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PRESSEMITTEILUNG Nationale Minderheiten in Polen über Eskalation des Radikalismus beunruhigt – Rückendeckung durch Präsident und Regierungschef Die nationalen Minderheiten in Polen sowie führende Vertreter des Staates zeigen sich über die eskalierende Gefahr des Radikalismus in Polen beunruhigt. Besonders die konservative Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) versucht auf antideutschen Emotionen ihre Beliebtheitswerte zu verbessern. Noch bis vor kurz waren die Deutschen in Polen nahezu die einzige Gesellschaftsgruppe, die vor einer zunehmenden Intoleranz gegenüber nationalen Minderheiten in Polen gewarnt hat. Wie ernst die Lage mittlerweile ist, zeigt die Tatsache, dass führende Persönlichkeiten des Staates sich zu der Angeleigenheit geäußert haben: „Es besteht eine reale Gefahr des nationalen Radikalismus in Polen. Es ist schlimm, dass man nichts getan hat um diesem Phänomen frühzeitig entgegenzuwirken. Das ist sehr gefährlich“, sagte Polens Staatsoberhaupt Bronisław Komorowski nach den Feierlichkeiten des polnischen Unabhängigkeitstages (11.11.2012), bei denen es in Warschau zu Auseinandersetzungen rechtsextremer Verbände mit der Polizei kam. Nahezu prophetisch waren diese Worte, denn schon eine Woche später entstand im Umfeld der konservativen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) die Idee eines Marsches durch Oppeln (Hauptstadt der Region in der es die meisten Deutschen in Polen gibt) unter dem Motto „Hier ist Polen“. Während des Treffens der Oppelner Vertreter der PiS mit dem Vizemarschall des polnischen Sejms Marek Kuchciński wurde die deutsche Minderheit eine „Partei der Macht“ genannt, ihre gesetzlich gewährten Rechte u. A. die Befreiung von der 5% Hürde der Gesamtstimmen in den Wahlen zum Parlament wurden als „Skandal“ bezeichnet. Ebenfalls kritisierte die Partei die Tatsache, dass sich ein Vertreter der Minderheit auf seinem privaten Grundstück ein zweisprachiges Straßenschild aufgestellt hat. Nach PiS sind dies alles „Merkmale der Illoyalität“ gegenüber dem polnischen Staat. Aus dem Publikum fielen hingegen Worte „die Deutschen in Polen seien keine deutsche Minderheit sondern geistig minderwertig“. Obwohl bei dem Treffen zwei Abgeordnete des polnischen Sejms anwesend waren hat keiner von ihnen gegen diese Worte protestiert. Schon seit Jahren versucht PiS sich auf antideutschen Gefühlen eine politische Position aufzubauen, kritisiert nahezu jede Initiative der Deutschen in Polen auf lokaler Ebene des Sejmik (Landtag) sowie andere Initiativen. Letztes wurden lange ausgeklungene und oft an den Haaren herbeigezogene Beispiele von angeblichen Vorfällen der Illoyalität der Deutschen gegenüber dem polnischen Staat genutzt um ein sog. „weißes Buch der Illoyalität der deutschen Minderheit“ vorzubereiten. Die Idee eines „patriotischen“ Marsches gab es aber noch nie. Durchaus hat die deutsche Minderheit Gründe dazu beunruhigt zu sein, denn der Chef der PiS Partei in Oppeln Sławomir Kłosowski kündigte an zu dem Marsch rechtextreme Verbände wie das „National- Radikale Lager“ (ONR) einzuladen. Vorfälle von Gewalt befürchtet Kłosowski nicht. Nach ihm sind die Mitglieder von ONR „gute Patrioten“, die sich ruhig verhalten werden. Kann man den Optimismus des Abgeordneten teilen wo es doch unter anderem dieser Verband war,

Nationale Minderheiten in Polen über Eskalation des Radikalismus beunruhigt

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Die nationalen Minderheiten in Polen sowie führende Vertreter des Staates zeigen sich über die eskalierende Gefahr des Radikalismus in Polen beunruhigt. Besonders die konservative Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) versucht auf antideutschen Emotionen ihre Beliebtheitswerte zu verbessern.

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PRESSEMITTEILUNG

Nationale Minderheiten in Polen über Eskalation des Radikalismus beunruhigt – Rückendeckung durch Präsident und Regierungschef

Die nationalen Minderheiten in Polen sowie führende Vertreter des Staates zeigen sich über die eskalierende Gefahr des Radikalismus in Polen beunruhigt. Besonders die konservative Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) versucht auf antideutschen Emotionen ihre Beliebtheitswerte zu verbessern. Noch bis vor kurz waren die Deutschen in Polen nahezu die einzige Gesellschaftsgruppe, die vor einer zunehmenden Intoleranz gegenüber nationalen Minderheiten in Polen gewarnt hat. Wie ernst die Lage mittlerweile ist, zeigt die Tatsache, dass führende Persönlichkeiten des Staates sich zu der Angeleigenheit geäußert haben: „Es besteht eine reale Gefahr des nationalen Radikalismus in Polen. Es ist schlimm, dass man nichts getan hat um diesem Phänomen frühzeitig entgegenzuwirken. Das ist sehr gefährlich“, sagte Polens Staatsoberhaupt Bronisław Komorowski nach den Feierlichkeiten des polnischen Unabhängigkeitstages (11.11.2012), bei denen es in Warschau zu Auseinandersetzungen rechtsextremer Verbände mit der Polizei kam. Nahezu prophetisch waren diese Worte, denn schon eine Woche später entstand im Umfeld der konservativen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) die Idee eines Marsches durch Oppeln (Hauptstadt der Region in der es die meisten Deutschen in Polen gibt) unter dem Motto „Hier ist Polen“. Während des Treffens der Oppelner Vertreter der PiS mit dem Vizemarschall des polnischen Sejms Marek Kuchciński wurde die deutsche Minderheit eine „Partei der Macht“ genannt, ihre gesetzlich gewährten Rechte u. A. die Befreiung von der 5% Hürde der Gesamtstimmen in den Wahlen zum Parlament wurden als „Skandal“ bezeichnet. Ebenfalls kritisierte die Partei die Tatsache, dass sich ein Vertreter der Minderheit auf seinem privaten Grundstück ein zweisprachiges Straßenschild aufgestellt hat. Nach PiS sind dies alles „Merkmale der Illoyalität“ gegenüber dem polnischen Staat. Aus dem Publikum fielen hingegen Worte „die Deutschen in Polen seien keine deutsche Minderheit sondern geistig minderwertig“. Obwohl bei dem Treffen zwei Abgeordnete des polnischen Sejms anwesend waren hat keiner von ihnen gegen diese Worte protestiert. Schon seit Jahren versucht PiS sich auf antideutschen Gefühlen eine politische Position aufzubauen, kritisiert nahezu jede Initiative der Deutschen in Polen auf lokaler Ebene des Sejmik (Landtag) sowie andere Initiativen. Letztes wurden lange ausgeklungene und oft an den Haaren herbeigezogene Beispiele von angeblichen Vorfällen der Illoyalität der Deutschen gegenüber dem polnischen Staat genutzt um ein sog. „weißes Buch der Illoyalität der deutschen Minderheit“ vorzubereiten. Die Idee eines „patriotischen“ Marsches gab es aber noch nie. Durchaus hat die deutsche Minderheit Gründe dazu beunruhigt zu sein, denn der Chef der PiS Partei in Oppeln Sławomir Kłosowski kündigte an zu dem Marsch rechtextreme Verbände wie das „National-Radikale Lager“ (ONR) einzuladen. Vorfälle von Gewalt befürchtet Kłosowski nicht. Nach ihm sind die Mitglieder von ONR „gute Patrioten“, die sich ruhig verhalten werden. Kann man den Optimismus des Abgeordneten teilen wo es doch unter anderem dieser Verband war,

 

 

der an den Auseinandersetzungen mit der Polizei am 11.11.2012 in Warschau teilnahm? Noch im Oktober vergangen Jahres haben unbekannte (bis heute nicht gefasste) Personen auf dem Sitz der führenden Gesellschaft der deutschen Minderheit in Oppeln ein Hakenkreuz gemalt sowie das Symbol des „kämpfenden Polens“. Nachher wurde am Tatort auch ein Schlagring gefunden. Bei einem organisierten Marsch vieler rechtsextremer Organisationen kann es noch zu weit aus schlimmerem kommen. Mut machen den Deutschen in Polen die Aussagen, des Premierminister Polens Donald Tusk. Tusk versicherte, dass es: „Keine Jagt auf Minderheiten geben wird“ solange seine Partei am Regieren ist. Ebenfalls ein gutes Zeichen war die kürzlich organisierte Pressekonferenz im polnischen Sejm, bei welcher Abgeordnete verschiedener Parteien ein Auftreten wie das der PiS scharf kritisierten. Auch der für die Minderheiten in Polen zuständige Minister der Verwaltung und Digitalisierung Michał Boni setzte ein Zeichen indem er eine außerordentliche Sitzung der gemeinsamen Kommission der Regierung und der Nationalen und Ethnischen Minderheiten einberufen hat. Gemeinsam diskutierten die Minderheitenseite und die Regierungsseite vor allem über das eskalierende Problem der Hasssprache gegenüber Minderheiten im Internet und im Gesellschaftlichen Leben. Dies war eine Möglichkeit für den Minister zu erfahren, dass nicht nur die Deutschen z. B. vom ständigen beschmieren zweisprachiger Ortsschilder betroffen sind. Intoleranz signalisieren nahezu alle nationalen Minderheiten. Die weißrussische Minderheit informierte den Minister sogar von Vorfällen körperlicher Gewalt. Helfen bei solchen Vorfällen soll ein von der deutschen Minderheit schon seit langem vorgeschlagenes Regierungsprogramm zur Bekämpfung von Intoleranz und Förderung der Akzeptanz der Minderheiten. Konkrete Projekte im Rahmen eines solchen Programmes sollen nach Minister Boni im Zeitraum Januar-Februar vorgestellt werden. Die PiS Partei wirft hingegen weiterhin mit Kritik gegenüber der deutschen Minderheit um sich. Beleidigungen wie „die Deutschen seien eine Bande von Schlauköpfen“, „die deutsche Minderheit ist ein Parasit“ und „die deutsche Minderheit melkt den polnischen Staat wie eine Kuh“ sind mittlerweile keine Seltenheit in den polnischen Medien. Die Deutschen werden von PiS-Vertretern mit den baskischen ETA Terroristen verglichen und sind nach ihnen eine Gefahr welche in Polen „ein zweites Kosovo“ machen kann. Für die Deutschen in Polen sind das vor allem Versuche eine friedlich miteinander lebende Gesellschaft zu spalten. Beispiele der Illoyalität, welche PiS angibt sind für die deutsche Minderheit meistens „ein aufgewärmtes Stück Fleisch“. Jedoch ist die Tatsache, dass man einen Marsch organisiert bei dem rechtsextreme Verbände teilnehmen werden etwas was beunruhigen kann. Die deutsche Minderheit hofft, dass sie polnische Verwaltung diese Gefahr nicht unterschätzt.

Łukasz Biły, Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen