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Arbeitnehmerüberwachung im Arbeitnehmerüberwachung im digitalen Zeitalterdigitalen Zeitalter

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Arbeitnehmerüberwachung im digitalen Zeitalter

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Arbeitnehmerüberwachung im digitalen Zeitalter

• Informationelle Selbstbestimmung: Ausprägung des Persönlichkeitsrechts, Art 2 Abs 1 i.V.m. Art. 1 Abs 1 GG

• Grundrecht (Volkszählungsurteil des BVerfG 1983)

• Einschränkungen, nur im überwiegenden Allgemeininteresse, bedürfen einer gesetzlichen Grundlage

• BVerfG hat in jüngster Zeit Gesetzgeber mehrfach korrigiert, z. B.- großer Lauschangriff, §§ 100c, 100d StPO – 2004 –- Rasterfahndung NRW – 2006 –- Onlinedurchsuchungen – 2008 -

• Rechte am eigenen Bild, gesprochenen und geschriebenen Wort sind strafrechtlich sanktioniert, u. a. in §§ 201, 201 a, 202 StGB, 22, 23 KUG, 6b BDSG

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Arbeitnehmerüberwachung im digitalen Zeitalter

Wie ist der Schutz des Arbeitnehmers gegen Überwachung mittels einer Videokamera im privaten Unternehmen gesichert ?

• Es gibt (noch) kein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz

• Bundesdatenschutzgesetz, Telekommunikationsgesetz, Teledienstedatenschutzgesetz, Teledienstegesetz, Rechtssprechung

• § 1 BDSG (Schutz vor Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts) generelle Auffangnorm

• § 4 Abs. 1 BDSG: Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, also grundsätzlich unzulässig, es sei denn Einwilligung oder gesetzlicher Rechtfertigungsgrund

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• Videoüberwachung unterfällt heute meist dem Begriff der Datenverarbeitungsanlage, §§ 1 Abs. 2 Nr. 3, 3 Abs. 2 BDSG • besonders geschützte Daten nach § 3 Abs. 9 BDSG ?

• Abstufung nach Sphären und Kriterien für Abwägung- Intimsphäre- Privatsphäre- Sozialsphäre

• Art und Intensität der Überwachung- verdeckte, heimliche Überwachung- offene Überwachung- permanente oder stichprobenartige Überwachung- technisch aufwendige Überwachung

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Erlaubnisvorbehalt: Rechtfertigungsgründe

1. Einwilligung- freiwillig und schriftlich und nach umfassender Information- ausdrückliche Vereinbarung, Zweck, Nutzung und Empfänger bekanntgeben - jederzeit frei widerrufbar

2. Wahrnehmung berechtigter Interessen in öffentlichen Räumen nach § 6b BDSG

- Arbeitsräume in der Regel nicht öffentlich - Verkaufsräume, Schalterhallen, Museen, Gaststätten, Bahnhöfe etc. als öffentlicher Raum- Kolission mit Persönlichkeitsinteressen der Arbeitnehmer – Duldung als arbeitsplatzimmanent versus eigenständige Abwägung- es sei denn, Maßnahmen richten sich ausschließlich/ schwerpunktmäßig gegen eigene Belegschaft (schärfere Maßstäbe)

- unverzügliche Löschung nach Zweckerledigung

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Arbeitnehmerüberwachung im digitalen Zeitalter

3. Rechtfertigung aus berechtigtem Interesse des Arbeitgebers, § 28 Abs. 1, 1. Satz Z. 1 und 2 BDSG - rechtlich anerkanntes Interesse: Einhaltung gesetzlich vorgeschriebener Sicherheitsstandards, Qualitäts- und Hygienevorschriften, Wahrung des Hausrechts gegen unbefugten

Zutritt bei gefährlichen/sensiblen Anlagen, Diebstahlprävention, Vermeidung von Vandalismus - Erforderlichkeit: keine anderen angemessenen Mittel ausreichend

- Anforderungen bei heimlicher Videoüberwachung: > nur bei konkretem Verdacht strafbarer Handlungen gegen eingegrenzten Personenkreis > alle zumutbaren, milderen Aufklärungsmaßnahmen gehen vor

> insgesamt nicht unverhältnismäßig

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Beispiel: laufender Schwund von USB-Sticks bei Elektro-Discounter:

> Vorrang von Inventur, Überprüfung Lieferumfang und Warenwirtschaft, Abgabe der Taschen von Kunden, Testkäufe bzw. Umtausch von Waren gegenüber Verkaufspersonal (mitbestimmungsfrei) > stichprobenweise Kontrolle von Arbeitnehmern vor Verlassen des Arbeitsortes (mitbestimmungspflichtig) > Empfehlung: Dokumentation der Mitarbeiter weniger belastenden Maßnahmen und deren Erfolglosigkeit

4. Zweckbindung gem. § 28 Abs. 1 Satz2 BDSG- Nutzen, Angemessenheit des Zwecks für jede

Datenverarbeitungsphase einzeln prüfen- keine Nutzung über Zweck hinaus oder Umwidmung für neue Zwecke

5. Beachtung der Landesdatenschutzgesetze- falls Behörde, sonstige öffentliche Stelle, öffentlicher Betrieb- §§ 12 Abs. 1 i.V.m. 6 Abs. 1 Datenschutzgesetz Berlin

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Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates

• Die Betriebspartner haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern, § 75 Abs. 1 BetrVG

• Zwingendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei Videoüber-wachung, § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG

• Es kommt nicht auf die Zweckverfolgung der Videoüberwachung an, sondern ob die Überwachung objektiv geeignet ist, Leistung oder Verhalten identifizierbarer Arbeitnehmer zu kontrollieren

• Grundsatz: Arbeitgeber hat das Recht, Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers zu kontrollieren

• Rechtlich zulässige Überwachungsmaßnahme soll auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt werden

• Vergabe der Überwachungstätigkeit an einen Dritten schließt das Mitbestimmungsrecht nicht aus

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Betriebsvereinbarung und operativer Einsatz

Möglicher Inhalt einer Betriebsvereinbarung:

Aufnahmebereich der Kameras zeitbezogene/ maximale Einschaltzeiten Bezeichnung der Technologie und Programme Verfügungsgewalt/ Schlüssel zur Videoanlage Aufbewahrungsfristen, Dokumentationspflichten Berechtigung und Umfang der Auswertung Betriebsvereinbarung und Einigungsstelle sind gebunden an Geeignetheit, Erforderlichkeit, Angemessenheit

Einschalten/ Durchführung in Abstimmung mit Betriebsrat

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Beispiele für Regelungsgegenstände

• Multimoment-Filmkameras

• Betriebsfernsehanlage (Videoanlage)

• Biometrische Zugangskontrolle

• Überwachung über Mobilfunk

• Radio-Frequenzy-Identification-Anwendungen (z. B. Hausausweise)

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Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis

• Verweigerung der Einwilligung in Videoüberwachung> keine Sanktionen wie z. B. Kündigung> bei notwendiger Überwachung nach § 28 Abs 1 Zf. 1 und 2 BDSG Einwilligung nicht erforderlich

• Anspruch des Arbeitnehmers bei rechtswidriger Überwachung> Unterlassung> Leistungsverweigerung (Zurückbehaltungsrecht)> Schadensersatz

• Beweisverwertungsverbot im Kündigungsschutzprozess> in der Regel ja, sofern Verletzung von grundrechtlich geschützten

Persönlichkeitsrechten> wohl nein, bei lediglich mitbestimmungswidrig erlangten Informationen

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