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Neuregelung der Zwangs- behandlung im Betreuungsrecht – was ändert sich für Patienten und Ärzte? Dr. Rolf Marschner München 12. 3. 2013 Veranstalter: Netzwerk Psychiatrie München e. V. www.netz-m.de

Neuregelung der Zwangs- behandlung im Betreuungsrecht – was ändert sich für Patienten und Ärzte?

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Neuregelung der Zwangs- behandlung im Betreuungsrecht – was ändert sich für Patienten und Ärzte?. Dr. Rolf Marschner München 12. 3. 2013 Veranstalter: Netzwerk Psychiatrie München e. V. www.netz-m.de. Rechtliche Grundlagen psychiatrischer Behandlung. Einwilligung und Aufklärung - PowerPoint PPT Presentation

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Page 1: Neuregelung der Zwangs- behandlung im Betreuungsrecht – was ändert sich für Patienten und Ärzte?

Neuregelung der Zwangs- behandlung im Betreuungsrecht – was ändert sich für Patienten und

Ärzte?

Dr. Rolf Marschner

München 12. 3. 2013

Veranstalter: Netzwerk Psychiatrie München e. V.

www.netz-m.de

Page 2: Neuregelung der Zwangs- behandlung im Betreuungsrecht – was ändert sich für Patienten und Ärzte?

Rechtliche Grundlagen psychiatrischer Behandlung

• Einwilligung und Aufklärung• Einwilligungsfähigkeit• Stellvertretende Einwilligung durch den

rechtlichen Betreuer• Zwangsbehandlung nach Betreuungsrecht• Zwangsbehandlung nach BayUnterbrG• Patientenverfügung

2Marschner: Zwangsbehandlung

Page 3: Neuregelung der Zwangs- behandlung im Betreuungsrecht – was ändert sich für Patienten und Ärzte?

BVerfG vom 23.3. und 12.10.2011 (R&P 2011, 268 und 2012, 31)

•Zwangsbehandlung ist besonders schwerer Grundrechtseingriff•Zwangsbehandlung zum Erreichen des Vollzugsziels nicht ausgeschlossen•Rechtfertigung nicht zum Schutz Dritter, sondern nur zur Wiederherstellung der freien Willensbestimmung des Betroffenen•Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Freiheit zur Krankheit, Folgenabwägung, genügend Zeit und kein Druck)•Keine unverhältnismäßigen Belastungen•Verfahrensrechtliche Absicherungen•Bestimmtheitsgrundsatz

3Marschner: Zwangsbehandlung

Page 4: Neuregelung der Zwangs- behandlung im Betreuungsrecht – was ändert sich für Patienten und Ärzte?

BVerfG vom 20. 2. 2013

• Verweis auf die Regeln der ärztlichen Kunst nicht ausreichend

• Keine Zwangsbehandlung nach Betreuungsrecht bei Unterbringung nach PsychKG/UG oder StGB

• Pflicht zur Dokumentation aller Zwangsbehandlungsmaßnahmen

• Geduldige Bemühung um eine vertrauensbasierte Zustimmung (ohne Druck und mit genügend Zeit)

• Alternative Hinnahme der geplanten Behandlung – Anwendung unmittelbaren Zwangs genügt nicht

• Ankündigung der Zwangsmaßnahme und Überprüfung durch einrichtungsunabhängige Instanz

4Marschner: Zwangsbehandlung

Page 5: Neuregelung der Zwangs- behandlung im Betreuungsrecht – was ändert sich für Patienten und Ärzte?

Rechtsprechung BGH: Zwangs- behandlung im Betreuungsrecht

• BGH v. 10. 1. 2000 (R&P 2001, 46): Keine Rechtsgrundlage für ambulante Zwangsbehandlung durch den Betreuer

• BGH v. 1. 2. 2006 (R&P 2006, 141): Zwangsbehandlung während einer Unterbringung durch den Betreuer nach § 1906 Abs.1 Nr.2 BGB ausnahmsweise zulässig

• BGH v. 23. 1. 2008 (R&P 2008, 123): Keine Zwangsbehandlung durch den Betreuer in offener Einrichtung

• BGH v. 22. 9. 2010 (R&P 2011, 28): Kein Vorratsbeschluss zur Zwangsbehandlung

• BGH v. 20. 6. 2012 (R&P 2012, 168): Keine Rechtsgrundlage für Zwangsbehandlung im Betreuungsrecht

5Marschner: Zwangsbehandlung

Page 6: Neuregelung der Zwangs- behandlung im Betreuungsrecht – was ändert sich für Patienten und Ärzte?

Gesetzgebungsverfahren

• Formulierungshilfe des BMJ

• Gesetzentwurf CDU/CSU – FDP vom 19. 11. 2012

• Anhörung Rechtsausschuss 10. 12 2012

• Beschluss des Bundestages 17. 1. 2013

• Beschluss des Bundesrats 1. 2. 2013

• Inkrafttreten 26. 2. 2013

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Page 7: Neuregelung der Zwangs- behandlung im Betreuungsrecht – was ändert sich für Patienten und Ärzte?

Zwangsbehandlung nach BGB

§ 1906 Abs. 3 BGB (neu):• Zwangsbehandlung nur im Rahmen der Unterbringung

nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB• Krankheitsbedingte Aufhebung der

Entscheidungsfähigkeit• Vergeblicher Versuch, Zustimmung zu erreichen• Abwendung eines drohenden erheblichen

gesundheitlichen Schadens• Zumutbarkeit und Alternativen• Nutzen-Risiko-Abwägung• § 1846 BGB nur anwendbar, wenn Betreuer verhindert

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Page 8: Neuregelung der Zwangs- behandlung im Betreuungsrecht – was ändert sich für Patienten und Ärzte?

Verfahren bei der Zwangsbehandlung (FamFG)

• Entscheidung des Betreuers• Zwangsbehandlung als Unterbringungsmaßnahme• Vorherige gerichtliche Entscheidung• Bestellung eines Verfahrenspflegers• Persönliche Anhörung des Betroffenen• Sachverständiger soll nicht der zwangsbehandelnde Arzt

sein (nach 12 Wochen auch einrichtungsunabhängig) • Beschluss enthält Angaben zur Durchführung und

Dokumentation• Dauer: höchstens 6 Wochen, es sei denn Verlängerung• Rechtsmittel des Betroffenen

8Marschner: Zwangsbehandlung

Page 9: Neuregelung der Zwangs- behandlung im Betreuungsrecht – was ändert sich für Patienten und Ärzte?

Verfahren der einstweiligen Anordnung

• Entscheidung des Betreuers• Dringende Gründe für das Vorliegen der

Genehmigungsvoraussetzungen• Dringendes Bedürfnis für sofortiges Tätigwerden• Ärztliches Zeugnis durch Arzt der Psychiatrie

oder Arzt mit Erfahrungen auf dem Gebiet der Psychiatrie

• Bestellung eines Verfahrenspflegers• Persönliche Anhörung des Betroffenen• Dauer: 2 Wochen/6 Wochen

9Marschner: Zwangsbehandlung

Page 10: Neuregelung der Zwangs- behandlung im Betreuungsrecht – was ändert sich für Patienten und Ärzte?

Aufgaben des Arztes bei der Zwangsbehandlung

• Vorliegen einer ärztlichen Indikation bezüglich Behandlung und Anwendung von Zwang

• Aufklärung des Betroffenen• Versuch, Zustimmung zu erreichen• Folgenabwägung, Nutzen-Risiko-Abwägung• Entscheidung des Betreuers und

Betreuungsgerichts herbeiführen• Dokumentation

10Marschner: Zwangsbehandlung

Page 11: Neuregelung der Zwangs- behandlung im Betreuungsrecht – was ändert sich für Patienten und Ärzte?

Aufgaben des Betreuers bei der Zwangsbehandlung

• Besprechung mit dem Betroffenen• Entscheidung für Zwangsbehandlung:

Begründeter Antrag an das Betreuungsgericht

• Begleitung im Verfahren• Erneute Entscheidung nach Genehmigung

des Betreuungsgerichts• Begleitung nach der Zwangsbehandlung

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Page 12: Neuregelung der Zwangs- behandlung im Betreuungsrecht – was ändert sich für Patienten und Ärzte?

Zwangsbehandlung nach BayUnterbrG (auch MRV)

• Art. 13 Abs. 2: Duldungspflicht bei unaufschieb- baren ärztlichen Behandlungsmaßnahmen, soweit sie sich auf die psychische Erkrankung beziehen oder zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig sind

• Art. 13 Abs. 3: Gefährliche Behandlungs- maßnahmen nur mit Einwilligung des Betroffenen oder seines gesetzlichen Vertreters

• Regelungen offensichtlich verfassungswidrig

12Marschner: Zwangsbehandlung

Page 13: Neuregelung der Zwangs- behandlung im Betreuungsrecht – was ändert sich für Patienten und Ärzte?

Gestaltungsmöglichkeiten durch Patientenverfügung (§ 1901a BGB)

• Anwendungsbereich: alle Krankheiten• Einwilligungsfähigkeit• Einwilligung/Untersagung betreffend zukünftige

bestimmte Behandlungen• Einwilligungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Behandlung• Übereinstimmung von Patientenverfügung und aktueller

Behandlungssituation• Schriftform (nicht im Fall des § 1901a Abs. 2 BGB)• Nicht: Ärztliche Beratung• Folgen: Verbindlichkeit für Betreuer und Ärzte• Problem: Widerruf

13Marschner: Zwangsbehandlung

Page 14: Neuregelung der Zwangs- behandlung im Betreuungsrecht – was ändert sich für Patienten und Ärzte?

Praktische Folgen für die Betroffenen und die Behandelnden

• Ende der Zwangspsychiatrie?

• Verwahrung statt Behandlung?

• Fixierung statt Behandlung?

• Bessere personelle und räumliche Ausstattung der Aufnahmestationen!

• Für eine Kultur der Behandlungsvereinbarung!

14Marschner: Zwangsbehandlung