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Medienbildung in der Schule – Was bedeutet das und wie lässt sie sich nachhaltig umsetzen? Dr. Stefan Welling Herbstakademie 2016 „Medienbildung in der Schule – Lernen mit dem Internet und digitalen Medien“ Dresden, 15.11.2016

Medienbildung in der Schule Was bedeutet das und wie … · Internet und digitalen Medien“ Dresden, 15.11.2016 . ... Zentrale Handlungsdimensionen verändern sich im Zuge der Mediatisierung

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Medienbildung in der Schule – Was bedeutet das und wie lässt sie sich nachhaltig umsetzen?

Dr. Stefan Welling

Herbstakademie 2016 „Medienbildung in der Schule – Lernen mit dem Internet und digitalen Medien“ Dresden, 15.11.2016

ifib: Wer wir sind• 2003 gegründet als GmbH

an der Universität Bremen

• als gemeinnützig anerkannt

• Forschungsschwerpunkte:• Educational Technologies

• E-Government

• 23 Wissenschaftler/innen aus 6 Disziplinen

• Grundförderung • Institutionell von der SfKB

• Projektförderung von der SfF

• Umsatz: ca. 1,2 Mio. Euro p.a.

• Beratung durch ifib-consult(100%-tige Tochtergesellschaft)

2

Überblick

1. Aktuelle Entwicklungen der Digitalisierung und Mediatisierung

2. Medienkompetenzförderung und Medienbildung in der Schule

3. Zentrale Dimensionen schulischer Medienintegration

4. Perspektiven

3

1. Digitalisierung und Mediatisierung –aktuelle Entwicklungen

4

Die Nutzung digitaler Medien nimmt weiter zu

5

Qu

elle

: AR

D/Z

DF-

On

line

Stu

die

20

16

Tägl. Nutzungsdauer Internet2014 2016

Gesamt 132 153Männer 132 135Frauen 91 10414-29 J. 233 24530-49 J. 135 14850-69 J. 64 85

InternetnutzerInnen in Deutschland 1997-2016 – Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren „zumindest selten“ und „täglich“, in Mio.

Die Nutzung erfolgt zunehmend mobil

6

Quelle: ARD/ZDF-Online Studie 2016

Knapp die Hälfte der Deutschen ab 14 J. sind

täglich mit ihrem Smartphone online. Bei den unter 30-jährigen sind es neun von zehn!

Intern Internetnutzung unterwegs 2006 bis 2016 - zumindest selten bzw. täglich. Onliner, Anteil in %

Zentrale Handlungsdimensionen verändern sich im Zuge der Mediatisierung

• Medien sind ständig verfügbar

• Verdichtung des Alltags

• Beschleunigung von Prozessen

zeitliche Dimension

• immer mehr Orte werden zu „Medienorten“

• Schaffung neuer virtueller Räume

räumliche Dimension • immer mehr soziale

Kontexte durch Mediengebrauch charakterisiert

• Medienpraxen begründen soziale Kontexte

soziale Dimension

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Digitalisierung als Bedrohung?

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Als Arbeits- und Hilfsmittel sind digitale Medien in fast allen Branchen etabliert

9

Quelle: Gensicke et al 2016

Als Arbeits- und Hilfsmittel sind digitale Medien in fast allen Branchen etabliert

10

Quelle: Gensicke et al 2016

Als Arbeits- und Hilfsmittel sind digitale Medien in fast allen Branchen etabliert

11

Quelle: Gensicke et al 2016

Medienkompetenzförderung wird immer facettenreicher

12

Medienbildung als eigenständiger Aspekt

13

Bildung

vorhandene Strukturen und Muster der Weltaufforderung

durch komplexere Sichtweisen auf Welt und

Selbst ersetzen

Vernachlässigung sozialer Bedingungen & prozessualer Dynamiken von Entw.- und

Sozialisationsprozessen

Kompetenztheoret. Fokussierung auf Resultate individ.

Lernprozesse

Bildungskern: Wandel von Welt- und

Selbstverhält-nissen

Bildungsprozesse erfolgen grds. in medialen

Lebenswelten und Interaktionszusammenhängen

Medienbildung

2. Medienkompetenzförderung und Medienbildung in der Schule

14

Drei zentrale Dimensionen schulischen Medieneinsatzes

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Einsatz von Medien als didaktisches

Werkzeug

Einsatz der Medien als Werkzeug der SchülerInnen

zum Lernen

Thematisierung von Medien und

den damit verbundenen Chancen und

Risiken

Aktuelle Nutzungshäufigkeit digitaler Medien

16

Aktuelle Nutzungshäufigkeit digitaler Medien

17

Nutzungshäufigkeit digitaler Medien (Angaben in Prozent)

Quelle: Bos et al. 2016

Nicht jeder Medieneinsatz ist sinnvoll

18

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=TPQksqy3Rc0

Bedingte Eignung digitaler Medien als Werkzeug?

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Hier Kompetenzentwicklung in Lesen, NaWi, Mathe 2012 (Sek. I, 15 J.): „Over the past 10 years, there hasbeen no appreciable improvement in student achievement in reading, mathematics or science, on average, in countries that have investedheavily in information andcommunication technologies foreducation.“

Quelle: OECD 2015

Die Häufigkeit der Nutzung spielt eine Rolle

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Quelle: OECD (2015: 152)

Auch digitale Lesekompetenz profitiert nur bedingt von der schulischen Computernutzung

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Quelle: OECD (2015: 153)

Auch digitale Lesekompetenz profitiert nur bedingt von der schulischen Computernutzung

22

Quelle: OECD (2015: 153)

Sachsen schneidet beim Lesen, Zuhören und Rechtschreiben in Deutsch, Englisch und Französisch insgesamt sehr gut ab und hat sich in vielen Bereichen gegenüber 2009 sogar noch verbessert!

Ansätze erfolgreichen Lernens mit mobilen digitalen Medien

Kooperation & Kollaboration

Adaptivität & Heterogenität

Neue Feedbackkultur

Multimodalität

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Ansätze erfolgreichen Lernens mit mobilen digitalen Medien

Kooperation & Kollaboration

Adaptivität & Heterogenität

Neue Feedbackkultur

Multimodalität

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• neue Formen der Kommunikation und Kollaboration, unabhängig von Zeit und Raum

• Entstehung „virtueller“ Lerngruppen

• neue Möglichkeiten zur Präsentation und Diskussion

• Individuellere Skalierbarkeit und Passung des Lernstoffes entlang der Anforderungen der Lernenden

• flexiblere Zugänge zu Lernaufgaben gepaart mit variierenden Lernpfaden

• Automatisches Feedback durch „built-in“ Funktionen (z. B. in Übungsphasen)

• Neue Feedbackkanäle für die Schüler-Lehrer-Kommunikation (z. B. Video (Screencasts) und Audio)

• Verschränkung und Kombination untersch. Medien mit variierenden Lernansätzen (z. B. textuel u. visuell)

• Lernen mit allen Sinnen (z. B. mittels Erklärvideos)

Ansätze erfolgreichen Lernens mit mobilen digitalen Medien

Die unterrichtliche Integration schülereigener Mobiltelefone bietet in den beschriebenen Kontexten und

darüber hinaus wertvolle Anknüpfungspunkte

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3. Zentrale Dimensionen schulischer Medienintegration

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Handlungsfelder der Medienintegration

Mediendidaktik

Medienkompetenz

Curriculum-entwicklung

Lehrer-bildung

Qualitäts-entwicklung

Unterrichts-entwicklung

AusstattungInfrastruktur

Betrieb und Support

Content

Schulmanagement und Schulkultur

Einstellungen und Orientierungen

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Multi-Akteurs-Landschaft der Medienintegration

Eltern(ZEB)

(Kommunale)IT-Dienstleister Studienseminare

PH/UniStaatl. Schulämter

SchulleitungVerwaltung

KommunaleSchulträger

LandesinstituteInspektionen

Medienzentren

LandesinstituteBildungspläne

Lehrkräfte(PR)

Schülerinnen und Schüler (SMV)

KMK (Bildungsstandards)

Weitere Ministerien

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Die KMK forciert die Medienbildung

Im April 2016 veröffentlicht die KMK ihre „Strategie zur Bildung in der digitalen Welt“. Unter anderem sollen zukünftig:• mittelfristig zumind. in den weiterführenden Schulen

alle SuS jederzeit – wenn es pädagogisch sinnvoll ist –über digitale Hilfsmittel und Zugang zum Internet verfügen

• alle Lehrkräfte in ihren fachlichen Zuständigkeiten zugleich „Medienexperten“ werden

• inkl. entsprechender umfänglicher Kompetenzen

https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/PresseUndAktuelles/2016/Entwurf_KMK-Strategie_Bildung_in_der_digitalen_Welt.pdf

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Die KMK forciert die Medienbildung

Im April 2016 veröffentlicht die KMK ihre „Strategie zur Bildung in der digitalen Welt“. Unter anderem sollen zukünftig:• mittelfristig zumind. in den weiterführenden Schulen

alle SuS jederzeit – wenn es pädagogisch sinnvoll ist –über digitale Hilfsmittel und Zugang zum Internet verfügen

• alle Lehrkräfte in ihren fachlichen Zuständigkeiten zugleich „Medienexperten“ werden

• inkl. entsprechender umfänglicher Kompetenzen

https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/PresseUndAktuelles/2016/Entwurf_KMK-Strategie_Bildung_in_der_digitalen_Welt.pdf

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Die schulische IT-Infrastruktur ist nach wie vor verbesserbar

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Einschätzung der schulischen IT-Ausstattung aus Sicht der Lehrkräfte (Mittelwerte für Deutschland, Angaben in Prozent)

Quelle: Bos et al. 2016

46,8

45,3

36,3

34,5

Zahlen f. Sachsen

NRW hat reagiert und eine eigene Initiative lanciert, inkl. Leitbild!

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Der Bund „antwortet“ mit dem DigitalPakt#D!

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Das Bundesministerium für Bildung und Forschung bietet an, den 40.000 Schulen über fünf Jahre fünf Mrd. Euro für digitale Ausstattung zur Verfügung zu stellen.

Dafür sollen sich die Länder verpflichten, pädagogische Konzepte, Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte sowie gemeinsame technische Standards umzusetzen (Okt. 2016)

Fortbildungen wirken sich positiv auf die Medienintegration aus…

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Anteile der Lehrpersonen, die den folgenden Aussagen über den Erwerb des Wissens über die wechselseitige Beziehung zwischen dem Einsatz digitaler Medien und Lehrmethoden zustimmen (Mittelwerte für Deutschland, Angaben in Prozent)

Quelle: Bos et al. 2016

23,0

26,3

59,1

Zahlen f. Sachsen

… und können dazu beitragen, individuelle Einstellungen zu verändern (hier Grundschule)

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ZURÜCKHALTUNG BIS ABLEHNUNG DER MEDIENNUTZUNG

n=350, primär Lehrkräfte 40+ / vglw. geringe private Nutzung digitaler Medien

SELBSTVERSTÄNDLICHKEIT DER MEDIENBILDUNG

n=153, Altersdurchschnitt im Vergleich am niedrigsten / hohe private Affinität begründet häufigeren Einsatz im Unterricht

OFFENHEIT GEGENÜBER DER MEDIENBILDUNG

n=228, heterogene Altersverteilung / hohe Medienkompetenz aber seltene Nutzung im Unterricht

AMBIVALENTE BEWERTUNG DER MEDIENBILDUNG

n=125, heterogene Altersverteilung / ambivalente Einstellungen / digitale Medien werden eher privat genutzt

Quelle: Breiter et al. 2013

Die Situation in der Sekundarstufe I ist ähnlich

• Orientierungen primär zweckrational und fachbezogen

• Fokus auf Vermittlung technisch-instrumenteller Kompetenzen

• Medienerziehung ohne besondere Relevanz

Instrumentell-techn.

orientierte Strateg/innen

• Diffusion von Moral und Zweckrationalität – Suche nach Strukturen und Leitmotiven im schulischen Umgang mit digitalen Medien

• keine systematische Verankerung des Medieneinsatzes in der Einzelschule

Pragmatiker/ innen

• moralisch-erzieherische Grundorientierung

• Priorität der face-to-face Kommunikation (die neu zu erlernen ist)

• Lehrkraft als moralisch Instanz (inkl. Deutungshoheit über das Medienhandeln der SchülerInnen)

Moralische Erzieher/innen

maximaler

Kontrast

Quelle: Brüggemann 2013

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Divergierende Orientierungen erschweren evtl. auch die Kooperation zwischen Lehrkräften

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Anteile Kooperation von Lehrpersonen zum Einsatz digitaler Medien in Lehr- und Lernprozessensowie Wahrnehmung der Kooperationsförderung durch die Schulleitung(Mittelwerte für Deutschland, Angaben in Prozent)

Quelle: Bos et al. 2016

77,7

11,4

7,4

19,5

14,4

14,6

27,5

Zahlen f. Sachsen

Schule verändert sich (sehr langsam)!

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2006: Die kulturelle Konfiguration der Schule entspricht einerBuch-, Lese- oder Schriftkultur mit dem Buch als kulturellemLeitmedium, das die Schule zu einem Artefakt der Buchkulturgemacht hat (Böhme 2006)

2015: Partielle Erosion der etablierte Leitkultur im Zugedes medienkulturellen Wandels. Das Buch verliert ankultureller Bedeutung als dominantes schulischesLeitmedium zu Gunsten eines Mediengefüges. An dieStelle des typografischen Leitmediums tritt dasFormgefüge der Netzwerkkultur i. S. einer Verknüpfungmediendifferenter Raumzeitordnungen (Böhme 2015)

4. Wie kann es weitergehen?

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Schulorganisation & -kultur Fortbildung

pädagogische Zielvorstellungen

lernförderliche IT-Infrastruktur

Unterrichtsintegration

Zentrale Bausteine der erfolgreichen Medienintegration

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PITKOs und MEPs zeigen in die richtige Richtung!

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Quelle: https://cms.sachsen.schule/sbi-medios/willkommen/Quelle: http://www.schule.sachsen.de/12172.htm + kontinuierlicher Austausch,

Verständigung und Dialog!

Es ist aber auch Entwicklungsbedarf erkennbar (basierend auf Ergebnissen von 2007)

• Arbeiten die PITKOs inzwischen vor allem pädagogisch-organisatorisch?

• Fachdidaktische Fragen gehen vor technische Fragen

• Auch die Medienentwicklungsplanung bzw. Medienkonzeptentwicklung muss primär pädagogisch orientiert sein und möglichst viele Kollegiumsmitglieder einbeziehen

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Fazit

1. Digitalisierung und Mediatisierung verändern die Gesellschaft erheblich und mit offenem Verlauf

2. Medienbildung und Medienkompetenz sind unverzichtbar, um den Veränderungen kompetent zu begegnen

3. Die (berufs-)biografischen Orientierungen der Lehrkräfte bestimmen den unterrichtlichen Medieneinsatz

4. Der Schlüssel erfolgreicher Medienintegration liegt in der (Schul-)Entwicklung der Einzelschule

5. Gute Rahmenbedingungen erleichtern die Medienintegration erheblich

6. Sinnvoller und lernförderlicher schulischer Medieneinsatz braucht Forschung und Evaluation

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Am Fallturm 1

28359 Bremen

Tel.: 0421 218-56580

Fax: 0421 218-56599

E-Mail: [email protected]

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