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  • 1974-199420 Jahre Neonazisin Hamburg

    1974-199420 Jahre Neonazisin Hamburg

    4DMSchlerInnen 3DM4DMSchlerInnen 3DM

  • INHALT

    21974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    Impressum

    Herausgeber:Antifaschistische Gruppe

    DRUSCHBA NARODNYCH

    c/o Hamburger Satz- und Verlags-Kooperative GmbH

    Schulterblatt 5820 357 Hamburg

    V.i.S.d.P.: Heinrich EckhoffErscheinungsdatum: 07.10.1994

    2. unvernderte Auflage

    Bestellungen an dieVerlagsadresse

    Normalpreis 4DMPreis fr SchlerInnen 3DM

    plus 1 DM/HeftPorto bei Versand

    Zum Titelblatt:

    Das Foto zeigt die Teilnehmer derVeranstaltung im Haus des Sports, von links:

    Wolf-Dieter Eckart,H.J. Neumann,Gary Rex Lauck,

    Thies Christophersen,Willi Wbbels

    VORWORT 3

    DIE OFFIZIELLE SICHT 4

    WIE ALLES ANFING - NSDAP UND HANSA BANDE 5

    1974 NSDAP-Treffen im Haus des Sports mit Christophersen und Lauck 5Die Hansa Bande Michael Khnens 5Die Eselsmasken-Aktion 6Die Aktionsfront Nationaler Sozialisten (ANS) 7Frauenpolitik Fehlanzeige! 7Der Mord an Johannes Bgner 8

    CHRISTIAN WORCH - AKTIVIST DER ERSTEN STUNDE 9

    Rechte Hand von Michael Khnen 9Im Fhrungskreis der Gesinnungsgemeinschaft der neuen Front (GDNF) 10Worchs Aktivitten eine Chronologie 10Organisator des Aufbauplanes Ost und der He-Mrsche 11Organisator des Nazi-Terrors (Anti-Antifa, Einblick) 13

    JRGEN RIEGER - ANWALT DER BRAUNEN SZENE 14

    Aktivist des Neonazismus 14Anwalt der alten und neuen Nazis 15Sein Landhaus in der Heide 16Braune Rechtshilfe 17

    DIE FAP 18

    Nach Verbot der ANS Unterschlupf der Neonazis 18Die Freiheitliche Arbeieterpartei Deutschlands (FAP) in Hamburg 18Das Komitee Adolf Hitler 19Friedhelm Busse ein Nazi und Krimineller 20Die Bundesgeschftsstelle in Halstenbek und die Brder Goertz 20Die Nationale Liste Hamburg 21Willi Wegner eine Nazi-Karriere 23

    BRAUNE TECHNIK-FREAKS 24

    Nationales Infotelefon Hamburg 24Datennetze der Neonazis 24Eine Bewegung in Waffen 25Nazipropaganda durch Grundrechte geschtzt? 25

    TERROR VON RECHTS 27

    Die Zeitschrift INDEX (Hamburg 1992) 27Der EINBLICK Aufforderung zum Terror 27Der Fall Wilhelmshaven 28Hamburger Vorflle 28

    RECHTES AUS HAMBURG 30

    Bergedorf ein Zentrum der Neonazis 30Braunes an den Universitten 30Nazis und Homosexuelle 32Nazi-Anschlge in Hamburg und Umgebung-eine unvollstndige Sammlung 32

    UNERLAUBTE FRAGEN? 34

    LITERATUR UND (EIN PAAR) ADRESSEN 35

    INTERVIEW MIT JRGEN BRAMMER 36

  • VORWORT

    31974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    Eine Dokumentation ber die Neona-zi-Szene in Hamburg erschien unsschon seit lngerer Zeit berfllig.Seit nunmehr 20 Jahren, angefangen voneiner Veranstaltung im Herbst 1974 imHamburger Haus des Sports, wo dieGrndung einer NSDAP in Hamburgbeschlossen wurde, bis heute knnen Kaderdes Neonazismus in Hamburg ihr Unwesentreiben, ohne da sie wesentlich von denBehrden behindert werden. Wenn heuteNazis in Deutschland mit nahezu unver-hlltem Hitlergru aufmarschieren, wennsie sich je nachdem mit braunen, SA-hnli-chen oder schwarzen, SS-hnlichen Unifor-men kostmieren, wenn in immer dreistererForm die Verbrechen des Faschismus, dieGaskammern in Auschwitz und die syste-matische Judenvernichtung geleugnet wer-den, so hat all dies seinen Anfang in Ham-burg genommen. Zu nennen sind dabeiinsbesondere Jrgen Rieger, ChristianWorch und Thomas Wulff, die im heutigenNetzwerk des Neonazismus eine zentraleRolle spielen und deren Bedeutung weitber die Grenzen Hamburgs hinausgeht.Wann die Erklrung des Hamburger Senatsvom Sommer 1993, nunmehr das Verbotder Nationalen Liste zu beantragen, zuManahmen fhren wird, steht in den Ster-nen.

    Die zentrale Bedeutung dieser Nazissteht in einem merkwrdigen Gegensatzzur staatlichen Politik, die bislang nurwenig Interesse daran bekundete, diesenVgeln das Handwerk zu legen. Undwhrend die Hamburger obersten Verfas-sungsschtzer wie der verstorbene Christi-an Lochte und sein Nachfolger Ernst Uhr-lau sich bei jeder sich bietendenGelegenheit als herausragende intime Ken-ner der bundesdeutschen Neonazi-Szenedarzustellen versuchen bzw. versuchten,reicht das Wissen der Polizei offenbar nichtaus, diese Nazis effektiv aus dem Verkehrzu ziehen. Das neueste Beispiel hierfr istder Terror gegen Jrgen Brammer, derAnfang 1994 ber ein Nazi-PamphletNationales Echo der interessierten NS-Szene als Opfer prsentiert wurde; bislangbestand der Nazi-Terror zum Glck nuraus Telefonanrufen und Drohbriefen. Ebendieses Nationale Echo war der Staats-

    schutzabteilung der Polizei vom Verfas-sungsschutz einige Tage vor dem erstenffentlichen Auftauchen des Hetzblatteszugeleitet worden aus einer nichtgerichtsverwertbaren Quelle. All dies deu-tet darauf hin, da die Aktivitten in derHamburger Neonazi-Szene durchaus unterden Augen der zustndigen Behrden statt-finden.

    Einen letzten Ansto zur Herausgabedieser Dokumentation gab der Rcktritt desHamburger Innensenators Hackmann(SPD) im September 1994. Anla fr sei-nen Rcktritt war ein Bericht eines Polizei-beamten, der nicht nur mehrere seiner Kol-legen rassistischer bergriffe undGewalttaten beschuldigte, sondern nament-lich auch zwei Kollegen benannte, die mitNeonazis sympathisierten. Einer von die-sen beiden soll sich zum Staatsschutz ver-setzt haben lassen, um so wie der Berichtbehauptet mit seinen Freunden aufStaatskosten Bier trinken zu knnen. Derandere wird beschuldigt, mehrfach anWehrsportbungen im Sachsenwald teilge-nommen zu haben. Genaueres ist demBericht nicht zu entnehmen. Der Verfasserwird mittlerweile als unglaubwrdig darzu-stellen versucht, der seine Informationenvom Hrensagen, also von Dritten habe.Besttigt allerdings scheinen die Kontaktezumindest eines Beamten in die rechtsradi-kale Szene.

    Vllig im Dunkeln liegt derzeit auch dieneonazistische Wehrsportgruppe, an derenbungen der Beamte teilgenommen habensoll.

    Die vorliegende Zusammenstellungbeschrnkt sich auf die Darstellung derNeonazi-Szene um Aktionsfront NationalerSozialisten (ANS), Freiheitliche Arbeiter-partei (FAP) und Nationale Liste (NL), diewir auch wegen ihres Auftretens manchmalals Schaftstiefel-Faschisten bezeichnethaben. Rechtsradikale Gruppen wie Natio-naldemokratische Partei Deutschlands(NPD), Hamburger Liste fr Auslnderstop(HLA), Deutsche Volksunion (DVU) oderREPs sind hier nicht das Thema.

    Whrend noch vor wenigen Jahren dieNeonazis bei jeder sich bietenden Gelegen-heit versucht hatten, als eigene Partei zukandidieren, hat sich dies seit den Verbotenund Verbotsdrohungen von Ende 1992veerndert. Christian Worch hat nicht nurim Herbst 1993 die Kandidatur des rechts-lastigen CDUlers Heitmann zum Bunde-sprsidenten untersttzt, sondern ruft seitdem Frhjahr 1994 die Naziszene gegenerheblichen Widerstand in den eigenenReihen zur Wahl der Republikanern auf.

    Eines noch vorweg: Wenn mensch sichsehr lange und intensiv mit Neonazisbeschftigt, so kommt es leicht zu einerberschtzung dieser Vgel. Davor solltenwir uns hten Paranoia ist nicht angesagt.

    Vorwort

    Unter anderem waren diese Anschuldigungen gegen Polizeibeamte Anla fr Hamburgs InnensenatorHackmann, im September 1994 zurckzutreten. Zumindest der Vorwurf gegen einen der beiden Polizistenhat sich offenbar besttigt.

  • DIE OFFIZIELLE SICHT

    41974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    Im Hamburger Verfassungsschutzbe-richt fr 1993 werden fr Hamburg1400 organisierte Rechtsextremistenangenommen. Das ist in etwa eine Verdop-pelung der Zahlen seit Mitte der 80er Jahreund wird vor allem mit dem Anwachsender Deutschen Volksunion (DVU) desGerhard Frey begrndet. Die Zahl derrechtsextremistisch motivierten Straftatennahmen von 1992 auf 1993 leicht zu: von383 auf 397, wobei die Mehrzahl derDelikte eine eindeutig fremdenfeindlicheAusrichtung aufweist. Die Zahl der mili-tanten Skinheads, die vom Verfassungs-schutz als das grte Gewaltpotential ange-sehen werden, soll von 120 auf 100gesunken sein. Als Mitgliederzahlen dereinzelnen rechten Gruppen wurde Ende1992 dabei folgendes angegeben: NationaleListe mit 30 Mitgliedern; FAP: 15 Mitglie-der. NL und FAP werden von etwa 100rechtsradikalen Skins untersttzt. DieseSkinheads haben auch Kontakte zum ame-rikanischen KuKluxKlan (KKK), derperiodisch in Deutschland mit Aktivittenhervortritt Die NPD hat etwa 100 Mitglie-der, die NPD-nahe Hamburger Liste frAuslnderstop (HLA) 180 Mitglieder, die

    Deutsche Volksunion etwa 700. DieRepublikaner haben 150 Mitglieder und dieDeutsche Liga war 1993 in Hamburgnoch im Aufbau. Ende 1992 wurde dieZunahme rechter Aktivitten zum Anlagenommen, neunzehn weitere Beamtebeim Staats- und Verfassungsschutz einzu-stellen.

    Als von besonderer Bedeutung wirdvom Verfassungsschutz (VS) die zuneh-mende Vernetzung des nationalen Lagersangesehen, durch die die bislang zersplit-terten rechtsextremistischen Organisatio-nen immer enger zusammenarbeiten undneue Organisations- und Kommunikations-formen entwickeln wrden. Namentlichgenannt als eine solche gemeinsame Orga-nisationsform wird das in Hamburg anss-sige Deutsche Rechtsbro, eine bundes-weit operierende juristischeSelbsthilfeeinrichtung der Neonazi-Szene,die regelmig ber die rechtlichen Fragenvon Nazi-Aktivitten aufzuklren versucht,Tips gibt fr legale Aktionen etc. Einewesentliche Rolle bei dieser Vernetzungspielen auch zunehmend die neuen elektro-nischen Kommunikationsmedien wie Mail-boxen in Computernetzen, Info-Telefoneetc.

    Eine herausragende Rolle dabei spieltnach Ansicht des VS Christian Worch,

    nur stellvertretender Chef der NationaleListe Hamburgs, der mit seiner im Sommer1992 ins Leben gerufenen Anti-Antifa-Kampagne ein Stichwort fr den Aufbauorganisationsbergreifender Strukturengegeben habe.

    Innerhalb des militanten rechten Lagerssei so der VS weiter durchaus die Ten-denz geplanter rechtsextremistischer moti-vierter Gewalttaten gegeben, was auf gutdeutsch nichts anderes bedeutet, da inner-halb der Nazi-Gruppen offenbar berle-gungen angestellt und Vorbereitungengetroffen werden, mit explizit konspirativ-terroristischen Methoden vorzugehen. DieNglichkeit einer braunen RAF wird andie Wand gemalt. Diese Tendenz knne, soder VS warnend, durch zunehmendeRepressionsmanahmen des Staatesgeradezu gefrdert werden. Es knntenzur Militanz neigende Rechtsextremistenzu dem Ergebnis kommen, da anstellelegaler Arbeit nur noch Gewalt zur Durch-setzung der eigenen politischen Ziele mg-lich ist.

    Wenn es nach dem VS ginge, sollte alsogegen die Nazis nicht allzuviel getan wer-den, weil ansonsten von deren Seite Terrordrohe.

    Die offizielle Sicht

    Bildzeitung vom 2.12.1992

  • WIE ALLES ANFING - NSDAP UND HANSA-BANDE

    51974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    Im Herbst 1974, am 10. November, tra-fen sich im Hamburger Haus desSports einige Neonazis, um eine neueNSDAP in Hamburg zu grnden. Mit vonder Partie waren der Amerikaner Gary RexLauck aus Lincoln in Nebraska/USA, derals Chef der NSDAP/AO gilt. Das AO,steht dabei entweder fr Aufbau- oder Aus-landsorganisation. Aus Deutschland dabeiwar Thies Christophersen, damals Land-wirt aus Schleswig-Holstein und ehemalsSS-Wachmann in einem Nebenlager vonAuschwitz. Sein Bericht Die Ausch-witzlge wurde vom Neonazi Manfred

    Roeder verffentlicht und prgte denBegriff Auschwitzlge, der heute allge-mein verwendet wird, wenn Nazis diesystematischen Verbrechen des histori-schen Faschismus leugnen. Die FR schlugvor, unter Antifaschisten in Zukunft vonAuschwitzleugnung zu sprechen. Man-fred Roeder avancierte spter zum Chef derterroristischen Deutschen Aktionsgrup-pen, deren Mitglieder 1980 in Hamburgzwei Vietnamesen in einem Auslnderheimumbrachten. Roeder ist heute nach Ver-bung einer langen Freiheitsstrafe alsChef dieser terroristischen Gruppe wiederin Freiheit. Thies Christophersen lebt heutein Dnemark (in Kollund bei Nazi-Freun-

    Wie alles anfing NSDAP und Hansa Bande

    1974 NSDAP-Treffen im Haus des Sports mit Christophersen und Lauck

    den), weil er sich nach Jahren einer trauri-gen Justizposse einer endgltig anzutreten-den Haftstrafe nur durch Flucht nach Dne-mark entziehen konnte. Sein Pa allerdingswurde 1993 mit Hilfe seiner in Sddeutsch-land lebenden Schwester verlngert, woChristophersen sich anmelden konnte,obwohl er auf der Fahndungsliste steht.

    Aus Hamburg war bei der Versammlung1974 Wolf-Dieter Eckart dabei, der denersten Sttzpunkt einer neuen NSDAP inHamburg aufmachte. Mit H. J. Neumannnahm ein weiterer Nazi teil, der wenig sp-ter wegen eines berfalls auf den linkenGttinger Buchladen polibula verurteiltwurde und nach seiner Haft nach Sdafrikaging. Auerdem war mit Wilhelm Wb-bels, einem Frhrentner aus Bocholt, dererste Reichsleiter der neuen NSDAPanwesend.

    Ob die 1975/76 vor allem in Hamburg-Altona aktive Faschistische Front desMichael Borchardt mit diesen NSDAP-Aktivisten in Verbindung stand, konnte niegeklrt werden.

    Die Hansa Bande Michael KhnensTabu. Die Mitglieder dieses Vereins kamenalle aus der NPD-Jugendorganisation Jun-ge Nationaldemokraten, denen die Mutter-partei zu trge geworden war. Fr ihreAktionen konnte die Bande auch auf Mittelder neonazistischen Wiking-Jugendzurckgreifen. So fuhren sie in deren Busbeispielsweise zu Provokationen nachNrnberg, und der schleswig-holsteinischeGaufhrer dieses Vereins, Uwe Rohwer,war sozusagen der militrische Leiter der

    Im September 1977 wurden in derHamburger Innenstadt beim Ritzenvon Hakenkreuzrunen in Schaufenster-scheiben drei Neonazis festgenommen, diesich als Mitglieder eines FreizeitvereinsHansa ausgaben: Michael Khnen, LutzWegener und Tibor Schwarz. MichaelKhnen, damals Leutnant der Bundeswehr,war noch wenige Monate zuvor als Vertre-ter eines Vereins Erbe und Auftrag Ver-

    einigung zur Frderung des monarchisti-schen Gedankens e.V. aufgetreten, bevorer mit diesem als Hansa-Bande berhmtgewordenen Verein eine fr die Bundesre-publik erste ffentlich agierende Gruppevon Hakenkreuz-Nazis grndete. Mit ihremoffenen Bekenntnis zum Nationalsozialis-mus, ihrer Forderung nach Wiederzulas-sung der NSDAP etc. durchbrach dieseGruppe ein bislang fr die meisten rechts-radikalen Gruppen Deutschland geltendes

  • WIE ALLES ANFING - NSDAP UND HANSA-BANDE

    61974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    Bande. Khnen selbst soll, nachdem erschon als Schler im Rheinland im NPD-Umfeld aktiv gewesen war, whrend seinerBundeswehrzeit in Hammelburg mit Neo-nazis in Kontakt gekommen sein. Dort soller den Auftrag bekommen haben, inHamburg eine NS-Gruppe aufzubauen. Biszu seinem Ausschlu aus der Bundeswehrkonnte er dies als Leutnant und Student derBundeswehrhochschule von der Bundes-wehrkaserne in Rahlstedt aus betreiben.

    Die Gruppe selbst agierte unter ver-schiedensten Namen: Als SA-Sturm8. Mai wurde sie in den Blttern der ille-galen NSDAP bezeichnet; als angeblichunpolitischer Freizeitverein Hansa ver-suchte sie ihre Treffen etc. legal erscheinenzu lassen. Im November 1977 trat sie aufeiner ersten ffentlichen Versammlung inWandsbek als Aktionsfront NationalerSozialisten (ANS) in Erscheinung; unterdiesem Namen operierte sie seitdem auchbundesweit bis zu ihrem Verbot 1983. Sp-ter wurde die Grndung der ANS auf den8. Mai 1977 vorverlegt. Von antifaschi-stischer Seite wurde fr die Gruppe derBegriff Hansa-Bande geprgt.

    Innerhalb krzester Zeit hatten die pro-vokativen Aufmrsche die Bande bundes-weit bekannt gemacht. Nahezu alle in derBundesrepublik agierenden brigen Nazi-Gruppen orientierten sich an der Hansa-Bande: Uwe Rohwer von der Wiking-Jugend in Schleswig-Holstein gehrteebenso zu den Bewunderern Khnens wieder Nrnberger Karl-Heinz Hoffmann vonder Wehrsportgruppe Hoffmann. DieHansa-Bande wurde auf Titelseiten solcherNazi-Zeitungen abgebildet wie dem ster-

    reichischen Hetzblatt Sieg des mittler-weile nach Spanien abgetauchten NazisWalter Ochsenberger. Um die Welt gingder Bericht ber eine Versammlung vonKhnen, Christophersen, Rohwer und Karl-Heinz Hoffmann im Februar 1978 in Ham-burg-Lurup, wo die Polizei diese Ver-sammlung der Neonazis gegen den Protesteiniger hundert AntifaschistInnen schtzteund den Nazis den Zugang zum Versamm-lungslokal freiprgelte. Die Mehrzahl deran dieser Versammlung teilnehmendenNazis sind in den nachfolgenden Jahrenwegen schwerster Verbrechen verurteiltworden.

    Uwe Rohwer von der Wiking-Jugendwurde verurteilt, weil er gemeinsam mitanderen Nazis, darunter Lutz Wegener, aufdem Truppenbungsplatz Bergen-Hohneniederlndische Soldaten berfallen undmehrere Maschinenpistolen geraubt hatte.

    Mitglieder der Wehrsportgruppe Hoff-mann haben die Bombe auf dem MnchnerOktoberfest im Jahr 1980 gelegt, bei der 17Menschen ums Leben kamen. Im Libanon,wohin sich seine Truppe abgesetzt hatte,soll Hoffmann selbst Mitglieder seinerTruppe qualvoll gefoltert und umgebrachthaben, wofr er in Deutschland angeblichnicht belangt werden kann. Als ein weiteresMitglied verurteilt wurde, weil es den jdi-schen Verleger Shlomo Levy und dessenLebensgefhrtin in Erlangen ermordet hat-te, hielt das Gericht eine Anstiftung durchHoffmann nicht fr nachgewiesen. Dieserwurde wegen Geldflscherei schlielich zueiner langjhrigen Gefngnisstrafe verur-teilt.

    M ichael Khnen ging mit seinerNazi-Gruppe einen etwasanderen Weg. Zwar sind auchaus dieser Bande Terror und Mord hervor-gegangen und eine geheime Wehrwolfor-ganisation koordinierte auch die terroristi-schen Teile des Nazi-Geflechts,hervorstechendes Merkmal aber war derprovokativ an die ffentlichkeit getrageneNS-Faschismus. So wurden Versammlun-gen organisiert, zu denen Journalisten ein-geladen wurden, deren einziger Zweck dieffentliche NS-Propaganda war. Die Fahneder ANS war ein negativ dargestelltesHakenkreuz, der Gru der berhmte Kh-nen-Gru, ein nur unwesentlich abgewan-delter Hitlergru, gegen den angeblich juri-stisch nichts zu machen sei. Erst jetztwurde diese Art der verfremdeten, den-noch eindeutig als NS-Symbol gemeintenDarstellung von Symbolen unter Strafegestellt. Zustndig fr das Referat Ideolo-gie war damals Christian Worch, der inverschiedenen Versammlungen als Ober-einpeitscher aufgetreten ist.

    Die international am meisten bekanntgewordene Aktion dieser Truppe war diesogenannte Eselsmaskenaktion im Mai1978, bei der mehrere Mitglieder der Ban-de, darunter Tibor Schwarz, MichaelDavid, Michael Buchmann und ChristianWorch sich Eselsmasken aufsetzten undSchilder umhingen: Ich Esel glaube noch,da in Auschwitz Juden vergast wurden.Ausgangspunkt fr diese Aktion war dasNazi- und Schwulen-Lokal CanCan desHansa-Banden-Mitglieds Lothar Wrobel inSt. Georg; die Nazis wurden auf dem Wegin die Innenstadt von Polizei gestoppt undfestgenommen.

    Diese Aktion kann im Nachhinein alsder Auftakt eines aggressiv vorgetragenenGeschichtsrevisionismus angesehen wer-den. Heute ist das Leugnen der NS-Verbre-chen in den KZs, hinter der Front durch diefaschistischen Einsatzgruppen, die syste-matische Vernichtung der Juden und ande-rer als minderwertig angesehener Gruppensowie der politischen Gegner zentralesAnliegen der Neonazis.

    20.8.1987: Aufmarsch vor dem Haus des entflohenen NS-Kriegsverbrechers Kappler in Soltau.Von Llnks: Christian Worch, Frank Stubbemann, Michael Khnen, Tibor Schwarz

    Die Eselsmasken-Aktion

  • WIE ALLES ANFING - NSDAP UND HANSA-BANDE

    71974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    Die Jahre 1977 - 78 waren fr dieNazis um Michael Khnen Jahrehektischer Aktivitt, in denen siedie Aktionsfront Nationaler Sozialistenbundesweit auszudehnen versuchten. Zen-traler Programmpunkt der ANS war dieWiederzulassung der NSDAP. Die Rei-sekader Khnen und Worch bereisten dieRepublik, wurden in Bremen, Hannover,Nrnberg etc. festgenommen und wegenNS-Propaganda und Volksverhetzungangeklagt; sie unterhielten Kontakte zuNazi-Terroristen wie der Otte-Gruppe inBraunschweig; Kontakte gab es zu einerNationalrevolutionren Arbeiterfront inBremen und zu Nazi-Gruppen in Kiel.Immer wieder wurden Mitglieder der Grup-pe um Khnen festgenommen, weil sog.Todeslisten gegen Demokraten, prominen-te Juden und Antifaschisten auftauchten.Mehrere der ANS-Aktivisten wurdenwegen Bankraub, Waffendiebstahl etc. ver-urteilt. Auch in Berlin war eine ANS-Grup-pe aktiv, die in einem greren Prozeabgeurteilt wurde.

    Als erst Michael Khnen 1978 endlichnach vielen Bewhrungsstrafen fr lngere

    Zeit hinter Gittern verschwand und auchChristian Worch u.a. wegen der Esels-masken-Aktion wegen Volksverhetzungund anderen Propagandadelikten Ende der70er Jahre einsitzen muten, war die ANSauch ohne diese beiden Chefs bundesweitzur bekanntesten NS-Gruppe geworden, bissie schlielich 1983 verboten wurde. NachEinschtzung des Verfassungsschutzes wardamals die Blankeneser WehrsportgruppeDems das Sammelbecken fr die in derHansestadt fhrerlos gewordenen Jungna-zis. Insbesondere Detlef Brel, spter imFAP-Vorstand und Khnen-Gegner, tatsich Anfang der 80er Jahre mehrfach alsrechtsradikaler Schlger hervor verteidigtvon Jrgen Rieger. Michael Khnen, 1982aus einer ersten Haft entlassen und einknappes Jahr wieder fr einen NationalenAufbau der ANS aktiv, floh nach dem

    sie Lisa genannt. Auch sie scheiterte bisheute.

    In letzter Zeit wurde immer wiederberichtet, da in der Skin-Szene derenweibliche Mitglieder, die Renees, auchmehr in der aktiven nationale Politik mit-mischen wollen. Dem widerspricht aberz.B. der fr 1994 vertriebene Renee-Kalen-der, der diese als PinUp-Girls in Dessousmit Straps und Nationaler Fahne oderBaseballkeule eindeutig als Lustobjekt vonMachos darstellt. Gesitteter gehts da beider Wiking-Jugend zu: Frauen und Mttersind und bleiben Lebenstrger unseresgesamten Volkes. Der ehrvergessenenFrau, die ihren eigenen Bedrfnissen undVorstellungen folgt und gegen die Rasser-einheit verstt, seien Strafen wieangeblich frher bei den Germanen, z.B.Ertrnken im Sumpf angemessen.

    Die Aktionsfront Nationaler Sozialisten

    26.11.1987:Christian Worch auf einer ANS-Veranstaltung

    Von Anfang an versuchten dieFaschisten, auch speziell zur Frau-enfrage Politik zu machen. VonAnfang waren bei den Versammlungen derANS auch Frauen zu sehen. Mit einerDeutschen Frauen-Front (DFF) sollteeine der natrlichen Rolle der Frau ange-messene Organisationsform geschaffenwerden, in der die Freundinnen und Ehe-frauen der mnnlichen Kmpfer das ihrefr die Bewegung beitragen knnten. berAnstze ist dies aber nie hinausgekommen.Die bekanntesten Vertreter dieser Frauen-politik sind dabei:Ursula Mller aus Mainz, Ehefrau desNazis Curt Mller,

    Christa Goerth, langjhrige Vorsitzendeder Hilfsgemeinschaft fr Nationale poli-tische Gefangene und Ursula Worch, mittlerweile ihrem Ehe-mann untreu gewordene Ehefrau von Chri-stian Worch.

    Unser Vaterland wird uns durchandersartige Kultureinflsse entfremdet,wodurch unser Nationalstolz verlorengehthie es in einem der 1984 verteilten Flug-bltter unter dem Titel: Auslnderrck-fhrung durch Volksabstimmung. Bis aufderartige Kleinstanstze ist uns ber eineFrauenpolitik der Nazis in Hamburg nichtsbekannt.

    Nach Ursula Worch, die 1989 den Vor-sitz der DFF abgab, versuchte sich dieKhnen-Lebensgefhrtin Esther Wohl-schlger in dieser Art Frauenpolitik.Wegen ihres jdischen Vornamens wurde

    Frauenpolitik Fehlanzeige!

    ANS-Verbot aus Deutschland, wurde 1984dann von Frankreich ausgeliefert und mu-te fr dreieinalb Jahre hinter Gitter.

    Dieses eine Jahr lebte Khnen an unter-schiedlichsten Orten. Neben Unterknftenbeim 90jhrigen Altnazi Carlus Baagoe inHamburg waren Pinneberg und Stade beiEdgar Geiss seine Wohnsitze. berall wur-de er, der ja kein Einkommen mehr hatte,von Alt- und Neonazis ausgehalten.

    Hamburg war unter Christian Worchder wichtigste, aber nicht einzige Sttz-punkt der ANS, die mit Thomas Brehl, demFrankfurter Arndt-Heinz Marx und anderenihre bundesweite Ausdehnung organisierte.

  • WIE ALLES ANFING - NSDAP UND HANSA-BANDE

    81974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    In Hamburg schien die ANS nach denVerhaftungen von Khnen und Worchzu zerfallen. Sie wurde sogar offizi-ell fr aufgelst erklrt. 1979/80 gingauch der Staatsschutz davon aus, da dieseGruppe nicht mehr existiere. Anfang 1981formierte sich die Gruppe aber wieder neu,wohl auch in der Erwartung, mit der Haft-entlassung der Vorkmpfer wieder einenAufschwung zu erleben.. Ein Martin Buch-mann verbreitete ein info 1, in dem zumRausschmi von Verrtern aufgerufenwurde; in einem info 2 vom 25.5.1981forderte Michael Fruehauf unter demPseudonym Oberst Alexander, gegenPerverse, Homosexuelle und Verrterscharf vorzugehen. Neben einem weiterenwird auch das ANS-Mitglied Johannes

    Bgner als schwul geoutet. Beiden wirdbefohlen, mit sofortiger Wirkung jegli-chen Kontakt zu nationalen Leuten, Kame-raden und Organisationen abzubrechen,anderenfalls wir Wege wissen, uns vor sol-chen Elementen zu schtzen. Unmittelbarvor Abfassung des info 2 waren Frueh-auf, ANS-Mitglied von Anfang an undFriedhelm Enk, aus der Bundeswehr entlas-sener Nazi und Krimineller (Gefngnisstra-fe wegen Raub; er wohnte auf EmpfehlungKhnens bei Fruehauf und war als Ham-burger ANS-Chef vorgesehen), zu einemKnastbesuch bei Khnen gewesen. In derWohnung von Willi Wegner wurde danndas weitere verabredet: Am Abend des28.5.81 fuhren Wegner, Fruehauf, Enk undein weiteres Gruppen-Mitglied, OlafKnig, zum Schwulen- und Nazi-TreffCanCan des Lothar Wrobel am St.Georgs-Kirchhof, holten Bgner aus der Kneipeund fuhren an den Hamburger Stadtrand,

    wo Enk auf Anweisung Fruehaufs ihn mit20 Messerstichen ermordete.

    Im Proze wurden Khnen und Worchals Zeugen vernommen und distanziertensich scheinheilig: Wir sind eine politischePartei und wir haben die Absicht, in dieserBundesrepublik die Macht zu bernehmen.Mord gehrt allerdings nicht dazu. DieTat sei eine Intrige des Verfassungs-schutzes, Enk ein mibrauchtes Werkzeugetc. Tatschlich war Fruehauf einen Tagvor dem Mord offiziell vom Verfassungs-schutz als Mitarbeiter angeworben worden.Im Urteil schlielich wurde auf den politi-schen Hintergrund nicht eingegangen. Fru-ehauf sei ein verkappter Schwuler, derseine nicht eingestandene Veranlagung inAggression gegenber den schwulen ANS-Mitgliedern umgesetzt habe, Enk sei voll-stndig in das Schema von Fhrer undGefolgschaft eingebunden. Fruehauf undEnk erhielten jeweils eine lebenslnglicheStrafe, die drei anderen Beteiligten, dieBrder Knig und Willi Wegner erhieltenGefngnisstrafen zwischen 10 und 18Monaten.

    Der Mord an Johannes Bgner

    Jahr

    197419751977

    1978

    1979

    1980

    1981

    1982

    1983

    1984

    19851986

    1987

    Deutschland

    ANS-Aufmrsche in Nrnberg; Zusammenarbeit ANS - WSG-Hoffmann

    Grndung der FAP in Stuttgart; Grndung der Hilfsgemeinschaft fr Nationale politische Gefangene(HNG); Grndung der Nothilfstechnischen bungs- und Bereitschaftsstaffeldes Dr. JrgensAttentat auf das Mnchner Oktoberfest; Verbot der Wehrsportgruppe HoffmannVSBD-Mitglieder liefern sich eine Schieerei mit der Polizei; zwei werden erschossen; Friedhelm Busse wird verhaftet und 1982 verurteiltHaftentlassung Khnens, Nationaler Aufbaus der ANS, Verbot derVSBDVerbot der ANS

    ANS-Aktivisten bernehmen die FAP; Khnen setzt sich nach Frankreich ab, wird aber bald ausgeliefertGrndung der Nationalistischen FrontKhnens Schrift ber Nationalsozialismus und Homosexualtt fhrt zuDifferenzen in der Nazi-Szene, Spaltung der FAPHitlerstellvertreter Rudolf He stirbt

    Hamburg

    NSDAP-Veranstaltung im Haus des SportsFaschistische Front inHamburgGrndung der ANS in Hamburg

    ANS-Mitglieder verben berflle, rauben Waffen; Khnen wird ver-haftet und im Bckebugrer Proze verurteilt.

    Morde an zwei Vietnamesen durch die Deutschen Aktionsgruppen

    Mord an Johannes Bgner, Wehrsportgruppe Dems in Blankenese; Aufbau der ANS-Gruppe in Pinneberg/Bokel

    Beginn des Auftretens von Nazi-Skin-Banden wie savage army

    Grndung von ANS-Gruppen in verschiedenen Stadtteilen;Grndung der FAP in Pinneberg

    Ermordung des Trken Rahmazan Afci durch Nazi-Skins

    FAP-Marsch auf die Hafenstrae; FAP-Demonstrationen vor den alliierten Konsulaten

    Eine Chronologie

  • CHRISTIAN WORCH - AKTIVIST DER ERSTEN STUNDE

    91974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    Von Anfang an bei der Hansa-Ban-de dabei war dabei der Notargehil-fe Christian Worch, der auf derHamburger Emilie-Wstenfeldt-Schule inden 70er Jahren auch schon mal als Schul-sprecher kandidiert hatte. Innerhalb derHansa-Bande galt Worch als der Intellek-tuelle, der sich weniger als Schlger dennals Ideologe bettigte. Auf allen Ver-

    sammlungen war er neben Khnen derStarredner, wurde als Schulungsleiteroder weltanschaulicher Referent gehan-delt. So hielt er u.a. am 26.11.1977 dasweltanschauliche Grundsatzreferat bei dergrospurigen Ankndigung der ANS, beiden Hamburger Brgerschaftswahlen 1988anzutreten.

    Von Anfang an war Worch die rechteHand von Michael Khnen. Als dieser1978 ein erstes Mal ins Gefngnis mute,fhrte Worch die Geschfte weiter, baute in

    Pinneberg eine neue Wehrsportgruppe aufund arbeitet sptestens seit dieser Zeitintensiv mit Jrgen Rieger zusammen. ImZuge der bundesweiten Ausdehnung derANS wird Worch u.a. Vorsitzender dernazistischen deutsch-vlkischen Gemein-schaft (DVG) des Werner Braun in Karls-ruhe sowie Schriftleiter der Nachrichtender Hilfsgemeinschaft fr Nationale poli-tische Gefangene. Mehrfach mu Worchins Gefngnis. Durch eine Erbschaft rechtvermgend, finanziert er einen Teil derNazi-Aktivitten. Bis zu seinem Tod wirdMichael Khnen beispielsweise von Worchausgehalten.

    Jahr

    1988

    1989

    1990

    1991

    1992

    1993

    1994

    Deutschland

    Friedhelm Busse wird FAP-Vorsitzender; Entlassung Khnens aus dem Gefngnis; Beginn der Rudolf-Hess-Mrsche; Grndung der Nationalen Sammlung in Hessen durch KhnenAufbau diverser Nazi-Gruppen wie Deutsches Hessen, DeutscheAlternative etc. als legale Arme der NSDAP/AO und Wahlparteien;Nazis in der ehemaligen DDR organisieren sich. ber die HNG wirdzwischen den verfeindeten Nazi-Lagern ein modus vivendi gefundenNazi-Kongre Wahrheit macht frei in Mnchen. Das Haus in der berli-ner Weitlingstrae wird zum Zentrum der Nazis in der ehemaligenDDR; Grndung von Nazi-Gruppen vor allem in Cottbus und Dresden sowieder Deutschen Altenantive in Berlin

    Tod Khnens

    Verbot verschiedener Nazi-Gruppen wie Nationalistische Front, Deut-scher Kameradschaftsbund;Pogrom von Rostock; Mordanschlag von MllnMordanschlag von Solingen; der EINBLICK erscheint mit etwa 250 Adressen von Nazi-GegnernNeonazis rufen zur Wahl der Republikaner auf

    Hamburg

    Grndung der Nationalen Liste in Hamburg, In der Folgezeit werden NL-Mitglieder als Ordner etc. bei allen groenNazi-Aufmrschen gesehen.

    FAP-Bundesgeschftsstelle wird nach Halstenbek verlegt; NL kandidiert zur BrgerschaftDie Nationale Liste Hamburg propagiert die Anti-AntiFaDer INDEX erscheint unter diesem Titel

    NL wird erneut zur Brgerschaftswahl zugelassen; das ganze Jahr ber werden Antifaschisten von Nazis bedrohtDas Nationale Echo in Hamburg erscheint

    Eine Chronologie

    Christian Worch Aktivist der ersten StundeRechte Hand von Michael Khnen

  • CHRISTIAN WORCH - AKTIVIST DER ERSTEN STUNDE

    101974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    Von Michael Khnen stammt ausseiner Knastzeit (nach dem Verbotder ANS und seiner Auslieferungaus Frankreich 1984) die Idee, die Kaderder Nazi-Bewegung in einer Gesinnungs-gemeinschaft der Neuen Front zusammen-zufassen. Diese sollte keine formale Orga-nisation mit Satzung etc. darstellen, um sieso dem Zugriff der staatlichen Repressionzu entziehen, dennoch aber verbindlich dieAktivitten der NSDAP koordinierenund die durchaus verschiedenen (und kon-kurrierenden) Aktivitten und Anstze vonNS-Politik zusammenfassen. In dieserGDNF nimmt Worch seit Jahren einefhrende Rolle ein und ist mit dem zwi-schenzeitlich in sterreich inhaftiertenGottfried Kssel und Wilfried ArnulfPriem aus Berlin seit Khnens Tod 1991Mitglied des Fhrungstrios. Jahrelang warWorch offizielle Redaktionsanschrift derverschiedenen Khnen-Postillen (InnereFront, Neue Front), bevor diese anonymaus den Niederlanden vertrieben wurden.

    Zum Umfeld der Gesinnungsgemein-schaft der Neuen Front werden eine Viel-zahl von Gruppen gerechnet, die teilweiseihre Namen stndig wechseln:Aktion Lebensschutz (AL)Antizionistische Aktion (AZA)Antikommunistisches Aktionsbndnis(Antiko)Arbeitsgemeinschaft fr stndigeWirtschaftsgestaltung (ASW)Freie Gewerkschaftsbewegung (FGB)Freundeskreis Heinz Reisz (FHR)Initiative VolkswilleKaderorganisation SANeubeginn - Arbeitskreis fr deutsch-alter-native Politik (ADAP)Sturmabteilung (SA)Volksbund Rudolf He (VHR)Wahlbndnis Neubeginnen - Arbeitskreisfr deutsch-alternative Politik (ADAP)Nationale Sammlung (NS), gegrndet1988, verboten am 27.1.1989Deutsche Alternative (DA), gegrndet Mai1989, verboten am 10. Dezember 1992Nationale Liste (Hamburg), gegrndetMrz 1989Deutsches Hessen, gegrndet Juni 1991,mittlerweile verbotenNationaler Block, gegrndet Juli 1991,mittlerweile verbotenSchsische Nationale Liste (SNL), gegrn-det August 1991

    23.7.1977

    20.8.1977

    16.10.1977

    19.11.1977

    26.11.1977

    11.2.1978

    19.2.1978

    25.2.1978 26.2.1978

    22.7.1978

    23.9.1978

    September 1978

    1979

    10.3.1979

    Feburar-April1980

    25.4.1984

    April 1984

    16.6.1984

    Worch wird mit weiteren Nazis an der Hamburger Mundsburg festgenom-men, als sie mit Stangen auf Antifaschisten losgehen wollen; die Nazis woll-ten vor dem Hamburger Konsulat der UdSSR randalieren.Mehrere Nazis halten eine Ehrenwache vor dem Haus des aus italienischerHaft befreiten NS-Verbrechers Kappler in Soltau ab, darunter Worch.Worch nimmt gemeinsam mit Khnen an einer Kranzniederlegung desNazis Manfred Roeder anllich der 20jhrigen Wiederkehr der Hinrichtungder Hauptkriegsverbrecher teil. Zu dieser Veranstaltung waren beide miteinem Bus der Wiking-Jugend angereist. Sie erhalten 80 Stunden Arbeitsauf-lage als Strafe. Wenig spter demonstrieren beide auf dem Gelnde derhistorischen NSDAP-Parteitage, wofr sie spter erneut verurteilt werden.Aufmarsch von Neonazis unter Worchs Fhrung in der Bremer Innenstadt inUniform, gemeinsam mit der Bremer Nationalrevolutionren Arbeiterfront,dem Bremer Ableger der Gruppe.Erster ffentlicher Auftritt Worchs als Redner bei der offiziellen ANS-Grn-dungs-Veranstaltung in Hamburg; spter wird er deshalb zu einer Geldstrafevon DM 150. verurteilt. Spter wird nicht mehr der 26.11.77, sondern der8. Mai 77 als Grndungsdatum der ANS von den Nazis propagiert.Worch nimmt in Gttingen an einer Sitzung der Aktivgruppe Science Fic-tion teil, aus der er ausgeschlossen werden soll. Er kann seinen Ausschluverhindern; sein Hobby, seine nazistischen Allmachtsphantasien in Formvon Science-Fiction-Stories auszuleben, wird bekannt.Die sog. Eselsmasken-Aktion in Hamburg, bei der Worch und Co. mitEselsmasken durch Hamburgs Innenstadt ziehen wollten mit Schildern: IchEsel glaube noch, da in deutschen KZs Juden vergast wurden.Wahlveranstaltung der ANS in HamburgTeilnehmer einer NSDAP-Veranstaltung in Hamburg-Lurup, u.a. mit Christo-phersen, Rohwer und Hoffmann aus Nrnberg.Saalschlacht von Lentfrden; etwa 100 Nazis prgeln sich mit der Polizei;25 werden festgenommen, darunter Worch;Worchs Bande berfllt einen Bchertisch der linken BrgerinitiativeUmweltschutz Unterelbe in der Hamburger Innenstadt; eine Woche spterkriegen er und seine Leute ordentlich Prgel, als sie erneut provozieren.(Nach anderer Quelle: am 9.11.1978) Worch ist an einem berfall auf einesSDAJ-Veranstaltung in Hannover-Garbsen beteiligt.Worch baut in Bokel bei Pinneberg (westlich von Hamburg) eine Wehrsport-gruppe auf, die dort durch berflle etc. auf sich aufmerksam macht.Worch nimmt an einem Parteigericht teil, das im Haus des Kieler NazisStolp stattfindet und das sich gegen den Verrter Peter Teuffert richtet, derbei der Polizei umfangreiche Aussagen zu terroristischen Umtrieben derschleswig-holsteiner Bande gemacht hatte. Worch ist zu diesem Zeitpunktauch schon Vorsitzender einer deutsch-vlkischen Gemeinschaft mit Sitz inKarlsruhe in Nachfolge des dortigen Nazis Werner Braun.Worch und andere werden in mehrere Verfahren, u.a. wegen der Eselsmas-kenaktion und eines berfalls in Hannover verurteilt. Worch erhlt mehrfacheine Gefngnisstrafe, die zu einer Gesamtstrafe zusammengezogen wird.Sein Anwalt ist J. Rieger.Worch wird Schriftleiter der Nachrichten der Hilfsgemeinschaft Nationa-ler Gefangener (HNG). Der Verfassungsschutz bezeichnet die HNG mit 400Mitgliedern als die mitgliederstrkste und die derzeit einzige, sichgeschlossen darstellende neonazistische Organisation in der BRD. Worchist gegen Fhrungsauflagen aus der Haft entlassen.Sptestens seitdem fungiert Worch als Redaktionssekretr / Redaktionsan-schrift der Khnen-Postille W - Die Neue Front, mit der dieser seineGetreuen bei der Stange zu halten versucht.Teilnahme an einem Treffen der Neuen Front im Sden Hamburgs, u.a.mit Thomas Wulff und Willi Wegner mit insgesamt angeblich 45 Teilnehmern.

    Worchs Aktivitten eine Chronologie

    Im Fhrungskreisder GDNF

  • CHRISTIAN WORCH - AKTIVIST DER ERSTEN STUNDE

    111974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    Juli/August 1984

    30.1.1986

    11.7.1987

    17.8.1987

    13.3.1989 20.6.1989

    August 1989

    Frhjahr 1990

    3.3.1990 31.3.1990

    21.4.1990

    4.7.1990

    5.7.1990

    20.10.1990

    1.5.1991

    1991

    3.5.1991 Mai 1991

    Juni 1991

    31.8.1991

    9.11.1991

    3.1.1992

    23.5.1992

    Worch ist Teilnehmer einer bungsfahrt der Norhilfstechnischen bungs-und Bereitschaftsstaffel des Dr. Jrgens.Worch mu nach einem Bericht der FAP-Nachrichten erneut ins Gefngnis.Die FAP zitiert aus Worchs unsglichem Science-Fiction-Elaborat: Die Scha-le des Zorns.Gautreffen der FAP in Groensee bei Hamburg mit angeblich 100 Teilneh-mern. Der stellvertretende FAP-Bundesvorsitzende Willi Wegner beschuldigtWorch, gewollt oder ungewollt den Kameraden aus Westfalen zum einenden roten Mob, und zum anderen die Staatsgewalt auf den Hals gehetztzu haben. Wegner gehrt zum Khnen-feindlichen Flgel der FAP (siehedazu weiter hinten in dieser Broschre).Nach dem Tode ihres Idols Rudolf He marschieren Nazis vor die Konsulateder USA und von Grobritannien in Hamburg. Mit dabei: Worch, Wulff undRieger. Grndung der Nationalen Liste Hamburg mit Worch als eigentlichem Kopf.Das Ehepaar Worch wird von einem Mobilen Antifa-Kommando in seinerWohnung berfallen, und es verschwinden etwa 50 Aktenordner aus derWohnung.Mitglied eines Vorbereitungskreises der Rudolf-He-Gedenkmrsche. Die-se Funktion hat Worch seitdem jedes Jahr bis 1994 ausgebt.Worch ist stndiger Gast in der Berliner Weitlingstrae, einem von Neonazisbesetzten Haus, das die Zentrale der Neonazis in der Noch-DDR darstellte.Aufmarsch der Nationalen Liste in Hamburg.Fulda: Treffen der HNG; Neonazi-Aussteiger Ingo Hasselbach beschuldigtWorch in einer polizeilichen Aussage, durch die Blume Order (gegeben zuhaben), was wir an Aktionen machen sollen;Teilnehmer der Veranstaltung Wahrheit macht frei in Mnchen, wo dieEselsmasken-Aktion wiederholt wird.Teilnehmer eines Treffens der NSDAP in Kollund/Dnemark mit Khnen, Chri-stophersen, Lauck und weiteren NeonazisWorch holt gemeinsam mit Khnen, Lisa Wohlschlger und dem sterrei-cher Gottfried Kssel den US-Nazi Gary Rex Lauck zu einer Rundreise in derehemaligen DDR am Flughafen in Schnefeld ab.Mit Khnen, Kssel und Sonntag Fhrer eines Nazi-Aufmarsches in Dresdenmit rund 500 Teilnehmern.Maifeier in Cottbus: Es ist unser Tag, der Tag der deutschen Arbeit soder INDEX im Juni.Nach dem Tod Khnens Mitglied eines dreikpfigen Fhrungsgremiums derGesinnungsgemeinschaft der Neuen Front, gemeinsam mit Arnulf WilfriedPriem aus Berlin und Gottfried Kssel aus sterreich.Worch nimmt mit etwa 90 Nazis an der Einscherung Khnens teilWahlkampfdemonstration in Hamburg mit auswrtiger Hilfe; etwa 100 Neo-nazis marschieren auf einer abgelegenen RouteOrganisator des Gedenkmarsches fr den von Zuhltern erschossenen Neo-nazi Rainer Sonntag in Dresden.Grndung der Schsischen Nationalen Liste in Dresden, u.a. mit GottfriedKssel.Worch mobilisiert fr einen Nazi-Aufmarsch in Halle, den der spter verur-teilte Neonazi Dienel initiiert hatte.Beerdigung der Urne Khnens in Kassel unter Worchs Leitung mit etwa 130Nazis, die von Antifaschisten stark bedrngt werden. Bei einem Aufmarsch des Deutschen Kameradschaftsbund in Wilhelmsha-ven geht Worchs Rede im antifaschistischen Protest unter. Offenbar bei die-ser Gelegenheit fotografieren Nazis protestierende Antifaschisten; wenigspter jedenfalls wird ein solches Foto auf einem Anti-Antifa-Steckbriefgegen einen Wilhelmshavener Gewerkschafter verwendet.

    Der Deutsche Weg, gegr. Oktober 1991Neben diesen, eng um Khnen gruppier-

    ten Nazi-Gruppen sind noch zwei weiterezu erwhnen: Die FAP die FreiheitlicheArbeiterpartei Deutschlands und dieNationalistische Front. Die Nationalisti-sche Front wurde Ende 1992 nach etwafnfjhrigem Bestehen verboten. Die FAPdiente den Mitgliedern der 1983 verbote-nen ANS sowie denen einer mehr in Sd-deutschland existierenden Volkssozialisti-schen BewegungDeutschlands (verboten1982) als Unterschlupf, spaltete sich aber1989 in den Khnen-Flgel (GdNF) unddie FAP um Friedhelm Busse (siehe dazuspter in dieser Broschre).

    Worchs Aktivitten eine Chronologie

    Organisator desAufbauplanes Ost

    und derHe-Mrsche

    Noch kurz vor seinem Tod 1991formulierte Michael Khneneinen sogenannten AufbauplanOst. Er propagierte den massiven Einsatzwestdeutscher Nazi-Kader in der ehemali-gen DDR, um unter Ausnutzung des gesell-schaftlichen Umbruchs und des Zusam-menbruchs alter Strukturen mglichsterfolgreich eine neonazistische Infrastruk-tur aufzubauen. Nach Khnens Tod ber-nahm Christian Worch die Rolle des Koor-dinators dieser Bestrebungen. Derausgestiegene DDR-Neonazi Ingo Hassel-bach benennt Worch als den eigentlichenKopf dieser Bemhungen und beschuldigtihn in seinem Buch, Rdelsfhrer undAnstifter auch zur Gewalt gegen Ausstei-ger, sogenannte Verrter an der Bewe-gung zu sein.

    Zumindest Worchs Auto wurde bei denPogromen in Rostock-Lichtenhagen gese-hen, das ausgerstet mit CB-Funk undFunktelefon organisierend in die Randaleeinzuwirken versuchte. Auch die mitWorch eng verbundene Hilfsgemeinschaftfr Nationale Gefangene (HNG), derenSchriftleiter Worch vor Jahren schon ein-mal gewesen ist, versuchte mit Flugbltternzur nationalen Rechtshilfe dort auf sichaufmerksam zu machen.

    Schon 1990 hatte die Khnen-Truppevor allem in Sachsen erheblich Anhngergewinnen knnen. Im Juli 1990 organisier-ten sie eine Rundtour durch die ehemaligeDDR mit dem eingeflogenen US-Nazi

  • CHRISTIAN WORCH - AKTIVIST DER ERSTEN STUNDE

    121974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    18.7.1992

    27.8.1992

    7.11.1992 16.1.1993 17.4.1993

    1.5.1993

    etwa Pfingsten199312.10.1193

    9.4.1994

    Mai 1994

    21.8. 1994

    19.9.1994

    In Meschede findet mit Beteiligung von Worch und Wulff eine Anti-Antifa-Kundegbeung unter Federfhrung der Sauerlnder Aktionsfront statt.Antifas verhindern, da Worch beim Sender SAT 1 in der Provo-SendungEinspruch aufkreuzen kann.Fr diesen Termin mobilisiert Worch zu einem Marsch durch Frankfurt/Oder.Anti-Antifa-Treffen in Sddeutschland mit diversen sddeutschen Nazis.Zusammen mit Wulff Teilnehmer einer Hitler-Geburtstagsfeier beim EhepaarMller in Mainz-Gonsenheim. Dessen Grtnerei dient seit etwa 20 Jahrenimmer wieder als Treffpunkt insbesondere fr Hitler-Gebutstagsfeiern undandere bundesweite Treffen der Nazis. Unter den Gsten: Friedhelm Bussevon der FAP, Bela Ewald Althans aus Mnchen, Manfred Huck (ArbeitskreisNationaler Kameraden), Michael Petri (ehemals Deutsche Alternative, jetztANK), Frank Hbner (von der verbotenen Deutschen Alternative aus Cott-bus) und Arnulf Wilfried Priem aus Berlin.Teilnehmer eines Aufmarschs des Nationalen Blocks in Mnchen. DerNationale Block wird am 11.6.1993 verboten.Worch ist als Teilnehmer bei einem Trainingskurs im Solinger HakPao ange-meldet. Der Kurs findet wegen des Solinger Anschlags nicht statt.Worch verschickt Mobilisierungsschreiben fr einen Aufmarsch in Halbe amSoldatenfriedhof am 14.11.1993; nahezu alle anreisenden Neonazis werdenin Polizeikontrollen gefilzt, festgesetzt etc., so da nur noch etwa 100 zurKranzniederlegung durchkommen (und auch noch kontrolliert werden).Teilnehmer einer Nazi-Veranstaltung auf der Havelinsel Lindwerder in Berlinzusammen mit dem FAP-Bundesvorsitzenden Friedhelm Busse und Petri vonder Nationalen Alternative in Sddeutschland. Die Versammlung war alsFAP-Versammlung deklariert, soll aber der Vorbereitung der Wahlkampagneder illegalen NSDAP gedient haben. Worch hat dort den Plan entwickelt, beiden Bundestagswahlen die REPs zu propagieren, was er in der Zwischen-zeit auch tut.Das Wunsiedel-Komitee der Nazis unter Fhrung von Worch mobilisiert freine Nationale Aktionswoche um eine gemeinsame zentrale He-Demoherum.Nach Zeugenberichten ist Worch gemeinsam mit den Brdern Goertz vonder FAP Hamburg und Jrgen Rieger Teilnehmer eines Rudolf-He-Marschesvon etwa 60 Neonazis in Kaltenkirchen in Schleswig-Holstein, dem einzigenMarsch, der 1994 berhaupt von Nazis durchgefhrt werden konnte.Teilnahme an einer NPD-Kundgebung in Bonn, auf der Gnter Deckert (NPD-Bundesvorsitzender) und Wolfgang Nahrath (ehamliger Vorsitzender derWiking-Jugend) sprachen. Weil Vertreter des nationalen Widerstandsnicht zu Wort kamen, zogen Worch, Thomas Wulff und weitere Schaftstiefel-Nazis ab.

    Gary Rex Lauck. Am 20. Oktober 1990zogen etwa 500 Nazis durch Dresden, orga-nisiert vom Khnen-Vertrauten RainerSonntag unter Beteiligung von Khnen,Worch und Kssel. Als Sonntag im Mai1991 von Zuhltern erschossen wurde,organisierte Worch den Trauermarsch, derzum grten Nazi-Aufmarsch der letztenJahre geriet und bei dem alle Fraktionender Neonazis-Szene teilnahmen: Die Kh-nen-Anhnger ebenso wie Busses Frei-heitliche Arbeiterpartei und SchnbornsNationalistische Front. Von der schsi-schen Nationalen Liste ist bekannt, dasie nicht nur ideologisch, sondern auchfinanziell von Worch abhngig ist.

    Worch ist seit Jahren federfhrend,wenn es um den Aufmarsch der Neonazisanllich des Todestags ihres Mrtyrers,des Hitler-Stellvertreters Rudolph Hegeht. Er fordert die zerstreuten Neonazi-Gruppen zu gemeinsamer Aktion auf; dieAnhnger der Nationalen Liste stelleneinen Teil der Ordnertruppen. Das Ham-burger Nationale Infotelefon mobilisiertdie Szene zu den Treffpunkten.

    Die Aufmrsche anllich des Todes-tags des Nazis Rudolf He finden seit 1989statt, wobei die beiden ersten noch vonMichael Khnen selbst organisiert wordenwaren. Bis 1993 waren diese Aufmrschezu einem einigenden Ereignis der unter-schiedlichsten Strmungen geworden. Ins-besondere die verfeindeten StrmungenFAP und Khnen-Anhnger konnten sichhier zu gemeinsamer Aktion zusammenfin-den. Waren es 1989 erst ca. 300-400Nazis, so kamen 1990 schon etwa 1200Nazis zusammen. Als 1991 um Wunsiedelein totales Demonstrationsverbot verhngtworden war, war es Jrgen Rieger, der dieDemonstration in Bayreuth anmeldete, woetwa 2000 Nazis unter dem Schutz derPolizei demonstrieren durften. Auch derAufmarsch in Rudolstadt 1992 wurdefederfhrend aus Hamburg durch Worchorganisiert. 1993 wieder war Worch derOrganisator im Hintergrund, whrendThorsten Heise von der FAP in Niedersach-sen als formaler Anmelder auftrat konn-ten trotz oder wegen? der zahlreich ver-tretenen Polizei einige Hundert Neonazis inFulda demonstrieren. Angeblich hatten dieBehrden in Fulda keine Mglichkeit, einVerbot zu erlassen, geschweige denn esdurchzusetzen. So konnte die ffentlich-keit im Fernsehen verfolgen, wie die Poli-zei-Einsatzleitung und die Neonazis sichper Handschlag fr das gegenseitige diszi-plinierte Auftreten gratulierten. Erst imAugust 1994 demonstrierte die Polizei, daes jederzeit mglich wre, dem braunenSpuk ein Ende zu bereiten.

    Worchs Aktivitten eine Chronologie

    FAP-Treffen in Wewelsburg am 26.3.1988von links: Thomas Hainke, Michael Khnen, Christian Worch, Thomas Brehl und Walther Matthaei

  • CHRISTIAN WORCH - AKTIVIST DER ERSTEN STUNDE

    131974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    Im Sommer 1992 erschien in Hamburgdie Zeitschrift INDEX der nationa-len Liste mit dem programmatischenAufruf: Organisiert die Anti-Antifa.ber sieben Seiten wurden in diesem BlattAdressen von linken Treffs, antifaschisti-schen Initiativen, alternativen Begegnungs-sttten etc. aufgelistet und damit in ziem-lich unverblmter Weise die eigeneAnhngerschaft zum Terror aufgerufen.

    In der Folgezeit des Hamburger INDEXreiste Worch durch die braunen Lande undwarb fr seine Idee der Anti-Antifa, diein den darauffolgenden Monaten zum eini-genden Thema der gesamten, ansonstendurchaus zersplitterten Neonazi-Szenewurde. So fand z.B. am 16. Januar 1993 einTreffen in Sddeutschland statt, wo eineReihe Nazis eine verstrkte Zusammenar-beit besonders auf dem Gebiet der Anti-Antifa-Arbeit verabredet wurde. NebenWorch waren auf diesem Treffen anwe-send: Manfred Huck von der in Sd-deutschland (Karlsruhe und Heidelberg)agierenden Aktionsfront NationalerKameraden; Michael Petri von der verbo-

    tenen Deutschen Alternative (DA) inRheinland-Pfalz; Bernd Malthaner von dersddeutschen NationalfreiheitlichenAlternative.

    Bis hin zu den Jungen Nationaldemo-kraten wurde die Idee aufgegriffen. AlleNationalen Infotelefone propagierten dasSammeln von Infos und das Ausspionierender linken Szene. Das Mainzer NationaleInfotelefon tat sich besonders hervor inder Organisierung der Datensammlung. InTelefonansagen wurden die weiteren Kon-taktadressen fr die Anti-Antifa bekannt-gegeben: Neben der Nationalen Liste inHamburg waren dies der StudentenbundSchlesien in Gttingen, die verboteneNationale Offensive in Witten, ManfredHuck von der Aktionsfront NationalerKameraden, die FAP in Bonn und Duis-burg, Markus Privenau aus Bremen (derauch fr die Hilfsgemeinschaft Nationalerpolitischer Gefangenen (HNG) ttig istund Mitglied der NF war) sowie weiterePostfachadressen in Berlin, Kln undFrankfurt. Offen wurde darber gespro-chen, eine gemeinsame Verffentlichungzu erstellen, in der der Gegner identifi-ziert wrde. Im Herbst 1993 war es dannsoweit: Der EINBLICK konnte ber eineAdresse in Dnemark bezogen werden.

    Organisator des Nazi-Terrors (Anti-Antifa, Einblick)

    Aufbau im Osten:von links: Swierzek, Huebner und Worch

    Bildzeitung,4.7.1994

  • JRGEN RIEGER - ANWALT DER BRAUNEN SZENE

    141974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    Fast htte Rieger seine Karriere alsAnwalt berhaupt nicht beginnenknnen. Als Nazi-Aktivist war ernmlich schon Ende der 60er Jahre mit derJustiz in Konflikt geraten, als er anllichdes Besuchs des DDR-MinisterprsidentenWilli Stoph in Kassel eine DDR-Fahneabri. Daneben ist Rieger wegen Krper-verletzung bei einer Demonstration derAktion Widerstand am 31.10.1970rechtskrftig verurteilt worden und unter-sttzte den rechtsradikalen Professor Rubinvon der Aktion Oder Neie (AKON) beidessen Selbstentfhrung, mit der dieser dieLandtagswahlen in Schleswig-Holstein1971 zu beeinflussen suchte. Wegen dieserund anderer Aktivitten htte er seineAnwaltszulassung riskiert, wenn er nichtebenfalls unter die Amnestie der soziallibe-ralen Koalition gefallen wre, die vor allemAktivisten der Studentenbewegung betraf.Unter dem Titel Rasse auch ein Problemfr uns gab er 1969 ein Buch im Eigenver-lag heraus (1972 als jugendgefhrdendindiziert) und war viele Jahre Funktionrdes rechtsextremen Bund HeimattreuerJugend, bevor er spter zur radikalerenWiking-Jugend wechselte.

    In den 70er Jahren fiel Rieger als Mit-glied eines Freundeskreises Filmkunstauf, der jahrelang Nazifilme in Matinee-Vorstellungen zeigen konnte, und als Orga-nisation in der Nachfolge des verbotenenBund Nationaler Studenten gilt. Bedeu-tender aber ist seine Vorstandschaft in derGesellschaft fr biologische Anthropolo-gie, Eugenik und Verhaltensforschung(Frher deutlicher in NS-Tradition:Gesellschaft fr Erbgesundheitslehre)mit der Zeitschrift Neue Anthropologie.Dort propagiert Rieger unverhllt Rassis-mus; zur wissenschaftlichen Legitimati-on wird in der Neuen Anthropologie vor-zugsweise aus der korrespondierenden

    englischsprachigen RassistenzeitschriftMankind Quarterly zitiert, die ihrerseitsdenselben Trick anwendet, um Seriositt zudemonstrieren. Auerdem ist Rieger Vor-denker eines Nordischen Rings, Mitgliedin der Artgemeinschaft, deren OrganNordische Zeitung er als Schriftfhrerbetreut. Was diese Artgemeinschaft ver-tritt, offenbart ihr kompletter Titel: Artge-

    meinschaft. Glaubensbund wesensgemerDaseinsgestaltung. Vereinigt mit der Nor-disch-Religisen Gemeinschaft von 1927e.V.. Germanenmythen und gar nicht soneues Heidentum feiern da frhlichUrstnd. Unter dem Pseudonym JrgenRiehl schrieb er das Buch: Funkenflug Handbuch fr nationale Aktivisten, alsJrg Rieck verffentlichte er im revisioni-stischen Tbinger Grabert-Verlag einenBeitrag zum Buch Das unvergnglicheErbe. Alternativen zum Prinzip der Gleich-heit.

    Bis zum Verbot der NationalistischenFront des Meinolf Schnborn ist RiegerMitglied der NF und mit diesem zusammenderen intellektueller Fhrer. Auf seinemGelnde in Hetendorf fand 1992 eine vonzwei konkurrierenden Vorstandswahlender NF statt. Whrend ein Teil derNationlistischen Front von Schnbornabrckt, weil dieser als Kopf einer terrori-stischen Vereinigung (Schnborn hattezur Bildung von Einsatzgruppen aufge-rufen) ins Visier der Bundesanwaltschaftgekommen war, hlt Rieger weiterhin zuihm.

    1991 war Rieger formell der Veranstal-ter des wegen eines Demonstrationsverbotsin der Umgebung Wunsiedels nach Bay-reuth verlegten Rudolf-Hess-Marsches,auf dem er vor 2000 angereisten Nazis auchdie Hauptrede hielt.

    Nachdem die Nationalistische Frontihr Haus in Bielefeld verkaufte, kursierten1991 Gerchte, sie wolle in der ehemaligenDDR ein neues Zentrum aufbauen, das vonRieger angekauft werden solle. Auch einAltersheim fr "nationale Senioren" soll zuRiegers Investitionsplnen gehren.

    Jrgen Rieger Anwalt der braunen SzeneAktivist des Neonazismus

    Jrgen RiegerStaranwalt der Neonazis unter Polizeischutz vor dem Hamburger Gericht

  • JRGEN RIEGER - ANWALT DER BRAUNEN SZENE

    151974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    In einem Proze gegen Arpad Wiegand,einem wegen Mord angeklagten SS-und Polizeifhrer, verstieg sich Rieger1981 zu Behauptungen, wie: das War-schauer Ghetto sei nicht zur Vorbereitungder Vernichtung der jdischen Bevlke-rung, sondern zur Seuchenbekmpfungerrichtet worden. Mir liegt es fern, denJuden einen moralischen Vorwurf zumachen, erklrte damals Rieger auch sei-ne zweite These, derzufolge es zweifel-haft sei, ob im Warschauer Ghetto auch nurin Jude verhungert wre, wenn die Judenuntereinander mehr Solidaritt gebt ht-ten. Jede andere Darstellung seiGeschichtsflschung etc. Rieger wurdewegen dieser uerungen nicht etwa vonoffizieller Seite aus angeklagt, sondern vonProzebeobachtern. Das Verfahren zogsich ber mehrere Instanzen hin und Riegerwurde letzten Endes vom BGH freigespro-chen mit der Begrndung, er habe mit die-sen uerungen nur die Meinung seinesMandanten weitergegeben. Da Riegermehrfach diese uerungen als seine eige-ne Meinung wiederholt und bekrftigt hat-te, spielte fr dieses Urteil keine Rolle.Auch Anstrengungen, Rieger seine Zulas-sung zur Hamburger Anwaltskammerdurch ein Ehrengerichtsverfahren abzuer-kennen, sind bislang gescheitert.

    Mit seiner Anwaltskanzlei in derAugust-Baur-Strae in Hamburg-Blanke-nese hat sich Rieger in den letzten Jahrenzum Star-Anwalt der rechtsradikalen Szeneentwickelt. Zu seinen Mandanten gehrtmittlerweile bundesweit die gesamte Nazis-zene.

    Sptestens seit 1980 ist Rieger Anwaltvon Christian Worch. Ebenfalls seitAnfang der 80er Jahre ist er Anwalt vonDetlef Brel, einem Mitglied derWehrsportgruppe Dems, der u.a. durchmehrere berflle und Prgeleinstze auf-gefallen ist und spter in den Landesvor-stand der FAP aufrckte.

    1987 verteidigt er den wegen Meineidsangeklagten Meinolf Schnborn von derNationalistischen Front, der 1983 einenAntifaschisten zusammengeschlagen hatte,als Schnborn noch LandesvorsitzenderNRW der Jungen Nationaldemokratengewesen war.

    1989 tritt er als Verteidiger des StaderNazis Edgar Geiss auf, der wegen einerNazi-Provokation in Nrnberg gegen dieinternationale Konferenz zum 40. Jahres-tag der Nrnberger Kriegsverbrecherpro-zesse (23.11.1985) wegen Volksverhet-zung angeklagt war. Obwohl die von Geissgefhrte Brgerinitiative gegen Kriegs-schuld und antideutsche Greuellgen dieProzesse als alliierte Lynchjustiz undGreuellgen gegen das deutsche Volkbezeichnete, obwohl die von Geiss mobili-sierten etwa 25 Nazis dann Sprche riefenwie Rotfront verrecke, Juda verrecke,Wir bringen Euch um und wir werdenEuch vergasen, wurde Geiss freigespro-chen. Das Gericht nahm Geiss ab, er habe

    auf die Anwesenden migend einwir-ken wollen.

    In Stuttgart ist Rieger Anwalt im bisherlngsten Proze gegen Neonazis inDeutschland. Dabei vertritt Rieger denKhnen-Gegner Jrgen Mosler.

    Rieger ist der Anwalt des NeonazisEwald Bela Althans aus Mnchen (u.a.bekannt geworden durch den Film: BerufNeonazi) bei der Vorbereitung einesinternationalen revisionistischen Kongres-ses am 23.3.1991 in Mnchen. Die Kon-grerume im Deutschen Museum wurdengekndigt und die Nazis konnten lediglich

    eine Mahnwache vor dem Museumdurchfhren.

    Rieger vertritt die Ende 1992 verboteneNationalistische Front gegen das Verbot.Ebenfalls 1992 verteidigt er zwei Hambur-ger Nazi-Skins, die vor dem BergedorferDisco-Schiff einen Trken halbtot gepr-gelt und getreten hatten.

    Er ist Anwalt von Jrg Groll, einemFAP-Anhnger und Nebenklger im Pro-ze gegen sechs trkische Jugendliche, diebeschuldigt wurden, im Dezember 1993mehrere Skins und FAP-Mitglieder zusam-mengeschlagen und einen von ihnen miteinem Messerstich verletzt zu haben. DerProze gegen die angeklagten Antifaschi-sten wurde eingestellt.

    1993 verteidigte er die Skin-BandKraftschlag in Itzehoe, die dort wegenVolksverhetzung und Aufstachelung zumRassenha vor Gericht standen. Vier Mit-glieder wurden zu Gefngnisstrafen aufBewhrung sowie Geldstrafen verurteilt. InHannover verteidigte er den 30jhrigenRainer W., der in Druckschriften von derGaskammerlge sprach, die krankenGehirnen entstamme. In seinem Pldoyererklrte Rieger, er sei davon berzeugt,da in fnf Jahren kein Mensch mehrglaubt, da Juden in Gaskammern umge-bracht wurden. Durch wissenschaftlicheGutachten sei belegt, da eine Vergasungvon Menschen nicht stattgefunden habeund das Gift Zyklon B nur zur Vernichtungvon Kleiderlusen verwandt worden sei.

    In Hamburg vertritt Rieger den schwu-len Nazi Lothar Wrobel gegen das Schwu-lenmagazin Magnus und die anonymerechtsradikale Schwulengruppe Arbeits-gemeinschaft Mnnlicher Gays (AMG)gegen das Veranstaltungsblatt Szene(siehe dazu weiter hinten in dieser Bro-schre).

    Er ist Verteidiger der drei aus demUmfeld der Nationalen Liste stammen-den Thorsten B., Tobias T. und HartmutW., die vor dem Haus des Pastors in Bram-feld das Horst-Wessel-Lied sangen (1994).

    Er ist Anwalt des Ehepaars Mller ausMainz; die beiden, Inhaber einer Grtnerei,die seit 20 Jahren militanten Neonazis alsSttzpunkt, Arbeitsplatz und Versamm-lungssttte dient, sind angeklagt, durchKameradschaftsabende die verbotene Deut-sche Alternative fortgefhrt, bzw. ihreFortfhrung untersttzt zu haben. Hinzukommen Mandate Riegers fr den ehemali-gen SS-Wachmann in Auschwitz und Ver-fasser der Auschwitz-Lge, Thies Chri-stophersen, Werner Gebhardt von dennazistischen Unabhngigen Nachrichten,Gnter Demolsky vom Freundeskreis frDeutschland und natrlich auch MichaelKhnen.

    Anwalt der alten und neuen Nazis

    Zeitschrift der HNG, eines Vereins zur Betreuungneonazistischer Straftter

  • JRGEN RIEGER - ANWALT DER BRAUNEN SZENE

    161974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    Seit Jahren besitzt Rieger ein Land-haus mit Gelnde in der Lnebur-ger Heide in der Gegend vonHetendorf. Fanden dort Ende der 70er Jah-re u.a. Seminare seines neofaschistischenFreundeskreis Filmkunst statt, auf demalte NS-Filme gezeigt wurden, so ent-wickelte sich Hetendorf bis heute zu einemZentrum der Neonazis in Norddeutschland.Auf mehreren Grundstcken treffen sichdort nicht nur die verschiedenen Zirkel umRieger selbst, sondern auch die Wiking-Jugend oder die Nottechnische bungs-und Bereitschaftsstaffel (TENO) um denArzt Uwe Jrgens. Antifaschisten oderJournalisten, die das braune Treiben inHetendorf beobachten wollen, werden seitJahren dort von den Nazis regelrechtgejagt. Eine engere Zusammenarbeit zwi-schen Riegers Truppe und der in Meien-dorf um Dr. Jrgens und seine nothilftech-nische bungs- und Bereitschaftshilfekonnte immer wieder festgestellt werden;Im Juli/August 1984 war Worch Teilneh-mer einer bungsfahrt der TENO; imgleichen Jahr verffentlichte die Khnen-Postille Neue Front unter ihrem Redak-teur Worch eine Distanzierung der TENOdes Dr. Jrgens, der sich angeblich ausAngst vor einem Verbot seines Vereinsnicht an die getroffenen Vereinbarungengehalten habe. Antifaschisten waren dieseSpitzfindigkeiten egal: Beide Anwesenbrannten aus. 1988 fhrte die Nationalisti-sche Front in der Heide ein Ausbildungs-lager unter dem Motto Junge Kolonnenmarschieren fr das 4. Reich durch. ImSommer 1992 wird bei einer von zweigetrennt und in Konkurrenz zueiander statt-findenden Vorstandswahlen der Nationali-stischen Front Meinolf Schnborn aufRiegers Gelnde zum erneuten Vorsitzen-den der NF gewhlt.

    Im Juni 1992 fand in Hetendorf die 2.Hetendorfer Tagungswoche statt, diegemeinsam vom Heide-Heim e.V., derArtgemeinschaft, dem Familienwerke.V., dem Freundeskreis Filmkunste.V., der Gesellschaft fr biologischeAnthropologie, Eugenik und Verhaltens-forschung e.V., der Gesellschaft fr freiePublizistik-Arbeitskreis Hamburg, demHeinrich-Anacker-Kreis e.V., dem Nor-dischen Ring e.V. und der Northern Lea-gue ausgerichtet wird. Rieger referierte

    dort zum Thema: Bevlkerungsexplosionund Rassenmischung.

    Erst in diesem Sommer wurden erneutJournalisten in Hetendorf von der Wiking-Jugend angegriffen, die dort unter demSchutz der Polizei aufmarschieren durfte.

    Wie seine Verurteilung im September1994 wegen des Verwendens von NS-Sym-bolen auf seinem Kbelwagen beweist, istRieger auch selbst in solche Wehrsport-bungen verwickelt. Rieger war zu DM7.200 verurteilt worden wegen der Ver-

    Das Landhausin der Heide

    TAZ, 23.7.1993

  • JRGEN RIEGER - ANWALT DER BRAUNEN SZENE

    171974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    wendung von NS-Symbolen an einemKbelwagen, mit dem er im Geleit in Rein-bek herumfuhr. Die Richterin sah es alspure Spitzfindigkeit an, da Rieger die SS-Runen notdrftig verflscht hatte, um dasVerbot zu umgehen. Angeblich, so der imzweiten Fahrzeug mitfahrende ThomasWulff, habe man mit Wissen und Billigungder Bundeswehr auf derem Gelnde herum-fahren wollen. Wie lange diese Ttigkeitim Wehrsport bei Rieger schonzurckreicht, ist nicht genauer bekannt.Schon 1981 allerdings tauchte sein Nameals Braune Eminenz im Hintergrund derdamals ausgehobenen WehrsportgruppeBlankenese um den VerlagskaufmannDems auf.

    ben gibt es ebenfalls schon lnger dieDeutsche Rechtsschutzkasse in Witten,die u.a. Ende 1993 in Erscheinung trat.Damals hatten Antifaschisten die Abonnen-tenkartei der neurechten Zeitung JungeFreiheit verffentlicht, worauf die derartgeouteten Personen (darunter natrlichauch einige Antifaschisten) einen Werbe-brief dieses Vereins erhielten, in dem ihnenHilfe bei Bedrohung durch Antifas angebo-ten wurde. Annhernd 20.000. DM hatdieser Verein von 1989 bis 1991 fr dieVerteidigungspolitik verfolgter Deut-scher ausgegeben. Als Blatt gibt dieserVerein Recht und Justiz heraus, wo unterder Rubrik Mxchen Treuherz Tips frRechtsradikale gegeben werden. AlsMxchen Treuherz und die juristischenFuangeln sind die gesammelten Tips nunim WuselDi-Verlag Hamburg erschie-nen. Darin finden sich dann solche Kapitelwie: Mxchen und die Juden oder DasLeugnen der Judenvernichtung. Verant-wortlich: Jrgen Rieger.

    In der Publikation Schriftenreihe zurGeschichte und Entwicklung des Rechtesim politischen Bereich (Heft 3) hat Riegersich zur Frage Wie glaubwrdig sind Zeu-gen in Nationalsozialistischen Gewaltver-brecher-Prozessen Gedanken gemacht:Dem Juden ist es nach dem babylonischenTalmud erlaubt, einen Nichtjuden vorGericht mit Rechtskniffen zu verwirren,soda er verliert..

    Letzte Nazi-Grndung vom April 1992im Bereich der Rechtshilfe ist das Deut-sche Rechtsbro mit Postfach in Ham-burg, das ebenfalls juristische Hilfe und dieVermittlung gleichgesinnter Rechtsan-wlte anbietet. Das Postfach ist identischmit dem des WuselDi-Verlags. Darberhinaus verbreitet das Deutsche Rechts-bro ber Computer-Mailboxen jeweilsdie neuesten Entscheidungen von Verwal-tungen und Gerichten, die die Aktionenvon Nazis betreffen knnen. Eine hnlicheZielsetzung verfolgt die ZeitschriftRechtskampf in Sddeutschland (sieheFaksimile).

    Auch die Zeitschrift Recht und Wahr-heit der Deutschen Freiheitsbewegungbeschftigt sich mit Rechtsfragen. Autordort ist neben Rieger (unter seinem Pseud-onym Jrg Riehl) auch Christian Worch,der das Terrorurteil gegen nationaleAktivisten in Bramfeld beklagt.

    Braune Rechtshilfe

    Im Verlaufe der letzten Jahre haben dieNazis erhebliche Anstrengungen unter-nommen, um sich gegen staatlicheRepressionsmanahmen zu wappnen. Sogibt es seit Jahren die fraktionsbergreifen-de Hilfsgemeinschaft fr Nationale politi-sche Gefangene, die einsitzende Nazisbetreut, ber Prozesse berichtet etc. Dane-

  • die bei den Treffen teilnahmen, sowie vonGruppen in Hamburg, Rahlstedt und Ber-gedorf. Angeblich am 9.3.84 fand ein Akti-vistentreffen des als Tarnung neubelebtenFreizeitverein Hansa mit etwa 40 Teil-nehmern statt. Fr 1984 sprechen die Nazisselbst von Gruppen in Pinneberg (Anti-kommunistische Vereinigung) und Bokel,Blankenese und Osdorf sowie in Netteln-burg. Auch die Deutsche Frauen-Frontsoll existieren. Am 16.6.84 fand ein Tref-fen im Sden Hamburgs statt, an dem

    DIE FAP

    181974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    Nach dem Verbot der Aktions-front Nationaler Sozialisten(ANS) 1983 sammelten sichderen Aktivisten zum einen in privatenLesekreisen einer NS-Zeitschrift DieNeue Front, zum anderen unter dem Dacheiner bis dahin eher unbekannten, 1979gegrndete Nazi-Partei, der FreiheitlicheArbeiterpartei (FAP) um Martin Pape.Diese hatte bis dahin vor allem darumgekmpft, ihren Parteistatus nachzuweisen,was angesichts chronischer Mitglieder-schwche die gesamte Kraft des Vereinserforderte. Pape stimmte der bernahmeder FAP durch die ANS unter der Bedin-gung zu, da Khnen selbst nicht Mitgliedwrde.

    Die Anhnger Khnens wurden in derFAP teilweise ergnzt um die ehemaligenMitglieder der VolkssozialistischenBewegung Deutschlands (VSBD) umFriedhelm Busse (Mnchen), die schonEnde 1982 verboten worden war. AusHamburg gelangen Willi Wegner und Tho-mas Wulff in die Parteifhrung.

    In der Folgezeit war die FAP die zentra-le Organisation der NS-Nazis, die sichallerdings in internen Konkurrenzen um die

    Fhrerschaft immer wieder selbst lhmte.Ausgangspunkt einer schlielichen Spal-tung der FAP in zwei Flgel war eine vonMichael Khnen 1986 im Knast verfateBroschre zum Thema Homosexualittund Nationalsozialismus. Die Differenz inder Frage der Homosexualitt wurde zum

    Anla genommen, um den Einflu Kh-nens, der als heimlicher Vorsitzender derFAP anzusehen war, zurckzudrngenzugunsten des sog. Mosler-Flgels. Nachder Haftentlassung Khnens verschrftesich der Konflikt bis zur Spaltung, bei der

    die Khnen-Anhnger die FAP verlieen,um mit neuen Organisationsformen (Deut-sche Sammlung, Deutsches Hessen, Natio-nale Liste etc.) erneut Einflu zu gewinnen.Die Hamburger Nationale Liste mit demformellen Vorsitzenden Thomas SteinerWulff gehrt zu diesen Organisationsanst-zen der Khnen-Truppe. Wulff hat seinenSpitznamen nach einem faschistischenKriegshelden.

    Neben der Ttigkeit in der FAP formier-ten sich die ANS-Mitglieder in verschiede-nen konspirativen Gruppen: Die Bewe-gung, Komitee zur Vorbereitung derFeierlichkeiten zum 100. Geburtstag AdolfHitlers (KAH), Gesinnungsgemeinschaftder Neuen Front, Lesekreise der NeuenFront. Neue Front wurde das Mittei-lungsblatt der verbotenen ANS genannt.Zuvor war die Innere Front (bis Nummer35) erschienen. Mit einer lckenlosen Fort-setzung dieser Nummerierung stellte sichdie Neue Front in diese Tradition. Nachder Spaltung der FAP im Juli 1986 erschie-nen zwei unterschiedliche Postillen DieNeue Front, die beide aus den Niederlan-den importiert wurden.

    Vorsitzender der FAP seit 1988 istFriedhelm Busse; er konnte sich damals alsKandidat des khnenfeindlichen Mosler-Flgels gegen Walther Matthaei durchset-zen. Die Bundesgeschftsstelle ist seit 1991in Halstenbeck. Bundesweit hatte sie 1993angeblich 430 Mitglieder, das ParteiorganStandarte erscheint zweimonatlich miteiner Auflage von 1000 Exemplaren. DieFAP unterhlt eine eigene Mailbox: Wolf-Box.

    Die FAP

    Titelblatt der FAP-Zeitschrift Standarte

    Die FAP in Hamburgu.a. Worch und Wulff als Redner auftraten.Mit Khnens erster Haftentlassung Ende1982 nahmen auch die Nazi-Umtriebe inHamburg wieder zu. 1983 vermerkt der VS291 Vorflle, 1984 dann bis Novemberschon 311. Brandanschlge auf ein GAL-Bro, Schndung des jdischen Friedhof-teiles in Ohlsdorf, berfall mit Gaspistolenauf Auslnder; ein Waffenlager von Kh-nen-Anhngern in Sasel wird ausgehobenusw.

    Seit Beginn der 80er Jahre gab es inHamburg eine ganze Reihe von Skinhead-Banden mit engen Kontakten zur Neonazi-Szene. Teilweise wurden die Banden vonMitgliedern der ANS wie Michael David

    A uch in Hamburg trat die FAPdie Nachfolge der verbotenenANS/NA an. Allerdings warendie Verhltnisse in Hamburg fr die Nazisrelativ ungnstig. Khnen selbst berichtet,wie er im Frhjahr/Sommer 1983 mehrfachvon Anarcho-Rockern angegriffen wor-den und sein Auto demoliert worden sei.Die ANS selbst spricht von 15 30 Leuten,

    Nach Verbot der ANSUnterschlupf der Neonazis

  • DIE FAP

    191974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    organisiert. Vor allem im Umfeld von Fu-ball-Fan-Clubs (Lwen) waren fr dieNazis Jugendliche mit spontan rechtenIdeen und entsprechender Prgelbereit-schaft zu finden. Einige Zeit lang sahen dieNazis in diesen Jugendlichen ihre bevor-zugtes Rekrutierungsfeld. Die SavageArmy (etwa 1982) beispielsweise war einParadebeispiel hierfr. Doch obwohl bisheute in Hamburg um die 100 Skins alsNS-Sympathisanten angenommen werdenund als Hauer-Truppe in Nazi-Zusammen-hnge einzubinden sind, gelang den Naziseine festere Organisierung dieser Szene nureingeschrnkt. Bis heute allerdings habennahezu alle rechten Jugendbanden, in Ber-gedorf wie im Sden Hamburgs, in Neu-wulmstorf, Kirchdorf Sd, in Niendorf oderin Osdorf mehr oder weniger feste Kontak-te zu organisierten Nazis, beziehen vondort Aufkleber, Aufnher etc.

    1984 werden Thomas Wulff und WilliWegner in den Bundesvorstand der FAP

    Das Komitee Adolf Hitler

    aufgenommen. Zwei Jahre spter warenWulff und Worch auf der einen Seite, Brelund Wegner auf der anderen Kontrahentenbei der FAP-Spaltung an der Schwulen-frage.

    In einem internen Mitgliederrundbriefdes Gaus Hamburg der FAP, geleitet vonDetlef Brel und Willi Wegner wird imAugust 1987 von Gruppen in folgendenHamburger Stadtteilen gesprochen: Har-burg, Altona, Bergedorf, Neugraben sowieeiner Deutschen Frauen-Front. Sttz-punkte um Hamburg bestanden in Pinne-berg sowie in Elmshorn. Christian Worchwird anllich der Vorbereitung eines Gau-treffens der FAP in Groensee bei Ham-burg von Wegner beschuldigt, gewolltoder ungewollt den Kameraden aus West-falen zum einen den roten Mob, zumanderen den Staatsschutz auf den Halsgehetzt zu haben. Wegner und Brelgehren zum khnenfeindlichen Moslerfl-gel der FAP.

    P arallel zu ihren Aktivitten inner-halb der FAP grndeten diverseNeonazis ein Komitee zur Vorbe-reitung der Feierlichkeiten zum 100.Geburtstages von Adolf Hitler (KAH), dasangeblich dazu dienen sollte, fr den 20.April 1989 spektakulre Aktionen vorzube-reiten. Das Komitee unternahm erhebli-che Anstrengungen, um die in Europa nochzu mobilisierenden Alt-Nazis einzubinden.Von seiten der Staatsanwaltschaft wurde indiesem KAH ein Versuch gesehen, dasVerbot der ANS zu unterlaufen, und dieMitglieder des KAHs sind wegen Fort-fhrung einer verbotenen Vereinigung vordem Landgericht Stuttgart angeklagt. Mitt-lerweile ist der Proze nach mehreren Jah-ren (er begann 1991!) Verhandlung undBeweisaufnahme infolge des Ausfalls meh-rerer Geschworener geplatzt und muerneut aufgerollt werden. Ausschlaggebendfr diesen Prozeverlauf ist die unglaubli-che Langmut, die das Gericht der Verzge-rungsstrategie des federfhrenden Anwaltsder Angeklagten, Jrgen Rieger, entgegen-bringt. Dieser tritt dort als Verteidiger vonJrgen Mosler auf, der der fhrende Vertre-ter der Anti-Khnen-Fraktion der FAPgewesen ist.

    Tatschlich erreichte das KAH sein Zielnicht. Der 100. Geburtstag Hitlers wurdeallenfalls im kleinsten Kreis gefeiert.Angekndigte Treffen fanden nicht statt.Wie sehr aber das Gefhl, in der BRD nichtmehr sicher zu sein, bei groen Teilen derauslndischen Bevlkerung damals schonverbreitet war, zeigen die Ereignisse vom20.4.1989, als in Hamburg Tausende vonauslndischen Schlern nicht zur Schulegingen, viele auslndische Geschftegeschlossen blieben, weil das Gerchteines Nazi-Aufmarschs uns von Nazi-Ran-dale die Runde machte. Vom Senat wurdedamals vor Panikmache gewarnt; wenigeJahre spter aber zeigen die rassistischenberflle und Morde deutlich, da dasGefhl von 1989 durchaus eine realeGrundlage gehabt hatte.

    Die Unterzeichner der Vershnung sind:Thomas Brehl, Volker Heidel, Walter Matthaei,

    Christian Worch, Thomas Steiner Wulff, Micha-el Khnen, Jrgen Mosler, Friedhelm Busse, Chri-

    stian Malcoci und Michael Swierczek.

  • DIE FAP

    201974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    Bundesvorsitzender der FAP istheute Friedhelm Busse, der selbstauf eine bewegte Vergangenheit inder Neonazi-Szene zurckblicken kann. Erwar schon in den 50er Jahren Mitglied desBund Deutscher Jugend (1953 Verurtei-lung wegen Amtsanmaung und Freiheits-beraubung von FDJ-Mitgliedern), dann derDeutschen Reichspartei (1963 Verurtei-lung wegen eines Sprengstoffanschlags inSdtirol). 1971 wird Busse aus der NPDausgeschlossen und grndet die Partei derArbeit (PdA), die spter in Volkssoziali-stische Bewegung Deutschlands (VSBD)umbenannt wird. 1980 wegen Voksverhet-zung verurteilt. Die VSBD wird im Januar1982 verboten, nachdem 1981 von BussesHaus aus mehrere Neonazis schwerbewaff-net zu einem Bankraub aufgebrochenwaren. Sie wurden von der Polizei gestelltund in einem wilden Schuwechsel, ver-mutlich durch eine vom Neonazi NikolausUhl gezndete Handgranate ausgelst, wirddieser sowie der Neonazi Kurt Wolfgramvon der Polizei erschossen. Gemeinsam mit

    Peter Fabel, Peter Hamberger und demFranzosen Pascal Coletta waren sie ausFrankreich kommend zu Busse gefahren,gegen den schon ein Strafverfahren und

    weitere Ermittlungen seitens der Bundesan-waltschaft liefen. Beim Zugriff auf dieGruppe war die Polizei ber deren Bewaff-nung bestens informiert. Aus dem Einstel-lungsbeschlu der Staatsanwaltschaft, mitdem eine Anzeige der Nazis gegen denzustndigen Polizeiprsidenten von Mn-chen niedergeschlagen wurde, geht hervor,da diese Informationen von einem Mit-teiler, der unmittelbaren Zugang zu derGruppe hatte stammten. Wer dieser Mit-teiler gewesen ist, ist bis heute ungeklrtgeblieben. Kurt Wolfgram stammt im bri-gen aus der Braunschweiger ANS-Gruppeum Paul Otte, die schon Ende der 70er Jah-re intensiv mit Worch und Khnen zusam-menarbeitete. Busse wurde damals zu dreiJahren Gefngnis wegen Hehlerei undStrafvereitelung etc. verurteilt.

    Whrend ein Teil der ehemaligen Mit-glieder der VSBD die NationalistischeFront um ihr Zentrum in Bielefeld aufbau-en (zu der auch Jrgen Rieger zhlte), wen-det sich Busse mit seinen Getreuen derFAP zu. Auf dem Gautreffen der FAP inGroensee bei Hamburg am 11.7.87 warBusse in Hamburg und fhrte einenSturm der FAP auf die besetzten Huserin der Hamburger Hafenstrae an. 1988setzte sich Busse als Kandidat des khnen-feindlichen Moslerflgels gegen denKandidaten des Khnen-Flgels, denAlt- und Neonazi Walther Matthaei bei derWahl zum Bundesvorsitzenden der FAPdurch.

    Friedhelm Busse ein Nazi und Krimineller

    Friedhelm Busse

    A uch in Halstenbek grndete sichdie FAP erst nach dem Verbotder Khnentruppe ANS. DieANS hatte in den westlichen VorortenHamburgs schon immer einige Mitgliedergehabt, die nun offenbar die neue Organi-sation zur Fortsetzung ihrer Aktivittenbenutzte. Am 5.10.1983 war die Kamerad-schaft Pinneberg der ANS gegrndet wor-den (verboten Ende 1983), im Dezemberfolgte dann die FAP-Ortsgruppe. UnterANS-Fhrer Pagel berfielen diese Nazisim Mai 1984 eine VVN-Veranstaltung inPinneberg und tat sich durch Kleben vonFAP-Aufklebern hervor.

    Seit 1991 befindet sich die Bundesge-schftsstelle der FAP in Halstenbek - in der

    Wohnung des BundesgeschftsfhrersGlenn Goertz. Von hier aus wurden die kri-minellen Umtriebe dieser Nazi-Parteigesteuert und organisiert. Hier trafen sichimmer wieder Neonazis und machten beiihren Treffs die Gegend um den S-BahnhofKrupunder zu einem gefhrlichen Pflasterfr die von den Nazis so genannten linkenZecken. Insbesondere bei manchen Fu-ballspielen zogen die Nazis und rechteHooligans hier in ganzen Rudeln auf.

    1987 wird die Arbeit des KreisverbandsPinneberg der FAP in einem internenRundschreiben besonders gelobt. Pinneber-ger FAPler nahmen an Mrschen vor dieKonsulate der Alliierten als auch einemMarsch durch Witten teil. 1989 wurden imHalstenbeker Jugendzentrum Zwischenfl-le mit Nazis vermerkt. Seit Anfang der 90erJahre sind faschistische Provokationen an

    der Tagesordnung: Am 5.10.1991 wurdendie Scheiben eines Flchtlingsheims mitSteinen eingeworfen.

    Das ganze Jahr 1992 ber huften sichnazistische berflle und Provokationen.Am 29.4.92 wurde ein afrikanischerFlchtling von einem FAP-Mitgliedzusammengeschlagen 50 Meter von einerKneipe entfernt, in der eine FAP-Ver-sammlung stattfand. Am 22.8.92 beteiligensich mehrere FAPler aus Halstenbek an denPogromen in Rostock. Am 1.9.92 tauchtenAufkleber auf mit folgendem rassistischenText: Achtung! Die Gemeindeverwaltungweist darauf hin, da Auslnder und Asy-lanten den Schtzenplatz nicht betretendrfen! Der Brgermeister. Am 30.9.wurden bei einer Polizeirazzia auf demBahnhofsvorplatz unter ca. 40 FAP-Mit-gliedern und Mitlufern zahlreiche Waffensichergestellt. Regelmig mittwochs ver-sammelten sich FAPler am S-Bahnhof Kru-punder und wurden mehrfach von der Poli-zei kontrolliert; es wurden Waffenbeschlagnahmt. Am 7.10.1992 kndigte dieFAP am S-Bahnhof Krupunder eine Kund-

    Die Bundesgeschftstelle in Halstenbek und die Brder Goertz

  • DIE FAP

    211974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    gebung an unter dem zynischen Motto:Mehr Toleranz mit Andersdenkenden,wogegen eine breitere Mobilisierung statt-fand.

    Dagegen organisierten sich betroffeneJugendliche, die in jahrelangen Aktionenallmhlich den Spie umkehrten. MitMahnwachen und Demonstrationen wurdedie ffentlichkeit auf diese braune Nestaufmerksam gemacht. Nach dem Verbotder Nationalistischen Front und derAnkndigung eines geplanten FAP-Ver-bots wird kistenweise Material (Ordner undDisketten) aus der Bundesgeschftsstelleabtransportiert.

    Wenige Tage nach dem Brandanschlagvon Mlln war es dann vorwiegend trki-schen Jugendlichen im Dezember 1992unertrglich geworden: Sie versuchten, dieBundesgeschftsstelle zu strmen und ver-letzten dabei einige der Nazis zum Teilschwer. Das ganze erste Halbjahr 1993 ver-suchen die Goertz-Brder, die FAP alslegale Partei in Halstenbek zu etablieren,indem sie bei Gemeinderatssitzungen teil-nehmen oder auch mal bei ffentlichenSPD-Versammlungen. Dagegen wirdWiderstand mobilisiert, der zum Raus-schmi der Brder aus diesen Versamm-lungen fhrt. Gleichzeitig sind FAPler wei-terhin im Landkreis mit Aufklebern undberfllen unterwegs. Ob es im Mai 1993in Halstenbek zur geplanten Grndungeines offiziellen Landesverbands Schles-wig-Holstein der FAP unter Glenn Goertzgekommen ist, entzieht sich unserer Kennt-nis.

    Am 29.5.1994 wurde ein Trke vonSkinheads aus dem Umkreis der FAP inEllerbek berfallen, sein Auto demoliert; erselbst konnte mit Mhe fliehen.

    Offenbar seit 1989 gibt es einen FAP-Ableger in Tostedt um das Ehepaar Blies-

    mer. Damals waren die Tostedter SkinsSascha und Patrick Bothe sowie Sven-OleReese an einem berfall von 15 FAPlern(darunter Willi Wegner und Detlef Brel)auf eine VVN-Veranstaltung in Lnburgdabei. Nachdem am 19. April 1993 dieBande mit Reichskriesflagge in allerffentlichkeit den Hitlergeburtstag gefeierthatte, trat sie mit Einschchterungsbriefenan die lokalen Antifas in Erscheinung, indenen eine Tostedter Anti-Antifa-Gruppeangekndigt wurde.

    Fhrende Personen der FAP in Ham-burg sind die Brder Andre und GlennGoertz. Um die Halstenbeker Wohnung des

    FAP-Bundesgeschftsfhrers GlennGoertz, in der auch ein Nationales Infote-lefon installiert ist, sammelten sich immerwieder Neonazis, kam es zu berfllen aufAntifaschisten und Auslndern etc., bis einBndnis diesen Provokationen militantenWiderstand entgegensetzten und die Nazisin ihre Schranken wiesen.

    Glenns Bruder Andre ist Jura-Student ander Universitt Hamburg und wohnte einezeitlang im Haus der Burschenschaft Ger-mania, wo er aktiv bei der Organisierungbrauner Politik und Ideologie in Uni-Krei-sen ttig war. Zumindest Andre Goertz istschon Ende der 80er Jahre als Schler auf-gefallen: Wegen des Klebens nazistischerAufkleber wurde er von der Schule gewor-fen. Fr 1993 wird in Hamburg ein offiziel-ler Landesverband der FAP angegeben,whrend ein Landesverband fr Schleswig-Holstein erst gegrndet werden sollte. Aufden He-Mrschen der Faschisten tauchendie Goertz-Brder mehrfach auf: So 1993in Fulda, wo sie neben dem FAP-Vorsit-zenden Busse marschieren und 1994, alssie in Schleswig-Holstein einen etwas km-merlichen He-Marsch zustande bringen.

    Die Nationale Liste Hamburg unterihrem Vorsitzenden ThomasSteiner Wulff wurde im Mrz1979 gegrndet als eine von vielen ber dieBRD und auch spter in der ehemaligenDDR verbreiteten Nazi-Organisationen.Sie wurden allesamt von Nazis gegrndet,die gemeinsam mit Michael Khnen dieFAP als Minderheit verlassen hatten undnun nach neuen Organisationsformen such-ten. Erste Organisation dieser Art war dieDeutsche Sammlung in Hessen, mit derdie Nazis an den hessischen Wahlen teil-nehmen wollten. Die Deutsche Samm-lung wurde im Februar 1979 verboten. ImMai folgte die Grndung der DeutschenAlternative in Bremen, ein InitiativeVolkswille in Hessen folgte; DeutscheAlternativen wurden in weiteren Bundes-lndern gegrndet etc. In den meisten Bun-deslndern sind diese Nazi-Gruppen mitt-lerweile verboten worden oder haben sichunter bestndigem Verfolgungsdruck durchPolizei und Staatsanwaltschaften mittler-weile selbst aufgelst.

    Vorsitzender der Nationalen Liste Ham-burg wurde (und ist bis heute) ThomasWulff, bis dahin nach seiner Mitgliedschaftin der Wehrsportgruppe Blankenese undder ANS stellvertretender Landesvorsitzen-der der FAP in Hamburg. Mit im Vorstandwaren Anfangs: Thomas Sauer und UrsulaWorch, die damalige Ehefrau von ChristianWorch. Von Anfang an pldierte die NLfr ein Wahlbndnis aus Deutscher Alter-

    Demonstration gegen die FAP-Bundesgeschftsstelle in Halstenbek

    NL-Wahlpropaganda am Berliner TorWahlen Hamburg 1991

    Die Nationale Liste Hamburg

  • DIE FAP

    221974-1994, ZWANZIG JAHRE NAZIS IN HAMBURG

    native, FAP, NL und NationalistischerFront. Unmittelbar nach dem Fall derMauer im November 1989 strzte sich dieNL auf die Aufbauarbeit in der damali-gen DDR. Worch verteilte Flugbltter anden Grenzbergngen, Thomas Wulffrstete die von den Nazis der NationalenListe besetzte Weitlingstrae in Berlinlogistisch aus. Schon 1990 verffentlichtedie NL in ihrer Schrift INDEX Listen vonehemaligen Richtern, Staatsanwlten undKriminalpolizisten, die an Verfahren gegenNazis in der DDR beteiligt waren und for-derten dazu auf, deren Aufenthaltsorte zumelden. Boykottaufrufe gegen miliebigeRestaurants etc. ergnzten diese frhenAktivitten der NL in Sachen Anti-Anti-fa (zur Anti-Antifa-Politik der Nazissiehe den entsprechenden Abschnitt in die-ser Broschre).

    Bislang sind gegen die Nationale ListeHamburg allerdings keine ernsthaftenSchritte unternommen worden. Ob der Ver-botsantrag des Hamburger Senats vomSommer 1993 in absehbarer Zeit zur Ent-scheidung fhren wird, war bei Redakti-onsschlu dieser Broschre nicht abzuse-hen. Die Nationale Liste Hamburg betreibtein Info-Telefon und stellte seit ihrer Grn-dung ihre Mitglieder als Ordner bei zentra-len Nazi-Versammlungen und Aufmr-schen ab. Unter Worch und Wulff stelltensie beispielsweise die Ordnertruppe am21.4.1990 in Mnchen bei der Veranstal-tung Wahrheit macht frei, auf der nichtnur die Eselsmasken-Aktion wiederholtwurde, sondern auch ein Marsch auf dieFeldherrenhalle in Anlehnung an den ver-suchten Hitler-Putsch 1923 versucht wur-de. Diese Veranstaltung war ein Treffender gesamten nationalen wie internationa-len Nazi-Prominenz. Neben der NationalenListe sowie weiteren Mitgliedern diverserNazi-Gruppen waren dort vertreten:

    David Irving, englischer Historiker,der die Verbrechen der Faschisten wider-legt;

    Dr. Gerhard Frey von der DeutschenVolksunion;

    Vertreter des US-amerikanischen Insti-tuts for Historical Review, das die Leug-nung der NS-Verbrechen zum Programmhat;

    Gerd-Klaus Kaltenbrunner, Vordenkerdes neokonservatismus und Preistrgerder Deutschland-Stiftung;

    Ewald Bela Althans aus Mnchen, Stardes Films Beruf Neonazi;

    Professor Helmut Schrcke, Mitinitiatordes rassistischen Heidelberger Manifests.

    Am 21.5.1991 durfte die NationaleListe mit etwa 50 Teilnehmern im Ham-burger Stadtteil St.Georg unter Polizei-schutz demonstrieren. AntifaschistInnen,

    die vor einem Nazi-Lokal auftauchen, wer-den mit Bierflaschen und Stuhlbeinenangegriffen, ohne da die Polizei eingriff.Lediglich der anwesende Khnen-Nachfol-ger Gottfried Kssel, gegen den in Dresdenein Haftbefehl vorlag, wurde festgenom-men. Dieser Aufmarsch war Teil desWahlkampfs der NL zu den HamburgerBrgerschaftswahlen am 2.6.1991, wo sie432 Stimmen (0,1%) erhielt. Auch 1993kandidierte die NL, erhielt aber nur wenigber 300 Stimmen.

    Nach den Pogromen von Rostock-Lich-tenhagen im Herbst 1992 fhlte sich auchdie Nationale Liste Hamburg ermuntert. Ineiner Schrift Hoyerswerda, Rostock,Hamburg werden hnliche Pogrome auffr Hamburg prophezeit: In den mittel-deutschen (!) Stdten hat das Volk dieSache selbst in die Hand genommen. Und:Wir stehen am Rande eines Brger-kriegs. Gegen die berfremdung undberflutung durch Auslnder werdenAusschreitungen angekndigt: Es soll das

    Land der Deutschen bleiben, kein multikul-tureller Mischmasch! Wenn aus EmprungFrust wird, wird aus Protest Gewalt!

    1992 fhrte ein Komitee fr freiwilligeReservistenarbeit-Nord (KON) mehrereWehrsportbungen in Norddeutschlanddurch. Hinter dem KON, das auch offizielleAnfragen auf Zugang zu Bundeswehr-gelnde gestellt hat, steht die NationaleListe sowie der mittlerweile verboteneKameradschaftsbund Wilhelmshaven.

    Seit Anfang 1993 ist Christian Scholz,Aktivist der NL, Schriftleiter und presse-rechtlich Verantwortlicher fr die Nach-richten der Hilfsgemeinschaft fr nationa-le politische Gefangene e.V. (HNG). Nachanderen Quellen sympathisiert ChristianScholz mittlerweile mit der NationalenOffensive, bei deren stellvertretendemBundesvorsitzenden Willi Wegner (siehean anderer Stelle) er seit 1992 wohnt.

    Ende 1993 lobte die NL Hamburgs Br-germeister Voscherau, der eine Zuzugs-sperre fr Auslnder in bestimmte Stadttei-

    FLugblatt der Nationalen Liste, mit dem sie um Unterschriftenfr die Wahlzulassung zu den Brgerschaftswahlen warb

  • DIE FAP

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    len propagierte. Drei Monate nach der Br-gerschaftswahl habe er Positionen der NLbernommen.

    Die Nationale Liste wirbt im braunenVerbund mittlerweile um eine Stimmabga-be fr die REPs bei den Bundestagswahlen1994. Der Aufruf der NL fr die REPs wirdu.a. verffentlicht in der rechtsextremenPostille Der Frontsoldat, dem Mittei-lungsblatt des Stahlhelm e.V. Bund derFrontsoldaten-Kampfbund fr Europa,der selbst zu den Organisationen um DVU-Chef Dr. Gerhard Frey gehrt.

    Im Juni 1994 feiern am Wittensee beiRendsburg etwa 50 Jungnazis eine Sonn-wend-Feier. und grhlen das Horst-Wessel-Lied. Veranstalter: FAP, NL, Wiking-Jugend und andere Gruppen.

    Zumindest bis vor kurzem war Sitz derNL eine Wohnung in Hamburg-Lohbrgge.Die Wohnung wurde frher von ThomasWulff bewohnt, dient aber zuletzt nur nochfr Versammlungszwecke. Offiziell hat dieNL derzeit zwischen 20 und 30 Mitglieder.

    Willi Wegner, zuletzt wohnhaftin Hamburg-Horn, gehrt zuden ltesten Aktivisten derHamburger und Deutschen Neonazi-Szene:

    Anfang der 70er Jahre Mitgrnder derNSDAP/AO in der BRD.

    1973/74: Mitglied einer Wehrsportgrup-pe Neumann; Anschlge auf Buchlden(polibula Gttingen), Grabschndungen,Raub von Maschinenpistolen, Waffenlager;flog 1974 auf. Dafr wurde Wegner 1976zu 39 Monaten Haft verurteilt. H. J. Neu-mann, der 1974 bei der NSDAP-Versamm-lung im Haus des Sports teilgenommen hat-te, setzte sich nach Sdafrika ab.

    1978: Haftentlassung; bis 1981 Brief-kontakt mit dem ei