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Where am I going? How am I going? Where to next? MIT DEN AUGEN DER LERNENDEN Erfolgreich lernen – was wirklich wirkt INVESTITIONEN IN FORTBILDUNG SIND INVESTITIONEN IN DIE ZUKUNFT Interview mit Prof. Dr. Lipowsky NR.13 JUN/2011

NR.13 JUN/2011 · 2017-11-17 · ihm, alle Studien heranzuziehen, die ... Lehren und Lernen als methode der Texterschließung, variantenreiches, motivationsförderndes Feedback an

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Mit den Augen der Lernendenerfolgreich lernen – was wirklich wirkt

investitionen in FortbiLdung sind investitionen in die ZukunFtinterview mit Prof. dr. Lipowsky

NR.13 JUN/2011

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Liebe Leserinnen und Leser,

da steht es also auf rund 400 Seiten, schwarz auf weiß, durch über 50.000 Studien belegt und bewiesen: Die Bedeutung der Lehrkraft für den Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern ist immens. Ihre Einstellungen, Haltungen und konkreten unterrichtlichen Verhaltensweisen sind wirksamste Einfluss-faktoren für erfolgreiche Lernprozesse. Und: Lehrerbildung wirkt, wenn sie bestimmte „Konstruktions-merkmale“ erfüllt.

Das klingt zunächst wie eine Binsenweisheit. Aber was folgt daraus? Dass Lehrkräfte eine gute Hand-voll beeinflussbarer, hochwirksamer Lehr-Lern-Komponenten – wie etwa Feedback, aktivierende Lernstrategien, evaluative Ausrichtung – beherrschen müssen. Dass das Beherrschen dieser „Tools“ allerdings sehr hohe Ansprüche an die Lehrperson stellt, was für die Notwendigkeit gründlicher Leh-rerausbildung spricht (S.12). Dass folglich auch die fachspezifische Lehrerfortbildung einen erhebli-chen Beitrag für gelingenden Unterricht liefert (S.6). Und dass derart aus- und fortgebildete Lehrper-sonen Basis und Fundament für den Lernerfolg von Schülerinnen und Schüler sind, und Investitionen in die Fortbildung Investitionen in die Zukunft sind (S.14).

Die Botschaft ist also klar: Bildet Lehrkräfte aus, die die Lehr- und Lernprozesse sichtbar machen (S.9), sichert hochwertige Lehrerbildung und gewährleistet anspruchvolle Fortbildung, die die Fundamente guten Unterrichts zum Inhalt haben. Und nutzt dabei Anbieter die über die notwendigen strukturellen, fachlichen Voraussetzungen und Kenntnisse verfügen, damit die Erkenntnisse der Lehr-Lernforschung auch ihren Weg in die schulische Praxis finden!

Wenn Schule auf einen Fundus solcher Lehrkräfte zurückgreifen kann, dann wird ein bildungspolitisches Topthema wie die Selbstständige Schule beinahe zum Selbstläufer, dann werden Risikogruppen schwacher Leser der Vergangenheit angehören, dann werden viele aktuell bestehenden Hemmnisse inhaltlich gelöst werden, und vielleicht entwirrt sich dann auch manch verworrene Strukturdebatte ...

Auf die Lehrkraft kommt es an! Lesen Sie selbst, mit Ihren Augen und den Augen der Lernenden.

Frank sauerland sabine stahlAmtsleiter Chefredakteurin

editoriAL

Frank sauerland / Amtsleiter sabine stahl / Chefredakteurin

und sie wirkt doch… EFFEKTE PRoFESSIoNELLER LEHRERBILDUNg KommEN BEI DEN LERNENDEN AN

2 biLdung BEWEGT NR.13 JUN/2011

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editoriAL

und sie wirkt doch… ............................................................ 2Effekte professioneller Lehrerbildung kommen bei den Lernenden an

LeitArtikeL

Mit den Augen der Lernenden ........................................... 4Erfolgreich lernen – was wirklich wirkt

nAchgeFrAgt

investitionen in Fortbildung sind investitionen in die Zukunft ....................................... 10Interview mit dem Kasseler Erziehungs- wissenschaftler Prof. Dr. Lipowsky

biLdung iM bLick

Antworten aus dem geist der Freiheit ............................ 15Von der Praxis für die Praxis, eine Fachtagung im Zeichen der Selbstständigen Schule

wie Lesekompetenzen Jugendlicher wirksam verbessert werden können ............................... 18Ergebnisse der europäischen Studie ADoRE

next generation ................................................................. 20Klassenzimmer verwandeln sich in multimediale Lernzentren

Fortbildungsplanung am Amt für Lehrerbildung – .............................................. 22Koordination und Steuerung

erForscht und entwickeLt

visible Learning .................................................................. 25Betrachtungen zur Publikation von John Hattie

PinboArd 28

Adressen & AnsPrechPArtner 31iMPressuM

inhALt

Amt für Lehrerbildung

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25 visibLe LeArning – betrachtungen zur Publikation von John hattie

10 investitionen in FortbiLdung sind investitionen in die ZukunFt

interview mit Prof. dr. Lipowsky

4 Mit den Augen der Lernenden erfolgreich lernen –

was wirklich wirkt

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LeitArtikeL

hattie präsentiert eine Studie, an der er über ein Jahrzehnt gearbeitet hat. Herausgekom-

men ist eine gesamtschau über 138 Einflussfaktoren zum Lernerfolg. Die Frage, was denn nun wirkt in der Schu-le, warum Kinder besser oder weniger gut lernen, ist damit sicher nicht end-gültig beantwortet. Es ist aber denoch dringend zu empfehlen, sich einge-hender mit den Ergebnissen dieser Forschungsarbeit zu befassen, bietet sie doch in ihrer Breite einen einmali-gen Erkenntnisstand.

studie mit größter datenbasisHatties Studie ist eine „meta-Studie“, genauer gesagt wertet er rund 800 internationale „meta-Studien“ aus, die sich wiederum auf ca. 50.000 Studien

beziehen. Durch ein eigens dafür ent-wickeltes Forschungsdesign gelingt es ihm, alle Studien heranzuziehen, die bislang in englischer Sprache über Ein-flussfaktoren zum Lernerfolg vorlagen. Umso erstaunlicher ist, dass der For-scher auf diesem hohen Abstraktions-niveau seinen konkreten Forschungs-gegenstand niemals aus den Augen verliert. Doch abgesehen von der gro-

ßen Datenmenge, woran liegt es, dass Hattie in den Bildungsinstitutionen auf wachsendes Interesse stößt?

Das beginnt schon bei der enor-men Zahl von 138 Einflussfaktoren für den Lernerfolg, die Hattie entlang der Leitfrage prüft: What works best? Er identifiziert jene Faktoren, deren „Wir-kung“ für den Lernerfolg am stärksten sind, um sie von denen zu unterschei-

Kennen Sie John Hattie? Nein? Dann haben Sie nun die Gelegenheit, den neusee-ländischen Bildungsforscher etwas näher kennen zu lernen. Er ist mit seiner Arbeit zunehmend präsenter in der Fachwelt der Schul- und Unterrichtsentwicklung, und seine Erkenntnisse könnten dazu beitragen, den Unterricht und die Aus- und Fort-bildung nachhaltig zu verändern. „Visible Learning“ nennt sich Hatties Werk aus dem Jahr 2009, das heute schon als Meilenstein der empirischen Bildungsforschung gilt.

Mit den Augen der Lernendenerfolgreich lernen – was wirklich wirkt

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LeitArtikeL

den, die nur einen geringen Effekt ausüben. In der daraus abgeleiteten Werteskala belegen Variablen, die sich auf den Unterricht und das Lehrerver-halten beziehen, die vorderen Positi-onen. Und das sind Einflussfaktoren wie klares Lehrerverhalten, reziprokes Lehren und Lernen als methode der Texterschließung, variantenreiches, motivationsförderndes Feedback an die Lernenden und – noch wirkmäch-tiger, so Hattie – als Rückmeldung der Lernenden an die Adresse der Lehren-den1 die gedankliche Auseinanderset-zung der Schülerinnen und Schüler mit dem eigenen Lernen durch metakog-nitive Verfahren sowie Lehrer-Schüler- Interaktionen.

Damit werden viele Praxiselemen-te des Amtes für Lehrerbildung in Aus- und Fortbildung gestützt, denn die hier skizzierten Ansätze zur För-derung des Lernerfolgs gehören seit Jahren zum inhaltlichen Repertoire der Aktivitäten des Amtes.

Am Ende der „Hattie-Rangskala“ befinden sich überwiegend struktur-bezogene Einflussfaktoren wie etwa Klassengröße oder -wiederholung. Auch merkmale in Zusammenhang mit einer klassen-, schultyp- oder schulformbezogenen Eingruppierung der Schülerinnen und Schüler nach ethnischer Zugehörigkeit, Religion, geschlecht oder Leistungsfähigkeit, sind nicht sonderlich „wirkungsvoll“ und finden sich in den unteren Rän-gen der Werteskala wieder.

so viel einfluss hat die Lehrkraft In einer kürzlich veröffentlichten Allens-bach Umfrage äußerten sich Lehrerin-nen und Lehrer äußerst selbstkritisch über die eigene Rolle und Funktion. 48 Prozent der Lehrkräfte vermuteten, sie hätten nur wenig oder keinen Einfluss auf die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler. Nur acht Prozent glaubten demnach, dass ihre Arbeit für die Ju-gendlichen relevant sein könnte. John Hatties Forschungen stützen diesen „professionellen Pessimismus“ nicht. Im gegenteil bietet die Studie eine empiri-sche Bestätigung der herausragenden Bedeutung, die die Lehrperson für den Lernerfolg der Kinder hat. Die Formel „auf den Lehrer bzw. auf die Lehrerin kommt es an“ scheint demnach kein bloßes Wunschdenken zu sein.

Hattie schätzt den Anteil, den Lehr-kräfte neben anderen bedeutsamen Einflussfaktoren wie „Peergroup“ oder soziale milieus am Lernerfolg der Schü-lerinnen und Schüler erreichen, auf ca. 30 – 32 Prozent. Nach Expertenmeinung ist dies ein ermutigend hoher Wert.

unterricht mit den Augen der Lernenden sehenAngesichts der besonderen Wirksam-keit personaler und unterrichtsbezo-gener Einflussgrößen empfiehlt der neuseeländische Forscher zwei grund-haltungen, die er als entscheidend für den Unterrichtserfolg ansieht. Die erste lautet, die Unterrichtsgestaltung mit den Augen der Lernenden zu sehen: „If the teacher’s lens can be changed to seeing learning through the eyes of students, this would be an excellent beginning.“

Als Zweites verweist er auf den zentralen Stellenwert der evaluativen Ausrichtung beim Lehren und Lernen: Wo stehen die einzelnen Lernenden? Was könnte der nächste Lernschritt sein? Durch solche Fragen richtet sich alle Aufmerksamkeit auf Informatio-nen, die den Lernstand, Lernperspek-tiven, Lernprozesse und Lernerfolge der Schülerinnen und Schüler „sicht-bar“ machen. Nicht umsonst trägt die Studie den Titel: Visible Learning.

Die für den Lernerfolg bedeuten-den Faktoren beziehen sich nicht nur auf die Rolle der Lehrperson, sondern auch auf die Lernenden selbst. Die mo-tivation, die persönliche Wahrnehmung des Unterrichts und der Lehrkraft, aktive Lernarbeit und individuelle Lernstrate-gien spielen eine wichtige Rolle für den Lernfortschritt der Schülerinnen und Schüler. Hattie vervollständigt seine Sicht auf den schulischen mikrokosmos

des Lernens konsequent, wenn er sei-ner ersten Anregung „teachers see lear-ning through the eyes of the student“ die Forderung folgen lässt: „Students see themselves as their own teacher.“

Wie aber kann ein solcher Wechsel zwischen der Perspektive des Lehrens und des Lernens im Unterricht ausse-hen? Was bedeutet es, die Rolle des „teacher as evaluator“ wahrzunehmen und über Lehrstrategien zu reflektie-ren? Ein Blick auf die Ausbildungsar-beit hessischer Studienseminare hilft hier weiter. So schildert eine Lehrkraft im Vorbereitungsdienst in einem Erfah-rungsbericht sehr authentisch Nutzen und Erkenntniswert vom Einsatz evalu-ativer Instrumente:

„Die Selbstdiagnosebögen haben (…) wertvolle Arbeit geleistet, da durch

sie (…) eine transparente Zielbeschrei-bung realisiert werden konnte. Sie ha-ben nach Abschluss einer langen Un-terrichtseinheit sowohl mir als auch der Lerngruppe einen detaillierten Über-blick darüber verschafft, was bisher (…) gelehrt wurde. Die Schülerinnen und Schüler sahen sich durch die Bearbei-tung dazu in die Lage versetzt, ihren Lernstand und somit ihre Stärken und Schwächen kennenzulernen, während ich als Lehrkraft einen Eindruck davon gewonnen habe, was die Klasse kon-kret gelernt hat. Dabei musste ich mir zwangsweise die Frage stellen, warum in einigen Bereichen eine Diskrepanz zwischen gelehrtem und gelerntem aufgetreten ist. Was uns automatisch auf die metaebene geführt hat, da auf grund der Erkenntnisse der Selbstdia-gnosebögen gespräche über Lernpro-zesse stattgefunden haben (...).

Dies (…) habe ich als Anlass genom-men, über meinen eigenen Unterricht zu reflektieren und mögliche Fehler-quellen ausfindig zu machen. gleich-zeitig konnte ich jedoch auch die Schü-lerinnen und Schüler dazu bringen, das eigene Lernen zu hinterfragen und zu bestimmen, was konkret getan werden muss, um bestimmte Kompetenzen doch noch zu erreichen. Langfristig soll diese Vorgehensweise jeden Einzelnen im Sinne der Selbstwirksamkeit dazu befähigen, eigene Lernprozesse effek-tiver zu gestalten. (…)

Bemerkenswert waren (…) die modifikationsvorschläge der Schüle-rinnen und Schüler für meinen Unter-richt, die sehr dabei geholfen haben, die Passungsphase zu planen.“ (Aus-zug aus einem Erfahrungsbericht ei-ner Lehrkraft im Vorbereitungsdienst, 7. Klasse, mit red. Änderungen)

Die Reflexionen der jungen Lehr-kraft stehen in Übereinstimmung mit Hatties empirischen Ergebnissen: Den Unterricht mit den Augen der Lernen-den zu sehen und Lernstand, -pers-pektiven, -prozesse und -erfolge der Schülerinnen und Schüler „sichtbar“ zu machen, sind wichtige Erfolgsfakto-ren für gelingenden Unterricht.

Die eingangs gestellte Frage, wa-rum Hattie eine wachsende Aufmerk-samkeit erfährt, kann somit vorläufig

Die Motivation, die persönliche Wahrnehmung des Unter-richts und der Lehrkraft, aktive Lernarbeit und individuelle Lernstrategien spielen eine wichtige Rolle für den Lernfort-schritt der Schülerinnen und Schüler.

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LeitArtikeL

beantwortet werden. Er fasziniert vor allem deswegen, weil er mit seiner Studie den Blick auf den eigentlichen Kern von Schule richtet, nämlich auf das Lernen und den Unterricht, auf die Beziehungen und das klassische Ver-hältnis zwischen Lehrendem und Ler-nendem. „What works best?“ ist daher nicht zufällig eine der Leitfragen in sei-nen Forschungsarbeiten. Sie führt zu Fragestellungen, die sich unmittelbar auf die schulische Praxis beziehen.

erfolgsgaranten für effektives LernenIn seiner gesamtsicht auf den Unter-richt identifiziert Hattie Faktoren wie „formative evaluation“, „teacher clarity“, „feedback“, „teaching strategies“ oder „classroom management“ als wirk-samste Lehr- und Lernstrategien auf der Seite der Lehrkräfte. Auf Schülerseite nennt er: „metacognitive strategies“, „self-verbalization, self-questioning“, „study skills (Lerntechniken)“, „recipro-cal teaching“.

Aber was folgt daraus? Was bedeu-ten diese Forschungsergebnisse für Praktiker aus Aus- und Fortbildung?

Sie zeigen beispielsweise auf, wie eng Lehren und Lernen miteinander verzahnt sind; wie sich am Beispiel „formative evaluation“ (Lehrerseite) und „self-verbalisation“, „metacog-nitive strategies“ sowie „reciprocal teaching and learning“ (Schülerseite) verdeutlichen lässt.

Formative Verfahren sind Impuls-geber eines schülerzentrierten, zyk-lisch ausgelegten Unterrichtsprozes-ses. Sie stehen, anders als summative Lernkontrollen wie etwa Abschlussprü-fungen, nicht am Ende eines Lernpro-zesses, sondern liefern fortlaufende Standortbestimmungen und geben damit orientierung im Lernprozess selbst. Die quantitativen und qualitati-ven Daten, die im Rahmen formativer Lernstandserhebungen von Lehrkräf-ten und Lernenden ermittelt werden, sind grundlage für Entscheidungen über nächste individuelle Lernschritte.

Unterrichtende, die sich daran ori-entieren, setzen konsequent auf Unter-stützung und Förderung der Lernenden. Sie stützen sich dabei auf vielfältige, un-terrichtsbegleitende Lernstandsbestim-mungen, die als momentaufnahmen den Lern- und Verstehensprozess wie-dergeben.

Typische Fragen aus der Sicht der Lernenden sind dabei: Wohin will ich mich entwickeln? („Where am I go-ing?“) Wie mache ich das? („How am I going?“) Was ist der nächste Lern-schritt? („Where to next?“) Ähnlich wir-ken auch Portfolios zu Lernprojekten

oder „lautes Denken“ beim Erlesen anspruchsvoller Texte.

Unterrichtende gewinnen mit die-sen Verfahren wertvolle Einblicke in die individuelle Kompetenzentwick-lung der Lernenden. Aus einer sol-chen diagnostischen Routine heraus ist es ihnen möglich, Lernziele und un-terrichtsmethodische Entscheidungen immer wieder auf die Lernbedürfnisse und Fähigkeiten der einzelnen Schüle-rinnen und Schüler zu beziehen.

Lehrende sollten in verschiedenen Unterrichtssituationen immer wieder in die Perspektive des Lernenden wech-seln, „Seeing learning through the eyes of the teacher.“ Eine methode, die aus dem „reciprocal teaching“, einer metho-de der Texterschließung vor allem aus

dem Sach-, aber auch dem Sprachun-terricht, bekannt ist. Die Bezeichnung „reziprok“ macht deutlich, dass Schü-lerinnen und Schüler abwechselnd in die Rolle von Lehrenden und von Ler-nenden schlüpfen und sich mit wech-selnder Perspektive gegenseitig im Verständnis von Texten unterstützen. In der Lehrerrolle fordern sie einmal zur Anwendung von Strategien heraus, in der Schülerrolle wenden sie diese Strategien selbst an. Sie übernehmen so Verantwortung für ihre eigenen Lernprozesse, heben diese durch ge-eignete metakognitive Verfahren wie lautes Denken, Selbstüberprüfung, Reflexion des jeweiligen Vorgehens beim Lösen einer Lernaufgabe ins Be-wusstsein und wachsen so in die Rol-le des Experten (Lehrperson) für ihre eigenen Lernprozesse hinein. Dabei gibt es vier Strategien des Verstehens und der Selbstüberprüfung: das Stel-len von Fragen an einen unbekannten Text, die Zusammenfassung zentraler Textinhalte, das Klären von Verständ-nisschwierigkeiten sowie die Formu-lierung einer Hypothese zum weiteren Textverlauf.

In den Fortbildungsprojekten „Kom-petenzorientiert unterrichten“ des AfL sind die Nutzung und teilweise auch die Entwicklung solcher Instrumente zur formativen Lernstandsbestimmung ein Schwerpunkt der praktischen Arbeit, wie die Beispiele aus dem Fach mathematik auf der materialseite (S. 7) illustrieren.

Fachspezifische Lehrerfortbildung als wirkungsvoller einflussfaktor„Visible Learning“ macht deutlich, un-ter welchen Bedingungen die nach dem PISA-Schock entwickelten Refor-melemente (Bildungsstandards, Kern-curricula) am wirksamsten werden können. Und sie zeigt auf, dass Leh-reraus- und -fortbildung hierzu einen erheblichen Beitrag leisten kann.

Nach Einschätzung des neusee-ländischen Wissenschaftlers zählt die fachspezifische Lehrerfortbildung zu den wirkungsvollen positiven Einfluss-faktoren für Unterricht und Lernen. Dabei haben Programme, die von Regierungen oder Universitäten initi-iert, finanziert und entwickelt wurden, eine deutlich höhere Wirksamkeit als

Programme einzelner Schulen. Päda-gogische Überzeugungen (Teacher’s mindsets) erfüllen hier eine Schlüssel-funktion. Denn um in der Rolle des „ac-tivator“ und „change agent“ Lernpro-zesse von Schülerinnen und Schülern anstoßen zu können2, brauchen Unter-richtende eine positive pädagogische Haltung und Überzeugung. Studien deutscher Universitäten zur Wirksam-keit von Lehrerbildung bestätigen Hatties Ergebnis. Dass Fortbildungen also vor allem dann wirksam werden, wenn sie neben der Fachlichkeit die Reflexion und Arbeit an subjektiven Theorien zum Lehren und Lernen, an pädagogischen Überzeugungen zum Thema machen und damit die Weiter-entwicklung von Unterrichtsskripten ermöglichen.

In Übereinstimmung mit diesen Er-kenntnissen definierte das Amt für Leh-rerbildung bereits 2007 sinngemäß: „Wir betrachten Lernen als gelungen, wenn für Lernende ein an Lehr- und Lernzielen orientierter Kompetenzzu-wachs erfolgt, aus dem überprüfbare, nachhaltige Verhaltensänderungen resultieren. gelungenes Lernen korres-pondiert mit der Prüfung von Selbst-überzeugungen, der Klärung internaler Prozesse und Stärkung des kontextbe-zogenen Rollenbewusstseins.“3

Damit sind einige Essentials für wirksame Fortbildungsaktivitäten be-nannt. Die Einbeziehung der gesam-ten Persönlichkeit der Teilnehmenden,

Nach Einschätzung des neuseeländischen Wissen- schaftlers zählt die fachspezifische Lehrerfortbildung zu den wirkungsvollen positiven Einflussfaktoren für den Unterricht und Lernen.

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LeitArtikeL

der Bezug zur beruflichen Situation, Reflexion und Austausch machen den schulischen Alltag zum eigentlichen Lerngegenstand.

der Fokus richtet sich auf schule Als die ersten internationalen Ver-gleichsstudien (z.B. TImSS) bundes-deutschen Schülerinnen und Schülern nur mäßige Leistungen attestierten, machten Bildungsforscher wie Klieme oder Baumert auf den Zusammenhang mit bis dahin in Deutschland dominie-renden Unterrichtsformaten und pro-fessionellen Routinen von Lehrkräften aufmerksam. Damit war eine entschei-dende Weiche gestellt. Viele Institutio-nen in der Lehrerbildung - so auch das Amt für Lehrerbildung - nutzten diese Erkenntnisse und die gunst der Stun-

de. Fortbildungen und Qualifizierungs-maßnahmen wurden neu durchdacht, didaktische grundlagen überarbeitet, andere Aufgabenformate entwickelt. Vor allem rückten das Lehrerhandeln, Unterrichtsskripte und das Lehr-Lern-Verhältnis in den Fokus. Dazu gehörte auch, für und gemeinsam mit Schüle-rinnen und Schülern effektivere Lern-strategien zu entwickeln.

Hessen hat als erstes Bundesland mit einem landesweiten Fortbildungs-projekt „Qualitätsinitiative SINUS“ auf die Ergebnisse der TImS-Studie re-agiert. Nach Verabschiedung der KmK-Bildungsstandards hat das Amt für Leh-rerbildung die Initiative zur Entwicklung landesweiter Fortbildungsprojekte ergriffen und in Kooperation mit Schul-ämtern und Universitäten ein Fortbil-

dungskonzept für mathematik/Natur-wissenschaften entwickelt. Auf dieser Basis sind die aktuellen Fortbildungs-projekte zum kompetenzorientierten Unterrichten in Englisch/Französisch, Deutsch, mathematik/Naturwissen-schaften und gesellschaftswissenschaf-ten mit Angeboten zu „Kompetenzen stärken und erweitern“, „Diagnostizie-ren, Fördern, Beurteilen“, „Lernen, Bi-lanzieren und Reflektieren“ entstanden. Das AfL qualifiziert Fortbildnerinnen und Fortbildner, die in allen Schulamts-bezirken Schulen in der Entwicklung des Fachunterrichts begleiten.

Zur Unterstützung der Fortbildungs-projekte und damit der Schulen hat das Amt für Lehrerbildung gemeinsam mit dem IQ ein Prozessmodell zum kompe-tenzorientierten Unterricht entwickelt,

MAteriALseite (zur verfügung gestellt von c. Maitzen; Projektleiter ku Mathe nawi AfL)

beispiel 1:Auszug aus einem „Beobachtungsbogen für Schülerinnen und Schüler“, die eine Präsentation einer/s Schülerin/s beurteilen und dieser/m anschließend eine Rückmeldung zur Präsentation geben.

beispiel 2: Formative Lernstandsfeststellung am ende einer unterrichtsstunde:Wenn eine Lehrkraft am Ende einer Unterrichtsstunde erfahren möchte, was bei den Schülerinnen und Schülern angekommen ist, kann man folgendes Vorgehen wählen: Etwa acht minuten vor Stundenende bekommen die Lernenden folgenden Auftrag:„Notiere eine <Schlagzeile> zur heutigen Stunde“ und formuliere in 3-5 Sätzen „deinen zentralen gedanken zur Stunde in eigenen Worten“ (Distel, S. 103). Die Schülertexte sichtet die Lehrkraft zu Hause und erhält Informationen aus der Sicht der Lernenden. mit diesen Informationen kann der weitere Unterrichtsverlauf gestalten werden.

Literatur: Distel, m.: Dialogischer Unterricht – Neue Wege im Unterricht und in der Ausbildung von Lehrkräften. In: Kröll, D. gender und mINT – Schlussfolgerungen für Unterricht, Schule und Studium, 2010, 91 – 107

beispiel 3: Auszug aus einem schülerselbsteinschätzungsbogen zum thema „rechen- und Lösungswege“:Nachdem das Thema „Rechen- und Lösungswege“ im Fach mathematik in Klasse 5 erarbeitet wurde, schätzen die Schülerinnen und Schüler ihr Können selber ein. Sie und ihre Lehrkraft erhalten dabei einen individuellen Überblick über die Könnensstände. Die Stärken und Schwächen der Lernenden werden hierdurch sowohl für die Lernenden als auch für die Lehrkraft sichtbar.

Auftrag: Fülle diesen Bogen aus, nachdem du die dazugehörigen Aufgaben gerechnet hast. In der rechten Spalte findest du einen Hinweis, wo du Aufgaben zum Üben findest.

Einige Unterrichtsstunden nach der Bearbeitung des Selbsteinschätzungsbogens erhalten die Schülerinnen und Schüler zur tieferen kognitiven Durchdringung des Themas „Rechen- und Lösungswege“ einen Partnerbogen mit richtigen bzw. falschen Aussagen. Die Schülerinnen und Schüler sind aufgefordert anhand von Rechnungen oder Beispielen in Worten begründet die Aussage zu verifizieren oder falsifizieren.

Sprache

Haltung

Auftreten

deutlich, laut, langsam, abwechslungsreich, Satz/ Wortwahl verständlich

freudig, offen für Nachfragen

überzeugend, sicher, geordnet

hervorragend gut befriedigend ausreichend

undeutlich, leise, schnell, monoton, Satz / Wortwahl unverständlich

gequält, abweisend

zaghaft, unsicher, chaotisch

Situation

Ich kann herausfinden, welche Zahlen man in eine gleichung oder Ungleichung (Bei-spiel: 67 – 3 · z > 24) einsetzen darf.

Ich kann Zahlen herausfinden, die in Rechenbäumen versteckt sind.

Ich kann meine Lösungswege anderen erklären.

kann ich sehr sicher

kann ich weit-gehend, mit schwierigeren Aufgaben habe ich noch Probleme

kann ich teilweise, kann mir selber helfen

kann ich noch nicht, brauche Hilfe Hier findest du

Übungsmaterial:

Arbeitsblatt: gedachte Zahlen erraten

Buch: Seite 33, Nr. 3, 4Arbeitsblatt: gedachte Zahlen erraten

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LeitArtikeL

„meine persönlichen Ziele sind die, dass ich alles richtig schreibe und das mit der getrennt- und der Zusammen-schreibung auch noch besser hinbe-komme und dass ich ein bisschen ordentlich darauf achte keine Flüchtig-keitsfehler mehr zu machen. Was ich tun werde: Ich mache vor der Arbeit noch ein paar Übungen und versuche mir die Sachen noch ein bisschen ge-nauer zu erklären. Ich übe dann noch mit meiner Freundin und wir erklären uns das dann gegenseitig und was wir nicht verstanden haben.“

So endet A.‘s Beschreibung ihres Lernstandes, in der sie sich sehr diffe-renziert und problembewusst mit ihrer Rechtschreibkompetenz beschäftigt hat. Den Text hat sie – wie alle anderen auch – als mailanhang an ihren Lehrer geschickt.

Und sie hat auch noch Fragen: „Also, wenn ich einen Brief schreibe und ich muss jemanden siezen, muss ich ´sie´ und ´íhr´ dann groß schreiben? Da bin ich mir nämlich immer nicht sicher. Und noch etwas, wenn ich jetzt z.B. mattge-setzt habe, wird es dann auch zusam-mengeschrieben? Wegen dem „ge-“ war ich mir nämlich nicht so ganz sicher, aber eigentlich muss man ja zusammen-schreiben, sonst könnte man ja den Un-terschied zwischen den Wörtern „matt-gesetzt“ und „matt gesetzt“ gar nicht finden und die Regel zum Unterschei-den der beiden Bedeutungen würde überhaupt keinen Sinn machen.“

ganz anders H., der zwar Fortschrit-te sieht, aber auch im 8. Lernjahr den gestellten Anforderungen nach eige-ner Einschätzung noch überwiegend hilflos gegenübersteht.: „Ich kann jetzt die Tageszeiten sehr gut, da ich das als Thema in der gruppe hatte (Bsp. Diens-tag morgens). Ich hab mit den s-Lauten immer noch leichte Probleme, aber die sind schon besser geworden (z.B. ob man wörter mit ss oder ß schreibt). Den Lernstand zu beschreiben ist auch schwer, da ich es schwer finde meine Fehler selber zu finden und zu wissen was ich kann und was nicht. (...) Leider kann ich nicht genau sagen wie sie mir helfen können, da ich selber nicht ge-nau einschätzen kann wo meine Pro- blem liegen, aber ich hoffe das der Plan den wir mit ihnen erarbeiten wer-den sein Ziel erreicht.“1

Seit einem halben Jahr lernen alle Schülerinnen und Schüler dieser Klasse 8, ihre persönlichen Fehlerschwerpunk-te im Bereich der Rechtschreibung und

Zeichensetzung, somit anforderungs-bezogen ihren individuellen Lernstand zu erkennen und in einer Übersicht festzuhalten. Schrittweise werden da-bei grundsätze der deutschen Recht-schreibung verdeutlicht und Strategien zur Fehlervermeidung erarbeitet. Nach der Rückgabe einer Klassenarbeit, die durch die Korrektur allen noch einmal persönliche Stärken und Schwächen zeigt, erfolgt eine Konzentration auf drei Fehlerschwerpunkte, ein neues, aktu-elles „Thema“ wird hinzu genommen (Schreibweise der Tageszeiten). Die nächste Klassenarbeit soll den Schwer-punkt „Rechtschreibung“ haben. Aber der Weg dorthin ist neu, denn Lernen durch Lehren steht im mittelpunkt. Jetzt ist Transparenz als Teilaspekt eines klar strukturierten Unterrichtskonzepts not-wendig, in dessen Rahmen dann Schü-lerorientierung und Öffnung ihre lern-

förderliche Wirkung entfalten können. Die methode wird vorgestellt und be-gründet, die zu erreichenden Ziele wer-den so erläutert, dass für Schülerinnen und Schüler auf allen Lernniveaus An-reize entstehen und Vertrauen in die Er-reichbarkeit der Ziele mit Unterstützung der Lehrkraft entwickelt werden kann. Die Ziele erfassen entsprechend dem Kompetenzbegriff die kognitive, me-thodisch-strategische, kommunikative und personale Dimension des Lernens. So geht es nicht nur um das richtige Schreiben, sondern auch um Strategien zur Bewältigung von Anforderungen einschließlich der Erschließung von Hilfsquellen. Zudem muss sich jeder ein konkretes persönliches Ziel setzen, und am Ende wird eine Bilanz des Erfolgs und der Qualität der Zusammenarbeit stehen. Alle Lernenden sollen jetzt die Rolle von Lehrenden übernehmen, in-dem sie zunächst in einer von acht ge-wählten Kleingruppen zu „Experten“ für einen Teilbereich werden (z.B. groß- und Kleinschreibung, s-Laute einschließlich das/dass) und dann ein Konzept ent-wickeln, wie sie dieses Expertenwissen vermitteln, Übung ermöglichen und die Ergebnisse überprüfen können. Die Einwahl (Doppelbesetzung) erfolgt unter orientierung am eigenen Fehler-

schwerpunkt und dem Schwierigkeits-grad der Anforderungen. Am Ende oder zu Beginn jeder zweiten Stunde gibt es ein Plenum, in dem Erfahrungen wei-tergegeben und Empfehlungen durch die Lehrkraft ausgesprochen werden. In der Vermittlungsphase setzen sich jeweils zwei gruppen mit unterschiedli-chen „Themen“ zusammen. Es beginnt ein wechselseitiges Lehren und Lernen. Schließlich schreiben alle Schülerinnen und Schüler eine persönliche Zwischen-bilanz als mail an die Lehrkraft. Am Bei-spiel ausgewählter, anonymisierter Zwi-schenbilanzen können anschließend (mit Erlaubnis des Autors/der Autorin) Qualitätsmerkmale von Lernreflexion erörtert und Hinweise für die Weiter-arbeit gegeben werden. Die anschlie-ßende vertiefende Übungsphase in Ein-zel- oder Partnerarbeit mit Schüler- und Lehrbuchmaterial sowie gestützt durch

eine Lernkartei ermöglicht ausgewählte, individuelle Lerngespräche. Dabei kom-men eigene Ansprüche („Ich will alles richtig schreiben“) ebenso zur Sprache wie individuelle Erfolge und (Selbst-)Konzepte im Umgang mit Rechtschrei-bung. Selbsteinschätzungen („Ich kann jetzt die Tageszeiten schon sehr gut“) können durch die Außenwahrnehmung korrigiert und ergänzt, Einzelfragen be-antwortet werden. Lerngespräche mün-den in besonderen Fällen – etwa im Falle von LRS wie bei H. - in einen Förderplan. Stärkenorientierung und häufig auch Veränderungen am Selbstkonzept sind dabei unerlässlich. Sie haben jetzt eine sehr konkrete grundlage.

gestützt auf eine solche gemeinsa-me, mehrdimensionale Lernerfahrung wird es schließlich möglich, dass Ler-nende über Form und Bewertungs-kriterien der abschließenden Lerner-folgskontrolle mitbestimmen.

Lehren und Lernen werden sichtbar, mit den Augen „des Anderen“ gesehen und miteinander verknüpft – sowohl für Lernende als auch für Lehrende.

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Über die schuLter gebLickt… den individueLLen LernstAnd erkennen und FesthALten – unterrichtsPrAxis in einer Achten kLAsse

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Lehren und Lernen werden sichtbar, mit den Augen „des Anderen“ gesehen und miteinander verknüpft – sowohl für Lernende als auch für Lehrende.

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was sind aus ihrer sicht bedeutsame erkenntnisse der Metastudie visible learning?

Lipowsky: Die Studie verdeutlicht ein-mal mehr, welche Bedeutung die ein-zelne Lehrperson und der von ihr ar-rangierte Unterricht für die Entwicklung von Schülerinnen und Schülern haben. Hattie listet ja eine ganze Reihe von merkmalen lernwirksamen Unterrichts in sehr kompakter Zusammenfassung auf. merkmale, von denen die For-schung inzwischen weiß, dass sie die Lernentwicklung von Schülerinnen und Schüler positiv beeinflussen können. Die zweite Leistung der Studie liegt meines Erachtens darin, deutlich zu ma-chen, dass nicht alles, an was wir glaub-ten, tatsächlich wirkt. Es gibt bestimmte mythen, die durch die Studie von Hattie entzaubert werden. Und die dritte Bot-schaft lautet, dass es sich lohnt, darüber nachzudenken, wie die professionelle Weiterentwicklung von Lehrpersonen gefördert und unterstützt werden kann. Hattie bezieht sich auf mehrere meta-analysen, die zeigen, dass Lehrerfort- und -weiterbildung positive Wirkung sogar bis auf die Ebene der Schülerin-nen und Schüler haben kann.

stimmen die ergebnisse der hattie-studie, die ja vor allem auf Forschun-gen im angelsächsischen raum basie-ren, mit ihren eigenen ergebnissen zur wirksamkeitsforschung und mit denen im deutschsprachigen raum überein?

Lipowsky: Hattie bezieht sich vorwie-gend auf Studien aus dem angloame-rikanischen Raum. Allerdings sind die Ergebnisse aus meiner Sicht durchaus übertragbar, vielleicht nicht bis ins letz-te Detail. Nehmen wir einen Punkt, der ein wichtiges merkmal lernwirksamen Unterrichts ist, die Teacher Clarity, also die inhaltliche Klarheit des Unterrichts. Dass die inhaltlich verständliche Erar-beitung und Präsentation des Unter-richtsgegenstands für das Lernen von Schülerinnen und Schülern wichtig ist, ist keine Neuerfindung von Hattie. In der einschlägigen deutschen und europäischen Literatur stößt man auf viele Erziehungswissenschaftler und Unterrichtsforscher, die der inhalt-lichen Klarheit hohes gewicht bei-messen. Nehmen wir als Beispiel den Schweizer Kognitionspsychologen Hans Aebli. Er beschreibt in seiner Allgemeinen Didaktik (1976) wie be-deutsam es ist, dass die Lehrperson wichtige Einsichten der Lernenden hervorhebt, wiederholt und präg-nant formuliert und den Blick für das ganze behält. Dadurch sorgt sie für Kohärenz und für den roten Faden in der Stunde. Aebli schreibt: „Er [der Lehrer] paßt auf, ob das Verständnis aufleuchtet, ob sich das Aha-Erlebnis einstellt. geschieht es noch nicht, so wiederholt er das bisher Erarbeitete und stellt es noch einmal anders dar… Es ist eine große Leistung, wenn der Lehrer erreicht, dass in 20 oder 30 kleinen Köpfen Klarheit einzieht und

Einsicht in die grundlegenden Bezie-hungen innerhalb einer operation gewonnen wird.“ Das ist eine gute Be-schreibung von inhaltlicher Klarheit, ohne dass Aebli damals den Begriff wirklich benutzt hätte. Dies ist nur ein Beispiel. Es lassen sich weitere vielfäl-tige Beziehungen zur deutschsprachi-gen Forschung herstellen. Zahlreiche merkmale lernwirksamen Unterrichts, die Hattie darstellt, zeigen umfängli-che Verbindungen zu dem auf, was wir in Deutschland in den letzten Jahren diskutieren und erforschen.

gibt es denn in den begrifflichkeiten keine Übersetzungs- oder verständ-nisprobleme zwischen angloameri-kanischem und europäischem be-griffsverständnis?

Lipowsky: In Deutschland haben sich mit der effektiven Klassenführung, dem unterstützenden Lernklima und der kognitiven Aktivierung drei Basis-dimensionen guten Unterrichts eta-bliert, die auf Arbeiten von Baumert, Klieme und Kollegen zurückgehen. Wenn man in der Studie von Hattie nun nach dem Begriff der kognitiven Akti-vierung sucht, wird man zunächst nicht fündig. Aber wenn man zwischen den Zeilen liest, sieht man, dass Hattie die Studien einfach ein bisschen anders ordnet. So finden sich beispielsweise Hinweise auf die Bedeutung eines die Lernenden kognitiv herausfordernden Unterrichts unter den Überschriften

INVESTITIoNEN IN FoRTBILDUNG SIND INVESTITIoNEN IN DIE ZUKUNFTInterview mit dem Kasseler Erziehungswissenschaftler Prof. Dr. Lipowsky

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Frank Lipowsky studierte Lehramt für grund- und hauptschulen an der Pädagogischenhochschule heidelberg und unterrichtete mehrere Jahre an verschiedenen schulen in baden-württemberg. nach seinem Lehramtsstudium war er Lehrbeauftragter für Mathematik undabsolvierte ein diplom-Pädagogikstudium. Mit einer Arbeit zum beruflichen erfolg vonLehramtsabsolventen in der berufseinstiegsphase promovierte er 2003 an der Pädagogischenhochschule heidelberg. von 2002 bis 2006 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter amdeutschen institut für internationale Pädagogische Forschung (diPF) in Frankfurt. währenddieser tätigkeit leitete er u.a. eine deutsch-schweizerische Lehrerfortbildung. seit 2006 ist er Professor für erziehungswissenschaften mit dem schwerpunkt empirische schul- undunterrichtsforschung an der universität kassel.

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„Lehrerfragen“ und „metakognitive Strategien“. Hattie verweist unter der Überschrift Lehrerfragen z.B. auf die Bedeutung von sogenannten „higher order questions“, also auf die Bedeu-tung von Fragen, die auf ein höheres kognitives Level abzielen. Das sind Fragen, bei denen die Schülerinnen und Schüler etwas begründen, erläu-tern, vergleichen, analysieren oder bewerten müssen. Solche Fragen zie-len nicht auf die Wiedergabe von Fak-ten, sondern dienen dazu, dass der Lernende sich argumentativ mit dem Unterrichtsgegenstand auseinander-setzt. Auch in den Zusammenfassun-gen seiner Kapitel über den Unterricht stellt Hattie die Bedeutung kognitiv anspruchsvoller Aufgaben heraus.

Der Begriff der kognitiven Aktivie-rung ist ja ein Begriff, der erst in den letzten Jahren verstärkt in Deutschland aufgekommen ist. Da sich metastudi-en auf Studien aus der Vergangenheit beziehen, die zum Teil schon in den 70er, 80er und 90er Jahren erschie-nen sind, taucht der Begriff eben noch nicht so häufig auf. Das ist vielleicht ein Schwachpunkt, den man einer sol-chen metaanalyse über metaanalysen vorwerfen kann, aber dies ist kein Pro-blem von Hattie allein.

wie sieht denn guter unterricht aus? sie sprechen in ihren schriften immer wieder vom didaktischen und inhaltli-chen Fundament guten unterrichts.

Lipowsky: guter Unterricht lässt sich umschreiben als ein Unterricht, in dem der Unterrichtsgegenstand inhaltlich klar und verständlich erarbeitet und präsentiert wird, in dem an das Vorwis-sen und an die vorhandenen Konzepte der Lernenden angeknüpft wird und in dem die Lernenden durch heraus-fordernde Fragen und Aufgaben dazu angeregt werden, vertieft über den Unterrichtsgegenstand nachzudenken und sich mit ihm auseinanderzusetzen. Zu gutem Unterricht gehört auch, dass

die Rahmenbedingungen stimmen. Der Unterricht sollte relativ störungs-frei verlaufen; das zielt in Richtung effektives Classroom management, und die zur Verfügung stehende Zeit sollte effektiv genutzt werden, so dass überhaupt Lerngelegenheiten zur Ver-

fügung stehen. Amerikaner sprechen hier gerne von den „opportunities to learn“. Es ist klar: Wenn Schülerinnen und Schüler über Tische und Bänke gehen, gibt es keine gelegenheit zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Unterrichtsgegenstand.

Wichtig ist auch die respektvolle und wertschätzende Beziehung zwischen Schülerinnen und Schülern und der Lehr-person. Verschiedene Studien zeigen, dass ein solches unterstützendes Klima im Unterricht, zu dem z.B. auch der kon-struktive Umgang mit Fehlern und das In-teresse der Lehrperson an ihren Schüle-rinnen und Schüler gehört, dass sich ein solches Klima positiv auf die motivation, das Wohlbefinden und das Engagement der Lernenden auswirkt.

Und die kognitive Aktivierung als dritte Basisdimension beschreibt, wie anregend, inhaltlich substantiell die Auseinandersetzung mit dem Unter-richtsgegenstand erfolgt. man kann sich durchaus einen Unterricht vorstellen, der zwar störungsfrei verläuft und in dem scheinbar viel Lernzeit effektiv genutzt wird, in dem auch das Klima stimmt, aber in dem die Lernenden nicht zu ei-

ner vertieften Verarbeitung des Inhalts angeregt und herausgefordert werden, weil sie vorwiegend Routineprozeduren ausführen müssen, und die Lehrperson ein enges, kleinschrittiges Frageverhal-ten zeigt, das vorwiegend nur auf die Wiedergabe von Fakten abhebt.

Und stellen Sie sich jetzt folgen-des Bild eines kognitiv aktivierenden Unterrichts vor: Da rauchen die Köpfe der Schülerinnen und Schüler. Da wird argumentiert, kontrovers diskutiert, nachgedacht, erläutert und erklärt, hart über das Thema gestritten, da werden Lösungswege verglichen und analysiert, da wird also insgesamt auf einem relativ hohen kognitiven Niveau gearbeitet...

...und woran erkenne ich konkret, ob schülerinnen und schüler kognitiv aktiviert sind?...

Lipowsky: ...Als Beobachter sehe ich dies an der Beteiligung der Schülerin-nen und Schüler, an der Art der Lehrer-fragen, an den gestellten Aufgaben, an der Art und Weise der Schülerant-worten, daran, inwiefern die Lehrper-son die Lernenden anhält, Aussagen zu begründen. Ich erkenne es auch daran, wie ausführlich und differen-ziert Schülerantworten ausfallen.

wie schätzen sie erfahrungen ein, die es in deutschland mit „Formativer beurteilung und Feedback“ gibt?

Guter Unterricht lässt sich umschreiben als ein Unterricht, in dem der Unterrichtsgegenstand inhaltlich klar und verständ-lich erarbeitet und präsentiert wird, in dem an das Vorwissen und an die vorhandenen Konzepte der Lernenden ange-knüpft wird und in dem die Lernenden durch herausfordernde Fragen und Aufgaben dazu angeregt werden, vertieft über den Unterrichtsgegenstand nachzudenken und sich mit ihm auseinanderzusetzen.

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Lipowsky: Verschiedene Studien zei-gen relativ deutlich, dass das Potenzial von Formativem Assessment, also von lernprozessbezogener Beurteilung, noch zu wenig genutzt wird, noch nicht ausgereizt ist. Aber: gutes und lernför-derliches Feedback zu geben, ist eine relativ anspruchsvolle Tätigkeit, die nicht voraussetzungslos erfolgt. Formatives Assessment bezeichnet ja maßnahmen und Strategien der Lehrperson, die dazu dienen, dem Lernenden etwas über den erreichten Lernfortschritt und über die Differenz zwischen seinem aktuellen Leistungsstand und dem Lernziel zu-rückzumelden. Hierzu bedarf es Hilfen und bestimmter maßnahmen, die man als diagnostische Tools umschreiben könnte. Die Lehrperson muss diagnos-tische Fragen stellen können, aus de-nen sie etwas über die Konzepte, Ideen und kognitiven Vorgänge beim Schüler erkennen und ableiten kann. Sie muss auch gut beobachten können, indem sie z.B. die Interaktion einer Kleingrup-pe bei der Bearbeitung eines mathema-tischen Problems verfolgt und aufmerk-sam auf den Austausch der Argumente achtet, die etwas über die Verstehens-prozesse, aber auch über die misskon-zepte der Lernenden aussagen können.

Ein weiteres diagnostisches Tool wären informelle Lernstandserhebun-gen, die Auskunft über Konzepte und Fehlvorstellungen der Lernenden ge-ben. Eine solche Diagnostik ist nicht trivial, sie erfolgt in der Situation, in der Interaktion mit dem Lernenden und unter Handlungsdruck. In der englisch-sprachigen Literatur wird dies bezeich-net mit Assessment bzw. Diagnostik „on the fly“.

Formatives Assessment ist sicher eine wichtige Voraussetzung für ad-aptiven Unterricht, stellt aber zu-gleich erhebliche Anforderungen an die Lehrperson. Wir dürfen das nicht unterschätzen. Positiv ist, dass eine Lehrperson bestimmte Komponenten dieser Tools vergleichsweise einfach lernen kann. Diagnostische Lehrer-

fragen lassen sich beispielsweise wir-kungsvoll trainieren.

Wenn wir uns fragen, was Lehrper-son benötigen, um ein solch anspruchs-volles Formatives Assessment zu im-plementieren, dann ist sicherlich ein hohes fachliches, fachdidaktisches und pädagogisch-psychologisches Wissen

zu nennen. Die Lehrperson muss auch abschätzen können, welche Informati-onen, Hilfen und Unterstützungen die Lernenden benötigen, um alleine wei-terzukommen. Es kommt also bei der Unterstützung der Lernenden darauf an, dass die Lehrperson mit Nachfra-gen und Impulsen die Lernenden zum Nachdenken und zur Anwendung von Strategien anregt, mit denen die Ler-nenden die Aufgabe selbst lösen kön-nen. Die Rückmeldung erfolgt also eher zurückhaltend nach dem Prinzip der mi-nimalen didaktischen Hilfe.

wodurch zeichnet sich der erfolgrei-che und wirksame Prototyp eines gu-ten Lehrers oder einer guten Lehrerin für sie aus?

Lipowsky: Ein guter Lehrer hat das nö-tige fachdidaktische und fachliche Wis-sen. Er plant und bereitet den Unter-richt sorgfältig vor. gute Planung und Vorbereitung sind wichtig. Wie baue ich den Unterricht auf? Was muss im Unterricht thematisiert werden, damit sich für Schülerinnen und Schüler ein gesamtbild eines Themas ergibt? Wie müssen Teilelemente arrangiert und

verbunden werden, welche müssen im Unterricht behandelt werden, damit tragfähige Konzepte entstehen? Sol-che Dinge entscheiden sich auch, und vielleicht sogar in erster Linie, am hei-mischen Schreibtisch der Lehrperson. Eine gute Lehrkraft ist gewappnet für die Verständnisschwierigkeiten, die bei

den Schülerinnen und Schülern auftau-chen, und kann flexibel darauf reagie-ren, hat unterschiedliche Erklärungen und Veranschaulichungen parat, wenn Lernende auf die erste Erklärung nicht reagieren oder wenn sich das Ver-ständnis noch nicht einstellt. Ein guter Lehrer stellt aktivierende Fragen, hört zu, gibt Impulse, aber nimmt nicht alles vorweg. Er sorgt für einen abwechs-lungsreichen Unterricht und ist begeis-tert von seinem Fach. Schülerinnen und Schüler spüren das. Eine idealtypische Lehrperson misst der Reflexion über Unterricht und metakognition hohe Bedeutung bei, reflektiert mit den Ler- nenden über das Lernen und den Lernprozess. Und die Lehrperson ar-beitet mit den Schülerinnen und Schü-lern systematisch an der Entwicklung von Selbststeuerungsfähigkeiten. Lei-der wissen Lehrkräfte hiervon oft relativ wenig, auch deshalb, weil sich die Dis-kussion darüber vorwiegend in wissen-schaftlichen Journalen abspielt.

welche konsequenzen ergeben sich für schule und unterricht und die Leh-rerbildung aus den erkenntnissen der Lehr- und Lernforschung?

Wenn wir uns fragen, was Lehrperson benötigen, um ein solch anspruchsvolles Formatives Assessment zu implemen-tieren, dann ist sicherlich ein hohes fachliches, fachdidakti-sches und pädagogisch-psychologisches Wissen zu nennen. Die Lehrperson muss auch abschätzen können, welche Infor-mationen, Hilfen und Unterstützungen die Lernenden benöti-gen, um alleine weiterzukommen.

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Lipowsky: Zu den wichtigsten Kon-sequenzen für die Lehrerbildung ge-hört sicher, dass wir mittlerweile ver-gleichsweise gut darüber Bescheid wissen, was lern- und motivationsför-derlichen Unterricht auszeichnet. An diesen merkmalen und an ihren Vor-aussetzungen sollte die Lehrerbildung ansetzen. mit Voraussetzungen meine ich z.B. die Bedeutung, die man dem fachdidaktischen Wissen von Lehrper-sonen beimessen muss.

Die Lehr- und Lernforschung kann auch mit einigen mythen aufräumen, was für die Lehrerbildung ebenfalls bedeutsam ist. Hattie gelangt zu dem Fazit, dass die Auffassung, die Lehrper-son sei im Unterricht vorwiegend als moderator gefragt, die empirische Be-fundlage nicht wiederspiegelt. Vielmehr sei die Lehrperson eher als „Activator“ gefragt. Er unterstreicht dies mit den-jenigen merkmalen von Unterricht, die vergleichsweise hohe Effekte auf die Lernenden zeigen, wie z.B. inhaltliche Klarheit, Lehrerfragen, verteiltes versus massiertes Üben, direkte Instruktion … das alles sind merkmale von Unterricht, bei denen die Lehrperson vergleichs-weise aktiv ist und den Unterricht lenkt. mitunter höre ich bei Diskussionen über direkte Instruktion, das habe man doch schon überwunden, und der Konstruk-tivismus sage doch, wir müssten eher selbstgesteuert und offen arbeiten. Hier geben die Studien eine klare Antwort: Diese Schlussfolgerung ist in dieser Pauschalität unzulässig. Außerdem: Der Konstruktivismus ist keine Unterrichts-theorie, sondern eine Erkenntnistheorie! Und ein häufiges missverständnis ist, di-rekte Instruktion mit einem langweiligen Frontalunterricht gleichzusetzen. Direkte Instruktion kann sehr wohl kognitiv akti-vierend, verständnisfördernd und moti-vationsunterstützend sein. Falsch wäre jetzt allerdings auch, direkte Instruktion zum Allheilmittel zu erklären. Es kommt vielmehr auf eine intelligente Kombina-tion von lehrergelenkten und eher schü-lerorientierten Unterrichtsformen an.

Für die Fortbildung stimmt die Stu-die von Hattie ebenfalls hoffnungsvoll. Denn es zeigt sich deutlich, dass Fort- und Weiterbildungen Effekte auf Lehrer-handeln und Lernen der Schülerinnen und Schüler haben können, wenn be-stimmte Bedingungen gegeben sind.

inwieweit können durch Lehrerfortbil-dung die einstellungen von Lehrper-sonen positiv verändert werden?

Lipowsky: Die Vorstellungen, die eine Lehrperson über das Lehren und Lernen hat, beeinflussen natürlich ihr Handeln – und auch umgekehrt beeinflussen unterrichtliche Erfahrungen die Über-zeugungen der Lehrpersonen. Insge-samt wissen wir aus der Forschung, dass solche Beliefs oder Überzeugun-gen relativ stabil sind und dass sie durch Routinen geprägt werden. mit Videoanalysen aus eigenem und frem-dem Unterricht, durch den intensiven Austausch über Unterricht und durch kontinuierliche Reflexionsimpulse kön-nen solche handlungsleitenden Über-zeugungen im Rahmen umfassender Fortbildungen bewusst gemacht und dann letztlich auch modifiziert werden. Aber das ist ein aufwändiger und häu-fig auch langwieriger Prozess.

welche Form von Fortbildung hat denn überhaupt eine Aussicht, wirk-sam zu sein?

Lipowsky: Forscher sind sich einig, dass es eines ausreichenden maßes an Lern-gelegenheiten für die Lehrpersonen bedarf, wenn die Wirksamkeit von Fort-bildung bis auf die Ebene der Schüle-rinnen und Schüler durchschlagen soll. Das bedeutet: Kurze Fortbildungen sind meist wirkungslos. Umgekehrt heißt dies aber nicht: Je länger die Fort-bildung, desto größer der Lernerfolg. Die Dauer der Fortbildung ist eine not-wendige, aber eben keine hinreichen-de Bedingung für das Lernen und die Weiterentwicklung von Lehrpersonen.

Vielmehr kommt es auf die geschickte Kombination von Trainings-, Input- und Reflexionsphasen an und darauf, dass Fortbildungsteilnehmerinnen und -teil-nehmer sich intensiv, engagiert und vertieft mit dem Lernen von Schülerin-nen und Schülern beschäftigen.

Der Einbezug von externen Ex-perten in die Fortbildung – also von Wissenschaftlern, Fortbildnern und Personen, die den Lernprozess der Lehrerinnen und Lehrer länger be-gleiten – gilt nach einer metaanalyse von Helen Timperley, einer neusee-ländischen Kollegin von Hattie, als sehr wirkungsvoll. Timperley gelangt zu dem Fazit, dass eine solche externe Begleitung wirkungsvoller sein kann als interne Schulentwicklungsmaßnah-men. Im Rahmen einer großen neu-seeländischen Lehrerfortbildung, die auch wissenschaftlich begleitet wurde und die Effekte bis auf die Ebene der Schülerinnen und Schüler zeigte, ar-beiteten Wissenschaftler, Fortbildner, Schulleiter und Lehrpersonen über die Dauer von zwei Jahren eng zusammen. Experten besuchten die Lehrpersonen im Unterricht, gaben ihnen Rückmel-dungen, führten mit den Lehrpersonen Lernstandserhebungen und andere dia- gnostische Verfahren durch, werteten deren Ergebnisse zeitnah mit den Lehr-kräften aus, interpretierten diese mit den Lehrkräften und leiteten daraus gemeinsam mögliche nächste Schrit-te für den Unterricht ab. Das war ein sehr aufwändiges, aber auch sehr wirk-sames Unterfangen, das dann eben auch Effekte bei den Schülerinnen und Schülern zeigte.

Nimmt man noch einmal Bezug auf die Ergebnisse der Unterrichts-forschung, so sollte sich Fortbildung auch mit solchen merkmalen von Un-terricht beschäftigen, von denen wir wissen, dass sie positive Effekte auf die Schülerinnen und Schüler haben. Hier kommt dann wieder die meta-analyse von Hattie ins Spiel. Das hört sich natürlich etwas trivial an, aber

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wenn man betrachtet, was so alles an- geboten wird…

Eine weitere zentrale Bedingung für den Fortbildungserfolg ist, dass die Erweiterung des fachdidaktischen Wis-sens von Lehrpersonen im mittelpunkt stehen sollte. Es geht also darum, dass die Lehrpersonen sich konzentriert und vertieft mit dem Lernen und Verstehen von Schülerinnen und Schüler in einem bestimmten Fach und am besten noch zu einem spezifischen Unterrichtsthema auseinandersetzen sollten. Ein so fokus-sierter Blick erhöht die Wahrscheinlich-keit, dass die Teilnehmerinnen und Teil-nehmer einer Fortbildung tatsächlich Unterschiede im Lernen und Verstehen der Schülerinnen und Schüler wahrneh-men können und einen diagnostischen Blick entwickeln. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten sich also in die Köpfe der Schülerinnen und Schüler hi-neinversetzen. Sie sollten aufgefordert werden, Lösungswege der Lernenden zu antizipieren. Sie sollte vorhersehen, wie Schülerinnen und Schüler reagie-ren, wenn die Lehrperson auf eine be-stimmte Weise vorgeht. Timperley, die neuseeländische Kollegin von Hattie, stellte in ihrer metaanalyse fest, dass vie-le wirksame Fortbildungen einen beson-deren Schwerpunkt auf das „teacher‘s

assessment knowledge“ legen, also auf die Förderung diagnostischen, aber auch fachdidaktischen Wissens von Lehrpersonen. Hier zeigt sich im Übri-gen wieder eine Querverbindung zum Thema „formatives Assessment“ und damit zur Studie von Hattie. Unterrichts-videos haben, was die Antizipation von

Lösungs- und Bearbeitungswegen der Schülerinnen und Schüler anbelangt, eine besondere Bedeutung und bieten fruchtbare Lerngelegenheiten für Leh-rerinnen und Lehrer.

Außerdem sollten Lehrpersonen im Rahmen einer Fortbildung erleben (können), dass es eine Beziehung zwi-schen ihrem Handeln und dem Lernen der Schülerinnen und Schüler gibt und dass Veränderungen im Lehrerhandeln auch zu Veränderungen im Lernen der Schülerinnen und Schüler führen. Das klingt einfach, ist es aber nicht.

Ein Beispiel soll verdeutlichen, was ich meine: Im Rahmen einer Fortbildung am Studienseminar in Fritzar erlebten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fortbildung am Beispiel einer vi-deografierten Unterrichtseinheit zum Thema „Kinder schreiben narrative Tex-te zu einem Bildimpuls“, wie sich durch herausfordernde und kognitiv anregen-de Fragen der Lehrperson das Antwort-verhalten der Schülerinnen und Schüler deutlich in Richtung einer zunehmen-den Komplexität veränderte.

Für die Fortbildungsteilnehmer war das ein großes AHA-Erlebnis, zu sehen, wie ein Impuls, eine Frage zu völlig an-deren und auch unerwarteten Reakti-onen auf Seiten der Schülerinnen und

Schüler führte. möglicherweise war dies für die Lehrpersonen auch des-halb so überraschend, weil eine solche Änderung des Frageverhaltens mit re-lativ geringem Aufwand zu bewerkstel-ligen ist. Die Lehrpersonen erlebten in dieser Situation, welche Wirkungen verändertes Lehrerhandeln haben

kann, und erprobten dieses Vorgehen nachfolgend auch in ihrem Unterricht mit dem gleichen Erfolg. Das sind klei-ne „handwerkliche Steuerschrauben“ mit erheblicher Wirkung!

Zum schluss: bitte ergänzen sie fol-gende sätze:

die bedeutung von Lehrerfortbildung für guten unterricht ist in der vergan-genheit, …

Lipowsky: unterschätzt worden

eine Fortbildung, die nicht zu verän-derungen im unterrichtspraktischen handeln der Lehrkraft führt, …

Lipowsky: (Prof. Lipowsky denkt lange nach, lacht) …dürfte wahrscheinlich auch keine nachhaltigen Wirkungen auf die Lernenden haben. Das sage ich mit Vorsicht, weil es nicht so ist, dass man jede „Wirkung“ gleich sieht! man-che Wirkung stellt sich erst später ein.

Fortbildungsmaßnahmen haben laut empirischen erkenntnissen dann eine hohe Akzeptanz und erzeugen dann Motivation bei Lehrkräften, …

Lipowsky: wenn sie sich konkret auf Unterricht beziehen, wenn die Relevanz der Inhalte hoch ist, wenn am Vorwissen und an dem, was die Lehrpersonen mit-bringen, angeknüpft wird, wenn aber dennoch neue Erkenntnisse und neue Handlungserfahrungen hinzukommen und wenn ihnen Situationen angebo-ten werden, in denen sie erleben, dass ihr eigenes Handeln Wirkung zeigt.

investitionen in Fortbildung sind, …

Lipowsky: Investitionen in die Zukunft.

das interview für „biLdung BEWEGT“ führte sAbine stAhL

Foto: sabine stahl

Außerdem sollte die Lehrpersonen im Rahmen einer Fort-bildung erleben (können), dass es eine Beziehung zwischen ihrem Handeln und dem Lernen der Schülerinnen und Schüler gibt und dass Veränderungen im Lehrerhandeln auch zu Ver-änderungen im Lernen der Schülerinnen und Schüler führen.

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sie wertschätzte einerseits die be-obachtbaren Erfolge von Schulen auf ihrem Weg zu mehr Eigenstän-

digkeit, betonte aber auch, „dass vieles noch zu bürokratisch und aufwändig ist, und dass zusätzliche mittel notwendig sind.“ mit diesem Impuls stieß sie unter den zahlreich vertretenen Schulleiterin-nen und Schuleitern auf offene ohren.

von der gesamtkonferenz zu schul-verfassung und schulvorstand„Ich will das große Budget“, lautete denn auch das Statement von Schullei-terin Claudia Borowsky, eine von sechs Schulleitungen, die auf dem Podium zum Thema „Selbstständige Schule als Chance“ diskutierten. Die Leiterin einer Beruflichen Schule berichtete über ihre Erfahrungen: „Zu Beginn wa-ren zwei Drittel der gesamtkonferenz für die Teilnahme am modellversuch Selbstverantwortung Plus. Für des-

sen Fortführung waren es dann schon 92% Zustimmung. Inzwischen hat die Eugen-Kaiser-Schule mit 96% Zustim-mung des Kollegiums die gesamtkon-ferenz abgeschafft. Die Schule hat nun eine eigene Verfassung.“

An die Stelle der gesamtkonfe-renz tritt ein Plenum mit gestrafftem Aufgabenbereich, das überwiegend mit mitgliedern der Schulleitung und

gewählten Lehrkräften besetzt ist. Der Schulvorstand, in dem alle operativen Entscheidungen getroffen werden, löst die Schulkonferenz als strategisches Entscheidungszentrum ab. Borowsky

sieht einen großen Vorteil in diesem Verfahren: „Die Verantwortung liegt jetzt im Schulvorstand, Entscheidun-gen sind viel direkter. Allerdings muss auch viel mehr überzeugt werden.“

Berufliche Schulen hatten als ers-te Schulform mit neuen Wegen zur Selbstständigkeit „experimentieren“ können. grundlage war der einstim-mige Landtagsbeschluss für das modellprojekt SV-Plus aus dem Jahr 2003. Nach der Evaluation der Erfah-rungen der 17 beteiligten Schulen aus dem modellversuch folgte schließlich der so genannte SBS-Erlass im August 2010. Dieser ist grundlage des Trans-ferprozesses beruflicher Schulen zu

„Selbstständigen Beruflichen Schu-len“ (SBS). Nach Auskunft des Kul-tusministeriums sind inzwischen ein Drittel aller hessischen Berufsschulen modellversuchs- oder SBS-Schulen.

„Selbstständigkeit heißt, frei entscheiden zu können“. Mit diesen Begrüßungsworten verdeutlichte Hanna Kind, Vertreterin der IHK, gleich zu Beginn der IQ-AfL-Fachtagung zur Selbstständigen Schu-le einen wichtigen Baustein unternehmerischen Verständnisses von Selbstständigkeit.

Antworten Aus deM geist der Freiheitvon der PrAxis FÜr die PrAxis, eine FAchtAgung iM Zeichen der seLbstständigen schuLe

Die Verantwortung liegt jetzt im Schulvorstand, Entschei-dungen sind viel direkter. Allerdings muss auch viel mehr überzeugt werden.

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Bei aller Begeisterung und Zustim-mung für zunehmende Selbststän-digkeit werden die Wege zur Umset-zung doch kontrovers diskutiert. Viele Schulleitungen und Schulleitungsver-

bände sind wegen geringer Zeit- und Finanzressourcen in Sorge, ob ein so komplexer Prozess gelingen kann. So fallen bei Schulen im Transferprozess beispielsweise eine pädagogische bzw. Verwaltungsstelle weg, die den modellversuchsschulen noch zur Ver-fügung stand (vgl. BB Nr.8, Leitartikel). Der Personalbedarf soll jetzt über die 105%ige Zuweisung gedeckt werden.

Die Rahmenbedingungen für die Transferprozessschulen gegenüber den 17 modellversuchsschulen wur-den daher durchaus auch kritisch wahr-genommen. manch einer befürchtete wegen der Konkurrenz untereinander sogar die gefahr einer Zersplitterung der Berufsschullandschaft.

Bernd Schreier hingegen betonte, dass der Wille nach Freiheit keine Frage der Ressourcen sei. In einer engagier-ten Begrüßungsrede wies der IQ-Leiter darauf hin, dass „die Balance der Selbst-ständigen Schulen die Freiheit und die Rechenschaft ist. Es ist unser Part Frei-heit zu wollen und umzusetzen“!

Aber auch jenseits der Ressour-cenfrage war die Bewertung dessen, was Selbstständigkeit an Hessens Schulen bedeutet oder bedeuten kann, schulformübergreifend unter-schiedlich. So stand die Position „Es ist wichtig für Schulentwicklung, sich trotz vorhandener Unzulänglichkei-ten und Unklarheiten auf den Weg zu machen“ fast unvereinbar neben der Einschätzung „Erst müssen wir wissen, worauf wir uns einlassen, wie die Be-dingungen sind und welchen Nutzen die Entscheidung für uns bringt, bevor wir in die Selbstständigkeit gehen.“

Und so machen sich die einzelnen Bildungseinrichtungen mit ungleichen Voraussetzungen, verschiedenen Er-

wartungen und in ganz unterschied-lichem Tempo auf den Weg. Der Entwicklungsstand in Sachen Selbst-ständigkeit ist, das zeigt alleine das Spektrum aus dem beruflichen Schul-wesen, sehr vielfältig (SV-Plus-Schulen, Berufliche Schulen mit Anmeldung zur SBS und solche, die gegen SBS abge-stimmt haben, Berufliche Schulen mit Antrag auf das kleine Budget uvm.).

Schulleiterin Claudia galetzka ist dennoch überzeugt: „Wir brauchen die Selbstständigkeit, um bessere Be-dingungen für unsere Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler zu schaffen.“ Ihre Berufsschule ist aktuell im Trans-ferprozess angemeldet. Die Schullei-terin begründet ihre motivation für die Teilnahme vor allem unter Qualitätsge-sichtspunkten. Vor ihrer Schulleitungs-tätigkeit hatte galetzka Q2E-Prozesse begleitet und dabei gesehen, dass Unterricht dadurch viel besser gewor-den war. „Weil reflexive Lernprozesse gefördert werden, Evaluationsergeb-nisse systematisch in die Schulentwick-lung einfließen, kollegiale Hospitation stattfindet und in den Kollegien ganz anders über Unterricht gesprochen wird.“ Sie ist überzeugt: „Ich brauche das große Budget, um verlässliche Rahmenbedingungen zu ermöglichen. Aber es ist auch ein großer Kraftakt, mit 160 Kolleginnen und Kollegen in diese Aushandlungsprozesse einzutreten.“ Als entscheidend und kritisch zugleich für den Erfolg von Selbstständigkeit schätzt galetzka die Faktoren Support, Dienstleistungen und Unterstützung aus dem Verwaltungsbereich ein.

wir brauchen Zeit – Leitungszeit, um schule steuern zu können!Die Kontroversen darüber, welcher Weg zur Eigenständigkeit der richtige ist, lau-fen quer durch alle Schulformen und hängen mit den individuellen Herausfor-derungen der Schulen zusammen. Dass „Selbstständigkeit helfen kann, die inklu-sive Schule pädagogisch und organisa-torisch in die Praxis umzusetzen“, glaubt beispielsweise Peter Baumann, Schul-leiter einer Förderschule. „Denn Selbst-ständigkeit trägt der Tatsache Rechung, dass Prozesse am besten in der Schule vor ort gelöst werden können“, davon ist Baumann überzeugt. Heiner Friedrich, Leiter einer IgS in groß gerau, hat keine Zweifel, dass die gestaltungsfreiheit der Flexibilität zugute kommt, dass zugleich aber auf die Schulleitung auch viel mehr Arbeit zukommt. Angesichts der bereits heute schon hohen Belastung ein nicht unwesentliches Problem. Diese Positi-on wurde auch von Vertretern anderer

Schulformen unterstützt. „Wir brauchen Zeit – Leitungszeit, um Schule steuern zu können“, bekräftigte Hans-Walter Krämer. Der Leiter einer Haupt- und Re-alschule forderte Entlastung durch die Unterstützungssysteme ein. Dass die Selbstständige Schule notwendig ist, davon ist Krämer allerdings überzeugt: „Ein unumkehrbarer Prozess.“

Doch dieser angestoßene Prozess muss sehr behutsam entwickelt wer-den. mit dem Rollenwechsel künftiger Schulleitung ist auch ein höheres Risiko für Leiterinnen und Leiter verbunden. „Ich weiß nicht, ob diesen Rollenwech-sel jeder mit Begeisterung annimmt, denn viele Schulleitungen haben ihren Dienst unter anderen Prämissen ange-treten“, gibt Reinhard Rzytki, Schullei-ter eines gymnasiums zu Bedenken. „meine Schule hat sich für das kleinere Budget entschieden, weil wir die mit-tel dann effizienter steuern können“, berichtet er. „Zuletzt hatten wir 13 ver-schiedene Etats, die getrennt gerech-net werden sollen. Und weil diese zum oktober abgeschlossen sein sollen, werden Ausgaben nicht immer sinn-voll eingesetzt. Hier sind viele mittel regelrecht verbrannt worden“, so seine Kritik am bisherigen Vorgehen.

mit dem kleinen Budget ist eine hundertprozentige Rücklagenbildung möglich, die innerhalb von drei Jah-ren aufgebraucht werden muss. Da-rüber hinaus können Schulen bisher getrennt geführte Budgets für Lern-, Vertretungs-, IT-Vertretungsmittel so-wie für Fortbildungen zusammenfüh-ren. Innerhalb dieses kleinen Budgets können Schulleiterinnen und Schullei-ter unabhängig über die Verwendung der übertragenen mittel entscheiden. Dabei wird als Vorteil gesehen, dass einzelne Budgetbestandteile gegen-seitig deckungsfähig sind.

Rund 1000 Schulen haben sich inzwischen für das kleine Budget ent-schieden – darunter viele grundschu-len, die sich von diesem Schritt unab-hängigeres und flexibleres Wirtschaften erhoffen. „Wir wollen dies als Chance nehmen und die Enge der Einzelbud-gets überwinden“, hofft Stefan Wessel-mann. „Aber wenn ich weiterdenke“, zweifelt der Leiter der mittelgroßen grundschule, „wer soll beim großen Budget Personalmittel verwalten?“

Schulleitungen kleiner Schulen und deren Konrektorinnen und -rek-toren haben eine hohe Unterrichtsver-pflichtung. Immer wieder wird der Ruf nach mehr Leitungszeit laut, um ihre Schulen entsprechend der neuen Auf-gaben vor allem in den Feldern Bud-

bernd schreier (Leiter des iQ) wies auf die chancen von gestaltungsfreiheit und verantwortungsüber-nahme hin. (Foto: reinhold Fischenich)

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get und Personal leiten zu können. Der Wunsch nach Unterstützung wie einer Anlaufstelle für Budget- und juristische Fragen, nach geeigneten materialien, zeitnahen Rückmeldungen zum aktu-ellen Schulkontostand, Fortbildungen, Informationsveranstaltungen uvm. war Thema, das wie ein roter Faden alle Diskussionen durchzog.

kooperation ist für kleine systeme eine große chanceUnd dennoch bringt jede Schulform ihre eigenen Spezifika und damit auch ihre eigenen Herausforderungen mit sich. gerade bei kleinen grundschu-len liegt eine besondere Schwierig-keit in fehlenden Sekretariatskapazi-täten. Sie verfügen nur über wenige Sekretariatsstunden pro Woche.

Enge Kooperation scheint für kleine Systeme daher eine große Chance zu sein. günter Drenkelfort, Referent aus dem Niedersächsischen Kultusministe-rium, bekräftigte, dass die verfügbaren mittel bei klein(st)en Schulen ausgespro-chen gering sind. Sie profitieren daher vor allem dann von der neuen finanziel-len Entscheidungsfreiheit, wenn sie im Rahmen selbst organisierter Netzwerke kooperieren und ihre Ressourcen wie Sachmittel und Personal zusammenle-gen, damit sie sie flexibler und effizien-ter einsetzen können. Die gemeinsame Nutzung personeller Ressourcen ist auch mit Blick auf neue personelle Anforde-rungen wie der Inklusion interessant. Von der Netzwerkarbeit und Koopera-tion erhoffen sich viele Schulleitungen, ihre Schulstandorte trotz sinkender Schülerzahlen aufrecht erhalten zu kön-nen. Denn 2021, so ein Prognose, wer-den nur noch 1.500.000 Schülerinnen und Schüler statt der 6.500.000 (Stand 2009) im gesamten Schulsystem sein.

In der Erhöhung der Stellenzu-weisung von 101 auf 105% liegt nach Auffassung vieler Schulpraktiker ebenfalls eine Chance, um disponib-le Personalressourcen zur Qualitäts-entwicklung und für Innovationen zu erhalten. gerade die Beteiligung an Kooperationen und die Verbesserung von Unterricht seien ohne gemein-same Arbeitszeit für Kollegien kaum zu realisieren, verbindliche Qualitäts-standards damit nicht einlösbar.

Aber wie realistisch sind Wünsche nach mehr geld, Stellen und struktu-reller Unterstützung? Jürgen Weiler, Referatsleiter im HKm und dort u.a. für Lehrerzuweisung und Budget der allgemein bildenden Schulen verant-wortlich, skizzierte den Weg. Selbstver-ständlich seien die 105% ein wichtiger

Baustein. Bis zur vollständigen Umset-zung 2014 gibt es einen Stufenplan. Zum 1. August sollen die SBS 1% mehr Stellen erhalten, Anfang 2012 wird ein weiteres Prozent zur Verfügung stehen. Im Folgejahr sollen auch alle anderen Schulen dann 1% mehr Stellen erhal-ten. Da bei aktuell gültiger Verord-nungslage dieses mehr an Ressourcen nur für Unterricht und Deputate ver-wendet werden darf, muss die Pflicht-stundenverordnung geändert werden, so dass der mitteleinsatz künftig flexib-ler erfolgen kann. Auch Abteilungslei-ter Dieter Wolf (HKm) bekräftigte, dass Schulen eine verlässliche grundlage erhalten werden. „Aktuell werden die Eckpunkte für das große Schulbudget festgelegt. Wenn diese zusammen mit der 105%igen Zuweisung kommen, verfügen Schulen über größere finan-zielle Spielräume. Das neue Schulge-setz und hier insbesondere §127 sind aktuell geändert und sollen zum ersten August in Kraft treten.“ Und er ergänz-te, dass auch die Dienstordnung mo-difiziert wird, so dass Schulleitungen Befugnisse auch auf andere Personen übertragen können. „Es geht also um ein gesamtinstrumentarium“, so Wolf.

Ausbildung und Qualifizierung von Lehr- und Führungskräften ist kern- thema der selbstständigen schuleBesonders intensiv wurde auch um die Rollenzuschreibung für Schulleitung gerungen. Nach Einschätzung vieler Fachexperten umfasst das zukünftige

„Berufsbild Schulleitung“ neue Aufga-ben im Bereich Schul- und Personal-entwicklung und Schulmanagement. Allerdings gibt es Klärungsbedarf, wie künftig Aufgaben verteilt, Leitungszeit verändert und andere pädagogische Aufgaben definiert und zugeordnet werden. Da selbstständige Schulen beispielsweise über ein umfassendes Qualitätsmanagementsystem, also pä-dagogisches Qualitätsmanagement durch Individualfeedback, Fokusevalu-ation, Steuerung der Qualitätsprozes-se durch die Schulleitung und meta-feedback verfügen, wurde hinterfragt, inwiefern Q2E-Schulen noch eine Schulinspektion benötigen.

Und noch mehr zu den Rollenanfor-derungen: Schulleiterinnen und Schul-

leiter steuern nicht nur eine organisa-tion. Sie sind letztlich verantwortlich, dass an ihren Schulen guter Unterricht gehalten wird. Sie benötigen demnach ein konkretes Bild davon, wie kompe-

tenzorientierter Unterricht in der Praxis aussieht. Und da Schulleitungen als oberste Hüter und Entwickler von Un-terrichtsqualität ihre Kollegien mitneh-men müssen, brauchen sie Kenntnisse in der Steuerung von Veränderungs-prozessen. Hier sind externe Unter-stützung, Begleitung beim Prozess der Unterrichtsentwicklung, Qualifizierung von Fachschaften und vieles mehr Vor-aussetzung und gelingensbedingung gleichermaßen. Der Erfolg von Selbst-ständigkeit wird sich unter anderem daran messen lassen müssen, wie gut Lernende unterrichtet werden, wie hoch Kompetenzzuwächse bei Schü-lerinnen und Schülern sind. Es wird

in den nächsten Jahren daher darauf ankommen, Schulleitungen und Kolle-gien gerade auch in der Unterrichts-entwicklung zu unterstützen.

Nach Ansicht des Leiters des Amtes für Lehrerbildung, Frank Sauerland, be-rührt die Frage nach Ausbildung und Qualifizierung der Lehr- und Führungs-kräfte ein Kernthema der Selbstständi-gen Schule. „Selbstständige Schulen gibt es, um die Unterrichtsqualität zu verbessern. Es ist Kernaufgabe des AfL, Lehrkräfte gut aus- und fortzubilden. Das Stichwort lautet kompetenzorien-tierter Unterricht.“ Selbstständige Schu-le kann nur gelingen, wenn Personal entsprechend qualifiziert ist bzw. wird.

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Selbstständige Schulen gibt es, um die Unterrichtsqualität zu verbessern. Es ist Kernaufgabe des AfL, Lehrkräfte gut aus- und fortzubilden.

Jaqueline vogt (FAZ) (Mitte), Moderatorin der Fachtagung, machte sich zur Anwältin, damit alle themen, „auch die schwierigen, auf´s Parkett“ kamen. (Foto: reinhold Fischich)

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wie LesekoMPetenZen JugendLicher wirksAM verbessert werden könnenergebnisse der euroPäischen studie Adore

das transnationale Projekt wur-de von einem Dreiergespann – Prof. Dr. Christine garbe

(Universität Köln), Dr. Karl Holle und Prof. Dr. Swantje Weinhold (beide Leuphana Universität Lüneburg) – geleitet.

das AfL-Fortbildungskonzept und seine umsetzung sind modellhaft für die europäische LeseförderungAuf Einladung des Konsortiums hatte neben Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftlern aus 11 europäischen Uni-versitäten und Lehrerbildungsinstituten auch ein Team des Amtes für Lehrerbil-dung an dieser Studie teilgenommen. Transnationale Wissenschaftlerteams begutachteten das Fortbildungskon-zept „Lesen macht schlau“, das im AfL

entwickelt worden ist, und dessen Umsetzung auf regionaler Ebene. Das Wissenschaftlerteam war sich einig, dass die Qualifizierung von Lehrkräften

zu Fortbildnerinnen und Fortbildnern durch das AfL positive unterrichtliche Effekte in den besuchten hessischen Schulen hervorgebracht hat. Das Leh-rerfortbildungskonzept und auch seine Umsetzung durch die Fortbildnerinnen und Fortbildner auf der Ebene des

Schulamts und der Einzelschule wur-den vom Wissenschaftlerteam als mo-dellhaft für die europäische Leseförde-rung hervorgehoben.

In einem ihrer Beiträge zum Pro-jektbericht für die Europäische Kom-mission stellt Dorothee gaile, Leiterin des AfL-Teams, zentrale gelingens-bedingungen für kompetenzorien-tierten Leseunterricht in allen textba-sierten Fächern dar. Ein innovatives

Auch die neuesten PISA-Ergebnisse 2009 bestätigen, dass in der Verbesserung der Lesekompetenzen Jugendlicher dringender Handlungsbedarf besteht: Bis zum Jahr 2020, so die Zielvorgabe der European Education Benchmarks, sollen weniger als 15 Prozent der europäischen Fünfzehnjährigen zur Risikogruppe der schwachen Leser gehören; aktuell sind es jedoch rund 23 Prozent. Wie dieses anspruchsvolle Ziel erreicht werden kann, ist der Gegenstand eines europäischen Forschungsprojektes gewesen, das in den Jahren 2006 bis 2009 unter Beteiligung von Expertinnen und Experten aus 11 europäischen Ländern durchgeführt wurde: „ADoRE- Teaching StrugglingADolescentREaders. A Comparative Study of Good Practice in European Countries“.

Der Aufbau eines positiven Lese-Selbstkonzeptes ist das oberste Ziel aller Maßnahmen zur Leseförderung und das Herzstück der ADoRE-Philosophie.

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Prozessmodell des Lehrens und Ler-nens wird durch vielfältige Blicke in europäische Klassenzimmer verdeut-licht. Ein weiteres Kapitel der Autorin ist der Bestandsaufnahme zur Rolle von Leseförderung in der europäi-schen Lehrerbildung und deren Per-spektive gewidmet.

ADoRE hat Best-Practice-modelle schulischen Leseunterrichts in Se-kundarstufen in allen Teilen Euro-pas untersucht. Das PISA-Siegerland Finnland (Risikoschüler lt. PISA 2006: 4,8%) war ebenso vertreten wie das europäische PISA-Schlusslicht Ru-mänien (Risikoschüler lt. PISA 2006: 53%). Als Ergebnis umfangreicher Er-hebungen qualitativer Daten und Stu-dien vor ort hat das ADoRE-Konsorti-um nun eine Publikation vorgelegt, in der 13 Schlüsselelemente guter Praxis in Unterricht, Schulprogrammen und Bildungspolitik definiert und an Bei-spielen veranschaulicht werden.1

isolierte Leseanimation greift zu kurzLeseförderung ist eine Aufgabe al-ler Unterrichtsfächer in allen Klas-senstufen während der gesamten Schulzeit. Leseförderung muss auf die gesamte Schülerpersönlichkeit zielen; isolierte Leseanimation oder Trainingsprogramme greifen zu kurz. Entscheidend ist die Veränderung des lese- und lernbezogenen Selbstbildes der schwachen Leserinnen und Leser. Erst wenn diese durch entsprechende positive Erfahrungen die Zuversicht gewonnen haben, dass sie Texte lesen und verstehen können, werden sie diese auch lesen wollen. Der Aufbau eines positiven Lese-Selbstkonzeptes ist darum das oberste Ziel aller maß-nahmen zur Leseförderung und das Herzstück der ADoRE-Philosophie.

Bildungssysteme, denen das Prin-zip der Förderung zugrunde liegt („supportive systems“), weisen einen weitaus effektiveren Leseunterricht auf als Bildungssysteme, die auf dem Leistungs- und Selektionsprinzip ba-sieren („selective systems“). Deutsch-land gehört bislang zu den Ländern, deren Bildungssystem besonders se-lektiv und wenig unterstützend ist.

Wenn Lehrkräfte aller Fächer schwache Lerner im Lesen gezielt fördern sollen, brauchen sie zunächst selbst Unterstützung: durch eine qua-lifizierte Ausbildung und Fortbildung, durch entsprechende Schulprogram-me und engagierte Schulleitungen,

durch multiprofessionelle Unterstüt-zungsteams in den Schulen (Schul-psychologen, Lese-Experten, Sozial-arbeiter etc.), durch Wissenschaftler, die eine praxisrelevante Forschung und Wissenstransfer betreiben, durch Kommunen und vor allem durch eine Bildungspolitik, die angemessene rechtliche und finanzielle Ressourcen zur Verfügung stellt.

hoch entwickelte expertise von Lehrkräften als bedeutsamer erfolgsfaktorDie Leseschwäche Jugendlicher kann nur durch qualitativ hochwertigen Unterricht effektiv bearbeitet werden: Die Veränderung von Unterricht ist da-rum das Hauptanliegen der ADoRE- Studie. Der ADoRE Reading Instruction Cycle stellt eine Alternative zum her-kömmlichen Unterricht vor. Seine grundlegenden Prinzipien sind die kontinuierliche Diagnose der Schü-lerfähigkeiten als Ausgangspunkt der Planung von Lernprozessen sowie die Einbeziehung der Schülerinnen und Schüler in die Definition von Lernzielen, die Auswahl von Lesestof-fen und die Erarbeitung von Lesestra-tegien sowie in die Überprüfung der eigenen Erfolge. Die Lehrkraft agiert dabei als „kompetenter Anderer“, der die Lernenden in die „Zone ihrer nächsten Entwicklung“ (Vygotsky) be-gleitet, sie berät und unterstützt, aber auch bis zu ihren Leistungsgrenzen herausfordert.

Der wichtigste Erfolgsfaktor einer im Unterricht kontinuierlich realisier-ten Leseförderung ist eine hoch ent-wickelte Expertise von Lehrkräften, die in der Lehrerausbildung und einer regelmäßigen Fortbildung gesichert werden muss.

Heutzutage verfügen selbst Deutsch-lehrkräfte in der Regel nur über unzureichende Kenntnisse der inzwi-schen hoch entwickelten Lesedidak-tik, Lehrkräfte anderer Fächer meist über gar keine. Eine systematische Lehrerfortbildung zur gestaltung eines guten, fachspezifischen Lese-unterrichts ist darum eine der drin-gendsten weiteren Aufgaben der Bildungspolitik. Um dieses Desiderat zu bearbeiten, haben Christine garbe und Karl Holle bereits ein neues EU-Projekt eingeworben: In BaCuLit2 wird es darum gehen, ein modularisiertes Kerncurriculum zur fächerübergrei-fenden Lehrerfortbildung in der Lese-didaktik für Europa zu erarbeiten. An diesem Projekt sind acht europäische Länder und zwei US-Experten betei-ligt. Es ist im Januar 2011 gestartet.

thoMAs von MAchui Dezernat Fortbildung (Amt für Lehrerbildung)

inFokAsten

Weitere Informationen unter: www.adore-project.eu. Unter „downloads“ findet sich der Artikel, in dem die Ergebnisse des ADoRE-Projektes ausführlicher beschrieben werden: garbe/groß/Holle/Weinhold: „Blick über den Zaun: Lese-förderung in Europa. Ergebnisse und Einsichten aus dem EU-Projekt ADoRE“. Erschienen in: Bayerisches Staatsmi-nisterium für Unterricht und Kultus/Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (Hrsg.): ProLesen. Auf dem Weg zur Leseschule. Leseförderung in den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern. Aufsätze und materialien aus dem KmK-Projekt „ProLesen“. Donauwörth: Auer Verlag 2010; Ansprechpartnerin im AfL: Dorothee gaile

1 Eine 18-seitige Zusammenfassung der Er-gebnisse („Executive Summary“) ist in deut-scher und englischer Sprache auf der Projekt-Homepage verfügbar: www.adore-project.eu. Als ein Ergebnis des Projektes wurde zu-dem ein internationales „Adolescent Literacy Network“ gegründet, dessen Aktivitäten auf der Homepage www.alinet.eu dokumentiert werden.

2 “Basic Curriculum for Teachers‘ In-service Trai-ning in Content Area Literacy in Secondary Schools”, Comenius multilateral Projects, www.baculit.eu

Der wichtigste Erfolgsfaktor einer im Unterricht kontinuierlich realisierten Leseförderung ist eine hoch entwickelte Expertise von Lehrkräften, die in der Lehrerausbildung und einer regel-mäßigen Fortbildung gesichert werden muss.

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viele hessische Schulen werden zunehmend mit interaktiven Whiteboards ausgestattet. In

manchen Schulen werden sie inzwi-schen sogar ausschließlich eingesetzt - es gibt dort keine klassischen Tafeln mehr. Weg von der Kreidetafel hin zu interaktiven Whiteboards lassen sich nun benutzerfreundlich Texte, Bilder, Schulbuchseiten, Internetseiten oder Videosequenzen aufrufen und bear-beiten. Entwickelte Tafelpräsentatio-nen können gespeichert und später als Datei oder Ausdruck allen Schü-lerinnen und Schülern zur Verfügung gestellt werden. Kurz: Das Klassenzim-mer verwandelt sich in ein interaktives Lernzentrum. Dies ist eine Herausfor-derung an eine zeitgemäße Lehrer-bildung im Sinne der Vorbereitung zukünftiger Lehrerinnen und Lehrer auf die veränderte mediale Wirklich-keit in den Schulen. Es bedarf dabei

im Besonderen auch der Vermittlung von methodischen und didaktischen Kompetenzen zur Nutzung der neuen medien im Unterricht.

mit seinem landesweiten Projekt „Interaktive Whiteboards in der hessi-schen Lehrerausbildung“ will das Amt für Lehrerbildung zukünftig Ausbilde-rinnen und Ausbilder zentral fortbilden sowie materialien und Empfehlungen für einen pädagogisch fundierten Ein-satz zur Verfügung stellen. Ziel ist es, alle Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst und somit Hessens Nachwuchskräfte mit der Anwendung des neuen Lehr- und Lernmediums sowie mit zukunfts-orientierten didaktisch-methodischen Unterrichtskonzepten vertraut zu ma-chen. In Kooperation mit dem Unter-nehmen SmART Technologies wurden alle hessischen Studienseminare mit neuen interaktiven Whiteboards aus-gestattet, so dass eine moderne tech-nische Ausrüstung gesichert ist.

kreidestaub und ausgetrocknete hände – all das scheint (künftig) ein relikt aus vergangenen ZeitenAber wie sieht er nun aus, der Unter-richt mit einem interaktiven White-board? Dr. Sabrina Alfonso weiß den Nutzen der neuen generation Tafeln sehr zu schätzen. „Internet, Fernseher, DVD, overheadprojektor, Tafel - alle medien aus einer Hand“, so bringt sie es auf den Punkt. Als Quereinsteigerin und somit Neuling im Schuldienst arbeitet sie im Unter-

richt von Beginn ihrer Lehrerkarriere an mit interaktiven Whiteboards.

Quietschende Kreidetafeln, nasse Schwämme, Kreidestaub und ausge-trocknete Hände - all das scheint für die junge Lehrerin ein Relikt aus ver-gangenen Zeiten. mit interaktiven Stif-ten und flinken Fingern zaubert sie in ihrem Unterricht Abbildungen, Filmse-quenzen, Internet- oder Lehrbuchsei-ten auf die Tafel. Alles, was an der neu-en Tafel (ent)steht, lässt sich einfach und schnell abändern, beschriften und natürlich speichern. Die Biologielehre-rin hat so die möglichkeit, Unterrichts-sequenzen zu dokumentieren, in der nächsten Stunde wieder einzusetzen oder für die Lerngruppe auszudru-cken. Zahlreiche intuitive Programme stehen zur Verfügung. So lassen sich zum Beispiel mit Hilfe von Abbildun-gen Frösche nach und nach sezieren, Herzen in 3D darstellen oder anhand von technisch aufwendigen Videose-quenzen der Blutkreislauf erklären. mit einer zusätzlichen Dokumentenka-mera können Hefte oder Arbeitsblätter an die Tafel projiziert und gemeinsam besprochen bzw. korrigiert werden.

Die Schülerinnen und Schüler freut es, besticht das neue medium nicht nur in der Einführungszeit durch einen enorm hohen Aufforderungs-charakter, vor die Klasse zu treten und an der Tafel zu agieren.

Praktisch findet Alfonso auch, dass sie die intuitive Software des Boards auf ihrem Laptop installiert hat. So

Jetzt ist es so weit: Die Zukunft beginnt. Das Amt für Lehrerbil-dung startete im März eine hessenweite Initiative zum Einsatz in-teraktiver Whiteboards in der Lehrerbildung. Immer stärker prä-gen Informations- und Kommunikationstechnologien den Alltag. Auch die klassischen Medien des Lernens verändern sich.

next generAtionkLAssenZiMMer verwAndeLn sich in MuLtiMediALe LernZentren

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kreide war gestern. heute wird in klassenzim-mern mit Laptop, spezialstiften und flinken Fingern an interaktiven whiteboards gelernt. (Foto: sabine stahl)

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kann die Tafel-oberfläche jederzeit am heimischen PC angezeigt und praktisch von zu Hause aus vorberei-tet werden. manche Kolleginnen und Kollegen hingegen bemängeln, dass Zeichnungen, wie zum Beispiel ein detailgetreues Auge für den Biolo-gieunterricht, am interaktiven White-board nicht gelingen, da die Vielfalt der klassischen Kreidefarben sowie die möglichkeit des Schraffierens feh-le. Auch reiche oftmals die Projekti-onsfläche des Whiteboards nicht für das klassische Tafelbild aus, das über die Stunde hinweg entwickelt wurde. Dr. Alfonso hält dagegen, dass eigen-händige Zeichnungen mit dem inter-aktiven Whiteboard fast überflüssig werden, da zahlreiche modifizierbare Abbildungen zur Verfügung stehen. Zudem weiß sie den Vorteil zu schät-zen, dass sie bei der interaktiven Ta-fel zwischen mehreren Tafelbildern hin- und herblättern, ältere Sequenzen wieder aufrufen und diese sogar ver-ändern oder Teile davon herausko-pieren kann. Ebenso fällt das zeitrau-bende und kostenintensive Herstellen von Farbfolien weg, da sich vielfarbige Abbildungen nun ganz bequem der Klasse präsentieren lassen. „Die Flexi-bilität eines interaktiven Whiteboards gegenüber einer klassischen Tafel ist unglaublich groß. Wichtig ist, dass man mit möglichst vielen Funktionen vertraut ist, und diese entsprechend einsetzen kann“, so die junge Lehrerin. Als Übergangslösung hat sich in ihrer Schule hauptsächlich im naturwissen-schaftlichen Bereich eine Kombination aus beidem bewährt: eine klassische Tafel neben einem interaktiven White-board. Das bietet vor allem skepti-schen Kolleginnen und Kollegen die möglichkeit, sich langsam dem neuen medium zu nähern, ihren Unterricht und somit auch die Unterrichtsvorbe-reitungen nach und nach umzustellen und vor allem die vielfältigen möglich-keiten kennenzulernen.

erprobte pädagogische Anwen-dungskonzepte zum whiteboard sind noch Mangelware„Was in der Tat bisher noch in vielen Kollegien fehlt“, ist der Leiter des Pro-jekts „Whiteboards in der hessischen Lehrerausbildung“, manfred König, überzeugt, „sind erprobte und an den Fächern orientierte pädagogische An-wendungskonzepte.“ mit seiner Initiati-ve will das Amt für Lehrerbildung künf-tige Lehrerinnen und Lehrer bereits in der Ausbildung noch stärker auf die Nutzung interaktiver Whiteboards

vorbereiten. „Deshalb haben wir ge-meinsam mit der Frankfurter goethe-Universität und der Firma SmART ein Konzept erstellt, um die Anwendung in der Lehrerausbildung zu etablieren“, erklärte manfred König weiter.

Der Hersteller SmART Technolo-gies stellte allen Studienseminar-standorten und den Tagungsstätten des AfL interaktive „SmART Boards“ zur Verfügung. Nun können die Semi-nare die neuen Tafeln in praxisnahen Unterrichtsszenarien und in die pä- dagogische Ausbildung der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst einbeziehen.

Während der Eröffnungsveranstal-tung zum landesweiten Projekt führ-ten Ausbilderinnen und Ausbilder zusammen mit Lehrkräften im Vorbe-reitungsdienst aus den Darmstädter Studienseminaren anhand von kurzen Unterrichtssequenzen der Öffentlich-keit anschaulich vor, wie die interak-tiven Tafeln in Schule, Unterricht und Lehrer(aus)bildung eingesetzt wer-den können.

Staatssekretär Heinz-Wilhelm Brockmann begrüßte die Initiative des Amtes für Lehrerbildung und die Be-reitschaft des Unternehmens SmART Technologies, die Entwicklung pä-dagogisch sinnvoller Konzepte in der Lehrerausbildung zu fördern. „Das Ler-nen mit und durch digitale medien ge-rade auch in der schulischen Bildung hat eine herausragende Bedeutung in einer Welt, die in Alltag, Wirtschaft und

Wissenschaft immer stärker durch In-formations- und Kommunikationstech-nologien geprägt wird.“

Der Vertreter von SmART Techno-logies, Frank Adameit, erklärte, dass das Unternehmen Anbieter von Kom-plettlösungen sei und Wert darauf lege, Hard- und Softwareprodukte im Bildungsbereich aufeinander abzu-stimmen. „Unser großes Interesse ist es, gemeinsam mit den Anwenderin-nen und Anwendern unsere „Lösun-gen“ ständig weiterzuentwickeln. Das macht für uns die Zusammenarbeit mit dem Amt für Lehrerbildung so be-deutsam.“ Frank Sauerland, Leiter des Amtes für Lehrerbildung, hob hervor, dass neue Technologien in den Schu-len nur dann sinnvoll genutzt werden könnten, wenn es dazu die passenden pädagogischen Konzepte gebe. „Dass wir nun so schnell die interaktiven Whiteboards quasi flächendeckend in der Lehrerausbildung zur Verfügung haben und testen können, ist ein klei-nes Wunder und eine große Chance

für uns. Wir sind entschlossen, diese Chance auch zu nutzen. Für das AfL ist die Lehreraus- und -fortbildung Kern-geschäft und mit dieser Kooperation tragen wir dazu bei, die Potenziale für besseres und zeitgemäßeres Lernen auszuschöpfen, die in den interaktiven Whiteboards angelegt sind.“

JustinA heinZ

Frank Adameit (sMArt technologies), Frank sauerland (Amt für Lehrerbildung), staatssekretär heinz-wilhelm brockmann (hessisches kultusministerium) (v.l.n.r.) und Lehrkräfte im vorbereitungs-dienst betrachten während der eröffnungsveranstaltung zum landesweiten Projekt „interaktive whiteboards in der hessischen Lehrerausbildung“ aufmerksam den einsatz der neuen tafeln in praxisnahen unterrichtsbeispielen. (Foto: sabine stahl)

Dass wir nun so schnell die interaktiven Whiteboards quasi flächendeckend in der Lehrerausbildung zur Verfügung haben und testen können, ist ein kleines Wunder und eine große Chance für uns.

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doch um wirksam das System Schule in der Unterrichts-, der Führungskräfteentwicklung

und der medienbildung unterstüt-zen zu können, ist eine solide, an der Zielgruppe orientierte Planung und Durchführung der Fortbildungspro-jekte notwendig.

Zunächst ist auf einer tragfähigen Basis zu eruieren, was überhaupt von wem benötigt wird. Nur wenn die Be-darfslage eindeutig er- und bekannt ist, können maßgeschneiderte Pro-gramme entwickelt werden, kann das Unterstützungssystem Fortbildung Schulen und Lehrkräfte wirksam in ih-rer Arbeit unterstützen. Daher ist die systematische Bedarfserhebung Be-standteil einer validen, konsistenten gesamtplanung. Doch mit der Erhe-bung des Fortbildungsbedarfs allein ist noch kein Fortbildungskonzept vorhanden, ist der landesweiten Be-darf noch nicht aggregiert, ist noch keine Finanz- und Ressourcenpla-nung für die rund 20 landesweiten

Projekte aufgestellt, ist die gesamt-koordination aller Projekte nur in ei-nem ersten Schritt erfolgt.

Um Akzeptanz zu sichern und Qua-lität gemeinsam zu entwickeln, braucht es also ein Steuerungs- und Prozess-modell, das transparent und mit den Prozesspartnern abgestimmt ist.

Im Amt für Lehrerbildung ist für die zyklisch wiederkehrende Planung ein solches Steuerungs- und Prozess-modell entwickelt worden, das mit dem Hessischen Kultusministerium abgestimmt ist.

Bei der Planung fließen aktuelle pädagogische und didaktische Ent-wicklungen und Neuerungen ein, um güte und Brauchbarkeit der Fortbil-dungen zu sichern. Eines ist dabei stets im Fokus der Arbeit: die qualitative Un-terstützung bei der Weiterentwicklung des Unterrichts und der Schule.

Wie verläuft der Prozess von der systematischen Bedarfserhebung bis zur gezielten Programmumsetzung im Amt für Lehrerbildung?

Mit der bedarfserhebung beginnt allesAm Amt für Lehrerbildung werden um-fangreiche, systematische Analysen der landesweiten Bedarfslage durchge-führt. Summarisch betrachtet bezieht sich diese Auswertung auf folgende Felder: bildungspolitische Vorgaben, konkrete meldungen der Schulen zu ih-rem Fortbildungsbedarf (diese werden dem AfL über die Staatlichen Schuläm-ter hinsichtlich landesweit erkennbaren Bedarfs gemeldet), Ergebnisse aus Evaluationen der Fortbildungsmaßnah-men, Erhebungen des Instituts für Qua-litätsentwicklung, außerdem zahlreiche nationale und internationale wissen-schaftliche Studien.1

Die berufsbegleitende Fortbildung ist ein wichtiges und wirksames Element bei der Qualitätsent-wicklung von Unterricht und Schule. Zahlreiche Untersuchungen weisen darauf hin, dass die Leh-rerfortbildung erheblichen Einfluss auf den Lernerfolg im Unterricht hat. Als zentraler staatlicher An-bieter von – vornehmlich landesweiten – Fortbildungen bietet das Amt für Lehrerbildung im Auftrag des Hessischen Kultusministeriums qualitätsgesicherte Angebote für Lehrkräfte an. Es unterstützt gezielt die Personalentwicklung in den Schulen und führt Weiterbildungskurse durch. Dafür wird ein bedarfsorientiertes, landesweit ausgerichtetes Programm gebraucht.

FortbiLdungsPLAnung AM AMt FÜr LehrerbiLdung –koordinAtion und steuerung

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Das nachfrageorientierte ge-samtbild entsteht am AfL somit aus der Zusammenführung von Analy-seergebnissen aus unterschiedli-

chen Feldern, die sich Top down und Bottom up ergeben. Ebenso fließen Ergebnisse aus Arbeits- bzw. Dienst-versammlungen mit anderen Insti-tutionen ein. Die systematische Zu-sammenführung mündet schließlich in eine belastbare Auswertung mit konkreten Empfehlungen für die im Amt für Lehrerbildung koordinierten Fortbildungsbereiche.

Die Analyseergebnisse werden zunächst amtsintern mit den verant-wortlichen organisationseinheiten (Abteilungs- und Dezernatsleitun-gen) vor dem Hintergrund des aus dem letzten Jahr bestehenden Pro-duktportfolios besprochen. Verände-rungsvorschläge werden diskutiert und pädagogische, didaktische, aber auch organisatorische und Ressour-cen bezogene Überlegungen in den Blick genommen. Ergebnis dieser Phase ist eine klare, von allen ge-tragene Vorstellung, welche Konse-quenzen und Veränderungen sich für die Fortbildungsplanung ergeben. Auf dieser grundlage konzipiert das Amt für Lehrerbildung dann sein Fort-bildungsangebot als Entscheidungs-vorlage für das HKm.

Programme müssen entwickelt und die strategische Ausrichtung abgestimmt werden Bevor mit der konkreten Planung der Fortbildungsprojekte begon-nen wird, finden mit allen inhaltlich betroffenen Referaten des ministe-riums Abstimmungsgespräche statt. grundlage für diese gespräche sind erste Planungsvorschläge, die Be-darfslage, wie sie sich aus Sicht des Amtes für Lehrerbildung darstellt, und die daraus gewonnenen Emp-fehlungen. In diesem Zusammen-hang wird ausgehandelt, welche in-haltlichen Elemente im kommenden Jahr umzusetzen sind. Auch auf der Ebene der Dienstbesprechungen

mit anderen Institutionen findet der Austausch statt. Am Ende dieses Prozessganges steht somit ein mit dem ministerium in grundsätzlichen

und strategischen Positionen abge-stimmtes Konzept, das als grundla-ge für die konkrete Projektplanung dient. Die Ergebnisse werden in die hauseigenen gremien im AfL rück-gekoppelt und der anlaufende ge-samtplanungsprozess gesteuert und koordiniert.

einheitliches Planungsinstrument für die FortbildungUm den Planungsvorgang sämtlicher Fortbildungsprojekte so effizient wie möglich zu gestalten, hat das AfL auf der grundlage der Erfahrungen der letzten drei Jahre ein hausinternes Planungsinstrument entwickelt, das für die Planung des Fortbildungsan-gebots 2012 erstmals eingesetzt wur-de, und zwar mit Erfolg.

mit diesem Instrument wird eine umfassende, einheitliche, transpa-rente und auf SAP basierte Fortbil-

dungsplanung für alle Projekte er-möglicht. Inhaltliche Leistungen und das gesamte Spektrum der Ressour-cenplanung sind nun leicht zugäng-lich. Als sinnvoll hat sich dabei in der vergangenen Planungsphase erwie-sen, inhaltliche Leistungen immer im direkten Bezug zu Ressourcen zu setzen. Da jede Leistung – ja selbst jede Teilleistung – in vollem Kosten-umfang betrachtet werden kann, be-stehen für alle am Prozess Beteiligten nachvollziehbare Rahmenbedingun-gen: sowohl bei internen wie bei zwi-schenbehördlichen Abstimmungs-gesprächen und Verhandlungen.

das herzstück: erstellung des Masterplans

Der weitere Prozessverlauf führt schließlich nach Prüfung sämtlicher Fortbildungsprojekte zur Erstellung des masterplans. Er gibt über alle Projektplanungen hinweg einen Überblick über den gesamten Perso-nal- und Sachaufwand. Für den Be-trachter des masterplans wird damit schnell eine Übersicht über alle rele-vanten Daten geschaffen, Verände-rungen in der Ressourcenzuweisung werden sofort deutlich. Im master-plan werden der gesamtaufwand je Projekt aufgeführt, und zwar auf-geschlüsselt nach Personal-, Sach-kosten und Umlagen, ebenso nach Fortbildungsbereich. Darüber hin-aus werden die gesamtkosten über alle Projekte hinweg sichtbar. Es be-steht so ein Überblick über die Res-sourcenlage – AfL-intern wie auch für das ministerium.

Nach Rückkopplung mit den in-haltlichen Referaten des ministeri-ums werden die gesamten Planungs-grundlagen in einen gesamtkatalog der Fortbildungsangebote überführt. Beide Teile der Fortbildungsplanung – sowohl die rund 20 Projektplanun-gen wie auch der masterplan – flie-ßen in den Katalog zur Fortbildungs-planung ein. Außerdem wird noch eine weitere Planungsgrundlage ein-gearbeitet – der meilensteinplan zur Fortbildungsplanung des Amts für Lehrerbildung. Dieser Katalog dient

als grundlage für die Verhandlun-gen über die inhaltliche Ausrichtung und die Ressourcen. Die gespräche werden mit dem Referat des minis-teriums, das für das Amt für Lehrer-bildung zuständig ist, und mit dem mandantenleiter Schulen, er ist für das gesamtbudget der Schulen zu-ständig, geführt.

das Finale: die kontraktvereinbarungIn den Aushandlungsgesprächen zwi-schen dem mandantenleiter Schulen und der Amtsleitung AfL wird die ge-samtplanung der Fortbildung mit dem

biLdung iM bLick

Der gesamte optimierungsprozess dient nur einem Ziel: der Unterstützung der schulischen Arbeit und damit den Schülerinnen und Schülern. Und zwar, in dem qualitätsvolle, am Bedarf ausgerichtete Fortbildung gesichert ist.

Um den Planungsvorgang sämtlicher Fortbildungsprojekte so effizient wie möglich zu gestalten, hat das AfL auf der Grundlage der Erfahrungen der letzten drei Jahre ein hausinternes Planungsinstrument entwickelt, das für die Planung des Fortbildungsangebots 2012 erstmals einge-setzt wurde, und zwar mit Erfolg.

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biLdung iM bLick

Ziel verhandelt, diese in einen Kon-trakt über zu erbringende inhaltliche Leistungen und hierfür benötigte Res-sourcen zu bringen. Nach Abschluss des Kontrakts und Zuweisung der Ressourcen werden die vereinbarten Planungen zielgerichtet umgesetzt und die Projekte in ihrer Umsetzungs-phase durch ein enges Controlling und Evaluationen begleitet.

Aufgrund der nachvollziehba-ren Datenlage, den transparenten Instrumenten und den miteinander verzahnten Abstimmungsprozessen kann das Amt für Lehrerbildung sein umfassendes, landesweit wirkendes Fortbildungsangebot anbieten.

Es ist vorgesehen, künftig während der laufenden Fortbildungsmaßnahmen quartalsweise valide Kennzahlen zu den dabei erbrachten Leistungen zu erhe-ben. Dadurch wird das Berichtswesen in seiner Aussagekraft qualitativ weiter ver-bessert. Ein dafür passendes Instrumen-tarium wird im Augenblick erarbeitet.

Alle diese maßnahmen sind – und das muss betont werden – kein Selbstzweck. Der gesamte optimie-rungsprozess dient nur einem Ziel: der Unterstützung der schulischen Arbeit und damit den Schülerinnen und Schülern. Und zwar, indem qua-litätsvolle, am Bedarf ausgerichtete Fortbildung gesichert ist.

MArkus geißeLMAnn (Koordination der Fortbildung, Amt für Lehrerbildung)

1 Wie beispielsweise: E. Klieme et al (Hrsg.): PISA 2009 – Bilanz nach einem Jahrzehnt. münster/New York/münchen/Berlin. Wax-mann 2010. – Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.): Bildung auf einen Blick 2010 – oECD-Indikatoren. - F. H. müller/ A Eichenberger/m. Lüders/J. mayr (Hrsg.): Lehrerinnen und Lehrer lernen: Konzepte und Befunde zur Lehrerfortbildung. münster. Waxmann 2010. – F. Lipowsky: Unterrichts-entwicklung durch Fort- und Weiterbildungs-maßnahmen für Lehrpersonen. In: Beiträge zur Lehrerbildung, 27 (3), 2009.

steuerungs- und ProZessModeLL FortbiLdungsPLAnung AM AMt FÜr LehrerbiLdung

Jedem Planungsschritt sind im Rahmen der meilensteinplanung

abgestimmte (HKm-AfL) zeitliche Setzungen zugeordnet, so dass der gesamtprozess neben der

inhaltlichen, der Ressourcengemäßen, auch in der zeitlichen

Dimension transparent ist.

Erstellung einer Bedarfsanalyse auf der grundlage verschiedener

Quellenfelder(AfL-Koordination der Fortbildung)

1

Abstimmungsgespräche zur strategischen Ausrichtung der Fortbildungsplanung mit den

Fachreferaten des HKm(AfL-Koordination der Fortbildung)

2

Kommunikation und Diskussion der Planungsgrundlagen

(Inhalte, Ressourcen) amtsintern mit dem Ziel, eine einheitliche

Position herzustellen(AfL-Koordination der Fortbildung)

3

Erstellung einer ersten Planung auf grundlage der Ergebnisse

(AfL-Koordination der Fortbildung)

4

Prüfung der gesamten Fortbildungsplanungen. Erstellung

des masterplans Fortbildung (mit allen landesweiten Projektplanungen des

AfL). Erstellung des Fortbildungs- kataloges des AfL aus dem Inhalte,

Ressourcen, meilensteine, masterplan und Projektplanungen aller Einzel-

projekte des AfL hervorgehen.(AfL-Koordination der Fortbildung)

5

Abstimmung des Programms mit den Fachreferaten des HKm(AfL-Koordination der Fortbildung)

6

Abschlussverhandlung mit den zuständigen organisationseinheiten

im AfL (Abteilungen) und dem mandantenleiter Schulen (HKm).

Vereinbarung des Kontraktes(Amtsleitung/AfL-Koordination

der Fortbildung)

7

Zuweisung des Fortbildungsbudgets. Kontrakte zwischen dem HKm und

a) Amtsleitungb) Abteilungsleitung

c) Fortbildungsdezernenten(Amtsleitung/AfL-Koordination

der Fortbildung)

8 Umsetzung des Programms mit monatlichem Controlling, Berichtswesen und Evaluation

Nach der Aufstellung des Haushalts für das folgende Jahr

erneuter Prozessbeginn

9

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visibLe LeArning – betrAchtungen Zur PubLikAtion von John hAttie

Anliegen und Anlage der Studie / Die zentralen Einflussgrößen für den Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern bilanzieren – dies ist die Substanz der viel zitierten Hattie-Studie. Aber die Studie ist mehr als irgendeine Bilanz, vielmehr geht es um einen einzigartigen Überblick über die internationale Lehr- und Lernforschung. Die Arbeit ist vor allem aus zwei Gründen einzigartig. Erstens wird zum ersten Mal eine Forschungsarbeit über das breite Spektrum von 138 Einflussfaktoren zum Lernerfolg vorgelegt. Und zweitens wird zum ersten Mal der Versuch einer Gesamtschau aller Studien unternommen, die zu diesen Einflussfaktoren (in englischer Sprache) vorliegen. Grundlage der Forschungsbilanz sind über 50.000 Studien. Wir haben es mit der größten Datenbasis zur Unterrichtsforschung zu tun, die jemals zur Verfügung stand. Einen breiteren Erkenntnisstand gibt es bislang nicht.

obwohl Hattie an der Studie 15 Jahre gearbeitet hatte, so ist eine solche Übersicht nicht

durch die Lektüre aller dieser Studien und durch eine inhaltsanalytische Aus-wertung möglich. Vielmehr wurde ein statistisches Verfahren angewandt, bei dem die zentralen Ergebnisse einzelner Studien zu einem Untersuchungsbereich erfasst und miteinander in Beziehung gesetzt werden können. Hattie hatte auf 800 solcher sogenannter „meta-Ana-lysen“, denen die erwähnten 50.000 Studien zugrunde liegen, zurückgrei-fen können. Hatties Studie ist also eine Analyse dieser 800 „meta-Analysen“. Ein solch ambitiöser Versuch ist nur durch ein methodisches Verfahren möglich, das es erlaubt, über ganz verschiedene Studien hinweg Ergebnisse miteinander

zu vergleichen. Dazu bedient man sich sogenannter „Effektmaße“, die etwas über die praktische Wirksamkeit von Einflussfaktoren aussagen.

Bei dieser Untersuchungsmethode darf nicht übersehen werden, dass ein Vergleich von Daten über viele Studi-en hinweg nicht unproblematisch ist. Auch wenn bei meta-Analysen bei der Auswahl der auszuwertenden einzel-nen Studien bestimmte methodische Standards gesetzt werden, so muss dennoch darauf hingewiesen werden, • dass die methodische und inhaltli-

che Qualität der einzelnen Studien sehr unterschiedlich ist;

• dass die berücksichtigten Studien über einen breiten Erfassungszeit-raum von mehreren Jahrzehnten streuen;

• dass über die jeweils untersuchte maßnahme und über die güte ihrer empirischen Erfassung nichts be-kannt ist;

• dass die erfassten Studien das ge-samte Spektrum des Bildungswesens abdecken (Vorschule, Schule, Hoch-schule, Erwachsenenbildung) und

• dass Aussagen über das Zusam-menwirken einzelner Komponenten in einem gesamtkonzept metho-denbedingt nicht möglich sind.

Das unbestrittene Verdienst solcher Analysen liegt darin, dass über viele Un-tersuchungen hinweg zentrale Einfluss-größen identifiziert werden können.

Bei der Bewertung der Ergebnisse orientiert sich Hattie an den erwähnten Effektmaßen. Hattie geht es nicht um

erForscht und entwickeLt

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erForscht und entwickeLt

die Frage „What works?“, sondern um die Frage „What works best?“ Deshalb folgt er nicht der Konvention und be-achtet Einflussfaktoren ab einem maß von d > .20 (ab hier wird von kleinen Effekten gesprochen), sondern erst ab einem Wert von d > .40, weil erst ab diesem Schwellenwert mehr erreicht wird als der durchschnittliche Zuwachs eines Lernjahres durch normalen Un-terricht. Von den 138 Einflussfaktoren befinden sich 66 Faktoren über diesem Schwellenwert von d >.40; Hattie nennt ihn „hinge-point“. Im Übrigen lassen sich 31 Einflussgrößen identifizieren, die unterhalb des Schwellenwertes von d > .20 bleiben, der anzeigt, dass prak-tisch keine Effekte vorliegen.

Vor diesem Hintergrund identifiziert Hattie wirkungsmächtige und unwirk-same Einflussfaktoren. mit diesem An-liegen verbindet sich auch der Buchti-tel: Der Band „Visible Learning“ ist der Versuch, Wirksamkeit von Lernprozes-sen „sichtbar“ zu machen (und zwar im Sinne von erkennbar, thematisierbar, einsehbar, belegbar, einsichtig und ver-handelbar) – im Interesse einer empirie-gestützten Bildungsplanung und Schul-entwicklung.

hauptlinien der ergebnisse In Anbetracht der Ergebnisvielfalt und der umfangreichen, aber dennoch komprimierten Berichterstattung las-sen sich die Ergebnisse eigentlich nicht in knapper Form zusammen-fassen. Besondere Aufmerksamkeit müssten darüber hinaus die Folge-rungen erfahren, die aus den For-schungsergebnissen zu ziehen wären und die nachhaltige Auswirkungen für Handlungsperspektiven einzunehmen hätten. Im Vorliegenden lassen sich deshalb nur die ‚Hauptlinien’ zu den Ergebnissen und zu den Handlungs-perspektiven aufzeigen.

Betrachtet man die Faktoren über dem ‚Hattie-Schwellenwert’ von d > .40 (moderater Effekt) und unter dem Schwellenwert von d > .20 (kein Effekt), so zeigen sich gleich auf den ersten Blick zwei Auffälligkeiten. Erstens: Die wich-tigsten Faktoren zur Vorhersage von Lernerfolg sind Vorwissen und kognitive grundfähigkeiten, die in der Regel mit weiteren Faktoren wie sozioökonomi-scher Status, Anregungsgehalt und En-gagement des Elternhauses verknüpft sind. Zweitens: Unter den wirksamen Einflussfaktoren („What works best?“) befinden sich viele Variablen, die den Unterricht und das Lehrerverhalten be-treffen, und wenige Faktoren, die sich auf strukturelle und organisatorische maßnahmen beziehen. Dieses Ergeb-

nismuster verweist auf die herausragen-de Bedeutung der Lehrperson für den Lernerfolg, und zwar sowohl hinsichtlich personaler merkmale (Einstellungen, Haltungen) als auch hinsichtlich kon-kreter unterrichtlicher Verhaltensweisen (Unterrichtsskripte).

Dementsprechend ist es nicht überraschend, dass die strukturbezo-genen Einflussgrößen überwiegend am Ende der Hattie-Rangreihe von 138 Variablen liegen. Klassenwieder-holung befindet sich auf dem drittletz-ten Rang (Effektmaß -.16), die Klassen-größe auf dem 106. Rang (Effektmaß .21). merkmale, die auf eine klassen-, schultyp- oder schulformbezogene Eingruppierung der Schülerinnen und Schüler nach Rasse, geschlecht, Reli-gion oder Leistungsfähigkeit verwei-

sen, liegen mit niedrigen Effektmaßen im unteren Quartil der Rangreihe und unterhalb des .20-grenzwertes, der keinen Effekt anzeigt.

Diesen Erkenntnisstand vor Au-gen könnte man auch von einem Pri-mat personaler Einflussgrößen vor strukturellen Einflussgrößen spre-chen. Für Hattie sind dabei zwei Hal-tungen von entscheidender Bedeu-tung: Erstens wünscht er sich eine Unterrichtsgestaltung mit den Augen der Lernenden: „If the teacher’s lens can be changed to seeing learning through the eyes of students, this would be an excellent beginning.“ (Hattie 2009, S. 252) Zweitens haben für ihn evaluative orientierungen beim Lehren und Lernen einen zen-tralen Stellenwert: Alle Informationen, die Auskunft über Lernmöglichkeiten, Lernstand, Lernprozesse und Lerner-träge der Schülerinnen und Schüler liefern, sind von besonderem Inter-esse. Folgende Fragestellungen sind dabei für ihn konstitutiv: „Where are you going?“ „How are you going?“ „Where to next?“ Dabei hat er die Empirie auf seiner Seite: „Formative Evaluation“ steht an erster Stelle der beeinflussbaren Einflussfaktoren (Ef-fektmaß .90); mit dem Wert .74 nimmt „Feedback“ ebenfalls einen heraus-gehobenen Platz ein.

Schaut man sich die entsprechen-den Ergebnisse im Einzelnen an, so wird ein muster erkennbar, das sich aus folgenden zentralen Lehr-Lern-Komponenten zusammensetzt:

1 Evaluative Lehr- und Lernhaltungen sowie eine entsprechende Schüler-orientierung (mit den Augen der Lernenden!);

2 Strukturierung, Regelklarheit, Klas-senführung (direkte Instruktion, „classroom management“);

3 Aktivierende Lernstrategien wie rezi-prokes Lernen (.74), meta-kognitive Strategien (.69), „self-questioning“ (.64), problemlösendes Lernen (.61), kooperatives Lernen (.59) oder „peer tutoring“ (.55);

4 humaner Umgang und lernförderli-ches Klima.

Dieses Komponentenbündel zeigt im Übrigen hohe Entsprechungen zum Qualitätsbereich VI „Lehren und Ler-nen“ des Hessischen Referenzrahmens Schulqualität.1

Auffallend ist in der Hattie-Zusam-menstellung, dass Elemente der direk- ten Instruktion (nicht zu verwechseln mit lehrerzentriertem Frontalunterricht!) in einer Balance zu schülerorientierten Lernstrategien und Lernprozessen ste-hen, insbesondere sind hier zu nennen: metakognitive Strategien, Selbstverba-lisierung, „mastery learning“, „concept mapping“ und reziprokes Lernen.2 Feed-back und formative Evaluation können dabei als Bindeglieder gesehen werden.

Voraussetzung für die Wirksamkeit dieser Lehr- und Lernstrategien ist ihre Anwendung in der Praxis. Die vorherr-schenden pädagogischen Haltungen und Unterrichtsskripte stehen dem häufig entgegen.

Neben den unterrichtsbezogenen Einflussfaktoren ist auch curricularen ma-terialien und Programmen eine erhöhte Wirksamkeit zuzusprechen, beispiels-weise Programmen zur Leseförderung schwächerer Schülerinnen und Schüler. Diese curricularen „Steuerungsinstru-mente“ nehmen in den Schulsystemen der deutschen Länder einen eher rand-ständigen Stellenwert ein. Da deutsche Lehrerinnen und Lehrer unerfahren sind, mit unterrichtslenkenden Programmen dieser Art zu arbeiten (siehe z. B. den Umgang hessischer Schulen und Schul-ämter mit Elementen des kalifornischen Programms „Reading for Understan-ding“ im Rahmen des „Strategischen Ziels 2“), dürften solche maßnahmen nicht auf Anhieb erfolgreich sein.

Ein weitgehend ‚brachliegendes’ Feld im deutschen Schulwesen stellt

If the teacher’s lens can be changed to seeing learning through the eyes of students, this would be an excellent beginning.

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eine systematische Elternarbeit dar, die laut Hattie sehr einflussreich sein kann (.51). Sie könnte insbesondere für die „bildungsfernen“ Elternhäuser hilfreich sein, und zwar im Hinblick auf elterliches Unterstützungsverhalten und elterliche Umsorgung, was Lern-einstellungen und Lernverhalten ihrer Kinder anbelangt.

Die Analyse von Hattie enthält auch Befunde, die mit Enttäuschun-gen verbunden sind. Aus pädagogi-scher Sicht überrascht beispielsweise, wie wenig wirksam offene Lernfor-men (.01), jahrgangsübergreifender Unterricht (.04), außerschulisches Lernen (.09), problemorientiertes Un-terrichten (.15) und Team Teaching (.19) sind. Was offene Lernformen an-belangt, so vermutet Eckhard Klieme im Anschluss an Hattie, dass sie für den Aufbau „intelligenten Wissens“ nur relevant sind, „(…) wenn sie mit klarer Strukturierung und herausfor-dernden, kognitiv aktivierenden In-halten einhergehen.“3 In Anbetracht der hohen Erwartungen an einer In-dividualisierung unterrichtlicher Pro-zesse gilt es kritisch auf das geringe Effektmaß von .23 hinzuweisen, das auch aufgrund der großen Datenba-sis von 600 Studien unbedingt ernst zu nehmen ist. Dazu Eckhard Klieme: „Empirisch gibt es nur geringe Bestä-tigung für die Lernwirksamkeit von ‚individuellem Unterricht’ per se, aber starke Belege für bestimmte wohl-strukturierte maßnahmen.“4 Individu-alisierung wie auch andere ‚offenere’ Lehr- und Lernformen bedürfen of-fenbar der strukturellen Einbettung und einer Ausbalancierung mit ande-ren Lehr- und Lernstrategien. Die bil-dungspolitische und pädagogische Zielsetzung einer Individualisierung

sollte deshalb in einem gesamtkon- zept verankert werden. Dabei ist da- rauf zu achten, dass mit dem Anspruch die Lehrerschaft bzw. der Schulalltag nicht überfordert werden. Im Übrigen versteht Hattie unter Individualisie-rung keinen auf die einzelne Lernper-son zentrierten Unterricht, vielmehr eine achtsame evaluative Ausrich-tung auf die Lernfortschritte und auf

die Verstehensprozesse für jeden ein-zelnen Lernenden (S. 241).

handlungsperspektiven Abschließend sollen einige Perspek-tiven wenigstens noch stichwortartig angesprochen werden:

1 Ein Vergleich zentraler Hattie-Be-funde mit den bildungspolitischen Empfehlungen des PISA 2009-For-schungskonsortiums5 zeigt hohe Übereinstimmungen, insbesondere hinsichtlich maßnahmen zur För-derung schwächerer Schülerinnen und Schüler (z. B. „repeated reading programs“ (.67), „comprehensive interventions for learning disabled students“ (.77)), aber auch hinsicht-lich von Vorhaben zur Förderung der Leistungsspitze, ferner zur Kom-petenzorientierung und zu curri-cularen Programmen (wie SINUS in Deutschland) sowie im Hinblick auf Lehrerfortbildungsmaßnahmen („professional development“ (.62)).

2 obwohl nahezu unwirksam, konzen-trieren sich bildungspolitische maß-nahmen in der Regel auf Strukturmaß-nahmen und Arbeitsbedingungen (S. 257). Reformen, die Unterricht (Lehrstrategien und Lernkonzepte) fokussieren, kommen dabei zu kurz (S. 255). Dass entsprechende Quali-fizierungsmaßnahmen hochwirksam sein können, weisen die Effektmaße zu „professional development“ (.62) und „mikroteaching“ (.88) nach. Letzt-genannte maßnahme nimmt den zweithöchsten Wert der beeinfluss-baren Variablen ein. Veränderungen in den pädagogischen Haltungen und Verhaltensweisen (beliefs und scrips) sind allerdings nicht einfach herbeizuführen und sind zudem kos-

tenintensiv. „The costs to make the implementations recommended in this book are among the more ex-pensive, but the claim is that they are the right ones on which to spend our ressources.“ (S. 257) Insofern wäre ein stufenweiser Ausbau entsprechen-der Lehrerbildungs-maßnahmen empfehlenswert, die sich zunächst auf die Berufsanfänger (nach dem

Referendariat) und auf Lehrpersonen mit besonderen Arbeitsbedingun-gen konzentrieren sollten.

3 Innovationen im Schulwesen sind häufig überfrachtet, fragmentiert, inkohärent und unkoordiniert (S. 2). Die einzelnen Instrumente bedürfen vielmehr der „orchestrierung“; eine „Synchronisierung“ der verschie-denen Handlungsebenen (System-, Schul- und Unterrichtsebene) und der dort jeweils tätigen Akteure ist im Interesse einer wirksamen Bil-dungsplanung und Schulsystem-steuerung unverzichtbar.6

uLrich steFFens (Institut für Qualitätsentwicklung)

„Visible Learning. A synthesis of over 800 meta-analyses relating to achievement“ von John A. C. Hattie (London & New York: Routledge, 2009)

1 Steffens, Ulrich; Benisch, Ellen; Brömer, Bärbel; Diel, Eva; Höfer, Dieter; Knab, Joachim und Schreder, gabriele: Hes-sischer Referenzrahmen Schulqualität – Qualitätsbereiche, Qualitätsdimensio-nen und Qualitätskriterien. Wiesbaden: Hessisches Institut für Qualitätsentwick-lung, oktober 2008.

2 metakognitive Strategien sind Strategien zur bewussten Regulation bzw. aktiven Kontrolle des eigenen Lernprozesses. Selbstverbalisierung stellt eine kognitive modellierung dar und ist eine methode zur Rekonstruktion von eigenen Lernpro-zessen, z. B. bei der Suche nach fehlerhaf-ten Lösungswegen oder im Interesse einer besseren Selbstwahrnehmung. „mastery learning“ beabsichtigt ein zielerreichen-des Lernen durch eine individuumsbezo-gene Abstimmung von Lernzielen mit den Vorkenntnissen des Lernenden. „Concept mapping“ ist eine methode zur grafischen Darstellung von Wissen im Interesse einer ordnungsstruktur von zu erlernenden Inhalten. Beim „reziproken Lernen“ wech-seln Schülerinnen und Schüler die Rolle von Lernende und Lehrende – je nach ih-rem Wissensstand.

3 Klieme, Eckhard: Individuelle Förde-rung. Politische Ziele – Pädagogische Konzepte – Empirische Befunde. Folien-präsentation zum Vortrag im Hessischen Kultusministerium am 26. oktober 2010. Frankfurt/m.: Deutsches Institut für In-ternationale Pädagogische Forschung (DIPF), oktober 2010, Folie 30.

4 A. a. o, Folie 31. 5 Klieme, Eckhard; Arteilt, Cordula; Hartig,

Johannes; Jude, Nina; Köller, olaf; Pren-zel, manfred; Schneider, Wolfgang und Stanat, Petra (Hrsg.): PISA 2009 – Bilanz nach einem Jahrzehnt. münster et al.: Waxmann, 2010, S. 294 ff.

6 Steffens, Ulrich: Plädoyer für ein koordi-niertes Zusammenspiel in der Schulsys-temgestaltung. In: Die Deutsche Schule 101 (2009), Heft 3, S. 277-284.

Im Übrigen versteht Hattie unter Individualisierung keinen auf die einzelne Lernperson zentrierten Unterricht, vielmehr eine achtsame evaluative Ausrichtung auf die Lernfortschritte und auf die Verstehensprozesse für jeden einzelnen Lernenden.

erForscht und entwickeLt

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die Zeit verging schnell für ca. 160 schu-len, die sich hessenweit seit zwei Jahren an dem Fortbildungsprojekt des Amtes für Lehrerbildung zum kompetenzori-entierten unterricht in Mathematik und naturwissenschaften beteiligten. Eine Zeit angefüllt mit reichlich Aktivitäten, Tagungen und Konferenzen, galt es doch, Netzwerke zu bilden, Erfahrungen auszutauschen, Lernszenarien zu gestal-ten, Forschungsergebnisse zu analysie-ren und sich in Fachgruppen und Teams über Konsequenzen für die eigene schu-lische Praxis zu verständigen. Über 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren am 11. mai ins Frankfurter gallusviertel gekommen, Lehrkräfte, Schulleitungen, Fortbildende aus den Staatlichen Schul-

ämtern, Studienseminaren und Hoch-schulen. Das Projekt des AfL fand an diesem Tage zwar seinen „formalen“ Abschluss, nicht aber die begonnene Entwicklungsarbeit in den Schulen.

Das machten auch die Präsentatio-nen aus einigen Schulen deutlich, die während der Tagung in einer Ausstel-lung gelungene und erprobte Beispie-le aus der Unterrichtspraxis vorstellten. Christoph maitzen, Projektleiter aus dem AfL, konnte daher auch zufrieden

feststellen „dass der Ansatz, den wir gemeinsam entwickelt haben, in den Schulen angekommen ist.“ Denn in die-sem Konzept lassen sich ohne weiteres Fortbildung und Schulentwicklung mit-einander verbinden. Wie erfolgreich ein solches Unterstützungsangebot tatsächlich ist, zeigt sich jedoch erst in seiner Wirkung in der schulischen Praxis. „Und dazu haben die Schulen selbst beigetragen. Die Bereitschaft, das Thema „Kompetenzorientierung“ zum eigenen Thema zu machen und es für die eigene Schul- und Unterrichts-entwicklung zu nutzen, hat die guten Ergebnisse, die wir heute zur Kennt-nis nehmen können, erst möglich ge-macht“, ist maitzen überzeugt.

Ralph Hartung vom Hessischen Kul-tusministerium stellte in seinem gruß-wort die Verbindung zur Entwicklung der Bildungsstandards und der Schul-curricula her. Ab 1. August gelten in Hes-sen die neu entwickelten Kerncurricula. Auf deren Basis können die Schulen eigene Schulcurricula entwickeln. Darin legen sie fest, wie der Kompetenzauf-bau konkret betrieben werden soll und mit welchen Inhalten und didaktischen Formaten im Unterricht gearbeitet wird. Das Schulcurriculum orientiert sich ge-zielt an der konkreten Situation der je-weiligen Schule. Das ministerium wird demnächst den Schulen dazu fachliche Leitfäden zur Verfügung stellen. Die-se bieten beispielhafte Auszüge aus Schulcurricula, stellen Bezüge zu den einzelnen Fächern her und beschreiben geeignete Unterrichtssequenzen. Die Leitfäden sollen zugleich ein offenes In-strument der Planung und Entwicklung

sein und sukzessive mit „guten Beispie-len aus der Praxis“ erweitert werden.

Wirkungsvoll ist ein Fortbildungs-projekt gerade dann, wenn die betei-ligten Lehrerinnen und Lehrer die ent-wickelten materialien und methoden in ihr „persönliches Unterrichtsrepertoir“ übernehmen. Darin zeigt sich auch sei-ne Nachhaltigkeit. Nicht zuletzt deshalb war das Fortbildungsprojekt in den ein-zelnen Schulen verankert, getragen von Kollegien, Fachgruppen und regionalen Netzwerken. Die so gewonnene Nach-haltigkeit nützt den Schulen gewiss auch bei weiteren Entwicklungsaufga-ben wie z. B. bei der Erarbeitung eines Schulcurriculums. Dies gilt auch für die Institutionen des schulischen Unterstüt-zungssystems, die aus dem erfolgrei-chen Verlauf des Projekts Rückschlüsse für die Entwicklung künftiger Fortbil-dungsangebote ziehen können.

Als besonderer Höhepunkt der Abschlussveranstaltung referierte der Hamburger Bildungsforscher Peter Struck über internationale und natio-nale Reformansätze in Schule und Bil-dung. Immerhin gelten von den rund 43.000 Schulen in Deutschland inzwi-schen etwa 5.000 als „hervorragend“. Seit dem PISA-Schock habe sich eini-ges zum Positiven entwickelt.

Doch es werde weitere große An-strengungen brauchen, wenn sich das Schulsystem in Deutschland insgesamt weiter verbessern solle. Der Bildungs-forscher plädierte, Erkenntnisse der Hirnforschung und der Lernforschung stärker als gestaltungsgrundlagen für guten Unterricht zu nutzen. wALter Zoubek

koMPetenZorientierung ALs eLeMent der schuL- und unterrichts- entwickLung – Abschlussveranstaltung zum Fortbildungsprojekt „kompetenzorientiert unterrichten in Mathematik und naturwissenschaften“

das Amt für Lehrerbildung war auf den hochschultagen 2011 bei der Fach-tagung „sprachen“ vertreten. organi-siert und moderiert wurde diese von dr. karl-heinz Jahn, studienseminar in darmstadt, gemeinsam mit Prof. grundmann/hamburg. Zu den The-men Umgang mit Fachsprache, För-derung der Lesekompetenz und zur kulturellen Praxis im Unterricht an Be-ruflichen Schulen konnten wichtige Re-ferentinnen und Referenten gewonnen werden: michael Bachmann von der gutenbergschule, Frankfurt referierte über Theater in der Schule. Slam Poe-

try als eine möglichkeit, Schülerinnen und Schüler für Literatur zu begeistern, stellte Dr. Alexander Deppert von der Alice-Eleonorenschule in Darmstadt vor, und das Studienseminar in Kassel unter Leitung von Jürgen Schröter- Klaenfoth war mit der Präsentation eines Filmprojektes vertreten. margitta Köhler- Knacker vom Fortbildungsteam im AfL verdeutlichte in ihrem Beitrag, dass Lese- und Sprachförderung auch im Fachunterricht an Beruflichen Schulen sinnvoll ist, und stellte möglichkeiten und methoden zum selbstständigen Erarbeiten von Fachtexten vor. In einem

weiteren Beitrag machte Dr. Jahn deut-lich, wie durch die Einbindung von ak-tuellen Beispielen aus den medien die Arbeit mit Fachtexten lebens- und pra-xisnah gestaltet werden kann.

Der aktuelle EU-Bildungsbericht verweist auf die nach wie vor drin-gende Verbesserung und Förderung der Lesekompetenz. Das Fortbil-dungsteam im AfL stellt u.a. dazu Ab-rufangebote für Schulen bereit.

Infos dazu unter: http://afl.lakk.bildung.hessen.de/beruf/index.html

MArgittA köhLer-knAcker

voM sLAM Poetry bis schuLtheAter: beiträge des AfL auf den hochschultagen berufliche bildung in osnabrück

PinboArd

schulen machen das thema kompetenz-orientierung zu ihrem eigenen

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PinboArd

kunst verbindet Menschen mit unter-schiedlichen Fähigkeiten – auch über verschiedene Arbeitsfelder hinaus.

Die zweite Kunstausstellung zum Thema „Kunst macht Schule“ im Pä-dagogischen Haus in Wiesbaden, die im märz dieses Jahres feierlich eröffnet wurde, stellte den inklusiven Blick in den mittelpunkt. Eine inklusi-ve Sichtweise beinhaltet die Abkehr von der Defizitperspektive und rich-tet den Blick auf die Bedürfnisse des Individuums, unabhängig von ge-schlecht, Herkunft, Kultur, Religion und den eigenen Fähigkeiten. Durch die enge Kooperation zwischen den Studienseminaren und dem Verein „Kunstwerker“ konnten vielfältige Ex-ponate von Kindern, Lehrkräften und Referendarinnen und Referendaren ausgestellt werden. Was sie verbin-det, ist der gedanke der Inklusion, bei dem es darum geht, Unterschiede pro-duktiv wahrzunehmen und für einen gestaltungs- oder Erlebnisprozess zu nutzen. Dabei steht nicht mehr die In-tegration einer bestimmten gruppe, sondern die gleichberechtigte Teilha-be aller Kinder und Jugendlichen im Vordergrund. Die ausgestellten Expo-nate verbinden Räume, unterschiedli-che Standorte und Institutionen: Kunst verbindet menschen.

„Immer wieder anders“ – die mal-werkstatt am Samstag – hat sich in den letzten Jahren zu einem vielfach wahr-genommenen Angebot für Kinder mit und ohne Behinderung gleichermaßen entwickelt. Diese Form der offenen Ju-gendarbeit wird vom Studienseminar aus mitbegleitet. Die grundidee des Konzeptes – vom individuellen Aus-druck zum gemeinsamen Farberlebnis – basiert auf der Überzeugung, dass das Erfahren des persönlichen Ausdrucks die grundlage des schöpferischen Tuns in der gemeinschaft darstellt und zieht sich wie ein roter Faden durch die EigenArt-Reihe. Vermeintliche grenzen werden aufgelöst und es wird Einfluss auf die gestaltung sozialer Prozesse genommen. Hatte sich EigenArt I noch ausschließlich mit dem individuellen Ausdruck beschäftigt, so wurde bei EigenArt II der Ansatz durch das ge-stalten gemeinsamer Bilder („Zusam-menbilder“) erweitert.

Ein weiteres Vorhaben betont das gemeinsame Arbeiten von Lehrkräften im Vorbereitungsdienst und im Schul-dienst. Die Kooperation zwischen den Studienseminaren und den „Kunst-werkern“, die sich mit gestaltungsan-

geboten an Kinder und Jugendliche wendet, findet seit mehreren Jahren statt. Angehende Lehrkräfte erpro-ben hier künstlerische Umsetzungs-möglichkeiten unter der fachlichen Begleitung von Kunstpädagogen. In diesem Jahr wurde unter dem Leitthe-ma „Heterogenität“ der Frage künstle-risch nachgegangen: Wie kann durch kreativ-gestalterische Angebote in der Schule verantwortungsvolles, wert-orientiertes Handeln von Kindern und Jugendlichen gefördert werden?

Diese Frage wird durch fächerüber-greifende Projektvorhaben bearbeitet, die gemeinsam geplant, durchgeführt und ausgewertet werden. Das Beson-dere: An den Veranstaltungen nehmen Lehrkräfte aus dem Vorbereitungs- und aus dem Schuldienst teil. mit der Ziel-setzung, „Kunst macht Schule – mit Kunst Werte begreifen“ sollen die Akzeptanz der unterschiedlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten von Schülerinnen und Schü-lern, divergierende ethisch-religiöse Auffassungen, Toleranz und gegensei-tige Wertschätzung gefördert werden. Wie gelingt so etwas?

In einer grund- und Förderschule in Idstein werden die Außenwände ei-nes Begegnungsortes gestaltet. ganz anders geht die Schule für Erziehungs-hilfe in Wiesbaden das Thema an: Dort werden aus müll gebrauchs- und Kunstgegenstände hergestellt, um die Bedeutsamkeit der müllvermeidung und einen wertschätzenden Umgang mit Rohstoffen zu erfahren. In geisen-heim gestaltet die Förderschule für Lernhilfe Skulpturen zum Thema „Wir bauen eine Arche“. Das Vorhaben soll die gemeinschaft fördern und zum Identifikationssymbol werden. In eine ganz andere Richtung zielt das Vor-haben in einer grundschule in Wies-baden. Dort wird ein konfessionell

übergreifender Entlassgottesdienst am Ende der grundschulzeit gemeinsam geplant, wobei kreative gestaltungs-elemente verwendet werden. Die Pro-jekte sind auf Nachhaltigkeit ausgelegt und werden gemeinsam von Ausbil-dern, Künstlern und mentoren vor ort mit den LiV begleitet und evaluiert.

Die hier skizzierten Vorhaben bil-den nicht das gesamte Spektrum der Projekte und Vorhaben im Rahmen der Ausstellung ab. Aber sie illustrieren an einigen Beispielen gelungene Schrit-te in Richtung „Kunst macht Schule – Kunst verbindet”

dr. thoMAs hoLZbeck Studienseminar gHRF Wiesbaden

„kunst MAcht schuLe – kunst verbindet” eine Ausstellung im Pädagogischen haus in wiesbaden

eröffnet wurde die Ausstellung von dem koordinator für kunstausstellungen im Pädagogischen haus in wiesbaden, dr. holzbeck, in Anwesenheit der schuldezernentin rose-Lore scholz und vieler künstlerinnen und künstler. hier die Leiterin des studienseminars, dr. neidhart, im gespräch mit dr. holzbeck.

in einem anderen Projekt gestalteten kinder glasbausteine mit ihren wünschen zu einer kindergerechten einkaufswelt. einzelne „glas-fenster“ wurden zu türmen zusammengebaut. Zusammen mit einem bodenmosaik aus bemal-ten Pflastersteinen entstanden wege, die das bunte „Fensterhaus“ mit einem wunsch-karussell zu stadtplanung sowie den dernschen höfen verbanden.

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exPeriMentieren in nAturwissenschAFten 5/668 einstiegsversuche zur begegnung mit natur und technik

Die Bedeutung des Experiments als eines der wichtigsten Instrumente naturwissenschaftlicher Erkennt-nisgewinnung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Experimentieren in Naturwissenschaften 5/6 bietet Schülerexperimente und passende Lehrerbögen, wobei besonderes Augenmerk auf die in Schulen vorhandenen Arbeits- und Experimentierbedingungen gelegt wurde. Es werden einfache Experimente mit leicht zugänglichen materialien vorgestellt, der zeitliche und organisatorische Vorbe-reitungs- und Arbeitsaufwand ist daher relativ gering. Die Versuche können als Schülerexperimente in Klassen mit regulärer Klassenstärke durchgeführt werden. Die meist einfach handhabbaren Expe-rimente laden zum unbefangenen Ausprobieren und Erkunden ein und bieten gelegenheit, ziel- orientiert nach Lösungen naturwissenschaftlicher Probleme zu suchen, im reflexiven Austausch über naturwissenschaftliche Fragestellungen eigene Erklärungsmodelle und Hypothesen zu bilden und das genaue Beobachten und Beschreiben zu erlernen und einzuüben. Nach und nach kann so mit Schülerinnen und Schü-lern das planvolle Experiment und dessen Auswertung als eines der wichtigsten naturwissenschaftlichen Handlungsmuster herausgearbeitet werden. Die einzelnen Versuche sind den Themenfeldern „Feuer“, „Wasser“, „Luft“, „Vom ganz großen und ganz Kleinen“, „mein Körper“, „Stoffe im Alltag“, „Technik im Alltag“ sowie „Pflanzen-Tiere-Lebensräume“ zugeordnet. Die thematischen Anordnung der Versuche folgt der grundidee, aus der Abfolge ein Curriculum entwickeln zu können.

neue veröFFentLichung

PinboArd

66 Lehrkräfte für das Fach deutsch er-hielten am 23. März in weilburg ihre Zertifikate als Fortbildnerin bzw. Fort-bildner. sie sollen künftig ihre Fach-schaften in ganz hessen bei der unter-richtsentwicklung unterstützen.

Besserer Unterricht steht und fällt mit der Professionalität der Lehrerin-nen und Lehrer im Klassenraum. Das Amt für Lehrerbildung hat daher be-reits 2007 eine Qualifizierungsinitiative in mehreren Fächern gestartet, an der sich hessenweit inzwischen über 500 Schulen beteiligen. In seiner Konzepti-on löst das hessische Fortbildungspro-jekt zahlreiche Anforderungen aus Bil-dungsforschung und -politik ein. Das gesamtprogramm „Kompetenzorien-tiert unterrichten – Bildungsstandards nutzen“ ist in seinem Umfang, mittelein-satz und in seiner Qualitätssicherung bislang einzigartig in Deutschland.

Ein Leitungsteam des AfL hatte die modular ausgerichtete Qualifizierung zur Fortbildnerin bzw. zum Fortbildner für kompetenzorientiertes Unterrichten im Fach Deutsch konzipiert und dabei intensiv mit Lernpsychologen, Fachwis-senschaftlern und Personalentwicklern kooperiert. Basismodule der Fortbil-dung - etwa zur ‚Kompetenzentwicklung durch neue Aufgabenkulturen’ oder ‚In-dividuell fördern – Lernen begleiten im Deutschunterricht’ – werden bereits seit dem 2. Halbjahr 2009/10 hessischen Schulen angeboten, so berichtet die Projektkoordinatorin im Fach Deutsch, Sabine Schindler, und freut sich, dass „annähernd 100 Fachschaften Deutsch schon erreicht worden sind“.

gemeinsam mit der Einführung der Bildungsstandards und Kerncurricula steht Kompetenzorientierung – nicht nur in Hessen – im mittelpunkt der De-batte um Schul- und Unterrichtsqualität und den Lern- und Kompetenzzuwachs jedes einzelnen Lernenden. Stolz weist Dorothee gaile, Leiterin Unterichtsent-wicklung im Fach Deutsch im AfL, da-rauf hin, dass die Fortbildnerinnen und Fortbildner, die nun ihre Qualifizierung abgeschlossen haben, aus ganz Hessen kommen. „Vom Werra-meißner-Kreis bis zur Bergstraße bilden sie regionale Fortbildnertandems.“

Die international anerkannte Ex-pertin des AfL, die das erfolgreiche Programm auch europaweit in ent-sprechenden gremien vertritt, erläutert einige Erfolgskriterien des Qualifizie-rungsprogramms: Während der Qua-lifizierung werden die verschiedenen Themen nach dem Prinzip des „päda-gogischen Doppeldeckers“ bearbeitet. Dies bedeutet, dass alle gegenstände der Fortbildung in der Rolle der Ler-nenden handelnd erlebt und anschlie-ßend im jeweiligen Arbeitskontext einer Praxisprüfung unterzogen werden. Die Lernerfahrungen, den Einsatz der Fort-bildungsinhalte im eigenen Unterricht und in der Fortbildung dokumentieren die Fortbildungsteilnehmer in Portfolios. „Aber auch wenn die 66 hier heute ihre Bescheinigung erhalten haben, Fortbil-dende bleiben immer Lernende!“, fügt Dorothee gaile hinzu und verweist auf weitere Fortbildungsmöglichkeiten. Das Amt für Lehrerbildung bietet in zentra-len Netzwerktagungen die möglichkeit, aktuelle bildungspolitische Anforderun-gen und fachdidaktische Entwicklungen in ihre Fortbildungsaktivitäten einzube-ziehen, um auf den individuellen Bedarf der Schulen in der Region passgenau reagieren zu können.

sAbine stAhL

ZertiFikAte FÜr besseren unterricht – das Qualifizierungsprogramm des Amtes für Lehrerbildung hat bereits mehr als 500 schulen in hessen erreicht

Autoren: Reimund Krönert, Ruth Leidinger, Claus overmann, Annett Reiche, Peter Slaby, Jens ZimmermannAuflage: 1. Aufl. Dezember 2010, 165 Seitenbestell-nr.: 03178 Preis: 19,80 € (zuzügl. Versandkosten)

der ordner ist ab sofort zu beziehen bei:EKom Bestellservice AfLSchulstr. 48, 65795 HattersheimFax: 06190 8927-20 mail: [email protected]

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PinboArd

Adressen & AnsPrechPArtnerAmt für LehrerbildungHauptsitz: Erwin-Stein-HausStuttgarter Straße 18-24, 60329 [email protected] Tel.: +49 (0) 69 38 989-00Fax: +49 (0) 69 38 989-607

Leitung des Amtes für LehrerbildungDirektor: Frank SauerlandTel. + 49 (0) 69 38 989-300Ständige Vertreterin des Direktors: Helga KennerknechtTel. + 49 (0) 69 38 989-310Ständiger Vertreter des Direktors: Joachim SchmidtTel. + 49 (0) 69 38 989-201

erste staatsprüfungenHartmut Hasenkamp Tel. + 49 (0) 6421 616 474

bewerbungen für den vorbereitungsdienstmanfred LückTel. + 49 (0) 561 80 78-197

vorbereitungsdienst und Zweite staatsprüfungengrund-, Haupt-, Real- und Förderschule: Renate KummetatTel. + 49 (0) 69 38 989-302gymnasium: Helga KennerknechtTel. + 49 (0) 69 38 989-310Berufliche Schule: Wolfgang RuppTel. + 49 (0) 69 38 989-313

Fortbildung, weiterbildung und FührungskräfteentwicklungFortbildung Unterrichtsentwicklung: Dr. Christian Kubina Tel. + 49 (0) 69 38 989-206Weiterbildung: Sibylle BuchtalekTel. + 49 (0) 641 48 00 36 23Führungskräfteentwicklung: Carmen KloftTel. + 49 (0) 6257 93 46-50

Public relations und PublikationenSabine StahlTel. + 49 (0) 69 38 989-254bestelladresse für Publikationen und drucksachenE-mail: [email protected]

die tAgungseinrichtungen des AMtes FÜr LehrerbiLdung

rhein-Main-gebiet / erwin-stein-hausStuttgarter Straße 18-24, 60329 FrankfurtTel. + 49 (0) 69 38 989-330

nordhessen / reinhardswaldschule Rothwestener Straße 2-14, 34233 FuldatalTel. + 49 (0) 561 810 10

Mittelhessen / weilburgFrankfurter Straße 20-22, 35781 WeilburgTel. + 49 (0) 6471 32 81 00

iMPressuMherausgeber: Amt für Lehrerbildung

gesamtverantwortung: Sabine Stahl

redaktion: Sabine Stahl, Walter Zoubek, Justina Heinz

Lektorat: Rolf Engelke

Layout und gestaltung: www.sixfeetone.de, Frankfurt/main

druck und verarbeitung: Druckerei Hesse, Fuldatal

Mediadaten und Anzeigenannahme: Walter Zoubek

erscheinungsweise: vierteljährlich

Auflage: 4000

redaktionsschluss für die nächste Ausgabe: 28. Juli 2011

Amt für Lehrerbildungstuttgarter straße 18–2460329 Frankfurt

[email protected]

terMinhinweise

veranstaltungen im Mai 2011

11. Abschlussveranstaltung des Projekts „kompetenzorientiert unterrichten in Mathematik und naturwissenschaften“

ort: Saalbau gallus, Frankfurt nähere informationen: [email protected]

11. Medienpädagogische Fachtagung grund-schule: Fachtagung des Hessischen Rundfunks, der Stiftung Zuhören und des Arbeitskreises Radio und Schule mit Arbeitsgruppen zu den Themen: Audioarbeit mit Kindern, neue auditive Kindermedien im Unterricht und für Hörclubs, Einführung in die Hörclubarbeit. ort: Hessischer Rundfunk, Frankfurt nähere informationen: www.hr-online.de

13.-14. einstieg Abi: Die Abiturientenmesse informiert Schüler der oberstufe über Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten nach dem Abitur ort: messe Frankfurt

nähere informationen: www.einstieg.com

veranstaltungen im Juni 2011

7. Länderkonferenz Medienbildung LkM-Fachdialog: medienzentren 2020 –

Zur Zukunft kommunaler Unterstützungs- systeme der medienbildung in Deutschland ort: medienzentrum Frankfurt nähere informationen: www.laenderkonferenz-medienbildung.de

10. Feierliche Zeugnisübergabe für die ersten staatsprüfungen / Marburg

ort: Audimax der Philipps-Universität marburg

11. Feierliche Zeugnisübergabe für die ersten staatsprüfungen / kassel

ort: mensa am Holländischen Platz, Universität Kassel

17. Feierliche Zeugnisübergabe für die ersten staatsprüfungen / gießen

ort: Audimax, Justus-Liebig-Universität gießen

18. Feierliche Zeugnisübergabe für die ersten staatsprüfungen / Frankfurt

ort: Casino, Campus Westend, J.W. goethe-Universität Frankfurt

veranstaltungen im Juli 2011

1. Feierliche Zeugnisübergabe für die ersten staatsprüfungen / darmstadt

ort: Amt für Lehrerbildung, Prüfungsstelle Darmstadt

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Selbstständig ein Unternehmen führenJUNIOR ist kein Planspiel, sondern die Schüler gründen ein echtes Schüler-unternehmen. Das bedeutet, dass sie mit Geld und Kunden umgehen, sich im Team organisieren und über ein Schuljahr lang ein Ziel verfolgen. Dabei gewinnen sie Einblicke in den Unter-nehmensalltag und erfahren, wie Wirt-schaft funktioniert.

Als außerschulischer Partner beglei-tet JUNIOR seit 2002 in Hessen Schulen und Schüler auf diesem Weg. Seitdem haben sich mehr als 160 Unternehmen in Hessen gegründet. Mehr als 2.300 Schüler haben auf diese Weise die eige-ne Geschäftsidee verwirklicht.

Bundesweit wird JUNIOR seit 1994 angeboten. Mit mehr als 61.000 Teil-nehmern seitdem. Teilnehmen können Schüler ab Klasse 7 (JUNIOR Kompakt) bzw. ab Klasse 9 (JUNIOR) an allge-mein- und berufsbildenden Schulen.

Mit Teamgeist zum ErfolgWie in jeder gut funktionierenden Fir-ma spielt Teamwork auch bei JUNIOR eine zentrale Rolle. Dazu gehört es, Verantwortung zu übernehmen, Auf-gaben zu verteilen und gemeinsam Probleme zu lösen. JUNIOR stärkt diese sozialen Kompetenzen und fördert Schlüsselqualifikationen wie Kreativität und Selbstständigkeit.

Weitere Informationen unter:www.juniorprojekt.de

Nähere Informationen zu JUNIOR in Hessen:Institut der deutschen Wirtschaft KölnJUNIOR gGmbHSusanne Grimminger (Projektmanagerin Hessen)Postfach 10 19 4250459 KölnTel.: +49 (0)221 | 4981-693Fax: +49 (0)221 | 4981-99 693Anmeldung unter: [email protected]

Schüler erleben Wirtschaft live – In Hessen ist das mit JUNIOR seit 2002 möglich. Und auch Sie und Ihre Schüler können im kommenden Schuljahr mit dabei sein. Melden Sie sich einfach mit einer Gruppe mit mindestens 8 Schülern bei der JUNIOR-Geschäftsstelle an. Wir betreuen Sie das ganze Jahr, bieten nationale und internationale Veranstaltungen, ein bundesweites Netzwerk und ein seit 17 Jahren erprobtes Konzept – Versicherung der Geschäftsidee inklusive. Die Teilnahme ist kostenlos. Die umfangreichen Materialien ebenfalls.

Ihre Vorteile im ÜberblickKostenlose TeilnahmeGanzjährige Betreuung der Schulpaten und Schüler durch die JUNIOR-Geschäftsstelle in Köln

Vermittlung von außerschulischen Partnern als Wirtschaftspaten vor OrtErprobtes Konzept mit umfangreichen Materi-alien (Handbuch, Newsletter, Themenhefte etc.)Workshops zur Einarbeitung und Durchführung des ProjektsOrganisation zahlreicher Veranstaltungen auf nationaler und internationaler Ebene Versicherung für jedes JUNIOR-Unternehmen (Produkt- und Betriebshaftpflichtversicherung)Anerkennung von JUNIOR als schulische Veran-staltung durch das hessische KultusministeriumJUNIOR dient der praktischen Berufswahl-orientierung

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JUNIOR 2011/2012:Anmeldung jetzt möglich!

JUNIOR in Hessen: Auch Ihre Schüler können ein Unternehmen gründen

Ein Projekt der Bundesförderer Kooperation mit JUNIOR wird in Hessen unterstützt durch:

Hessisches KultusministeriumVereinigung der hessischen Unter nehmerverbändeArbeitsgemeinschaft hessischer Industrie- und HandelskammernArbeitsgemeinschaft der hessischen HandwerkskammernLandesarbeits gemeinschaft SCHULEWIRTSCHAFT Hessen

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