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80 MMW-Fortschr. Med. Nr. 11 / 2012 (154. Jg.) PHARMAFORUM Osteoporose Wissen umsetzen – Chancen nutzen _ Wir haben heute das Wissen und die Mittel, fast allen Osteoporosepatienten zu- friedenstellend zu helfen. Es mangelt aller- dings an der Umsetzung in die tägliche Praxis. Auch die – bei gut dokumentierter Begründung unnötige – Angst vor Regres- sen sollte richtige Entscheidungen nicht in Frage stellen. Diese Take-Home-Message haben alle an der Pressekonferenz teilneh- menden Experten unterstützt. Die Osteoporose ist eine überwiegend geriatrische Erkrankung, deren Prävention schon in der Kindheit beginnen sollte, stellte Prof. Johann-Diederich Ringe, Lever- kusen, klar. Bereits Pädiater sollten sich für Lebensbedingungen stark machen, die da- für sorgen, dass in der Wachstumsphase das Knochenkonto gut gefüllt wird: gesun- de kalziumreiche Ernährung und viel Be- wegung im Freien. Während Sonnenlicht in jüngeren Jah- ren ein starker Induktor der endogenen Vi- tamin-D-Synthese ist, verliert die Haut ab dem 50. Lebensjahr zunehmend ihre hier- für wichtige Funktion. Nicht nur ans Haus gefesselte ältere Menschen haben oft viel zu niedrige Vitamin-D-Spiegel mit 25-OH- D-Werten von deutlich unter 20 ng/ml, so Ringe. Da Osteoporosemedikamente für ih- re optimale Wirkung ausreichende Vitamin- D-Spiegel voraussetzen, ist vor jeder antire- sorptiven Therapie ein Vitamin-D-Mangel auszuschließen bzw. zu beheben, betonte Prof. Lorenz Hofbauer, Dresden. Bei Niereninsuffizienz: Denosumab Die Behandlung von Patienten mit Osteo- porose kann sich über Jahrzehnte erstre- cken, und oft ändern sich in dieser Zeit die individuellen Therapieerfordernisse, erin- nerte Prof. Franz Jakob, Würzburg. Entwi- ckeln Patienten etwa eine Niereninsuffizi- enz mit einer glomerulären Filtrationsrate von weniger als 30 ml/min, sind Bisphos- phonate und die meisten anderen Osteo- porosemedikamente kontraindiziert, so Ringe. Lediglich für Denosumab (Prolia®) gibt es eine solche Einschränkung nicht. Wer eine entsprechend begründete Verord- nung gut dokumentiert hat, braucht Re- gressforderungen nicht zu fürchten, versi- cherte Priv.-Doz. Dr. Christopher Niedhart, Heinsberg. Selbst die Off-label-Verordnung von Denosumab an Männer mit Osteopo- rose sei bei gleichzeitig bestehender schwerer Niereninsuffizienz unangreifbar. Werner Stingl Quelle: Pressekonferenz zum „Frühlingsforum Osteoporose aktuell”, München, April 2012 (Veranstalter: AMGEN und GlaxoSmithKline) Typ-2-Diabetes Neue Kombinationstherapie zwingt HbA 1c -Wert in die Knie _ Seit Herbst vergangenen Jahres ist das lang wirksame Insulinanalogon Insulin de- temir (Levemir®) als Zusatzmedikation zu dem GLP-1-Analogon Liraglutid zugelas- sen. Basis für die Zulassungserweiterung war eine Studie bei 988 Typ-2-Diabetikern mit unzureichender Blutzuckereinstellung unter Metformin mit/ohne Sulfonylharn- stoff. Zunächst wurden alle Patienten in ei- ner zwölfwöchigen Run-in-Phase auf Met- formin plus Liraglutid (Victoza®, 1 x täglich 1,8 mg s.c.) umgestellt. 498 Patienten (61%) erreichten damit einen HbA 1c -Wert unter 7%. Die erzielte HbA 1c -Reduktion betrug im Mittel 1,3%, berichtete Dr. Jörg Steindorf, Schkeuditz. Bei 323 Patienten (39%) lag der HbA 1c -Wert am Ende der Run-in-Phase im Schnitt noch bei 7,7%. Die erzielte HbA 1c -Reduktion betrug im Mittel 0,6%. Diese Patienten erhielten randomisiert entweder weiterhin Metformin plus Liraglutid oder zusätzlich Insulin detemir. Bei 43% der zusätzlich mit dem Insulin- analogon Behandelten sank der HbA 1c - Wert innerhalb von 26 Wochen auf unter 7%. Mit Metformin/Liraglutid war das bei 17% der Fall. „Die zusätzliche Gabe von In- sulin detemir hat den HbA 1c noch einmal um im Mittel 0,5 Prozentpunkte gesenkt, sodass diese Gruppe 1,1 Prozentpunkte HbA 1c -Verbesserung von Beginn der Run- in-Phase bis zum Ende der Studie nach 26 Wochen hatte“, betonte Steindorf (Abb. 1). In allen drei Gruppen traten keine schweren Hypoglykämien auf. In der Insu- lingruppe wurden 0,29 leichte Hypoglykä- mien pro Patientenjahr registriert (vs. 0,029 in der Vergleichsgruppe). Die Zusatztherapie mit Insulin detemir führte zu keiner Gewichtszunahme. Die mit Liraglutid während der Run-in-Phase erzielte Gewichtsabnahme von im Mittel 3,5 kg konnte während des Studienzeit- raums um im Schnitt weitere 0,16 kg ge- steigert werden. Auch nach einem Jahr ist es mit der Insulin-detemir-Zusatztherapie zu keiner signifikanten Gewichtszunahme gekommen, berichtete Steindorf. Dr. Ulrike Maronde Quelle: Presseworkshop „Ein Fall für zwei starke Partner – Herausforderungen und Chancen der Kombinationstherapie von GLP-1-Analogon und Basalinsulin“, Frankfurt am Main, Februar 2012 (Veranstalter: Novo Nordisk) Abb. 1 Die Studie zeigte eine weitere Reduktion des HbA 1c -Wertes. Abbildung 1 © Novo Nordisk 8,2 8,0 7,8 7,6 7,4 7,2 7,0 6,8 Mittlere Veränderung HbA 1c -Wert (%) Zeit (Wochen) Run-in-Phase (Metformin + Victoza®) Hauptphase (Metformin + Victoza® +Levemir®) –12 –6 0 6 12 18 26 Total 1,1% 0,5% 0,6%

Neue Kombinationstherapie zwingt HbA1c-Wert in die Knie

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80 MMW-Fortschr. Med. Nr. 11 / 2012 (154. Jg.)

PHARMAFORUM

Osteoporose

Wissen umsetzen – Chancen nutzen_ Wir haben heute das Wissen und die Mittel, fast allen Osteoporosepatienten zu-friedenstellend zu helfen. Es mangelt aller-dings an der Umsetzung in die tägliche Praxis. Auch die – bei gut dokumentierter Begründung unnötige – Angst vor Regres-sen sollte richtige Entscheidungen nicht in Frage stellen. Diese Take-Home-Message haben alle an der Pressekonferenz teilneh-menden Experten unterstützt.

Die Osteoporose ist eine überwiegend geriatrische Erkrankung, deren Prävention schon in der Kindheit beginnen sollte, stellte Prof. Johann-Diederich Ringe, Lever-kusen, klar. Bereits Pädiater sollten sich für Lebensbedingungen stark machen, die da-für sorgen, dass in der Wachstumsphase das Knochenkonto gut gefüllt wird: gesun-de kalziumreiche Ernährung und viel Be-wegung im Freien.

Während Sonnenlicht in jüngeren Jah-ren ein starker Induktor der endogenen Vi-tamin-D-Synthese ist, verliert die Haut ab dem 50. Lebensjahr zunehmend ihre hier-für wichtige Funktion. Nicht nur ans Haus gefesselte ältere Menschen haben oft viel zu niedrige Vitamin-D-Spiegel mit 25-OH-D-Werten von deutlich unter 20 ng/ml, so Ringe. Da Osteoporosemedikamente für ih-re optimale Wirkung ausreichende Vitamin-D-Spiegel voraussetzen, ist vor jeder antire-sorptiven Therapie ein Vitamin-D-Mangel auszuschließen bzw. zu beheben, betonte Prof. Lorenz Hofbauer, Dresden.

Bei Niereninsuffizienz: Denosumab Die Behandlung von Patienten mit Osteo-porose kann sich über Jahrzehnte erstre-cken, und oft ändern sich in dieser Zeit die individuellen Therapieerfordernisse, erin-

nerte Prof. Franz Jakob, Würzburg. Entwi-ckeln Patienten etwa eine Niereninsuffizi-enz mit einer glomerulären Filtrationsrate von weniger als 30 ml/min, sind Bisphos-phonate und die meisten anderen Osteo-porosemedikamente kontraindiziert, so Ringe. Lediglich für Denosumab (Prolia®) gibt es eine solche Einschränkung nicht. Wer eine entsprechend begründete Verord-nung gut dokumentiert hat, braucht Re-gressforderungen nicht zu fürchten, versi-cherte Priv.-Doz. Dr. Christopher Niedhart, Heinsberg. Selbst die Off-label-Verordnung von Denosumab an Männer mit Osteopo-rose sei bei gleichzeitig bestehender schwerer Niereninsuffizienz unangreifbar.

■ Werner StinglQuelle: Pressekonferenz zum „Frühlingsforum Osteoporose aktuell”, München, April 2012 (Veranstalter: AMGEN und GlaxoSmithKline)

Typ-2-Diabetes

Neue Kombinationstherapie zwingt HbA1c-Wert in die Knie_ Seit Herbst vergangenen Jahres ist das lang wirksame Insulinanalogon Insulin de-temir (Levemir®) als Zusatzmedikation zu dem GLP-1-Analogon Liraglutid zugelas-sen. Basis für die Zulassungserweiterung war eine Studie bei 988 Typ-2-Diabetikern mit unzureichender Blutzuckereinstellung unter Metformin mit/ohne Sulfonylharn-stoff. Zunächst wurden alle Patienten in ei-ner zwölfwöchigen Run-in-Phase auf Met-formin plus Liraglutid (Victoza®, 1 x täglich 1,8 mg s.c.) umgestellt. 498 Patienten (61%) erreichten damit einen HbA1c-Wert unter 7%. Die erzielte HbA1c-Reduktion betrug im Mittel 1,3%, berichtete Dr. Jörg Steindorf, Schkeuditz.

Bei 323 Patienten (39%) lag der HbA1c-Wert am Ende der Run-in-Phase im Schnitt noch bei 7,7%. Die erzielte HbA1c-Reduktion betrug im Mittel 0,6%. Diese Patienten

erhielten randomisiert entweder weiterhin Metformin plus Liraglutid oder zusätzlich Insulin detemir.

Bei 43% der zusätzlich mit dem Insulin-analogon Behandelten sank der HbA1c-Wert innerhalb von 26 Wochen auf unter 7%. Mit Metformin/Liraglutid war das bei 17% der Fall. „Die zusätzliche Gabe von In-sulin detemir hat den HbA1c noch einmal um im Mittel 0,5 Prozentpunkte gesenkt, sodass diese Gruppe 1,1 Prozentpunkte

HbA1c-Verbesserung von Beginn der Run-in-Phase bis zum Ende der Studie nach 26 Wochen hatte“, betonte Steindorf (Abb. 1).

In allen drei Gruppen traten keine schweren Hypoglykämien auf. In der Insu-lingruppe wurden 0,29 leichte Hypoglykä-mien pro Patientenjahr registriert (vs. 0,029 in der Vergleichsgruppe).

Die Zusatztherapie mit Insulin detemir führte zu keiner Gewichtszunahme. Die mit Liraglutid während der Run-in-Phase erzielte Gewichtsabnahme von im Mittel 3,5 kg konnte während des Studienzeit-raums um im Schnitt weitere 0,16 kg ge-steigert werden. Auch nach einem Jahr ist es mit der Insulin-detemir-Zusatztherapie zu keiner signifikanten Gewichtszunahme gekommen, berichtete Steindorf.

■ Dr. Ulrike Maronde Quelle: Presseworkshop „Ein Fall für zwei starke Partner – Herausforderungen und Chancen der Kombinationstherapie von GLP-1-Analogon und Basalinsulin“, Frankfurt am Main, Februar 2012 (Veranstalter: Novo Nordisk)

Abb. 1 Die Studie zeigte eine weitere Reduktion des HbA1c-Wertes.

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