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Prof. Dr. Alfred Holzbrecher Classroom- Management & Störungen / Konflikte im Unterricht

Management - ph- · PDF fileEntwicklung von Classroom-Management-Kompetenz durch Methoden & Spiele zur Förderung der Gruppendynamik / Lern- und Beziehungsgeschichte der Klasse 1

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Prof. Dr. Alfred Holzbrecher

Classroom-Management & Störungen / Konflikte im Unterricht

Classroom-Management: was versteht man darunter?

…aus einem Inhaltsverzeichnis:

Dimensionen der Klassenführung (Kounin)

ProfessionalisierungsFortschritte (Mühlhausen 2008: 30)

Unterrichtsstörungen als Unterbrechung des Unterrichtsgangs

• haben eine Vorgeschichte

• beeinflussen – v.a. über die Reaktion der Lehrperson – das folgende Unterrichtsgeschehen bzw. die Lehrer-Schüler-Interaktion – im institutionellen Rahmen Schule (vgl. Kollegium,

Schulgesetze)

– Kommunikationskultur in Lerngruppe

– Lern-/Leistungsbereitschaft der Schüler/innen

– eig. Berufszufriedenheit / Professionalitätsentwicklung

Situationsmodell (Schulz von Thun)

Situationsmodell im systemischen Kontext

Konflikt-Wahrnehmung

Handlungsmatrix

1. Betroffenheit einschätzen – Schein-, Rand-, Zentral- oder Extremkonflikt

2. Erstverhalten / Handlungsaufschub? 3. Wahl der Methode

– (Klärung mit Einzelperson, in Partner- oder Gruppenarbeit)

4. Ursachenforschung 5. Klärung der Zielsetzung(en) 6. Suche nach Handlungsmöglichkeiten (vgl. Becker, Lehrer lösen Konflikte)

EntwicklungsAufgabe: Mehrperspektivische Konfliktanalyse

Lesarten generieren • … durch Reflexion / Einbeziehung

unterschiedlicher Interpretationskontexte – Schülersubjekt

– Schüler/in im familiären Kontext und sozio-/ kulturellen Milieu

– Gleichaltrigengruppe / Klasse

– Lehrer-Schüler-Interaktion / Unterrichtsgeschehen

– Institutioneller Kontext / Setting Schule

EntwicklungsAufgabe: Mehrperspektivische Konfliktanalyse

Lesarten generieren • Schüler/in

– Entwicklungsalter / alterstypische psychosoziale Konfliktkonstellationen bzw. Entwicklungsaufgaben

– (Re-)Inszenierung nicht verarbeiteter Konflikte; ödipale Fantasien

– (Schüler)Ängste: Versagensangst, Existenzangst, Lernangst, Trennungsangst, Stigmatisierungsangst, Strafangst…, Traumata (vgl. Flüchtlingskinder)

EntwicklungsAufgabe: Mehrperspektivische Konfliktanalyse

Lesarten generieren • Schüler/in im familiären Kontext und sozio-/

kulturellen Milieu Probleme im Elternhaus (Trennung, Alkoholismus,

aggressive Konfliktmuster…)

milieuspezifische bzw. kulturbedingte Wertemuster (vgl. Vermeidung von Augenkontakt, kulturell konditionierte Gesten/Körperhaltungen, patriarchale Verhaltensmuster..)

EntwicklungsAufgabe: Mehrperspektivische Konfliktanalyse

Lesarten generieren • Gleichaltrigengruppe / Klasse

– Entwicklungsalter / Dynamik der Jugendkultur: Identitätsarbeit durch Konstruktion „des Eigenen“ // Abgrenzung vom „Anderen/Fremden“

– Gruppendynamik / Lern- und Beziehungsgeschichte der Klasse 1. Forming: Sich kennenlernen, einschätzen, einordnen,

Konventionen suchen... 2. Storming: Auseinandersetzung, Rollenkonflikte 3. Norming: Sich festlegen, Ziele definieren, entscheiden 4. Performing: Arbeitsphase, Kooperation 5. Re-Forming: Bilanz, Erfahrungsaustausch

EntwicklungsAufgabe: Mehrperspektivische Konfliktanalyse

Lesarten generieren • Lehrer-Schüler-Interaktion /

Unterrichtsprozess

– Klarheit… des Unterrichtsgangs (vgl. Merkmale „guten Unterrichts“)

– Abwechslung / Methodenvielfalt (vgl. mediale Prägung der Wahrnehmungsgewohnheiten)

– Lern-Geschichte/n in der „sozialen Skulptur Klasse“

EntwicklungsAufgabe: Mehrperspektivische Konfliktanalyse

Lesarten generieren • Lehrer-Schüler-Interaktion /

Unterrichtsgeschehen – Persönlichkeit und Professionalität der Lehrperson

(vgl. biografische Erfahrungen, Verhaltensmuster, Empathiefähigkeit, Reflexivität, Humor…)

– Lehrerängste (Autoritätshörigkeit / Versagen, Übertragung eigener Schwächen oder des institutionellen Drucks auf Schwächere / Schüler/innen • Sündenbock

• Sch. soll sein, wie man selbst ist

• .. gerne gewesen wäre, aber nicht sein durfte

EntwicklungsAufgabe: Mehrperspektivische Konfliktanalyse

Lesarten generieren • Institutioneller Kontext / Setting Schule

– Bewertungs- und Prüfungsdruck (vgl. Versetzung, Benotung)

– Verbindlichkeit von Absprachen im Kollegium zum Umgang mit Störungen und Konflikten

– „strukturelle Gewalt“: vgl. Zuweisung sozialer Stellung durch selektionsorientiertes Schulsystem

EntwicklungsAufgabe: Mehrperspektivische Konfliktanalyse

Lesarten generieren • ..und damit das Spektrum an

Handlungsoptionen („Register“) erweitern durch

– „Verstehen“ des Konflikts

– Antizipation möglicher Folgen

„Wer nur einen Hammer hat, dem erscheint die ganze Welt als Nagel“

Sensibilisierung: Kommunikationspsychologische

Perspektive

Sensibilisierung: Kommunikationspsychologische

Perspektive • dem entsprechen auf der Hörer-Seite

4 „Ohren“

Sachohr

Selbstoffb.ohr Appellohr

Beziehungsohr

Sensibilisierung: Kommunikationspsychologische

Perspektive Oder: wer nimmt die Störung / den Konflikt in welcher

Weise wahr? Sachohr:

um was geht es? Sachgehalt des Konflikts?

Beziehungsohr: „was hast du mir da angetan?“; Angriff auf eigene Person;

mag er mich (nicht)?

Selbstoffenbarungsohr: was sagt der störende Schüler mit seinem Verhalten über

sich selbst / seine Handlungsmotive.. aus?

Appellohr: Was soll ich (seiner Einschätzung nach) tun? Zu welcher

Reaktion fordert er mich auf?

Zirkularität menschlicher Kommunikation. Oder: Auch Lehrer- und Schülerverhalten

bedingen sich wechselseitig

„Register“ von Handlungsoptionen erweitern

• Unterscheidung „Intervention“ und „Prävention“

– direkte Reaktion in Störungs-/Konfliktsituation

– präventive Arbeit (in kollegialer Kooperation)

„Register“ von Handlungsoptionen erweitern

• Unterscheidung „Intervention“ und „Prävention“

– direkte Reaktion in Störungs-/Konfliktsituation

• ignorieren?, humorvoll kommentieren?, nebenbei nonverbal lösen? individuelle Ermahnung? kollektive Ermahnung? Bestrafung? Ankündigung von Konsequenzen?...

– präventive Arbeit (in kollegialer Kooperation)

„Register“ von Handlungsoptionen erweitern

• Unterscheidung „Intervention“ und „Prävention“

– direkte Reaktion in Störungs-/Konfliktsituation

– präventive Arbeit (in kollegialer Kooperation) an

• Regeln, Ritualen, Routinen/Verhaltensmustern

• Klassenmanagement als vorausplanendes Handeln (Vorbereitung des Raums/der Materialien, Vereinbarung von Regeln und Konsequenzen, Unterstützung der Lern-/Gruppendynamik, Klärung von Verantwortlichkeiten etc.)

Konflikte in der multikulturellen Klasse

Prof. Dr. Alfred Holzbrecher

Spannungsfelder im Lehrberuf

• Nähe – Distanz • Beziehungsarbeit – strukturelle (System)Zwänge • Subjektorientierung – Sach-/ Aufgabenorientierung • Orientierung am einzelnen Fall – Subsumption unter

Pauschalkategorie Thesen: „Brille“ der Spannungsfelder ermöglicht, sich (subjektiv

„passend“) zu positionieren Unprofessionell ist, Spannungsfelder („unterkomplex“)

auflösen zu wollen

Spannungsfelder im interkulturellen Feld

• Kulturrelativismus vs. Universalismus: – Inwiefern kann Schule Differenz / „kulturelle Eigenart“ wertschätzen

und anerkennen? vs. muss sie auf einem universalistischen Anspruch („Regeln gelten für alle“) beharren?

• Inklusion vs. Exklusion:

– „alle anders – alle gleich“ / alle gehören mit ihrer EigenArt dazu und werden als Gleichwertige behandelt vs. Exklusion / Separierung, Sonderklassen…

• Kulturalisierung vs. Subjektorientierung:

– Zuschreibung eines (“fremden“, auffälligen..) Verhaltens einer bestimmten Gruppe („Subsumption“) / „Kultur“ vs.

Orientierung am Subjekt / psychosoziale Entwicklung

EntwicklungsAufgabe: Mehrperspektivische Konfliktanalyse

Lesarten generieren • … durch Reflexion / Einbeziehung

unterschiedlicher Interpretationskontexte – Schülersubjekt

– Schüler/in im familiären Kontext und sozio-/ kulturellen Milieu

– Gleichaltrigengruppe / Klasse

– Lehrer-Schüler-Interaktion / Unterrichtsgeschehen

– Institutioneller Kontext / Setting Schule

Werte- und Entwicklungsquadrat (Schulz von Thun)

Werte- und Entwicklungsquadrat (Schulz von Thun)

Analyse & Interpretation interkultureller Konflikte

- Schrittfolge: - 1. Identifizieren /

- 2. Interpretieren /

- 3. Bewerten /

- 4. Suche nach professionellen Handlungsmöglichkeiten

(Versuch einer) Unterscheidung zwischen „kultur“-bedingten und subjekt- / entwicklungsbedingten Konfliktursachen: Vermeidung kulturalisierender Deutungsmuster

Klassifizierung der Konflikte (Extrem-, Zentral-, Kern-, Scheinkonflikt) (vgl. Becker)

Analyse der Kommunikationssituation nach Schulz von Thun (unter Berücksichtigung

- der institutionellen Rahmung der Konfliktsituation

- der möglichen Handlungsfolgen der eig. Intervention (vgl. „Teufelskreise“)

Quantität und Qualität interkultureller Konflikte in Schule und Unterricht

• (Nicht-)Teilnahme an Schullandheim-Aufenthalt

• (Nicht)Teilnahme muslimischer Mädchen am

Sportunterricht

• Körperliche Nähe / Berührung zwischen muslimischen

Mädchen und Jungen

• Fehlender Ersatz für Religionsunterricht

• Machogehabe / Frauenbild der Jungs (vgl.

Respektprobleme v.a. männlicher Schüler den weibl.

Lehrkräften gegenüber)

• Unterrichtsstörungen auf Grund fehlender

Sprachkenntnisse (Verstehensproblem)

Quantität und Qualität interkultureller Konflikte in Schule und Unterricht

• Hypersensibilität / Empfindlichkeit der Sch. bei

Zurechtweisung wg. Fehlverhalten

• Hypersensibilität / Empfindlichkeit der Sch. in

Glaubensfragen

• Nahrungsmitteltabus: Schweinefleisch im Mensa-

Angebot

• Gruppenbildung / Konflikte zwischen Migrantengruppen

(Kurden - Türken, Russlanddeutsche - Türken...) als

Anlass für soz. Konflikte in der Klasse

• Unsicherheit der L. bei Einschätzung interkultureller

Qualitäten von Konflikten

Fallbeispiele 1. Einige arabische Mädchen weigern sich im Unterricht, neben

Jungen zu sitzen oder gar diese zu berühren. Außerdem lehnen sie es ab, zusammen mit der Klasse Feste zu feiern oder zu frühstücken. Der Lehrperson fällt es sehr schwer, diese Mädchen in die Klassengemeinschaft zu integrieren und eine solche Haltung zu akzeptieren.

2. Frau Mayer hat drei türkische Jungen in ihrer 6. Klasse. Diese stören oft den Unterricht, hören nicht zu oder tun so, als ob sie nichts gehört hätten. Auch Anweisungen von Frau Mayer folgen sie nicht. Ihre Deutung: „Türkische Männer lassen sich von Frauen nichts sagen.“

3. Ein 8-jähriges muslimisches Mädchen trägt ein Kopftuch während des Unterrichts. Die Lehrerin will ein Kopftuchverbot in ihrem Unterricht durchsetzen, aber das Mädchen verlässt vorzeitig die Schule, weil ihr Vater angeblich die gemeinsamen Busfahrten mit Jungen zur Schule unterbinden will. Die Lehrperson zeigt keinerlei Toleranz in Bezug auf das Tragen von Kopftüchern bei noch „unmündigen“ Kindern.

Entwicklung von Classroom-Management-Kompetenz durch Methoden & Spiele

zur Förderung der Gruppendynamik / Lern- und Beziehungsgeschichte der Klasse 1. Forming: Sich kennenlernen, einschätzen, einordnen,

Konventionen suchen...

2. Storming: Auseinandersetzung, Rollenkonflikte

3. Norming: Sich festlegen, Ziele definieren, entscheiden

4. Performing: Arbeitsphase, Kooperation

5. Re-Forming: Bilanz, Erfahrungsaustausch

Unterrichtsmethoden: Versuche einer Systematik

(Hallet 2006:72 ff.)

Funktionen von Methoden:

1. Initiierung, Strukturierung und Förderung von Lernprozessen

2. Strukturierung von Lerninhalten

3. Initiierung und Strukturierung von Interaktionen

4. Initiierung und Strukturierung von Diskursen

Unterrichtsmethoden: Versuche einer Systematik (Knoll, Erw.bildung

• M. zum Einstieg • M. zur Erschließung von Inhalten • M. mit darbietendem Charakter • Stofforientierte Methoden • Gestalterisch akzentuierte / kreativitätsfördernde

Methoden • Meditativ akzentuierte Methoden • M. zur Entwicklung von Beteiligung und

Gruppenzusammenhang • M. zur Ergebnissicherung • M. zur Auswertung und Nacharbeit (Knoll 1999)

Unterrichtsmethoden: Versuche einer Systematik

Prozess-Perspektive

• M. zur (einführenden) Information

• M. zur Planung

• M. zur Beratung

• M. zur Ausführung

• M. zur Evaluation

• M. zur Bewertung (Peterßen 2009)

Unterrichtsmethoden: Versuche einer Systematik

Produkt-Perspektive

• M. zur Arbeit an Sachkompetenz

• M. zur Arbeit an Moralkompetenz

• M. zur Arbeit an Sozialkompetenz

• M. zur Arbeit an Methodenkompetenz (Peterßen 2009)

Spiele: Kategorien

• Kennenlernspiele • Spiele zur Gruppeneinteilung • Auflockerungsspiele • Bewegungsspiele • Diskussionsspiele • Erzähl-/Schreibspiele • Ratespiele • Rollenspiele • Kreativitätsförderung • Gruppenarbeit /-dynamik, Kontaktspiele • Feedback / Evaluation

Literatur

• Eichhorn (2008), Classroom Management, Stuttgart

• Haag/Streber (2012), Klassenführung. Erfolgreich unterrichten mit Classroom Management, Weinheim/Basel

• Becker (2006), Lehrer lösen Konflikte, Weinheim/Basel

• Kiel (2011), Herausfordernde Situationen in der Schule, Bad Heilbrunn

• Kumbier/Schulz v. Thun (2006): Interkulturelle Kommunikation: Methoden, Modelle, Beispiele, Reinbek

• Mühlhausen (2008), Abenteuer Unterricht. Wie Lehrer/innen mit überraschenden Unterrichtssituationen umgehen, Baltmannsweiler

• Schulz v. Thun (1981): Miteinander reden: Störungen und Klärungen, Reinbek