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In den Aufgabenstellungen werden unterschiedliche Operatoren (Arbeitsan- weisungen) verwendet; sie weisen auf unterschiedliche Anforderungsbereiche (Schwierigkeitsgrade) hin und bedeuten, dass unterschiedlich viele Punkte erzielt werden können. Die Lösungen zeigen beispielhaft, welche Antworten die verschiedenen Operatoren erfordern. Alles Wissenswerte rund um die Abiprüfung finden Sie im Buch im Kapitel „Prüfungsratgeber und Prüfungsaufgaben“. Originalklausuren mit Musterlösungen zu weiteren Fächern finden Sie auf www.duden.de/abitur in der Rubrik „SMS Abi“. Das Passwort zum Download befindet sich auf der vorderen Umschlagklappe. Die Veröffentlichung der Abitur-Prüfungsaufgaben erfolgt mit Genehmigung des zuständigen Kultusministeriums. Das Schnell-Merk-System fürs Abi – aufschlagen, nachschlagen, merken Buch … Prüfungswissen für Oberstufe und Abitur systematisch aufbereitet nach dem SMS-Prinzip Extrakapitel mit Prüfungsaufgaben zu allen Unterrichts- einheiten, zu Operatoren und Anforderungsbereichen … und Download Originalklausuren mit Musterlösungen als Beispiele für den Umgang mit Operatoren kostenlos auf www.duden.de/abitur Für die Fächer Deutsch, Englisch, Mathematik, Geschichte, Biologie, Chemie, Physik sowie Politik und Wirtschaft Originalklausur mit Musterlösung Abitur Geschichte Aufgabe I: England im 17. Jahrhundert Aufgabe II: Deutsche Außenpolitik / Vertrag von Rapallo

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In den Aufgabenstellungen werden unterschiedliche Operatoren (Arbeitsan-weisungen) verwendet; sie weisen auf unterschiedliche Anforderungsbereiche (Schwierigkeitsgrade) hin und bedeuten, dass unterschiedlich viele Punkte erzielt werden können. Die Lösungen zeigen beispielhaft, welche Antworten die verschiedenen Operatoren erfordern.

Alles Wissenswerte rund um die Abiprüfung finden Sie im Buch im Kapitel „Prüfungsratgeber und Prüfungsaufgaben“.

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In den Aufgabenstellungen werden unterschiedliche Operatoren (Arbeitsan-weisungen) verwendet; sie weisen auf unterschiedliche Anforderungsbereiche (Schwierigkeitsgrade) hin und bedeuten, dass unterschiedlich viele Punkte erzielt werden können. Die Lösungen zeigen beispielhaft, welche Antworten die verschiedenen Operatoren erfordern.

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Originalklausurmit Musterlösung

AbiturGeschichteAufgabeI: England im 17. JahrhundertAufgabeII: Deutsche Außenpolitik / Vertrag von Rapallo

Zentralabitur 2007 Geschichte Schülermaterial Aufgabe I LK Bearbeitungszeit: 300 Min.

Niedersächsisches KultusministeriumSeite 1 von 3

Thema: König und Parlament im England des 17. Jahrhunderts

Aufgabenstellung

1. Geben Sie nach einer quellenkritischen Einleitung die inhaltlichen Positionen aus M1 und

M2 wieder. 2. Arbeiten Sie die innen- und außenpolitischen Hintergründe der Auseinandersetzung zwi-

schen König und Parlament heraus und beziehen Sie dazu M3 und M4 mit ein. 3. Arbeiten Sie heraus, inwiefern sich in M1 und M2 Gedanken von Staatstheoretikern des

16. und 17. Jahrhunderts nachweisen lassen. 4. Vergleichen und bewerten Sie die Bedeutung ideologischer Aspekte für das jeweilige politi-

sche Handeln im England des 17. Jahrhunderts und im NS-Staat. Berücksichtigen Sie da-bei Ihre bisherigen Ergebnisse.

Material

M 1: Jakob I. über das Königtum (1598)

Noch als König von Schottland schrieb Jakob I. 1598 eine (anonym gedruckte) Abhandlung „True Law of Free Monarchies“. […] Die Könige in Schottland waren schon da, bevor es Stände oder Rangabstufungen innerhalb derselben gab, bevor Parlamente tagten oder Gesetze gemacht wurden. Sie verteilten das Land, das ursprünglich in seiner Gesamtheit ihnen gehörte, sie riefen Ständeversammlungen durch ihren Befehl ins Leben, sie entwarfen Regierungsformen und richteten sie ein. Daraus folgt mit Notwendigkeit, dass die Könige Urheber und Schöpfer der Gesetze waren und 5 nicht umgekehrt. […] Es entspricht diesen Fundamentalgesetzen, wenn wir Tag für Tag vor Augen sehen, wie im Parlament (das nichts anderes ist als der höchste Gerichtshof des Königs und sei-ner Vasallen) die Gesetze von den Untertanen lediglich beantragt, aber von dem König allein, wenn auch auf ihre Bitte und mit ihrem Rat, gemacht werden. Der König erlässt auch täglich Statu-ten und Verordnungen mit Strafandrohungen ganz nach seinem Ermessen, ohne Beirat des Par-10 laments oder der Stände, aber kein Parlament hat die Macht, irgendein Gesetz oder Statut zu er-lassen, ohne dass sein Zepter dabei mitwirkt und ihnen die bindende Kraft eines Gesetzes gibt. […] Und wie der König ganz offensichtlich oberster Herr des ganzen Landes ist, so ist er auch Herr über jede Person, die darin wohnt, und hat Gewalt über Leben und Tod einer jeden von ihnen. Zwar wird ein gerechter Herrscher keinem seiner Untertanen das Leben nehmen ohne eine klare 15 Gesetzesbestimmung, aber dieselben Gesetze, kraft derer er es ihnen nimmt, hat er selbst oder haben seine Vorgänger erlassen, und so geht alle Gewalt jederzeit von ihm selber aus. […] Deshalb können auch allgemeine Gesetze, die öffentlich im Parlament beschlossen wurden, aus Überlegungen, die dem König bekannt sind, und kraft seiner Autorität gemildert oder suspendiert werden, auch wenn es aus Gründen geschieht, die er allein weiß. […] 20

Zentralabitur 2007 Geschichte Schülermaterial Aufgabe I LK Bearbeitungszeit: 300 Min.

Niedersächsisches KultusministeriumSeite 2 von 3

M 2: Petition of Rights vom 23. Mai 1610 Hintergrund der Petition: Das alte Recht der englischen Könige, zum Schutz des einheimischen Handels Hafenzölle (impositions) zu erheben, wurde unter Jakob I. zum ersten Mal dazu genutzt, dem König zusätzliche Einnahmen zu verschaffen. Gnädigster Herr! Die im Parlament versammelten untertänigsten Gemeinen (1) Eurer Majestät haben zuerst durch eine Botschaft, dann durch eine Rede Eurer Majestät den Befehl erhalten, sich im Parlament jeder Debatte über Eurer Majestät Recht zur Erhebung von Ein- und Ausfuhr-abgaben von den Gütern Ihrer Untertanen zu enthalten, jedoch die Erlaubnis erhalten, Be-schwerden über diese Abgaben in Hinblick auf Höhe, Zeit und andere Umstände, die etwa zu 5 Unzuträglichkeiten Anlass geben könnten, zu prüfen. Wir, Ihre demütigen Untertanen, zweifeln nicht daran, dass Eure Majestät durch diesen Befehl keineswegs beabsichtigte, das altüberlieferte, fundamentale Freiheitsrecht des Parlaments zur eingehenden Erörterung aller Angelegenheiten, die uns und unsere Besitzungen, Güter und Rechte aller Art betreffen, zu verletzen (was gleichwohl, wie wir nicht übersehen können, durch diesen Befehl tatsächlich geschieht). Wir 10 erheben daher mit aller schuldigen Ehrfurcht Eurer Majestät gegenüber die nachfolgende Gegen-vorstellung: Fürs Erste halten wir es für ein altes, allgemeines und unzweifelhaftes Recht des Parlaments, über alle Angelegenheiten, die den Untertanen, sein Recht und seine tatsächliche Lage betreffen, frei zu debattieren. Wird diese Freiheit der Diskussion beeinträchtigt, so ist damit die Freiheit des 15 Parlaments in ihrem Wesensgehalt zerstört. Da im vorliegenden Fall das Untertanenrecht einerseits und Eurer Majestät Prärogative (2) andererseits unmöglich voneinander getrennt werden können, wenn über eines von ihnen disku-tiert wird, so weisen wir darauf hin, dass Eurer Majestät Prärogativen, insoweit sie in unmittelbarer Beziehung zu Rechten und Interessen der Untertanen stehen, Tag für Tag in allen Gerichtshöfen 20 von Westminster behandelt und erörtert werden und jederzeit bei allen vorkommenden Gelegen-heiten in diesem und in allen früheren Parlamenten frei und unbehindert diskutiert worden sind. Wenn das verboten wäre, so wäre es dem Untertanen unmöglich gemacht, sein Recht und das Eigentum an seinen Ländern und Gütern festzustellen und zu wahren, auch wenn sie noch so gerechtfertigt und offenkundig wären. 25 Geruhen Eure erhabene Majestät ferner zur Kenntnis zu nehmen, dass wir nicht die Absicht ha-ben, Eurer Hoheit Prärogative in diesem Punkt zu bestreiten, sondern nur, uns darüber zu infor-mieren; ist es doch heute mehr als je notwendig, dass man darüber Bescheid weiß, wäre es auch zu keinem anderen Zweck, als die Gesamtheit der Untertanen Eurer Majestät zufrieden zu stellen, die sich durch diese neuen Abgaben sehr beschwert fühlen und in großer Trübsal und Traurigkeit 30 schmachten. […] Erläuterungen: (1) Gemeine: hier: Abgeordnete des Unterhauses (2) Prärogative: Vorrecht

Zentralabitur 2007 Geschichte Schülermaterial Aufgabe I LK Bearbeitungszeit: 300 Min.

Niedersächsisches Kultusministerium 3 von 3

M 3: Preisentwicklung in England 1450–1649 (Zehnjahresdurchschnitte; nominal; 1450/59 = 100)

M 4: Kriege/Konflikte Englands

im Innern

1565-1567 Religiöse Kämpfe in Schottland 1568-1573 Erste Desmond-Rebellion in

Irland 1569 Rebellion katholischer Lords im

Norden 1579-1580 Zweite Desmond-Rebellion, Re-

bellion in Leinster, Intervention des Papstes und Spaniens

1595 Rebellion der katholischen Lords in Schottland

1595-1603 Rebellion von Hugh O‘Neill in Ir-land, spanische Intervention

1608 Irische Revolte von Sir Cahir O’Doherty

1639-1640 Schottische Rebellion; die Bi-schofskriege

1641 Aufstand in Ulster 1642-1647 Bürgerkrieg in England, Irland und

Schottland

und nach außen

1549-1550 Französisch-englischer Krieg 1556-1559 Teilnahme am Französisch-spanischen

Krieg 1562-1564 Intervention im Ersten Hugenottenkrieg 1568 Englisch-spanischer Krieg in der Karibik 1585-1604 Seekrieg gegen die spanische Armada 1621 Englischer Krieg gegen Algier 1624-1625 Englisch-marokkanischer Krieg 1635-1637 Englisch-marokkanischer Krieg 1650-1654 Portugiesisch-englischer Krieg 1652-1655 Englisch-holländischer Seekrieg 1655-1659 Englisch-spanischer Krieg 1655 Englischer Krieg gegen Tunis

Hilfsmittel

keine

Zentralabitur 2007 Geschichte Schülermaterial Aufgabe II LK Bearbeitungszeit: 300 Min.

Niedersächsisches Kultusministerium 1 von 3

Thema: Der Vertrag von Rapallo - deutsche Außenpolitik zwischen Status quo

und Revisionismus

Aufgabenstellung

1. Fassen Sie die Kernaussagen der Quellen M1 und M2 – nach einer kurzen quellenkriti-

schen Einführung – mit eigenen Worten zusammen. 2. Stellen Sie die Aussagen des Reichskanzlers Dr. Wirth zum Vertrag von Rapallo (M1 und

M2) einander gegenüber und erklären Sie Ihren Befund. 3. Charakterisieren Sie, ausgehend von M1 und M2, die Bedeutung des Rapallo-Vertrags im

Rahmen der deutschen Außenpolitik zwischen 1922 und 1941. 4. Ordnen Sie den in M3 dargestellten Konsens amerikanischer Außenpolitik nach dem

Ersten Weltkrieg in die Entwicklung der amerikanischen Außenpolitik von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges ein.

5. Prüfen Sie, inwieweit der Vertrag von Rapallo den in M3 genannten außenpolitischen Vor-stellungen der USA entgegenstand. Beziehen Sie in Ihre Ausführungen M1 und M2 ein.

Material

M 1: Die Reichstagsdebatte um den Rapallo-Vertrag. Aus der Rede des Reichskanzlers

Dr. Wirth (Zentrum) vom 29. Mai 1922

Es ist eine große Aufregung über den Vertrag von Rapallo durch die Welt gegangen. Wellen sind hervorgerufen worden, die sich auch nach Deutschland hinübergespielt haben. Ich habe so den Eindruck, dass diejenigen, die am lautesten drüben, jenseits unserer Grenze, sich über den Rapal-lo-Vertrag aufgeregt haben, den Rapallo-Vertrag nicht einmal gelesen haben, sondern dass allein das selbständige Handeln Deutschlands bereits auf der Gegenseite in einzelnen Kreisen Bestür-5 zung hervorgerufen hat. Wer den Rapallo-Vertrag sorgfältig und ohne Voreingenommenheit durchliest, muss gestehen, dass der Vertrag von Rapallo ein ehrliches, aufrichtiges Friedenswerk ist. Er ist im gewissen Sinne ein vorbildlicher Friedensvertrag. In diesem Friedensvertrag gibt es weder Besiegte, noch gibt es Sieger. Er ist die vollkommenste Liquidierung der aus dem Kriegszustand herrührenden gegensei-10 tigen Forderungen. Unverständlich ist deshalb die Aufregung, die sich gerade an diesen Vertrag geknüpft hat, und noch unverständlicher ist die Deutung dieses Vertrages als eines kriegerischen Faktors in Europa [...] . In seiner ersten großen Unterhausrede hat der englische Erste Minister den Rapallo-Vertrag einen großen Irrtum und einen schweren Fehler genannt. […] Lloyd George hat aber in dieser Rede auch 15 die Welt gewarnt, diese Völker, das deutsche und das russische, nicht weiter zur Verzweiflung zu treiben, da sonst ungeahnte Konsequenzen aus einer derartigen Verständigung entstehen könn-ten. Ich kann nur wiederholen, was ich in Genua und was ich vorhin schon gesagt habe, dass der

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Niedersächsisches Kultusministerium 2 von 3

Rapallo-Vertrag keine diesbezüglichen Absichten enthält, sondern nur den Willen zweier großer Nachbarreiche realisiert, in Frieden und verständnisvoller Zusammenarbeit, und zwar in der Arbeit 20 gegenseitigen Wiederaufbaus, zusammenzuleben und darum zu diesem Zweck einen Strich unter die Vergangenheit zu machen. Er bedeutet nicht nur einen Frieden zwischen zwei Völkern, denen es immer gut gegangen ist, solange sie sich verstanden haben, er bedeutet auch einen Ausgleich, eine Brücke zwischen Ost und West in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht zum Wohle beider Völker. […] Der Vertrag bedeutet aber auch […] ein Nichteinmischen in die inneren parteipoliti-25 schen und sozialen Verhältnisse eines anderen Landes. Lloyd George hat in seiner Rede die zahl-reichen tagtäglichen Nachrichten über geheime Militärabkommen, die im Anschluss an den Rapal-lo-Vertrag beschlossen sein sollen, ins Reich der Fabel verwiesen. Ich kann hier nochmals feierlich erklären, dass der Rapallo-Vertrag keine geheimen politischen oder militärischen Abkommen ent-hält, und jede böswillige Behauptung, die da und dort immer wieder auftaucht, ist, was sie von An-30 fang [an] war, eine böswillige Verleumdung, um dem ersten Friedenswerk, das überhaupt in Euro-pa errichtet worden ist, Schwierigkeiten zu bereiten […] . M 2: Geheime Aufzeichnung des ehemaligen Reichsaußenministers Graf von Brockdorff-

Rantzau über seine Unterredung mit Reichskanzler Dr. Wirth vom 24. Juli 1922

Dr. Wirth empfing mich heute um ½ 1 Uhr. Er war wie ausgetauscht, kam sehr herzlich im Garten auf mich zu, entschuldigte sich, dass wir uns das letzte Mal so „flüchtig und ungemütlich“ gese-hen, und erklärte, er müsse mich ganz offen sprechen. Zunächst wolle er mir sein „Ostprogramm“ entwickeln; was er mir sage, sei aber absolut vertraulich. Der Kanzler führte dann etwa wörtlich aus: „Meine Politik wird meist missverstanden; ich sehe die 5 einzige Möglichkeit für uns, wieder zum Aufstieg zu kommen, darin, dass das deutsche und das russische Volk gesunden und als Nachbarn wieder freundschaftlich und vertrauensvoll zusam-menarbeiten.“ Mit erhobener Stimme und beinahe heftig fuhr Dr. Wirth fort: „Aus diesem Grunde habe ich auch den Rapallo-Vertrag abgeschlossen. Der Vertrag ist, wie Sie wissen, in Deutschland auf scharfen Widerstand gestoßen, und zwar [...] besonders bei den sozialistischen Parteien und in 10 erster Linie bei dem Herrn Reichspräsidenten. Aber was wollen Sie mit Parteien, die sich zu dem Wahlspruch ‚Nie wieder Krieg‘ bekennen? Die-sen Standpunkt kann ich nicht teilen, und eines erkläre ich Ihnen unumwunden: Polen muss erle-digt werden. Auf dieses Ziel ist meine Politik eingestellt. Was ich Ihnen jetzt sage, bleibt selbstverständlich unbedingt unter uns. Ich schließe keine Verträ-15 ge, durch die Polen gestärkt werden könnte [...] .“

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M 3: Der Historiker Klaus Schwabe über die amerikanische Außenpolitik nach dem Ersten

Weltkrieg

Über die unmittelbaren außenpolitischen Ziele Amerikas herrschte Übereinstimmung: Im Interesse des Wohlstandes im eigenen Land sollten die USA politische Stabilität durch wirtschaftliche Pros-perität in möglichst weiten Teilen der Welt, vor allem aber in Europa wiederherstellen. Es [Amerika] sollte dadurch beitragen, Krieg zu vermeiden, einen friedlichen Wandel sicherzustellen und damit einer Ausbreitung des revolutionären Bolschewismus einen Riegel vorzuschieben. Als Mittel, um 5 diese Ziele zu erreichen, boten sich die wirtschaftlichen Trümpfe an, über die die Wirtschaftsmacht Amerika als neuer Hauptkreditgeber der Welt verfügte. So erlebte die Dollardiplomatie Tafts (1) eine Wiederauferstehung – allerdings mit dem Vorbehalt, dass der traditionelle Imperialismus […] immer mehr in Verruf geriet. Sicherheitspolitisch sollten sich die USA vor allem aus Europa he-raushalten und auf jeden Fall ihre Handlungsfreiheit wahren. 10 Aus: Klaus Schwabe, Weltmacht und Weltordnung. Amerikanische Außenpolitik von 1898 bis zur Gegenwart. Eine Jahrhundertgeschichte, Paderborn 2006, S. 81f.

Erläuterung:

(1) Taft William Howard Taft war Präsident der USA von 1909 bis 1913.

Hilfsmittel

keine

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Musterlösungen für die Prüfungsaufgaben Abitur Prüfungsfach: Geschichte (Niedersachsen 2007) Autorin: Krista Düppengießer

Aufgabe I

1. Aufgabe M1:

- Quellenkritik: Autor: Jakob I. (König von Schottland), Adressat: politische Öffentlichkeit, Quellenart: Primärquelle, Zeit: 1598, Ort: unbekannt, Gattung: Abhandlung, Thema: Begründung des Absolutismus, Intention: s. Thema - strukturierte Inhaltswiedergabe: Der Autor beginnt sein Begründung der königlichen Prärogative mit den Prämissen, dass die Monarchie älter sei als jede Form politischer Mitregierung und dass diese von Königen eingerichtet und zu kontrollieren seien (Z. 1-4). Daraus folgert er, dass die Könige „Urheber und Schöpfer der Gesetze“ seien (Z. 5) und nicht die Untertanen, das Parlament oder die Stände (Z. 5-12). Weiterhin bezeichnet Jakob den Monarchen als den „oberste(n) Herr(n) des ganzen Landes“( Z. 13) wie auch als „Herr(n) über jede Person“ (Z. 13f) mit Gewalt über Leben und Tod. Im Sinne des Absolutismus formuliert er dann zusammenfassend: „so geht alle Gewalt jederzeit von ihm selber aus“ (Z. 17). Daraus folgert der Autor das Recht des Monarchen, im Parlament beschlossene Gesetze zu ändern bzw. zu suspendieren (Z. 18-20).

M2: - Quellenkritik: Autor: englisches Unterhaus, Adressat: König Jakob I., Quellenart: Primärquelle, Zeit: 23.5.1610, Ort: London, Gattung: Petition (Bittschrift), Thema: Ablehnung der absolutistischen Ansprüche des Königs, konkret: des Debattenverbots über die Erhöhung von Hafenzöllen durch den König, Intention: Wiederherstellung eines Konsenses zwischen Parlament und König - strukturierte Inhaltswiedergabe: Im ersten Abschnitt (Z. 1-12) schildern die Verfasser der Petition die aktuelle Situation, nämlich dass der König verboten hat, im Unterhaus über sein Recht der Erhebung von Zöllen zu debattieren, allerdings die Prüfung von Beschwerden über diese Abgaben erlaubt hat. Die Abgeordneten halten eine „Gegenvorstellung“ (Z. 11f) für nötig, da dieser Befehl „das altüberlieferte, fundamentale Freiheitsrecht des Parlaments zur eingehenden Erörterung aller Angelegenheiten“ (Z. 8) betreffend Besitz und Bürgerrechte verletze. Im nächsten Abschnitt (Z. 13-25) werden zwei Argumente gegen die

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Zulässigkeit dieses königlichen Verbots angeführt: Erstens sei dieses Debattierrecht über königliche Maßnahmen für die Freiheit des Parlaments fundamental (Z. 13-16), zweitens seit jeher Praxis in allen Gerichtshöfen (Z. 17-25). Zum Schluss führen die Bittsteller als Intention ihres Anspruchs auf Debatte geschickt die Beruhigung der durch die neuen Abgaben „sehr beschwert(en)“ (Z. 30) Untertanen auf und nicht die Infragestellung der königlichen Prärogative (Z. 26-31) M2 steht im Widerspruch zu M1, indem in ihm eine absolutistische Praxis abgelehnt wird zugunsten einer Kooperation zwischen König und Parlament („King in Parliament“).

2. Aufgabe Während M1 und 2 sich auf die politische und die konstitutionelle Ebene des Konflikts zwischen den absolutistischen Stuarts und dem House of Commons beziehen, verweisen M3 und 4 auf seine ökonomische, religiöse, soziale und militärische Dimension. M3: M3 zeigt die Preisrevolution des 15. und 16. Jahrhunderts in England. Die sie verursachende Verknappung der Produkte geht auf ein Bevölkerungswachstum und eine Wertminderung des Geldes bzw. Edelmetalls zurück. Letztere ist mit der merkantilistischen Geldpolitik der Stuarts zu erklären, dem Bestreben, die monetären Einkünfte der Krone zu steigern. Neben der Hofhaltung und Repräsentation brauchen die englischen Könige in dieser Zeit vermehrt Geldmittel, um die Kriegführung gegen die Abweichler und das Ringen um Suprematie als See- und Kolonialmacht zu finanzieren. M4: Die große Dichte des militärischen Engagements weist M4 auf, das auch die Regierungszeit von Jakobs I. Vorgängerin Elisabeth I. (1588-1603) und seines Nachfolgers Karls I. (1625-1648) umfasst. Die Konflikte im Innern sind neben nationalistischen Bestrebungen nach Unabhängigkeit der Schotten und Iren auch durch ein religiöses Moment motiviert. Die unterschiedlichen religiösen Gruppierungen unter den Protestanten – die Puritaner (rigorose Ablehnung des Katholizismus), die Independenten (radikale Autonomie der einzelnen Gemeinde), die schottischen Presbyterianer (= Puritaner, Abschaffung der bischöflichen Kirchenleitung) – eint mit den irischen und schottischen Katholiken die Ablehnung der anglikanischen Staatskirche. Im Bürgerkrieg (1642-1648) stehen auf der Seite des Parlaments die Handel treibenden Bürger, die finanzstarken Städte und die Puritaner; der König, Karl I., wird vom Hochadel und der anglikanischen Kirche unterstützt. Er endet 1648 mit der Abschaffung der Monarchie (Hinrichtung Karls I. am 30.1.1649).

3. Aufgabe In M1 klingen Vorstellungen der Staatstheoretiker Bodin und Hobbes an. Der Franzose Jean Bodin (1529-1596) begründet den Souveränitätsbegriff des Absolutismus. Als neutrale Macht steht der Herrscher über den Parteien und vereinigt die gesamte Staatsgewalt. Dem Gesetz ist er zwar nicht unterworfen („legibus absolutus“), doch handelt er dem christlichen Verständnis von Gerechtigkeit gemäß. Diese Allgewalt des Monarchen und seine Herrschaft über die Gesetze sind Vorstellungen, die sich durch M1 ziehen.

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Der englische Philosoph Thomas Hobbes (1588-1679) musste vor dem Ausbruch der Englischen Revolution 1640 fliehen und kehrte 1651 unter Cromwell nach England zurück. Hobbes überträgt eine mechanistische Methode auf die Staats- und Gesellschaftslehre. Hierbei geht er von einem Naturzustand vor der Staatenbildung aus. Im Naturzustand leitet die Menschen der Selbsterhaltungstrieb, die Menschen seien nicht zur Gemeinschaft veranlagt (kein „animal sociale“, sondern „homo homini lupus“). Unausweichliche Folge dieses Egoismus wäre ein dauernder Krieg aller gegen alle. Um diesen zu vermeiden, übertrügen die Menschen ihre Selbstständigkeit auf einen „Souverän“ in einem fiktiven “Staatsvertrag“. Dieser „Souverän“, eine Einzelperson oder eine Versammlung, ist allmächtig, niemandem verpflichtet und setzt Rechtsordnung und Moral. Durch seine Einsetzung entstehe erst Gesellschaft, und zwar als Staat. Diesen Staat erhöht Hobbes zu einem „sterblichen Gott“, den er mit dem Namen eines Seeungeheuers aus dem Alten Testament, Leviathan, belegt. Bei der Betonung seiner Allmacht kann sich Jakob I. auf Hobbes berufen; bes. die Z. 1-3 könnte man im Sinne von Hobbes auf die Theorie von der Existenz des Monarchen vor dem Staat und den Regierungsorganen beziehen. John Locke (1632-1704) dagegen hat das liberale Gedankengut, dass es natürliche, unveräußerliche Rechte, wie bes. das Recht auf Privateigentum, gebe, klassisch formuliert („Two treaties of government“, 1690). Zudem entwickelt er die Idee der Gewaltenteilung (Exekutive und Legislative) zur Verhinderung des Missbrauchs der Staatsgewalt. In diese Tradition gehört die Argumentation der Abgeordneten (Z. 8 „Freiheitsrecht des Parlaments“, vgl. Z. 7-9, 13-16) oder Z. 23f „Rechte und das Eigentum an seine Ländern und Gütern“ (des Untertanen). Allerdings stellt das Unterhaus die Prärogative der Königs nicht prinzipiell in Frage.

4. Aufgabe Ideologische Aspekte sind als religiöse bzw. konfessionelle für England im 17. Jahrhundert von großer Bedeutung. Der Widerstand gegen die absolutistischen Tendenzen der Stuarts verband sich mit der Ablehnung des Katholizismus der schottischen Dynastie. Im Kampf gegen das Parlament, das er 1629 für 11 Jahre suspendierte, stützte sich Karl I. auf die anglikanische Kirche. Als er 1637 versuchte, diese in Schottland einzuführen, machte er sich neben den englischen Puritanern auch die schottischen Presbyterianer zu Feinden, was zur schottischen Rebellion 1639-1640 führte. Nach dem Bürgerkrieg 1642-1648 prägten die Spannungen zwischen den Puritanern (Anhängern Cromwells), Independenten und Presbyterianern (Gegnern Cromwells) die Republik (1649-1660) unter Cromwell, einem rigorosen Puritaner. Die Benachteiligung der Puritaner nach der Rückkehr der Stuarts (Karls II., 1660-1685, und Jakobs II., 1685-1688) veranlasste viele religiös Verfolgte zur Auswanderung in die Kolonien. Die Opposition gegen den Absolutismus und Katholizismus Jakobs II. führte zum Eingreifen des Protestanten Wilhelm II. von Oranien und zur Glorious Revolution 1688. Neben den religiösen Aspekten spielten allerdings immer auch ökonomische, politische und nationale eine Rolle. Eine religiöse Motivation bestand auch in den Kriegen gegen Frankreich, Spanien und Portugal, wenn es hier auch vor allem um Macht ging. Ideologische Aspekte sind im NS-Staat von ausschlaggebender Bedeutung. Das rassistisch begründete Vorgehen gegen „Minderwertige“ und der Kampf um die „Eroberung neuen Lebensraums“ bestimmten seine Innen- und Außenpolitik. Da die nationalsozialistische Ideologie antichristlich bzw. atheistisch und totalitär ist, konnte der NS-Staat den Kirchen keine Eigenständigkeit zugestehen. Die katholische Kirche schaltete Hitler mit dem Konkordat (1933) als Institution aus, und es kam tatsächlich nur zu einzelnen Protesten aus ihren Reihen, von der Enzyklika „Mit brennender Sorge“ (1937) abgesehen. Unter den Protestanten bildete sich schon in den 20er Jahren die nationalsozialistische Bewegung „Deutsche Christen“, die Landeskirchen wurden faktisch

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vom Staat dirigiert, so dass die „Bekennende Kirche“ nur im Untergrund Widerstand leisten konnte. Die Ideologie prägte alle Bereiche des NS-Staates : den gesellschaftlichen – Gleichschaltung, „Gefolgschaft“, Indoktrination (HJ), Propaganda -, den politischen – Aufhebung der Gewaltenteilung (Ermächtigungsgesetz 23.3.1933, Einführung des „Führerrechts“ 3.7.1934), Aushöhlung der föderativen Struktur 1933/34, Rivalität zwischen Partei- und Staatsorganen, Errichtung eines Einparteienstaats 1933 - , den wirtschaftlichen – Streben nach Autarkie, Auflösung der Gewerkschaften 133/34, Rüstung - , den kulturellen – Hitlerkult, Verherrlichung von „Heldentum“, Militarismus, Zensur (Reichskulturkammer), Massenerlebnis statt Individualismus, Antiintellektualismus. Doch vor allem ist sie der Auslöser für den Terror, die Verfolgung und Vernichtung von weltanschaulichen Gegnern und die Rassereinheit angeblich bedrohenden, biologistisch bestimmten Gruppierungen, insbesondere der Homosexuellen, von geistig und körperlich Behinderten, der Sinti und Roma und der Juden, die einer fabrikmäßig organisierten Massenvernichtung ausgesetzt wurden. Auch die auf Krieg abzielende Außenpolitik war ideologisch motiviert, wie natürlich ebenfalls die Kriegführung selbst, im Osten gegen die slawischen „Untermenschen“ unter gewollter Missachtung humaner Grenzen. Auch wenn also die Ideologie sowohl im England des 17.Jahrhunderts als auch im Dritten Reich von großer Bedeutung ist, muss man auf den fundamentalen Unterschied zwischen den britischen Religionsstreitigkeiten in Folge der Reformation und der Menschenverachtung des Nationalsozialismus verweisen.

Aufgabe II

1. Aufgabe M1: - Quellenkritik: Autor: Reichskanzler Dr. Wirth (Zentrum), Adressat: Reichstag, interessierte Öffentlichkeit, Ausland, Quellenart: Primärquelle, Zeit: 29.5.1922, Ort: Berlin, Reichstag, Gattung: Rede, Thema: Rechtfertigung des Rapallo-Vertrages, Intention: s. Thema - strukturierte Inhaltswiedergabe: Im ersten Abschnitt des Redeauszugs (Z. 1-6) bezieht sich der Redner auf die Aufregung, die der Vertragsabschluss zwischen dem Deutschen Reich und Russland im Ausland hervorgerufen habe. Dieser stellt er im folgenden Abschnitt (Z. 7-13) den Charakter des Vertrags von Rapallo als eines „vorbildliche(n) Friedensvertrag(s)“ (Z. 9) entgegen. Deshalb sei seine Deutung „als eines kriegerischen Faktors in Europa“ (Z. 12f) unverständlich. Im letzten Abschnitt (Z. 14-32) beteuert Wirth unter Bezugnahme auf dieser Bewertung beipflichtende Aussagen des britischen Premierministers den friedlichen Charakter des Vertrags und weist Nachrichten über geheime politische oder militärische Abkommen als „böswillige Verleumdung“ (Z. 31) zurück. M2: - Quellenkritik: Autor: Graf von Brockdorff-Rantzau, ehemaliger Außenminister, Adressat; : keiner, Nachwelt ?, Quellenart: Primärquelle, Zeit: 24.7.1922, Ort: Berlin, Gattung: Aufzeichnung eines vertraulichen Gesprächs, Thema: Ostpolitik des Reichskanzlers Wirth, Intention: evtl. Memoirenfunktion - strukturierte Inhaltswiedergabe: Herzlich habe der Reichskanzler ein vertrauliches Gespräch über sein „Ostprogramm „ (Z. 3) eröffnet (Z. 1-4). Wörtlich zitierend, gibt der Autor die Worte Wirths inhaltlich so wieder: Nur in Zusammenarbeit mit Russland könne Deutschland wieder aufsteigen, weshalb er den

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Vertrag von Rapallo abgeschlossen habe. Dieser sei in Deutschland bei den sozialistischen Parteien und beim Reichspräsidenten auf Widerstand gestoßen (Z. 5-11). Er lehne den Pazifismus dieser Parteien aber ab, und sein Ziel sei: „Polen muss erledigt werden“ (Z. 14f). Er schließe keine Verträge, die Polen stärken könnten (Z. 12-16).

2. Aufgabe Die Aussagen des Reichskanzlers stehen in eklatantem Widerspruch zueinander: Die öffentliche Rede vor dem Reichstag stellt eine dessen wahre Intention verschleiernde Rechtfertigung des Vertrags von Rapallo dar; die vertrauliche Unterredung offenbart die Revision des Versailler Vertrags im Osten als Ziel seines „Ostprogramms“. Offensichtlich strebt Wirth ein militärisches Vorgehen mit Russland gegen Polen an, um die an Polen gefallene Provinz Posen und Westpreußen zurückzugewinnen und den Polnischen Korridor zwischen dem Deutschen Reich und Ostpreußen zu beseitigen.

3. Aufgabe Der am 16.4.1922 zwischen dem Deutschen Reich und Russland abgeschlossene Rapallo-Vertrag beinhaltet den gegenseitigen Verzicht auf Reparationen, die Regelung der beiderseitigen Wirtschaftsbeziehungen (Meistbegünstigung) und die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Nach 1918 stellt er den ersten Schritt einer deutschen Außenpolitik dar, mit dem Ziel, Deutschland aus der Isolation nach der Niederlage im ersten Weltkrieg zu befreien und Druck auf die Westmächte zwecks Revision des als ungerecht bewerteten Versailler Friedensvertrags auszuüben. Langfristig war mit ihm die Revision der Ostgrenze mit der Option militärischer Gewaltanwendung angestrebt. Also mussten sich bes. Frankreich und Polen durch ihn brüskiert fühlen, mittelbar führte er 1923 u. a. zur französischen und belgischen Besetzung des Rheinlandes. Diese antipolnische Zielsetzung sollte der Nichtangriffspakt mit Polen (1934) verschleiern. 1939 wurde diese Bemäntelung mit dem Nichtangriffs- und Freundschaftsvertrag mit der UdSSR zur gemeinsamen Zerschlagung Polens (im geheimen Zusatzprotokoll festgehalten) fallengelassen. Dieser Vertrag ist mit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 21.6.1941 gebrochen worden. Die Revision von Versailles kann als das gemeinsame außenpolitische Ziel der Weimarer Republik und des Dritten Reichs bezeichnet werden. Der maßgebliche Außenpolitiker der Weimarer Republik, Gustav Stresemann (DVP, RK 1923, Außenminister 1923-1929), strebte allerdings die Aussöhnung mit Frankreich und eine friedliche Revision der Ostgrenze an. Seine Ziele waren die internationale Friedenssicherung, die Lösung der Reparationenfrage, die Räumung des Rheinlands und die „Korrektur der Ostgrenze“ (Zitat Stresemann). Diesen Zielen dienten die Verträge von Locarno (1925, Akzeptanz von Deutschlands Westgrenze, Ausschluss einer gewaltsamen Änderung der Grenze zu Polen) zwischen Deutschland, Frankreich, Belgien, Polen und der Tschechoslowakei, der Berliner Vertrag (1926, ohne Stoßrichtung gegen Polen, im Kontext der Konzentration der UdSSR auf innere Probleme („Aufbau des Sozialismus in einem Land“)) zwischen der UdSSR und dem Deutschen Reich und die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund (1926). Der Ideologie entsprechend, kannte die nationalsozialistische Außenpolitik Friedlichkeit nur als Mittel, nicht als Ziel. In einem Wechselspiel von Friedensbeteuerungen und der Schaffung vollendeter „Heimführungen“, „Anschlüsse“ und Annexionen erstrebte Hitler die Revision des Versailler Vertrags und die „Eroberung neuen Lebensraums“. Dazu dienten die Stationen seiner Außenpolitik:

- 14.10.1933 Austritt aus dem Völkerbund: Kampfansage an die Versailler Ordnung - 26.2.1934 Nichtangriffspakt mit Polen: Schwächung des französischen

Bündnissystems

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- 17.1.1935 Wiedereingliederung des Saarlands - 16.3.1935 Wiedereinführung der allgemeine Wehrpflicht: Bruch des Versailler

Vertrages, Aufrüstung - 18.6.1935 deutsch-britisches Flottenabkommen: Bruch des Versailler Vertrages,

Aufrüstung - 7.3.1936 Kündigung der Locarno-Verträge, Einmarsch ins entmilitarisierte

Rheinland: Bruch des Versailler Vertrages - 25.10.1936 Achse Berlin-Rom: Schulterschluss mit dem faschistischen Italien - 25.11.1936 Antikominternpakt mit Japan gegen die UdSSR, Januar 37 Beitritt

Italiens, März 39 Beitritt des Franco-Spaniens: Schaffung einer Bündniskonstellation gegen den ideologischen Hauptgegner

- 13.3.1938 „Anschluss“ Österreichs - 29.9.1938 Münchener Konferenz: Italien, England und Frankreich stimmen der

Abtretung der Sudetengebiete an Deutschland durch die Tschechoslowakei zu - 1.10.1938 Einmarsch in die Sudetengebiete - 16.3.1939 Errichtung eines deutschen „Reichsprotektorats Böhmen und Mähren“,

Einverleibung der „Resttschechei“ : Kriegsgefahr - 23.8.1939 deutsch-sowjetischer Nichtangriffspakt: s. o. Mit seinem teils friedensfördernden, teils aggressiven Inhalt spiegelt der Rapallo-Vertrag demnach die Zweischneidigkeit der deutschen Außenpolitik von 1922-1941 wider, wobei man natürlich zwischen der Weimarer Republik und dem NS-Staat unterscheiden muss.

4. Aufgabe Nach dem Ersten Weltkrieg habe in den USA bezüglich der Außenpolitik der neuen Supermacht der Konsens bestanden, politische Stabilität durch ökonomische Prosperität bes. in Europa wiederherzustellen, Krieg zu vermeiden und den Bolschewismus durch die eigene wirtschaftliche Stärke einzudämmen. Sicherheitspoltisch hätten die USA sich jedoch aus Europa heraushalten wollen. Dabei seien die interventionistischen und imperialistischen Tendenzen der amerikanischen Außenpolitik in der amerikanischen und asiatischen Hemisphäre fortgesetzt worden, die die USA Ende des 19. Jahrhunderts geleitet hätten (Monroe-Doktrin 1823). Doch Europa gegenüber hätten die USA eine isolationistische Haltung eingenommen, die sich im Ersten Weltkrieg als Neutralitätskurs geäußert habe. Erst mit dem Kriegseintritt der USA - aufgrund der Völkerrechtsverletzung durch den uneingeschränkten deutschen U-Boot-Krieg - am 6.4.1917 sei unter Präsident Woodrow Wilson (1913-12921) ein Kurswechsel erfolgt. Seine Ziele dabei seien die Herstellung einer Friedensordnung und eine Liberalisierung der Weltwirtschaft im amerikanischen Interesse gewesen („14-Punkte“). Nach 1918 wurde in Europa sicherheitspolitisch der Isolationismus fortgesetzt (Beleg: keine Ratifizierung des Versailler Friedensvertrages durch die USA und damit kein Beitritt zum Völkerbund 1920). Jedoch hätten sie wirtschaftspolitisch und diplomatisch verstärkt Aktivitäten entfaltet. Diese These kann man auch für die Nachkriegszeit mit dem Auftreten der USA als Hauptschuldner der europäischen Länder und ihrer, kurzfristigen, Kreditvergabe belegen (s. Schwarzer Freitag, Weltwirtschaftskrise 1929). Gegen sie sprechen nach 1918 die protektionistische Zollpolitik der USA und ihre mangelnde Bereitschaft, für Freihandel und eine langfristige Finanzierung der europäischen Nachkriegswirtschaft zu sorgen. Allerdings waren sie maßgebend an der Lösung der Reparationsfrage durch den Dawesplan (1924) und den Youngplan (1929) beteiligt. Damit wurde die Konzentration auf Amerika und Asien, wo die USA seit der Mitte des 19.Jahrhunderts als imperialistische Macht aufgetreten waren, durch eine zunehmende Verflechtung in die europäischen Verhältnisse abgelöst.

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5. Aufgabe Nicht der Wortlaut, aber die langfristige Stoßrichtung des Rapallo-Vertrages, die Revision der Abtretungen an Polen, verstieß sicherheits- und wirtschaftspolitisch gegen die amerikanischen Interessen. Denn der Vertrag gefährdete Polen und damit die in Versailles festgelegte neue Friedensordnung Europas (s. M1 und 2, Ausführungen I-III). Zudem schien er ein Vordringen des sowjetischen Kommunismus sowie eine Konfrontation mit Frankreich heraufzubeschwören. Damit mussten ihn die USA als eine mögliche politische und ökonomische Destabilisierung Europas werten, an der sie kein Interesse haben konnten. Der Rapallo-Vertrag stand also den außenpolitischen Vorstellungen der USA entgegen.

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Die hier abgedruckten Lösungsvorschläge sind nicht die amtlichen Lösungen des zuständigen Kultusministeriums. Impressum: Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, vorbehaltlich der Rechte die sich aus den Schranken des UrhG ergeben, nicht gestattet. © Dudenverlag, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim 2008 Redaktionelle Leitung: Simone Senk Redaktion: Christa Becker Autorin: Krista Düppengießer