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In den Aufgabenstellungen werden unterschiedliche Operatoren (Arbeitsan- weisungen) verwendet; sie weisen auf unterschiedliche Anforderungsbereiche (Schwierigkeitsgrade) hin und bedeuten, dass unterschiedlich viele Punkte erzielt werden können. Die Lösungen zeigen beispielhaft, welche Antworten die verschiedenen Operatoren erfordern. Alles Wissenswerte rund um die Abiprüfung finden Sie im Buch im Kapitel „Prüfungsratgeber und Prüfungsaufgaben“. Originalklausuren mit Musterlösungen zu weiteren Fächern finden Sie auf www.duden.de/abitur in der Rubrik „SMS Abi“. Das Passwort zum Download befindet sich auf der vorderen Umschlagklappe. Die Veröffentlichung der Abitur-Prüfungsaufgaben erfolgt mit Genehmigung des zuständigen Kultusministeriums. Das Schnell-Merk-System fürs Abi – aufschlagen, nachschlagen, merken Buch … Prüfungswissen für Oberstufe und Abitur systematisch aufbereitet nach dem SMS-Prinzip Extrakapitel mit Prüfungsaufgaben zu allen Unterrichts- einheiten, zu Operatoren und Anforderungsbereichen … und Download Originalklausuren mit Musterlösungen als Beispiele für den Umgang mit Operatoren kostenlos auf www.duden.de/abitur Für die Fächer Deutsch, Englisch, Mathematik, Geschichte, Biologie, Chemie, Physik sowie Politik und Wirtschaft Originalklausur mit Musterlösung Abitur Biologie Aufgabe A: Genetik / Chorea Huntington Aufgabe B: Kartoffel / Ökologie Aufgabe C: Evolution / Verhaltensaspekte

Originalklausur - lernhelfer.de¼fung_Bio_Abi... · B 1 Morphologie und Physiologie der Kartoffel 1 Aufgrund ihres Stärkegehalts ist die Kartoffel in Europa ein Grundnahrungsmittel

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In den Aufgabenstellungen werden unterschiedliche Operatoren (Arbeitsan-weisungen) verwendet; sie weisen auf unterschiedliche Anforderungsbereiche (Schwierigkeitsgrade) hin und bedeuten, dass unterschiedlich viele Punkte erzielt werden können. Die Lösungen zeigen beispielhaft, welche Antworten die verschiedenen Operatoren erfordern.

Alles Wissenswerte rund um die Abiprüfung finden Sie im Buch im Kapitel „Prüfungsratgeber und Prüfungsaufgaben“.

Originalklausuren mit Musterlösungen zu weiteren Fächern finden Sie auf www.duden.de/abitur in der Rubrik „SMS Abi“. Das Passwort zum Download befindet sich auf der vorderen Umschlagklappe.

Die Veröffentlichung der Abitur-Prüfungsaufgaben erfolgt mit Genehmigung des zuständigen Kultusministeriums.

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Buch…

■ Prüfungswissen für Oberstufe und Abitur ■ systematisch aufbereitet nach dem SMS-Prinzip ■ Extrakapitel mit Prüfungsaufgaben zu allen Unterrichts- einheiten, zu Operatoren und Anforderungsbereichen

…undDownload■ Originalklausuren mit Musterlösungen als Beispiele für den Umgang mit Operatoren ■ kostenlos aufwww.duden.de/abitur

Für die Fächer Deutsch, Englisch, Mathematik, Geschichte,Biologie, Chemie, Physik sowie Politik und Wirtschaft

Originalklausurmit Musterlösung

AbiturBiologieAufgabeA: Genetik / Chorea HuntingtonAufgabeB: Kartoffel / ÖkologieAufgabeC: Evolution / Verhaltensaspekte

Abiturprüfung 2007

BIOLOGIE

als Leistungskursfach

Arbeitszeit: 240 Minuten

Der Fachausschuss wählt jeweils eine Aufgabe aus den drei Aufgaben-blöcken A, B und C zur Bearbeitung aus. Bei jeder Teilaufgabe steht die maximal erreichbare Anzahl von Bewertungseinheiten (BE).

– 2 –

(Fortsetzung nächste Seite)

A 1 Genetik

1 Der amerikanische Molekularbiologe A. Hershey wies 1952 zusammen mit M. Chase

den Träger der Erbinformation nach und bestätigte damit die Ergebnisse der Bakterien-versuche von O. Avery aus dem Jahr 1944. Für seine Arbeiten zur Phagengenetik und Phagenvermehrung erhielt Hershey 1969 zusammen mit M. Delbrück und S. Luria den Nobelpreis für Medizin.

1.1 Zeichnen und beschriften Sie einen schematischen Ausschnitt aus der DNA, bestehend

aus vier verschiedenen Nukleotiden! [4 BE]

1.2 Schildern Sie das experimentelle Vorgehen Averys und interpretieren Sie das Versuchs-ergebnis! [6 BE]

1.3 Hershey und Chase führten das nachfolgend beschriebene Experiment durch: Sie mar-kierten Bakteriophagen für Versuchsansatz 1 mit radioaktivem Schwefel (35S) und für Versuchsansatz 2 mit radioaktivem Phosphor (32P). Die markierten Phagen wurden je-weils mit Bakterienkulturen vermischt. Diese wurden dann nach 10 Minuten so behan-delt, dass sich die Phagenhüllen von den Bakterien ablösten. Die Ansätze wurden an-schließend jeweils zentrifugiert, wodurch die Phagenhüllen von den Bakterien abgetrennt werden konnten. In Versuchsansatz 1 konnte die Radioaktivität im Überstand nach-gewiesen werden, in Versuchsansatz 2 nur in den Bakterienzellen des Bodensatzes. In beiden Versuchsansätzen entwickelten sich neue infektionsfähige Bakteriophagen. Erläutern Sie das beschriebene Experiment unter Bezug auf die Aussagen Averys! [7 BE]

1.4 Erbinformation kann auch zwischen lebenden Bakterien ausgetauscht werden. In einem Experiment sollen aus der Kreuzung zwischen einem Wildtyp-Akzeptorstamm und einer streptomycinresistenten Aminosäure-Mangelmutante als Donorstamm die Rekombinan-ten herausselektiert werden. Stellen Sie mit Hilfe einfacher beschrifteter Skizzen den Vorgang des Gentransfers und das Zustandekommen möglicher Rekombinanten bezüglich der beiden angesprochenen Allele dar und beschreiben Sie eine zur Isolierung dieser Rekombinanten geeignete Selektionsmethode! [9 BE]

– 3 –

(Fortsetzung nächste Seite)

2 Adrenoleukodystrophie (ALD) ist eine schwere genetische Erkrankung, bei welcher der Abbau sehr langkettiger Fettsäuren gestört ist. Statistische Untersuchungen haben gezeigt, dass bei Ehen von phänotypisch gesunden Männern mit an ALD erkrankten Frauen die Töchter nahezu nie Krankheitssymptome der ALD aufweisen, während ALD bei allen Söhnen auftritt. Heiratet eine Tochter aus einer solchen Ehe ihrerseits einen phänotypisch ALD-kranken Mann, so ist in solchen Fällen statistisch gesehen zu erwarten, dass die Hälfte aller Töchter und Söhne an ALD erkranken werden.

1 2 3 4

Abb. 1: Modellstammbaum zur Adrenoleukodystrophie unter Berücksichtigung statistischer Ergebnisse.

2.1 Leiten Sie aus diesem Modellstammbaum den zugrunde liegenden Erbgangstyp ab! Geben Sie für die mit den Ziffern 1 - 4 bezeichneten Personengruppen die möglichen Genotypen an und erklären Sie mit Hilfe von Kombinationsquadraten die im Stammbaum dargestellte statistische Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens! [8 BE]

2.2 Ein Mann mit dem Genotyp der Personengruppe Nr. 2 aus dem Modellstammbaum heiratete eine bezüglich dieses Merkmals homozygot gesunde Frau. Aus der Ehe ging eine Tochter hervor, die völlig unerwartet das Krankheitsbild der ALD zeigt. Erklären Sie auf genetischer Ebene anhand beschrifteter Skizzen die Entstehung der Krankheit bei der Tochter! Genmutationen sind auszuschließen. [6 BE]

[40 BE]

– 4 –

(Fortsetzung nächste Seite)

A 2 Chorea Huntington

1 1872 berichtete der Arzt G. Huntington von einer Erbkrankheit, bei der die Betroffenen unter Muskelzuckungen litten. Man bezeichnete diese Krankheit deshalb im Volksmund als „Veitstanz“ (Chorea Huntington). 1993 konnte die molekulare Ursache aufgeklärt werden. Ein mutiertes Gen führt zur Entstehung eines fehlerhaften Proteins. Dieses Gen trägt normalerweise die genetische Information für das Protein Huntingtin, dessen biologische Funktion nicht geklärt ist.

5´. . . AAGTCCTTCCAGCAGCAGCAGCAGCAGCAGCAGCAGCCGCCACCG . . . 3´ 3´. . . TTCAGGAAGGTCGTCGTCGTCGTCGTCGTCGTCGTCGGCGGTGGC . . . 5´

codogener Strang Abb. 1: DNA-Sequenzausschnitt des nicht mutierten Huntingtin-Gens.

1.1 Stellen Sie mit Hilfe einer beschrifteten schematischen Skizze das Prinzip der Transkription dar! [7 BE]

1.2 Leiten Sie mit Hilfe der unten abgebildeten Code-Sonne die Aminosäuresequenz ab, die von dem oben abgebildeten Ausschnitt codiert wird! Die erste Base ist auch die erste Base eines Tripletts. [6 BE]

● Stoppcodon ▲ Startcodon Abb. 2: Code-Sonne (Leserichtung von innen nach außen).

1.3 Diese Genmutation führt zur Veränderung der Raumstruktur des Huntingtins, das seine ursprüngliche Aufgabe so nicht mehr erfüllen kann. Es lagert sich in bestimmten Hirnregionen ab und führt dort letztlich zur Zerstörung der Nervenzellen. Nennen Sie höhere Strukturen bei Proteinen und geben Sie drei Arten von Wechselwirkungen an, die diese stabilisieren! [6 BE]

– 5 –

(Fortsetzung nächste Seite)

1.4 Auf der Suche nach der Ursache dieser Krankheit verglich man die Basensequenz des

Code-Strangs der DNA des Huntingtin-Gens bei Gesunden mit dem bei Chorea Huntington-Patienten. Leiten Sie aus folgenden Darstellungen der Untersuchungsergebnisse (Abbildungen 3 und 4) Aussagen zum Auftreten des Krankheitsbildes Chorea Huntington ab! [6 BE]

Abb. 3: Häufigkeit der CAG-Wiederholungen; weiß: Gesunde, schwarz: Chorea Huntington-Patienten. (www.ruhr-uni-bochum.de/mhg/huntingtonzentrum.htm)

80

70

60

50

40

30

20

10

706560555045 35 40

Alter beim Auftreten erster Symptome

Wiederholungen Anzahl der CAG-

Abb. 4: Zusammenhang zwischen Anzahl der CAG-Wiederholungen und dem Alter des ersten Auftretens von Symptomen der Krankheit Chorea Huntington. (www.dhh-ev.de)

Aus urheberrechtlichen Gründen kann die Grafik hier nicht veröffentlicht werden. Sie finden sie unter folgendem Link: www.ruhr-uni-bochum.de/mhg/huntingtonzentrum.htm (auf der Seite ganz unten)

– 6 –

(Fortsetzung nächste Seite)

1.5 Als mögliche Therapie wird das Einschleusen einer doppelsträngigen Antisense-DNA

(Antisense-Gen) diskutiert, welche die Bildung des fehlerhaften Huntingtin-Proteins ver-hindert. Die mRNA des Antisense-Gens müsste zur mRNA des mutierten Huntingtin-Gens komplementär und damit auch gegenläufig sein. So entsteht durch Basenpaarung eine doppelsträngige mRNA, die nicht an den Ribosomen abgelesen werden kann. Abbildung 5 zeigt einen Ausschnitt aus dem Huntingtin-Gen und Ausschnitte aus drei möglichen Antisense-Genen. Begründen Sie, welcher der drei diskutierten DNA-Abschnitte prinzipiell als Antisense-Gen geeignet ist! [5 BE]

Huntingtin-Gen: 5´. . . CAGCAGCAG . . . 3´ 3´. . . GTCGTCGTC . . . 5´

eingeschleustes Gen A: 5´. . . CTGCTGCTG . . . 3´ 3´. . . GACGACGAC . . . 5´

eingeschleustes Gen B: 5´. . . GACGACGAC . . . 3´ 3´. . . CTGCTGCTG . . . 5´

eingeschleustes Gen C: 5´. . . GTCGTCGTC . . . 3´ 3´. . . CAGCAGCAG . . . 5´

Abb. 5: Huntingtin-Gen und diskutierte mögliche Antisense-Gene. Der codogene Strang ist jeweils der untere.

2 In einem abgeschiedenen Ort am Ufer des Maracaibo-Sees in Venezuela heiraten die

Einwohner meist nur innerhalb der Dorfgemeinschaft. Acht bis 14 Kinder pro Familie sind die Regel. Fast jeder zweite der über 40-Jährigen leidet an der tödlich verlaufenden Krankheit „El Mal“ (Chorea Huntington), die dominant vererbt wird.

Abb. 6: Stammbäume (verändert nach Schulfernsehen Südwest Heft 2 2002/2003)

2.1 Leiten Sie ab, welcher der beiden dargestellten Stammbäume (Abbildung 6) die Vererbung dieser Krankheit wiedergibt und zeigen Sie an diesem die genaue Art des Erbgangs auf! [5 BE]

2.2 Geben Sie für die Häufung der Krankheit in diesem Ort eine evolutionsbiologische Erklärung! [5 BE]

[40 BE]

– 7 –

(Fortsetzung nächste Seite)

B 1 Morphologie und Physiologie der Kartoffel

1 Aufgrund ihres Stärkegehalts ist die Kartoffel in Europa ein Grundnahrungsmittel.

In einem Experiment wurden aus zwei genetisch identischen Kartoffeln unter verschiedenen Lichtverhältnissen aber ansonsten gleichen Umweltbedingungen zwei Kartoffelpflanzen A und B kultiviert:

Kartoffelpflanzen

B

A

Abb. 1: A: im Licht gewachsen, ergrünt; B: in Dunkelheit

gewachsen, bleich; einander entsprechende Sprossabschnitte sind durch gleiche Ziffern markiert. (aus Nultsch, W., Allgemeine Botanik, Stuttgart, 2001)

1.1 Nennen Sie die morphologischen Unterschiede der beiden Pflanzen und erklären Sie die

Besonderheiten von Pflanze B! [6 BE]

1.2 In der Kartoffel wird Stärke über Maltose zu Glucose abgebaut. Charakterisieren Sie kurz die wesentlichen Stoffwechselabschnitte beim aeroben Abbau der Glucose in der Kartoffelpflanze! [12 BE]

– 8 –

(Fortsetzung nächste S

2 Der Stärkebestandteil Amylose wird durch Amylase zu Maltose abgebaut. In einer

Versuchsreihe wird der Einfluss des pharmakologischen Wirkstoffs Acarbose auf die Amylaseaktivität untersucht (vgl. Abbildung 2).

eite)

100 %

0,04 0,06 0,08 0,10 0,12 0,14 0,16 0 %

25 %

50 %

75 %

Am

ylos

ekon

zent

ratio

n (n

ach

5 m

in in

% d

er

Aus

gang

skon

zent

ratio

n)

Volumen Acarboselösung (ml)

Abb. 2: Amylosekonzentration jeweils 5 Minuten nach Zugabe der Amylase in Abhängigkeit von der zugesetzten Acarbose-Lösung.

2.1 Leiten Sie aus den Versuchsergebnissen (Abbildung 2) und der Molekülstruktur der Acarbose (Abbildung 3) die Wirkung von Acarbose auf die Amylase-Aktivität ab! [8 BE]

Maltoseeinheit n

Abb. 3: Molekülstrukturen von Acarbose und Amylose im Vergleich.

2.2 Bei einer konstanten Temperatur von +30°C werden mit Amylose-Lösungen zunehmender Konzentration zwei Versuchsreihen durchgeführt.

Versuchsreihe A: Zugabe stets gleicher Mengen an Amylase Versuchsreihe B: Zugabe stets gleicher Mengen an Amylase und Acarbose Stellen Sie die jeweils zu erwartende Abhängigkeit der anfänglichen Enzymaktivität von

der Substratkonzentration in Form eines beschrifteten Diagramms dar und erklären Sie die beiden Kurvenverläufe! [8 BE]

2.3 Erklären Sie, was zu erwarten ist, wenn man Versuchsreihe A bei +10 °C bzw. bei

+80 °C durchführt! [6 BE]

[40 BE]

– 9 –

(Fortsetzung nächste Seite)

B 2 Ökologie

1 1935 wurden 101 Exemplare der gefräßigen, bis über 1 kg schweren, aus Hawai stam-

menden Aga-Kröte zur Bekämpfung von Insektenplagen in Australien eingeführt. Aga-Kröten schnappen nach allem was sich bewegt und eine bestimmte Größe nicht über-schreitet. Aga-Krötenweibchen können zweimal jährlich bis zu 30000 Eier ablegen. Obwohl das Vorkommen der Aga-Kröte heute auf etwa 100 Millionen Exemplare ge-schätzt wird, konnten die Insektenplagen nicht eingedämmt werden. Im Verbreitungsge-biet der Aga-Kröte beobachtet man hingegen den Rückgang der Populationsdichten einiger einheimischer insektenfressender Arten. Als einzige giftige Amphibienart in Australien wird sie selbst für größere Reptilien wie die Rotbäuchige Schwarzotter beim Verzehr zur tödlichen Gefahr.

1.1 Leiten Sie aus den gegebenen Informationen ab, weshalb die Einführung der Aga-Kröten zur Schädlingsbekämpfung nicht erfolgreich war! [6 BE]

1.2 Vergleicht man Exemplare der Rotbäuchigen Schwarzotter aus der Zeit vor der Invasion durch die Kröten mit heute lebenden Exemplaren, so kann man feststellen, dass heutige Rotbäuchige Schwarzottern einen kleineren Kopf und einen längeren Körper aufweisen. Geben Sie eine begründete Hypothese für den Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Aga-Kröte und den morphologischen Veränderungen dieser Schlangenart an! [4 BE]

2 Die ökologischen Zusammenhänge in einem See lassen sich auf der Grundlage

verschiedener Parameter erklären. 2.1 In nachfolgendem Diagramm ist der Sauerstoffgehalt zweier Seen A und B in

Abhängigkeit von der Gewässertiefe dargestellt. Beide Kurven sind zur gleichen Jahreszeit aufgenommen worden.

B A

0 5 10

30

20

Tiefe in m

10

O2 in mg/l

Abb. 1: Sauerstoffgehalt zweier Seen A und B in Abhängigkeit von der Tiefe.

2.1.1 Leiten Sie aus dem gegebenen Diagramm (Abbildung 1) ab, in welcher Jahreszeit die Messungen durchgeführt wurden und interpretieren Sie die beiden Kurvenverläufe! [8 BE]

2.1.2 Leiten Sie für See A aus dem Diagramm die zu erwartende relative Kohlenstoffdioxid-Konzentration in Abhängigkeit von der Tiefe ab! [4 BE]

– 10 –

(Fortsetzung nächste Seite)

2.1.3 Im See A fand man innerhalb eines Jahres die in Abbildung 2 dargestellten unter-

schiedlichen Sauerstoff-Konzentrationen. Erklären Sie den Verlauf des Graphen A2! [4 BE]

5 0 10 Tiefe in m

O2in mg/l

10

A1 20 A2

30

Abb. 2: Sauerstoffgehalt in See A zu verschiedenen Jahreszeiten. 2.2 Im Chiemsee kann es im Spätsommer durch die Massenentwicklung von Algen zu einer

starken Trübung des Wassers kommen. Nach starken Niederschlägen können über Zuflüsse aus den Alpen so viele unlösliche mineralische Schwebstoffe eingeschwemmt werden, dass die Trübung sogar noch verstärkt wird. Nach dem Abklingen dieser nieder-schlagsbedingten Trübung ist das Seewasser oft klarer als vor den Niederschlägen. Geben Sie eine mögliche Erklärung für diesen Rückgang! [4 BE]

2.3 Aus Algen können funktionsfähige Chloroplasten isoliert werden. Diese werden zur Untersuchung der Photosynthese eingesetzt. Unter bestimmten Versuchsbedingungen sind sie in der Lage, auch im Dunkeln Glucose herzustellen. Nennen Sie die experimentellen Parameter, die gegeben sein müssen, damit die Glucosebildung im Dunkeln ablaufen kann und stellen Sie die wesentlichen Schritte der dabei ablaufenden biochemischen Reaktionen dar! [10 BE]

[40 BE]

– 11 –

(Fortsetzung nächste Seite)

C 1 Evolution

1 Der in Nordamerika lebende Mückenhaft (Hylobittacus apicalis) zeigt folgendes

Paarungsverhalten: Hat ein paarungswilliges Männchen ein Beutetier gefangen, hängt es sich an ein Ästchen und gibt aus Drüsen am Hinterleib ein Pheromon ab. Das Weibchen folgt der Duftspur, hängt sich in der Nähe des Männchens an ein Ästchen und senkt die Flügel. Das Männchen wendet sich daraufhin ihm zu und bietet ihm seine Beute als „Braut-geschenk“ an. Sobald das Weibchen zu fressen beginnt, kommt es zur Kopulation.

1.1 Interpretieren Sie unter Textbezug das Verhalten des Mückenhaft-Männchens aus ethologischer Sicht und erläutern Sie für beide Geschlechter, weshalb die beschriebene Übergabe eines Brautgeschenks jeweils einen Selektionsvorteil darstellt! [10 BE]

1.2 Die folgenden Abbildungen 1 und 2 zeigen das Ergebnis von Untersuchungen zum Paarungsverhalten des Mückenhafts. Beschreiben und interpretieren Sie die dargestellten Zusammenhänge aus evolutionsbiologischer Sicht! [6 BE]

Abb. 1: Kopulationsdauer – Größe des Brautgeschenks. (nach Kebs/Davies, Einführung in die Verhaltensökologie, 1996)

Abb. 2: Anzahl der übertragenen Spermien – Kopulationsdauer. (nach Kebs/Davies, Einführung in die Verhaltensökologie, 1996)

– 12 –

(Fortsetzung nächste Seite)

1.3 Bei einer anderen, ebenfalls in Nordamerika lebenden Mückenhaft-Art mit gleichem

Beutespektrum versorgen die Männchen die Weibchen nicht mit einem „Brautgeschenk“. Entwickeln Sie eine begründete Hypothese, wie sich die Populationen der beiden Mü-ckenhaft-Arten dort entwickeln könnten, wo sich ihre Verbreitungsgebiete überlappen! [4 BE]

2 Seit der Kreidezeit vor etwa 110 Mio. Jahren ist die Insel Madagaskar durch die 400 km

breite Meeresstraße von Mosambik von Afrika getrennt. 78% der auf Madagaskar heimischen Wirbeltiere sind endemisch, d. h. sie kommen nur auf dieser Insel vor. Auch die Vanga-Würger leben nur auf Madagaskar. Die 14 Arten unterscheiden sich nicht nur in Größe und Aussehen, sondern auch in ihren Lebensräumen und Ernährungsweisen. In Tabelle 1 sind neben drei Vangawürger-Arten auch drei weitere Singvogelarten dargestellt, die jeweils unterschiedlichen Familien zugeordnet werden.

Artname Aussehen Lebensraum / Ernährungsweise

Kleibervanga (Madagaskar)

v. a. im Regenwald; mittlere Baumschicht; klettert an Baumstämmen hinauf und sammelt Insekten und andere Kleintiere aus den Ritzen oder meißelt sie aus der Borke

Sichelvanga (Madagaskar)

v. a. in Savanne und Trockenwald; sucht zwischen Dornen oder in Ritzen der Baumrinde nach Insekten

Helmvanga (Madagaskar)

v. a. im Regenwald; mittlere Baumschicht; frisst neben Insekten auch kleinere Wirbeltiere, z. B. Baumfrösche; spießt die Beute auf Dornen oder klemmt sie in Astgabeln

Kleiber (Eurasien)

sucht auf Baumrinde nach Insekten und meißelt sie mit seinem kräftigen Schnabel aus der Borke; frisst im Winter auch Bucheckern, Haselnüsse usw.

Gartenbaumläufer(Eurasien)

klettert an Baumstämmen hinauf und holt mit dem langen und gekrümmten Pinzettenschnabel Insekten, Insekteneier und Spinnen aus den Ritzen der Borke

Büffelwürger (Afrika)

frisst neben Insekten auch kleinere Wirbeltiere; spießt die Beutetiere auf Dornen oder klemmt sie in Astgabeln

Tab. 1: Vanga-Würger und weitere Singvogelarten. (Unterricht Biologie 299, 11/ 2004)

– 13 –

(Fortsetzung nächste Seite)

2.1 Leiten Sie anhand folgender Tabelle (Tab. 2) den Grad der Verwandtschaft des

Helmvangas mit den anderen fünf Vogelarten ab! [6 BE]

Kleiber-vanga

Sichel-vanga

Helm-vanga

Kleiber Garten-baumläufer

Büffel-würger

Kleibervanga 0

Sichelvanga 5 0

Helmvanga 6 1 0

Kleiber 10 13 14 0

Gartenbaumläufer 11 9 10 11 0

Büffelwürger 6 8 9 9 6 0

Tab. 2: Anzahl der Basenunterschiede einander entsprechender DNA- Abschnitte bei verschiedenen Vogelarten.

2.2 Leiten Sie aus den gegebenen Informationen mit Hilfe der erweiterten Evolutionstheorie eine Hypothese zur Entstehung der verschiedenen Vanga-Arten ab! [9 BE]

2.3 Erläutern Sie das Phänomen der Konvergenz mit Hilfe geeigneter Merkmale der in Tabelle 1 abgebildeten und beschriebenen Vogelarten! [5 BE]

[40 BE]

– 14 –

(Fortsetzung nächste Seite)

C 2 Ethologische und physiologische Aspekte des Verhaltens

1 Auf den Galapagosinseln leben an manchen Stellen hunderte von Meerechsen

zusammen. In diesen Meerechsenkolonien kann man oft folgende Verhaltensweisen beobachten: Ein Männchen macht Nickbewegungen in Richtung eines anderen Männchens, das mit vergleichbaren Bewegungen reagiert. Aufgerichtet gehen sie aufeinander zu. Mehrmals nicken sie und reißen dabei das bezahnte Maul auf. Dann senken sie ihre Köpfe und prallen mit den harten Stirnplatten aufeinander. Nun versucht jeder der beiden den anderen durch entsprechende Beinarbeit nach rückwärts zu drängen. Zwischendurch zeigen beide Tiere wiederholt das Kopfnicken und Maulaufreißen. Erneut beginnt das gegenseitige Schieben und Drücken. Nach einiger Zeit steht eine Echse hoch aufgerichtet auf einem Felsen, während die andere sich flach vor ihr auf den Boden legt und rückwärts davonkriecht.

1.1 Charakterisieren Sie unter Textbezug das oben beschriebene Aggressionsverhalten mit ethologischen Fachbegriffen! [6 BE]

1.2 Erklären Sie anhand eines Beispiels aus dem oben beschriebenen Aggressionsverhalten der Meerechsenmännchen, was Ethologen unter ritualisiertem Verhalten verstehen! [3 BE]

1.3 Die Meerechsenweibchen graben zur Fortpflanzungszeit an den wenigen günstigen Brutplätzen Eimulden von bis zu einem halben Meter Tiefe. Dabei kann man oft folgende Verhaltensweisen beobachten: Ein Weibchen unterbricht plötzlich die Grabarbeit, führt mehrmals Nickbewegungen aus und reißt dabei mehrmals das Maul auf. Ihr Kopf zeigt dabei in die Richtung, von der sich ein anderes Weibchen mit gleichem Verhalten nähert. Unvermittelt stürzen sie aufeinander los und versuchen sich gegenseitig mit dem Maul an den Flanken und Hinterbeinen zu fassen. Dabei wirbeln sie im Kreis herum und fügen sich mit den scharfen Zähnen stark blutende Wunden zu. Schließlich drückt sich ein Weibchen auf den Boden und entfernt sich rückwärtskriechend. Benennen Sie das von den Weibchen gezeigte Kampfverhalten und geben Sie eine mögliche Begründung, weshalb es sich von dem der Männchen unterscheidet! [4 BE]

2 In Japan gilt der Kugelfisch als Delikatesse. Allerdings muss er speziell zubereitet

werden, da verschiedene seiner Organe giftig sind. Der Fisch lebt in Symbiose mit Bakterien, die in den Organen das Neurotoxin Tetrodotoxin (TTX, Abb. 2) herstellen, welches den Fisch vor Fressfeinden schützt. Die marine Kegelschnecke Conus gloriamaris erbeutet Fische mit Hilfe eines Stachels, der wie eine „Harpune“ ausgeschleudert wird. Durch sie wird ein Gemisch aus 50 verschiedenen Neurotoxinen in den Fisch injiziert. Eines davon ist das ebenfalls in Abbildung 2 dargestellte Conotoxin. Abbildung 1 zeigt die Potenzialänderungen an den Axonen zweier Motoneurone unter Einwirkung des jeweiligen Neurotoxins.

– 15 –

(Fortsetzung nächste Seite)

54

Reiz TTX

Conotoxin

Membranpotenzial (mV)

320 1

+20

0

-20

-40

-60

-80 Zeit (ms)

Abb. 1: Potenzialänderungen am Axon unter Einwirkung je eines der beiden

Neurotoxine (TTX bzw. Conotoxin) bei einem überschwelligen Reiz. 2.1 Erklären Sie den Verlauf eines normalen Aktionspotenzials auf der Basis der Ionen-

theorie! Verwenden Sie dafür die Zahlenwerte, die aus Abbildung 1 ableitbar sind! [8 BE]

2.2 Beschreiben Sie die wesentlichen Unterschiede zwischen dem Verlauf eines normalen Aktionspotenzials und den in Abbildung 1 dargestellten Kurvenverläufen unter Einfluss von TTX bzw. Conotoxin und leiten Sie daraus jeweils eine Hypothese zu den molekularen Wirkungsmechanismen der beiden Neurotoxine ab! [8 BE]

2.3 Eine Conotoxin-Vergiftung kann bei einem Menschen zum Tod durch Atemstillstand führen. Geben Sie dazu die physiologische Erklärung unter Einbeziehung der Vorgänge an neuromuskulären Synapsen! [7 BE]

2.4 Kegelschnecken sind begehrte Sammlerobjekte. Um der Gefahr einer Vergiftung zu entgehen, werfen Sammler die Schnecken in kochendes Wasser, bevor sie den Körper aus dem Gehäuse lösen. Die Toxizität des Kugelfisches bleibt jedoch trotz des Kochens erhalten. Deshalb müssen Köche bei der Zubereitung die gifthaltigen Organe sorgfältig entfernen. Erläutern Sie die unterschiedliche Wirkung des Kochens auf die Toxizität von TTX und Conotoxin unter Zuhilfenahme von Abbildung 2! [4 BE]

TTX (Kugelfisch)

Conotoxin (Kegelschnecke)

Abb. 2: Chemische Struktur der Toxine von Kugelfisch und

Kegelschnecke.

[40 BE]

© Dudenverlag, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim, 2008 1

Musterlösungen für die Prüfungsaufgaben Abitur Prüfungsfach: Biologie (Bayern 2007) Autorin: Elke Schindler

I. A1 Genetik 1.1

1.2 AVERY gelang es, mit seinen Versuchen nachzuweisen, dass die genetische Information in Nukleinsäuren gespeichert wird. Seine Versuchsobjekte waren S-Pneumokokken, das sind pathogene Bakterien, die bei Mäusen Lungenentzündung auslösen. Das S kommt von smooth, engl. glatt, weil diese Bakterien aufgrund ihrer Schleimkapsel glatte Kolonien ausbilden. Weiterhin benutzte er R-Pneumokokken, das sind nichtpathogene Pneumokokken, die keine Schleimkapsel besitzen und daher raue Kulturen ausbilden (R von rough, engl. rau) sowie Mäuse. AVERY ging folgendermaßen vor: Er stellte aus S-Pneumokokken einen zellfreien Extrakt her. Aus diesem isolierte er Proteine, Polysaccharide und DNA und setzte diese Auszüge jeweils Kulturen von R-Pneumokokken zu. Er konnte feststellen, dass die R-Pneumokokken, denen die DNA zugesetzt war, Nachkommen mit Schleimkapseln erzeugten. Diese nunmehr S-Pneumokokken waren dadurch auch pathogen geworden, denn nach Injektion dieser Pneumokokken in Mäuse starben diese an Lungenentzündung. Die anderen beiden Kulturen bildeten keine Schleimkapsel aus und ihre Injektion in Mäuse zeigte keinen Effekt. Offensichtlich hatten die R-Pneumokokken die DNA der S-Pneumokokken aufgenommen und damit die Information für die Ausbildung der Schleimkapsel.

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Um sicher nachzuweisen, dass die Information für die Schleimkapsel durch die DNA übertragen wurde, setzte AVERY in Folgeexperimenten der S-Pneumokokken-DNA Enzyme zu, welche die DNA zerstörten. In diesem Fall kam es zu keiner Übertragung der Information für die Ausbildung der Schleimkapsel. AVERY hatte durch diese Experimente bewiesen, dass die Information für die Ausbildung von Merkmalen bei Bakterien in DNA gespeichert wird und dass diese DNA auf andere Bakterienstämme übertragen werden kann. Diese Übertragung von freier DNA wird Transformation genannt. 1.3 Im Versuchsansatz 1 wurden die Phagen mit radioaktivem Schwefel markiert. Schwefel ist Bestandteil von Proteinen (Cystein bzw. Cystin) und Proteine sind Hauptbestandteil der Phagenhülle. Mit diesen markierten Phagen wurden unmarkierte Bakterien infiziert. Nach einigen Minuten wurde der Infektionsprozess durch starkes Rühren unterbrochen, sodass die Phagen zwar in die Bakterien eindringen, sich aber noch nicht vermehren konnten. Die Phagenhüllen auf den Bakterienzellen wurden durch das Rühren von den Bakterien abgetrennt. Nach der anschließenden Zentrifugation befinden sich die Phagenhüllen im Überstand, da sie leichter als die Bakterienzellen sind. Auch nur dort wurde Radioaktivität nachgewiesen. In Versuchsansatz 2 wurden die Phagen mit radioaktivem Phosphor markiert. Phosphor ist Bestandteil der Nucleinsäuren (siehe auch Abb. AI.1.1) Dann wurde gleich vorgegangen wie in Versuchsansatz 1. Jedoch wurde in Ansatz 2 nach Trennung von Phagenhüllen und Bakterien+Phagen sowie Zentrifugation die Radioaktivität nur im Bodensatz nachgewiesen. Dort befinden sich die Bakterienzellen mit der Phagen-DNA. Im Anschluss wurden unmarkierte Bakterien in je einem Ansatz mit den Phagen aus den beiden oben geschilderten Ansätzen infiziert. Aus beiden Versuchsansätzen entwickelten sich neue infektionsfähige Bakteriophagen, wobei in dem einen Ansatz die Übertragung der DNA bei den Nachkommen durch radioaktives Phosphor nachweisbar war, in dem anderen Ansatz jedoch nicht. Dadurch hatten HERSHEY und CHASE die Aussage AVERY’S bestätigt, dass die DNA der Speicher genetischer Information ist und nicht Proteine. 1.4 Der Austausch von Erbinformation zwischen lebenden Bakterien wird als Konjugation (siehe Abb. Teil a) bezeichnet. Dabei wird die Erbinformation von einer Spenderzelle (Donor) in eine Empfängerzelle (Akzeptor) über eine Plasmabrücke übertragen, die als Pilus (oder Sexpilus) bezeichnet wird. Die als Spender fungierenden Zellen müssen einen sog. Fertilitätsfaktor besitzen, der sich entweder auf einem Plasmid (F-Plasmid, F+-Zellen) befindet oder das F-Plasmid kann in das Bakterienchromosom integriert sein. Die Bakterienzelle wird dann als Hfr-Zelle bezeichnet. Dieser Fertilitätsfaktor enthält die genetische Information für die Ausbildung der Plasmafortsätze, über die der Kontakt zur Akzeptorzelle (die als F--Zelle bezeichnet wird) hergestellt wird. Wenn der Fertilitätsfaktor im Bakterienchromosom integriert ist, dann kann er bei der Konjugation zumindest einen weiteren Teil der Bakterien-DNA übertragen, im vorliegenden Fall die Gene für die Streptomycinresistenz bzw. diejenigen der Aminosäure-Mangelmutante. Die Konjugation geht so vor sich, dass zunächst das Bakterienchromosom, beginnend am F-Faktor, repliziert wird und schon im Verlauf der Replikation die replizierte DNA vermutlich über den Sexpilus in die Akzeptorzelle wandert. Meist wird nicht das ganze Chromosom übertragen, sondern die Übertragung bricht irgendwann ab, weil die Plasmabrücke z. B. durch Bewegungen unterbrochen wird.

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Wie aus der Abb. Teil b hervorgeht, kann es bei der Eingliederung des DNA-Stücks durch Crossing-over zwischen den homologen Chromosomen des neuen Chromosomenfragments und des Chromosoms der Akzeptorzelle zur Bildung neuer Rekombinanten kommen. Dabei kann passieren, dass die Akzeptorzelle die Streptomycin-Resistenz übernimmt (Rekombinante 1). Diese Rekombinante ist dann resistent gegen Strepromycin und hat gleichzeitig die Fähigkeit zur Herstellung der Aminosäure behalten. Eine andere Möglichkeit ist, dass die Akzeptorzelle die Fähigkeit, die Aminosäure herzustellen verliert, weil sie das entsprechende Gen gegen dasjenige der Mangelmutante eintauscht (Rekombinante 2). Diese Rekombinante ist Streptomycin-empfindlich und kann die Aminosäure nicht mehr herstellen. Natürlich kann auch passieren, dass die Akzeptorzelle beide Gene einbaut. Sie ist aber dann keine Rekombinante, sondern besitzt die Eigenschaften (Strepomycin-Resistenz und Aminosäure-Mangelmutante) der Donorzelle, jedoch nicht deren F-Faktor. Um die Rekombinanten zu isolieren kann man folgendermaßen vorgehen:

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In einem ersten Ansatz (Kulturmedium 1) nimmt man ein Kulturmedium mit allen Nährstoffen und ohne Streptomycin. Auf diesem Medium wachsen alle vier Bakterienstämme (Rekombinanten 1 und 2, Donorstamm und Akzeptorstamm). Dann wird mit einem Samtstempel ein Abdruck des ersten bewachsenen Mediums auf drei andere Ansätze vorgenommen, sodass dort theoretisch ein genaues Abbild der Kulturen im Ansatz 1 wächst.

Kulturmedium 2: Ohne die o. a. Aminosäure und mit Streptomycin nur Rekombinante 1 wächst

Kulturmedium 3: Ohne die o. a. Aminosäure und ohne Streptomycin nur Rekombinante 1 und der Akzeptorstamm wachsen

Kulturmedium 4: Mit allen Nährstoffen und mit Streptomycin nur Rekombinante 1 und der Donorstamm wachsen.

Aus dem Vergleich der Positionen der Kulturen mit denjenigen im Kulturmedium 1 können die jeweils wachsenden Kulturen eindeutig zugeordnet und isoliert werden, ebenso wie Rekombinante 2, die nur auf Kulturmedium 1 wächst. (Zusätzliche Information: Die Abkürzung Hfr kommt von engl. High frequency recombination, da bei manchen E.coli-Stämmen extrem hohe Übertragungsraten beobachtet wurden.) 2.1 Die Krankheit wird X-chromosomal rezessiv vererbt. Die Mutter der ersten Generation besitzt zwei X-Chromosomen mit dem ALD-Gen (im Folgenden xA genannt, gesunde X-Chromosomen werden XG genannt), der Vater je ein gesundes XG- und Y-Chromosom. In der zweiten Generation sind die Töchter phänotypisch gesund, da sie das ererbte xA-Chromosom der Mutter mit dem zweiten (gesunden) XG-Chromosom vom Vater ausgleichen können. Sie sind Überträgerinnen. Die beiden Söhne können das xA-Chromosom nicht ausgleichen und sind deshalb krank.

Eine der Töchter heiratet einen Mann, der an ALD erkrankt ist (d. h. er besitzt den Genotyp xAY). Die daraus entstehende Generation (F2) hat folgenden Genotyp: 1 - XGY (gesunder Sohn) 2 - xAY; (kranker Sohn) 3 - XGxA (gesunde Tochter) 4 - xAxA (kranke Tochter) Daraus und auch aus dem Kombinationsquadrat (s. u.) geht hervor, dass die Wahrscheinlichkeit zu erkranken sowohl für Töchter als auch für Söhne bei 50 % liegt, wenn beide Elternteile jeweils ein ALD-Gen tragen.

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2.2 Da die Mutter homozygot gesund ist, müsste die Tochter eigentlich von ihrer Mutter ein intaktes X-Chromosom (XG) erhalten haben und vom Vater das defekte X-Chromosom (xA). Sie wäre dann zwar heterozygot in Bezug auf ALD, aber auf jeden Fall gesund, da das gesunde X-Chromosom der Mutter das defekte vom Vater ausgleicht. Da dies nicht der Fall ist, kann sie kein X-Chromosom von der Mutter bekommen haben. Das ist möglich, wenn die Tochter ein sog. X0-Typ (Turner-Syndrom) ist. Die betroffenen Individuen sind weiblichen Geschlechts und steril. Das Turner-Syndrom kann bei der Befruchtung entstehen, wenn im Verlauf der Oogenese durch Nondisjunction, d. h. Nichttrennung von homologen Chromosomenpaaren (Meiose I) oder Schwesterchromatiden (Meiose II), Eizellen entstehen, die kein X-Chromosom enthalten. Wird diese durch ein Spermium mit dem Karyotyp 23,xA befruchtet, entsteht eine Zygote mit dem Karyotyp 45, xA0. Das Mädchen, das sich daraus entwickelt, wird an ALD erkranken, da das kranke X-Chromosom nicht ausgeglichen werden kann.

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II. A2 Chorea Huntington 1.1

1.2 Nach der Transkription ergibt sich auf der mRNA folgende Sequenz für den abgebildeten Ausschnitt: AAG–UCC–UUC–CAG–CAG–CAG–CAG–CAG–CAG–CAG–CAG–CAG–CCG–CCA–CCG Und daraus entsteht bei der Translation folgende Aminosäuresequenz: Lys–Ser–Phe–Gln–Gln–Gln–Gln–Gln–Gln–Gln–Gln–Gln–Pro–Pro–Pro 1.3 Die Primärstruktur ist in der Abfolge der Aminosäuren (Aminosäuresequenz) festgelegt. Sie bestimmt grundsätzlich Sekundär- und Tertiärstruktur mit, die ihrerseits durch verschiedene Wechselwirkungen stabilisiert werden. Die Sekundärstruktur von Proteinen kann in Form einer β-Faltblattstruktur oder einer α-Helix vorliegen. Sie wird stabilisiert durch Wasserstoffbrückenbindungen. Die Bereiche mit Ketten, Faltblattstrukturen und Helices werden zu einer übergeordneten Struktur gefaltet, welche die Tertiärstruktur des Proteins darstellt. Diese wird durch verschiedene schwache Wechselwirkungen stabilisiert, wie z. B. Wasserstoffbrückenbindungen sowie hydrophobe Wechselwirkungen zwischen unpolaren Seitengruppen der Aminosäuren, des Weiteren durch Ionenbindungen zwischen polaren Aminosäureresten und auch durch kovalente Bindungen zwischen Schwefelatomen von Cysteinresten. Dieselben Kräfte sind auch für die Bildung der Quartärstruktur verantwortlich, bei der zwei oder mehrere Protein-Untereinheiten zu einem übergeordneten Komplex geordnet sind (wie z. B. die vier Häm-Moleküle beim Hämoglobin). (Anmerkung: Drei der vier genannten Wechselwirkungen hätten ausgereicht zur Beantwortung der Frage) 1.4 Abb. 3 zeigt die Häufigkeiten der Anzahl der CAG-Wiederholungen bei Gesunden und Chorea-Huntington-Patienten im Vergleich. Wie aus dieser Abbildung hervorgeht, zeigt die Mehrzahl der Gesunden knapp unter 20 und keinesfalls mehr als 32 CAG-Wiederholungen. Die Erkrankten zeigen laut dieser Abbildung mindestens 37 CAG-Wiederholungen, wobei ein Maximum bei etwa 43 CAG-Wiederholungen zu verzeichnen ist. Es sind zwar Fälle mit 60 und mehr Wiederholungen dokumentiert, die sind aber verschwindend gering (unter 1 %). Abb. 4 zeigt das Alter beim Auftreten erster Symptome von Chorea Huntington in Abhängigkeit von der Anzahl der CAG-Wiederholungen. Hieraus geht hervor, dass die Erkrankung umso früher auftritt, je mehr CAG-Wiederholungen vorhanden sind. Liegt der

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Zeitpunkt des Auftretens erster Symptome bei 40 CAG-Wiederholungen bei knapp 60 Jahren oder höher, so befindet er sich bei 45 CAG-Wiederholungen schon im Bereich um die 40 Jahre und bei 60 Wiederholungen kommt es sogar schon im Alter von etwa 20 Jahren zum Ausbruch der Krankheit. 1.5 Die Bedingungen, welche die Antisense-DNA erfüllen muss, sind im Text vorgegeben: Die mRNA des Antisense-Gens muss zur mRNA des mutierten Huntingtin-Gens komplementär und damit gegenläufig sein. Die mRNA’s sehen folgendermaßen aus: Huntingtin-Gen: 5’CAGCAGCAG3’ Gen A: 5’CUGCUGCUG3’ Gen B 5’GACGACGAC3’ Gen C 5’GUCGUCGUC3’ Die mRNA des Antisense-Gens muss gegenläufig und komplementär sein : Diese Bedingung erfüllt nur Gen A: Huntingtin-Gen 5’CAGCAGCAG3’ Gen A 3’GUCGUCGUC5’ Daher ist nur Gen A grundsätzlich als Antisense-DNA für die Therapie von Chorea Huntington geeignet. 2.1 Chorea Huntington wird dominant vererbt. Deshalb können Kranke heterozygot (Cc) oder homozygot (CC) sein, während Gesunde immer homozygot (cc) sind. Wenn man die F1- und die F2-Generation von Stammbaum B betrachtet, ist klar, dass er ausgeschlossen werden kann, denn zwei gesunde Eltern aus F1 bekommen teils kranke Kinder. Dies kann nicht geschehen, wenn, wie bei Chorea Huntington, die Krankheit dominant vererbt wird. Nur bei einem rezessiven Erbgang können gesunde (heterozygote) Eltern kranke Kinder haben. Im Stammbaum A ist ein dominanter Erbgang dargestellt, denn die beiden kranken Eltern haben teils kranke, teils gesunde Kinder. Die Eltern sind also beide heterozygot in Bezug auf das mutierte Huntingtin-Gen (Cc), die gesunden Kinder haben jeweils das rezessive Gen der beiden Eltern geerbt (cc). Würde das Huntingtin-Gen mit dem Y-Chromosom vererbt, so könnten keine Frauen erkranken, es gibt aber nach Stammbaum A sowohl kranke Frauen als auch kranke Männer. Würde das Huntingtin-Gen mit dem X-Chromosom vererbt, so könnte der Vater in der Ausgangsgeneration keine gesunde Tochter haben, da sein Genotyp XCY wäre, er also in jedem Fall der Tochter das dominante mutierte Gen weitergeben würde. In F1 von Stammbaum A gibt es jedoch zwei gesunde Töchter, d. h. das X-Chromosom kann nicht der Träger des mutierten Huntingtin-Gens sein. Daher bleibt nur noch die Möglichkeit, dass das Gen autosomal vererbt wird, der Erbgang ist demnach autosomal dominant. 2.2 Die im Text beschriebene Population ist von anderen Gemeinschaften offensichtlich weitgehend isoliert, denn es ist von einem abgeschiedenen Ort die Rede und davon, dass die Einwohner meist nur innerhalb der Dorfgemeinschaft heiraten. Vermutlich waren unter den Gründern dieses Dorfes mehrere Personen, die das Gen für das defekte Huntingtin trugen. Das Gen wäre also durch Zufallsselektion in diesen Genpool gelangt und dieser bleibt weitgehend gleich, da praktisch niemand von außerhalb geheiratet wird, was Bedingung dafür wäre, dass der Genpool sich veränderte, also für eine natürliche Gendrift. Das mutierte Allel hält sich daher in diesem Genpool oder häuft sich sogar an. Dies wird gefördert durch die Tatsache, dass die Krankheit erst ausbricht, wenn die Betroffenen längst

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verheiratet sind und eigene Kinder haben, sodass für das mutierte Allel praktisch kein Selektionsdruck besteht.

III. B1 Morphologie und Physiologie der Kartoffel 1. 1 Pflanze A zeigt normale Wuchshöhe mit wohlausgebildeten, grünen Blättern und relativ kurzen Internodien (Stengelabschnitte zwischen den Blattansätzen). Im Unterschied dazu ist Pflanze B hoch aufgeschossen (praktisch doppelt so hoch wie Pflanze A), die Internodien sind sehr langgestreckt und es gibt bestenfalls winzige Blattansätze. Außerdem hat die Pflanze kein Chlorophyll ausgebildet, denn sie wird als bleich beschrieben. Während Pflanze A sich normal entwickeln konnte, da sie ausreichend Licht für das Wachstum hatte, hat Pflanze B sozusagen ihre gesamte Energie in das Längenwachstum gesteckt. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass der Spross irgendwann Licht erreicht. Grüne Blätter wären beim Wachstum in Dunkelheit nutzlos, da keine Fotosynthese möglich ist, deshalb sind keine ausgebildet. Die Energie für das Wachstum wird aus den Stärkevorräten der Knolle gewonnen, also durch Dissimilation. (Zusätzliche Information: Man nennt diese Form des Wachstums Vergeilung oder Etiolement. Sie tritt auf, wenn Pflanzen ohne oder auch mit zuwenig Licht wachsen (im letzteren Fall nicht so ausgeprägt, sondern dann sind die Blätter kleiner und die Internodien größer als normal; es gibt alle Übergänge). Die Vergeilung ist eine Fotomorphose, d. h. eine Veränderung der Gestalt aufgrund unterschiedlicher Lichteinwirkung.) 1.2 Der aerobe Glucoseabbau kann in vier Abschnitte unterschieden werden: 1. Glykolyse: Glucose, die aus sechs C-Atomen besteht, wird während der Glykolyse in

zwei C3-Körper zerlegt und diese oxidiert zur Brenztraubensäure (Pyruvat). Dabei werden pro Mol Glucose zwei Mol Reduktionsäquivalente (NADH + H+) gebildet sowie im Rahmen der Substratkettenphosphorylierung zwei Mol ATP. Die Prozesse der Glykolyse finden im Cytoplasma statt.

2. oxidative Decarboxylierung: Das in der Glykolyse gebildete Pyruvat wird nun in die Mitochondrien transportiert und dort entsteht durch Abspaltung von CO2 und Oxidation Essigsäure, ein C2-Körper. Diese wird zugleich durch Bindung an Coenzym A aktiviert, es wird Acetyl-Coenzym A (Acetyl-CoA) gebildet. Bei diesen Reaktionen wird pro Mol Pyruvat ein Mol Reduktionsäquivalente (NADH + H+) gebildet.

3. Citratzyklus: Acetyl-CoA wird unter Addition von Wasser an Oxalacetat gebunden und so Citrat gebildet, ein C6-Körper, nach dem dieser Zyklus benannt wurde. Über eine Zwischenverbindung wird aus dem Citrat ein CO2 abgespalten (oxidative Decarboxylierung) und es entsteht die C5-Verbindung α-Ketoglutarat. Dabei entsteht pro Mol Citrat ein Mol NADH + H+. Im nächsten Schritt wird wieder unter Bildung von NADH + H+ CO2 abgespalten (oxydative Decarboxylierung). Als Zwischenverbindung entsteht das instabile Succinyl-CoA. Bei der anschließenden Abspaltung von Coenzym A entsteht Succinat, ein C4-Körper. Die dabei freiwerdende Energie wird zur Bildung von ATP genutzt (Substratkettenphosphorylierung). Als nächster Schritt folgt die Oxidation von Succinat zu Fumarat, wobei pro Mol Succinat ein Mol FAD zu FADH2 reduziert wird. Aus Fumarat entsteht durch Wasseraufnahme Malat, das wiederum durch Oxidation in Oxalacetat überführt wird. Bei dieser Reaktion wird wiederum pro Mol Malat ein Mol NADH+H+ gebildet. Das Oxalacetat tritt durch Bindung an Acetyl-CoA wieder in den Zyklus ein. Der Citratzyklus findet in den Mitochondrien statt. Im Verlauf dieses Zyklus wird der größte Teil der chemischen Energie in die Bildung von Reduktionsäquivalenten (NADH + H+ sowie FADH2) gesteckt, es wird nur an einer Stelle ATP gebildet.

4. Atmungskette: Die aus der Glykolyse und dem Citratzyklus stammenden Reduktionsäquivalente übertragen nun ihre Elektronen auf die Enzymkomplexe der

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Atmungskette. Hier findet die Endoxidation statt, indem die energiereichen Elektronen von NADH + H+ und FADH2 über eine Elektronentransportkette letztlich auf Sauerstoff übertragen werden, wobei Wasser entsteht. Die durch den Elektronentransport freiwerdende Energie wird im Vorgang der Chemiosmose zur Bildung von ATP genutzt. Die Enzymkomplexe der Elektronentransportkette pumpen die aus den Reduktionsäquivalenten stammenden Protonen aus der Mitochondrienmatrix in den Intermembranraum. Dadurch entsteht ein Protonengradient und die Protonen streben, dem Konzentrationsgefälle folgend, zurück durch die Membran in die Matrix. Die Membran ist jedoch nur im Bereich der ATP-Synthasen für Protonen durchlässig, die die Diffusion der Protonen zur Bildung von ATP nutzen. Pro NADH + H+ werden in der Atmungskette drei ATP und pro FADH2 zwei ATP gebildet.

Insgesamt können beim aeroben Abbau der Glucose über die beschriebenen Stationen 38 Mol ATP pro Mol Glucose gebildet werden. 2.1 In Abb. 2 ist die Entwicklung der Amylosekonzentration (in % der Ausgangskonzentration) in Abhängigkeit von dem zugegebenen Volumen an Acarboselösung dargestellt. Aus den gewonnenen Messwerten lässt sich entnehmen, dass die Amylosekonzentration umso höher ist, je mehr Acarboselösung zugegeben wird. Demnach wird mit steigender Acarbose-Zugabe immer weniger Amylose zu Maltose abgebaut. Acarbose scheint also die Aktivität der Amylase zu hemmen. Abb. 3 zeigt, dass die Struktur der Acarbose sehr ähnlich derjenigen der Amylose ist. Daher ist wahrscheinlich, dass die Acarbose ebenfalls an das aktive Zentrum der Amylase binden kann und diese dadurch kompetitiv hemmt. Bei der kompetitiven Hemmung konkurrieren das Substrat und der Hemmstoff um die Bindung im aktiven Zentrum des Enzyms. Deshalb wird die Hemmung umso stärker wirksam, je höher die Acarbosekonzentration bei konstanter Amylasekonzentration ist. 2.2 In beiden Versuchsreihen ergibt sich eine Sättigungskurve, diese zeigen jedoch unterschiedliche Verläufe:

Erläuterung der Kurvenverläufe: a) In Versuchsreihe A wird Lösungen mit steigenden Amylosekonzentrationen jeweils die

gleiche Konzentration Amylase zugesetzt. Zu Anfang steigt die Enzymaktivität proportional zur Amylosekonzentration und die Kurve steigt linear und zwar umso steiler, je mehr Substrat zugesetzt wird. Mit weiter steigender Amylosekonzentration wird die Wahrscheinlichkeit für die Bildung des Enzym-Substrat-Komplexes immer höher, bis praktisch alle Enzym-Moleküle besetzt sind. Die Kurve geht in eine Sättigungskurve über,

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da sich ab diesem Zeitpunkt die Enzymaktivität durch Erhöhung der Substratkonzentration nicht mehr erhöhen lässt (Substratsättigung).

b) In Versuchsreihe B werden Lösungen mit ebenfalls steigenden Amylosekonzentrationen jeweils die gleiche Konzentration Amylase und Acarbose zugesetzt. Hier kommt es zunächst zu einem flacheren Anstieg der Enzymaktivität, da die Acarbose als kompetitiver Hemmer mit der Amylose um die Bindung am aktiven Zentrum konkurriert. Es kann also zunächst nicht soviel Substrat umgesetzt werden, wie in der Versuchsreihe A. Je höher dann aber die Amylosekonzentration wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Amylose am aktiven Zentrum der Amylase binden kann und zu Maltose abgebaut wird und desto höher ist die gemessene Enzymaktivität. Bei konstanter Konzentration des Hemmstoffs wird mit steigender Substratkonzentration letztlich dieselbe maximale Enzymaktivität erreicht wie ohne Hemmstoff, wenn auch etwas später.

2.3 Bei Enzymen gilt bezüglich der Abhängigkeit der Enzymaktivität von der Temperatur in bestimmten Grenzen die RGT-Regel. Diese besagt, dass eine Erhöhung der Temperatur um 10 °C die Reaktionsgeschwindigkeit etwa um das Doppelte erhöht. Deshalb ist zu erwarten, dass die Enzymaktivität in Ansatz A bei einer Temperatur von 10 °C etwa ein Viertel derjenigen im Ansatz A bei 30 °C beträgt. Enzyme denaturieren oberhalb bestimmter Temperaturen. Die meisten Enzyme haben ihr Temperaturoptimum bei Temperaturen zwischen 30 und 40 °C und können u. U. noch bis höchstens 70 °C aktiv sein, spätestens dann ist das Protein denaturiert. Deshalb ist zu erwarten, dass bei Durchführung der Versuchsreihe bei 80 °C kein Amyloseabbau mehr stattfindet, da die Amylase durch die Hitze denaturiert ist.

IV. B2 Ökologie 1.1 Die Aga-Kröte wurde ursprünglich zur Bekämpfung von Insektenplagen in Australien eingeführt. Dies betraf sicherlich nur einige Arten, die zu Schädlingen wurden, die Aga-Kröte jedoch schnappt nach allem, was sich bewegt und eine bestimmte Größe nicht überschreitet, frisst also mit Sicherheit auch Nützlinge und andere Tiere außer Insekten. Außerdem werden die Schädlinge, die man bekämpfen wollte, durch diese Maßnahme nicht gezielt genug bekämpft, denn die Insektenplagen konnten nicht eingedämmt werden, trotz starker Vermehrung der Aga-Kröte. Da sie aufgrund ihrer Giftigkeit keine Fressfeinde hat, konnte sie sich unkontrolliert vermehren (auf etwa 100 Mio. Exemplare), zumal die Vermehrungsraten sehr hoch sind (Weibchen legen zweimal jährlich bis 30000 Eier ablegen). Damit ist sie offenbar ein ernster Nahrungskonkurrent für einheimische Insekten fressende Arten geworden, deren Zahl parallel zur starken Vermehrung der Aga-Kröte zurückging. Ihre Einführung stört(e) somit ganz empfindlich das ökologische Gleichgewicht in Australien, ohne wesentlich zur Lösung des ursprünglichen Problems, der Bekämpfung der Insektenplagen, beizutragen. 1.2 Offensichtlich haben die Schwarzottern mit dem kleineren Kopf und dem längeren Körper einen Selektionsvorteil gegenüber Individuen mit größerem Kopf und kürzeren Körper seit Einführung der Aga-Kröte. Eine naheliegende Möglichkeit ist, dass die Schwarzottern mit dem kleineren Kopf weniger geneigt oder in der Lage waren, die recht großen Aga-Kröten zu fressen. Dadurch konnte sie auch nicht durch das Gift getötet werden. Schlangen mit größerem Kopf, welche die Aga-Kröte überwältigen und fressen konnten, starben eher oder überwiegend als Folge dieser Mahlzeit und kamen so nicht mehr oder deutlich weniger zur Fortpflanzung.

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2.1.1 Kurve A ist charakteristisch für einen eutrophen See im Sommer. Eutrophe Seen sind nährstoffreich und daher kommt es in den oberen lichtdurchfluteten Schichten zu einer ausgeprägten Fotosyntheseaktivität des Phytoplanktons. Durch die Fotosynthese wird mehr Sauerstoff erzeugt als durch Dissimilation verbraucht wird, sodass die obere Schicht des Sees (Epilimnion) zu dieser Zeit einen sehr hohen Sauerstoffgehalt aufweist. Durch die hohe Fotosyntheseaktivität und die daraus folgende hohe Vermehrungsrate des Phytoplanktons wird viel tote organische Substanz produziert, die nach unten sinkt. Sie sorgt für eine stärkere Eintrübung des Wassers, sodass die Zahl der Primärproduzenten ab einer bestimmten Tiefe sehr stark abnimmt. Hier wird dann auch schnell die Sauerstoffkonzentration weniger, weil mehr Sauerstoff verbraucht als erzeugt wird. In den tieferen Bereichen eines eutrophen Sees gibt es keine Primärproduzenten mehr, weil kein Licht durchkommt, dafür aber große Mengen organischer Substanz sowie viele Konsumenten und v. a. am Boden Destruenten. Beide verbrauchen Sauerstoff und in großen Tiefen reicht der Sauerstoff für den aeroben Abbau der organischen Substanz meist nicht mehr aus. Es bilden sich Faulschlämme. Da im Sommer das Wasser des Sees nur in den oberen Schichten (Epilimnion) durchmischt wird, kann auch kein Sauerstoff mehr von der Oberfläche in die tieferen Bereiche gelangen. Deshalb sinkt der Sauerstoffgehalt bei Tiefen deutlich unter 20 m auf Werte nahe Null, wie der Abb. 1 zu entnehmen ist. Kurve B ist charakteristisch für einen oligotrophen See. Oligotrophe Seen sind nährstoffarm und das Phytoplankton in der durchlichteten Zone zeigt daher nur wenig Fotosyntheseaktivität. Dies hat zur Folge, dass das Wasser zum einen sehr klar ist, weil in den oberen Schichten wenig organisches Material erzeugt wird und zum anderen bis in große Tiefen das ganze Jahr über genügend Sauerstoff vorhanden ist. 2.1.2

Die Kurve für die Kohlenstoffdioxid-Konzentration in Abhängigkeit von der Tiefe läuft ziemlich genau entgegengesetzt derjenigen für Sauerstoff (siehe Abb.). Dies hat seinen Grund darin, dass in der durchlichteten Schicht mit der intensiven Fotosynthese und der hohen Sauerstofffreisetzung das bei der Zellatmung gebildete CO2 gleich wieder im Rahmen der Fotosynthese fixiert wird. Dadurch ist der CO2-Gehalt niedrig, der Sauerstoffgehalt hoch. In etwas größerer Tiefe nimmt die Fotosynthese und infolgedessen auch deren O2-Produktion ab, außerdem steigt der Anteil an Konsumenten. Dies führt dazu, dass der CO2-Gehalt zunimmt und der Sauerstoffgehalt abnimmt. In der Kompensationsschicht halten sich beide die Waage und in der darunter liegenden Zehrschicht, in der keine Fotosynthese mehr stattfindet, geht der Sauerstoffgehalt gegen Null, während der CO2-Gehalt weiter zunimmt, da er durch Zellatmung der Konsumenten und Destruenten freigesetzt wird. 2.1.3 Während die Kurve A1 den Sauerstoffgehalt des Sees in Abhängigkeit von der Tiefe im Sommer zeigt, ist mit Kurve A2 der Sauerstoffgehalt des Sees im Anschluss an eine Vollzirkulation zu sehen, die bei Seen in gemäßigten Breiten im Frühjahr und im Herbst stattfindet. Wasser hat bei +4 °C die höchste Dichte (Dichteanomalie des Wassers), was dazu führt, dass das Tiefenwasser immer +4 °C hat. Dies führt dazu, dass sich im Winter und

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im Sommer an der Seeoberfläche stabile Schichten bilden, weil sowohl kälteres als auch wärmeres Wasser eine geringere Dichte haben. Im Frühjahr erwärmt sich das Oberflächenwasser und wenn es bei +4 °C dieselbe Dichte wie das Tiefenwasser erreicht, dann kommt es, meist auch mithilfe von Frühjahrsstürmen zu einer vollständigen Durchmischung des Sees. Ähnliches passiert im Herbst: Das Wasser kühlt langsam ab und kann bei Erreichen von +4 °C und ebenfalls mithilfe von Herbststürmen wieder vollständig durchmischt werden. Diese Durchmischung bringt natürlich auch eine gleichmäßige Verteilung von Nährstoffen und im Wasser gelösten Gasen mit sich, sodass der O2-Gehalt direkt im Anschluss an die Durchmischungsphase bis in große Tiefen gleich hoch ist (ähnlich einem oligotrophen See). 2.2 Möglicherweise wird durch die verstärkte Trübung die Fotosyntheserate in den oberen Schichten des Sees herabgesetzt, da nicht mehr soviel Licht in das Wasser gelangt. Dadurch nimmt die Dichte des Phytoplanktons ab. Die Zahl der Konsumenten nimmt jedoch nicht ab und dezimiert das Phytoplankton weiter, sodass, nachdem die mineralischen Einträge zu Boden gesunken sind und das Phytoplankton weniger geworden ist, das Seewasser klarer ist. 2.3 Für die isolierten Chloroplasten müssen die gleichen Bedingungen geschaffen werden, die sie sonst in der Zelle und bei Belichtung vorfinden: Sie müssen in einer Lösung suspendiert sein, deren Ionenkonzentration und pH-Wert denjenigen einer normalen Pflanzenzelle entsprechen. Außerdem müssen ihnen die Ausgangssubstanzen für die Glucoseproduktion zur Verfügung gestellt werden, die sie sonst durch die Lichtreaktionen erhalten. Dies sind Reduktionsäquivalente (NADPH + H+) und Energieäquivalente (ATP). Zudem müssen sie natürlich mit CO2 versorgt werden. Wenn alle diese Bedingungen erfüllt sind, kann in den Chloroplasten auch bei Dunkelheit der Calvin-Zyklus (die Reaktionen des Calvin-Zyklus werden auch als Dunkelreaktionen bezeichnet) ablaufen und in der Folge Glucose aufgebaut werden.

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V. C1 Evolution 1.1 Das Paarungsverhalten des Männchens kann als Instinktverhalten mit allen zugehörigen Phasen gedeutet werden: Die Handlungsbereitschaft oder Motivation zur Paarung kann z. B. durch Hormone hervorgerufen werden. Dann folgt die nächste Phase, das Appetenzverhalten: Der Fang eines Beutetiers und ein geeigneter Ast sind Schlüsselreize, die das Männchen dazu veranlassen, sich an den Ast zu hängen und Pheromone zur Anlockung des Weibchens abzugeben. Wenn sich ein Weibchen in der Nähe des Männchens niedergelassen hat, tritt das Verhalten in die nächste Phase ein, die Einstellbewegung: Das Männchen orientiert sich zum Weibchen und bietet ihm seine Beute an. Sobald das Weibchen anfängt zu fressen, wird die Endhandlung vollzogen: Das Männchen paart sich mit dem Weibchen. Selektionsvorteil für das Männchen: Wenn ein Männchen Beute anbieten kann, wird es mehr Weibchen finden, die bereit sind, sich mit ihm zu paaren. Selektionsvorteil für das Weibchen: Das Weibchen braucht Nährstoffe, um die Eizellen zu bilden. Je mehr Nährstoffe es bekommt, desto mehr Eizellen und damit Nachkommen kann es produzieren 1.2 Abb. 1. zeigt die Kopulationsdauer in Abhängigkeit von der Größe des Brautgeschenkes und Abb. 2 zeigt die Anzahl der übertragenen Spermien in Abhängigkeit von der Kopulationsdauer. Aus Abb. 2 geht hervor, dass zunächst umso mehr Spermien übertragen werden, je länger die Kopulation dauert, bis ab Erreichen einer Kopulationsdauer von etwa 20 Minuten die maximale Spermienzahl übertragen wird. Aus Abb. 1 geht hervor, dass die Größe des Brautgeschenkes die Länge der Kopulation beeinflusst. Je größer das Brautgeschenk, desto länger dauert die Kopulation bis bei Brautgeschenken ab etwa 18 mm2 Größe bzw. ab 20 Min Kopulationsdauer ein Plateau erreicht wird. Zusammen mit den Ergebnissen aus Abb. 2 bedeutet dies, ein Brautgeschenk muss eine bestimmte Größe haben, um die Übertragung der maximalen Anzahl von Spermien bei der Kopulation zu garantieren. Oder anders ausgedrückt: Je größer das Brautgeschenk, desto sicherer der Fortpflanzungserfolg des jeweiligen Männchens bis zu einer bestimmten Größe des Geschenks. Ab dieser Größe zahlt sich das Fangen und Transportieren noch größerer Beutestücke, das ja auch mit höherem Energieaufwand verbunden ist, nicht mehr aus, da es den Fortpflanzungserfolg nicht mehr erhöht. (Zusätzliche Information: Tatsächlich ist es so, dass die Kopulation jeweils lange dauert, bis das Weibchen das Beutetier ausgesaugt hat und dass dadurch bei passender Größe der Beute die Spermienmenge optimal zur Befruchtung der anschließend abgelegten Eier ausreicht.) 1.3 Eigentlich können nach dem Konkurrenzausschlussprinzip zwei Arten, welche dieselbe ökologische Nische besetzen, nicht nebeneinander existieren. Entweder wird eine Art vollkommen verdrängt oder sie besetzt eine neue ökologische Nische, sodass Koexistenz möglich ist. Bei den beiden Mückenhaften scheint das Fehlen des Brautgeschenkes der einzige Unterschied zu sein, ansonsten haben beide dieselben Ansprüche an die Umwelt. Die Koexistenz ist nur dadurch zu erklären, dass die Art ohne Brautgeschenk durch das Fehlen desselben keine Einschränkung in ihrer Fortpflanzung erfährt. Eventuell ist darüber hinaus die Besiedlungsdichte durch beide Arten in einem Habitat nicht so dicht, sodass beide Arten ansonsten trotzdem genügend Beute finden oder der einen Art (vermutlich der ohne Brautgeschenk) macht es weniger aus, wenn die Beute auch mal kleiner ausfällt.

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2.1 Grundsätzlich gilt, dass je geringer die Basenunterschiede zwischen zwei Arten, desto näher verwandt sind sie miteinander. Basierend darauf ergeben sich folgende Verwandtschaftsbeziehungen: Der Helmvanga ist mit dem Sichelvanga am nächsten verwandt, da zwischen ihnen die geringsten Unterschiede bestehen (1 Basenunterschied). Dann folgen in dieser Reihenfolge der Kleibervanga (6 Basenunterschiede), der Büffelwürger (9 Basenunterschiede), der Gartenbaumläufer (10 Basenunterschiede) und der Kleiber (14 Basenunterschiede). 2.2 Die verschiedenen Vanga-Arten haben sich vermutlich durch adaptive Radiation aus einem gemeinsamen Vorfahren entwickelt. Unter Umständen kann als dieser gemeinsame Vorfahr der Büffelwürger angesprochen werden, da dieser in Afrika beheimatet ist und sowohl dasselbe Beutespektrum (neben Insekten auch kleine Wirbeltiere) wie der Helmvanga als auch in Bezug auf den Beutefang dieselben Verhaltensweisen (spießt Beute auf Dornen oder klemmt sie in Astgabeln) zeigt. Die Vorfahren der Vangas könnten von Afrika aus Madagaskar besiedelt haben. Dort konnten sie sich vermutlich recht rasch vermehren, da zum einen wenig natürliche Feinde vorhanden waren und zum anderen genügend Beute, vielleicht auch, weil es keine anderen Vögel als Nahrungskonkurrenten gab. Nun konnte entweder der Selektionsdruck, verschiedene ökologische Nischen zu besetzen, dadurch sehr hoch geworden sein, dass sie sich zu stark vermehrten und gegenseitig Konkurrenz machten oder sie besetzten neue, verschiedene ökologische Nischen, weil sich zufällig Verhaltensweisen oder Strukturen entwickelten, die dies möglich machten. In beiden Fällen spielten auf jeden Fall Mutationen und Rekombination eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung anderer Verhaltensweisen bzw. Strukturen. In mehr oder weniger isolierten Teilpopulationen konnten sich dann neue Merkmale als Anpassung an die jeweiligen Umweltanforderungen entwickeln und manifestieren (Gendrift). Dies konnte über Generationen hinweg zu einer reproduktiven Isolation geführt haben, infolge derer zunächst neue Rassen und nachfolgende neue Arten entstanden. 2.3 Unter Konvergenz wird die Entwicklung ähnlicher Merkmale aus unterschiedlichen Ursprungsmerkmalen verstanden. Die Merkmale werden dann als analoge Merkmale bezeichnet. Die Ähnlichkeiten entstehen durch ähnliche Anforderungen durch die Umwelt bzw. die Lebensbedingungen. Beispiele für analoge Merkmale bei den abgebildeten Vogelarten sind:

Die Schnäbel von Kleiber und Kleibervanga. Beide Vögel haben eine ähnliche Ernährungsweise: sie klettern an Baumstämmen und sammeln Insekten bzw. andere Kleintiere (Kleibervanga), die sie aus den Ritzen holen oder aus der Borke herausmeißeln.

Ähnliches gilt für die Schnäbel von Sichelvanga und Gartenbaumläufer. Auch hier steht eine ähnliche Schnabelform, der sichelförmige Schnabel, im Zusammenhang mit dem Beutefangverhalten: Beide suchen in der Baumrinde (enge Spalten) bzw. der Sichelvanga auch zwischen Dornen nach Insekten (bzw. der Baumläufer auch nach Insekteneiern oder Spinnen). Der Schnabel dient dabei wie eine Pinzette dazu, die Beute aus engen Ritzen oder ohne Verletzungsgefahr zwischen Dornen herauszufischen.

VI. C2 Ehtologische und physiologische Aspekte des Verhaltens 1.1 Das beschriebene Verhalten der Männchen der Galapagosechsen dient der Revierverteidigung, in ihrer Gesamtheit werden die im Folgenden beschriebenen Verhaltensformen als agonistisches Verhalten bezeichnet. Ausgelöst durch den Anblick

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eines anderen Männchens (das vielleicht die Reviergrenzen überschritten hat) macht ein Männchen erst Nickbewegungen in Richtung des anderen, das auf gleiche Weise antwortet. Die Nickbewegungen könnte man als Imponierverhalten interpretieren. Ergänzend reißen sie das bezahnte Maul auf, was als Drohverhalten zu werten ist. Falls eines der beiden Männchen sich dadurch nicht einschüchtern lässt, sondern beide weitermachen, kommt es im nächsten Schritt zu einem Kommentkampf, d. h. einem ritualisierten Kampf, bei dem es nicht zu Verletzungen kommt: Sie prallen mit ihren harten Stirnplatten aufeinander und versuchen, sich gegenseitig nach rückwärts zu drängen. Dabei kommt es zwischendurch immer wieder zu den Drohgebärden (Nicken und Maulaufreißen), wohl in der Absicht, dadurch den anderen abzuschrecken und die Auseinandersetzung so zu beenden. Der Kommentkampf ist beendet, wenn ein Männchen sich in eine überlegene Position bringt (hochaufgerichtet auf einem Felsen) und das andere durch eine Demutsgebärde (oder Beschwichtigungsverhalten) zeigt, dass es seine unterlegene Position akzeptiert: Es legt sich flach auf den Boden und kriecht rückwärts davon. Das überlegene Männchen wird durch dieses Verhalten davon abgehalten, das unterlegene Männchen zu töten oder zu verletzen. Vermutlich liegt dieser Tötungshemmung ein angeborener Auslösemechanismus (AAM) zugrunde. 1.2 Ritualisiertes Verhalten ist dadurch gekennzeichnet, dass es nach klaren Regeln verläuft und überwiegend symbolische Handlungen enthält, die meist mehrfach wiederholt werden. Ritualisiertes Verhalten dient v. a. in Konfliktsituationen dazu, eine Beschädigung oder das Töten des Kontrahenten zu vermeiden. Am Beispiel der Meerechsen kann das sehr gut beobachtet werden: z. B. ist das wiederholte Maul aufreißen eine symbolische Handlung, da der Angriff unter Einsatz der Zähne nicht folgt. Ebenso der Kommentkampf, in dem der körperliche Kontakt nur so stattfindet, dass keine Verletzungen auftreten können: Die Echsen prallen an den harten Stirnplatten aufeinander und sie drängen sich nur gegenseitig rückwärts. Sie beißen sich aber z. B. nicht und fügen sich mit ihren Krallen auch keine Wunden zu. Auch das Ende des Kommenkampfes zeigt seine symbolische Bedeutung. Ist das eine Männchen eindeutig in der überlegenen Position, gibt das andere sofort auf und gibt auch eindeutig zu erkennen, dass es aufgibt. Und das überlegene Männchen verzichtet dann auf jede weitere Kampfhandlung. 1.3 Ähnlich wie die Männchen zeigen die Weibchen zunächst Imponier- und Drohgebärden in Richtung des anderen Weibchens, um eindeutig zu signalisieren, dass sie die Mulde als ihren Ablageplatz betrachten. Im Unterschied zu den Männchen kommt es im Anschluss, wenn sich das andere Weibchen nicht einschüchtern lässt, jedoch zum Beschädigungskampf, denn beide Weibchen versuchen, sich gegenseitig Wunden zuzufügen. Durch das Beschwichtigungsverhalten des unterlegenen Weibchens wird dieser Kampf allerdings beendet, ohne dass das überlegene Weibchen das unterlegene tötet. Hier scheint, wie bei den Männchen, die Tötungshemmung durch das Beschwichtigungsverhalten ausgelöst zu werden. Bei den Weibchen ist der Kampf vermutlich deshalb ein Beschädigungskampf, weil hier unmittelbar der Fortpflanzungserfolg auf dem Spiel steht. Besetzt das andere Weibchen die Mulde, dann hat das unterlegene Weibchen vielleicht keine Möglichkeit mehr, die Eier an einer geeigneten Stelle abzulegen, weil diese Stellen vergleichsweise rar sind. Also wird mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln um diese Mulde und damit um den eigenen Fortpflanzungserfolg gekämpft. Und es scheint sich zu lohnen, dafür auch Verletzungen in Kauf zu nehmen. Zudem ist der Energieaufwand, der zur Anlage dieser Mulde geleistet wird, hoch, denn sie muss vergleichsweise tief gegraben werden. Bei den Männchen ist die Ressource Revier deutlich weniger begrenzt als bei den Weibchen die Ressource Eiablageplatz, da Letztere spezifischere Anforderungen erfüllen muss. Deshalb reicht bei den Männchen ein ritualisierter Kampf um das Revier aus oder anders ausgedrückt, die Kosten eines Beschädigungskampfes wären zu hoch angesichts ausreichend vorhandener Plätze für ein eigenes Revier.

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2.1 Verlauf eines Aktionspotenzials: Ein Aktionspotenzial ist die plötzliche, etwa 1 ms dauernde Änderung des Membranpotenzials, die durch Zellreizung zustande kommt und eine Ladungsumkehr an der Oberfläche der Zellmembran bewirkt. Verantwortlich für die Ladungsumkehr sind Na+- und K+-Kanäle in der Zellmembran, die sich spannungsabhängig öffnen und schließen.

Während des Ruhepotenzials (im vorliegenden Beispiel etwa -70 mV) sind die Na+-Kanäle im Unterschied zu den meisten K+-Kanälen geschlossen, das Zellinnere des Neurons ist gegenüber der Außenseite negativ geladen. Durch Ströme an der Membran, die durch unterschiedliche Erregungsvorgänge erreicht werden, öffnen sich zunächst einige Na+-Kanäle, wodurch das Membranpotenzial positiver wird (Depolarisation). Je positiver das Membranpotenzial wird, desto mehr Na+-Kanäle öffnen sich durch positive Rückkopplung.

Erreicht das Potenzial einen Schwellenwert (hier etwa -50 mV), öffnen sich in der Zellmembran plötzlich viele Na+-Kanäle und es kommt zu einem raschen Einstrom von Natrium-Ionen in die Zelle. Dadurch findet schließlich eine Potenzialumkehr statt, bei der das Zellinnere positiver wird als das Zelläußere (Peak des Aktionspotenzials hier etwa bei +30 mV). Wird der Schwellenwert nicht erreicht, passiert nichts (Alles-oder-Nichts-Gesetz).

Die Na+-Kanäle schließen sich nach 1-2 msec und sind zunächst inaktiviert, d. h., die Zelle ist bis zum Wiedererreichen des Ruhepotenzials nicht wieder erregbar (Refraktärphase). Zur Aktivierung bedürfen sie einer Konformationsänderung, die sie in den ursprünglichen Zustand versetzt. Die Refraktärphase bewirkt, dass die Erregung nur in eine Richtung fortgeleitet wird.

Spannungsgesteuerte K+-Kanäle öffnen sich und K+-Ionen strömen aus dem Zellinneren, in dem ein positiver Ladungsüberschuss entstanden ist, heraus. Dadurch wird das Zellinnere wieder negativer, es kommt zu einer Repolarisation, die sogar eine leichte Hyperpolarisation erreichen kann. Erst wenn der Ausgangszustand wieder erreicht ist, kann erneut ein Aktionspotenzial ausgelöst werden.

2.2

Conotoxin: Im Falle von Conotoxin wird zunächst, wie oben beschrieben, ein Aktionspotenzial ausgelöst. Doch tritt keine volle Repolarisation ein, sondern diese verläuft extrem langsam, sodass die Erregung weitgehend bestehen bleibt. Die Ursache ist vermutlich, dass Conotoxin die Öffnung der K+-Kanäle blockiert. Dadurch können die K+-Ionen nur langsam aus dem Zellinneren heraus diffundieren und die Repolarisation kommt zu sehr zögernd zustande.

TTX: Im Falle von TTX bleibt die Depolarisation unterschwellig, d. h. sie erreicht nicht das Schwellenpotenzial und daher wird auch kein Aktionspotenzial ausgelöst. Da sich das Ruhepotenzial recht schnell wieder einstellt, scheinen im Unterschied zu Conotoxin die K+-Kanäle nicht blockiert zu sein. Es ist anzunehmen, dass TTX die Öffnung der Na+-Kanäle verhindert, sodass an den betroffenen Kanälen kein Na+-Einstrom stattfinden kann.

2.3 Erregungsübertragung an einer neuromuskulären Synapse: 1. Ein eintreffendes Aktionspotenzial bewirkt die Öffnung der Na+-Kanäle in der

Cytoplasmamembran des synaptischen Enknöpfchens. Dies führt zur Depolarisierung der membran.

2. Die Depolarisierung führt ihrerseits über die Öffnung von Ca2+-Kanälen zum Einstrom von Ca2+-Ionen.

3. Dies hat zur Folge, dass die mit Transmittersubstanz gefüllten synaptischen Bläschen durch Exocytose die Transmittersubstanz in den synaptischen Spalt entlassen.

4. Die Moleküle des Transmitters diffundieren durch den synaptischen Spalt und binden an spezifische Rezeptoren in der postsynaptischen Membran.

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5. Dadurch werden die Rezeptoren aktiviert und öffnen Na+-Kanäle in der postsynaptischen Membran (die Membran der Muskelzelle). Durch den Einstrom von Na+-Ionen kommt es zur Depolarisierung der postsynaptischen Membran.

6. Diese Depolarisierung führt zur Ausbildung eines Aktionspotenzials, das sich über die Muskelfaser fortsetzt.

Wie unter 2.2 beschrieben unterbleibt durch die Wirkung von Conotoxin die Repolarisation weitgehend und die durch die Depolarisation hervorgerufene Erregung bleibt bestehen. Dies bedeutet an neuromuskulären Synapsen, dass die Muskelfasern einer Dauererregung ausgesetzt sind, es kommt zu dauerhaften Muskelkontraktionen. Die Atmung wird beim Menschen im Wesentlichen durch die Tätigkeit der Atemmuskulatur (insbesondere des Zwerchfells) bewerkstelligt. Durch Conotoxin kommt es zu Dauerontraktionen u. a. auch des Zwerchfells, d. h. es kann keine Atembewegung mehr stattfinden. Daher tritt der Tod durch Atemstillstand ein. 2.4 Aus Abb. 2 ist ersichtlich, dass Conotoxin ein Protein ist. Proteine denaturieren bei höheren Temperaturen. D. h. sie verlieren ihre räumliche Struktur, die im Wesentlichen durch schwache Wechselwirkungen (Wasserstoffbrückenbindungen, Ionenbindungen, Wechselwirkungen zwischen unpolaren Resten) aufrecht erhalten wird. Die räumliche Struktur des Proteins ist unabdingbar für seine Funktion. Wenn Conotoxin also beim Kochen denaturiert, dann verliert es seine Funktionsfähigkeit und damit auch seine Giftigkeit für andere Individuen. TTX hingegen ist kein Protein, sondern ein organisches Molekül, dessen Atome kovalent miteinander verbunden sind. Diese Bindungen und die räumliche Struktur scheinen so stabil zu sein, dass sie durch Kochen nicht zerstört werden und somit TTX trotz Kochens seine Giftwirkung behält.

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Die hier abgedruckten Lösungsvorschläge sind nicht die amtlichen Lösungen des zuständigen Kultusministeriums. Impressum: Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, vorbehaltlich der Rechte die sich aus den Schranken des UrhG ergeben, nicht gestattet. © Dudenverlag, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim 2008 Redaktionelle Leitung: Simone Senk Redaktion: Christa Becker Autorin: Elke Schindler