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SKG MITTEILUNGSBLATT 16 WISSENSCHAFTLICHE BEITRÄGE MarginProbe – eine neue Technik zur intraoperativen Schnittrandbeurteilung und Vermeidung von Nachoperationen beim Mammakarzinom A. Werner, K. Friedrich* Seit Einführung der brusterhaltenden Operationen im Rahmen der Therapie des Mammakarzinoms muss der Ope- rateur sowohl die radikale Entfernung des Tumorgewebes im Gesunden ge- währleisten als auch ein gutes kosme- tisches Ergebnis übergeben. Um dieses Ziel zu erreichen, leisten insbesondere die intraoperative Inspektion und der Tastsinn wertvolle Dienste. In vielen Fällen kommt zusätzlich aber auch mo- derne Technik zum Einsatz: die intra- operative Ultraschalluntersuchung, die Röntgenuntersuchung des entfernten Gewebes, aber auch die intraoperative Schnellschnittuntersuchung durch den Pathologen gehören dazu. Eine neue intraoperative Technik zur Vermeidung von Nachoperationen steht nun seit einigen Monaten mit dem MarginProbe-System zur Verfü- gung. Maligne und benigne Zellen un- terscheiden sich bekanntlich morpholo- gisch voneinander. Sie weisen darüber hinaus aber auch weiterhin differente Ionenkonzentrationen und Polarisati- onscharakteristika der Zellmembranen auf. Das MarginProbe-Gerät misst und quantifiziert mittels Radiofrequenz- spektroskopie hier die im Resultat un- terschiedlichen bioelektrischen Eigen- schaften zwischen den bösartigen und normalen Zellen der Brustdrüse. Die Technik ermöglicht damit die Evaluati- on des Schnittrandes: werden positive, d. h. mit malignen Zellen versehene Schnittränder identifiziert, kann der Operateur sofort nachresezieren. Das MarginProbe-System besteht aus einer Konsole und einer Einmalge- brauchssonde. Letztere kommt am ex- zidierten Gewebe zur Anwendung, an dem Gewebsareale mit einem Durch- messer von 7 mm und einer Eindringtie- fe von mindestens 2 mm analysiert wer- den. Positive Messpunkte resultieren, wenn Krebsgewebe zur Untersuchung kommt, negative – bei tumorfreien Proben. Die Resultate der Messungen werden auf einem Bildschirm aufge- zeichnet und ermöglichen dem Ope- rateur ggf. durch zusätzliche operative Maßnahmen auf das Ergebnis zu re- agieren. Seit Februar 2012 wird die Margin- Probe-Technik bei Brustoperationen erstmalig in Sachsen am Regionalen Brustzentrum Dresden – Standort Frau- enklinik am Diakonissenkrankenhaus – zum Einsatz gebracht. Wir überblicken mittlerweile 10 Fälle, bei denen das Tumorstadium, die Histologie, das kor- respondierende MarginProbe-Signal und das Operationsverfahren bzw. die Art des operativen Vorgehens miteinan- der betrachtet und dargestellt werden konnten. Ergebnisse Die Ergebnisse zu den im Vorsatz ge- nannten Parametern sind in der Tabel- le 1 zusammengestellt. Zur Histologie des Hauptexzidates und dem korrespondierenden Margin-Pro- be-Signal: Es zeigt sich, dass positive Si- gnale in 9 von 10 Fällen eine Nachresek- tion zur Folge hatten. Zumeist machten positive Schnittränder des invasiven Karzinoms bzw. DCIS-Gewebes (R1-Si- tuationen) oder aber auch unzureichen- de Sicherheitsabstände (R0, < 1 mm) dieses Vorgehen notwendig. Bei der Patientin 2 war ein LCIS (Indikatorläsi- on) randständig vorhanden und Grund für die Entfernung des 2. Exzidates, bei der Patientin 10 erklärt die blande His- tologie das positive MarginProbe-Signal bisher nicht (duktale Hyperplasie ohne Atypie?). Zur Histologie des Nachresektates und dem korrespondierenden MarginProbe- Signal: Bei der Zusammenschau der Nachresektathistologie mit den Mar- ginProbe-Signalen an den zusätzlich gewonnenen Gewebsproben wurde für 3 Patientinnen wiederum eine rand- ständige DCIS- Histologie ermittelt, im Fall Nr. 3 korrelierte das positive Mar- ginProbe-Signal mit dem Befund einer atypisch duktalen Hyperplasie. Die weitere Analyse der Daten und der Tabelle macht insgesamt zweierlei deutlich: 1. Es wurden keinerlei falsch negative Befunde mit der MarginProbe-Technik generiert. Veränderungen im Sinne eines LCIS oder einer atypischen duk- talen Hyperplasie wurden allerdings durch positive Signale angezeigt. Sie hätten als Indikatorläsionen nach dem derzeitigen Wissensstand üblicherwei- se keine Nachresektion notwendig ge- macht. 2. Das Ziel einer BET – nur dazu waren die Patientinnen zuvor allesamt aufge- klärt worden – konnte in 7 von 10 Fäl- len mit Hilfe der MarginProbe-Technik im Rahmen der Erstoperation erreicht werden. Die Patientinnen (Fälle) 1, 3, 5 sowie 7 und 8 sind dabei potenti- elle Kandidaten, die bei gleichem Ex- zidatvolumen ohne die intraoperative Schnittrandbeurteilung am Hauptprä- parat sekundär, d.h. im Rahmen eines zweiten Eingriffes hätten nachoperiert werden müssen. Tab. 1: Zusammenschau der MarginProbe-Resultate mit histologischen Befunden und operativen Vorgehen

MarginProbe – eine neue Technik zur intraoperativen ...€¦ · Standort Frauenklinik am Diakonis-senkrankenhaus Holzhofgasse 29 01099 Dresden Vorgestellt: Arbeitskreis Psychoonkologie

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SKG MITTEILUNGSBLATT 16 WISSENScHAFTlIcHE BEITRÄGE

MarginProbe – eine neue Technik zur intraoperativen Schnittrandbeurteilung und Vermeidung von Nachoperationen beim MammakarzinomA. Werner, K. Friedrich*

Seit Einführung der brusterhaltenden Operationen im Rahmen der Therapie des Mammakarzinoms muss der Ope-rateur sowohl die radikale Entfernung des Tumorgewebes im Gesunden ge-währleisten als auch ein gutes kosme-tisches Ergebnis übergeben. Um dieses Ziel zu erreichen, leisten insbesondere die intraoperative Inspektion und der Tastsinn wertvolle Dienste. In vielen Fällen kommt zusätzlich aber auch mo-derne Technik zum Einsatz: die intra-operative Ultraschalluntersuchung, die Röntgenuntersuchung des entfernten Gewebes, aber auch die intraoperative Schnellschnittuntersuchung durch den Pathologen gehören dazu.

Eine neue intraoperative Technik zur Vermeidung von Nachoperationen steht nun seit einigen Monaten mit dem MarginProbe-System zur Verfü-gung. Maligne und benigne Zellen un-terscheiden sich bekanntlich morpholo-gisch voneinander. Sie weisen darüber hinaus aber auch weiterhin differente Ionenkonzentrationen und Polarisati-onscharakteristika der Zellmembranen auf. Das MarginProbe-Gerät misst und quantifiziert mittels Radiofrequenz-spektroskopie hier die im Resultat un-terschiedlichen bioelektrischen Eigen-schaften zwischen den bösartigen und normalen Zellen der Brustdrüse. Die Technik ermöglicht damit die Evaluati-on des Schnittrandes: werden positive, d. h. mit malignen Zellen versehene Schnittränder identifiziert, kann der Operateur sofort nachresezieren.

Das MarginProbe-System besteht aus einer Konsole und einer Einmalge-brauchssonde. Letztere kommt am ex-zidierten Gewebe zur Anwendung, an dem Gewebsareale mit einem Durch-messer von 7 mm und einer Eindringtie-fe von mindestens 2 mm analysiert wer-den. Positive Messpunkte resultieren, wenn Krebsgewebe zur Untersuchung kommt, negative – bei tumorfreien Proben. Die Resultate der Messungen werden auf einem Bildschirm aufge-zeichnet und ermöglichen dem Ope-rateur ggf. durch zusätzliche operative

Maßnahmen auf das Ergebnis zu re-agieren.

Seit Februar 2012 wird die Margin-Probe-Technik bei Brustoperationen erstmalig in Sachsen am Regionalen Brustzentrum Dresden – Standort Frau-enklinik am Diakonissenkrankenhaus – zum Einsatz gebracht. Wir überblicken mittlerweile 10 Fälle, bei denen das Tumorstadium, die Histologie, das kor-respondierende MarginProbe-Signal und das Operationsverfahren bzw. die Art des operativen Vorgehens miteinan-der betrachtet und dargestellt werden konnten.

ErgebnisseDie Ergebnisse zu den im Vorsatz ge-nannten Parametern sind in der Tabel-le 1 zusammengestellt.Zur Histologie des Hauptexzidates und dem korrespondierenden Margin-Pro-be-Signal: Es zeigt sich, dass positive Si-gnale in 9 von 10 Fällen eine Nachresek-tion zur Folge hatten. Zumeist machten positive Schnittränder des invasiven Karzinoms bzw. DCIS-Gewebes (R1-Si-tuationen) oder aber auch unzureichen-de Sicherheitsabstände (R0, < 1 mm) dieses Vorgehen notwendig. Bei der Patientin 2 war ein LCIS (Indikatorläsi-on) randständig vorhanden und Grund für die Entfernung des 2. Exzidates, bei der Patientin 10 erklärt die blande His-tologie das positive MarginProbe-Signal bisher nicht (duktale Hyperplasie ohne Atypie?).

Zur Histologie des Nachresektates und dem korrespondierenden MarginProbe-Signal: Bei der Zusammenschau der Nachresektathistologie mit den Mar-ginProbe-Signalen an den zusätzlich gewonnenen Gewebsproben wurde für 3 Patientinnen wiederum eine rand-ständige DCIS- Histologie ermittelt, im Fall Nr. 3 korrelierte das positive Mar-ginProbe-Signal mit dem Befund einer atypisch duktalen Hyperplasie.

Die weitere Analyse der Daten und der Tabelle macht insgesamt zweierlei deutlich:1. Es wurden keinerlei falsch negative Befunde mit der MarginProbe-Technik generiert. Veränderungen im Sinne eines LCIS oder einer atypischen duk-talen Hyperplasie wurden allerdings durch positive Signale angezeigt. Sie hätten als Indikatorläsionen nach dem derzeitigen Wissensstand üblicherwei-se keine Nachresektion notwendig ge-macht. 2. Das Ziel einer BET – nur dazu waren die Patientinnen zuvor allesamt aufge-klärt worden – konnte in 7 von 10 Fäl-len mit Hilfe der MarginProbe-Technik im Rahmen der Erstoperation erreicht werden. Die Patientinnen (Fälle) 1, 3, 5 sowie 7 und 8 sind dabei potenti-elle Kandidaten, die bei gleichem Ex-zidatvolumen ohne die intraoperative Schnittrandbeurteilung am Hauptprä-parat sekundär, d.h. im Rahmen eines zweiten Eingriffes hätten nachoperiert werden müssen.

Tab. 1: Zusammenschau der MarginProbe-Resultate mit histologischen Befunden und operativen Vorgehen

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SKG MITTEILUNGSBLATT 17WISSENScHAFTlIcHE BEITRÄGE

Diskussion und zusammenfassungAus den Ergebnissen wird deutlich, dass selbst in unserem kleinen Kollektiv mehrere Patientinnen vom Einsatz der MarginProbe-Technik profitierten. Auch wir konnten die Eingriffshäufigkeit pro Patientin reduzieren. Dieses Ergebnis steht in Übereinstimmung mit den Erfahrungen anderer Untersucher. In einer Pilotuntersuchung und der nach-folgenden Hauptstudie wurden in Isra-el und den USA nahezu 300 bzw. 600 Patientinnen randomisiert untersucht. Die Autoren fanden eine Minderung der Reexzisionsrate jeweils von über 50%. Abschließend ist einzuschätzen, dass die MarginProbe-Technik einen Gewinn für die operative (brusterhal-tende) Therapie des Mammakarzinoms darstellt: sie hilft dem Operateur bei der intraoperativen Schnittrandbeurtei-lung, auch aufwendige onkoplastische Verfahren können damit ohne die Ge-fahr der Übertherapie im Rahmen der Primäroperation zum Einsatz gebracht werden. Der Patientin ermöglicht das Vorgehen häufiger eine einzeitige, ope-rative Versorgung unter gleichzeitiger Berücksichtigung des Anspruches auf ein gutes kosmetisches Ergebnis.

Literatur beim Verfasser

*Institut für Pathologie, Universität Dres-den

Abb. 1: Patientin mit Diagnose inv.-duct. Mamma-Ca., pT1c, R0 ohne ausreichenden Sicherheitssaum. Therapie: nach Lumpektomie tumoradaptierte Reduktionsplastik mit cranialer MAK-Stielung einzeitig

Kontakt

Prof. Dr. A. WernerRegionales Brustzentrum Dresden -Standort Frauenklinik am Diakonis-senkrankenhausHolzhofgasse 2901099 Dresden

Vorgestellt: Arbeitskreis Psychoonkologie in der SKG – Neue Mitstreiter willkommenS. Göpfert

Psychoonkologie ist ein vergleichs-weise junger Zweig der angewandten klinischen Psychologie. Erst in den 1970iger Jahren wurde begonnen, die Rolle psychosozialer Faktoren bei der Entstehung von Krebserkrankungen mit wissenschaftlichen Methoden zu untersuchen. Bis zum heutigen Tag sind die damit zusammenhängenden Fragen noch nicht restlos geklärt. Man weiß aber, dass eine Krebserkrankung auch bei psychisch gesunden und sta-bilen Menschen eine akute Krise aus-lösen kann. Die klinische Psychologie und Psychotherapie hat zahlreiche Methoden entwickelt, die Betroffenen helfen, diese Krisensituation zu bewäl-tigen und die Entwicklung einer psy-chischen Erkrankung zu verhindern.

Seit den 1990iger Jahren sind in für psychosoziale Fragen aufgeschlosse-nen onkologischen Kliniken und Reha-bilitationseinrichtungen Diplom-Psy-chologen tätig, zu Beginn noch mehr oder weniger als „Einzelkämpfer“. Durch die Gründung von spezialisier-ten und zertifizierten onkologischen Zentren wurde der Bedarf an speziell ausgebildeten Psychoonkologen grö-ßer. Die Kolleginnen und Kollegen, die sich dieser Aufgabe stellten, sahen sich mit den besonderen Herausforde-rungen des auf medizinische Belange ausgerichteten Klinikbetriebes kon-frontiert. Dies brachte es mit sich, nach

„Gleichgesinnten und Gleichbetroffe-nen“ zu suchen. So begann 2004 ein noch auf privater Ebene organisierter Gedanken- und Erfahrungsaustausch von drei Psychoonkologinnen aus dem damaligen Marienstift Schwarzenberg sowie den Brustzentren Rodewisch und Chemnitz. Da sich unsere Treffen

herum gesprochen hatten, trafen wir uns bald in größerer Runde in verschie-denen Einrichtungen in Sachsen und seit 2011 unter dem Dach der Sächsi-schen Krebsgesellschaft in Zwickau.

Ziel unserer Zusammenkünfte ist der Austausch von Erfahrungen aus den ganz unterschiedlichen psychoonkolo-gischen Tätigkeitsfeldern und Organi-sationsstrukturen.

Immer wieder setzen wir uns mit der Frage auseinander, was ein Psychologe im Prozess der Auseinandersetzung mit einer Krebserkrankung leisten kann. Dabei geht es nicht nur um die Betreuung betroffener Patienten und deren Angehöriger, sondern ebenso um die Gestaltung der Kooperation mit Ärzten und Pflegenden und nicht zuletzt um das Erkennen der eigenen Möglichkeiten und Grenzen.

Wir sind immer auch auf der Suche nach interessanter Literatur zur ei-genen Weiterbildung und zur Wei-terempfehlung an unsere Patienten sowie nach diagnostischen und thera-peutischen Methoden, die sich gut im Klinik alltag anwenden lassen.

Wir würden uns sehr freuen, wenn noch mehr psychoonkologisch Tätige unser Netzwerk verstärken würden. Unsere nächste Zusammenkunft findet voraussichtlich am Mittwoch, dem 7. November, ab 15 Uhr in den Räumen der Sächsischen Krebsgesellschaft e.V. in Zwickau, Schlobigplatz 23 statt.

Bei Interesse wenden Sie sich bitte an die Sächsische Krebsgesellschaft e.V. unter 0375 / 281403.

Eine Bitte an alle Mitglieder

Bei Veränderung Ihrer Bankverbindung zum Einzug des Mitgliedsbeitrages oder Ihrer Postanschrift informieren Sie bitte unsere Geschäftsstelle. Sie helfen damit, unnötig entstehende Kosten zu vermeiden.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung.Der Vorstand