rungen an die moderne Notfallmedizin in Deutsch-land entsprechen. Dabei wurde das DRK zum Bei-spiel bei der Vorhaltung von Automatischen Exter-nen Defibrillatoren (AED) von einem der Offiziel-len Sponsoren der FIFA WM 2006 mit über 150 Leih-geräten unterstützt.

Trotz überwiegend hoher Temperaturen in denStadien blieben massenhafte Notfälle aus. Währendder 64 Spiele wurden insgesamt rund 5.000 Hilfeleis-tungen erbracht; das entspricht bei der offiziellenZuschauerzahl von rund 3.350.400 einer Quote vonnicht einmal 0,15 Prozent. Bei etwa 40 Prozent derHilfeleistungen war ein Notarzt erforderlich; ungefährfünf Prozent der Patienten mussten ins Krankenhausgebracht werden. Herz-Kreislaufbeschwerden und Be-findlichkeitsstörungen kamen am häufigsten vor.Nach Einschätzung der DRK-Einsatzleitungen lag

Franz Beckenbauer und DRK-Helfer Hardy Häusler mit dem DRK-T-Shirt "Abseits ist, wenn keiner hilft".

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Fanfeste und Public Viewing

Ein weitaus höherer Anteil von 36.300 Helfer-einsätzen mit 304.500 Stunden wurde auf den Fan-festen und Public-Viewing-Veranstaltungen geleistet.Schwerpunkt war hier die Berliner Fanmeile mitknapp 6.000 Hilfeleistungen; aber auch die Fanfestebeispielsweise in Dortmund, Frankfurt, Hannover,München oder Stuttgart haben verhältnismäßig hoheAnforderungen an die Einsatzkräfte gestellt.

Um diese auch zu Spitzenzeiten, besonders beiden Spielen des deutschen Nationalteams erfüllenzu können, war ein umfangreiches Ressourcenmana-gement unbedingte Voraussetzung. Bei Entwicklungbesonderer Lagen konnten in Reserve befindliche Ein-satzkräfte und Fahrzeuge innerhalb kürzester Zeitnachalarmiert werden.

Rettungsdienst und öffentliche Gefahrenabwehr

Der größte Anteil der DRK-Ressourcen warwährend der Dauer der FIFA WM 2006 in die Pla-nungen und Einsätze der öffentlichen Gefahrenabwehrund des Rettungsdienstes involviert. Ob in den Be-handlungs- und Betreuungsplätzen, in den Einsatz-einheiten und Katastrophenschutz-Zügen oder auchin Bereitschaftsdiensten: rund 50.800 Helfereinsätzewaren zur Sicherstellung der gemäß Musterkonzept„Katastrophenschutz“ des Nationalen Sicherheitskon-zeptes gestellten Aufgaben erforderlich.

Aus Sicht des Deutschen Roten Kreuzes habensich die Konzepte zur überörtlichen Hilfeleistungbei Massenanfällen von Geschädigten und die plane-rische sowie praktische Aufstellung von Behand-lungsplätzen mit rettungsdienstlichem Versorgungsni-veau unter Einbindung der Einsatzeinheiten bewährt.

Internationales Interesse

Im Verlauf des WM-Einsatzes 2006 wurdendurch das Deutsche Rote Kreuz Besuchsdelegationender Rotkreuz-Gesellschaften aus Südafrika, Öster-reich und Togo begrüßt.

Die Delegationen verschafften sich in den Sta-dien, auf den Fanfesten und in den Führungsstruktu-ren einen Überblick über die Prozesse im DRK undüber das Zusammenwirken mit dem Veranstalter, dem

Ausrichter und den behördlichen Stäben und Ein-satzleitungen. In Vorschau auf die UEFA EM 2008 inÖsterreich und in der Schweiz sowie auf die FIFAWM 2010 in Südafrika war das Interesse der Schwes-tergesellschaften an den personellen und materiellenKonzepten und Ausstattungen natürlich entsprechendhoch. Daher wurden Vereinbarungen zur beratendenZusammenarbeit im Vorfeld der kommenden Fuß-ball-Ereignisse getroffen.

Auch das Medieninteresse am Einsatzgesche-hen des Roten Kreuzes war überzeugend hoch. Dieim DRK-Generalsekretariat eigens eingerichtete Medi-

enservicestelle hatte alle Hände voll zu tun, unzähli-ge journalistische Anfragen zu bedienen und dieeigene Öffentlichkeitsarbeit aller DRK-Gliederungenzu koordinieren und zu steuern. Hilfreich war dieIntegration in das Führungs- und Lagezentrum, umdie Dynamik des Einsatzes transparent und öffent-lichkeitswirksam zu präsentieren. Gleiches gilt für dieZusammenarbeit mit der Pressestelle des Organisati-

Notärztin im Gelsenkirchener Stadion mit geöffnetem Notarztkoffer.

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onskomitees, mit der vertragsrelevante Aktivitätenzur Medienarbeit unkompliziert und zeitnah abge-stimmt wurden.

Schlussfolgerungen

Ein erstes Fazit des Einsatzes zur FIFA WM2006 lässt sich aus Sicht des DRK in folgendenAspekten zusammenfassen:

Die FIFA WM 2006 ist ein insgesamt sehr po-sitives Beispiel auf dem Weg zu einem kohärentenManagement von Großveranstaltungen zwischen Bund,Ländern, Kommunen und Hilfsorganisationen, was

dingbare Voraussetzung für ein erfolgreiches Manage-ment von Großereignissen ist.

Eine hohe Bedeutung kommt der einheitlichenAnwendung verbindlicher Versorgungsstandards zu,deren Quantität und Qualität weiter zu optimierenist. Die FIFA WM 2006 hat zumindest in den zwölfbeteiligten Fußballstadien Akzente gesetzt, die zwarauf ein „normales“ Versorgungsmaß bei Bundesliga-und Länderspielen zurückzuführen, aber dennoch auchzukünftig einem permanenten Monitoring durch dieverantwortlichen Dienste zu unterziehen sind.

Die FIFA WM 2006 hat dazu beigetragen, imDRK selbst die einsatzleitenden Strukturen aller Ebe-nen kompatibler zueinander zu gestalten, eine um-fassende Ermittlung von Ressourcen und Leistungenvorzunehmen und so ein transparentes Abbild desEinsatzgeschehens öffentlichkeitswirksam und tagge-nau zu zeichnen.

Maßgeblich für eine tiefergehende Einsatzaus-wertung werden die Ergebnisse der Echtzeit-Evaluie-rung sowie die bereits avisierten Kongresse, Tagun-gen, Gespräche und Beratungen bundesweit, in denLändern und vor Ort sein. Das DRK wird sich andieser Auswertung intensiv beteiligen und auch nachder WM 2006 seine Einsatzerfahrungen für eine wei-tere Verbesserung der Zusammenarbeit mit allenBeteiligten auf allen Ebenen transparent machen.

Zu guter Letzt – aber nicht das LETZTE

Abschließend kann nur betont werden, dassder Gesamteinsatz des Deutschen Roten Kreuzesohne das freiwillige Engagement tausender ehrenamt-licher Helferinnen und Helfer keinesfalls möglichgewesen wäre. Viele von ihnen haben ihren Urlaubund ihre Freizeit geopfert. Das DRK konnte auf eingroßes Verständnis auch von Arbeitgebern und Unter-nehmen setzen. Hochmotiviert zeigten sich selbst-verständlich auch die hauptamtlichen Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter in den Rettungsdiensten, imBlutspendedienst, in den Krankenhäusern und Ge-schäftsstellen des DRK.

Dazu Dr. Rudolf Seiters, Präsident des Deut-schen Roten Kreuzes: „Wir haben eine unverkrampf-te, fröhliche Fußball-WM erleben dürfen und wirhaben gemeinsam eine große Herausforderung ge-meistert. Ich sage allen Beteiligten dafür ganz per-sönlich Dank und Anerkennung!“

Die DRK-Einsatzzentrale im Gelsenkirchner Stadion. (Fotos: DRK)

sich bereits in der Vorbereitungsphase im Nationa-len Sicherheitskonzept widerspiegelte.

Gute Erfahrungen wurden im Zusammenwir-ken und in der weitgehend störungsfreien Kommuni-kation aller Akteure, besonders der aktiven Einsatz-kräfte von Polizeien, Feuerwehren, THW und Hilfs-organisationen vor Ort gemacht, was einmal mehrdeutlich werden lässt, dass die effiziente Ausgestal-tung von Schnittstellen und Synergien eine unab-

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Die zivilen Katastrophenschützer und die Bundes-wehrsoldaten nutzten den WM-Einsatz zum gegensei-tigen Erfahrungsaustausch. Hilfe vor Ort wurde je-doch kaum gebraucht. Die Truppe war hauptsächlicheine Reserve für den möglichen Katastrophenfall.

Bundeswehrsoldaten in Tarnfleck und mit um-geschnalltem Sturmgewehr als Wachposten vor deneinzelnen WM-Stadien — so oder so ähnlich hattenmanche der Szenarien ausgesehen, die Kritiker vorder Fußballweltmeisterschaft im Zusammenhang miteiner Beteiligung der Truppe an den Sicherheitsmaß-nahmen für das Großereignis beschworen hatten.Doch es kam anders: Während der vergangenen Wo-chen unterstützten rund um die einzelnen WM-Spielorte über 2.000 Soldaten tatkräftig die zivilenHelfer des Katastrophenschutzes. Und diese zivil-militärische Zusammenarbeit im großen Stile scheintbestens funktioniert zu haben.

Die Fußballfans aus aller Welt und die Bevöl-kerung bekamen die zahlreichen Helfer in Tarnfleckjedoch fast nie zu Gesicht, denn der überwiegendeTeil der insgesamt 7.000 Soldaten wurde ausschließ-lich für den, glücklicherweise nicht eingetretenen,Katastrophenfall in Bereitschaft gehalten. Auch dievor Ort eingesetzten Militärs versahen ihre Arbeithauptsächlich hinter den Kulissen, etwa als Beraterund Verbindungspersonal in den Stäben. Die Füh-rung hatten immer die zivilen Einsatzleiter, denn dasGrundgesetz erlaubt der Truppe im Inneren nurAmtshilfe und technische Unterstützung für zivileStellen. Im Vorfeld der WM wurden insgesamt über100 Anträge auf eben diese technische Unterstützungseitens der Bundeswehr gestellt. Dafür musste Perso-nal aus den Bereichen ABC-Abwehr, Sanitätsdienst,Pioniere, Feldjäger, Kampfmittelbeseitigung und Hee-

„Sich zu kennen ist diehalbe Miete.“Zivil-Militärische Zusammenarbeit bewährt sich

Von Albrecht Müller, Bonn

resflieger eingeplant werden. Hinzu kam Personal fürdie allgemeine Unterstützung, zum Beispiel Trüm-merbeseitigung oder Verletztenbergung. Insgesamtkam man schließlich auf 2.000 eingesetzte Soldatenund 5.000 weitere, die noch für den Notfall in Be-reitschaft gehalten wurden. „Dadurch wurde die Leis-tungsfähigkeit der Bundeswehr überzeugend unterBeweis gestellt“, freute sich Bundesverteidigungsmi-nister Franz-Josef Jung.

Die Bundeswehr selbst koordinierte ihre Ein-satzkräfte vom Lagezentrum des Streitkräfteunter-stützungskommando (SKUKdo) in Köln-Wahn aus.Zwischen dem 6. Juni und 11. Juli waren dort insge-samt 36 Soldaten in drei Zwölf-Stunden-Schichtenrund um die Uhr im Einsatz. Die Führung hatte derBefehlshaber des obersten territorialen Kommandosder Bundeswehr und Befehlshaber der SKUKdo, Ge-neralleutnant Kersten Kahl. Unter der Führung desTeams um Oberst i.G. Bernhard Frank hatten dieStreitkräfte vor acht Monaten mit der Vorbereitungauf das Sportereignis der Superlative begonnen. DerAbteilungsleiter G3 beim SKUKdo trug im Auftragdes Generalleutnants die Gesamtverantwortung.

Jedoch hatte die Truppe auch in das „Natio-nal Information and Coordination Centre“ des Bun-desinnenministeriums, das für die gesamte Sicher-heit während der Fußball-WM verantwortlich war,ihr Verbindungspersonal entsandt. Dies galt ebensofür die Führungsstelle der Bundespolizei in St. Augus-tin. Das Technische Hilfswerk hatte wiederum sei-nerseits Kontaktleute bei den Streitkräften eingesetzt.Mit diesem Netzwerk sollte ein koordinierter Ein-satz sichergestellt werden. In den WM-Spielorten ge-hörten Offiziere der Bundeswehr als Berater zu denörtlichen Führungsstäben.

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Die ABC-Schützer beider Seiten nutzten die WM zum Erfahrungsaustausch

Bei der heutigen weltweiten Bedrohungslagemusste man während der WM mit allem rechnen: so-gar damit, dass Terroristen einen Anschlag mit che-mischen, biologischen oder gar einer so genannten„schmutzigen Bombe“, also mit radioaktivem Mate-rial, verüben würden. Gerade das Aufspüren solcherGefahren und deren Bekämpfung ist eine der Spezi-alfähigkeiten der Bundeswehr. Deshalb war die Un-terstützung in der ABC-Abwehr einer der Schwerpunk-te der militärischen Amtshilfe. So standen in Nürn-berg während der Spieltage beispielsweise nebenABC-Kräften des Katastrophenschutzes auch Solda-ten der ABC-Abwehrtruppe in Bereitschaft.

In zwei Feuerwachen war jeweils ein ABC-Spürpanzer vom Typ „Fuchs“ stationiert, der als dasbeste Gerät zum Aufspüren atomarer, biologischerund chemischer Bedrohungen weltweit gilt. Hinzukam ein spezielles mobiles Labor der ABC-Abwehr-Schule in Sonthofen mit dem atomare und chemi-sche Kampfstoffe gemessen werden können. Diezivilen und militärischen ABC-Spezialisten nutztendie Weltmeisterschaft vor allem zu einem regenErfahrungsaustausch. „Sie konnten einiges voneinan-der lernen“, lobte Brandoberrat Hans-Peter Reiß-mann, Pressesprecher des Einsatzstabes in Nürnberg.Da es sich bei den Katastrophenschützern teilweiseum freiwillige Helfer handele, hätten diese logischer-weise mangelnde Praxis beim Umgang mit Kampf-stoffen, so der Brandoberrat weiter und: „In derKampfstoffproblematik kennen sich die Expertender Bundeswehr besser aus.“

In der fränkischen Metropole kam die zivil-militärische Task Force zur ABC-Abwehr sogar ein-mal zum Einsatz. Nachdem am HauptbahnhofRauchentwicklung gemeldet worden war, rückte eingemischtes ABC-Erkundungs-Team aus. Vor Ort ent-puppte sich der Alarm jedoch als ein bengalischesFeuer, das begeisterte Fans entzündet hatten. Dasgemeinsame ABC-Abwehrteam auf dem NürnbergerMessegelände nahe dem Stadion hatte glücklicher-weise jedoch nichts zu tun. Dort hielten sie für den

Bezirksregierung hofft auf noch engere Anbindung in der Zusammenarbeit

Die Bezirksregierung in Münster richtete fürdie Spiele in der „Schalke-Arena“ in Gelsenkirchenbeispielsweise wieder ihren bewährten Krisenstab ein,der seine Leistungsfähigkeit bereits Ende vergange-nen Jahres während der Schneekatastrophe im west-lichen Münsterland unter Beweis gestellt hatte. Ne-ben den Experten der Behörde, des Technischen Hilfs-werkes, der Feuerwehr und der Sanitätsdienste saßdort für die Bundeswehr der Oberstleutnant der Reser-ve Dr. Hans-Walter Borries. Auch wenn die Soldaten

während der WM nicht zum Einsatz kamen ist manbei der Bezirksregierung im Rückblick sehr zufrie-den mit der reibungslosen Zusammenarbeit: „Es han-delte sich um die Koordination der Einsatzbereit-schaft der Bundeswehrkräfte für den Einsatzfall. Aberauch die Bereitstellung von Fachinformationen unse-rer Ereignisbezogenen Mitglieder im Stab1 ist einwichtiger Bestandteil der Krisenstabsarbeit schon inder Planungsphase“, so Dirk Kleinböhmer von derBezirksregierung. Für die Zukunft wünscht mansich in Westfalen in diesem Zusammenhang folgen-des: „Wir hoffen auf eine noch engere Anbindungin der Zusammenarbeit — insbesondere räumlichund organisatorisch — da sich die Bundeswehr der-zeit in einem Umstrukturierungsprozess befindet.“

Die Truppe unterstützte die zivilen Einsatzkräfte mit technischem Gerät und Manpower.

1 Die Ereignisbezogenen Mitglieder gehören nicht ständig dem Kri-senstab an, sondern werden im konkreten Bedarfsfall hinzugezogen.

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Fall der Fälle Personen- und Verwundetendekontami-nationseinrichtungen bereit. Stattdessen tauschte mansich auch dort über die jeweilige materielle Ausstat-tung und die dazugehörigen Einsatzverfahren aus.

Wie in Nürnberg unterstützte die ABC-Abwehr-truppe die zivilen Kräfte an allen WM-Standorten.Darüber hinaus hielt die Bundeswehr regional nochweitere Aufklärungs- und Dekontaminationskapazitä-ten in Bereitschaft.

Auch die Sanitätseinheiten der Bundeswehrmussten keine Amtshilfe leisten

Ein weiterer Schwerpunkt bei den zivil-militä-rischen Unterstützungsmaßnahmen während derFußball-Weltmeisterschaft lag im Bereich des Sanitäts-dienstes. In Kaiserslautern, dem kleinsten WM-Spiel-ort, errichtete die Bundeswehr sogar ein Rettungs-zentrum mit notfallchirurgischem Schwerpunkt. Diesespezielle Hilfeleistung war angefordert worden, weiles in der 100.000 Einwohner-Stadt nur ein Kranken-haus gibt. In Containern und Zelten standen dort16 Ärzte und mehr als 100 Pfleger und Assistenten be-reit, um sich um mögliche Verletzte zu kümmern.Es gab zwei Operationssäle, vier Intensiv- und 30normale Pflegebetten. Wie die ABC-Abwehrkräftemussten die zivilen Notfallkoordinatoren die Sanitä-ter in Tarnfleck während der Spiele jedoch kein ein-ziges Mal anfordern. „Auch wenn wir nichts zu tunhatten, waren wir für den Ernstfall immer vorberei-tet“, sagte dazu der medizinische Direktor der Ret-tungszentrums, Oberfeldarzt Dr. Wolfgang Peterson.

Auch am Spielort in Rheinland-Pfalz zeigte sichdass die zivil-militärische Zusammenarbeit reibungs-los funktionierte. Im Kreisverbindungskommandoim Lauterer Rathaus arbeiteten während der Fuß-ball-WM sieben Reservisten als Verbindungsperso-nal zwischen der Leitzentrale der Feuerwehr undden militärischen Dienststellen.

Trotz einiger weniger terminlicher Anfangs-schwierigkeiten bei der Bereitstellung des Rettungs-zentrums und der ABC-Kräfte kommentierte SandraZehnle von der Pressestelle der Stadt Kaiserslauterndie Zusammenarbeit insgesamt positiv: „Eine ständi-ge und sehr frühe Zusammenarbeit fand mit demKreisverbindungskommando (KVK), dem vorher zu-ständigen Verbindungskommando 461 und demdem KVK übergeordneten Wehrbereichskommando

II statt und ist als vorbildlich zu bezeichnen.“ Fürdie Zukunft wünscht man sich in der Pfalz lediglicheine frühere Zusage von Unterstützungsleistungender Bundeswehr, um die eigenen Planungen zu er-leichtern. Trotz dieser insgesamt guten Zusammen-arbeit fürchtet die Stadtverwaltung um zukünftigeEinsätze. Grund dafür ist, dass die neu eingeführtenKreisverbindungskommandos der Bundeswehr aus-schließlich mit Reservisten besetzt sind. Bei den Re-servisten handele es sich um „ehrenamtliche“ Solda-

Während der WM waren die Soldaten der Bundeswehr hauptsächlich hinter den Kulissen tätig.

ten, die sicherlich größere Probleme als ihre haupt-amtlichen Kameraden hätten, den ständigen Wandelder Bundeswehr im Auge zu behalten und so allzeitein adäquater Ansprechpartner zu sein, so Zehnle.

Neben dem Rettungszentrum in Kaiserslau-tern hielt die Truppe in ganz Deutschland Sanitäts-kräfte sowie mehrere Spezialhubschrauber und -flug-zeuge zum raschen Verletztentransport bereit. Sowar das Berliner Bundeswehrkrankenhaus etwa fürdie medizinische Betreuung der dortigen FIFA-Mit-arbeiter zuständig.

Unterkunft, Verpflegung und eine ausreichendePersonalreserve für den Notfall

Darüber hinaus stellte die Bundeswehr wäh-rend der WM außerdem unter anderem in 40 ihrer

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NOTFALLVORSORGE

Liegenschaften Unterkünfte für rund 3.500 Polizis-ten und andere Einsatzkräfte bereit und versorgte siemit etwa 150.000 Mahlzeiten. Zu den rund 5.000Soldaten starken Reservekräften, die für den Katastro-phenfall in Bereitschaft standen, kamen noch Trans-portflugzeuge, Hubschrauber und rund 200 Fahr-zeuge. Darunter Spezialgerät wie beispielsweise Pio-nierpanzer und Faltstraßengerät. Schließlich über-wachten die Soldaten der Luftwaffe, wie schon beim

erklärte Oberst i.G. Frank schon während der WMund: „Jenseits politischer Diskussionen sind wir inder praktischen Kooperation weitergekommen. Außer-dem hat sie die Diskussion darüber gefördert, wieman föderalistische Ebenen überschreitend besser zu-sammen arbeiten kann.“ Auch wenn die Soldatenkaum zum Einsatz kamen, bewertet man die Zusam-menarbeit vor Ort positiv. Man kennt sich jetzt undkann gemeinsam agieren. Der Pressesprecher des Ein-satzstabes in Nürnberg kommentierte das so: „Sichzu kennen ist die halbe Miete.“ und: „Jeder hat etwasgelernt. So hat etwa die Bundeswehr für künftigeEinsätze die zivilen Strukturen kennen gelernt.“

Einen Streitpunkt zwischen zivilen Stellen,insbesondere den betroffenen Landesregierungen,und den Militärs könnte es jedoch noch geben: dieÜbernahme der Kosten. Insgesamt sollen den be-troffenen Bundesländern für die Leistungen der Bun-deswehr während der Fußballweltmeisterschaft rund1,4 Millionen Euro in Rechnung gestellt werden. Indiesem Zusammenhang forderte der Bundeswehrver-band, dass solche Amtshilfe der Truppe künftigextra vergütet werden müsse. „Wir müssen dazu kom-men, dass solche zusätzlichen Einsätze auch zusätz-lich finanziert werden“, sagte der VerbandschefOberst Bernhard Gertz der Düsseldorfer Tageszei-tung „Rheinischen Post“.

Vor Ort hatten immer die Katastrophenschützer die oberste Führung aller zivilen und militärischen Kräfte.

(Fotos: Bundeswehr)

Weltjugendtag in Köln, zusammen mit ihren Kame-raden aus den anderen NATO-Staaten in den fliegen-den AWACS-Radar-Flugzeugen den Luftraum überder Bundesrepublik und ergänzten so die Radargerä-te der zivilen Luftraumüberwachung.

Durch die Weltmeisterschaft hat man sich besser kennen gelernt

Die Koordination der Sicherheitsvorbereitun-gen hatte neben der tatsächlichen Unterstützung derzivilen Kräfte noch ganz andere Vorteile mit sich ge-bracht: „Die WM kann man auch mit Fug und Rechtals Katalysator für die Optimierung der Zusammen-arbeit zwischen Bund und Ländern bezeichnen“,

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Im Rahmen der Vorbereitungen auf die Fußballwelt-meisterschaft 2006 wurde bei der BerufsfeuerwehrKöln die Projektgruppe Dekontamination Verletzter(PG Dekon-V) ins Leben gerufen.

Aufgabe dieser Projektgruppe war es, ein Ein-satzkonzept für die Dekontamination Verletzter fürdie WM 2006 sowie für den alltäglichen Einsatz-dienst zu entwickeln.

Ein von der Berufsfeuerwehr Frankfurt ent-worfenes „Set Ersatzkleidung“ für kontaminierte Be-troffene wurde von der Projektgruppe weiterentwi-ckelt. Aus dem Frankfurter Set sind in Köln ein Pati-entenablageset und ein Ankleideset entstanden.

Patientenablageset

Viele Gefahrstoffe setzen sich auch in der Klei-dung der Betroffenen fest und können diese so überlängere Zeit (z. B. durch Ausdampfen) schädigen. Umeine möglichst geringe Gifteinwirkung auf die Be-troffenen zu erreichen, ist ein frühzeitiges Ablegender kontaminierten Kleidung von elementarer Be-deutung. Das Kölner Konzept sieht diesen Schrittbereits in der Patientenablage vor. Hier werden andie Betroffenen die Patientenablagesets ausgegeben.

Ein eigenständiges Entfernen gehfähiger kon-taminierter Patienten von der Einsatzstelle ist ausGründen der Kontaminationsverschleppung z.B. inKrankenhäuser, unbedingt zu vermeiden. Dies istein weiterer Ansatzpunkt für die Ausgabe der Sets inder Patientenablage. Mit dieser Maßnahme sollendie Leichtverletzten beschäftigt und so an die Ein-satzstelle gebunden werden. Die Sets setzen sichaus folgenden Bestandteilen zusammen:

•Piktogramm•roter Müllsack 120 L

Dekontamination VerletzterSets mit Ersatzkleidung für kontaminierte Betroffene

Von Fritjof Brüne und Michael Peitz, BF Köln; Projektgruppe Dekontamination Verletzter

Inhalt des Patientenablagesets. (Foto: Brüne)

•gelbes Kennzeichnungsband mit Nummer undAbriss

•roter Kabelbinder

•roter Kimono •Badeschuhe•Mundschutz•Schwimmbrille

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NOTFALLVORSORGE

wird ebenfalls in den roten Müllsack gegeben. DasKennzeichnungsband legt der Betroffene am Arm an.Kennzeichnungsband und Abriss haben die gleicheNummer. Mit Hilfe dieser Nummer können die Be-troffenen nach dem Ereignis über die Polizei wiederan ihre persönlichen Gegenstände gelangen. DerSack wird mit dem roten Kabelbinder verschlossen.

Der rote Kimono dient den Betroffenen alsErsatzkleidung. Nach vfdb Richtlinie 10/04 – Dekon-tamination bei Einsätzen mit ABC-Gefahren, Ent-wurf vom 20.08.2005, kann der Dekonplatz in die Zo-nen rot — unreiner Bereich, gelb — Dekontaminati-on und grün — reiner Bereich gegliedert werden. InAnlehnung an diese Einteilung wird in Köln einroter Kimono für den unreinen Bereich verwendet.Die Ersatzkleidung für den reinen Bereich ist eingrüner Kimono.

Die Einsatzkräfte in der Dekon-V-Stelle kom-men ausschließlich unter umluftabhängigem Atem-schutz (Maske und Filter) zum Einsatz. Die Verwen-dung des Mundschutzes hat in erster Linie einepositive psychologische Wirkung („Ich kann michauch schützen“) auf die Betroffenen. U.a. soll derMundschutz, stoffabhängig, eine weitere Inkorporati-on des Giftstoffes vermindern.

Kimono und Mundschutz werden erst vordem Duschen in der Dekon-V-Stelle wieder abgelegt.

Je nach Art des Schadstoffes muss eineAugenspülung zeitnah erfolgen. In diesem Fall wirddie im Patientenablageset enthaltene Schwimmbrilleerst nach der Augenspülung aufgesetzt.

Die Schwimmbrille dient während der Dekon-tamination dem Schutz der Augen vor kontaminier-tem Duschwasser. Sie wird erst nach dem Duschenabgelegt.

Die Patientenanhängetasche ist nicht Bestand-teil des Patientenablagesets. Die Betroffenen werdennach Einsatzplan MANV der Berufsfeuerwehr Kölnan der Patientenablage durch die ersteintreffendenEinsatzkräfte (RTW, NEF, LF) mit einer Patienten-anhängetasche ausgestattet. Diese sind nicht dekon-taminierbar und werden deshalb in der Dekon-V-Stelle ebenfalls in den roten Müllsäcken abgelegt.

Ankleideset

Mit dem Ankleideset erhalten die Betroffenenalle notwendigen Utensilien, die sie nach der

Ankleideset im Übungseinsatz. (Foto: Pfitzner)

Der rote Müllsack dient der Aufnahme der kon-taminierten Kleidung und aller persönlichen Gegen-stände der Betroffenen. Der Abriss des selbstkleben-den und wasserbeständigen Kennzeichnungsbandes

Köln hat, wie viele andere deutsche Großstädteauch, eine Vielzahl an ausländischen Mitbürgernund Touristen, die die deutsche Sprache nur geringoder überhaupt nicht beherrschen. Gerade für diesePersonengruppe wurde ein Piktogramm für die Ver-wendung des Patientenablagesets entwickelt.

Da die Piktogramme bei jeder Witterung inden Einsatz kommen können und Druckertinte beiRegen verläuft, wurden sie mit einem Farblaserdru-cker auf 120 g/m2 Papier gedruckt.

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Kosten

Die Kosten für die Sets belaufen sich auf ca.20,00 € für ein Patientenablageset und ca. 25,00für ein Ankleideset. Eine Behindertenwerkstatt bautedie Einzelteile (Schwimmbrille und Badeschuhe) der1000 Kölner Sets zusammen und verpackte die Sets.

Beschaffung und Kontaktadressen

Da die Sets sind zum einmaligen Gebrauchausgelegt sind, konnte die Abteilung Technik derBerufsfeuerwehr Köln ein Großteil der Bestandteilein Supermärkten kostengünstig einkaufen. DiePatientenanhängetaschen sollten über den zuständi-gen Rettungsdienstträger beschafft werden.

Informationen und Kontaktadressen zu denKimonos, Kennzeichnungsbändern und dem Mund-schutz können über die Projektgruppe Dekon-V ein-geholt werden.

Zusammenfassung

Die Sets bieten den Betroffenen für alle Pha-sen der Dekontamination eine angepasste Schutzaus-rüstung. Gerade im schwarzen Bereich ist die Ersatz-kleidung von großer Bedeutung, da dort die konta-minierte Kleidung der Betroffenen so früh wie mög-lich abgelegt werden soll.

Die Erprobung der Sets bei der Kölner De-kon-V-Übung hat die sinnvolle Zusammenstellungbestätigt. Durch das kühle Wetter bei der Übunghat sich gezeigt, dass gerade während der kalten Jah-reszeit auf ausreichend Wärmeerhalt bei den Betrof-fenen zu achten ist. Hierzu können die Sets mitRettungsdecken („gold/silber Folie“) optional ausge-stattet werden. Diese können aber auch zentral vor-gehalten und nur bei Bedarf ausgegeben werden.

Dekontamination benötigen. Die Sets bestehen ausfolgenden Komponenten:

•Piktogramm•Handtuch•grüner Kimono•Badeschuhe•Socken•Patientenanhängetasche

Die Piktogramme beschreiben, wie die Pikto-gramme der Patientenablagesets, den Umgang mitden Ankleidesets. In der Dekon-V-Stelle werden keineHandtücher vorgehalten. Diese erhalten die Betroffe-nen mit dem Set. Als Ersatzkleidung dienen ein grü-ner Kimono, ein Paar Socken und Badeschuhe.

Die Patientenanhängetasche, in neuer, NRWeinheitlicher Form, ist ebenfalls Bestandteil desAnkleidesets.

Von der Einsatztaktik her gliedert sich dieDekon-V-Stelle räumlich zwischen die Patientenabla-ge und den Behandlungsplatz. Die Patientenanhän-getasche aus der Patientenablage muss, wie oben be-reits erwähnt, vor der Dekontamination abgelegtwerden. Um nicht von den bewährten Abläufen beimMassenanfall von Verletzten abzuweichen, erhaltendie Betroffenen mit dem Ankleideset eine neue Pati-entenanhängetasche. Somit ist sichergestellt, dassalle Betroffenen bei der Eingangsichtung des Behand-lungsplatzes bereits eine Tasche haben. Durch dieNummerierung der Taschen erfolgt auch die grund-sätzliche Registrierung der Betroffenen.

Die Feuerwehr Köln hat insgesamt 450 Patien-tenablagesets und 550 Ankleidesets beschafft. Die dreiDekoneinheiten der Freiwilligen Feuerwehr führen je-weils 100 Patientenablage- und Ankleidesets mit.

Der neubeschaffte AB-Dekon der Berufsfeuer-wehr, der mit als eines der ersten Einsatzmittel beieinem Dekon-V-Einsatz alarmiert wird, bringt jeweils50 Sets in den Einsatz.

Jedes kommunale Kölner Löschgruppenfahr-zeug (BF und FF) wurde mit einer Notdekonkisteausgerüstet. Diese Kiste ist für Sofortmaßnahmen beiEinsatzkräften und/oder Fremdpersonen vorgesehenund beinhaltet u.a. drei Ankleidesets.

Weitere Patientenablage- und Ankleidesetswurden bei der Dekon-V-Übung aller Dekoneinhei-ten der Freiwilligen Feuerwehr durch Verletztendar-steller am 27.05.2006 getestet.

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INTERNATIONAL

Im Januar 2006 starteten das Bundesamt für Bevölke-rungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) und Sie-mens Business Services (SBS) mit der Durchführungdes EU-Projektes „Europäische Virtuelle Akademiefür den Bevölkerungsschutz, EVA4CP“, das im Rah-men des EU-Aktionsprogramms für den Bevölke-rungsschutz mit einem Zuschuss von 75% der Ge-samtkosten von der EU-Kommission gefördert wird;Gesamtprojektleiter ist Adrian Reimering von der SBS.(s. auch Bevölkerungsschutz 1-2006, S. 51 f.).

Ziele des Projekts „Virtuelle Akademie“ sind:

•Harmonisierung des Europäischen Ausbildungs-systems im Bevölkerungsschutz,

•Schaffung eines Netzwerkes zum Erfahrungsaus-tausch zwischen den europäischen Ausbildungs-einrichtungen und der Kommission,

•Eröffnung von Foren zur Vorbereitung europawei-ter Übungen,

•Modernisierung der Ausbildung durch Einführungelektronischer Lernsysteme. Entwicklung eines e-learning Moduls für Einführungskurse im Rah-men des EU-Gemeinschaftsverfahrens,

•Optimierung der Lerneffizienz durch Umgestal-tung der Kurse zu blended Learning Kursen(Kombination von Präsenz- und IT-gestütztemFernlernen),

•Realisierung EU-weiter Curricula (z.B. für einenKurs Krisenkommunikation) mit modularem Auf-bau. Empfehlungen und Ausbildungsleitlinien fürdie Mitgliedstaaten und die EEA-Staaten,

•Einrichtung einer virtuellen Plattform zur Vorbe-reitung, Durchführung und Auswertung von Mis-sionen und Einsätzen im Rahmen des aktiviertenEU-Gemeinschaftsverfahrens,

•Zusätzliche Nutzung der virtuellen Plattform alsvirtueller Seminarraum für die gemeinsame undzeitgleiche Ausbildung von Kursteilnehmern anverschiedenen Standorten.

Ein Click in die ZukunftEU-Projekt „Europäische Virtuelle Akademie für den Bevölkerungsschutz (EVA4CP)“, erste Ergebnisse

Von Angela Clemens-Mitschke, BBK

Plattform EVA4CP.

Was bisher geschehen ist:

•Vom 20. – 21. Februar2006 fand das Kick-off-Meeting zuEVA4CP mit der CoreGroup und der EU-Kommission in Brüs-sel statt.

•Die Entwicklung derPlattform erfolgt ent-sprechend den Erfor-dernissen einer Virtu-ellen Akademie für

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Zielgruppen:Die Plattform richtet sich an Experten und

Verantwortliche aus dem Bereich des Bevölkerungs-schutzes auf EU-Ebene. Hierzu zählen u.a. auch dieTeilnehmer aus den EU-Kursen des Gemeinschafts-verfahrens und die EU-Trainingskoordinatoren. ZurVorbereitung einer Zusammenarbeit auf der Platt-form wurden hierzu folgende Nutzergruppen undThemenfelder eingerichtet:

•EU-Trainingskoordinatoren,•Zentrale Ausbildungseinrichtungen der Mitglieds-

staaten,•Training und Curricula,•Einsatzexperten, •Kommission und die Zentralen Einrichtungen des

Bevölkerungsschutzes in den Mitgliedstaaten,•Projektteam EVA4CP•Core group zum Projekt•1. Workshop zum Projekt•Planung und Durchführung von EU-Übungen•Zusammenarbeit in speziellen Kooperationsfeldern

des Bevölkerungsschutzes.

Diese Liste kann jederzeit angepasst werden.

Übersichtliche BedienerführungDie Menüpunkte sind klar und übersichtlich

strukturiert und bieten dem Nutzer jederzeit die zurVerfügung stehenden Möglichkeiten zur Auswahl.

Kurs- und TeilnehmerverwaltungNach erfolgter Registrierung durch das Kurs-

büro erhält der Kursteilnehmer Zugriff auf die Lern-medien und die Kommunikationsfeatures. Die Kurs-teilnehmer sind jeweils durch Ihre Anmeldung virtu-ellen Lerngruppen zugeordnet, welche unterschiedli-che Möglichkeiten zur Kooperation und Kommuni-kation, sowie unterschiedliche Kursangebote je Be-nutzergruppe erlauben. Dieses steuert der Trainer —in der Funktion als „Lernadministrator“. Der Trai-ner kann die „virtuellen Lerngruppen“ moderieren,mit aktuellen Informationen versehen, Feedbackeinholen, Lerngruppen nachhaltig betreuen.

LerngruppenIn verschiedenen „Lerngruppen“ können die

Kursteilnehmer sowohl themen- als auch organisati-

Bevölkerungsschutz auf EU-Ebene (fortwährenderProzess).

•Die Analyse und Auswahl der Bausteine für dieEntwicklung eines e-learning Moduls zur Ausbil-dung im Rahmen des EU-Gemeinschaftsverfahrenist erfolgt.

•Die Plattform EVA4CP ist seit 15. Mai 2006online geschaltet, erreichbar unter www.eva4cp.eu,www.eva4cp.org oder www.eva4cp.net.

•Vom 19. – 22. Mai 2006 fand der erste Workshopzu EVA4CP in Ahrweiler statt.

•Am 07. Juli 2006 erfolgt das erste virtuelle Treffenmit der Core Group auf der Plattform.

Die folgenden Ausführungen sollen einenEinblick in die Funktionsweise der PlattformEVA4CP zur virtuellen Akademie sowie in die Ent-wicklung eines e-learning Moduls geben.

Darüber hinaus wird über die Ergebnisse ausdem 1. Workshop, der vom 19. – 22. Mai 2006 statt-gefunden hat, sowie über die Erfahrungen aus dem1. virtuellen Treffen vom 07. Juli 2006 mit derBeratergruppe berichtet.

Was verbirgt sich nun konkret hinter EVA4CP?

EVA4CP (European Virtual Academy forCivil Protection) ist eine Web-basierende Online-Plattform (www.eva4cp.org) zum Thema „Bevölke-rungsschutz und Katastrophenhilfe auf europäischerEbene“ mit den Schwerpunkten:

Lernen• Lerninhalte (WBT, Web Based Trainings)• Vorträge und Präsentationen

Wissen

• Fachinformationen• Handbücher• Übungen• Planungsunterlagen

Arbeiten

• Forum• Chat• Messaging (Austausch von Nachrichten)• Dokumentenablage

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INTERNATIONAL

Ziel dieses Trainingssystems ist, die Koopera-tion in Bevölkerungsschutz auf EU-Ebene zu ver-stärken und zu erleichtern.

Grundlage bilden die von der EU-Kommissi-on gemeinsam mit den Mitgliedstaaten festgelegtenCurricula (Lehr- und Lernpläne), die von den zen-tralen Ausbildungseinrichtungen des Bevölkerungs-schutzes der Mitgliedstaaten umgesetzt werden.

Für die Auswahl der Inhalte des EU-Trai-ningssystems, die für die Umsetzung in einem e-Learning Modul geeignet sind, erfolgte die Beobach-

onsspezifisch zusammengestellt und mit Informationund Wissen versorgt werden. Die Lerngruppe kanndabei von einem Lernorganisator (Trainer) betreutwerden, aber auch frei für sich arbeiten, Informati-onen austauschen oder über Erfahrungen in der Um-setzung berichten.

Kommunikation und Zusammenarbeit

Die besondere Stärke des EVA4CP-Portals istder Kommunikationsbereich. Über Foren, interne E-Mail Funktion, Chat, Gruppen- und Eventkalenderkönnen die Anwender kommunizieren und Infor-mationen abrufen bzw. geben.

Der Gruppenkalender gibt Informationenüber die Anwesenheit von Teletutoren z.B. im Cha-troom und dient grundsätzlich zur Information zuSynchronlerneinheiten zwischen Lernenden undTrainern. Dieses ermög-licht eine „andere Artdes Lernens“ und unter-stützt die Arbeit imBevölkerungsschutzdurch immer aktuelleInhalte; denn Lernenendet nicht mit demVerlassen des Klassen-raums, sondern beginntdann erst.

Virtueller Klassenraum

Die Lernmetho-dik von EVA4CPbasiert auf den bereitserprobten Lernpfaden —dem realen Seminar-raumtraining (z.B. inder AKNZ in Ahrweiler). Um diese Lehrgängeherum wird das Lernen angereichert mit Web-basierten Elementen (Chat, Foren, ...), die heutevielfältig im Einsatz sind. Abgerundet wird dies nochdurch einen „Virtuellen Klassenraum“: Man trifftsich in der virtuellen Akademie EVA4CP, sprichtmiteinander, zeigt Vorträge (medial unterstütztdurch z.B. Powerpoint-Präsentationen oder Videose-quenzen), diskutiert Lösungswege, erstellt neueLösungswege — jeder von seinem Land, seinem Ortaus, verbunden über das Internet.

Persönlicher Lernbereich mit Lernerfolgskontrolle

Im Lernbereich „Seminars“ findet der Kurs-teilnehmer seine gebuchten und freigeschalteten Lern-inhalte für ein komfortables Lernen. Dabei könnendie Lerndaten protokolliert und beliebig ausgewertetwerden. So werden online Zertifikate und aktiveUnterstützung ebenso möglich, wie die Entwicklungintelligenter und individueller Ausbildungsprofile fürden Teilnehmer.

Entwicklung eines e-learning Moduls

Ein zentrales Element des Projektes„EVA4CP“ ist die Entwicklung eines e-LearningModuls für das Trainingssystem des EU-Gemein-schaftsverfahrens.

Foren auf der Plattform.

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tung von EU-Kursen, die in Schweden und Deutsch-land durchgeführt wurden.

Hierbei waren folgende zentrale Fragen zuklären:

5. Prototyp — Produktion des technischen Designs.6. Realisierung — Fertigstellung des e-Learning

Moduls.7. Evaluation

Das Bundesamtfür Bevölkerungsschutzund Katastrophenhilfe(BBK) und Bitmediasind für die Entwicklungdes e-Learning Modulsim Rahmen des Projek-tes „EVA4CP“ zustän-dig.

Ergebnisse aus dem 1.Workshop zu EVA4CP

Experten aus 19europäischen Staatentrafen sich vom 19. bis22. Mai 2006 im Bun-desamt für Bevölke-rungsschutz und Kata-strophenhilfe (BBK)zum Thema „Europäi-

sche Virtuelle Akademie für Bevölkerungsschutz“(EVA4CP). Insgesamt 32 Vertreter der zentralenAusbildungseinrichtungen und der Innenministeriender europäischen Mitgliedstaaten, des europäischenWirtschaftsraumes sowie Rumänien und die Türkeinahmen an dem Workshop teil.

Kenn Christensen, Vertreter der EuropäischenKommission, erklärte, dass die Idee zu einer euro-päischen Virtuellen Akademie durch dieses Projektals ‚Motor’ bereitgestellt wurde. „Die Ausbildungs-einrichtungen der Mitgliedstaaten liefern mit ihrenIdeen und Anregungen den ‚Treibstoff’ dazu“, soChristensen weiter.

Im Workshop diskutierten die Experten in Ar-beitsgruppen die Ziele der „Virtuellen Akademie“ undpräsentierten ihre Ergebnisse auf der bereits installier-ten und frei geschalteten Internetseite. In verschiede-nen Arbeitsgruppen wurden insbesondere folgendeFragestellungen diskutiert:

•Schaffung eines Netzwerkes zum Erfahrungsaus-tausch zwischen den europäischen Ausbildungs-einrichtungen und der Kommission

Beteiligte Staaten im EU-Projekt EVA4CP.

- Wer sind die Zielgruppen?- Welche Vorbedingungen und welche Erfahrungen,

einen Computer zu handhaben, gibt es? - Können Erfahrungen mit interaktiven Lernpro-

grammen vorausgesetzt werden?Darüber hinaus sind für die Erarbeitung eines

e-Learning Moduls Fragen nach der Kursstrukturund einer geeigneten Lernstrategie unter Einbeziehungmethodischer und mediendidaktischer Fragen zurRealisierung von zentraler Bedeutung.

Für die Entwicklung des e-Lerninhalts müssenmehrere Schritte berücksichtigt werden.

Diese Schritte gehen von allgemeinen, nicht-technischen Spezifikationsphasen zu mehr und mehrkonkreten Realisierungsaufgaben über:

1. Zielanalyse — Formulierung der Lernziele/Inhalte.2. Grobkonzept — Grundstruktur für die

Entwicklung eines Lernmoduls.3. Feinkonzept — detailliertes Strukturieren des

Grundkonzepts4. Drehbuch — Bestimmung des methodisch/

didaktischen Entwurfs eines Lernmoduls

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INTERNATIONAL

Treffen die räumliche Distanz zu überbrücken, sowiezeitökonomisch und kostengünstig zusammen zuarbeiten.

Das Projekt sieht einen ständigen Austauschzwischen der Projektleitung und der EuropäischenKommission vor.

Als Ergebnis des Projektes werden unter ande-rem Empfehlungen für die Mitgliedsstaaten ausge-sprochen, wie auf einer gemeinsamen Plattform fürdie Ausbildung auf EU-Ebene Synergieeffektegenutzt und neue Lehrpläne umgesetzt werden kön-nen. Ferner werden Vorschläge für gemeinsame Vor-bereitungen, Durchführung und Auswertung vonEU-Übungen erarbeitet.

Die EU-Kommission wird in Ihrem Arbeits-treffen mit den EU-Trainingskoordinatoren im Okto-ber 2006 die Plattform EVA4CP für eine gemeinsa-me Arbeit auf dieser Plattform vorstellen.

Für den Ausschuss (Komitee) der EU-Kommis-sion für das Aktionsprogramm und das Gemein-schaftsverfahren im Bevölkerungsschutz wird der-zeit eine Nutzergruppe „Komitee“ eingerichtet.Hier können sich die Ausschussmitglieder über denaktuellen Stand des Projektes informieren.

Dem Ausschuss gehören alle Mitgliedstaatender europäischen Gemeinschaft an sowie die Staatendes europäischen Wirtschaftsraumes und die Bei-trittskandidaten.

Vom 20. – 21. September 2006 findet in derStadthalle in Bonn-Bad Godesberg der EuropäischeKongress für den Bevölkerungsschutz statt.

Das BBK wird an seinem Informationsstandweitere Informationen zum EU-Projekt EVA4CPvorstellen und die Funktionsweise der Plattform unddes „virtuellen Klassenraumes“ demonstrieren.

•Eröffnung von Foren zum europaweiten Informa-tions- und Erfahrungsaustausch in besonderenKooperationsfeldern

•Realisierung EU-weiter Lehrpläne mit modularemAufbau. Empfehlungen und Ausbildungsleitlinienfür die Mitgliedsstaaten sowie die Staaten des euro-päischen Wirtschaftsraums und die Beitrittsstaaten

•Zusätzliche Nutzung der Plattform als virtuellerSeminarraum für die gemeinsame und zeitgleicheAusbildung von Kursteilnehmern an verschiede-nen Standorten

In dem Workshop wurden erste Lösungen ent-worfen und realisiert, um Netzwerke auf der techni-schen Plattform zu gestalten. Damit lassen sich Erfah-rungen, Lehrpläne und beste Anwendungen zwi-schen den Schulungseinrichtungen austauschen.

Darüber hinaus wurden mögliche Kooperati-onsfelder identifiziert, die in späteren Arbeitsgrup-pen auf der Plattform konkretisiert werden sollen.

Abschließend erklärte Kenn Christensen, dassdie Europäische Kommission die Plattform EVA4CPbereits im Herbst 2006 zur Zusammenarbeit mitden EU-Trainingskoordinatoren nutzen möchte.

Erfahrungen aus dem 1. virtuellen Meeting auf der Plattform EVA4CP

Am 07. Juli 2006 erfolgte die Premiere desersten virtuellen Treffens mit der Core Group.

Die gemeinsame Audiokonferenz im virtuellenKlassenraum war grundsätzlich erfolgreich. In einemaudiotechnischen Check konnten Stärken und Schwä-chen des Systems identifiziert und korrigiert werden.

Darüber hinaus wurden die weiteren Schrittefür die gemeinsame Arbeit am Projekt diskutiert.

Die Ergebnisse wurden bereits auf der Platt-form unter der Nutzergruppe „Core Group“ einge-stellt. Regelmäßige virtuelle Treffen werden folgen.

Weiteres Vorgehen:

Arbeitsgruppen mit Mitgliedern aus verschie-denen Mitgliedsstaaten werden die Netzwerke ausar-beiten und umsetzen. Das Projektteam wird gemein-sam mit der Core group regelmäßige Besprechungenauf der Plattform durchführen, um durch virtuelle

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BEVÖLKERUNGSSCHUTZ

Am 05.04.2006 meldeten die Medien, dass im OrtMutzschen (Muldentalkreis bei Leipzig) der Ver-dacht bestehe, dass das gefährliche H5N1-Geflügel-grippevirus einen Nutztierbestand (Gänsemastbe-trieb) befallen habe.

Am Tag zuvor hatte eine Tierärztin, die denGeflügelhof „Eskilsen“ betreut, das zuständige Vete-rinäramt informiert, dass es eine erhöhte Zahl vonTodesfällen (ca. 10 %) bei den Puten gibt, am spätenNachmittag alarmierte das Veterinäramt die benö-tigten Feuerwehreinheiten und bereits eine Stundespäter wurde ein Dekon-Platz für die Fahrzeug-,Geräte- und Personendesinfektion festgelegt.

Umgehend konnte dort die hygienische Hän-dedesinfektion und die Desinfektion der eigenenGeräte mit Wofasteril durchgeführt werden, da inSachsen eine allgemeine Empfehlung gilt, auf De-kon-P-Fahrzeugen Wofasteril für den B-Einsatz mit-zuführen. Die Dekonwanne wurde jedoch zunächstmit dem Desinfektionsmittel Venno Vet 1 befüllt,das von der zuständigen Behörde zur Verfügung ge-stellt wurde.

Umstellung auf ein Desinfektionsmittel

Der vor Ort tätige ABC–Fachberater und derDesinfektor stimmten in einem Informationsge-spräch am nächsten Morgen überein, die Verwen-dung unterschiedlicher Desinfektionsmittel am Ein-satzort zu vermeiden.

Aus Sicht der Feuerwehr kam nur das peres-sigsäurehaltige Desinfektionsmittel Wofasteril inFrage, da es die mit Abstand geringsten Konzentra-tionen und Einwirkungszeiten, das breiteste Wir-

Vogelgrippe in einem Nutztierbestand in SachsenTätigkeiten der Feuerwehr

Von Reinhard Steffler, Torsten Thomas und Gert Medicke

kungsspektrum und den geringsten Temperaturfehlergegenüber allen anderen Desinfektionsmitteln hat.Außerdem ist Peressigsäure (PES) bestens für diesenAnwendungszweck auch nach der aktuellen Richtli-nie zur Tierseuchenbekämpfung geeignet ist. Des-

Die leicht aufgeschäumte alkalisierte Peressigsäure hat den Vorteil,dass sie etwas länger an senkrechten Flächen haftet.

weiteren kann Wofasteril alkalisiert werden, was dieGeruchsbelästigung einschränkt und die Materialei-genschaften positiv beeinflusst.

Das Veterinäramt folgte der Argumentationder Feuerwehr, so dass die Festlegung auf Peressig-säure noch vor der amtlichen Bestätigung vonH5N1 erfolgte.

Gegen Mittag entstand ein zweiter Dekon-platz, um den Geflügelbetrieb von allen Seiten

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BEVÖLKERUNGSSCHUTZ

erfolgten Aufbau, Einweisung und Kontrolle durchFirmenmitarbeiter.

Somit waren wir in der Lage, mit relativ wenigPersonal der Freiwilligen Feuerwehr die Dekonwan-nen zu besetzen.

Fahrzeugdesinfektion

Die Desinfektion der Fahrzeuge erfolgte miteiner 1,0 %igen alkalisierten Wofasterillösung. Damitwar sichergestellt, dass nach 5 Minuten Einwir-kungszeit die Fahrzeuge sicher desinfiziert waren;längere Einwirkzeiten waren in der aktuellen Lagenicht vertretbar.

Die leicht aufgeschäumte alkalisierte PES hatden Vorteil, dass sie etwas länger an senkrechten Flä-chen haftet und man einen Überblick hat, wo nochnicht desinfiziert wurde.

Ein weiterer großer Vorteil der alkalisiertenPES ist, dass sie nachgewiesenermaßen keine Korro-sionsschäden an Fahrzeuge verursachen kann. Diesist ein generelles Problem bei solchen Einsätzen, dainsbesondere Desinfektionsmittel auf der Wirkstoff-basis von organischen Säuren oder organischen Per-oxiden zum Teil stark korrosive Eigenschaften besit-zen. In der Vergangenheit hat das bei Einsätzen derFeuerwehr und des THW im Nachhinein Problemegegeben.

Desinfektion der Persönlichen Schutzausrüstung (PSA)

Die Desinfektion der PSA erfolgte mittels 0,5%iger Wofasterillösung. Diese wurde aufgesprühtbzw. mit einem Lappen verteilt, anhaftende organi-sche Verschmutzung, die allerdings nur sehr seltenvorkam, wurde vorher mit einem in Desinfektions-mittellösung getränkten Lappen mechanisch entfernt.Filter von Schutzmasken oder die FFP-Halbmasken(FFP3) mussten natürlich als infektiöser Abfall ent-sorgt werden.

Bei der Desinfektion der PSA wurde sehr oftdie Wischdesinfektion praktiziert, da dann die Desin-fektionsmitteldämpfe auch über die FFP3-Halbmas-ken nicht wahrgenommen wurden. Die Schutzanzü-ge der Feuerwehr waren flüssigkeitsabweisend, sodass eine Desinfektion ohne Probleme möglich war.

anfahren zu können. Als feststand, dass die Keulungdes Geflügels erfolgen musste, wurde um die Dekon-wannen von einer ortsansässigen Firma ein Gerüstzur Montage des Duschgestänges von Dekon-P auf-gebaut, da eine spezielle Dekon-G Ausrüstung nichtzur Verfügung stand.

Die Desinfektion der so genannten Lenz–Fahr-zeuge (Container-Fahrzeuge, die die toten Tiere indie Tierkörperbeseitigung bringen) von allen Seitenist in jedem Fall sinnvoll, weil sich Viren im Gefie-der der gekeulten Tiere befinden und die toten Putenmittels Radlader in die Lenz–Container gekippt wur-den. Dabei kam es auch zu organischen Verschmut-zungen an den Außenflächen.

An allen Dekonwannen wurde die Dosiertech-nik, die die Herstellerfirma des Desinfektionsmittelsuns zur Verfügung gestellt hatte, verwendet. Dabei

Die hygienische Händedesinfektion wurde durch Eintauchen derHände in einer Schüssel durchgeführt.

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Dieser Einsatz hat in aller Deutlichkeit dieNachteile der so genannten Einmalschutzanzüge ge-zeigt, da die gesteigerte Nachfrage ganz schnell zuVersorgungsengpässen führte.

Hygienische Händedesinfektion

Die hygienische Händedesinfektion wurdemit 0,5 %igem Wofasteril bei einer Einwirkungszeitvon 2 x 1 Minute durch Eintauchen der Hände ineine Schüssel durchgeführt.

Diese Feuerwehrpraxis wurde von allen Hilfs-kräften übernommen, da gerade zu Beginn des Ein-satzes alkoholische Händedesinfektionsmittel nichtin ausreichender Menge verfügbar waren.

Wofasteril ist durchaus viruzid wirksam alsHändedesinfektionsmittel, auch wenn es nach RKI -Desinfektionsmittelliste nicht als solches gelistet ist.Das liegt aber wohl daran, dass dort nur Desinfekti-onsmittel für die Händedesinfektion gelistet sind,deren Einwirkungszeit nicht länger als 1,5 Minutenbeträgt, da im Krankenhausbereich längere Einwir-kungszeiten nicht hinnehmbar sind. Dass PES (Wofas-teril) als Händedesinfektionsmittel verwendet werdenkann, geht aus der RKI-Empfehlung „Verdacht aufbioterroristischen Anschlag“ vom 14.06.2002 hervor.Auch erhielt Wofasteril erneut die Zulassung zurAnwendung auf der Haut im November 2005.

Die sehr gute Hautverträglichkeit der verwen-deten Lösung hat sich u. a. dadurch gezeigt, dass esnicht wie bei vielen alkoholischen Desinfektionsmit-teln zur Austrocknung der Haut kommt, wenn mansich nicht gleich nach Ablauf der Einwirkungszeitdie Hände wäscht und Pflegecremes aufträgt.

Einsatzbesonderheiten

Bei der CO2-Begasung des betroffenen Puten-stalls hatte die Feuerwehr die Aufgabe, die CO2-Konzentration zu messen. Dafür wurde ein Truppunter PA eingesetzt und ein Rettungstrupp in Bereit-schaft gehalten.

Große Probleme gab es mit dem Abdichtendes betroffenen Stalls, so dass das CO2 immer wie-der entweichen konnte. Dadurch zog sich die Bega-sung in die Länge, was die Tötung der Puten insge-samt verzögerte.

Die CO2-Messungen, die die erforderliche Kon-zentration des Gases für die Tötung der Tiere be-stimmen, aber auch gleichzeitig prüfen sollten, obnach der Begasung keine Gefahr für die Einsatzkräftebeim Wegräumen der toten Puten besteht, warenauch nicht so einfach zu realisieren, da der Stall fürdie Messung immer wieder geöffnet werden musste,da es an dem Messgerät nicht die Möglichkeit gab,einen Schlauch anzubringen und diesen in den zubegasenden Raum zu führen. Die Kontrollmessun-gen waren daher natürlich nicht sehr genau.

Das war aber auch die einzige Aufgabe derFeuerwehr im Zusammenhang mit der Tötung derTiere. Für weitere Maßnahmen war die Feuerwehrauch auf Anfrage nicht zu haben. An dieser Stellesollte nochmals betont werden, dass die Tötungder Tiere nicht Aufgabe der Feuerwehr sein kann.Die artgerechte Tötung von Tieren ist durch ent-sprechend ausgebildetes Personal durchzuführen.

Einsatzende

Da die Feuerwehr von Anfang an nur für dieDesinfektion der Fahrzeuge und des eingesetzten Per-sonals während der Phase der Keulung zuständig war,konnte sie schon am 08.04.2006 abgezogen werden.Alle weiteren Desinfektionsmaßnahmen, wie z.B. Stall-und Mistdesinfektion wurden vom Betriebspersonalbzw. Fachfirmen unter Kontrolle des Veterinäramtesin den folgenden Tagen und Wochen durchgeführt.

Abschließend wurden alle technischen Geräteund Schutzausrüstungen, die auf dem Hof zum Ein-satz gekommen waren, gründlich desinfiziert.

Fazit und Ausblick

Die Ausbildung bei den Feuerwehren für Bio-Lagen wurde insbesondere nach 2001 erkennbar ver-bessert. Allerdings sind weitere Schulungen in die-sem Bereich für die Dekoneinheiten unbedingt not-wendig, wie die anfangs aufgetretenen Schwierigkei-ten deutlich gezeigt haben.

Zum wiederholten Male hat sich gezeigt, dassdie Bekämpfung anzeigepflichtiger Tierseuchen diezuständigen Verwaltungen bei der praktischen Durch-führung ihrer theoretischen Vorgaben schnell anihre Grenzen bringt.

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BEVÖLKERUNGSSCHUTZ

Der Einsatz von Dekonwannen bei punktuel-len Ereignissen wie dem beschriebenen ist richtigund muss mit aller Konsequenz durchgeführt wer-den, aber ihre weiträumige Verwendung bei Wildvo-gelbefall ist sinnlos. Die Sicherung von Nutztierstäl-len mit Dekonwannen, wenn in der Nähe Wildvögeldas H5N1 Virus in sich tragen, ist allerdings zuempfehlen. Damit kann ausgeschlossen werden, dassüber Schuhe und Kleidung eventuell erregerhaltigesMaterial in den Stall eingeschleppt wird.

Bei allen gelungenen und nicht gelungen Akti-onen im Zusammenhang mit diesem Ereignis bleibtfestzuhalten, dass es während des Einsatzes zu einerimmer besseren Zusammenarbeit zwischen demzuständigen Veterinäramt und der Feuerwehr ge-kommen ist.

Auch die schnelle und kompetente Unterstüt-zung der Herstellerfirma des Desinfektionsmittelsdurch Personal, Dosiertechnik und Schutzausrüs-tung wurde von allen Helfern sehr begrüßt.

Trotz gelegentlicher Schwierigkeiten, wie siebei solchen Einsätzen immer auftreten werden, wardie Situation jederzeit unter Kontrolle.

Die genaue Ursache wie es zum Eintrag vonH5N1 gekommen ist, konnte nicht geklärt werden.Man vermutet den Eintrag über Wildvögel. DerBetrieb hatte eine Ausnahmegenehmigung für dieFreilandhaltung der Gänse erhalten die selbst aller-dings gar nicht befallen waren, auch wenn sie ausVorsicht ebenso wie die Puten gekeult wurden.

Auch die von der Feuerwehr im nahgelegenenGewässer und in der Nähe des Geflügelhofes gefun-den toten Wildvögel blieben beim Test auf H5N1negativ.

Die knappen Personalressourcen der Veteri-närämter ermöglichen es häufig auch nicht, zuBeginn und vor Ort die Feuerwehren auf bestimmteProbleme bei der Tierseuchenbekämpfung gesonderthinzuweisen.

Jedoch beruht die Kompetenz der Feuerwehr(und nicht nur der) bei der Dekontamination meistauf Erfahrungen aus den chemischen und radiologi-schen Bereichen. Dies ist auch schon lange Bestand-teil der Ausbildung bei den Feuerwehren (z. B. beiden Feuerwehrschulen). Im Bereich Bio stehen wirerst am Anfang.

Bewährt hat sich, dass die Dekon-P Einheitenstandardmäßig ein Desinfektionsmittel auf der Wirk-stoffbasis von Peressigsäure mitführen, das umfang-reich gelistet und für den veterinärmedizinischen undhumanmedizinischen Bereich zugelassen ist. Sokönnen in der Anfangszeit die wichtigsten Desinfek-tionsmaßnahmen für den Eigenschutz durchgeführtwerden, bis ausreichende Mengen an Desinfektions-mittel zur Verfügung stehen.

Insgesamt kann man feststellen, dass man imFreistaat Sachsen bei den Feuerwehren im ABC-Bereich eine gute Struktur geschaffen hat. Sowohlder Fachberater ABC als auch die Dekon-P Kräftehaben gut gearbeitet.

Die Autoren:

Reinhard Steffler, Desinfektor und ABC Fachbera-ter FF Markkleeberg, Leipziger Land

Torsten, Thomas, ABC Fachberater, FF Wurzen,Muldental

Gert Medicke, Dekon-P, FF Grethen

Für den Einsatz bei der Gerätedesinfektion mussten die Duschgestänge der Personendekontamination umgebaut werden.

(Fotos: Steffler)

Weiterführende Literaturangaben können nachgefragt werden bei:Reinhard StefflerSüdweg 2, OT Wachau04416 Markkleeberg

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KRITISCHE INFRASTRUKTUREN

Fast alle Bereiche unseres täglichen Lebens sind ab-hängig von Strom. Deshalb ist die uneingeschränkteund jederzeitige Verfügbarkeit elektrischer Energieeine der grundlegenden Voraussetzungen für dasFunktionieren unserer Gesellschaft. Auch Behördenund andere wichtige öffentliche Einrichtungen,wozu die Akteure im Bevölkerungsschutz in beson-derem Maße gehören, sind auf eine verlässlicheStromversorgung angewiesen.

Obwohl in Deutschland ein hoher Grad an Ver-sorgungssicherheit herrscht, sind auch hier folgenrei-che Stromausfälle nicht auszuschließen. Die öffentli-che Versorgung mit elektrischer Energie kann auf-grund eines technischen Defektes, einer kriminellenHandlung oder eines Naturereignisses ausfallen. Jenach der Ursache des Ausfalls oder des zu beheben-den Schadens kann die Stromversorgung durchausauch für einen längeren Zeitraum gestört sein, wie esetwa nach dem Wintereinbruch im November 2005im Münsterland der Fall war. Bei einem Ausfall desöffentlichen Stromnetzes droht eine weit reichendeEinschränkung der Handlungsfähigkeit. Abhilfeschafft eine verlässliche Notstromversorgung.

Deshalb hat das Zentrum Schutz Kritischer In-frastrukturen im Bundesamt für Bevölkerungsschutzund Katastrophenhilfe einen Leitfaden erarbeitet, derSicherheitsverantwortlichen eine Hilfestellung gebensoll, für ihre Dienststelle eine Notstromversorgungmit einem hohen Grad an Verlässlichkeit und Ein-satzfähigkeit bereit zu stellen. Wichtiger Bestandteilist eine Checkliste, die als konkretes Hilfs- und Kon-trollinstrument der Realisierung einer zuverlässigenNotstromversorgung dient.

Vorsorge für den StromausfallEin Leitfaden für die Einrichtung und den Betrieb einer Notstromversorgung

Von Jürgen Strauß, BBK

VorgehensweiseIn diesem Leitfaden geht es in erster Hinsicht

um strategisch-planerische und organisatorische Vor-sorgemaßnahmen, um die Funktionsfähigkeit derEinrichtung im Notbetrieb zu gewährleisten. Auf dietechnische Ausgestaltung der Notstromversorgungwird nicht detailliert eingegangen; hierzu wird auf ein-schlägige Fachpublikationen verwiesen, insbes. aufden „Leitfaden für Ersatzstromversorgungs-, Schnell-und Sofortbereitschaftsanlagen der öffentlichen Ver-waltungen“ des AMEV1.

Zunächst bedarf es der Klarstellung, dass eineNotstromversorgung unter wirtschaftlichen Gesichts-punkten i. d. R. nicht für die Aufrechterhaltung desRegelbetriebes dimensioniert ist. Behörden und an-dere wichtige öffentliche Einrichtungen müssen alsoim Hinblick auf den Ausfall des öffentlichen Strom-netzes, der u.U. länger andauern kann, definieren, inwelchem Umfang sie ihren Betrieb zwingend auf-rechterhalten müssen.

Allgemeine Erläuterungen zur NotstromversorgungBei der Notstromversorgung wird grundsätz-

lich unterschieden zwischen so genannten „Unter-brechungsfreien Stromversorgungen“ (USV) und„Netzersatzanlagen“ (NEA).

1 Arbeitskreis Maschinen- und Elektrotechnik staatlicher undkommunaler Verwaltungen (AMEV), Leitfaden für Ersatzstromversor-gungs-, Schnell- und Sofortbereitschaftsanlagen der öffentlichen Ver-waltungen: Hinweise zur Ausführung von Ersatzstromversorgungsan-lagen in öffentlichen Gebäuden, Bonn 1998

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KRITISCHE INFRASTRUKTUREN

der NEA im Sekundenbereich. Die Betriebsdauerder NEA ist abhängig von der Kraftstoffversorgungund den Wartungsintervallen.

Das Notstromnetz ist ein Teil des gesamtenStromnetzes einer Liegenschaft mit separat geführtenund abgesicherten Stromkreisen. Für den sicherenund stabilen Betrieb der Notstromversorgung (USV/NEA) darf der Energiebedarf der angeschlossenenVerbraucher die Leistungsfähigkeit der Notstromver-sorgung nicht überschreiten. Vor einer Erhöhungder Last durch zusätzliche oder andere Verbraucherist die Leistungsfähigkeit der Notstromversorgungzu überprüfen und ggf. anzupassen.

Falls für bestimmte Aufgaben Hochverfügbar-keitsanforderungen bestehen (z. B. Lagezentrum,Rechenzentrum) sind entsprechende Redundanzender Notstromversorgung erforderlich. Im Übrigenlassen sich Risiken einer lokalen Störung bzw. Unter-brechung der Stromeinspeisung aus dem öffentli-chen Netz (z.B. Kabelbeschädigung bei Tiefbaumaß-nahmen) durch eine zweite, örtlich getrennte Ein-speisung (wenn möglich sogar eines zweiten Energie-versorgers) deutlich minimieren.

Ermittlung des Energiebedarfs für die Notstromversorgung

Um den erforderlichen Energiebedarf für dieNotstromversorgung ermitteln zu können, sind sämt-liche stromabhängige Infrastruktureinrichtungenund Arbeitsmittel zu bestimmen, die zumindest zurAufrechterhaltung der so genannten geschäftskriti-schen Prozesse notwendig sind.

Identifikation der geschäftskritischen Prozesse bzw. Fachaufgaben

Bei der Ermittlung des notwendigen Versor-gungsgrades ist es zunächst erforderlich, die ver-schiedenen Geschäftsprozesse bzw. Fachaufgabender Behörde oder Einrichtung hinsichtlich ihrerBedeutung und Abhängigkeit von der Stromversor-gung zu identifizieren.

Als Basis zur Identifikation geschäftskritischerProzesse kann z. B. ein Geschäftsverteilungsplan die-nen. Hierbei ist es sehr hilfreich, wenn die Einrich-tung bereits eine auf Geschäftsprozesse ausgerichteteOrganisation aufweist. Zudem ist es zweckmäßig,wenn zumindest die Schutzbedarfsanalyse, wie sie für

Unterbrechungsfreie Stromversorgungen be-ziehen ihre Energie aus Akkumulatoren und werdenzum Schutz hochsensibler technischer Systeme wie

z. B. Großrechner, Server und Telefonanlagen einge-setzt. Sie gewährleisten beim Ausfall der öffentlichenStromversorgung einen störungsfreien Betrieb undsind i. d. R. nur für eine kurze Überbrückungszeitdimensioniert. In dieser Zeit können technische Sys-teme in einen sicheren Betriebszustand zurückgefah-ren werden oder eine NEA kann die weitere Strom-versorgung übernehmen.

Netzersatzanlagen bestehen i. d. R. aus Genera-toren, die mit Dieselmotoren angetrieben werden.Sie werden eingesetzt zur Versorgung des Stromnet-zes / Notstromnetzes der Liegenschaft. Die Über-nahme der Netzversorgung erfolgt nicht unterbre-chungsfrei; im günstigsten Fall liegt die Anlaufzeit

Für die Bereitstellung einer ausreichenden und sicheren Notstrom-versorgung wird empfohlen, in diesen sieben Schritten vorzugehen.

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die Erstellung des IT-Sicherheitskonzeptes durchzu-führen ist, methodisch auch auf andere Prozesse inder Einrichtung angewandt wird.

Das Mindestmaß an Schutzvorkehrungen beidem Ausfall des öffentlichen Stromnetzes ist dieAbsicherung der geschäftskritischen Prozesse, die un-mittelbar der Erfüllung der Kernaufgaben dienen.Beispiele für geschäftskritische Prozesse mit bedeu-tender bzw. hoher Kritikalität sind:•Lagezentren und Krisenreaktionszentren, Leitstel-

len•Durchführung von Aufsichtsmaßnahmen in

Gefahrenbereichen•Koordination und Lagebewältigung in Krisenfällen•Informationssammlung und -auswertung, insbe-

sondere für Zwecke der Gefahrenabwehr.

Kriterien für die Bestimmung geschäftskriti-scher Prozesse können z. B. sein: •Auswirkungen auf Leben und Gesundheit•Schutz wichtiger Rechtsgüter•Verstöße gegen Gesetze und sonstige Vorschriften•Verlust des Ansehens der Institution.

Wichtig bei der Klärung der Verfügbarkeitsan-forderungen ist die Frage, welche Geschäftsprozesse— auch Teilprozesse — bzw. hierfür erforderlichentechnischen Einrichtungen•unter keinen Umständen unterbrochen werden

dürfen (z. B. Lagezentrum) => USV + NEA erfor-derlich

•kurzzeitig bis zur Übernahme der NEA unterbrech-bar sind (z. B. Heizung, Beleuchtung [ausgenom-men Not-/Sicherheitsbeleuchtung], Klimatisierungvon EDV-Räumen) => keine USV erforderlich

•für welchen Zeitraum aufrecht erhalten werdenmüssen

•durch stromunabhängige (manuelle) Verfahren fürden Zeitraum des Stromausfalls mit tolerierbarenEinschränkungen ersetzbar sind.

Unabhängig von spezifischer technischer Aus-stattung hängt die Aufgabenerfüllung zunächst vonder Bereitstellung von Basisdienstleistungen ab. Hier-zu gehören insbesondere Beleuchtung, Beheizung,ggf. Klimatisierung der Arbeitsräume, Aufzüge inHochhausbauten, Wasserversorgung und Entsor-gungseinrichtungen. Dabei ist die Relevanz der Ver-fügbarkeit dieser Basisinfrastruktureinrichtungen

von verschiedenen Faktoren abhängig. So ist eine Be-heizung der Liegenschaft in den Sommermonatensicher entbehrlich, während eine Klimatisierung vonArbeitsräumen oder auch Rechenzentren je nachTemperaturentwicklung notwendig sein kann, um dieArbeitsfähigkeit der Beschäftigten zu erhalten bzw.den Ausfall von Rechneranlagen durch Überhitzungzu vermeiden.

Energiebilanz „Notstromversorgung“Nach Bestimmung der erforderlichen Infra-

struktureinrichtungen und Arbeitsmittel, die not-stromversorgt werden müssen, sind die einzelnen Ge-räte und technischen Einrichtungen mit ihren An-schluss- bzw. Leistungswerten (Angaben erfolgen inder Einheit Volt Ampere [VA]) — getrennt für NEA-und USV-Betrieb — zu summieren. Hierbei ist zubedenken, dass die Gesamtleistung der USV-Anla-ge(n) in den meisten Fällen von der NEA übernom-men werden muss.

Bei der Dimensionierung der Notstromversor-gung ist eine ausreichende Leistungsreserve zuberücksichtigen, z. B. für den Start großer Maschi-nen oder für eine künftige Erweiterung.

Konzeption der Notstromversorgung

Nachdem die mit Notstrom zu versorgendenEnergiebedarfe ermittelt wurden, ist die Notstrom-versorgung zu planen. Im Wesentlichen müssen dienachfolgenden Überlegungen angestellt werden.

Standort der NotstromaggregateBei der Wahl des Standortes der Notstroman-

lagen sollten mögliche Gefährdungen beispielsweisedurch Naturereignisse, technische Havarien (existie-ren gefährliche Betriebe in der Nachbarschaft?) oderauch unbefugten Zutritt durch hausinterne oderexterne Personen berücksichtigt werden. Liegt dasGebäude beispielsweise in der Nähe eines Gewäs-sers, so ist für eine hochwassersichere Unterbrin-gung der Notstromanlagen zu sorgen.

Auch bei bestehenden Notstromanlagen soll-ten die Verwundbarkeiten anhand von Gefährdungs-analysen ermittelt und bewertet werden, um erkenn-bare Defizite zu beseitigen. Hinweise für Maßnah-men im Bereich Objektschutz sowie für Verfahrenzur Analyse des Schutzbedarfes und zur Schutzziel-

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KRITISCHE INFRASTRUKTUREN

bestimmung gibt das vom Bundesministerium desInnern herausgegebene Basisschutzkonzept2.

Kraftstoffbevorratung Für die notwendige Dauer der Notstromver-

sorgung muss Kraftstoff zum Betrieb der Notstrom-

Störungen der Verkehrswege, Eigenbetroffen-heit durch Stromausfall);

- hierüber vertragliche Vereinbarungen mit demLieferanten getroffen werden;

- ein ausreichend großer Kraftstofftank zur Redu-zierung der Lieferhäufigkeit zur Verfügung steht.

Für das autorisierte Personal muss jederzeitein freier Zugang (einschließlich Zufahrtswege) zuden Tankbehältern gewährleistet sein.

Einsatz mobiler NEAJe nach Konzeption der Notstromversorgung

kann es sinnvoll sein, einen Einspeisepunkt für dieAnschaltung von mobilen NEA vorzusehen. Eine mo-bile Anlage kann ggf. die eigene NEA verstärkenoder vielleicht sogar entbehrlich machen. Die Bereit-stellung einer mobilen NEA kann z. B. durch dasTechnische Hilfswerk (THW) oder durch ein priva-tes Unternehmen erfolgen. Die Verfügbarkeit imBedarfsfall ist vertraglich festzulegen. Bereitstellungund Kraftstoffversorgung der mobilen NEA müssenauch unter widrigen Umständen sichergestellt sein.

Anforderungen an das NotstromnetzEin besonderes Augenmerk liegt auf dem Not-

stromnetz der Liegenschaft bzw. den an das Not-stromnetz angeschlossenen Verbrauchern. Da dieNotstromaggregate i. d. R. nur für die Weiterfüh-rung der kritischen Geschäftsprozesse/Fachaufgabendimensioniert sind, muss sichergestellt werden, dassnur die hierfür festgelegten Verbraucher an das Not-stromnetz angeschlossen sind. Dies muss regelmäßigüberprüft werden. Änderungen bei den mit Notstromzu versorgenden Verbrauchern (Anzahl oder Ener-giebedarf) wirken sich auf die Energiebilanz der Not-stromversorgung aus. Sie sind daher bereits im Vor-feld hinsichtlich ihrer Auswirkungen zu untersuchenund müssen in der Energiebilanz berücksichtigt wer-den. Nur so ist im Ereignisfall eine ausreichende Not-stromkapazität zu gewährleisten und Überlastungoder gar Ausfall zu vermeiden.

Ein Risiko geht von den über USV versorgtenSteckdosenstromkreisen aus. Hier ist nur sehr schwer

Entscheidungshilfe für die Notwendigkeit von USV und/oder NEA.

aggregate zur Verfügung stehen. Hierfür bieten sichzwei Alternativen an:•eigene Kraftstoffbevorratung in ausreichender

Menge für die erforderliche Maximaldauer derNotstromversorgung (erfordert die Vorhaltung ent-sprechend dimensionierter Tankbehälter);

•eigene Kraftstoffbevorratung nur in geringer Mengefür einige Stunden, darüber hinaus Zulieferungdurch Kraftstofflieferanten, wobei die Häufigkeitder Lieferungen von der Größe des Tankbehältersabhängt. Dies setzt voraus, dass - die Lieferfirma auch unter widrigen Verhältnis-

sen sicher liefern kann (z. B. Wetterverhältnisse,

2 Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Schutz Kritischer Infra-strukturen – Basisschutzkonzept. Empfehlungen für Unternehmen,2. Aufl. November 2005 (http://www.bmi.bund.de); Bevölkerungsschutz1-2006, S. 30 ff.

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zu kalkulieren, welche elektrische Leistung im Ereig-nisfall tatsächlich angeschlossen ist. Die Erfahrungzeigt, dass oftmals nicht die definierten Notstrom-verbraucher, sondern beispielsweise Kaffeemaschinen,Wasserkocher, Ventilatoren etc., sowie hintereinan-der geschaltete Mehrfachsteckdosen mit vielen Ver-brauchern an die besonders gekennzeichneten Steck-dosen angeschlossen sind. In diesem Zusammenhangwird empfohlen, die notstromversorgten Steckdosen-stromkreise auf den unbedingt notwendigen Umfangzu beschränken. In bestehenden Netzen sollten die-jenigen Steckdosenstromkreise von der Notstromver-sorgung getrennt werden, die nach dem aktuellenNotstromkonzept nicht benötigt werden. Dies erfor-dert eine Sensibilisierung und Schulung der Beschäf-tigten sowie regelmäßige Kontrollen der Steckdosen-nutzung an den Arbeitsplätzen.

Sicherstellung des Notstrombetriebes

Damit die Notstromanlage im Ereignisfall tat-sächlich die Versorgung sicherstellen kann, muss ge-währleistet sein, dass die Anlage nicht überlastet wird.Hierfür ist regelmäßig zu prüfen, ob die installierteLeistung der Notstromaggregate der Leistung der tat-sächlich an das Notstromnetz angeschlossenen Ver-braucher entspricht. Dies kann z. B. über regelmäßi-ge Strommessungen in den notstromversorgtenStromkreisen und Abgleich mit den Planwertenerfolgen.

Notwendig ist es, Regelungen für den zuver-lässigen Betrieb der Notstromversorgung festzu-schreiben, die neben Prüfungs- und Wartungsplänenauch die Energiebilanz der Notstromversorgung so-wie Verantwortliche für das Liegenschaftsmanagementund deren Erreichbarkeit berücksichtigen sollte. ImEreignisfall sollte überprüft werden, ob alle festgeleg-ten Verbraucher versorgt werden. Mit Hilfe einervorbereiteten Checkliste kann dies systematisch undschnell festgestellt werden.

Ein nicht zu unterschätzendes Problem stelltdie Vergabe organisatorischer Dienstleistungen anexterne Serviceunternehmen dar (Outsourcing). Invielen Fällen obliegt das Liegenschaftsmanagementeinschließlich der Notstromversorgung nicht mehr dereigenen Verantwortung, sondern liegt in der Handexterner Dienstleister. Hier kommt es vor allem da-rauf an, die Komponenten der Notstromversorgung

detailliert zu beschreiben und in einem Leistungska-talog so konkret wie möglich vertraglich festzulegen(Stichwort: „Service Level Agreement“ — SLA). Ver-einbarungen bzgl. Zugangsregelungen sowie ggf. er-forderlicher Sicherheitsüberprüfung des Personals unddessen Qualifikation (z. B. Schaltberechtigung inelektrischen Anlagen) sollten in dem Leistungskata-log enthalten sein. Beschäftigte externer Serviceun-ternehmen sollten über ausreichende Ortskenntnissein den betreuten Liegenschaften verfügen; dies giltauch für den Bereitschaftsdienst. Im Störungsfall istein ortsunkundiger Servicetechniker wenig hilfreich.

Die Institution selbst muss in der Lage sein,die Einhaltung des vereinbarten Service Levels durchdas externe Serviceunternehmen zu kontrollieren.Die hierfür erforderliche Sachkompetenz sollte in Ge-stalt eigenen, entsprechend ausgebildeten und ge-schulten Personals vorhanden sein.

Sind in einer Liegenschaft mehrere voneinan-der unabhängige Nutzer an eine Notstromversor-gungsanlage angeschlossen, ist von jedem der Nutzersicherzustellen, dass die angemeldeten Energiebedarfeim Ereignisfall nicht überschritten werden. Dies istebenfalls regelmäßig zu überprüfen.

Notfallkonzept „ Notstrombetrieb“

Neben den technischen Vorbereitungen aufden Ausfall der öffentlichen Stromversorgung bedarfes im Vorfeld auch organisatorischer Maßnahmen.So ist für die Weiterführung kritischer Geschäftspro-zesse/Fachaufgaben bei einem Stromausfall ein Not-fallkonzept zu erstellen. Darin sollte insbesonderegeregelt werden:•welche Arbeitsplätze bei Stromausfall weiter betrie-

ben werden,•welche Aufgaben an diesen Arbeitsplätzen bearbei-

tet werden,•welches Personal diese Arbeitsplätze besetzt

(Schichtplan),•die Führungsorganisation für den Notbetrieb

„Stromausfall“,•die Erreichbarkeiten („Erreichbarkeitslisten“).

Das Notfallkonzept sollte regelmäßig auferforderliche Änderungen hin überprüft und fortge-schrieben werden. Alle betroffenen Beschäftigtensollten mit dessen Zweck und Inhalt vertraut sein.

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KRITISCHE INFRASTRUKTUREN

Wartung, Tests und Übungen

Um die jederzeitige Funktionstüchtigkeit zu ge-währleisten, müssen die Anlagen regelmäßig nach Vor-gaben des jeweiligen Herstellers gewartet werden. Diekonkret durchzuführenden Wartungsarbeiten undFunktionstests sowie die Wartungsintervalle sind ineinem Wartungs- und Prüfplan festzulegen und imVertrag mit dem Serviceunternehmen aufzunehmen.

Über reine Funktionstests hinaus sollten Not-stromaggregate anhand von monatlichen Probeläu-fen auf ihre Leistungsfähigkeit überprüft werden. Aus-sagekräftige Ergebnisse sind allerdings nur zu gewin-nen, wenn die Aggregate dabei unter Volllast betrie-ben werden.

Einmal jährlich sollte unter Einbeziehung allernotstromversorgten Verbraucher der Betrieb des Not-stromnetzes geübt werden. Diese Übung sollte mög-lichst realistisch einen Stromausfall simulieren unddie in das Notstromkonzept eingebundenen exter-nen Serviceunternehmen einbeziehen.

Übungen stellen sicher, dass das Notfallkon-zept und die Notstromversorgung im Ereignisfallanwendbar bzw. funktionsfähig sind und somit derNotbetrieb in kürzester Zeit aufgenommen werdenkann. Die Ergebnisse der Übungen fließen in die re-gelmäßige Revision des Notstromsystems ein.

Es bietet sich an, den Notstrombetrieb der Be-hörde oder einer anderen wichtigen öffentlichen Ein-richtung im Rahmen sonstiger regelmäßig durchzu-führender Notfallübungen (z. B. Brandschutzübung,Evakuierungsübung) mit zu erproben.

-Informationstechnologie (Server, Netzwerke, Arbeitsplatzsysteme, …)-Telekommunikation (Telefon- und Netzanschlusstechnik, netzspan-nungsabhängige Endgeräte/ Basisstationen, Betriebsfunknetz, …)

-Haustechnik (Gefahrenmeldeanlagen, Zugangssysteme, Sicherheits-beleuchtung, …)

-Sonstiges

2 Konzeption der Notstromversorgung2.1 Ist eine ausreichende Kraftstoffbevorratung für die festgelegte

Betriebsdauer der Notstromversorgung eingeplant? (ggf. Bevorratungkombiniert mit Liefervereinbarungen)

2.2 Sind Verträge mit Kraftstofflieferanten abgeschlossen worden?2.3 Sind die Einrichtungen für die Notstromversorgung ausfallsicher (z. B.

hochwassersicher) untergebracht?2.4 Ist sichergestellt, dass ausschließlich die für den Notbetrieb bestimm-

ten Verbraucher an die Notstromversorgung angeschlossen sind(separate Stromkreise)?

3 Sicherstellung des Notstrombetriebes3.1 Entspricht die Auslegung von NEA und USV den aktuellen Kapazitäts-

und Qualitätsanforderungen?3.2 Gibt es für Betrieb und Wartung — einschließlich Notstrombetrieb

und Übungen — eine vollständige Leistungsbeschreibung? (Prü-fungs- und Wartungspläne, Zuständigkeiten, ...)

3.3 Wird im Notbetrieb kontrolliert, ob alle vorgesehenen VerbraucherStrom erhalten (anhand einer vorbereiteten Checkliste)?

3.4 Sind Betrieb und Wartung des Notstromversorgungssystems an einenexternen Servicedienstleister vergeben?

3.4.1 Ist die Leistungsbeschreibung (s. Ziffer 3.2) Bestandteil des Vertragesmit dem externen Servicedienstleister („Service Level Agreement“)?

3.5 Gemeinsame Nutzung einer Liegenschaft durch mehrere Institutionen 3.5.1 Besteht ein zwischen allen an die Notstromversorgung angeschlosse-

nen Nutzern abgestimmtes Konzept für den Notbetrieb bei Stromaus-fall?

3.5.2 Ist sichergestellt, dass im Notbetrieb jeder angeschlossene Nutzer nurdie vereinbarte Energiemenge der Notstromversorgung entnehmenkann?

4 Notfallkonzept „Betrieb unter Notstromversorgung“4.1 Gibt es einen besonderen Notfallplan „Stromausfall“? (Organisati-

onsplan, Zuständigkeiten / Verantwortlichkeiten, Aufgabenbeschrei-bung, Information der Beschäftigten, ...)

4.2 Ist festgelegt, welche Arbeitsplätze genutzt werden?4.3 Ist das Notfallkonzept allen Beschäftigten bekannt?4.4 Wird das Notfallkonzept regelmäßig geübt?4.5 Fließen Erfahrungen aus den Übungen in das Notfallkonzept ein?

5 Wartung, Tests und Übungen5.1 Wird die Notstromanlage entsprechend den Herstellerangaben

gewartet?5.2 Werden die Anlagen der Notstromversorgung regelmäßig in einem

Probelauf getestet?5.3 Wird der Notbetrieb regelmäßig geübt?5.3.1 Wird die Notstromanlage hierbei unter Last betrieben?5.3.2 Wird bei den Übungen eine Zuschaltung des Notstromnetzes der Lie-

genschaft realisiert?5.3.3 Werden Übungen ausgewertet und fließen die Ergebnisse in Pla-

nung/ Betrieb des Notstromsystems ein?

CChheecckklliissttee NNoottssttrroommvveerrssoorrgguunngg

1 Ermittlung des Energiebedarfes 1.1 Sind alle geschäftskritischen Prozesse/Fachaufgaben definiert, die

auch während eines Stromausfalls weitergeführt werden müssen?1.2 Ist festgelegt, für welchen Zeitraum diese Prozesse/Aufgaben weiter-

geführt werden müssen?1.3 Ist der Gesamtenergiebedarf zur Aufrechterhaltung der geschäftskriti-

schen Prozesse/Fachaufgaben ermittelt worden?-Informationstechnologie (Server, Netzwerke, Arbeitsplatzsysteme, …)-Telekommunikation (Telefon- und Netzanschlusstechnik, netzspan-nungsabhängige Endgeräte/Basisstationen, Betriebsfunknetz, …)

-Haustechnik (Gefahrenmeldeanlagen, Zugangssysteme, Beleuch-tung, Heizung, Klimatechnik, Aufzüge, Wasserversorgung, Entsor-gung, …)

-Sonstiges1.4 Ist der Teilenergiebedarf ermittelt worden, der über die Unterbre-

chungsfreie Stromversorgung (USV) abgedeckt werden muss?

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3 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 31

BEVÖLKERUNGSSCHUTZ

Die Maschine brummt laut und vibriert stark, dieRotorblätter laufen warm. Über den Kopfhörer istknisternd die ersehnte Frage des Fluglotsen zu hören:„Tower an ‚Christoph ILA’, sind Sie flugbereit?“„‚Christoph ILA’ ist bereit“, ist auch der Pilot knis-ternd im Funkverkehr zu hören. Auf einer Start- undLandebahn des Schönefelder Flughafens beginnenmehrere Feuerwehrwagen ihre Fahrt, senkrecht hebtsich der orangefarbene Hubschrauber in die Luftund fliegt vor den Ein-satzfahrzeugen her. Aufdem Grünstreifen nebendem Flugfeld winkenhunderte begeisterter Zu-schauer. Die Lautspre-cherdurchsagen inDeutsch, Englisch undRussisch über Funkruf-namen, Modell und Auf-trag des orangefarbenenZivilschutz-Hubschrau-bers kann die Besatzungnicht hören.

Wenig später fliegtdie Maschine mit etwa220 km/h bis zum Endeder Flugbahn, wendetmit einer Schleife undnimmt ihren Rückflugzum vorgesehenen Lan-deplatz wieder auf — ganze neun Minuten hat die„Parade der Notfalldienste“ auf der InternationalenLuft- und Raumfahrtausstellung (ILA) im Mai 2006in Berlin gedauert. Während der Pilot mit seinemAssistenten die Rotorblätter des Zivilschutz-Hub-schraubers (ZSH) sichert, fliegen die nächsten Hub-schrauber bereits über das Flugfeld.

„Tower an ‚Christoph ILA’“Zivilschutzhubschrauber bei der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung

Von Claire Hughes, BBK

Im Laufe des Tages donnern auch wiederzahlreiche (Militär-) Flugzeuge über das Messegelän-de der ILA. Partnerland Russland zeigt beispielswei-se erstmals bei einer internationalen Luftfahrtausstel-lung das Militärflugzeug MiG-29 M-OVT. Ebenfallsauf großes Interesse stößt der Eurofighter, der euro-päische Gegenspieler der MiG. Insgesamt präsentie-ren sich auf der diesjährigen ILA über 1.000 Ausstel-ler aus 42 Ländern. Zahlreiche aktuelle und künftige

HeliCenter auf dem Messegelände der ILA.(Foto: Hughes/BBK)

Produkte und Dienstleistungen aus der Luft- undRaumfahrttechnologie werden den (Fach-)Besuchernvorgestellt.

Neben den verschiedenen Airshows schauensich die (Fach-) Besucher beispielsweise Flug- undVerfrachtungssimulationen an; dort versuchen Mes-sebesucher die routinemäßigen Flugstrecken der Pro-

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32 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2006

BEVÖLKERUNGSSCHUTZ

Jeder Rettungshubschrauber des Bundes führteine komplette Notarzt-Ausstattung mit und kannbis zu zwei Verletzte liegend transportieren. Geflo-gen werden die Maschinen von Piloten der Bundes-polizei. Bordwarte und Mechaniker der Bundespoli-zei kontrollieren und warten die Maschinen. Besetztsind die ZSH mit je einem Notarzt und einem Ret-tungsassistenten, die von den jeweiligen Trägern derRettungsstation gestellt werden.

Anstelle eines originalen Hubschraubers aufdem Messestand des BBK sind zwei Modelle ausge-stellt. Eines zeigt den „neuen“ Zivilschutz-Hub-schrauber des Bundes vom Typ EC 135 T2i. Ein ehe-maliger Pilot der Bundespolizei erläutert den interes-sierten Besuchern die Vorzüge der neusten Einsatz-technik dieses Hubschraubers, mehr Platz im Innen-raum der Maschine und ein niedrigerer Geräuschpe-gel. Die EC 135 T2i setzt der Bund ab 2007 als Ret-tungshubschrauber ein. Sie ersetzt die bisher einge-setzten BO 105 und Bell 212. Letztere ist ebenfallsals Modell ausgestellt.

Neben dem ehemaligen Piloten der Bundes-polizei unterstützen auch Notärzte und Luftret-tungsassistenten aus Kassel, Kempten und Branden-burg die Experten des BBK am Messestand.

Einen der Mediziner fragt eine junge Ret-tungsassistentin, welche Voraussetzungen sie erfüllenmuss, um in einem ZSH eingesetzt werden zu kön-nen. Tatsächlich ist eine spezielle Ausbildung für dieangehenden Luftrettungsassistenten erforderlich. EinKasseler Rettungsassistent erläutert seiner KolleginEinzelheiten. Die angehenden Luftrettungsassisten-ten unterstützen nämlich nicht nur die Notärzte, son-dern auch die Piloten der Bundespolizei. Daher istes erforderlich, neben den flugmedizinischen Aspek-ten auch in Navigation, Wetterkunde, Flugrecht,Sicherheit und Technik ausgebildet zu sein. Zu denmedizinischen Aspekten gehört es beispielsweise zuwissen, wie sich der Druckunterschied auf die Patien-ten auswirken könnte. Kenntnis über Wetterkundezu erlangen ist deshalb wichtig, weil die Einsätze un-ter Sichtflugbedingungen geflogen werden. Beischlechten Sichtverhältnissen müssen die Assistentendie Piloten beispielsweise auf Hindernisse aufmerk-sam machen. Zu ihren Aufgaben gehört es dann, diePiloten durch alternative und sichere Streckenab-schnitte zu navigieren.

Während sich eine Gruppe jüngerer Kinderauf dem Stand des BBK einen Film über die Luftret-

fis nachzufliegen. Allerdings gelingt es den Laien nurselten einen Flug ohne größere Zwischenfälle hintersich zu bringen. Auf wackeligen Beinen verlässt einejunge Frau eine weitere Simulation. Auf einemHydraulikstuhl sitzend und mit einer klobigen Brillemit integriertem Bildschirm auf dem Kopf, hat sieerlebt, wie erschütterungsreich ein Einsatzfahrzeugauf ein Flugzeug verfrachtet wird.

Luftrettung im 21. Jahrhundert

Am Messestand des Bundesamtes für Bevöl-kerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) imHeliCenter möchte ein junger Mann wissen, wer fürdie orangefarbenen Hubschrauber verantwortlich istund wo sie stationiert sind. Ein Mitarbeiter des Bun-desamtes erklärt ihm, dass der Bund 12 Luftret-tungsstationen mit 20 Zivilschutz-Hubschraubern un-terstützt. Alle Rettungshubschrauber des Bundes hei-ßen Christoph. Sie sind nach dem Heiligen Christo-

pherus benannt, dem Schutzpatron der Reisenden.Zur Unterscheidung tragen sie die Nummer ihrer je-weiligen Station im Funkrufnamen. Die Verwaltungder ZSH übernimmt das BBK in Bonn. Dazu gehörtes beispielsweise, rechtliche Angelegenheiten zu klä-ren, die Abrechnung mit den verschiedenen Partnernabzuwickeln und Einsatzkonzepte zu erarbeiten.

Jan Thomsen, Bundespolizeipilot des „Christoph ILA“(Foto: Hughes/BBK)

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tung des Bundes anschaut, möchten zwei jugendli-che Hubschrauberfans wissen, wie es zu dem neuenFunkrufnamen ‚Christoph ILA’ kommt und wo dieMaschinen steht. Der Bund stellt dem Sicherheits-stab der ILA eigens für die Messe einen orangefarbe-nen ZSH zur Verfügung, erklärt ein BBK-Mitarbeiterden beiden Teenagern. Nur für die Messe trägt derHubschrauber diesen Namen. Angesehen werden kannder Zivilschutz-Hubschrauber auf dem Messegeländeallerdings nur während der Airshow. Sonst steht erabseits des Geländes, das für die Messebesucher zu-gänglich ist. Dort steht ‚Christoph ILA’ jederzeiteinsatzbereit auf einem eigenen Landeplatz.

Werden die orangefarbenen Hubschrauber nichtauch im Katastrophenfall eingesetzt, möchte einälterer Mann wissen, der sich seit über 15 Jahren ineiner Hilfsorganisation ehrenamtlich engagiert. EinBBK-Mitarbeiter bestätigt diese Annahme. Ihren Ein-satz finden die Maschinen nicht nur in der Luftret-tung, um Schwerverletzte mit medizinischer Versor-gung zu transportieren. Als Teil des Ausstattungspo-tenzials, das der Bund den Ländern für den Katastro-phen- und Zivilschutzfall zur Verfügung stellt, die-nen sie auch dazu, im Ereignisfall Schadensstellenzu erkunden und zu überwachen, Bevölkerungsbe-wegungen zu beobachten und gegebenenfalls zu len-ken sowie Spezialisten und/oder Material herbeizu-schaffen.

Das BBK als moderner und kompetenterDienstleister unterstützt in Deutschland unter ande-rem die Luftrettung. Als eine einsatzorientierte Fach-behörde bietet das Bundesamt seinen Partnern beiBund, Ländern, Kommunen oder Hilfsorganisatio-nen, ebenso auch privaten Unternehmen oder derBevölkerung insgesamt Ausbildungsangebote, Bera-tungs-, Forschungs-, Planungs- und Prognoseleistun-gen sowie Unterstützung und internationale Koope-ration an.

‚Christoph ILA’ im Einsatz

Während der einwöchigen Berliner Messe muss„Christoph ILA“ einmal eingesetzt werden. Ein klei-ner Junge, Passagier des Schönefelder Flughafens,krampft so stark, dass schnellstmöglicher Transportnötig ist. In der Zentrale des Sicherheitsstabes derILA geht der Notruf ein. Wegen des hohen Verkehrs-aufkommens rund um die Messe und den Schöne-

felder Flughafen wird ‚Christoph ILA’ gebeten, denJungen in ein nahe gelegenes Krankenhaus zu flie-gen. Ein bodengebundenes Rettungsmittel wäre indiesem Fall wesentlich länger unterwegs.

Im alltäglichen Einsatz hat die Mannschafteines Zivilschutz-Hubschraubers zwei Minuten Zeit,in die Luft abzuheben. Je schneller die Notärzte beiden Patienten sind, desto besser. Die Erstversorgungmuss so schnell wie möglich erfolgen, damit Lebengerettet werden kann oder keine bleibenden Erkran-kungen entstehen. Nicht immer ist es möglich, miteinem Rettungswagen in kürzester Zeit am Unfallort

Innenminister Dr. Wolfgang Schäuble lässt sich von BBK-PräsidentChristoph Unger und Notarzt Dr. Martin Hochstatter (Station Christoph 35, Brandenburg) Details der Hubschraubereinsätze erläutern.(Foto: Stein/BBK)

einzutreffen. Oder — wie während der Messe — denUnfallort auf dem Schönefelder Flughafen schnellst-möglich zu verlassen. Für solche Einsätze unter-stützt der Bund 12 Luftrettungsstationen mit 20ZSH. Der kleine Passagier des ‚Christoph ILA’ hatvon dieser Hilfe profitiert.

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34 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2006

FORUM

ASB-Helfer im Einsatz wie die Weltmeister

Eine Bilanz der Fußball-WM 2006

In den vier Wochen der Fußballweltmeisterschaft er-lebte der ASB den größten Einsatz für den Rettungs-und Sanitätsdienst in der Geschichte des Verbandes.

Insgesamt sorgten täglich zwischen 587und 1.116 Sanitäter und Ärzte sowie 140Fahrzeuge des ASB auf Fan-Meilen und-Festen, bei Public-Viewing-Veranstal-

tungen sowie in drei WM-Stadien dafür, dass dieFußballfans ein unbeschwertes Fußballfest feiernkonnten. „Viel Arbeit, aber auch viel Freude hattendie Helferinnen und Helfer bei ihren Einsätzen im

Arbeiter-Samariter-Bund

ASB-Mitarbeiter bauen am Dortmunder Stadion den Behandlungsplatz auf.(Foto: ASB/H.Steffens)

Rahmen der Fußballweltmeisterschaft“, erklärtHarald Schottner, Leiter des Referats Notfallvorsor-ge beim ASB-Bundesverband.

Der ASB hat im Verlauf der WM deutlichmehr als die ursprünglich geplanten 6.000 Helfereingesetzt. „Dafür verantwortlich war die großeWM-Euphorie. Viele Veranstaltungen wurden vonden Städten und Kommunen erst kurzfristig insLeben gerufen, weil das Interesse der Fußballfans sogroß war“, erläutert Harald Schottner. Bundesweitbetreute der ASB in rund 314.000 Einsatzstundenzahlreiche Veranstaltungen z.B. in Berlin, Mann-heim, Merklingen, Stuttgart, Erlangen, Nürnberg,Kassel, Neubrandenburg, Braunschweig, Göttingen,Köln, im Ruhrgebiet, Kaiserslautern, Worms, Zwei-brücken, Flensburg, Kiel, Saarbrücken, Leipzig,Zwickau, Magdeburg oder Jena und in vielen weite-ren Städten. Darunter waren zwei Fan-Camps, fünfWM-Festivals, fünf Fan-Meilen, 21 Public-Viewing-Veranstaltungen, 40 Behandlungsplätze und Unfall-hilfsstellen sowie mehr als 30 sonstige Veranstaltun-gen rund um die Fußballweltmeisterschaft.

Die Helfer des ASB versorgten vor allemMenschen mit Kreislaufproblemen, kümmerten sichum kleinere Verletzungen wie Schnittwunden undBlasen oder um umgeknickte Fuß- und Handgelen-ke. „Insgesamt war es eine tolle Zeit“,. „Die meistenFans waren in Feierlaune“, so Schottner weiter.Unsere Hilfe wurde oft nur deshalb gebraucht, weildie Fans in der Hitze zu wenig Wasser oder zuvielAlkohol getrunken hatten.“

Bei den 16 Spielen in den WM-Stadien Ber-lin, Hannover und Hamburg setzte der ASB rund620 Helferinnen und Helfer ein. Hier waren derASB und das DRK partnerschaftlich für die notfall-medizinische Versorgung und Betreuung derZuschauer, Gäste und Spieler verantwortlich. Durch-schnittlich 100 Mal rückten die Helfer dabei proSpiel aus, um sich um kleinere Verletzungen aberauch Notfälle zu kümmern. Das sind etwa doppeltso viele Einsätze wie bei einem Bundesligaspiel.

Bianca Fornoff

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Hilfe für Erdbebenopfer in Indonesien

ASB plant Wiederaufbau in Yogyakarta

Als ein schweres Erdbeben der Stärke 6,3 in den frü-hen Morgenstunden des 27. Mai 2006 die indonesi-sche Insel Java erschütterte, starben nach offiziellenAngaben der indonesischen Regierung 5.736 Men-schen, mehr als 70.000 Menschen wurden verletzt,über 500.000 Häuser wurden zerstört oder schwerbeschädigt und bis zu 1,5 Millionen Menschen sinddurch das Beben obdachlos geworden. In der histo-rischen Stadt Yogyakarta und den umliegenden Dis-trikten stürzten öffentliche Gebäude und privateWohnhäuser unter der Macht des Bebens zusammenund begruben Tausende noch schlafende Menschenunter sich.

Umgehend nach bekannt werden der Katastro-phe entsandte der Arbeiter-Samariter-Bund ein erfah-renes, dreiköpfiges Expertenteam zur Bedarfsermitt-lung und zur Umsetzung von ersten Nothilfemaßnah-men zugunsten der betroffenen Bevölkerung. Nachersten Rücksprachen mit anderen vor Ort tätigen in-ternationalen und lokalen Organisationen und ASB-Partnern konzentrierte das Team seine Hilfsmaßnah-men auf die am härtesten betroffenen Distrikte Ban-tul und Klaten. Besonders im Distrikt Klaten warendie meisten Dörfer zerstört. Die in einfacher Bau-weise gebauten Ziegelsteinhäuser waren wie Karten-häuser in sich zusammengebrochen. Die Menschensuchten tagsüber in den Trümmern ihrer Häuser nachÜberlebenden, nach ihren Habseligkeiten, aber auchnach Toten, um sie zu bergen. In der Nacht schlie-fen sie aus Angst vor weiteren Nachbeben im Freien,auf den Straßen oder unter Bäumen. Sie fürchteten,dass die Häuser, die beim Erdbeben nicht einge-stürzt waren, über ihnen zusammenbrechen würden.

Bereits wenige Tage nach dem Erdbeben konn-ten durch die Mitarbeiter des ASB in sieben Dör-fern in den Distrikten Bantul und Klaten dringendbenötigte Hilfsgüter an 350 Familien verteilt werden.Sie hatten bei der Katastrophe ihr gesamtes Habund Gut verloren. Sie bekamen vom ASB nicht nurDecken, Plastikplanen und Wasserkanister, sondernauch Kleidungsstücke, Hygieneartikel, Moskitonetzeund Nahrungsmittel. Außerdem wurden mit finan-zieller Unterstützung des Auswärtigen Amtes Werk-

Sehr rasch nach dem Erdbeben keimten aberauch die Hoffnung und der Tatendrang der betroffe-nen Bevölkerung wieder auf. So begannen die Ein-wohner von Yogyakarta und den betroffenen Dis-trikten bereits nach wenigen Tagen, den Schutt ihrerzerstörten Häuser wegzuräumen. Sie schufen so dieGrundlage für den Wiederaufbau ihrer Stadt. Der ASBwird diesen Prozess aktiv begleiten und für mindes-tens 15 weitere Monate in der Erdbebenregion tätigbleiben. Ein Schwerpunkt zukünftiger Hilfsmaßnah-men wird auf dem Wiederaufbau der lokalen Infra-struktur liegen. Dabei handelt es sich voraussichtlich

Der ASB-Mitarbeiter Alex James Robinson macht sich ein Bild über das Aus-maß der Zerstörung und den Bedarf an Hilfe.

zeugsets mit Hacken, Schaufeln, Hammer, Säge,Stemmeisen, Nägel und Baumaterialien bereitge-stellt. Mit diesem Material konnten 500 Familien(ca. 6.000 Personen) ihre beschädigten Häuser wie-der notdürftig instand setzen. Bei den Begünstigtenhandelt es sich um Familien, die besonders schwervon der Katastrophe betroffen waren und Angehörigebei dem Unglück verloren hatten. Ausgewählt wur-den außerdem kinderreiche Familien sowie Familien,in denen alte und kranke Menschen leben.

In vier Schulen im Distrikt Bantul wurdendarüber hinaus Materialien wie Plastikplanen, Nägel,Seile und Decken zum Aufbau und zur Befestigungvon provisorischen Klassenräumen verteilt, damit derSchulunterricht so schnell wie möglich wieder aufge-nommen werden kann.

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36 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2006

FORUM

Einer für alle Fälle

Elf allradgetriebene MAN mit Pritsche, Plane undLadebordwand bedeuten den Startschuss für eineneue Fahrzeuggeneration im Tech-nischen Hilfswerk (THW). Dieersten Fahrzeuge mit der Be-zeichnung Mehrzweckkraftwa-gen unter dem Kürzel MzKWsind bereits in den Ortsverbän-den eingetroffen.

Mit der Bestellung von 63 fabrikneuen MANLE 18.280 ging im Jahr 2005 eine lange Versuchsrei-he zu Ende. Nach einer Nullserie von GKW II, derals „Möbelwagen“ bekannt gewordene 7,5-Tonnernmit Kofferaufbau, folgt 2003 eine umfangreiche Er-probung der ersten zwei MzKW. Die THW-Ortsver-bände Siegen (NRW) und Sinzig (Rheinland-Pfalz)werden von der THW-Leitung mit einem Test beauf-tragt. Als Prototypen beschafft werden ein IvecoTector (Siegen) und ein MAN (Sinzig), wie er in ab-gewandelter Form bereits schon bundesweit hun-dertfach bei den Strahlenschutzzügen zu finden ist.

Der GKW II ist tot, es lebe der MzKW. Dieursprüngliche Idee, die so genannten zweiten Ber-gungsgruppen der Technischen Züge im THW miteinem Gerätekoffer-Fahrzeug auszustatten, hat sichnicht durchgesetzt. Dagegen sprachen zwei Gründe:Die Spezialaufbauten sind sehr aufwändig in derFertigung und damit zu teuer. Außerdem ist fürsperriges Gerät ein Koffer mit einzelnen Fächernnicht flexibel genug. Alleine schon der Transporteiner Euro-Palette ist nicht möglich.

Wesentlich preisgünstiger sind Standard-Auf-bauten mit Pritsche und Plane. Fast drei Jahre wurdeerprobt und getestet. Bei der Konzeption des neuenFahrzeugstandards wurde darauf geachtet, möglichstseriennahe Bauteile bei Fahrzeug- und Aufbauher-stellern einzukaufen. Die Ausstattung der zweitenBergungsgruppe wird dabei neu verlastet. Sechs

um die Errichtung von temporären Unterkünften,privaten Wohnhäusern und öffentlichen Gebäuden,aber auch um die Wiederherstellung zerstörter Stra-ßen. Der ASB verfügt über große Erfahrungen indiesem Bereich: In Sri Lanka bauten die ASB-Helfergemeinsam mit einheimischen Beschäftigten unteranderem sechs Dörfer mit 1.125 Häusern, Schulen,Gesundheitszentren und Straßen wieder auf.

Neben den längerfristig angelegten Wiederauf-baumaßnahmen hat sich der ASB auch auf einen mög-lichen Ausbruch des Vulkans Merapi vorbereitet. Dadieser Vulkan seine Aktivitäten in den Tagen nachdem Erdbeben verdreifachte, würde durch einen Aus-bruch eine weitere humanitäre Katastrophe drohen.Aus diesem Grund wurden Hilfsgüter und Medika-mente eingelagert, um diese im Bedarfsfall schnellbereitstellen zu können.

Edith Wallmeier, Leiterin der ASB-Auslandshilfe

Mit den Werkzeugsets und Hilfsgütern vom ASB können die Familien beginnen, ihre Häuser wieder aufzubauen.

(Fotos: Jana Marie Mehrtens, Stefan Trappe)

BundesanstaltTechnisches Hilfswerk

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3 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 37

beziehungsweise acht mobile Rollcontainer könnenalles von A wie Aufbrechhammer bis Z wie Zuggerätaufnehmen. Wird dagegen eine Transportkompo-nente benötigt, bleiben die Rollcontainer daheim inder Unterkunft und die Pritsche steht für Lasten zurVerfügung. Damit das Ein- und Ausladen schnellvonstatten geht, ist eine Ladebordwand mit 1.500 kgTragkraft vorhanden.

Die grundsätzliche Entscheidung fällt schließ-lich zugunsten des MzKW. Ebenfalls wird festgelegt,das zulässige Gesamtgewicht deutlich von knapp elfauf 16 Tonnen zu erhöhen. Damit steht auch fest,dass der neue MzKW nicht aus Italien kommen wird,da Iveco aufgrund der höheren Tonnage kein Ange-bot abgibt.

Anfang Februar 2006 wird das erste Muster-fahrzeug auf die Bundesanstalt Technisches Hilfs-werk in Bonn zugelassen. Nur wenige Wochen spätersteht das Fahrzeug mit dem Kennzeichen THW-87310 auf dem Hof des Ortsverbandes Unna im öst-lichen Ruhrgebiet.

Das erste Urteil über den neuen MzKW fälltpositiv aus. „Das THW hat hier ein sehr durchdach-tes Fahrzeug geschaffen“, bringt es Zugführer Rein-hard Wienke auf den Punkt. Viele Pluspunkte stehendabei nur wenigen Verbesserungswünschen gegen-über. PKW-ähnlicher Fahrkomfort, gute Geländegän-gigkeit, ausreichende Motorleistung mit hohemDrehmoment und zahlreiche gute Detaillösungenführen dabei die Liste an.

Eine breite Spur und Tempomat sorgen fürhohen Komfort auch auf Autobahnen. „Trotz dergrobstolligen Geländebereifung ist der Geradeauslaufklasse“, lobt Schirrmeister Timo Vieler die neueErrungenschaft. Fahrer- und Mannschaftskabine las-sen sich durch die breiten Einstiege vorne wie hin-ten bequem erreichen. Zuschaltbarer Allradantrieb,Längs- und Quersperren sowie eine separate Gelän-deuntersetzung sorgen für ein optimales Vorankom-men auch außerhalb befestigter Pisten. Für 20 Zenti-meter mehr Bodenfreiheit im Vergleich zu den Seri-enmodellen sorgt ein abklappbarer Unterfahrschutz.Die Ladebordwand ist zudem mit einer durchgehen-den Abrollsicherung ausgerüstet.

Die hohe Ausführung der Pritsche verschafftim Inneren Stehhöhe für die Helfer. Der hohe Pla-nenaufbau sorgt dafür, dass stolze 3,67 Meter Fahr-zeughöhe im Fahrzeugschein verewigt sind. Nach-teil: Bei Brücken mit einer Durchfahrtshöhe von 3,60

Metern kann es im Einsatzfall vorkommen, dassUmwege gefahren werden müssen.

Ein ausgeklügeltes System macht die Ladungs-sicherung beinahe zum Kinderspiel. Zurrschienen,zwei Reihen an den Seiten und der Stirnwand, bietenreichlich Ansatzpunkte, die Beladung gegen Verrut-schen zu sichern. Darüber hinaus stehen 12 einge-lassene Zurrösen im Laderaum im Abstand von 1,50Meter zur Verfügung. Diese sind um 360 Grad dreh-bar und versenkbar. Ein ganzes Sortiment an Zurr-und Spanngurten ist in einer Alubox im rechtenStaukasten untergebracht. Die Serienfahrzeuge verfü-

Große Erwartungen sind mit der Auslieferung des neuen MzKW verbunden.(Foto: THW)

gen gegenüber dem Baumuster Unna zusätzlich ander Stirnwand der Ladefläche über Regaleinbauten zurAufnahme von Krankentragen, Rettungskorb, Spatenund Schaufeln. Das Regal ist mit vier Schnellver-schlüssen demontierbar, falls ein großes Ladevolumenbenötigt wird. Darüber hinaus sind bei der Seriezusätzlich Halterungen unter dem Planendach zurAufnahme von Leiterteilen angebracht.

Alles in allem dürfte sich aber das lange War-ten auf einen GKW II-Ersatz gelohnt haben. Zahlrei-che Helfer in den Ortsverbänden werden nun derAuslieferung eines neuen MzKW entgegenfiebern,damit die teilweise über 25 Jahre alten Übergangslö-sungen endgültig in Rente gehen können.

Thomas Ermels

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FORUM

BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2006

FORUM

Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft

Bundespräsident begeistert vonLeistungsfähigkeit der DLRG

Als vielseitige und einsatzbereite Hilfsorganisationpräsentierte sich die Deutsche Lebens-Ret-

tungs-Gesellschaft ihrem Schirmherrnund dessen Ehefrau bei deren Be-such auf der Nordseeinsel Norderneyam 24. Juli. Neben einer Ausstellung

zur breit gefächerten Arbeit der DLRGsowie dem Besuch einer neuen Wasserret-

tungsstation am Strand „Weiße Düne“ standen vorallem mehrere Ausbildungs- und Einsatzvorführun-

gen auf dem Besuchsplan des Bundespräsidenten.Die DLRG demonstrierte u. a. die Bergung Verun-glückter in der Brandung mit Hilfe neuer motori-

sierter Rettungsschlauchboote — im Fachjargon IRB,Inflatable Rescue Boat genannt — oder den schwim-merischen Rettungseinsatz mit Hilfsmitteln wie demGurtretter oder der von der Sendung „Baywatch“bekannten Rettungsboje. Köhler zeigte sich beein-druckt von der Ausrüstung und den Fähigkeitender ehrenamtlichen Wasserretter und suchte das Ge-spräch mit einer Reihe der aktiven Rettungsschwim-mer — in der stilvollen Umgebung einer Strandkorb-burg direkt am Strand.

Zuvor schon hatte er sich mit DLRG-PräsidentDr. Klaus Wilkens, Vizepräsidentin Ute Vogt, demPräsidenten des DLRG-Landesverbandes Niedersach-sen Hans-Jürgen Müller, sowie Generalsekretär Lud-ger Schulte-Hülsmann und dem Vorsitzenden derDLRG-Jugend Dr. Tim Brinkmann über die Aufga-ben, Leistungen und Ziele aber auch die Erwartun-gen und Wünsche der weltgrößten freiwilligen Was-serrettungsorganisation unterhalten.

Auch wenn die DLRG in den fast einhundertJahren ihres Bestehens große Fortschritte beimKampf gegen das Ertrinken in Deutschland erzielthabe, gebe es immer noch Bereiche, die ihr Kopfzer-

brechen bereiten undwo sie auf die Unterstüt-zung der Gesellschaftaber auch von Politikund Staat angewiesensei, erläuterte der DLRG-Präsident.

Mit großer Sorgebetrachten die Lebens-retter die Binnengewäs-ser, die sie als Ertrin-kungsschwerpunkt aus-gemacht haben. Hiergibt es nachhaltige Defi-zite bei der Sicherheit,für die die Kommunenals Betreiber von Bade-stellen bzw. Eigentümervon Gewässern verant-wortlich sind. Nur wennauch für die Binnenge-wässer Sicherungsstruk-turen geschaffen werden,

kann es dauerhaft gelingen, die Ertrinkungstode inDeutschland, die zur Zeit bei jährlich mindestens500 bis 600 liegen, zu verringern.

Bundespräsident Horst Köhler informiert sich im Gespräch mit DLRG-Präsident Dr. Klaus Wilkens, vielen aktivenRettungsschwimmern und bei mehreren Ausbildungs- und Einsatzvorführungen über

tägliche Praxis, Ziele und Sorgen der Wasserrettungsorganisation.(Foto: DLRG, Susanne Mey)

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Forum Brandschutzerziehung hatAngebote für jeden

Theorie und Praxis, Anregungen für die Arbeit vorOrt und übergreifende Konzeptionen: Das Fo-rum Brandschutzerziehung und -aufklärung2006 in Augsburg wartet mit einem breitgefächerten Programm auf.

„Damit profiliert sich dieses größ-te Fachtreffen für häusliche Sicherheit ein-mal mehr mit einem Themenspektrum,von dem alle Aktiven in diesem Bereichprofitieren können“, sagen Referatsleiter Dr. VolkerMeyer von der Vereinigung zur Förderung des Deut-schen Brandschutzes (vfdb) und Ralf Ackermann,Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbandes(DFV). Beide Organisationen laden zu der Fachta-gung am 10. und 11. November ein.

Das inhaltliche Spektrum reicht von der Brand-schutzaufklärung der US-Airforce über Anregungenzum Bau eines Gerätewagen Brandschutzerziehungbis hin zu praktischen Löschübungen und der Kon-zeption „Schüler als Brandschutzlotsen“. WeitereThemen sind die verschiedenen Methoden der Ein-bindung von Schülerinnen und Schülern in dieBrandschutzerziehung oder die Freiwillige Feuer-wehr, der Einsatz von Medien in Kindergarten undSchule sowie Maßnahmen bei der Rettung bettläge-riger Personen. 14 Referentinnen und Referenten ausverschiedenen Institutionen konnte Organisator Dr.Meyer bisher für das Forum 2006 gewinnen. Einesder Impulsreferate zum Thema „Selbstschutz als pri-vate und öffentliche Aufgabe“ hält Dieter Frankevom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Kata-strophenhilfe (BBK).

„Häusliche Sicherheit und Prävention im pri-vaten Bereich nehmen einen immer höheren Stellen-wert ein — das Interesse der Bürgerinnen und Bürgerfolgt hier dem konsequent aufgebauten Angebot der

Deutscher Feuerwehrverband

Deutliche Worte fand der DLRG-Präsidentauch zur Situation der Schwimmausbildung inDeutschland. Die lokale nur an der Haushaltslage derKommunen ausgerichtete Bäderpolitik verhindereeine regional abgestimmte Sportstättenentwicklung,den schwimmausbildenden Verbänden, aber auchden Schulen, werde die Arbeit erschwert, den lokalenVereinen häufig sogar die Existenzgrundlage entzo-gen. „Vor diesem Hintergrund fällt es Verbänden wieder DLRG zunehmend schwerer, ihre Ausbildungs-angebote flächendeckend aufrecht zu erhalten“, soder DLRG-Präsident, der ein Bekenntnis auch desStaates zu der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe derPrävention gegen Ertrinken forderte.

Doch nicht nur im kommunalen Umfeld, auchbei Bund und Ländern sei einiges zu verbessern. Sobedauerte der DLRG Präsident, dass die ehrenamtli-chen Helfer der DLRG und ihr besonderes Know-how in der Wasserrettung und Gefahrenabwehr beiKatastrophenlagen zwar gerne in Anspruch genom-men, in den staatlichen Strukturen der Gefahrenab-wehr aber sowohl beim Bund als auch bei den Län-dern nicht ausreichend berücksichtigt werden. Auchsind die freiwilligen Helfer der DLRG im Vergleichzum staatlich organisierten Ehrenamt, etwa bei Feu-erwehren oder dem THW, bei der Anerkennung vonFortbildungen oder auch bei der Freistellung vomArbeitsplatz in weiten Teilen schlechter gestellt. „Hiermuss der Staat tätig werden, wenn er das Bekenntniszum bürgerschaftlichen Engagement Ernst nimmt“,betonte der DLRG Präsident.

Neben aller Kritik und Sorgen zeigten die Le-bensretter aber auch neue Konzepte und Ideen fürzukunftsfähige Strukturen der Wasserrettung auf —etwa im Bereich des so genannten Risk Assessments,der Gefahrenanalyse von Badestellen, und des euro-paweiten Beach Safety-Konzeptes, das in ganz Europazu einer Verringerung der Ertrinkungsfälle führensoll und von der DLRG maßgeblich mitentwickeltund umgesetzt wird.

Der Bundespräsident dankte der DLRG fürihre vielseitigen Tätigkeiten zum Wohle der deut-schen Bevölkerung und versprach, sich für die geäu-ßerten Sorgen und Überlegungen „seiner“ Organisa-tion einzusetzen.

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FORUM

WM und Auskunftswesen: Erfolgreiche Bilanz des DRK-Suchdienstes

Mit einer positiven Bilanz ist der WM-Einsatz auchfür den DRK-Suchdienst zu Ende gegangen. AlleWM-Spielorte wurden vierWochen lang durch im Hinter-grund wirkende Auskunfts-stellen des Deutschen RotenKreuzes abgesichert. Bundes-weit hielten sich wegen derzahlreichen Public-Viewing-Ver-anstaltungen in vielen Landes- undKreisauskunftsbüros die Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter für den Ernstfall bereit: Zum Glück ohnewirklich in den Einsatz gehen zu müssen.

Die Auskunftsstellen des DRK werden imRahmen des Katastrophenschutzes für etwaige Groß-schadensfälle und Katastrophen vorgehalten. Siesammeln Informationen über verletzte und betroffe-ne Personen und geben Auskünfte über Vermisstean besorgte Angehörige weiter. Grundlage für ihrenEinsatz sind die landesrechtlichen Regelungen zumKatastrophen- und Bevölkerungsschutz und die kon-kreten Vereinbarungen hierzu mit den Kommunen.Als positives Beispiel für eine gute Zusammenarbeitzwischen Verwaltung und dem DRK kann die Mit-wirkung vieler ehrenamtlicher DRK-Mitarbeiter inder behördlichen Auskunftsstelle PASS Rheinland inKöln gewertet werden.

Bei einer Großveranstaltung wie der WM gibtes aber natürlich auch die vielen Alltagssituationen,in denen der DRK-Suchdienst erfolgreich helfen kann.

So wie im Falle eines 14-jährigen mexikani-schen Jungen in Kaiserslautern, der am Rande einesWM-Spieles seine Eltern aus den Augen verlorenhatte. Die Polizei übergab ihn in die Obhut des extrafür die WM eingerichteten Kindersuchdienstes des

Deutsches Rotes Kreuz

Zahlreiche Infostände bereichern das Programm der Tagung.(Foto: Silvia Darmstädter/DFV)

Feuerwehren, das überwiegend durch ehrenamtlicheKräfte geleistet wird. Das bestätigt uns in unsererArbeit und verschafft allen ein Mehr an Sicherheit“,betont DFV-Vizepräsident Ralf Ackermann.

Das vorläufige Programm der Veranstaltungliegt jetzt vor. „Wir haben es wieder in gemeinsameReferate und parallel laufende Blöcke mit Kleingrup-pen aufgeteilt, deren Inhalte sich mehrfach wieder-holen. So haben alle Teilnehmenden die Möglichkeit,sich das Programm ihrer Wahl zusammenzustellen“,erläutert Dr. Meyer. Ein Höhepunkt der Veranstaltungist der Besuch der Augsburger Puppenkiste: Dortwird das Stück „Florian und der Feuerwehrbär“ auf-geführt, das zum Deutschen Feuerwehrtag 2000erschaffen wurde.

Das Forum Brandschutzerziehung und -auf-klärung findet am 10. und 11. November 2006 inder Reischleschen Wirtschaftsschule, Alter Postweg86a, in Augsburg statt. Weitere Informationen wieAnmeldeunterlagen und Programm stehen unterwww.brandschutzaufklaerung.de zum Download imInternet.

Silvia Darmstädter

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Ein Verletzter wird am Strand versorgt. (Foto: Margitta Zimmermann)

Deutschlands beste Rettungs-schwimmer ermittelt

Die besten Rettungsschwimmer der DRK-Wasser-wacht sind ermittelt. Am 27. Mai fand in Rostockder 31. DRK-Bundeswettbewerb im Rettungsschwim-men statt. Rund 350 Schwimmerinnen und Schwim-mer zeigten in den Disziplinen Tauch-, Flossen-,Kleider- und Rettungsschwimmstaffel sowie an denErste-Hilfe-Stationen ihr Können.

Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorff wür-digte das große Engagement der Rettungsschwim-mer, die Jahr für Jahr viele Menschen vor demErtrinken retten. DRK-Präsident Dr. Rudolf Seiters

Kreisverbandes Kaiserslautern-Stadt. Trotz anfängli-cher sprachlicher Verständigungsschwierigkeitenkonnten die Rotkreuzhelfer nach kurzer Zeit den ver-einbarten Treffpunkt mit den Eltern ausfindigmachen. Rund zwei Stunden später schloss die be-sorgte Mutter ihren Sohn wieder in die Arme.

Neben ihrer Tätigkeit in den Auskunftsstellenwaren die Helferinnen und Helfer der Kreisauskunfts-büros zudem bei der Registrierung von Einsatzkräf-ten eingesetzt. An den vorsorglich aufgebauten medi-zinischen Behandlungsplätzen des Katastrophen-schutzes unterstützten sie die Erfassung der Verletz-ten und sorgten bei Bedarf für die Weiterleitung derInformationen an den Suchdienst. Vielerorts erga-ben sich gute Verknüpfungen zwischen den Tätig-keitsfeldern Auskunftswesen und Notfallnachsorge.Dieser positive Effekt sollte in der nächsten Zeitdurch eine konkrete strategische Zusammenarbeitgefestigt werden.

Beim DRK-Suchdienst in München wurdewährend der WM ein Call-Center mit 12 Abfrage-plätzen zur Beantwortung von internationalen An-fragen in Einsatzbereitschaft gehalten. 30 hauptamt-liche Mitarbeiter wurden hierbei von 60 ehrenamtli-chen Helfern mit Kenntnissen in fast allen Fremd-sprachen unterstützt. Über das Suchdienst-Netzwerkder Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbe-wegung bestehen Verbindungen in die ganze Welt.

Die Auskunftsstellen des DRK-Suchdienstessind mit moderner PC- und Telefontechnik ausge-stattet und über die neue Internet-DatenbanklösungXenios miteinander vernetzt. Dadurch können Infor-mationen schneller beschafft und Auskünfte an dieBevölkerung gegeben werden.

Bundesweit engagieren sich derzeit rund4.000 ehrenamtliche Helfer im DRK-Suchdienst fürdas Auskunftswesen. Der erfolgreiche Einsatz zurWM ist ein wichtiges Signal für dieses bürgerschaft-liche Engagement im Bevölkerungsschutz gewesen.

Christian Hörl

versicherte, dass die Wasserwacht im DRK eineZukunft habe und man auf das Wirken der Lebens-retter nie verzichten könne und werde.

Nach 10 Stunden harter Arbeit standen dieSieger dann fest. Die beste Herrenmannschaft kamaus Rostock/Landesverband Mecklenburg-Vorpom-mern, die Deutschen Meister der Damen stellte derDRK-Kreisverband Chemnitz-Stadt/LandesverbandSachsen, die beste Gemischte Mannschaft kam vomKreisverband Magdeburg/Landesverband Sachsen-Anhalt und die Gewinner im Juniorenwettbewerbstellte der DRK-Kreisverband Schwerin/Landesver-band Mecklenburg-Vorpommern.

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FORUM

Johanniter-Unfall-Hilfe

Nicht nur im Schwimmen gab es harteKämpfe. Auch in den konkret nachgestellten Unfall-situationen an der Ostsee zeigten die ehrenamtli-chen Helferinnen und Helfer wie rasch undgeschickt sie in der Lage sind, Erste Hilfe zu leisten.Bei nicht gerade freundlichem Wetter wurde amStrand von Warnemünde heftig gerettet. Ob bei denverunglückten Surfern, den Kindern, die mit einemBoot umkippten und sich verletzten, oder bei derHerz-Lungen-Wiederbelebung an so genanntenPhantomen.

Margitta Zimmermann

GEMAESS – ein Spickzettel fürchemische Gefahrenlagen

Tagtäglich werden in der Bundesrepublik Tonnenhochgiftiger chemischer Substanzen transportiert.

Das heißt auch, es besteht eine gewisse Ge-fahr, dass es zu einem Unfall kommenkönnte. Der Rettungsdienst ist in so einemFall fast immer zuerst am Unfallort undsollte deshalb unbedingt gut geschult sein.Doch Leander Strate, Fachberater für die

Einsatzdienste in der Bundesgeschäftsstelleder JUH bezweifelt das: „Bei der Ausbildung im

Rettungsdienst oder im Katastrophenschutz wird vielzu wenig auf Chemieunfälle eingegangen. Deshalbbieten wir jetzt Lehrkräften im Rettungsdienst undKatastrophenschutz eine Handreichung an.“ Diesebesteht aus einer umfangreichen Fachinformation so-wie einer Power-Point-Präsentation. Das Personalerhält im Anschluss an die Schulung eine übersicht-

lich gestaltete 52-seitige Broschüre als Grundlage fürdie Schulung vor Ort und gewissermaßen als Spick-zettel, der problemlos in die Jackentasche passt.

Dieser Spickzettel trägt den Namen GEMAESS— den Anfangsbuchstaben der behandelten Themenfolgend: Das G steht für Gefahr erkennen, das E fürEigenschutz leisten, das M für Meldung machen,das A für Ausbreitung verhindern, das nächste E fürEintritt (in die Gefahrenzone) unterbinden, das Sfür Spezialkräfte abwarten und noch einmal S fürSondermaßnahmen ergreifen. Erarbeitet wurde das

Ganze von Professor Bernd Domres, langjähriger Ka-tastrophenschutzmediziner an der Universität Tübin-gen, und einem Experten-Team dieser Universitätgemeinsam mit der Johanniter-Akademie.

Die JUH stellt anderen Organisationen gerneeinige Exemplare von GEMAESS — so lange Vorratreicht — zur Verfügung. Leander Strate kann sich vor-stellen, dass die Broschüre gemeinsam von den Hilfs-organisationen über die Ständige Konferenz Katastro-phenschutz (SKK) neu aufgelegt und verteilt wird.

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Ende des Jahres bringen die Johanniter eben-falls für Rettungsdienstmitarbeiter und Katastro-phenschützer einen Leitfaden für biologische Gefah-renlagen heraus.

Regina Villavicencio

(Weitere Informationen über: [email protected])

Ein Aug’, das alles sieht

Mit klarer Struktur — die Melde- und Informati-onszentrale der JUH

Strukturiert und schnell muss gerade im Katastro-phenfall die Kommunikation laufen. Deshalb habendie Johanniter jetzt für ihre Organisation eine Melde-und Informationszentrale (MIZ) eingerichtet. Damit

Die MIZ ist in eine ständig besetzte Einsatz-zentrale eines Regionalverbandes (RV) der Johanni-ter integriert. Die Wahl fiel auf den RV in Köln, derdurch den dort angesiedelten Auslandsrückholdienstund die Einsatzzentrale für den RV Köln sowohl diepersonellen als auch materiellen Voraussetzungenerfüllt. So ist das Personal bereits adäquat ausgebil-det, kennt die Strukturen in der JUH sehr gut undverfügt über langjährige Erfahrungen in der Einsatz-führung.

Aufgabe der MIZ ist es, Informationen zusammeln und aufzubereiten. Das heißt, sie beobach-tet die Medien (Nachrichtensender, Ticker der Pres-seagenturen) und steht mit anderen Organisationenoder Behörden (zum Beispiel GMLZ und THW) inKontakt. Die Informationen werden ausgewertet undan den Bundesverband weitergegeben. Die MIZ mel-det Ereignisse von größerer Bedeutung automatischan das GMLZ.

Aufgabe der MIZ ist es nicht einen Einsatzzu führen. Sie kann im Einzelfall bis zur Einrich-tung der lokalen Führungsstäbe diese Aufgabe

ersatzweise übernehmenund verfügt auch überdie erforderlichen tech-nischen Mittel und eineentsprechende Software.Sie ist aber nicht für län-gerfristige Führungsauf-gaben vorgesehen.

Einen ständigenKontakt zur Bundesge-schäftsstelle auch außer-halb der Bürozeitenstellt die MIZ über sepa-rate Alarmierungssyste-me sicher. Dadurch istgewährleistet, dass inner-halb kürzester Zeit auchKontakt zu Entschei-dungsträgern der Bun-desebene hergestellt wer-den kann. Für die ande-ren Hilfsorganisationenund Behörden ist damit

gewährleistet, dass die Johanniter zu jeder Tages-und Nachtzeit erreichbar sind.

Regina Villavicencio

reagieren sie auf die Katastrophen- und Unglücksfälleder letzten Jahre und sichern so eine ständigeErreichbarkeit und damit schnelle Alarmierungs-und Reaktionsfähigkeit.

Die Melde- und Informationszentrale der JUH. (Foto: JUH)

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FORUM

Malteser Hilfsdienst

Sanitätsdienst für den Katholiken-tag 2006 in Saarbrücken

„Es waren nasse, aber ruhige Tage“, fasste BenediktLiefländer, Einsatzleiter des Malteser Hilfsdienstes,den Katholikentag 2006 aus sanitätsdienstlicher Sichtzusammen: „Insgesamt haben wir in rund 310 FällenHilfe geleistet“, erläuterte Liefländer. „Dabei handel-te es sich überwiegend um leichte Verletzungen wiePrellungen, Blasen oder Schnittwunden.“ 29 Perso-nen mussten in Krankenhäuser transportiert werden.Ausdrücklich lobte Liefländer die hervorragendeZusammenarbeit mit dem Veranstalter, der Rettungs-leitstelle des Saarlandes und der Polizei. „Um einesolche Veranstaltung zu stemmen, braucht man Leute,auf deren Taten und Worte Verlass ist, damit Pla-

Malteser Hausnotruf rettet WM-Abend

Am frühen Abend des 14. Juni gibt es Alarm in derZentrale des Malteser Hausnotrufes: „Helfen Sie

mir! Dringend! Ich habekeinen Strom in der Woh-nung und heute spielt

doch Deutschland gegen Polen“, so die 78-jährigeLouise W. aufgeregt und außer Atem. „Das muss ichdoch sehen“, sagt sie verzweifelt.

Ein Sonderfall für den Hintergrunddienst desHausnotrufes der Nürnberger Malteser. Herbert

wirklich mein Retter gewesen! Jetzt kann Deutsch-land gewinnen“, meint die alte Dame zwei Stundenvor Spielbeginn strahlend und glücklich. Wie Rechtsie hatte!

Die Malteser bieten den Hausnotruf schonseit über 25 Jahren in Deutschland an. Er gehört mitfast 40.000 Kunden zu den Kerndiensten der katho-lischen Hilfsorganisation. Neben der Kompetenz derMitarbeiter vor Ort zählt die Zentrale in Oestrich-Winkel zum Garanten des Erfolgs. Die Stiftung Wa-rentest hat die hohe Qualität des Malteser Hausnot-ruf in einer aktuellen Untersuchung mit „sehrguten“ Ergebnissen bestätigt.

Online-Fotogalerie zu den Malteser Einsätzenbei der Fußball-WM

Mehr als 10.000 ehrenamtliche Helferinnenund Helfer hatten die Malteser bei der Fußball-Welt-meisterschaft im Einsatz und in Bereitschaft. Bilderrund ums Einsatzgeschehen sind in der MalteserFotogalerie unter www.malteser-fotogalerie online.Weitere Informationen dazu auch unter www.malte-ser.de – Aktuelles.

Malteser sichern bei der Fußball-WM den Public-Viewing-Bereich in Fulda.

Grote macht sich sofort auf den Weg. Er beruhigtzunächst die rüstige Endziebzigerin, sieht sich genauum und stellt fest, dass nur eine Sicherung ausge-wechselt werden muss. Kein Problem für den vielsei-tigen Malteser. Der Fußball-WM-Abend der Haus-notrufkundin ist kurz darauf gesichert: „Sie sind heute

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Malteser Kradfahrer: Fortbildungin Theorie und Praxis

Zur Vorbereitung der neuen Kradmelder-Saison fandvom 5. bis 7. Mai 2006 auch in diesem Jahr wiederein Fortbildungsseminar für die Motorradfahrer aufSchloss Gimborn im Bergischen Land unter derFührung des Leiters der Kradstaffel NRW, EngelbertTubes, statt. Auf dem Programm stand eine Fahrer-schulung in Theorie und Praxis, durchgeführt vonzwei Fahrlehrern der Polizei, Holger Balthaus undFrank Wille. Diese konnten aus ihrem Aufgabenge-biet aufschlussreiche und nützliche Hinweise geben,die mit großem Interesse aufgenommen wurden. Beieiner gemeinsamen Ausfahrt bei herrlichem Motor-radwetter konnte das Erlernte sogleich in der Praxisumgesetzt werden. Dabei wurde der nahe gelegenenMalteser Kommende in Ehreshoven ein Besuchabgestattet.

Auch die Motorradtechnik sollte nicht zukurz kommen. Da die Maschinen von den Fahrerngewartet und kleine und manchmal auch großeReparaturen selbst durchgeführt werden, konnten

auch hier vom Zweiradmechaniker der Polizei Köln,Stefan Schwarz, viele Tipps und Fertigkeiten vermit-telt werden.

Außerdem wurden vergangene Großeinsätzewie der Weltjugendtag in Köln nachbesprochensowie die kommenden Aufgaben, zum Beispiel derDeutschen Katholikentag Ende Mai in Saarbrückenoder der Papstbesuch in Bayern im September, vor-bereitet. Hier wies der Leiter Notfallvorsorge im Ge-neralsekretariat, Benedikt Liefländer, vor allem aufdie vielseitigen Aufgaben der Kradfahrer und ihrerMaschinen hin. Neben dem Melde- und Transport-wesen mit Motorrädern, das trotz des Einsatzes mo-

dernster Kommunikationstechnik einen immer grö-ßeren Stellenwert gewinnt, sind Kradfahrer auch als„First Responder“ zur schnellen Erstversorgung vonNotfallpatienten eine große Hilfe. Immer dann,wenn es sehr schnell gehen muss oder die Zufahrts-wege eng oder verstopft sind, werden Kräder alsbesonders bewegliche und flexible Einsatzmittelgeschätzt.

Malteser Kräder beim Zwischenstopp in der Kommende Ehreshoven.(Fotos: MHD)

nung und Durchführung stringent laufen können.Das hat auch in Saarbrücken wieder geklappt!“

Die Malteser waren beim Katholikentag inSaarbrücken vom 24. bis 28. Mai verantwortlich fürdie sanitätsdienstliche Versorgung der Teilnehmer.Seit genau 50 Jahren betreut die katholische Hilfsor-ganisation die Deutschen Katholikentage. ZehnÄrzte und rund 400 Einsatzkräfte waren täglich anbis zu 50 Veranstaltungsorten präsent. Die Malteseraus Saarbrücken waren mit knapp 40 Helferinnenund Helfern beim Katholikentag tätig: mit einerkompletten Sanitätsstation, in der Logistik und inder Führung. Ergebnis der intensiven Vorbereitun-gen vor Ort: Die Malteser Einsatzleitung befandsich während der fünf Tage bei der Rettungsleitstelledes Rettungszweckverbandes Saar auf dem Winter-berg. „Das ermöglichte eine schnelle und direkteZusammenarbeit“, lobte Liefländer.

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FORUM

Bevölkerungsschutz 1-2006, S. 15: „Wildwuchsdes guten Willens“ von Winfried Glass

Reservisten gern gesehen

Die grundsätzlichen Bemerkungen im Artikel vonHerrn Winfried Glass zum unkoordinierten Ange-bot von Hilfsmaßnahmen in Katastrophen in seinemArtikel in Bevölkerungsschutz 1-2006 sind richtig.Auch das noch so gut gemeinte Hilfsangebot kannstörend sein, wenn die angebotene Hilfe nicht benö-tigt wird oder eine Koordination der Hilfskräfte,ihre Versorgung und Unterbringung mehr Kräftebindet, als durch das Angebot ersetzt werden.

Leider ist die Situation aber die, dass in vielenGroßschadens- oder Katastrophenlagen eine großeZahl von Helfern benötigt wird, diese aber immerschwieriger zu gewinnen sind. Dies liegt daran, dassdie Zahl der ehrenamtlichen Helfer aus den ver-schiedensten Gründen insgesamt zurückgeht oderdiese über längere Zeiträume, vor allem in derWoche, nicht mehr in genügender Zahl zur Verfü-gung stehen. Kurz, es gibt ein „Manpower-“ und„Durchhaltefähigkeitsproblem“.

Deshalb sind die Behörden und die Menschenin betroffenen Regionen immer dankbar, wenn sieneben der qualifizierten Hilfe auch beim „banalen“Schneeschaufeln oder beim Verlegen von Sandsäckendurch die Bundeswehr unterstützt werden.

Durch die Einbindung der aktiven Verbändein Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitungvon Auslandseinsätzen sind aktive Truppenteile inKatastrophenlagen nicht immer ad hoc verfügbar undwerden durch Einsätze in der Katastrophenabwehrnoch zusätzlich belastet.

Vor allem durch den Rückgang der Präsenz derBundeswehr in der Fläche müssen die Soldaten oftüber eine weitere Entfernung von ihren Standorten zuden Einsatzorten herangebracht werden. ... Vor Ortmüssen diese Soldaten dann untergebracht und ver-pflegt werden, was eine zusätzliche Aufgabe der

ohnehin durch den Einsatz in der Katastrophenab-wehr gebundenen örtlichen Behörden bedeutet.

Ich denke, hier können Reservisten, die inihren Heimatregionen schnell und unbürokratischHilfe leisten wollen, einen großen Beitrag bei derBewältigung von Katastrophen leisten. Zudem wür-den diese Einsätze weniger Aufwand bei Transport,Unterbringung und Verpflegung bedeuten und da-mit zur Entlastung der aktiven Truppe und den ört-lichen Katastrophenschutzbehörden beitragen.

Von den Ländern wird unisono der planbareEinsatz von Ressourcen der Bundeswehr gefordert.Dies betrifft sowohl bestimmtes Material als auch Per-sonal. Die Möglichkeit, Reservisten geplant zumEinsatz zu bringen, könnte zumindest dazu beitra-gen, das Problem der fehlenden Helfer in denGriff zu bekommen.

Der Gesetzgeber hat aus diesem Grund, wieim Artikel von Herrn Glass erwähnt, bewusst imStreitkräftereserve-Neuordnungsgesetz die Möglich-keit geschaffen, dass sich Reservisten freiwillig zurKatastrophenabwehr melden. Die ZDv 20/3 nenntin ihrer Nummer 323 hierfür nähere Ausführungsbe-stimmungen.

Diese Bestimmungen ermöglichen es Reservis-ten, die in erster Linie Soldaten sein wollen unddenen der Schutz ihrer Heimat ein wichtiges Anlie-gen ist, sich auch auf diesem Gebiet einzubringen.

Damit dies in geordneten Bahnen geschieht,sind derartige Einsätze mit den zuständigen Behör-den zu planen, zu organisieren und auch zu üben,um im Katastrophenfall zu wissen, mit welcherUnterstützung gerechnet werden kann, wie schnelldiese zu Verfügung steht und wie leistungsfähig sieist. Dies wird eine der Aufgaben der zukünftigennichtaktiven Unterstützungskommandos nach Maß-gabe der Landeskommandos im Rahmen der ZMZsein.

Thomas Hirsch, Töttleben

Leserbriefe, Meinungen

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MEDIEN

Schutz und Hilfe Jahresbericht des Bundesamtes fürBevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe 2005

Das Jahr 2005 war geprägt von zahlreichen Katastro-phen im In- und Ausland. Dabei war das Bundes-amt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe(BBK) immer wieder gefordert, so beispielsweise beidem Tsunami in Südostasien, dem Hochwasser inSüddeutschland und an der Elbe, der Schneekata-strophe im Münsterland.

Einen Gesamtüberblick der geleisteten Arbeitund allgemeinen Aufgaben des Bundesamtes gibtder erste Jahresbericht des BBK.

In verschiedenen Kapiteln des Jahresberichteswerden unter anderem das Gemeinsame Melde- undLagezentrum von Bund und Ländern als zentralesInstrument des Krisenmanagements oder auch bun-

desweite Gefährdungsabschätzungen dargestellt. Vor-gestellt werden neben den klassischen Aufgaben desZivilschutzes wie beispielsweise der Warnung derBevölkerung oder der Wassersicherstellung weitereFachaufgaben des Amtes wie der Schutz KritischerInfrastrukturen, der medizinische Bevölkerungs-schutz oder die Ergebnisse eigener Forschung.

Interessierte können den Jahresbericht 2005des BBK kostenlos unter [email protected].

Sichere Städte und GemeindenUnterstützungs- und Dienstleistungs-angebote des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe für Kommunen

Dokumentation des Deutschen Städte- und Gemein-debundes No 60Verlagsbeilage „Stadt und Gemeinde INTERAKTIV“Ausgabe 5/2006

Die vom Deutschen Städte- und Gemeindebund unddem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Kata-strophenhilfe gemeinsam erarbeitete Dokumentationsoll den auf kommunaler Ebene Verantwortlichenaufzeigen, welche Informationen und aktive Unter-stützung das BBK anbieten kann. Die Broschüre bie-tet ein breites Spektrum von wirkungsvollen Metho-den, wie sich die Gemeinde selbst, aber auch Einzel-personen und Betriebe bestmöglich auf den Ernst-fall vorbereiten können um dann auch optimal rea-gieren zu können. BBK und DStGB leisten damiteinen wichtigen Beitrag für die Sicherheit der Bürge-rinnen und Bürger.

Unter www.bbk.bund.de und www.dstgb.desteht die Broschüre zum Herunterladen bereit, [email protected] kann sie auch kostenfrei angefor-dert werden.

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48 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2006

IMPRESSUMAnschrift der Redaktion:Postf 1867, 53008 Bonn

Herausgegeben im Auftrag desBundesministeriums des Innernvom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Provinzialstraße 93, 53127 Bonn

Verlag: BBK, Internet:http://www.bbk.bund.deE-Mail:[email protected]

Erscheint im Februar, Mai,August und November. Redak-tionsschluss ist jeweils der 10.des Vormonats.

Chefredaktion: Alexander KrapfTel.: 01888-550-3300Redaktion:Nikolaus Stein Tel.: 01888-550-3306Rainer Schramm Tel.: 01888-550-3305

Fax 01888-550-3340

Layout: Nikolaus Stein

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Manuskripte und Bilder nur andie Redaktion. Für unverlangteingesandte Beiträge keineGewähr. Nachdruck einzelnerBeiträge, auch im Auszug, nurmit Quellenangabe und mitGenehmigung der Redaktiongestattet.Mit Namen gezeichnete Beiträ-ge geben die Meinung desVerfassers wieder und müssennicht unbedingt mit der Auffas-sung der Redaktion über-einstimmen.

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Bei Nichterscheinen der Zeit-schrift im Falle höherer Gewaltoder bei Störung des Arbeits-friedens besteht kein Anspruchauf Haftung.

TERMINE

Termine 2006

Termine 2007

26. bis 27. August 2006:Tag der offenen Tür derBundesregierung

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13. bis 15. September 2006:acqua alta. Internationa-le Fachmesse für Hoch-wasserschutz, Klimafol-gen und Katastrophen-managementOrt: Hamburg (CCH)Info: www.acqua-alta.de

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16. September 2006:Augsburger Rettungs-symposium 2006Ort: Universität Augs-burg, Juristische FakultätInfo: www.rettungssym-popsium.de(Anmeldung erforderlich)

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19. bis 20. September 2006:2. Europäischer Kata-strophenschutzkongress.Die europäische Verant-wortung — Vorsorge undNachhaltigkeitOrt: BonnInfo: www.civil-protecti-on.com

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28. bis 30. September 2006:

FLORIAN 2006. Fach-messe für Feuerwehr,Brand- und Katastro-phenschutz Ort: Messe Dresden Info: www.messe-flori-an.de

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28. bis 30. September 2006:aescutec. Kongressmessefür Notfallmedizin, Ret-tungsdienst und Kata-strophenmanagementOrt: Messe Dresden Info: www.aescutec.de/aescutec2006

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6. bis 8. Oktober 2006:Rescue-Days. (nur mitAnmeldung)Ort: CloppenburgInfo: www.weber.de undwww.rescue-days.de

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10. bis 13. Oktober 2006:Security. Messe fürSicherheit und Brand-schutzOrt: EssenInfo: www.security-messe.de/

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24. bis25.Oktober 2006:5th Congress on Euro-pean Defence — 5. Berli-ner SicherheitskonferenzOrt: Berlin

Info: www.european-defence.com

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25. bis 28. Oktober 2006:denkmal: EuropäischeFachmesse für Denkmal-und KulturgutschutzOrt: LeipzigInfo: /www.denkmal-leipzig.de

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3. bis 4.November 2006: Deutscher Feuerwehr-Verbandstag und 52.DelegiertenversammlungOrt: Büsum Info: www.dfv.org

10. bis 12. Mai 2007:RettMobil. EuropäischeLeitmesse für Rettungund Mobilität.Ort: FuldaInfo:www.rettmobil.com

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3 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ

KULTURGUTSCHUTZ IN DEUTSCHLAND

Lübeck wurde 1143 durch Graf Adolf II. von Schau-enburg und Holstein als erste deutsche Hafenstadtan der Ostsee auf den Überresten einer älteren slawi-schen (Abotriten) Burganlage gegründet.

Dank der günstigen verkehrsgeographischenLage und konsequenten Erwerbs von (Handels)Privi-legien gewann die Stadt stetig an Bedeutung, wurde1160 Bischofssitz und schließlich 1227 Reichsstadt. Be-reits um die Mitte des 13. Jahrhunderts beherrschteLübeck den Handel im gesamten Ostseeraum.

Aus dieser frühen Zeit stammen die architek-tonischen Grundlagen, die auch heute noch dasStadtbild bestimmen. Die Grundsteinlegung des stei-nernen Domes war bereits 1173 erfolgt. Die anderenPfarrkirchen, St. Marien, St. Jakobi, St. Petri und St.Aegidien, dürften nur unwesentlich jünger sein undwurden seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhundertsim gotischen Stil weitergebaut. Die Marienkirche giltals erster gotischer Backsteinbau und Vorbild allerBacksteinkathedralen des Ostseeraums.

Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhundertskann das mit dem Giebel zur Straße gebaute Dielen-haus als das typische Lübecker Kaufmanns- und Bür-gerhaus angesehen werden. Die Bauvorschriften saheneinheitliche Parzellengrößen, gemeinsame Brand-mauern und durchgehende Geschosshöhen für neben-einander stehende Gebäude vor. Dadurch waren dieGestaltungsmöglichkeiten späterer Generationen be-grenzt; im Prinzip konnten lediglich Fassade undGebäudehöhe verändert werden. Hinter den meistenRenaissance-, Barock- und klassizistischen Fassaden,die heute das Stadtbild prägen, liegen Brandmauernund Bausubstanz des 13. und 14. Jahrhunderts.

Trotz des folgenreichen Luftangriffs von 1942,dem etwa 20 % der Altstadt zum Opfer fielen, undeiniger Bausünden der unmittelbaren Nachkriegszeitblieb die mittelalterliche Baustruktur in einzigartigerWeise erhalten, sodass die UNESCO Lübeck 1987in die Liste des Weltkulturerbes aufnahm. nps

Heute: Hansestadt Lübeck, Schleswig-Holstein

Typisch für die Altstadt von Lübeck sind die Backsteinbauten und die der Straße zugewandten Treppengiebel.

Auf dem Luftbild gut zu erkennen: die Insellage der Altstadt und die Türmeder mittelalterlichen Kirchen, denen Lübeck den Beinamen „Stadt der sieben Türme“ verdankt.(Fotos: Hansestadt Lübeck)

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Bevö lkerungsschu t zBundesamt für Bevölkerungsschutzund KatastrophenhilfePostfach 1867, 53008 BonnPVSt, Deutsche Post AG, Entgelt bezahlt, G 2766

In der letzten Ausgabe hat sich an dieser Stelle ein Feh-ler eingeschlichen. Das Foto zeigt nicht das Infrarot-Fernerkundungsgerät; das richtige Foto liefern wir nunnach (oben).Viel Technik gab es auch bei der Internationalen Luft-und Raumfahrtausstellung (ILA) im Mai in Berlin zu be-wundern. Den wahrscheinlich letzten ILA-Auftritt hatteder Zivilschutz-Hubschrauber vom Typ Bell 212(Titelbild); ab 2007 ersetzt der Bund die bisher einge-setzten Maschinen durch die EC 135 T2i (Artikel S. 39).

(Titelbild: Julian Löhe, copterweb.de; Foto oben: BBK)

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