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1 H. Utz Tübingen 1 "Neurobiologie des Lernens" Auswirkungen von Über- und Unterforderung auf das Gehirn Pädagogisch Therapeutische Einrichtung PTE Bietigheim 13. März 2014 H. Utz Tübingen 2 Themenübersicht Konsequenzen für die Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen in Erziehung und Bildung 1. Neurowissenschaftliche Grundlagen: Wechselwirkung zwischen hirnorganischen und psychischen Prozessen 2. Einfluss von Umwelterfahrungen auf die Entwicklung und Strukturierung des Gehirns 3. Die Auswirkungen von Überforderung und Unterforderung auf das menschliche Gehirn H. Utz Tübingen 3 Teil 1: Neurowissenschaftliche Grundlagen „Keine psychische Funktion kann ohne Tätigkeit des Gehirns ablaufen“ (Ohne Gehirn keine Psyche ) Basishypothese der Neuropsychologie H. Utz Tübingen Auswirkungen von hirnorganischen Prozessen auf psychische Prozesse Aphasie Verlust des Sprachverständnisses Agnosie Störung der Erkennung von Zeichen / Gesichtern Parkinson Störung des Bewegungsablaufs Hirnorganische Funktionen Psychische Funktionen Gestörte Hirnfunktionen u. ihre psychischen Auswirkungen 4 H. Utz Tübingen 5 Aufbau und Funktionsweise des menschlichen Gehirns Einige Fakten zum „Gehirn“ Materieform mit der komplexesten Organisation 120 Milliarden Neuronen Jedes Neuron bildet 1000 – 10 000 synaptische Verbindungen mit anderen Neuronen Großhirn (Kortex): 1 mm 3 Hirnmasse enthält 40 000 Nervenzellen und ca. 800 000 000 Synapsen Energieverbrauch: 20% bei 2% des Körpergewichts Entwicklungszeit des Frontalhirns dauert bis zum Alter von ca. 25 Jahren H. Utz Tübingen 6 Aufbau und Funktion der Nervenzelle (Neuron) Die Kommunikation erfolgt über eine elektro- chemische Signalübertragung

Neurobiologie des Lernens - schillerschule-bissingen.de · Entwicklungsfenster Auswirkungen von Reizentzug auf das Dendritenwachstum und auf die neuronale Vernetzung im Sehzentrum

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H. Utz Tübingen

1

"Neurobiologie des Lernens" Auswirkungen von Über- und Unterforderung

auf das Gehirn

Pädagogisch Therapeutische EinrichtungPTE Bietigheim13. März 2014

H. Utz Tübingen

2

Themenübersicht

Konsequenzen für die Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen in Erziehung und Bildung

1. Neurowissenschaftliche Grundlagen: Wechselwirkung zwischen hirnorganischen und psychischen Prozessen

2. Einfluss von Umwelterfahrungen auf die Entwicklung und Strukturierung des Gehirns

3. Die Auswirkungen von Überforderung und Unterforderung auf das menschliche Gehirn

H. Utz Tübingen

3

Teil 1: Neurowissenschaftliche Grundlagen

„Keine psychische Funktion kann ohne

Tätigkeit des Gehirns ablaufen“

(″ Ohne Gehirn keine Psyche ″)

Basishypothese der Neuropsychologie

H. Utz Tübingen

Auswirkungen von hirnorganischen Prozessen auf psychische Prozesse

• Aphasie � Verlust des Sprachverständnisses

• Agnosie � Störung der Erkennung von Zeichen /Gesichtern

• Parkinson � Störung des Bewegungsablaufs

Hirnorganische Funktionen Psychische Funktionen

Gestörte Hirnfunktionen u. ihre psychischen Auswirkungen

4

H. Utz Tübingen

5

Aufbau und Funktionsweise des menschlichen Gehirns

Einige Fakten zum „Gehirn“

• Materieform mit der komplexesten Organisation

• 120 Milliarden Neuronen

• Jedes Neuron bildet 1000 – 10 000 synaptische Verbindungen mit anderen Neuronen

• Großhirn (Kortex): 1 mm3 Hirnmasse enthält 40 000 Nervenzellen und ca. 800 000 000 Synapsen

• Energieverbrauch: 20% bei 2% des Körpergewichts

• Entwicklungszeit des Frontalhirns dauert bis zum Alter von ca. 25 Jahren

H. Utz Tübingen

6

Aufbau und Funktion der Nervenzelle (Neuron)

Die Kommunikation erfolgt über eine elektro- chemische Signalübertragung

2

H. Utz Tübingen

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Chemische Signalübertragung an Synapsen

H. Utz Tübingen

Simultane Signalübertragung

8Ein neuronales Netzwerk ist aktiv !

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Teil 2: Einfluss von Umwelterfahrungen auf die Entwicklung des Gehirns

(1) Einfluss der Umwelterfahrung auf die Gehirnentwicklung nach der Geburt

(2) Großflächige Veränderungen des Gehirns durch Lernen � Neuroplastizität

Psychische Prozesse Umwelterfahrungen

Hirnorganische Funktionen

H. Utz Tübingen

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Einfluss der Umwelterfahrung auf das Dendritenwachstum

Zunahme der dendritischen Verzweigungen (Dendritenbäume) und Anzahl der Synapsen

Entwicklungsgesetz: „Wenn das Gehirn benutzt wird, wird weiteres dendritisches

Wachstum angeregt.“

Einfluss der Umwelterfahrung auf die Gehirnentwicklung nach der Geburt

GenetischeGrundverschal-

tung des Gehirns

Strukturder erlebten

Umwelt

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Aufbau von dendritischen Verzweigungen im Kortex vom 3. bis 24. Lebensmonat

3 Monate 15 Monate 24 Monate

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Sensible Phasen des Dendritenwachstums: Entwicklungsfenster

Auswirkungen von Reizentzug auf das Dendritenwachstum und auf die neuronale Vernetzung im Sehzentrum

Nach 3 Monaten in „Dunkelhaft“

Nach 3 Monaten ohne „Dunkelhaft“

1. Sehen - visuelle Wahrnehmung

Experiment mit Katzenbabys

1. Schielkinder

2. Entwicklungsfenster für die Formwahrnehmung bis zum 6. Lebensjahr

3

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2. Vorsprachliche Entwicklung der Sprache:

• Lautdifferenzierung R und L

• Babysprache fördert die Speicherung von gehörtem und produziertem Sprachlaut über das Dendritenwachstum

Sensible Phasen des Dendritenwachstums: Entwicklungsfenster

Allgemeines Gesetz in der Hirnentwicklung: Nicht benötigtes Gehirngewebe wird abgebaut.

<Use it or loose it!>

Taubheit / Hörbehinderung/ mangelnde sprachliche Anregung nach der Geburt

Sprachstörungen im 2. Lebensjahr

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Lernen auf der neurophysiologischen Ebene: Lernende Synapsen

(1) Steigerung der Übertragungsstärke nach der Hebb`schen Regel:

(2) Vergrößerung der Kontaktflächen der Synapsen durch Lernen

Sind miteinander verbundene Neuronen gleichzeitig aktiv, wächst

ihre Verbindungsstärke

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Lernende Synapsen:Vergrößerung der Kontaktflächen

Gemeinsame Koaktivierung von Neuronen lässt neue Kontaktstellen auswachsen: „Doppelt genäht,!!..!“

H. Utz Tübingen

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Neurochemische und neuroanatomische Veränderungen durch Lernen

Wie

de

rho

lte

Erf

ah

run

g

Ausnahme!!

Einmalige Erfahrung + extreme Emotion

(Autounfall)

Verstärkung der Synapsen

Sekunden/ Minuten Minuten / Stunden

Ausbildung neuer Synapsen

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Lernen – Vergessen – Wiederlernenund Grad der synaptischen Verbindung

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H. Utz Tübingen

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Optimierung der neuronalen Netzwerke in der Gehirnentwicklung durch Erfahrung und Lernen

(1)Verstärkung häufig genutzter neuronaler Verbindungen

(2)Elimination überflüssiger schwacher neuronaler Verbindungen

(3) Je vielfältiger die Anregungen, desto komplexer die Strukturen

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H. Utz Tübingen

19© H. Utz, 2012

Motorischer u. sensorischer Humunculus

Kortikale Repräsentation der

Körperzonen nach ihrer Bedeutung

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Berufsmusiker: die „Lieblinge“ der NeurowissenschaftenMusikalisches Dauertraining � Auswirkungen

• Pianisten � Vergrößerung der kortikalen Repräsentanz der Hände um 30 %

• Konzertgeiger �Vergrößerung der kortikalen Repräsentanz der linken Hand um 30 %

• Berufstrompeter �Steigerung der Differenzierungs-fähigkeit für Trompetentöne, nicht aber für Geigentöne

Resümee : ���� Durch intensives musikalisches Dauertraining verändern sich Hirnregionen spezifisch nur für die jeweiligen Instrumente und musikalischen Erfordernisse.

H. Utz Tübingen

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Umwelterfahrung und Lernen: � Angst

Häufige, langandauernde angsterregende Erfahrungen

Verstärkung und Stabilisierung der Angst

Verstärkung der neuronalen Angstschaltkreise (Amygdala u. Kortexfelder) über den Prozess der

Furchtkonditionierung

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Relevanz für die Gestaltung von Beratungsprozessen

Von der "Problemfokussierung"

Zur "Lösungsfokussierung"

Die Entwicklung neuer Gedanken, Verhaltensweisen und Emotionen auf ein wichtiges persönliches Zielbezogen � ermöglicht neue neuronale Erregungsmuster

Problemorientierte Gespräche verstärken die damit einher-gehenden neuronalen Erreg-ungsmuster.

Fixierung der

"Problemtrance"

Aktivierung lösungsorientierter

Suchprozesse

H. Utz Tübingen

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Exkurs: Experiment im "Selbstversuch"

Was ist das?

H. Utz Tübingen

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Experiment im "Selbstversuch" Auflösung

5

H. Utz Tübingen

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Konsequenzen für die Gestaltung von Lehr-und Lernprozessen

(1) Gestaltung einer anregenden LernumgebungFunktionen von außen ansprechen und Aufgaben setzen, ist die entscheidende Zugriffsweise.

(2) Gestaltung entwicklungsangemessener Lebensbereiche vs. „Weiterbringpädagogik“ und Förderehrgeiz

Reizüberflutung (FrühkindlicheEntwicklung)

Hypertrophe Dendritenbäume

� Übererregbarkeit des Gehirns

� Zustandsbild der Unruhe / Hyperaktivität

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Früh übt sichU.?

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Konsequenzen für die Gestaltung von Lehr-und Lernprozessen

(3) Bereichsspezifität von Erfahrungsbildung und LernenWenn sich reale Erfahrungen in spezifischen neuronalen Schaltkreisenund Strukturen niederschlagen, dann müssen spezifische Erfahrungsmöglichkeiten in Lehr- und Lernsituationen arrangiert

werden.

� Jonglieren lernt man durch Jonglieren

� Devise bei LRS: Rechtschreiben lernt man durch Rechtschreiben

Einüben = Ausüben der spezifischen Fertigkeit ���� "Selbermachen"

H. Utz Tübingen

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Konsequenzen für die Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen

(4) Beachtung der Intensität und Langfristigkeit von Erfahrungsbildung und LernenNachhaltige Veränderungen im Gehirn entstehen erst als Ergebnis

���� sehr intensiver, lang anhaltender Einwirkungen

� einer hohen Anzahl von Wiederholungen

(5) Konstanthaltung der Lehr- und Lernbedingungen zur Unterstützung der Automatisierung gegen "Edutainment"

� auf eine spezifische Aufgabe (Reiz) wird immer die gleiche Verhaltensantwort gegeben

Grundlage für effektives Lernen Nachhaltige Abspeicherung der Lerninhalte

H. Utz Tübingen

Wie kommt das Wissen in den Kopf?

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Schach

Erwerb von Fertigkeiten durch Übung

Tausende Konfigurationen

Zeitintensives Üben

6 Jahre, täglich 5 Stunden

Lesenlernen

Langzeitgedächtnis

Zeitintensives Üben Langzeitgedächtnis

Tausende Wörter

Resultat

Ein Blick

genügt

„Übung macht den Meister !“

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Demonstration

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unmöglich !

......oder?

Anweisung

Betrachten Sie doch einmal das Wort, das gleich im Zentrum dieser Folie erscheint. Aber - bitteschön - ohne es zu lesen:

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H. Utz Tübingen

Lesekompetenz versierter Leser

D1353 M1TT31LUNG Z31GT D1R, ZU W3LCH3N GRO554RT1G3N L315TUNG3N UN53R G3H1RN F43H1G 15T! 4M 4NF4NG W4R 35 51CH3R NOCH 5CHW3R, D45 ZU L353N, 483R M1TTL3W31L3 K4NN5T DU D45 W4HR5CH31NL1ICH 5CHON G4NZ GUT L353N, OHN3 D455 35 D1CH W1RKL1CH 4N5TR3NGT. D45 L315T3T D31N G3H1RN M1T 531N3R 3NORM3N L3RNF43HIGKEIT. 8331NDRUCK3ND, OD3R? DU D4RF5T D45 G3RN3 KOP13R3N, W3NN DU 4UCH 4ND3R3 D4M1T 83G315T3RN W1LL5T.

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H. Utz Tübingen

Die Bezeichnung „Hausaufgaben“

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ist ideologisch vorbelastet!!

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Individuelles Training

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Trainingsplan

Trainingsplan nach Regeln der Kunst

Was ist das Trainingsziel?

Wo stehst du?

H. Utz Tübingen

Folgen langfristiger und intensiver Übung

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Übung macht den Meister!Felix KLIESER

H. Utz Tübingen

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Experiment: "Zweiter Versuch"

Was ist das?

H. Utz Tübingen

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"Implizites Lernen": Eine machtvolle Form der Erfahrungsbildung im Gehirn

Implizites Lernen Unbewusst-unwillkürliches Lernen

Explizites Lernen Bewusst-willkürliches Lernen

• Frühkindlicher Spracherwerb

• Erwerb von Sozialverhalten über Vorbilder

• Schnürsenkel binden

• Fremdspracherwerb Schule

• Prozentrechnen

• Auswendiglernen der "Zehn Gebote"Das bei weitem Meiste wird

implizit gelernt

7

H. Utz Tübingen

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Beeinflussung des Gehirns durch Überforderung – Überlastung

Übersicht

• „Experimentellen Neurose“ und Dauerstress

• Auswirkungen von Dauerstress auf die Neurochemie des Gehirns

• Auswirkungen von Dauerstress auf die Struktur des Hippocampus (�„Ort“ der Gedächtnissteuerung)

H. Utz Tübingen

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Paradigma der „Experimentellen Neurose“

Tierexperiment: Unterscheidung von „Kreistürchen“ und „Ellipsentürchen“

1. Vortraining

2. Experimentalphase

Futter Elektrischer Strafreiz

Annäherung Vermeidung

Futter?Strafe?

Annäherung? � Vermeidung?

Steigerung der Aktivierung

„Oft

“,

„I

ntens

iv“

„Experimentelle Neurose“Unberechenbares, übererregtes, aggressives

Verhalten � neurotischer Tiefschlaf

H. Utz Tübingen

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Auswirkungen von Dauerstress auf die Neurochemie des Gehirns

Ebene des GehirnsNicht umkehrbare Veränderung der

Neurochemie

• Erhöhte Adrenalin- und Cortisol-ausschüttung.

• Ungleichgewicht von Erregungs-und Dämpfungsprozessen

Ebene des Verhaltens

• Dauerhafte Übererregbarkeit

• Wechsel von Übererregbarkeit und „neurotischem Tiefschlaf“

• Unberechenbar aggressiv

Situative Bedingungen von Dauerstress

(1)Entscheidungsunfähigkeit + Entscheidungszwang

(2) Lang anhaltende Dauer und Intensität

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Beeinflussung des Gehirns durch Überforderung Dauerstress im (pädagogischen) Alltag

(1) Reizüberflutung von Kleinkindern als Stress

• Überforderung von entwicklungsgefährdeten Kindern in der Großgruppe des Kindergartens � Sozialer Stress

(2) Schulversagen als Dauerstress

• Erzwungener Misserfolg � Sozialer Stress

(3) Mobbing

(4) Kindesmisshandlung • Vernachlässigung• Körperlich – seelische Misshandlung

H. Utz Tübingen

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Auswirkungen von Dauerstress auf das Gedächtnis (1)

Chronischer Stress führt zur Verkleinerung des Hippocampus � Organ der Gedächtnissteuerung

� Kriegsveteranen: Zusammenhang zwischen Dauer der Fronterfahrung und der Verkleinerung des Hippocampus

� Depression, Borderline , Posttraumatische Belastungsstörung und Dauerstress:� Verkleinerung des Hippocampus bis zu 20%

H. Utz Tübingen

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Auswirkungen von Dauerstress auf den Hippocampus

DauerstressSeelische Belastungen

Abschaltung des Gens für Synapsenwachstum

Gedächtnisstörungen

Erhöhte Ausschüttung des Stresshormons

Cortisol

Zerstörung von Nervenzellen

Substanzminderungdes Hippocampus

Hemmung des Nervenwachstums

8

H. Utz Tübingen

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Teufelskreis "Leistungsversagen"Auswirkungen von Dauerstress auf die

Gedächtnissteuerung

Dauerstress

Schädigung des Hippocampus

Schwächung der Abspeicherung und des Abrufs von Lerninhalten

Chronisches Leistungsversagen

(Überforderung)

H. Utz Tübingen

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Konsequenzen für die (Schul)PädagogikBeratung von pädagogischen Fachkräften

und von Eltern

(1) Aufklärung� Dauerstress

• kann das Gehirn irreversibel schädigen

• ist eine zentrale Bedingung für die Entwicklung und Aufrechterhaltung von „Verhaltensstörungen“ sowie von Lern- und Leistungsstörungen

(1) Aufklärung� Dauerstress

• kann das Gehirn irreversibel schädigen

• ist eine zentrale Bedingung für die Entwicklung und Aufrechterhaltung von „Verhaltensstörungen“ sowie von Lern- und Leistungsstörungen

(2) Intervention mit höchster Priorität: � Abbau von Dauerstress und Stressprävention ab der Geburt� Pflege und Erweiterung der Stärken zur Unterstützung der Selbstwirksamkeit

H. Utz Tübingen

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Beeinflussung des Gehirns durch Unterforderung

Exkurs: Belohnungs- Bestrafungs- System (1) Entdeckung des Belohnungszentrums (Olds & Milner 1954)

� Elektrische Reizung der Belohnungszentren bei Ratten führt zu

„Lustempfinden“ und Suchtverhalten.

(2) Neurochemische Grundlagen des Belohnungssystems� Körpereigene Morphine: Endorphine, Enkephaline

(3) Belohnungswirkungen• Erfolgreiche Bewältigung schwieriger Aufgaben, Aha-Erlebnisse

• Betrachten von Cartoons, Wirkung der Pointe eines Witzes

• Ästhetische Erfahrungen in Musik und Kunst

• Einnahme von Drogen

H. Utz Tübingen

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Belohnungs-Bestrafungs-System und die Bedeutung selbstbewirkten Erfolgs

Hoch

Niedrig

Hoch

Niedrig

Belohnungssystemu. a. Nucleus accumbens

Dopamin- u. Endorphinausschüttung

Bestrafungssystem

Amygdala

Aufgabenbearb. Anstrengung

Bewältigung Erfolg

Freude („Flow“) " Unlust", Furcht, Schmerz

Belohnungsgedächtnis Bestrafungsgedächtnis

H. Utz Tübingen

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Auswirkungen von Unterforderung

Vereitelung von selbstbewirkten Erfolgen

„Waagebalkenspiel“ von Anstrengung und Erfolg bleibt unterentwickelt

Ersatzaktivitäten• Sensation seeking• Aufsuchen von Risiken „Just for fun“

-Risikospiele ,-sport-Gesetzesübertretungen

• Sucht: Drogengefährdung, Spielsucht

Langeweile Kernpunkt von „Verhaltensstörungen“

VerwöhnendeErziehung

• Vermeiden vonForderungen

• Verwöhnung • Schonung

H. Utz Tübingen

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Konsequenzen für die Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen

(1) Aufklärung

• Ohne Forderung keine Unterstützung der Selbstwirksamkeit

• Verwöhnende Erziehung im Kindesalter kann

� den strukturellen Aufbau des Gehirns

� die neurochemischen Balancesysteme im Belohnungssystem

unwiderruflich schädigen.

(2) Maßnahmen: Individualisierung und Differenzierung

Gestaltung von „passgenauen“ Herausforderungen im Alltagsleben und im Bereich der schulischen/ beruflichen Bildung zur Vermeidung von

� Unterforderung : Vereitelung von selbstbewirktem Erfolg

� Überforderung : Misserfolg als Bestrafung und Dauerstress

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H. Utz Tübingen

Eine unmögliche Aufgabe: „Verschiedene Köpfe Gleiches zu lehren“

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Kinder gerecht behandeln heißt, sie ungleich behandeln

Lesekompetenz zwischen Kinder-garten- und 2. Klasse - Niveau

Übereinstimmung zwischen Anforderung und Kompetenz

H. Utz Tübingen

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Schule der Tiere