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Managementtrend: Missbrauch von Coaching

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Die Rolle des Coachs ist die eines Vertrauten. Daraus ergeben sich klassische Dilemmasituationen, in denen Coaching falsch oder nichtangemessen eingesetzt wird. von Prof. Dr. Gerhard Fatzer in Alpha Stellenmarkt der Schweiz

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Page 1: Managementtrend: Missbrauch von Coaching

Bei einem weltweit angelegten Projekt zur«Nachwuchsförderung der besten zukünfti-gen Führungskräfte», wo ein Heer von «Ent-wicklungs-Coaches» die jeweiligen «HighPotentials» mit Hilfe der Umfrageresultateaus einem 360°-Feedback oder einem Team-training entwickeln sollte, erreichte dasCoaching nur in den wenigsten Fällen diegewünschte Nachhaltigkeit.Coaching wird immer wieder falsch einge-setzt. Der Coach als Vertrauensperson gerätin folgende klassische Dilemma-Situationen.Loyalitätsdilemma: Bin ich der Führungs-kraft oder der Organisation verpflichtet,wenn ich Widersprüchliches wahrnehme. Ist

eine wirkliche Auseinandersetzung einzu-steigen. Der Coach, gleichzeitig ein erfahre-ner Organisationsberater, schlug ihm nachdiversen Vorgesprächen mit Amtsleiter undeiner Qualitätsberaterin ein langfristigesTransformationsprogramm vor, mit dem erseine Schule zukunftsfähig machen könnte.Nachdem zu Beginn des Coachings der Rek-tor unter enormem Handlungsdruck stand,blieben nun plötzlich Entscheidungen aus.Den Lehrerinnen und Lehrern hatte er,durch die Mitteilung, dass er sich begleitenlasse, versucht, den Wind aus den Segeln zunehmen. Den Coach hatte er darüber imDunkeln gelassen. Erst die Rückmeldung andie Qualitätsberaterin, die dem Rektor einCoaching als Voraussetzung für ein Quali-

tätsmanagement em-pfohlen hatte, erhöh-te den Druck.In der Anfangsphaseeines Coachings istes oft schwierig, diebeabsichtigten Zieledes Kunden (ob gutoder missbräuchlich)abzuschätzen. Der

Die Rolle des Coachs ist die einesVertrauten. Daraus ergeben sichklassische Dilemmasituationen, indenen Coaching falsch oder nichtangemessen eingesetzt wird.

von Prof. Dr. Gerhard Fatzer (*)

Coaching ist einer der heutigen Manage-menttrends. Galt früher die Aussage einerFührungskraft, dass sie für ihre Tätigkeit einCoaching in Anspruch nahm, als Einge-ständnis von Schwäche oder als «Therapie-verdacht», gilt heute das Begleiten durchgutes Coaching als Qualitätsmerkmal einesprofessionellen «Leaders».Unternehmen, Schulen und Verwaltungeninvestieren in diese Massnahme. Coachingist eine sinnvolle Massnahme und kann beivielen «guten Anlässen» eingesetzt werden(Übernahme einer neuen Führungsaufgabe,Einstieg in eine neue Unternehmenskultur,Verschmelzen von verschiedenen Professi-onskulturen bei Fusionen oder Übernah-men). Grundsätzlich eignet sich Coachingbeim Definieren, Gestalten und Durchsetzeneiner Führungsrolle. Allerdings unterliegt

dieser Modetrend vielen Gefahren und wirdfalsch oder missbräuchlich eingesetzt. Klas-sischerweise erfolgt Coaching durch externeUnterstützung, wird bei grossen Projektenauch intern eingesetzt.

Coaching zur «Gesichtswahrung»Häufig wird ein Coach von einer oberenFührungskraft, die sich in akuten Schwierig-keiten befindet, für Unterstützung angefragt.Das ist vordergründig ein guter Beratungs-anlass. Wird aber Coaching benutzt, um imHintergrund schwelende Konflikte zu ver-decken, ist es wirkungslos.Exemplarisch fand dies statt bei einer An-frage eines Rektors einer Mittelschule, dergegen den Willen seiner Lehrerschaft eineProrektorin «durchgesetzt» hatte. Der Rek-tor schilderte dem externen Coach unterBenutzung einer Vielzahl von Dokumenten,Klimabefragungen, Medienberichten undMemos, wie der Konflikt entstanden war. Erwar seit anderthalb Jahren in dieser Posi-tion, kam aus der Industrie und sah sichselbst als begnadeten Kommunikator, der al-lerdings in der Kommunikation häufig Pas-sagen aus dem Schulgesetz einsetzte, statt in

Coach ist auf ehrliche Informationen ange-wiesen, damit das Coaching nachhaltig wir-ken kann.

Unsteuerbare SystemeZurzeit stehen viele Firmen, Verwaltungenoder Spitäler vor flächendeckenden Verän-derungsprojekten. Fachhochschulen werdenzu gigantischen «Supersystemen» geformt,obwohl von den multinationalen Konzernenbekannt ist, dass zunehmende Grösse zu Un-steuerbarkeit des Systems führt.Bei Fusionen erliegen viele der «Synergie-Illusion». Die fusionierten Unternehmenprofitieren nicht nur von allfälligen Vorteilender beteiligten Kulturen. Oft werden sogarSchwächen und Nachteile multipliziert. Auf-gabe der Führungskräfte ist es dann, Sub-kulturen zu verschmelzen und wie amBeispiel der Fachhochschulen, ehemaligeDirektoren von eigenständigen, Jahrzehntegut funktionierenden Ausbildungsinstitutio-nen, als neue Mitarbeiter zu führen. In solchschlecht durchdachten und fehlerhaft ge-planten Veränderungsprozessen wird oft aufCoaching als ungeeignete Unterstützungs-massnahme zurückgegriffen.

Sechs Coaching-DilemmataDas Coaching der einzelnen Führungskräftestatt der Thematisierung der Gesamtwider-sprüche führt nicht zum gewünschten Effekt.Die Führungskräfte fühlen sich vielleichtbesser, aber die verschmolzenen Subkultu-ren erzeugen nicht die gewünschte Synergie.

Missbrauch von CoachingManagementtrend Coaching

(Fortsetzung auf Seite 3)

Gerhard Fatzer

EINE PUBLIKATION DER VERLAGE TAGES-ANZEIGER UND SONNTAGSZEITUNG.SAMSTAG /SONNTAG, 2. / 3. SEPTEMBER 2006.AUFLAGE 439‘316. INSERATE: 044/248 10 10, FAX 044/248 41 91 Weitere Kaderstellen täglich im Internet: www.alpha.ch

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(Fortsetzung von Seite 1)

der Coach der Einflüsterer der Führungs-kraft oder ein kritischer Dialogpartner?Kommunikationsdilemma: Welche Informa-tion sollte der Coach für sich behalten undwelche an Mitarbeiter weitergeben? Grund-sätzlich herrscht die Schweigepflicht. Siekann aber zur vollkommenen Unglaubwür-digkeit des Coachs führen.Dilemma der Überidentifikation: Viele Coa-chings sind dadurch unwirksam, weil sichder Coach nur mit dem «Leader» identifi-ziert und ihm oder ihr keinen kritischenSpiegel mehr präsentiert.Ego-Dilemma: Wie garantiere ich, dass dasCoaching nicht nur zu einer speziellen Ich-Übertreibung der Führungskraft beiträgt?Ziel eines guten Coachings ist es, die Ich-Stärke zu fördern, aber nicht den Egoismus.Qualifizierungs-Dilemma: Mittels Coachingsollte die Führungskraft nicht in die Lageversetzt werden, via den Coach Urteile überMitarbeiter zu bilden, die zu einer Abquali-fizierung führen können.Freundschafts-Dilemma: Durch Coachingentstehen viele freundschaftliche Gefühle,da der Coach ja «Mit-Pilot» wird. GutesCoaching behält die nötige Distanz, da sonsteine Aussenwahrnehmung des Kunden nichtmehr möglich ist.Die fehlende Distanz ist bei Politikern oderKonzernchefs zu beobachten, die durch Ehe-frauen oder Freundin gecoacht werden. Dasmag zwar gutgemeintes Aufbautraining sein,aber mit professionellem Coaching hat dieswenig zu tun.

(*) Gerhard Fatzer ist Leiter des Trias Instituts für

Coaching und Organisationsentwicklung in Grüningen.

(www.trias.ch, [email protected])

fiziente Anwendung des Brand Cycle geltendrei Leitsätze: Erstens müssen alle Marken-aktivitäten auf die Vision, die Werte und dieBotschaften der Marke fokussiert werden.Das erfordert eine kreative Reduktion aufdas Wesentliche. Zweitens muss das Homo-genisieren aller Markenaktivitäten – auchder gesamten Kommunikation – zu einer insich stimmigen Markenerlebniskette führen.Dazu muss «Beschränkung» als kreativeHerausforderung verstanden werden. ZumDritten sorgt das langfristige Penetrieren derMarkenpersönlichkeit für Präsenz ohne jedeLangeweile, wenn kreative Lebendigkeit dieMarkenpersönlichkeit aktuell hält.

Risikoabsicherung statt MutAuch heute sind die grundlegenden unter-nehmerischen Tugenden Mut, Durchset-zungskraft und Zähigkeit Garanten dafür,den Traum vieler zu realisieren: Marken zuschaffen, die die Welt verändern.Diese geforderten Tugenden erscheinen al-lerdings seltsam unzeitgemäss. Die Erforder-nisse erfolgreicher Markenführung wider-sprechen vielfach und an zentralen Punktenden Gegebenheiten weitgehend bürokrati-sierter Grossunternehmen der Gegenwart.Wo Mut und visionäres Denken gefordert wä-ren, herrscht Risikoabsicherung, Sicher-heitsdenken, Absicherung durch Markt-forschung. Statt Durchsetzung bewegenderund innovativer Ideen dominiert die Suchenach dem kleinsten gemeinsamen Nenner.

(*) Jürgen Häusler ist Chief Executive Officer von Inter-

brand Zintzmeyer & Lux in Zürich.

(www.interbrand.ch, [email protected])

Risikoabsicherung und Sicherheits-denken in den Unternehmen ver-hindern den Aufbau von Marken,welche die Welt verändern. Ge-fragt sind die Tugenden Mut,Durchsetzungskraft und Zähigkeit.

von Prof. Dr. Jürgen Häusler (*)

Marken verändern die Welt, indem sie invielfältiger Art und Weise unser alltäglichesVerhalten sehr konkret beeinflussen. Googlebeeinflusst massiv unser Kommunikations-und Informationsverhalten. Microsoft be-stimmt unseren Arbeitsalltag. Und Markenwie Coca-Cola oder McDonald’s verändernnicht nur unsere Ess- und Trinkgewohnhei-ten, sie verändern auch unsere körperlichenMasse.

Marke als SozialisationsinstanzDer Einfluss von Marken basiert darauf,dass sie als Identifikationsangebote an zu-nehmend orientierungslose Konsumentenderen Verhalten weit über den banalen Kauf-und Konsumtionsakt hinaus prägen: Span-nend ist, was Google spannend findet. Gutschmeckt, was McDonald’s als gut schme-ckend definiert und in sein Angebot über-nimmt. Professionelles Kommunikationsver-halten wird so definiert, wie Microsoft diesvordenkt, und es sich in Form und Inhalt desE-Mail-Systems widerspiegelt. Aus den «ge-heimen Verführern» der 50er- und 60er-Jahre («Reklame») sind mittlerweile bedeu-tende Sozialisationsinstanzen geworden.Erfolgreiche Marken setzen im verschärfteninternationalen Wettbewerb immer wiederZeichen. Ihr entscheidendes Merkmal: Siebesitzen global erfolgreiche Markenpersön-

lichkeiten, die nicht nur zur Kenntnis ge-nommen werden sondern zur Identifikationanstiften. So schaffen sie Nachfrage und si-chern die Nachfrage mittelfristig. Dies mini-miert das Geschäftsrisiko und steigert denUnternehmenswert langfristig und nachhal-tig. Daher sind Marken wertvoll.

Starke UnternehmerpersönlichkeitInterbrand hat gerade wieder die Liste der100 wertvollsten Marken der Welt veröffent-licht. Bemerkenswert auf den ersten Blick:Weitgehend unabhängig von konjunkturellenAuf und Abs entwickelt sich der Gesamtwertdieser globalen Markenelite stetig nachoben. Noch bemerkenswerter sind aber dieeinzelnen Geschichten «hinter» diesen Er-folgsgeschichten. Sie sind verbunden mitüberzeugenden Ideen, die sich in sich konti-nuierlich entwickelnden attraktiven Angebo-ten niederschlagen. In diesem Sinne dienensie als Lehrbeispiele für international er-folgsorientiertes Markenmanagement.Dabei fällt auf, dass viele wertvolle Marken-persönlichkeiten eng mit starken Unterneh-merpersönlichkeiten verbunden sind. Diesist kein Zufall. Ein Unternehmer in seinerursprünglichen Ausprägung will immer dieWelt ein Stück weit verändern. Er hat einezukunftsfähige Vision und betrachtet es als

sein Lebenswerk,diese durch mutigeunternehmerischeEntscheidungen auchzu verwirklichen.Dadurch erschafft ereine Marke, derenVision und Wertedie Welt tatsächlichverändern; weit über

sein eigenes Wirken hinaus. Offensichtlichbedarf es der natürlichen Autorität undMacht dieser Unternehmerpersönlichkeiten,um mutige Vorstellungen notfalls auch gegenWiderstände durchsetzen zu können. In denzunehmend auf breiten Konsens zielendenUnternehmen werden dagegen neue Ideen oftin endlosen Abstimmungsprozessen so langein Frage gestellt, bis sie vollkommen verwäs-sert oder gleich ganz verworfen werden.

Kreislauf mit drei LeitsätzenMarken brauchen eine starke Führung. Mar-kenführung sollte daher zentrale Vorstands-bzw. Geschäftsführungsaufgabe sein. Zumin-dest sollte ein effizientes Markenmanage-ment mit entsprechender Aufbau- undAblauforganisation sowie den notwendigenInstrumenten eingerichtet werden. Gerade inMehrmarkenkonzernen wird dies zunehmendzu einer strategischen Schlüsselfunktion.Die Entwicklung von erfolgreichen Marken-persönlichkeiten lässt sich keineswegs demDiktat von Analysten, Quartalsberichten undkurzfristigen Umsatzzielen unterwerfen. Esbedarf grosser unternehmerischer Weitsicht,auch in ökonomischen Schwächephasen,weiter in die Marke zu investieren und sichdadurch gezielt von der Konkurrenz abzuset-zen. Eine Markenpersönlichkeit ist nie fer-tig, sondern muss in einem fortlaufendenProzess immer wieder neu belebt und wei-terentwickelt werden.Dies macht den Markenentwicklungsprozesszum Kreislauf. Die kontinuierlich inspirierteund intelligente Kreation, das professionelleManagement sowie die sorgfältige und ste-tige Evaluation der Marke sind ausschlagge-bend für die nachhaltig erfolgreiche Mar-kenentwicklung. Für die erfolgreiche und ef-

Neue alte TugendenGlobale Markenführung

Jürgen Häusler

Der Anlass zum ThemaDer Autor ist Referent am 1. Tag derZuger Wirtschaft vom 13. Septem-ber 2006. Er spricht zum Thema«Starke Marken erobern Märkte».Informationen und Anmeldung: ZfUInternational Business School.([email protected], 044 722 85 85)

Der Anlass zum ThemaVom 28. bis 30. September 2006findet der Trias-Kongress 2006 zumThema «Nachhaltige Transformati-onsprozesse» in Zürich statt.(www.kongress.trias.ch)