NZI 09 00 Aktuell 5. - C.H. Beck · ˘ˇˆ˙˙˙ ˝ ˛ ˘ ˇˆ˙ ˝ ˆ˛˛ ˚ ˝ˆ ˜ ˝ ˙ ! ˙ ˙˙ ˙ " # ˙ ˝ $ ˙ ˛% &˙ ˙ ˆ" ’ ˛ (

Neue Zeitschrift fçr das Recht der Insolvenz und Sanierung NZI 9/2000 Editorial NZI aktuell Insolvenzplanverfahren ± Ein Schlag ins Wasser? Seit dem 1. 1. 1999 ist Schuldnern und Insolvenzverwal- tern mit der neuen InsO die Mæglichkeit eræffnet, an Stelle der herkæmmlichen Insolvenzabwicklung einen In- solvenzplan zu erstellen. Bislang wurden entgegen den groûen Erwartungen noch kaum Insolvenzplåne durchge- fçhrt. Lediglich in einem græûeren Verfahren ± der Kçp- persbusch AG ± wurde ein Insolvenzplan beståtigt und unter Aufsicht des Insolvenzverwalters vollzogen. Mit der Mæglichkeit des Insolvenzplans beabsichtigte der Gesetzgeber die Stårkung der Glåubigerautonomie. Insolvenzen sollen damit flexibel und wirtschaftlich ef- fektiv abgewickelt werden kænnen. Allerdings hat der Gesetzgeber fçr die Annahme und gerichtliche Beståti- gung des Insolvenzplans ein recht umståndliches Proze- dere vorgesehen: Zunåchst hat das Gericht den Plan, der aus einem darstellenden und einem gestaltenden Teil besteht und gegebenenfalls zusåtzlich bestimmte be- triebswirtschaftliche Planrechnungen enthalten muss, einer Vorprçfung zu unterziehen, in der es bereits die Erfolgsaussichten mit zu beurteilen hat (§ 231 InsO). Danach wird der Planentwurf bestimmten Beteiligten zur Stellungnahme zugeleitet (§ 232 InsO) und sodann zur Einsicht auf dem Gericht niedergelegt (§ 234 InsO). Zugleich wird eine Glåubigerversammlung zur Planerær- terung und zur Abstimmung çber den Plan bestimmt und der Planentwurf allen Beteiligten zugeleitet (§ 235 InsO). Im Erærterungs- und Abstimmungstermin wird sodann der Plan vom Verfasser nochmals erlåutert und in der Glåubigerversammlung erærtert. Der Verfasser kann den Plan auf Grund des Erærterungsergebnisses noch kurzfristig åndern (§ 240 InsO). Nach Feststellung der Stimmrechte (§§ 237 ff. InsO) wird dann çber den vorgelegten Plan gruppenweise abgestimmt (§ 243 InsO). Nach Annahme des Plans durch die Glåubiger und nach Zustimmung des Schuldners hat schlieûlich das Gericht nach Anhærung von Verwalter, Glåubiger- ausschuss und Schuldner çber die Planbeståtigung zu entscheiden (§ 248 InsO). Dieses aufwendige Verfahren fçhrt dazu, dass das gesamte Insolvenzverfahren fçr ¹Stærerstrategien`` anfållig ist und durch die Belastung des Gerichts mit schwierigsten be- triebswirtschaftlichen Prçfungen sind jedenfalls bei græûe- ren Verfahren erhebliche Verzægerungen zu befçrchten, die die Insolvenzmasse auszehren und damit die Glåubiger schådigen kænnen. Die erhoffte Verbesserung der Sanierungschancen insol- venter Unternehmen ist bislang nicht zuletzt wegen des doch sehr komplizierten Verfahrens ausgeblieben. Hinzu kommt, dass trotz der Einbeziehung der Sicherungsglåu- biger in das Verfahren diese nach wie vor durch entspre- chende Absprachen einen Insolvenzplan blockieren kæn- nen. Tatsåchlich pendelt sich die Zahl der Insolvenzplan- verfahren bei dem Anteil an der Gesamtzahl der Insolven- zen ein, den vor In-Kraft-Treten der InsO die Quoten- und Stundungsvergleiche innehatten. Der Hauptfall der Sanierung in der Insolvenz ist weiterhin die çbertragende Sanierung, bei der die Vermægensobjekte des Schuldnerunternehmens als Ganzes oder in Teilberei- chen im Wege des Asset-Deals an einen Ûbernahmeinte- ressenten veråuûert werden. Es wird also nicht der Unter- nehmenstråger saniert, sondern das Unternehmen selbst. Wenn eine çbertragende Sanierung mæglich ist, ist das Planverfahren çberflçssig und ungeeignet. Unternehmens- verkåufe lassen sich nur schwer in ein Plankonzept ein- fçgen. Notwendig ist das Insolvenzplanverfahren zur Sanierung des Unternehmenstrågers und insbesondere dann, wenn die ¹Restschuldbefreiung`` eines in Form eines einzelkauf- månnisch gefçhrten Unternehmens erreicht werden soll. Vorteilhaft ist, dass beim Insolvenzplanverfahren auch die Sicherungsglåubiger mit einbezogen sind. Auch kann ein einzelner renitenter Sicherungsglåubiger nicht mehr das gesamte Verfahren blockieren, wie das frçher beim Ver- gleich mæglich war. Wegen der Abstimmung in Gruppen kann heute ein ¹Querschlåger`` von einer wirtschaftlich denkenden Mehrheit çberstimmt werden. Håufig wird es jedoch so sein, dass sich die Sicherungsglåubiger, insbesondere die Banken, einig sind und geschlossen gegen den Plan stimmen. Wegen des immensen Aufwandes, den ein Insolvenzplan- verfahren erfordert, sind kleine Insolvenzverfahren damit håufig çberlastet. Allenfalls Groûverfahren, die poli- tisch und wirtschaftlich von besonderer Bedeutung sind, aber auch mehr Substanz haben, kænnen dies verkraften. Groûverfahren bedçrfen auf Grund ihrer komplexen Sachverhalte, der Vielzahl von Glåubigern und ihrer mæglichen Konzernverflechtung ohnehin eines gesteiger- ten administrativen Aufwandes. Allerdings darf auch hier nicht çbersehen werden, dass gerade diese Verfah- ren Flexibilitåt und Einfçhlungsvermægen erfordern. Alle Beteiligten eines Insolvenzplanverfahrens sind jedenfalls aufgerufen, die Bestimmungen der InsO so um- zusetzen, dass das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel, zu einer Sanierung des Unternehmenstrågers zu kommen, wesentlich æfter erreicht wird, als dies in der Vergangen- heit der Fall war. Die Zukunft wird zeigen, ob dies gelingt. Rechtsanwalt Dr. Jobst Wellensiek, Heidelberg NZI 2000, Heft 9 V

Documents

NZI 09 00 Aktuell 5. - C.H. Beck · ˘ˇˆ˙˙˙ ˝ ˛ ˘ ˇˆ˙ ˝ ˆ˛˛ ˚ ˝ˆ ˜ ˝ ˙ ! ˙ ˙˙ ˙ " # ˙ ˝ $ ˙ ˛% &˙ ˙ ˆ" ’ ˛ (