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Bonn. Das zweitägige deutsch- deutsche Gipfeltreffen zwischen DDR-Ministerpräsident Hans Modrow und BRD-Kanzler Hel- mut Kohl machte wohl eines, deutlich: Die Bonner Regierung versucht, allein Tempo und Kon- ditionen der Vereinigung zu be- stimmen. Weniger gleichberech- tigte Verhandlungen zweier Part- ner waren da nach dem Eindruck politischer Beobachter gefragt, sondern das Diktat des ökono- misch Stärkeren. Ministerpräsi- dent Modrow resümierte nach den Bonner Gesprächen aber auch Übereinstimmung darüber, daß beide deutsche Staaten jetzt ver- antwortungsbewußt aufeinander zugehen müssen, daß es nicht um einen „Anschluß" gehen kann. Standen am Dienstag politische Gespräche im Mittelpunkt des Besuchs, war der zweite Tag vor allem'von Kontakten zu Führern von BRD-Wirtschaftsverbänden geprägt. Dabei ging es vor allem um die nächsten Etappen eines wirtschaftlichen Zusammenwach- sens beider Staaten. Das starke Interesse von BRD-Unternehmen an Kapitalanlagen in der DDR — Zehntausende Firmen stünden bereit — machte der Präsident des Bundesverbandes der Deut- schen Industrie (BDI), Dr. Tyll Necker, deutlich. Er nannte auch gleich die Bedingungen der Un- ternehmer: In der DDR müsse rasch die Marktwirtschaft einge- führt werden, die angestrebte Währuhgsunion und Wirtschafts- gemeinschaft hätten eine Einheit zu bilden und sollten in die eu- ropäischen Zielvorstellungen ein- gebunden werden. Auf die gut ausgebildeten DDR-Facharbeiter, die keines- wegs hinter denen in der BRD zurückstünden, verwies der Prä- sident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Klaus Murmann, nach seiner Unterredung mit Modrow. Wenn man dieses Potential mit einer regen Investitions- und Innovationstätigkeit in der Indu- strie verbinde, könne die. DDR ein Wirtschaftswunder erleben. Der Arbeitgeberpräsident näherte sich DDR-Positionen, als er davon sprach, daß neben der Wirt- schafts- und Währungsunion die sozialen Flankierungsmaßnahmen eine entscheidende Bedeutung ge- winnen. Interessant in diesenv Zu- sammenhang, daß auch der Prä- sident des Bundesvorstandes Deutscher Banken, Dr. Wolfgang Roller, den Spekulationen über eine Währungsreform in der DDR eine Absage erteilte. Eine wichtige Rolle hier in Bonn spielte die Frage des viel diskutierten Solidarbeitrages von etwa 15 Milliarden DM. Wie Wirt- schaftsministerin Luft nach ihren Kooperatitmsgesprächen mit Luft j hansa-Chef Runau noch einmal erklärte, sei darunter ein Aus- gleich für jene verschärften Öko- nomischen Schwierigkeiten und Verluste zu verstehen, die die Öffnung der Grenzen zwischen Bonn. Eher kritisch fielen die Kommentare und Erklärungen in Bonn zu den Gesprächen Kohl— Modrow aus. Während „Die Welt" zumindest '„positive Aspekte" ausmachte und der FDP-Vorsitzende Graf Lambs- dorff meinte, der Gast nähme zwar kein,Bargeld mit zurück in die DDR, aber immerhin eine Währungsunion, bedauerte der nordrhein-westfälische Minister- präsident Rau, daß die Gesprä- che in Bonn „leider nur zur Ein- setzung einer Kommission" ge- führt haben. "Für den SPD-Wirtschaftsexper- ten Wolfgang Roth hat sjch der Kanzler wie ein „reicher, gönner- . hafter Onkel" benommen. Die Grünen sprachen sogar davon, daß „Kohl Modrow und dem Run- den Tisch ., die Pistole auf die Brust gesetzt" habe. Auch in der DDR-Delegation äußerte sich Unzufriedenheit mit dem Gesprächsergebnis. So warf die stellvertretende DDR-Mini- sterpräsidentin Christa Luft der Bundesregierung vor, sie sei ohne Konzept in die deutsch-deutschen Verhandlungen in Bonn gegan- gen. ,iWir warten bis zur Stunde darauf, daß die andere Seite auch nur ein halbes Stück geschriebe- nes Papier vorlegt", sagte sie. Die Regierung von Hans Modrow hätte in Bonn deutlich gemacht, „daß 16 Millionen DDR-Bürger mit am Tisch sitzen". Deren In- teressen und Sorgen dürften nicht übergangen werden. „Sie haben sich nicht unbedingt Schnelleres, aber Konkreteres vorgestellt", berichtete Bundes- tagsvizepräsident Westphal nach einem Gespräch mit den DDR-' Ministern ohne Geschäftsbereich. Mathias Platzek von der „Grünen Partei" kritisierte die .isdiulmei- .sterliche" Verhandlungsführung- seitens der Kohl-Regierung. Seine Partei hatte bereits in einer Er- klärung die „politische Einbin- dung der DDR in die NATO" ab- gelehnt. Die demokratische Be- wegung der DDR sei „nicht ange- treten, um in einer Zwangsver- einigung erstickt zu werden". Wolfgang Ullmann von „Demo-, kratie Jetzt" gab zu bedenken, daß der Aussiedlerstrom nicht durch, ein „Wundermittel D-Mark" zu stoppen sei. Er resultiere viel- mehr aus dem sozialen Gefälle beider Staaten, dessen Verringe- rung Priorität haben müsse. Gerd Poppe von der „Initia- tive Frieden und Menschen- rechte" habe im Gegensatz zur Auffassung von Kanzler Kohl die Ansicht vertreten, daß ein ein- deutiges Bekenntnis zur Oder- Neiße-Grenze nicht einem künfti- gen gesamtdeutschen Souverän vorbehalten bleiben "solle, son- dern vielmehr einer deutschen Vereinigung vorausgehen müsse. Sein Kollege Sebastian Pflug- beil vom „Neuen Forum" zeigte sich „irritiert" über die „Selbstsicherheit und Arroganz" bundesdeutscher Politiker. Nur DDR-Minister Rainer Eppelmann vom „Demokratischen Aufbruch" wertete das Gesprächsergebnis als „vollen Erfolg" und wider- sprach damit völlig seiner ersten Wertung vonj Vortag. Zumindest "" jedoch, so die „Westdeutsche Allgemeine Zei- tung", habe „der Besuch Modrows in Bonn beruhigend gewirkt". Der DDR-Ministerpräsident sei als ein Mann aufgetreten, „der seinen Auftrag, die DDR bis zu den Wahlen über die Runden zu bringen, noch längst nicht aufge- geben hat". Das bestätigt auch die „Frankfurter Rundschau": Ministerpräsident Modrow habe sich entschieden dagegen gewehrt, „den Preis der Vereinigung" zu drücken, und er habe alles getan, um Schaden von den Bürgern der DDR abzuwenden. beiden Staaten verursacht. Um ein moralisches Recht auf Aus- gleich ging es dann auch in dem Gespräch Hans Modrows mit dem Historiker Prof. Dr. Arno Peters aus Bremen. Der Wissenschaftler hat errechnet, daß die BRD gegen- über der DDR eine „historische Schuld" von 727 Milliarden DM zu zahlen habe, als Ausgleich für von der DDR erbrachte Repara- tionsleistungen. (Siehe auch Seite 6) Der DDR-Ministerpräsident schloß sein intensives Bonner Ar- beitsprogramm am Mittwochnach- mittag nach den Begegnungen mit dem FDP-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Mischnick, Finanzmini- ster Theo Waigel und der Präsi- dentin des BRD-Bundestages, Rita Süssmuth, ab. Bonn/London/Ottawa (ADN). Vorbehalte gegen ein Sechser- treffen beider deutscher Staaten und der vier Siegermächte des zweiten Weltkrieges zur Erörte- rung der äußeren Aspekte der, deutschen Einheit meldeten füh- rende polnische Politiker an. Prä- sident Wojciech Jaruzelski er- klärte in einem ARD-.Interview, die Positionen der Staaten, die an Deutschland grenzten, dürften nicht übergangen werden. Premier Tadeusz Mazowiecki betonte auf einer Pressekonferenz in London, Polen wolle an den Gesprächen be- teiligt sein, um die Sicherheit des Landes zu garantieren. Außenminister Krzysztof Sku- biszewski unterstrich vor der Presse in Ottawa, die Begrenzung desi Treffens auf die sechs, Staaten schaffe Probleme und rufe Erin- nerungen an Jalta wach. Der Dia- log um Deutschlands Platz auf- dem Kontinent sei eine gesamt- europäische Angelegenheit. Ottawa (ADN). Eine Einigung über die Reduzierung ihrer in Mitteleuropa stationierten Trup- pen haben die Sowjetunion und die USA bei der Konferenz in Ottawa erzielt. Beide Seiten haben sich darauf verständigt, ihife Trup- pen in Mitteleuropa auf jeweils 195 000 Mann zu reduzieren. Dfe Sowjetunion, so Kanadas Außen- minister Clark, habe auch ihr Einverständnis erklärt, daß die Vereinigten Staaten über weitere Truppen in Südeuropa und* Groß- britannien verfügen können, so- fern diese nicht 30 000 Mann übersteigen. Mit der Einigung sei eines der schwierigsten Hinder- nisse für die Wiener Verhandlun- gen beseitigt, so Clark. Karte: ND/Wegener Auf einer Sitzung des ZK der KP Tadshikistans wurde laut TASS scharfe Kritik an der KP- Führung sowie an der Regierung und den Rechtsschutzorganen für deren zögerndes Handeln zur Verhinderung der Ausschreitun- gen geäußert. Die Unruhen waren durch na- tionalistische Kräfte Tadshiki- stans angeheizt worden, die die Ansiedlung von Familien aus dem Erdbebengebiet Armeniens und von armenischen Flücht- lingsfamilien aus Baku zum Vor- wand genommen hatten. Moskau (ADN). Der Oberste Sowjet der UdSSR begann am Mittwoch mit seiner Frühjahrs- tagung im Kreml. Laut TASS hat die Zuspitzung der nationalen Konflikte der Diskussion über die Tagesordnung ihren' Stempel aufgedrückt. Zahlreiche Abgeord- nete bestanden darauf, den Ge- setzentwurf über verstärkte Ver- antwortung für Anschläge auf die nationale Gleichberechtigung der Bürger und für die gewaltsame Verletzung der Einheit des Terri- toriums der UdSSR als einen der ersten zu erörtern. Erneut kam es zu einem Zu- sammenstoß zwischen Vertretern der Republiken Aserbaidshan und Armenien, die entgegen- gesetzte Standpunkte zum Ausnahmezustand in Aserbai- dshan vertraten. Abgeordnete der baltischen Republiken forderten, die Wiederherstellung der Souve- ränität und Unabhängigkeit Li- tauens, Lettlands und Estlands in die Debatte aufzunehmen. Eine Reihe von Abgeordneten vertra- ten die Meinung, daß dem Ober- sten Sowjets eine Konzeption nicht nur für die Arbeit dieser Tagung, sondern für die Pere- stroika überhaupt fehle. Die Debatte sei neben kon- struktivem Herangehen von „Druck, Emotionen und Stim- mungen" geprägt, erklärte Mi- chail Gorbatschow, der im Laufe der Diskussion das Wort ergriff. Heute rücke die Gewährleistung der Sicherheit des Landes an die erste Stelle. „Wenn die Demokra- tie nicht gefestigt, durch entspre- chende Mechanismen gesichert wird, dann stirbt die Demokra- tie, und wir alle verlieren", sagte der Staatschef. Zugleich machte er darauf aufmerksam, daß es Kräfte von rechts und von links gebe, die die komplizierte Lage ausnutzen wollen. Es dürfe keine Zeit mehr verloren werden. Washington (ADN). Eine Dele- gation sowjetischer Parlamen- tarier hat dieser Tage erstmals das Strategische Luftkommandö (SAC) der USA in Omaha (Buri- desstaat Nebraska) besucht, dem die in verschiedenen Teilen der Welt stationierten Nuklearflieger- kräfte unterstehen. Der stellver- tretende UdSSR-Verteidigungs- minister Armeegeneral Witali Schabanow forderte die USA da- bei auf, wie die Sowjetunion eine Verpflichtung abzugeben, nicht als erste Kernwaffen einzusetzen. SAC-Kommandeur General John Chain wies dies jedoch als „bedeu- tungslose Rhetorik" zurück. Bonn (ADN). Die Bundesregie- rung hat am Mittwoch den Nach- tragshaushalt für das laufende Jahr in Höhe von 6,9 Milliarden D-Mark beschlossen. Er sieht Fi- nanzmittel für die DDR, Hilfen für Länder Osteuropas und Auf- wendungen für die Unterbringung von Aus-^ und Übersiedlern vor. Damit steigt das Gesamtvolumen der Ausgaben im BRD-Haushalt 1990 auf 307 Milliarden D-Mark. Die Neuverschuldung erhöht sich weiter um knapp 6,6 auf 33,5 Mil- liarden p-Mark. Im , Nachtragshaushalt sind 5,7 Milliarden D-Mark für die DDR und für Berlin (West) reserviert. Die Mittel dienen un- ter anderem der Finanzierung des Reisedevisenfonds für DDR-Bür- ger, Umweltschutzprojekten in der DDR, dem Ausbau der Grenz- übergänge und zur medizinischen Hilfe für die DDR. Beim Absturz einer Maschine der Indian Airlines vom Typ Airbus 320-AA sind am Mittwoch auf dem Flugplatz des südindischen Bangalore 89 der 146 Insassen ums Leben gekommen. Das aus Bombay kommende Flugzeug hatte sehr tief fliegend eine Böschung gestreift, war vor der Landebahn zerschellt und in Brand geraten ' Telefoto: ZB/AF Johannesburg (ADN). Der ehe- malige Robben-Island-Häftling Justice Mpanza hat in Stanger bei Durban das erste Büro des Afri- kanischen < Nationalkongresses (ANC) an Südafrika eröffnet, nachdem Präsident Frederik de Klerk am 2. Februar das Verbot der Befreiungsbewegung aufge- hoben hatte. Mpanza will sich vor allem der Aufnahme neuer Mit- glieder widmen. Nelson Mandela besuchte am Mittwoch in Soweto einen ehema- ligen Mithäftling. Elias Motsoale- di, im Oktober 1989 aus der Haft entlassen, war Gründungsmitglied des Anfang der sechziger Jahre ins Leben gerufenen bewaffneten Flügels des ANC. Lusaka (ADN). Eine dreitägige Tagung des Nationalen Exekutiv- komitees des ANC begann am Mittwoch in der sambischen Hauptstadt Lusaka. Wahlkampf gehört zu den Din- gen, von denen Christa Wolf sagte:, «Das haben wir nicht ge- lernt." Ob wir es bis zum 18. März lernen, muß bezweifelt werden. Geht man durch die Straßen unseres Landes, könnte man angesichts trauriger Über- reste erster »Wahlschlachten" leicht auf den Gedanken ver- fallen, die Wahlen seien schon vorüber und stünden nicht erst bevor. Plakate - von welcher Partei auch immer .zieren" nur kurzzeitig Fassaden oder Schau- fenster. Dann fallen sie ihrem offenbar vorbestimmten Schicksal anheim, werden zerrissen, be- schmiert oder bestenfalls über- klebt, wobei letzteres nur Glied einer Kettenreaktion ist. Papierfetzen, auf denen viel- leicht noch der Name der Partei erkennbar ist, die mit ihrem Pla- kat den Unwillen eines Anders- denkenden" hervorrief, künden von einer Allianz der Intoleran- ten, die offensichtlich quer durch die Parteienlandschaft geht. Bis- weilen greift man auch schon mal zu Pflastersteinen, um seine eigene „Argumentation" zu un- termauern - wie dieser Tage in der Prenzlauer Allee in Berlin. Ob Appelle zur Fairneß noch fruchten, weiß ich nicht. Eine schnelle Schuldzuweisung für der- lei „reißerische" Aktionen ist jedenfalls nicht hilfreich. Damit' wird nur neues DI in ein Feuer gegossen, an dem sich eigentlich nur jene die Hände wärmen kön- nen,' denen eine halbwegs funk- tionierende Demokratie in die- sem Lande ein Dorn im Auge ist. Ingolf B o s s e n z Berlin (ADN). Voraussichtlich im März wird in Berlin die Quadriga zur Sanierung für etwa sieben Monate vom Brandenbur- ger Tor genommen. Der Zustand der Quadriga sei desolat, erklärte ein Magistratssprecher am Mitt- woch. Das dünne Kupfer sei ver- bogen und eingedrückt, verschie- dene Teile wurden abgebrochen. Hilfsangebote für die Instand- setzung lägen aus Ost und West vor. Die Sanierung werde etwa eineinhalb Millionen Mark ko- sten. Spenden können bei der' Staatsbank der DDR auf das Konto 6651-39-4 in DDR-Mark und auf das Konto 6651-53-11111 in Valuta überwiesen werden. Berlin (ND). Die Überleitung der administrativen Planwirt- schaft in eine soziale Marktwirt- schaft war Thema einer wissen- schaftlichen Konferenz am Mitt- woch an der Hochschule für Öko- nomie in Berlin. Unter dem Druck aktueller Prozesse beschäftigten sich . Wissenschaftler, Praktiker und Betriebswirte vor allem mit Fragen einer zukünftigen deut- schen Wirtschafts- und Wäh- rungsunion. Politische Zwänge sind es offensichtlich, die die Überlegungen der Ökonomen aus Ost und West bedrängen. Im Pro und Kontra jJer Meinungen be- stand Übereinstimmung, daß sich für beide deutsche Staaten Risi- ken ergeben. Die DDR-Experten befürworteten letztlich eine schnelle Lösung, die jedoch Zeit und Raum lassen muß, entstehen- den sozialen Problemen mit ge- eigneten Mitteln zu begegnen. Das gilt besonders für eine drohende Arbeitslosigkeit, die auf 1,5 Mil- lionen geschätzt wurde. Moskau (ADN). Ungeachtet der Verlegung von v Spezialtruppen \nach Duschanbe am Mittwoch und zahlreicher Appelle an die Bevölkerung, Ruhe zu bewahren, ist die Lage in der tadshikischen Hauptstadt weiterhin außer Kon- trolle. Laut TASS haben sich Pogrome, Raubüberfälle und Brandstiftungen auf die Randge- biete Duschanbes verlagert. In vielen Fällen seien PKW ange- zündet und Insassen mißhandelt worden. Auch 22 Krankenwagen \der Schnellen Medizinischen Hilfe wurden zerstört. Radio Moskau berichtete, De- monstranten hätten den Flugha- fen der Stadt angegriffen, wo Mi- litär zu dessen Schutz stationiert worden sei. Bei der Räumung des zentralen Platzes |n der In- nenstadt durch Miliz und Trup- pen des Innenministeriums, wo eine Menge erneut in das Ge- bäude des Zentralkomitees der (Partei ..einzudringen versuchte, gab es zahlreiche Verletzte. Erst- mals wurde von Demonstranten auch die Forderung nach Öffnung der Grenze zu Afghanistan erho- ben. Nach Angaben des Militärkom- mandanten von Duschanbe sind an den Unruhen rund 5000 Men- tschen beteiligt. Im regionalen Fernsehen hieß es, die örtlichen Sicherheitsorgane würden der Lage allein nicht mehr Herr. Seit Montag abend seien mindestens 37 Menschen getötet und über 1000 verletzt worden. Das tadshikische Innenministerium sprach dagegen von zwölf Todesopfern. Wiesbaden (ADN). Vorbehalte gegen eine deutsch-deutsche Wäh- rungsunion hat der von der Bun- desregierung berufene Sachver- ständigenrat zur Bewertung der gesamtwirtschaftlichen Entwick- lung. In einem am Mtttwoch ver- öffentlichten Brief an Bundes- kanzler Helmut Kohl bezeichnen die „Fünf Weisen" die schnelle Einführung der D-Mark in der DDR als das „falsche Mittel, um dem Strom von Übersiedlern Ein- halt zu gebieten". Zuvor müßten die Weichen ein- deutig in Richtung Marktwirt- schaft gestellt werden, erklärten die Wirtschaftsexperten, laut dpa. Die Abschaffung der DDR-Mark würde den Abstand der Einkom- men zwischen den beiden Teilen Deutschlands „schlagartig ver- deutlichen" . Prag. Als neuen Termin für die Parlamentswahlen in der Tsche- choslowakei hat die Regierung des Landes am Mittwoch den 30. Juni 1990 vorgeschlagen. Bis- her war der 8. Juni für den Urnengang vorgesehen. Bonn. Die Mieten in der BRD sind 1989 um durchschnittlich drei Prozent gestiegen. Am stärksten mit 3,9 Prozent betraf das die Mieten für Sozialwohnungen. Damaskus. Die Bewohner der von Israel okkupierten syrischen Gölanhöhen haben am Mittwoch gegen, die Besatzung demon- striert. Sie befürchten, daß künf- tig in wachsender Zahl aus der Sowjetunion ausgewanderte Ju- den in ihrer Region angesiedelt Werden. Johannesburg. Die in den Schwarzensiedlungen der südafri- kanischen Provinz Natal statio- nierten Truppen werden ver- stärkt, um weitere Ausschreitun- gen zwischen verschiedenen poli- tischen Gruppierungen der Schwarzen zu verhindern. Redaktion und Verlag: Franz-Mehring- Platz 1, Berlin, 1017. Telefon: 5 8310 (Sammelnummer). ISSN 0323-4940 Delhi. Bei Schußwechseln zwi- schen Sicherheitskräften und mi- litanten Separatisten starben am Mittwoch in Srinagar im indi- schen Unionsstaat Jammu und Kaschmir sechs Menschen. B-Ausgabe Einzelpreis 15 Pf Kein Anschluß, sondern in Verantwortung aufeinander zugehen Bedenken gegen Sechsertreffen Einigung zwischen UdSSR und USA über Truppenabbau Nationale Konflikte prägen Tagung des Obersten Sowjets UdSSR-Visite im US-Luftkommando BRD stockte Haushalt um 6,9 Milliarden DM auf Erstes Büro des ANC in Südafrika eröffnet Quadriga wird instand gesetzt „Fünf Weise" haben Vorbehalte „Kohl setite Modrow auf die Brust" DDR-Experten für soziale Garantien Von unseren Berichterstattern Dr. Rolf Günther und Werner Otto Telefoto: ND/Lanee Kommentar Seite 2 Weg frei für Wiener Abkommen Siehe auch Seite 7 Sieht auch Seite 6 Siehe auch Seite 7 Antikernwaffenappell SEITE 3 SEITE 4 SEITE 6 SEITE 8 Die Bonner Verhandlungsposition Karikatur: Jöre Rückmann Extremisten steckten das Gebäude des Ministeriums für Wasserwirtschaft in Duschanbe in Brand Telefoto: ZB/TASS / Tadshikische SSR Währungsunion mit Risiken Nach zweitägigen Gesprächen: Abreise aus Bonn 39 45 NEUES DEUTSCH LAND Polnische Politiker zu > -M.S" **_. «'•N- TAGESZEITUNG SOZIALISTISCHE Jahrgang / Nr Donnerstag, 15. Februar 1990 Brandstiftungen, Pogrome und Raubiiberfälle Heute im ND: Köpenicker Kiez und große Politik # Unschuldvolle Zweitägiges deutsch-deutsches Gipfeltreffen endete mit Wirtschaftsgesprächen Studentenspiele DDR zahlte Reparationen für die BRD # Was wird aus Westgrundstücken ? Standpunkt Reißerisch Kein Ende der Gewalt in der Hauptstadt Tadshikistans Lage weiterhin außer Kontrolle / Verbrechen nehmen Usbekische S <H&>1 kirgisische ****** A^ fy ^AFGHANISTAN Hilfsangebote für Sanierung Michail Gorbatschow mahnt zur Festigung der Demokratie Pistole Scharfe Kritik an Bonner Hinhaltetaktik bei Gesprächen I Kurm berichtet \ CSSR-Wahl erst Ende Juni? Mieten in BRD kletterten Schweres Flugzeugunglück im Süden Indiens Araberprotest auf Golan Mörderische Schußwechsel in Natal verstärkt

NEUES DEUTSCH LAND - rosalux.de · Partei auch immer — .zieren" nur kurzzeitig Fassaden oder Schau-fenster. Dann fallen sie ihrem offenbar vorbestimmten Schicksal anheim, werden

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Page 1: NEUES DEUTSCH LAND - rosalux.de · Partei auch immer — .zieren" nur kurzzeitig Fassaden oder Schau-fenster. Dann fallen sie ihrem offenbar vorbestimmten Schicksal anheim, werden

Bonn. Das zweitägige deutsch-deutsche Gipfeltreffen zwischenDDR-Ministerpräsident HansModrow und BRD-Kanzler Hel-mut Kohl machte wohl eines,deutlich: Die Bonner Regierungversucht, allein Tempo und Kon-ditionen der Vereinigung zu be-stimmen. Weniger gleichberech-tigte Verhandlungen zweier Part-ner waren da nach dem Eindruckpolitischer Beobachter gefragt,sondern das Diktat des ökono-misch Stärkeren. Ministerpräsi-dent Modrow resümierte nachden Bonner Gesprächen aber auchÜbereinstimmung darüber, daßbeide deutsche Staaten jetzt ver-antwortungsbewußt aufeinanderzugehen müssen, daß es nicht umeinen „Anschluß" gehen kann.

Standen am Dienstag politischeGespräche im Mittelpunkt desBesuchs, war der zweite Tag vorallem'von Kontakten zu Führernvon BRD-Wirtschaftsverbändengeprägt. Dabei ging es vor allemum die nächsten Etappen eineswirtschaftlichen Zusammenwach-sens beider Staaten. Das starkeInteresse von BRD-Unternehmenan Kapitalanlagen in der DDR— Zehntausende Firmen stündenbereit — machte der Präsidentdes Bundesverbandes der Deut-schen Industrie (BDI), Dr. TyllNecker, deutlich. Er nannte auchgleich die Bedingungen der Un-ternehmer: In der DDR müsserasch die Marktwirtschaft einge-führt werden, die angestrebteWähruhgsunion und Wirtschafts-

gemeinschaft hätten eine Einheitzu bilden und sollten in die eu-ropäischen Zielvorstellungen ein-gebunden werden.

Auf die gut ausgebildetenDDR-Facharbeiter, die keines-wegs hinter denen in der BRDzurückstünden, verwies der Prä-sident der Bundesvereinigung derDeutschen Arbeitgeberverbände(BDA), Klaus Murmann, nachseiner Unterredung mit Modrow.Wenn man dieses Potential miteiner regen Investitions- undInnovationstätigkeit in der Indu-strie verbinde, könne die. DDRein Wirtschaftswunder erleben.Der Arbeitgeberpräsident nähertesich DDR-Positionen, als er davonsprach, daß neben der Wirt-schafts- und Währungsunion diesozialen Flankierungsmaßnahmeneine entscheidende Bedeutung ge-winnen. Interessant in diesenv Zu-sammenhang, daß auch der Prä-sident des BundesvorstandesDeutscher Banken, Dr. WolfgangRoller, den Spekulationen übereine Währungsreform in der DDReine Absage erteilte.

Eine wichtige Rolle hier inBonn spielte die Frage des vieldiskutierten Solidarbeitrages vonetwa 15 Milliarden DM. Wie Wirt-schaftsministerin Luft nach ihrenKooperatitmsgesprächen mit Luftj

hansa-Chef Runau noch einmalerklärte, sei darunter ein Aus-gleich für jene verschärften Öko-nomischen Schwierigkeiten undVerluste zu verstehen, die dieÖffnung der Grenzen zwischen

Bonn. Eher kritisch fielen dieKommentare und Erklärungen inBonn zu den Gesprächen Kohl—Modrow aus. Während „DieWelt" zumindest '„positiveAspekte" ausmachte und derFDP-Vorsitzende Graf Lambs-dorff meinte, der Gast nähmezwar kein,Bargeld mit zurück indie DDR, aber immerhin eineWährungsunion, bedauerte dernordrhein-westfälische Minister-präsident Rau, daß die Gesprä-che in Bonn „leider nur zur Ein-setzung einer Kommission" ge-führt haben.

"Für den SPD-Wirtschaftsexper-ten Wolfgang Roth hat sjch derKanzler wie ein „reicher, gönner- .hafter Onkel" benommen. DieGrünen sprachen sogar davon,daß „Kohl Modrow und dem Run-den Tisch ., die Pistole auf dieBrust gesetzt" habe.

Auch in der DDR-Delegationäußerte sich Unzufriedenheit mitdem Gesprächsergebnis. So warfdie stellvertretende DDR-Mini-sterpräsidentin Christa Luft derBundesregierung vor, sie sei ohneKonzept in die deutsch-deutschenVerhandlungen in Bonn gegan-gen. ,iWir warten bis zur Stundedarauf, daß die andere Seite auchnur ein halbes Stück geschriebe-nes Papier vorlegt", sagte sie.Die Regierung von Hans Modrowhätte in Bonn deutlich gemacht,„daß 16 Millionen DDR-Bürgermit am Tisch sitzen". Deren In-teressen und Sorgen dürften nichtübergangen werden.

„Sie haben sich nicht unbedingtSchnelleres, aber Konkreteresvorgestellt", berichtete Bundes-tagsvizepräsident Westphal nacheinem Gespräch mit den DDR-'Ministern ohne Geschäftsbereich.Mathias Platzek von der „GrünenPartei" kritisierte die .isdiulmei-.sterliche" Verhandlungsführung-seitens der Kohl-Regierung. SeinePartei hatte bereits in einer Er-

klärung die „politische Einbin-dung der DDR in die NATO" ab-gelehnt. Die demokratische Be-wegung der DDR sei „nicht ange-treten, um in einer Zwangsver-einigung erstickt zu werden".Wolfgang Ullmann von „Demo-,kratie Jetzt" gab zu bedenken,daß der Aussiedlerstrom nichtdurch, ein „Wundermittel D-Mark"zu stoppen sei. Er resultiere viel-mehr aus dem sozialen Gefällebeider Staaten, dessen Verringe-rung Priorität haben müsse.

Gerd Poppe von der „Initia-tive Frieden und Menschen-rechte" habe im Gegensatz zurAuffassung von Kanzler Kohl dieAnsicht vertreten, daß ein ein-deutiges Bekenntnis zur Oder-Neiße-Grenze nicht einem künfti-gen gesamtdeutschen Souveränvorbehalten bleiben "solle, son-dern vielmehr einer deutschenVereinigung vorausgehen müsse.Sein Kollege Sebastian Pflug-beil vom „Neuen Forum"zeigte sich „irritiert" über die„Selbstsicherheit und Arroganz"bundesdeutscher Politiker. NurDDR-Minister Rainer Eppelmannvom „Demokratischen Aufbruch"wertete das Gesprächsergebnisals „vollen Erfolg" und wider-sprach damit völlig seiner erstenWertung vonj Vortag.

Zumindest "" jedoch, so die„Westdeutsche Allgemeine Zei-tung", habe „der Besuch Modrowsin Bonn beruhigend gewirkt".Der DDR-Ministerpräsident seials ein Mann aufgetreten, „derseinen Auftrag, die DDR bis zuden Wahlen über die Runden zubringen, noch längst nicht aufge-geben hat". Das bestätigt auchdie „Frankfurter Rundschau":Ministerpräsident Modrow habesich entschieden dagegen gewehrt,„den Preis der Vereinigung" zudrücken, und er habe alles getan,um Schaden von den Bürgern derDDR abzuwenden.

beiden Staaten verursacht. Umein moralisches Recht auf Aus-gleich ging es dann auch in demGespräch Hans Modrows mit demHistoriker Prof. Dr. Arno Petersaus Bremen. Der Wissenschaftlerhat errechnet, daß die BRD gegen-über der DDR eine „historischeSchuld" von 727 Milliarden DMzu zahlen habe, als Ausgleich fürvon der DDR erbrachte Repara-tionsleistungen. (Siehe auch Seite 6)

Der DDR-Ministerpräsidentschloß sein intensives Bonner Ar-beitsprogramm am Mittwochnach-mittag nach den Begegnungen mitdem FDP-FraktionsvorsitzendenWolfgang Mischnick, Finanzmini-ster Theo Waigel und der Präsi-dentin des BRD-Bundestages,Rita Süssmuth, ab.

Bonn/London/Ottawa (ADN).Vorbehalte gegen ein Sechser-treffen beider deutscher Staatenund der vier Siegermächte deszweiten Weltkrieges zur Erörte-rung der äußeren Aspekte der,deutschen Einheit meldeten füh-rende polnische Politiker an. Prä-sident Wojciech Jaruzelski er-klärte in einem ARD-.Interview,die Positionen der Staaten, die anDeutschland grenzten, dürftennicht übergangen werden. PremierTadeusz Mazowiecki betonte aufeiner Pressekonferenz in London,Polen wolle an den Gesprächen be-teiligt sein, um die Sicherheit desLandes zu garantieren.

Außenminister Krzysztof Sku-biszewski unterstrich vor derPresse in Ottawa, die Begrenzungdesi Treffens auf die sechs, Staatenschaffe Probleme und rufe Erin-nerungen an Jalta wach. Der Dia-log um Deutschlands Platz auf-dem Kontinent sei eine gesamt-europäische Angelegenheit.

Ottawa (ADN). Eine Einigungüber die Reduzierung ihrer inMitteleuropa stationierten Trup-pen haben die Sowjetunion unddie USA bei der Konferenz inOttawa erzielt. Beide Seiten habensich darauf verständigt, ihife Trup-pen in Mitteleuropa auf jeweils195 000 Mann zu reduzieren. DfeSowjetunion, so Kanadas Außen-minister Clark, habe auch ihrEinverständnis erklärt, daß dieVereinigten Staaten über weitereTruppen in Südeuropa und* Groß-britannien verfügen können, so-fern diese nicht 30 000 Mannübersteigen. Mit der Einigung seieines der schwierigsten Hinder-nisse für die Wiener Verhandlun-gen beseitigt, so Clark.

Karte: ND/Wegener

Auf einer Sitzung des ZK derKP Tadshikistans wurde lautTASS scharfe Kritik an der KP-Führung sowie an der Regierungund den Rechtsschutzorganen fürderen zögerndes Handeln zurVerhinderung der Ausschreitun-gen geäußert.

Die Unruhen waren durch na-tionalistische Kräfte Tadshiki-stans angeheizt worden, die dieAnsiedlung von Familien ausdem Erdbebengebiet Armeniensund von armenischen Flücht-lingsfamilien aus Baku zum Vor-wand genommen hatten.

Moskau (ADN). Der ObersteSowjet der UdSSR begann amMittwoch mit seiner Frühjahrs-tagung im Kreml. Laut TASS hatdie Zuspitzung der nationalenKonflikte der Diskussion überdie Tagesordnung ihren' Stempelaufgedrückt. Zahlreiche Abgeord-nete bestanden darauf, den Ge-setzentwurf über verstärkte Ver-antwortung für Anschläge auf dienationale Gleichberechtigung derBürger und für die gewaltsameVerletzung der Einheit des Terri-toriums der UdSSR als einen derersten zu erörtern.

Erneut kam es zu einem Zu-sammenstoß zwischen Vertreternder Republiken Aserbaidshanund Armenien, die entgegen-gesetzte Standpunkte zumAusnahmezustand in Aserbai-dshan vertraten. Abgeordnete derbaltischen Republiken forderten,die Wiederherstellung der Souve-ränität und Unabhängigkeit Li-tauens, Lettlands und Estlands in

die Debatte aufzunehmen. EineReihe von Abgeordneten vertra-ten die Meinung, daß dem Ober-sten Sowjets eine Konzeptionnicht nur für die Arbeit dieserTagung, sondern für die Pere-stroika überhaupt fehle.

Die Debatte sei neben kon-struktivem Herangehen von„Druck, Emotionen und Stim-mungen" geprägt, erklärte Mi-chail Gorbatschow, der im Laufeder Diskussion das Wort ergriff.Heute rücke die Gewährleistungder Sicherheit des Landes an dieerste Stelle. „Wenn die Demokra-tie nicht gefestigt, durch entspre-chende Mechanismen gesichertwird, dann stirbt die Demokra-tie, und wir alle verlieren", sagteder Staatschef. Zugleich machte erdarauf aufmerksam, daß es Kräftevon rechts und von links gebe, diedie komplizierte Lage ausnutzenwollen. Es dürfe keine Zeit mehrverloren werden.

Washington (ADN). Eine Dele-gation sowjetischer Parlamen-tarier hat dieser Tage erstmalsdas Strategische Luftkommandö(SAC) der USA in Omaha (Buri-desstaat Nebraska) besucht, demdie in verschiedenen Teilen derWelt stationierten Nuklearflieger-kräfte unterstehen. Der stellver-tretende UdSSR-Verteidigungs-minister Armeegeneral WitaliSchabanow forderte die USA da-bei auf, wie die Sowjetunion eineVerpflichtung abzugeben, nichtals erste Kernwaffen einzusetzen.SAC-Kommandeur General JohnChain wies dies jedoch als „bedeu-tungslose Rhetorik" zurück.

Bonn (ADN). Die Bundesregie-rung hat am Mittwoch den Nach-tragshaushalt für das laufendeJahr in Höhe von 6,9 MilliardenD-Mark beschlossen. Er sieht Fi-nanzmittel für die DDR, Hilfenfür Länder Osteuropas und Auf-wendungen für die Unterbringungvon Aus-^ und Übersiedlern vor.Damit steigt das Gesamtvolumender Ausgaben im BRD-Haushalt1990 auf 307 Milliarden D-Mark.Die Neuverschuldung erhöht sichweiter um knapp 6,6 auf 33,5 Mil-liarden p-Mark.

Im , Nachtragshaushalt sind5,7 Milliarden D-Mark für dieDDR und für Berlin (West)reserviert. Die Mittel dienen un-ter anderem der Finanzierung desReisedevisenfonds für DDR-Bür-ger, Umweltschutzprojekten in derDDR, dem Ausbau der Grenz-übergänge und zur medizinischenHilfe für die DDR.

Beim Absturz einer Maschine der Indian Airlines vom Typ Airbus 320-AAsind am Mittwoch auf dem Flugplatz des südindischen Bangalore 89 der146 Insassen ums Leben gekommen. Das aus Bombay kommende Flugzeughatte sehr tief fliegend eine Böschung gestreift, war vor der Landebahnzerschellt und in Brand geraten ' Telefoto: ZB/AF

Johannesburg (ADN). Der ehe-malige Robben-Island-HäftlingJustice Mpanza hat in Stanger beiDurban das erste Büro des Afri-kanischen < Nationalkongresses(ANC) an Südafrika eröffnet,nachdem Präsident Frederik deKlerk am 2. Februar das Verbotder Befreiungsbewegung aufge-hoben hatte. Mpanza will sich vorallem der Aufnahme neuer Mit-glieder widmen.

Nelson Mandela besuchte amMittwoch in Soweto einen ehema-ligen Mithäftling. Elias Motsoale-di, im Oktober 1989 aus der Haftentlassen, war Gründungsmitglieddes Anfang der sechziger Jahreins Leben gerufenen bewaffnetenFlügels des ANC.

Lusaka (ADN). Eine dreitägigeTagung des Nationalen Exekutiv-komitees des ANC begann amMittwoch in der sambischenHauptstadt Lusaka.

Wahlkampf gehört zu den Din-gen, von denen Christa Wolfsagte:, «Das haben wir nicht ge-lernt." Ob wir es bis zum18. März lernen, muß bezweifeltwerden. Geht man durch dieStraßen unseres Landes, könnteman angesichts trauriger Über-reste erster »Wahlschlachten"leicht auf den Gedanken ver-fallen, die Wahlen seien schonvorüber und stünden nicht erstbevor. Plakate - von welcherPartei auch immer — .zieren" nurkurzzeitig Fassaden oder Schau-fenster. Dann fallen sie ihremoffenbar vorbestimmten Schicksalanheim, werden zerrissen, be-schmiert oder bestenfalls über-klebt, wobei letzteres nur Gliedeiner Kettenreaktion ist.

Papierfetzen, auf denen viel-leicht noch der Name der Parteierkennbar ist, die mit ihrem Pla-kat den Unwillen eines Anders-denkenden" hervorrief, kündenvon einer Allianz der Intoleran-ten, die offensichtlich quer durchdie Parteienlandschaft geht. Bis-weilen greift man auch schon malzu Pflastersteinen, um seineeigene „Argumentation" zu un-termauern - wie dieser Tage inder Prenzlauer Allee in Berlin.

Ob Appelle zur Fairneß nochfruchten, weiß ich nicht. Eineschnelle Schuldzuweisung für der-lei „reißerische" Aktionen istjedenfalls nicht hilfreich. Damit'wird nur neues DI in ein Feuergegossen, an dem sich eigentlichnur jene die Hände wärmen kön-nen,' denen eine halbwegs funk-tionierende Demokratie in die-sem Lande ein Dorn im Auge ist.

Ingolf B o s s e n z

Berlin (ADN). Voraussichtlichim März wird in Berlin dieQuadriga zur Sanierung für etwasieben Monate vom Brandenbur-ger Tor genommen. Der Zustandder Quadriga sei desolat, erklärteein Magistratssprecher am Mitt-woch. Das dünne Kupfer sei ver-bogen und eingedrückt, verschie-dene Teile wurden abgebrochen.Hilfsangebote für die Instand-setzung lägen aus Ost und Westvor. Die Sanierung werde etwaeineinhalb Millionen Mark ko-sten. Spenden können bei der'Staatsbank der DDR auf dasKonto 6651-39-4 in DDR-Markund auf das Konto 6651-53-11111in Valuta überwiesen werden.

Berlin (ND). Die Überleitungder administrativen Planwirt-schaft in eine soziale Marktwirt-schaft war Thema einer wissen-schaftlichen Konferenz am Mitt-woch an der Hochschule für Öko-nomie in Berlin. Unter dem Druckaktueller Prozesse beschäftigtensich . Wissenschaftler, Praktikerund Betriebswirte vor allem mitFragen einer zukünftigen deut-schen Wirtschafts- und Wäh-rungsunion. Politische Zwängesind es offensichtlich, die dieÜberlegungen der Ökonomen ausOst und West bedrängen. Im Pround Kontra jJer Meinungen be-stand Übereinstimmung, daß sichfür beide deutsche Staaten Risi-ken ergeben. Die DDR-Expertenbefürworteten letztlich eineschnelle Lösung, die jedoch Zeitund Raum lassen muß, entstehen-den sozialen Problemen mit ge-eigneten Mitteln zu begegnen. Dasgilt besonders für eine drohendeArbeitslosigkeit, die auf 1,5 Mil-lionen geschätzt wurde.

Moskau (ADN). Ungeachtet derVerlegung von v Spezialtruppen\nach Duschanbe am Mittwochund zahlreicher Appelle an dieBevölkerung, Ruhe zu bewahren,ist die Lage in der tadshikischenHauptstadt weiterhin außer Kon-trolle. Laut TASS haben sichPogrome, Raubüberfälle undBrandstiftungen auf die Randge-biete Duschanbes verlagert. Invielen Fällen seien PKW ange-zündet und Insassen mißhandeltworden. Auch 22 Krankenwagen\der Schnellen MedizinischenHilfe wurden zerstört.

Radio Moskau berichtete, De-monstranten hätten den Flugha-fen der Stadt angegriffen, wo Mi-litär zu dessen Schutz stationiertworden sei. Bei der Räumungdes zentralen Platzes |n der In-

nenstadt durch Miliz und Trup-pen des Innenministeriums, woeine Menge erneut in das Ge-bäude des Zentralkomitees der(Partei ..einzudringen versuchte,gab es zahlreiche Verletzte. Erst-mals wurde von Demonstrantenauch die Forderung nach Öffnungder Grenze zu Afghanistan erho-ben.

Nach Angaben des Militärkom-mandanten von Duschanbe sindan den Unruhen rund 5000 Men-tschen beteiligt. Im regionalenFernsehen hieß es, die örtlichenSicherheitsorgane würden derLage allein nicht mehr Herr. SeitMontag abend seien mindestens 37Menschen getötet und über 1000verletzt worden. Das tadshikischeInnenministerium sprach dagegenvon zwölf Todesopfern.

Wiesbaden (ADN). Vorbehaltegegen eine deutsch-deutsche Wäh-rungsunion hat der von der Bun-desregierung berufene Sachver-ständigenrat zur Bewertung dergesamtwirtschaftlichen Entwick-lung. In einem am Mtttwoch ver-öffentlichten Brief an Bundes-kanzler Helmut Kohl bezeichnendie „Fünf Weisen" die schnelleEinführung der D-Mark in derDDR als das „falsche Mittel, umdem Strom von Übersiedlern Ein-halt zu gebieten".

Zuvor müßten die Weichen ein-deutig in Richtung Marktwirt-schaft gestellt werden, erklärtendie Wirtschaftsexperten, laut dpa.Die Abschaffung der DDR-Markwürde den Abstand der Einkom-men zwischen den beiden TeilenDeutschlands „schlagartig ver-deutlichen" .

Prag. Als neuen Termin für dieParlamentswahlen in der Tsche-choslowakei hat die Regierungdes Landes am Mittwoch den30. Juni 1990 vorgeschlagen. Bis-her war der 8. Juni für denUrnengang vorgesehen.

Bonn. Die Mieten in der BRDsind 1989 um durchschnittlich dreiProzent gestiegen. Am stärkstenmit 3,9 Prozent betraf das dieMieten für Sozialwohnungen.

Damaskus. Die Bewohner dervon Israel okkupierten syrischenGölanhöhen haben am Mittwochgegen, die Besatzung demon-striert. Sie befürchten, daß künf-tig in wachsender Zahl aus derSowjetunion ausgewanderte Ju-den in ihrer Region angesiedeltWerden.

Johannesburg. Die in denSchwarzensiedlungen der südafri-kanischen Provinz Natal statio-nierten Truppen werden ver-stärkt, um weitere Ausschreitun-gen zwischen verschiedenen poli-tischen Gruppierungen derSchwarzen zu verhindern.

Redaktion und Verlag: Franz-Mehring-Platz 1, Berlin, 1017. Telefon: 5 8310(Sammelnummer). ISSN 0323-4940

Delhi. Bei Schußwechseln zwi-schen Sicherheitskräften und mi-litanten Separatisten starben amMittwoch in Srinagar im indi-schen Unionsstaat Jammu undKaschmir sechs Menschen.

B-AusgabeEinzelpreis 15 Pf

Kein Anschluß, sondern inVerantwortung aufeinander zugehen

Bedenken gegenSechsertreffen

Einigung zwischenUdSSR und USAüber Truppenabbau

Nationale Konflikte prägenTagung des Obersten Sowjets

UdSSR-Visite imUS-Luftkommando

BRD stockte Haushalt um6,9 Milliarden DM auf

Erstes Büro des ANCin Südafrika eröffnet

Quadriga wirdinstand gesetzt

„Fünf Weise"haben Vorbehalte

„Kohl setite Modrowauf die Brust"

DDR-Experten fürsoziale Garantien

Von unseren Berichterstattern Dr. Rolf G ü n t h e r und Werner O t t o

Telefoto: ND/Lanee

Kommentar Seite 2

Weg frei für Wiener Abkommen

Siehe auch Seite 7

Sieht auch Seite 6

Siehe auch Seite 7

Antikernwaffenappell

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SEITE 8

Die Bonner VerhandlungspositionKarikatur: Jöre Rückmann

Extremisten steckten das Gebäude des Ministeriums für Wasserwirtschaft in Duschanbe in BrandTelefoto: ZB/TASS

/ Tadshikische SSR

Währungsunion mit Risiken

Nach zweitägigen Gesprächen: Abreise aus Bonn

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NEUES DEUTSCH LAND

Polnische Politiker

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TAGESZEITUNGSOZIALISTISCHE Jahrgang / NrDonnerstag, 15. Februar 1990

Brandstiftungen, Pogrome und Raubiiberfälle Heute im ND:• Köpenicker Kiez

und große Politik

# UnschuldvolleZweitägiges deutsch-deutsches Gipfeltreffen endete mit Wirtschaftsgesprächen

Studentenspiele

• DDR zahlteReparationen für die BRD

# Was wird aus

Westgrundstücken ?

StandpunktReißerisch

Kein Ende der Gewalt in derHauptstadt TadshikistansLage weiterhin außer Kontrolle / Verbrechen nehmen

Usbekische S <H&>1 kirgisische

****** A ^ fy^ A F G H A N I S T A N

Hilfsangebote für Sanierung

Michail Gorbatschow mahnt zur Festigung der Demokratie

PistoleScharfe Kritik an Bonner Hinhaltetaktik bei Gesprächen

I Kurm berichtet \CSSR-Wahl erst Ende Juni?

Mieten in BRD kletterten

Schweres Flugzeugunglück im Süden Indiens Araberprotest auf Golan

Mörderische Schußwechsel

in Natal verstärkt

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