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MARGARET WEIS & TRACY HICKMAN Die Geschichte der Drachenlanze 3 + 4

MARGARET WEIS & TRACY HICKMAN Die Geschichte der ......Erdboden.Von dem niedrigen Tisch,dem einzigen Möbelstück in der Schutzhütte,war lediglich ein Haufen von zerbrochenen und

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Page 1: MARGARET WEIS & TRACY HICKMAN Die Geschichte der ......Erdboden.Von dem niedrigen Tisch,dem einzigen Möbelstück in der Schutzhütte,war lediglich ein Haufen von zerbrochenen und

MARGARET WEIS & TRACY HICKMAN

Die Geschichte der Drachenlanze 3 + 4

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Die Welt der DRACHENLANZE bei Blanvalet:

Die Chronik der DRACHENLANZE

1. Drachenzwielicht (24510) • 2. Drachenjäger (24511) • 3. Dra-chenwinter (24512) • 4. Drachenzauber (24513) • 5. Drachenkrieg

(24516) • 6. Drachendämmerung (24517)

Die Legenden der DRACHENLANZE

1. Die Brüder (24527) • 2. Die Stadt der Göttin (24528) • 3. DerKrieg der Brüder (24530) • 4. Die Königin der Finsternis (24531) •

5. Der Hammer der Götter (24533) • 6. Caramons Rückkehr(24534)

Der Zauberer der DRACHENLANZE

1. Die Zauberprüfung (24907) • 2. Der Zorn des Drachen (24930)

Die Geschichte der DRACHENLANZE

1. Die Zitadelle des Magus (24538) • 2. Der Magische Turm (24539)• 3. Die Jagd des Toede (24540) • 4. Der Zauber des Palin (24541) •

5. Der edle Ritter (24542) • 6. Raistlins Tochter (24543)

Der Krieger der DRACHENLANZE

1. Der Dieb der Zauberkraft (24816) • 2. Die Ritter der Krone(24817) • 3. Verhängnisvolle Fahrt (24845) • 4. Tödliche Beute(24846) • 5. Die Ehre des Minotaurus (24847) • 6. Die Ritter desSchwerts (24887) • 7. Theros Eisenfeld (24888) • 8. Der Lanzen-schmied (24889) • 9. Diebesglück (24890) • 10. Die Ritter der Rose

(24891)

Drachenauge – Stories aus der Welt der Drachenlanze (24908)Drachenlanze – Die Neue Generation (24621)

Die Erben der DRACHENLANZE

1. Drachensommer (24708) • 2. Drachenfeuer (24718) • 3. Drachen-nest (24782) • 4. Die Grube der Feuerdrachen (24783) • 5. Der letz-te Getreue (24938) • 6. Der Marionettenkönig (24939) • 7. Die blin-

de Priesterin (24967)

Die Nacht der DRACHENLANZE

1. Die silbernen Stufen (24143) • 2. Auf roten Schwingen (24144) •3. Die schwarzen Ritter (24167) • 4. Der Sturz der Götter (24186)• 5. Der Tag des Sturms (24187) • 6. Die List der Drachen (24188) • 7. Sturz ins Ungewisse (24228) • 8. Der Dorn des Drachen (24229)

• 9. Die Erlösung (24253)

Die Kinder der DRACHENLANZE

1. Drachensturm (24971) • 2. Die Drachenkönigin (24972) • 3.Krieg der Seelen (24171) • 4. Der verlorene Stern (24172) • 5. DieDrachen des verlorenen Mondes (24238) • 6. Die Herrin der Dun-

kelheit (24244)

Weitere Bände sind in Vorbereitung.

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MARGARET WEIS & TRACY HICKMAN

Die Geschichte der Drachenlanze 3+4

Die Jagd des Toede

Der Zauber des Palin

Zwei Folgen in einem Band!Aus dem Amerikanischen

von Marita Böhm

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Originaltitel: DRAGONLANCE® Saga,Tales 2:»Kender, Gully Dwarfes and Gnomes«

Originalverlag: TSR, Inc., Renton, U.S.A.

Umwelthinweis:Alle bedruckten Materialien dieses Taschenbuches

sind chlorfrei und umweltschonend.

1.AuflageTaschenbuchausgabe 7/2004

© TSR, Inc., 1987, 2004All rights reserved.

TSR, Inc. is a subsidiary of Wizards of the Coast, Inc.DRACHENLANZE and the Wizards of the Coast Logo areregistered trademarks owned by Wizards of the Coast, Inc.

All Wizards of the Coast characters, character names, and the distinctive likenessesthereof are trademarks owned by Wizards of the Coast, Inc.

This material is protected under the copyright laws of theUnited States of America.Any reproduction or unauthorized useof the material or artwork contained herein is prohibited without

the express written permission of Wizards of the Coast, Inc.

Published in the Federal Republic of Germany by Goldmann Verlag, München

Blanvalet Taschenbücher erscheinen im Goldmann Verlag, einemUnternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH.

Deutschsprachige Rechte beim Wilhelm Goldmann Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbHUmschlaggestaltung: Design Team München

Umschlagillustration: Agt. Luserke/LockwoodInnenillustrationen: Steve Fabian

Satz: IBV Satz- und Datentechnik GmbH, BerlinDruck: GGP Media, Pößneck

Titelnummer: 24291V. B. · Herstellung: Peter Papenbrok

Printed in GermanyISBN 3-442-24291-6

www.blanvalet-verlag.de

U.S., CANADA,ASIA, PACIFIC &

LATIN AMERICAWizards of the Coast, Inc.

P.O. Box 707Renton,WA 98057-0707|

+1-800-324-6496|Visit our website at http:

EUROPEAN HEADQUARTERSWizards of the Coast,

BelgiumP.B. 2031

2600 Berchem| Belgium

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Die Jagddes Toede

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Das Lied im Schnee 13Nancy Varian Berberick

Die Brille des Zauberers 52Morris Simon

Der Geschichtenerzähler 87Barbara Siegel und Scott Siegel

Der Hund von Wayreth 112Danny Peary

Die Jagd des Toede 136Harold Bakst

Von Ruhm und Ehre 165Richard A. Knaak

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Tanis ließ den Deckel des Holzbehälters los. Der hohle Klang,als er zuschlug, hätte auch von einem Sarg herrühren können.Die Hoffnung, die während der vielen Stunden ihrer langenWanderung den Berg hoch so lebendig gewesen war, erstarbabrupt. Der Holzbehälter war leer.

Der tosende Wind pfiff durch die Ritzen des einfachenUnterstands, wirbelte durch den türlosen Eingang und das zer-brochene Dach. Gegen Mittag waren Tanis und seine Freundevom Sturm überrascht worden.Tief unten in den wärmeren Tä-lern war der Herbst dem eisigen Atem des Winters noch nichtgewichen.Aber hier oben in den Bergen war der Herbst schonzu ferner Erinnerung verblaßt.Esker lag anderthalb Tage hinterihnen,Haven war nur in einer zweitägigen Wanderung zu errei-chen. Ihre einzige Hoffnung,den Sturm zu überstehen,war die-se Schutzhütte gewesen, eine der wenigen, die die Bewohnervon Esker und Haven als Zufluchtsort für Wanderer instandhielten, die der Sturm überraschen mochte.Aber jetzt, wo derSchneesturm immer stärker tobte, schien ihre Hoffnung genau-so leer zu sein wie der Holzkasten.

Hinter sich hörte der Halb-Elf Tolpan in der düsteren Hütteherumtappen. Sein heiteres Kendergemüt war von den Strapa-zen der Reise nicht erschüttert worden.Viel gab es nicht zu fin-den. Steingutscherben lagen verstreut auf dem hartgepreßten

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Erdboden.Von dem niedrigen Tisch, dem einzigen Möbelstückin der Schutzhütte, war lediglich ein Haufen von zerbrochenenund gesplitterten Brettern übriggeblieben. Einen Augenblickspäter hörte Tanis die unmelodischen Töne der Hirtenflöte, aufder Tolpan schon seit Wochen zu spielen versuchte, seit sie zu-fällig in seinen Besitz gelangt war. Dem Kender war es niemalsgelungen,dem schäbigen Instrument andere Töne zu entlockenals etwas, das wie eine Ziege im Todeskampf klang.Aber bei je-der Gelegenheit versuchte er es aufs neue, so wie er stets be-hauptete, daß die Flöte verzaubert sei. Doch für Tanis war dieWahrscheinlichkeit, daß die Flöte verzaubert war, genauso ge-ring wie die, daß sie sich bald aufwärmen konnten.

»Oh,wie wundervoll – die fürchterliche Flöte«,murrte Flint.»Tolpan! Bitte nicht ausgerechnet jetzt!«

Tolpan flötete weiter, als hätte er ihn nicht gehört.Erschöpft seufzend wandte sich Tanis Flint zu, der auf sei-

nem Tornister saß und versuchte, den gefrorenen Schnee in sei-nem Bart mit seinen Händen zu schmelzen, die ebenfalls vorKälte erstarrt waren. Die leisen Flüche des alten Zwerges wa-ren ein eindringlicher Beweis dafür, wie schmerzhaft dieserVersuch war.

Nur Sturm war still. Er stand an den Türpfosten gelehnt undstarrte in den Schneesturm hinaus, als würde er einen Gegnertaxieren und so in Schach halten.

»Sturm?«Der junge Mann drehte dem Tag den Rücken zu,der sich dem

Ende neigte. »Kein Holz?«»Nichts.« Tanis’ Stimme zitterte, und dieser Schauder hatte

wenig mit der Kälte zu tun. »Flint«, rief er, »Tolpan, kommther.«

Murrend erhob sich Flint von seinem Tornister.Widerwillig stellte Tolpan sein Flötenspiel ein und machte

voller Neugier einen Abstecher zu dem leeren Holzbehälter.

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Den ganzen Tag über war er durch Schnee gehüpft, der ihm bisan die Taille reichte,war aus Schneewehen gezogen und gezerrtworden, die so tief waren, daß nur noch die Spitze seines brau-nen Haarzopfes die Stelle markiert hatte, an der er versunkenwar, und hatte dabei gelacht wie ein fröhlicher Schneekobold.Noch immer strahlten seine braunen Augen voller Fragen ineinem Gesicht, das von dem bitterkalten Wind leuchtendrotwar.

»Tanis, im Behälter ist kein Holz«, sagte er. »Wo wird esdenn aufbewahrt?«

»Im Behälter – wenn welches da ist. Es ist aber nichts da,Tol-pan.«

»Nichts? Was meinst du, was damit passiert ist? Glaubst du,es hatte sich keine Gelegenheit mehr ergeben, den Behälteraufzufüllen, weil der Sturm so überraschend aufkam? Oderglaubst du, daß man sich gar nicht mehr um die Schutzhüttenkümmert? Bei näherer Betrachtung kann man zu dem Schlußkommen, daß hier schon lange niemand mehr war. Das wäreeine Schande, nicht wahr? Ohne ein Feuer wird es eine lange,kalte Nacht werden.«

»Na ja«, murrte Flint, »vielleicht nicht so lange, wie duglaubst.«

Hinter sich hörte Tanis, daß Sturm kurz und heftig Atem hol-te. So wie Tolpan durch den Schneesturm getollt war, hatte sichSturm mit der ganzen festen Entschlossenheit abgekämpft, dieer aufbringen konnte. Jedes Mal, wenn Tolpan eingebrochenwar, war Sturm an Tanis’ Seite gewesen und hatte geholfen, ihnwieder herauszuziehen. In seiner ihm angeborenen Ritterlich-keit war er stets vor Flint gegangen, hatte ihn vor dem eisigenund beißenden Wind abgeschirmt und einen breiteren Pfad ge-schaffen, als er für den alten Zwerg hätte machen müssen, derzwar murrte und schimpfte, aber niemals um Hilfe bitten wür-de.

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Tanis wußte, daß der junge Mann trotz allem niemals einenSchneesturm wie diesen erlebt hatte. Er hat seine Sache gut ge-macht, und es ist eine Schande, daß ich ihn trotzdem wiedermit hinausnehmen muß, sagte sich der Halb-Elf.

Ein tosender Wind, feucht von Schnee und bitterkalt, bliesaus dem Norden. Von der Kletterei zu dieser Schutzhütte, inder nun doch kein Holz war, taten Tanis alle Knochen weh, undvon der Kälte war er starr und steif. Er wollte alles andere, alssich wieder in diesen heulenden Sturm hinauswagen zu müs-sen.Aber es blieben ihm nur zwei Möglichkeiten: entweder dersichere Tod in dieser langen, schwarzen, kalten Nacht oder einweiterer Marsch hinaus in die Kälte. Im Grunde war es keineschwierige Entscheidung.

»Soweit wird es nicht kommen, Flint.Wir werden ein Feuermachen.«

Der Zweifel war Flint in die harten Gesichtszüge geschrie-ben. Tolpan sah von dem Holzbehälter zu Tanis hoch. »Aberwir haben kein Holz, Tanis. Ich verstehe nicht, wie wir ohneHolz ein Feuer machen können.«

Tanis holte tief Atem, um gegen seine aufsteigende Unge-duld anzukämpfen. »Wir werden Holz haben. Auf dem Weghierher sind wir an einem Kiefernwäldchen vorbeigekommen.Sturm und ich können dort sicher genügend Holz holen undvor Einbruch der Nacht zurück sein.«

Tolpan wurde lebhaft. Jetzt würde es etwas anderes zu tungeben,als sich auf eine lange,kalte Nacht einzurichten und sichzu fragen, was das wohl für ein Gefühl wäre, zu Eis zu gefrie-ren. Er zog seine warme Fellweste enger um sich und mar-schierte zur Türöffnung. »Ich komme auch mit«, verkündete ervoller Zuversicht, daß sein Angebot dankbar angenommenwürde.

»O nein.« Tanis packte mit beiden Händen die Schultern desKenders und schob ihn zurück. »Du bleibst mit Flint hier.«

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»Aber,Tanis|. . .«»Doch. Es ist mein Ernst, Tolpan. Die Schneeverwehungen

werden immer höher. Da können nur Sturm und ich zurecht-kommen.«

»Aber du wirst meine Hilfe brauchen, Tanis. Ich kann Holztragen, und wir werden eine Menge benötigen, wenn wir heutenacht nicht erfrieren wollen.«

Tanis warf Flint einen Blick zu. Er erwartete, daß sein alterFreund ein ähnliches Argument vorbringen würde. Vorsichts-halber schüttelte er grimmig den Kopf, und Flint, der die Weis-heit von Tanis’ Entscheidung anerkannte, wenn sie ihm auchnicht gefiel, nickte zustimmend. Mit einem mürrischen Seufzersuchte Flint das Holz des zerbrochenen Tisches in der Schutz-hütte zusammen.

»Das ist doch etwas«, murmelte er. »Sturm, hilf mir bitte.«Tanis, der jetzt mit Tolpan alleine war, hockte sich hin. In Tol-

pans großen, braunen Augen lauerte Meuterei, und sein Starr-sinn zeigte sich an seinen zusammengepreßten Kiefern undverriet Tanis, daß er den Kender nur mit einer Aufgabe zumBleiben bewegen konnte, von der er überzeugt sein mußte, daßsie zumindest so wichtig, wenn auch nicht so interessant warwie das Holzsammeln.

»Tolpan, jetzt hör mir mal zu. Uns bleiben nicht viele Mög-lichkeiten. Ich habe noch nie erlebt, daß ein Sturm so plötzlichoder so frühzeitig aufgekommen ist wie dieser. Aber das istjetzt der Fall, und heute nacht wird es so kalt sein, daß wir ohneein Feuer nicht überleben werden.«

»Ich weiß! Darum will|. . .«»Nein. Laß mich ausreden. Ich brauche dich hier, damit du

bei Flint bleibst. Es wird eine gefährliche Wanderung werden.Die Wege, die wir erst vor kurzer Zeit angelegt haben, sind be-reits wieder zugeschneit. Ich werde kaum in der Lage sein, dienotwendigen Orientierungspunkte auszumachen, um den Weg

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zu den Kiefern zu finden. Ich muß wissen, daß ihr beide hierseid, falls wir euch brauchen.«

»Aber,Tanis, du wirst mich beim Holzsammeln brauchen.«Das Angebot war aufrichtig, das wußte Tanis.Aber wie in ei-

nem Fluß, in dem man deutlich den glitzernden Sandboden er-kennen kann, sah er auch die schelmische Kenderlogik in Tol-pans Augen funkeln. Tolpan hatte weder Furcht vor der Kältenoch vor dem Wind. Die Aussicht, eine Wanderung zu den Kie-fern unternehmen zu können, erfüllte ihn mit Vorfreude, daßsich eine neue Möglichkeit bot, seine unstillbare Neugierde zubefriedigen.Die hatte den Kender schon oft an den bröckeligenRand vieler Katastrophen geführt.

Aber ich habe Angst! dachte Tanis. Und es wird Tolpan nichtschaden, davon zu erfahren, wenn er dann wenigstens hierbleibt.

»Tolpan, der sicherste Weg, diese Nacht nicht zu überleben,ist der, daß wir uns alle vier über diesen Berg verstreuen. Dasist fürwahr der schnellste Weg zu sterben.Wir müssen vorsich-tig sein, und Sturm und ich müssen uns auf euch beide verlas-sen können, daß ihr hierbleibt, für den Fall, daß einer von unswegen Unterstützung zurückkommen muß.Verstehst du?«

Tolpan nickte langsam und versuchte, seine Enttäuschungmit Hilfe der plötzlichen Erkenntnis zu überwinden, daß Tanisihm vertraute und auf ihn angewiesen war.

»Und ich kann mich auf dich verlassen?«»Ja, du kannst dich auf mich verlassen«, erwiderte Tolpan

feierlich. Insgeheim fürchtete er, daß das Zurückbleiben, auchwenn er sich jetzt dadurch noch so rechtschaffen vorkam, einklein wenig langweilig werden könnte.

Trotz der Kälte und des heftigen Windes, der jetzt durch dieoffene Tür Schnee hereinwirbelte, schenkte Tanis dem Kenderein Lächeln. »Gut.Warum hilfst du dann nicht Flint und sagstSturm Bescheid, daß wir jetzt aufbrechen?«

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Einen Augenblick schien es Tanis so, als sei seine Belehrungnicht überzeugend gewesen. Er sah den Kampf in Tolpan zwi-schen dem, was er gern gemacht hätte, und dem, was er ver-sprochen hatte, so deutlich in seinem Gesicht, als würde er eineder kostbaren Landkarten des Kenders lesen.Aber der Kampfwar kurz, und Tolpans Versprechen trug den Sieg davon.

Sturm leerte seinen und Tanis’ Tornister. Er holte zwei kleineHandäxte hervor, prüfte ihre Klingen und machte sich zumAufbruch bereit.Tanis bevorzugte in Gefahrensituationen Pfeilund Bogen und ließ daher sein Schwert bei Flint.

»Das ist nur überflüssiges Gewicht und wohl nicht erforder-lich«, erklärte er und reichte dem alten Zwerg die Waffe.

»Tanis, gibt es keine andere Möglichkeit? Mir gefällt dasnicht.«

Tanis legte eine Hand auf die Schulter seines Freundes. »Duwärst der einzige, wenn es dir gefiele. Mach dir keine Sorgen;bei der Kälte draußen werden wir uns beeilen. Paß nur auf, daßTolpan bei dir bleibt. Er hat es zwar versprochen, aber|. . .«

Flint lachte grimmig auf. »Ja, aber. Keine Angst! Wir werdenbeide hier sein, wenn ihr zurückkommt.« Hohe, quietschendeTöne von Tolpans Flötenspiel wehten durch die Hütte. Flintzuckte zusammen. »Auch wenn es eine andere Sache ist, obwir beide nicht bis dahin den Verstand verloren haben.«

Voller dumpfer Befürchtungen beobachtete Flint Tanis undSturm beim Aufbruch. Tolpan schlich sich zu ihm und bliebdicht neben dem alten Zwerg stehen. Er wünschte ihnen nochviel Glück, bezweifelte aber, daß sie seinen Zuruf bei dem lau-ten Sturm hatten hören können.

»Dann komm jetzt«, murrte Flint. »Es hat keinen Sinn, nochlänger im Wind zu stehen, als unbedingt erforderlich.Wir soll-ten lieber das beste Anzündmaterial aus diesem Holz sortieren.Wenn die beiden zurückkehren, werden sie ziemlich durchge-froren sein und so schnell wie möglich ein Feuer nötig haben.«

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Tolpan blieb jedoch im türlosen Eingang stehen. Der tosen-de, heulende Schneesturm hatte bereits die Spuren von Sturmund Tanis verschluckt. Schon jetzt bedauerte er sein Verspre-chen.

Ich würde diese Bäume sofort finden! dachte er. Für Tolpanwar Denken und Handeln eins. Er stopfte die Flöte in den Gür-tel und trat hinaus in den Sturm, der ihm die Sicht nahm. DerWind riß ihn heftig mit sich, und er lachte aus reiner Freudedarüber, wie er sein kraftvolles Antreiben spürte und sein don-nerndes Tosen hörte.Doch schon nach wenigen Schritten pack-ten ihn zwei grobe Hände hinten an der Weste und zerrten ihnin die Hütte zurück.

»Nein, das wirst du nicht tun!«»Aber, Flint|. . .«Das Feuer in den Augen des alten Zwerges hätte eine ganze

Kompanie wärmen können. Sein Gesicht, fand Tolpan, dürfteeigentlich nicht mehr diesen interessanten Rotton haben, da erja nicht mehr im Wind stand.

»Ich will nur ein paar Meter gehen, Flint. Ich komme sofortzurück, das verspreche ich.«

Flint schnaubte. »So wie du Tanis versprochen hast, hierzu-bleiben? Dieser Bursche ist ein Dummkopf, daß er sich auf dasVersprechen eines Kenders verläßt.« Flints finsterer Blick wan-derte von Tolpan zu dem heftigen Sturm. »Aber er kann sichauf mein Versprechen verlassen. Ich habe ihm gesagt, daß duhierbleibst, und du bleibst hier.«

Tolpan überlegte, welche Möglichkeiten er hatte, an dem al-ten Zwerg vorbeizukommen, der zwischen ihm und dem Ein-gang stand. Nun, dachte er, ich könnte schnell unter Flints Armdavonflitzen. Lächelnd bereitete er sich auf den Spurt vor, aberdann fing er einen finsteren, gefährlichen Blick aus Flints Au-gen auf und entschied sich dagegen. Immerhin hatte er Tanissein Versprechen gegeben, das zwar spinnwebendünn war,

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aber noch einigermaßen zusammenhielt. Und womöglich ge-lang es ihm, sich die Zeit zu vertreiben, indem er versuchte,endlich die Magie in seiner Flöte zu finden.

Auf jeden Fall würde es ein sehr langer und kalter Nachmit-tag werden.

Unter dem Schutz der breitverzweigten und dicht nebeneinan-der wachsenden Kiefern auf dem leicht ansteigenden Hügelschien der Sturm weit entfernt zu sein. Der Waldboden war be-deckt mit Unterholz und umgestürzten Bäumen.Tanis steuerteauf einen Platz unter den Kiefern zu,wo der Schnee den Bodenund die umgestürzten Bäume nur mit einer dünnen Schicht be-deckte.

»Such erst zusammen, was du finden kannst«, wies er Sturman. »Es wird einfacher sein, wenn wir kein Holz schneidenmüssen.«

Es hatte länger gedauert, die Kiefern zu erreichen, als er ge-dacht hatte. Obwohl er unter den Bäumen kaum einen Unter-schied in der Helligkeit ausmachen konnte, wußte er aus siche-rem Instinkt, daß die Nacht bereits hereinbrach. Der treibendeSchnee war heller und nicht mehr so grau wie tagsüber. Nureine Stunde zuvor war der Himmel noch grau wie nasser Schie-fer gewesen. Inzwischen hatte er sich zu einem unheilvollenSchwarz verfärbt,das alle Helligkeit schluckte.Alles fühlte sichwie unter einem Nachthimmel an, denn Tanis konnte wederMond noch Sterne sehen. Die Luft war kalt und schneidendwie gefrorene Klingen.

Sie arbeiteten so schnell, wie es ihre vor Kälte erstarrten undsteifen Hände erlaubten, und füllten ihre Tornister mit sovielHolz, wie sie tragen konnten. Bei sparsamer Anwendung muß-te es ausreichen, sie in der Nacht vor dem Erfrieren zu bewah-ren.

Tanis verstaute das letzte Stück Holz in seinem Tornister,

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verschnürte ihn und sah sich nach Sturm um. Er machte ihn alsdunkle Gestalt aus, die vor seinem Tornister kniete und sichgegen die Kälte zusammenkauerte.

»Fertig?« rief Tanis.Sturm schaute sich um. »Ja, wenn du nur hilfst, den Tornister

zu schultern.«Es ging schnell, bis Sturm sich seinen schwer beladenen Tor-

nister aufgeladen hatte. »Sitzt er richtig?« fragte Tanis und sahzu, wie der Junge sich anspannte und versuchte, das Gleichge-wicht zu finden.

»Sitzt. Jetzt bist du dran.«Der Halb-Elf biß die Zähne zusammen und unterdrückte ein

Stöhnen, als Sturm ihm die Last auf den Rücken wuchtete.»Götter«, flüsterte er, »wenn ich mir etwas wünschen könnte,dann würde ich gerne ein Packesel sein, stark genug, um dieseLast mühelos zu tragen!«

Zum ersten Mal an diesem Tag lächelte Sturm. Seine weißenZähne blitzten in der Düsterheit des Waldes auf. »Das ist einkomischer Wunsch,Tanis.Aber ich verspreche dir, daß ich dichbehutsam führen werde, wenn er in Erfüllung gehen sollte.«

Tanis lachte und vergaß einen Augenblick die Kälte. SturmsLächeln war wie das Aufleuchten der Sonne, wenn sie hinterdunklen Wolken hervorkam, stets willkommen, da es so seltengeschah.Zu Beginn der Reise hatte sich Tanis gefragt,ob es einekluge Entscheidung war, den Jungen mitzunehmen. Zu Tanis’Überraschung war es Flint gewesen, der gedrängt hatte, daßSturm mit von der Partie sein sollte.

»Du führst ständig seine Unerfahrenheit an«, hatte derZwerg gekontert, »aber ich möchte gerne wissen, wie er über-haupt Erfahrungen sammeln soll, wenn er Solace nie verläßt.«

Das war ein triftiges Argument, hatte Tanis damals eingese-hen. Aber er hatte erst nachgegeben, als er bei Flints bewußtund sorgfältig eingesetztem Schweigen wie ein Echo von den

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