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Fotograf: Paul Kozlowski ® 30 | 2014 ÜBER ZIEGEL UND VERANTWORTUNGSBEWUSSTE ARCHITEKTUR

PETERSEN 30 - Frühling 2014 - Deutsch

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Ein Magazin über Ziegel und verantwortungsbewusste Architektur

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Fotograf: Paul Kozlowski

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Ü B E R Z I E G E L U N D V E R A N T W O R T U N G S B E W U S S T E A R C H I T E K T U R

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Die Weinproduktion befindet sich an einer faszinierenden Schnittstelle zwischen Landwirtschaft,Kultur, Wissenschaft, Kunst und Genussprodukten und übt – sicher aus genau diesem Grunde –große Anziehungskraft auf viele Menschen aus. So auch auf mich, und ich bin daher sehr ge-spannt, als ich vom Flughafen Malpensa Kurs auf das Tessin in der südlichen Schweiz nehme.Mein Besuch gilt dem Weinproduzenten Agriloro SA, der seit seiner Gründung im Jahre 1981mehrmals als bester Weinproduzent der Schweiz ausgezeichnet worden ist. Vor allem aber giltmein Besuch aber dem neu errichteten Hauptsitz von Agriloro. Ein Treffen mit der Architektin,Melanie Stocker, Stocker Lee Architetti, ist ebenfalls geplant.

Nach etwa einer Stunde Fahrt erreiche ich die Stadt Mendrisio und den Neubau von Agriloro.Das Haus erscheint wie eine aus dem Berg heraus gehauene Skulptur aus einem Material – orga-nisch und scharfkantig zugleich. Der hart gebrannte Ziegel scheint in den Händen der Architektenparadoxerweise weicher geworden zu sein und sitzt wie eine zweite Haut um die skulpturelleForm. Seine schwarz-grauen Nuancen mit goldenen Tüpfchen tauchen in den Feldern und Wein-

STEINE,WEINUND BERGIN DER SCHWEIZ, NAHE DER ITALIENISCHEN GRENZEHAT DER WEINPRODUZENT AGRILORO SEINEN HAUPTSITZ BAUEN LASSEN– WIE AUS DEN BERGEN HERAUS GEHAUEN.

Die Kolumba-Bepflasterung im Fischgrätmuster verwandelt sich erst von einer waagerechten Fläche in eine weiche Anhöhe, um dann in einer Fassade mit Mauern in wildem Verband zu enden.Auf Höhe des ersten Obergeschosses krümmen sich die Ziegel erneut und bilden – als Geste gegenüber der Landschaft – die Unterseite der ausgekragten Terrasse.

Die Landschaft um Mendrisio steht – völlig verständlich – unter Naturschutz. Vom Büro und von der Lounge aus gelangt man auf die große, ausgekragte Terrasse, die nach Nordost gewandt ist.

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stöcken, in den Natursteinen der die Straßen säumenden Mauern und in den Bergen um unsherum immer wieder auf.

Den richtigen Stein zu finden war – so Melanie Stocker – dann auch entscheidend für die Ver-wirklichung des Projekts. »Das Gebiet um Agriloro steht unter Naturschutz, und die Natur- undDenkmalschutzbehörden verlangten, dass die Fassade des Hauses als integrierter Teil der Land-schaft erlebt werden würde. Mit Kolumba fanden wir einen Stein mit der rustikalen Struktur undden gewünschten Farben. Und wir fanden ein längliches Format, das sich in den horizontalen Li-nien der Weinberge wiederholt.«

Auf der Talseite des Hause befindet sich ein großer Platz. Hier werden die Flaschen für denTransport verladen. »Es war von Bedeutung, dass Fassaden und Platz den gleichen Ausdruck ver-mittelten. Das war mit Kolumba möglich, da der Stein durch seinen harten Brand auch für Be-pflasterungen verwendet werden kann. Die Steine für diesen Zweck wurden nur in einem etwaskürzeren Format geliefert,« erläutert Melanie Stocker. Die Kolumba-Bepflasterung im Fischgrät-

muster erhebt sich als weiche Anhöhe von der waagerechten Fläche ab, um sich dann in eineFassade mit Mauern in wildem Verband zu verwandeln. Auf Höhe des ersten Obergeschosseskrümmen sich die Ziegel erneut und bilden – als Geste gegenüber der Landschaft – die Unterseiteder ausgekragten Terrasse.

Eine moderne Weinproduktion besteht aus einer Vielzahl von Prozessen – von der Pressungüber Fermentation, Stabilisierung, Mischung, Raffinierung und Lagerung bis zum Abfüllen in Fla-schen. Stocker Lee Architetti gelang es, das neue Gebäude so zu strukturieren, dass es ein logi-sches, räumliches Funktionsdiagramm bildet. Durch seine Platzierung am Gebirgshang wurde dasHaus in den Hang gegraben - so entstand ein eingeschossiger und ein zweigeschossiger Teil. DieHälfte der 11.500 Quadratmeter sind Keller in zwei Ebenen. Im Laufe der Produktion wird derWein vom oberen Teil in den unteren Teil des Hauses transportiert.

Gäste und Mitarbeiter – und im September die geernteten Trauben – erreichen das Haus ander Seite, die dem Berggipfel zugewandt ist. Vor dem Haus befindet sich ein überdachter Vorplatz.

Die perforierten Mauern sind nicht nur schön anzusehen und praktisch. Sie führten dazu, dass der überdachteVorplatz nicht zur bebauten Fläche gerechnet wurde.

Die versandfertigen Weine werden auf einem Platz verladen, dessen Fläche dem des darunter liegenden Kellers entspricht.

Die Vielfalt der Nuancen von Kolumba finden sich auch in den Steinwällen entlang des Weges.

Die erste Pressung der Trauben wird beurteilt. Agriloro baut 16 rote und 11 weiße Rebsorten an.

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Von hier aus werden die Trauben durch Öffnungen im Boden in riesige Stahltanks im oberenKeller geschüttet. Um die Trauben nicht zu belasten, werden sie nur durch ihr Eigengewicht ge-presst, also ohne die Hilfe einer herkömmlichen Presse. Der Ankunftsplatz ist auf der Längsseiteoffen und wird auf den Stirnseiten durch perforierte Einsteinmauern abgeschirmt. Die Perforationbedeutet, dass die 420 m2 nicht zur bebauten Fläche gezählt wurden und das Haus um dieseQuadratmeter größer werden konnte. Vom Platz aus gelangt man in den Empfang von Agriloround in das geräumige Verwaltungsbüro.

Produktion und Weine von Agriloro treffen auf großes Interesse von Professionellen, aberauch von Privatpersonen. Der Besitzer und Winzer, Meinrad C. Perler, empfängt häufig Gäste, diean Degustationen und anderen Veranstaltungen teilnehmen. Das Gebäude wurde daher mit einerKüche und einer geräumigen Lounge eingerichtet, die für Essen, Degustationen und Konferenzengleichermaßen geeignet ist. Hier hat Stocker Lee Architetti einen großen Tisch entworfen, derausgeklappt als Ess- und Konferenztisch dient und zusammengeklappt für Empfänge und Buffetsgenutzt werden kann. Vom Aufenthaltsbereich und dem Büro gelangt man auf eine lange, über-

dachte Terrasse. In frischer Luft bietet sich ein spektakulärer Ausblick auf die Berge und das Tal.Etwa eine Stunde ist vergangen. Ich habe das Gebäude aus der Ferne erlebt, mich in allen

Ecken umgesehen und bin von visuellen Eindrücken und sinnlichen Wahrnehmungen erfüllt. DieFormensprache des neuen Hauptsitzes von Agriloro: markant, originell und modern. Und vor-sichtig in die Natur hineingesetzt, aus natürlichen Materialien und in Harmonie mit seiner Um-gebung. Ein genauerer Blick zeigt eine Reihe von Details, die mit großem Einfühlungsvermögengestaltet wurden. Die variierten Muster und Verbände tragen zur stofflichen Ausstrahlung desMauerwerks bei. Türen und Fenstereinfassungen aus anodisiertem Aluminium haben genau dengoldenen Farbton, der im Mauerwerk zu ahnen ist und vermitteln eine kompositorische Geschlos-senheit. In den beiden Kellern, wo der Wein gärt und reift, ließen die Architekten Wände undBöden in harmonischen gelben und rötlichen Lasurfarben einfärben. So erreichte Stocker LeeArchitetti, auch den industriellen Bereichen die Poesie und Identität zu verleihen, die das übrigeGebäude kennzeichnen.

Die Türen und Fenstereinfassungen, beides Sonderanfertigungen aus anodisiertem Aluminium, haben genau den goldenen Farbton, der im Mauerwerk zu ahnen ist. Die dekorative Perforation der Mauer um dennach Nordost gewandten Platz sorgt für Lüftung.

Die erste Traubenernte erreicht Agriloro.Die Trauben werden durch Trichterin die Behälter im Keller geschüttet.

Sie werden nur durch ihr Eigengewicht gepresst,ohne die Hilfe einer Presse.

Die Gärung des Traubenmostes erfolgtin großen Stahltanks im oberen Keller.

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Die Länge des Kolumba-Steins – 58 cm – ermöglicht ein Muster im Mauerwerk, das mit normalen Ziegelstein nicht möglich ist.

Oberer Keller Erdgeschoss Erstes Obergeschoss

Die Betonböden des überdachten Platzes und der beiden Keller wurden mit verschiedenen Lasurfarben behandelt.

Agriloro SA, Mendrisio, SchweizBauherr: Meinrad C. Perler

Architekt: Stocker Lee Architetti

Bauleitung: Ferruccio Robbiani SA, Mendrisio

Ingenieure: De Giorgi & Partners

Stein: K58

Text: Ida Præstegaard, Architektin

Fotograf: Paul Kozlowski

Der Wein reift in Barriques im unteren Keller. Abholbereite Kisten. Die Architektin Melanie Stocker.

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BEHUTSAME EINBINDUNGDIE WOHNANLAGE LOUISELUND PASST SICH VORBILDLICH AN DIE UMGEBENDE NATURUND DEN ALLTAG DER MENSCHEN AN, DIE DORT LEBEN.SIE ZEICHNET SICH ZUDEM DURCH IHR INNOVATIVES UND AUSDRUCKSVOLLESMAUERWERK AUS, DAS WEIT MEHR IST ALS NUR EINE NOTWENDIGE FASSADE.

Hier sind Mauersteine nicht nur Mauersteine.Sie sind wie »Energieströme«, die von den wei-chen Erhebungen des Moränenackers durchjeden einzelnen Stein und weiter durch diemarmorierten, versetzten Flächen der Fassadenbis in die kantigen Konturen und Verbindungender Häuser fließen. Die Landschaft ist von An-fang bis Ende präsent, nicht nur als Baugrund-stück, auf dem einige Häuser organisiertwurden, sondern als eine Art »Einbindung« mitGebäuden, die als Fortsetzung oder Verstär-kung der inhärenten Qualitäten der Landschafterlebt werden. Die Steine nehmen damit die

Rolle einer Art »Vermittler zwischen Land-schaft und Gebäude« ein. So die ArchitektinLene Tranberg. Sie spricht nachdenklich, aberpräzise über eine instabile Handyverbindung,während ich mich in Richtung Louiselund be-wege. Die Wohnanlage liegt in unmittelbarerNähe des S-Bahnhofs Kokkedal, nördlich vonKopenhagen. Dort beginnt auch die Allee, diezum Wald und zum idyllisch gelegenen SchlossKokkedal führt. Die brach liegende Wiese mitNaturpfaden an der Allee wartete nur darauf,dass von politischer Seite der Wille gezeigtwurde, hier zu bauen.

Man kann von Glück sagen, dass sich dasBauvorhaben Louiselund nicht an den öden Be-tonblöcken aus den 1960'er Jahren am S-Bahn-hof orientierte. Die Architekten tauchten stattdessen ein in Landschaft und Topographie. DieWohnanlage wurde in einen südwestlich gele-genen Hang eingebettet, wo die einzelnen Ge-bäude sich in einem Kreisfragment wie Perlenaneinander reihen, eingepasst in die Land-schaft. Die Häuser sind um eine, mit den Wor-ten der Architekten, »rekreative Dorfstraße«angeordnet. Das Pflegeheim bildet den Rückenhin zur Allee nach Norden, die Pflegeeinheiten

“fächern” sich an dem nach Süden gelegenenHang hinunter, während die Seniorenwohnun-gen sich als etwas höher gelegene Punkthäuseram Ende der Straße in Richtung Osten gruppie-ren. Die Anordnung ist durch eine gewisseZwanglosigkeit gekennzeichnet, die eher topo-graphisch als formalistisch begründet er-scheint. Es wurde ein gewisser Abstandzwischen den Häusern vorgesehen. So wirkt derStraßenraum wie ein Gemeinschaftsbereich undnicht nur wie ein praktischer Transportkorridor.Dazu Lene Tranberg: »Es war ein wichtigerAspekt für uns, die Landschaft durch die

LouiselundBauherr: DAB/HAB und Gemeinde Hørsholm

Architekt: Lundgaard & Tranberg Arkitekter A/S

Hoch- und Tiefbau: Sigma Entreprise A/S

Gesamtberatung: Lundgaard & Tranberg Arkitekter A/S

Ingenieure: Moe & Brødsgaard

Landschaftsarchitekt: Marianne Levinsen Landskab APS

Stein: D71

Text: Thomas Bo Jensen, Dozent, Arkitekt maa, Ph.D

Die Steine der Fassaden wurden in verschobenen Schichten und Linien vermauert und bildenein abwechslungsreiches, asymmetrisches Muster. Foto: Anders Sune Berg

Das neue Pflegecenter wurde mit viel Umsicht auf dem Grundstück platziertund dem Verlauf der Moränenlandschaft angepasst. Foto: Jens Lindhe

Die Nuancen der Steine – von weiß bis hellgelb, grünlich und ockergelb – sind der Vegetationder Wiesenlandschaft nachempfunden. Foto: Jens Lindhe

»Hier sind Mauersteine nicht nur Mauersteine.Sie sind wie »Energieströme«, die von denweichen Erhebungen des Moränenackers durchjeden einzelnen Stein und weiter durch diemarmorierten, versetzten Flächen derFassaden bis in die kantigen Konturenund Verbindungen der Häuser fließen.«Lene Tranberg, Architektin

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Anlage strömen zu lassen. Dass die Anlagedurch die Landschaft lebt. Wir wollten keineAnlage platzieren, sondern einbinden.«

Louiselund zeichnet sich durch große Em-pathie gegenüber der besonderen Lebenssitua-tion aus, in der man sich als Bewohner oderBesucher eines Pflegeheims befindet. Ein Pfle-geheim muss nicht zwangsläufig ein Ort sein,wo man seine letzten Jahre am liebsten nichtverbringen möchte, weil dort mehr an ratio-nelle Plandiagramme als an ansprechende, mitLeben erfüllte Räumlichkeiten gedacht wurde.Dieser Ausgangspunkt scheint auch bei der

Ausformung der Mauersteinfassaden zu Grundegelegt worden sein. Die in sich verschobenenSchichten und Linien bilden ein abwechslungs-reiches, asymmetrisches Muster, das mit deneher konformen Tür- und Fenstersystemenbricht, die üblicherweise eine solche Anlagekennzeichnen. Letztere führen in der Regel zurecht eintönigen, flachen Fassaden, alle bün-dig. Die Identität des Gebäudes hängt dannvon der Platzierung der Fenster und der Stoff-lichkeit der Steine ab. Hier geht es um mehr.Die Steine, so scheint es, wollen sich nicht mitder Rolle als bloßer Tapete zufrieden geben.

Sie beharren auf ihre Dreidimensionalität, wol-len an der Komposition der Fassade teilhaben.Das Ergebnis: durchaus energische Fassaden,die ohne überladen oder angestrengt modernzu erscheinen, ausgewogen und ausdrucksvollwirken. Das Ausdrucksvolle geht auf die Mu-sterbildung der Schichten zurück, die so unre-gelmäßig ist, dass sich das System nichtunmittelbar entschlüsseln lässt. (Für Nerds istdas ungemein faszinierend, weil ständig neueVarianten des Systems auftauchen, je nachLänge und Höhe des Gebäudes. Besucher mitbegrenzter Mauerstein-Faszination sehen, so

nehme ich an, unmittelbar ansprechende Ge-bäude).

Das Ausgewogene stammt von den Nuancender Steine, die von weiß über hell gelblich,grünlich und ockergelb mit Tupfern von starkverbrannten Flecken variieren. Kombiniert mitunbehandeltem Teakholz, das Fenster undTüren einrahmt, entsteht eine wohltemperiertestoffliche Geschlossenheit, die ihrem weichen,wohlklingenden Namen, Louiselund, alle Ehremacht.

Lageplan Querschnitt der Anlage

Der architektonische Grundgedanke bestand darin, die Landschaft durch die Gebäude strömen zu lassen, so dass diese als eine Akzentuierung der landschaftlichen Qualitäten erlebt werden.Daher ist von Bedeutung, dass die gemauerten Fassaden sich ohne Sockel mit dem Gelände verbinden. Foto: Jens Lindhe

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KOLUMBAIN NEUEM KLEIDEIN NEUES ZIEGELPRODUKT FÜR DIE VERKLEIDUNG VON FASSADENIST DAS ERGEBNIS EINER FRUCHTBAREN ZUSAMMENARBEITVON INNOVATIVEN ARCHITEKTEN UND PETERSEN TEGL.

Ziegel sind ohne Zweifel der von Menschen ge-schaffene Baustoff, der sich im Laufe der Zeitam wenigsten verändert hat. Schon 3000 Jahrevor unserer Zeitrechnung brannte man in Me-sopotamien die ersten aus Lehm und Wassergeformten Ziegel. In Dänemark wurden die er-sten Steine um 1160 hergestellt.

Seitdem werden sie aus den gleichen Mate-rialien und in den gleichen rechteckigen For-men produziert. Produktentwicklung ist keinFaktor in der Geschichte der Ziegel. Um so in-teressanter ist es, wenn sie neue Formen an-nehmen, wie beispielsweise die Kolumba Dach-und Fassadenziegel.

Ein neues Produkt, das sich in der Baubran-che massiv durchsetzt, entsteht in den meistenFällen in Zusammenarbeit mit Architekten, dieausgehend von einem konkreten Projekt undeiner damit verbundenen Problemstellung, dieIdee für ein neues Produkt entwickeln. Genaudies ist der Kern dieser Geschichte.

VILLA IN BERGEN AAN ZEE2009 bauten Jetty und Maarten Min ihr Hausin Bergen aan Zee in den Niederlanden. Es liegtin den Dünen, nur 300 Meter vom Strand ent-fernt, in einer rauen, überwältigenden Land-schaft. Die Form des Hauses: gerundet, undden Windverhältnissen angepasst, mit demRücken nach Westen, wo der Wind am heftig-sten ist. Es schien einleuchtend, den gerunde-ten Baukörper von nur einem Materialumschließen zu lassen – das sich farblich undstofflich der umgebenden Natur anpasste. JettyMin dachte an Zink, Kupfer und Holz. Als sichdas Projekt entwickelte, bot sich Kolumba alsMöglichkeit an. Die Außenhaut des Hauses, dieZiegel, sollten die Form des Hauses anders alsnormale Mauern umschließen. So entstand dieIdee für einen neuen Ziegel.

Petersen Tegl fand das Anliegen der Archi-tekten interessant, und zusammen entwickel-ten sie auf der Grundlage von K48 eine

Jetty und Maarten Min entwickelten den Stein für ihr eigenes Haus in Bergen aan Zee.

Genau wie Kolumba ist der neue Stein mit verschiedenen Strukturenund in unterschiedlichen Farben erhältlich.

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Kolumba Dach- und Fassadenziegel sind einneues Ziegelprodukt, dass einem Gebäude einemarkante, zeitgemäße Fassade verleiht undgleichzeitig die bekannten Vorteile von Ziegelnnutzt. Durch die Struktur der handgefertigtenSteine entsteht eine Fassade, die sowohl harmo-nisch und rustikal als auch exklusiv erscheint.

Genau wie Kolumba Mauersteine werden Ko-lumba Dach- und Fassadenziegel in Holzformenvon Hand gefertigt. Für den Stein, der bei sehrhoher Temperatur gebrannt wird, werden ver-schiedene Zusammensetzungen von englischem,deutschem und dänischem Lehm verwendet.

Architekten und Bauherren können genau denLehm, die Struktur und den Ausdruck des Steinsbestimmen, der für ihr Vorhaben optimal ist.

Kolumba Dach- und Fassadenziegel sind inzwei Größen erhältlich: 528mm x 170mm x37mm und einer etwas breiteren Variante von528mm x 240mm x 37mm.

Die Montage des neuen Steins ist technischanspruchslos und erinnert an die jahrhunderte-alte, traditionelle Montage von Hohlpfannen. DieZiegel werden mittels einer rückseitigen Kon-struktion befestigt. Diese sichert, dass sie genauauf der Fläche und auch um Gebäudeecken fest

aufliegen. Sie können weder durch Stürme gelok-kert noch manuell entfernt werden und sindsomit vandalensicher. Die Montage erfolgt ein-fach, schnell und witterungsunabhängig.

Kolumba Dach- und Fassadenziegel sind einnachhaltiges Material, da sie recycelt werdenkönnen. Mit dem richtigen Werkzeug lassen sichdie Ziegel auch wieder abmontieren, ohne dabeizerstört zu werden. Sie können daher unendlichwiederverwendet werden.

Traditionelles Mauerwerk ist wartungsfrei,abgesehen von den Fugen, die nach einer ge-wissen Zeit ausgebessert werden sollten.

Kolumba Dach- und Fassadenziegel sind fugen-frei und daher auch 100 % wartungsfrei. EineFassade aus Kolumba Dach- und Fassadenzie-geln hat keine Dilitationsfugen, die den Ge-samteindruck einer gemauerten Fassadebeeinträchtigen können. Sie ist wasserabwei-send und nimmt nur ein Mindestmaß an Feuch-tigkeit auf.

Kolumba Dach- und Fassadenziegel – eineinnovative und individuelle Lösung und einezeitgemäße Ergänzung traditionell gemauerterGebäude.

Kolumba ist durch seine vier gleichen Seiten und seinen variierenden Oberflächen gekennzeichnet.Jeder Stein wird individuell durch den Daumen des Handstreichers geprägt.

Ein Lehmklumpen wird in eine nasse Form gegossen. Der Lehm wird angedrückt und überschüssigesMaterial entfernt. Wenn der Handstreicher die Form anhebt, gleitet der geformte Lehmklumpen– mit Wasser als Gleitmittel – aus der Form auf eine Unterlage.

Die neuen Steine können leicht abmontiert und recy-celt werden und sind damit ein nachhaltiges Produkt.

In Slagelse werden neue Dach- und Fassadenziegelan einer rückseitigen Holzkonstruktion befestigt.

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Variante von Kolumba, die hochkant montiertwerden kann. So ließ sich das gesamte Hausvom gleichen Material umschließen. Der neueStein ist 62 mm breiter als Kolumba und hatan der Innenseite eine Vertiefung, die eine Be-festigung an die dahinter liegende Holzkon-struktion ermöglicht.

DAS MUSEUM IN SORØDie dänischen Architekten Lundgaard & Tran-berg arbeiten seit einigen Jahren mit dem Ge-danken, Ziegel wie Schindeln zu verwenden. Alssie im Jahre 2009 den Wettbewerb für dasKunstmuseum der Stadt Sorø gewannen, nah-men sie dieses Thema erneut auf auf. Das Mu-seum liegt in einer alten Kleinstadt, umgebenMauersteinhäusern mit Ziegeldächern, die meh-rere hundert Jahre alt sind. Die Architektenwollten mit dem neuen Haus herkömmliche For-men und Materialien neu interpretieren. Die Lö-sung: eine Weiterentwicklung der Kolumba

Dach- und Fassadenziegel. Die neuen Gebäudezeichnen sich durch eine markante, klare Formaus. Die Verwendung des gleichen Materials fürDächer und Fassaden unterstreicht die Form desGebäudes – die Verkleidung umhüllt und ver-bindet die Form zu einer geschlossenen Einheit.Die Architekten bearbeiteten die Übergängemit großer Präzision, so dass sie gleichzeitigeinen Kontrast zu den handgefertigten Ziegelnbilden und deren Impräzision aufnehmen. Umjedem Vandalismus vorzubeugen, entwickeltenLundgaard & Tranberg das Befestigungssystemdes Steins so weiter, dass alle Anforderungenan Vandalensicherheit erfüllt werden konnten.

Seit Abschluss der beiden Projekte in denNiederlanden und in Dänemark steigt das Inter-esse an Kolumba Dach- und Fassadenziegelnstetig an. Das Produkt wurde in verschiedenenProjekten verwendet, und seit 2013 gehörendie Kolumba Dach- und Fassadenziegel zumSortiment von Petersen Tegl.

Jetty und Maarten Min bauten ihr Haus im nördlichen Teil der Niederlande ausschließlich aus natürlichenMaterialien. Die rotbraunen Nuancen und die raue Oberfläche der eigens für ihr Haus entwickelten Ziegelhaben die Farbe von Kiefernrinde.

Die Größe des neuen Anbaus des Museums in Sorø passt sich den Häusern des Provinzstädtchens an. Sorø ist eineStadt der Ziegelbauten. Lundgaard & Tranberg gelang es, dieses Material neuzeitlich zu interpretieren.

Im Sorø Museum haben Lundgaard & Tranberg es vermocht, die Übergänge so zu bearbeiten, dass Eckenund Giebel von großer Präzision gekennzeichnet sind – trotz der Impräzision der einzelnen Ziegel.

FAKTEN: KOLUMBA DACH- UND FASSADENZIEGEL

Das Architektenbüro Mangor og Nagel renoviert die ge-meinnützige Wohnanlage Sydbyen in Slagelse, Däne-mark. Die traditionellen Mauersteinfassaden werdendurch den neuen Dach- und Fassadenstein ersetzt.

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Die Idee, ein neues Haus zu bauen, entstand,als Janna und Rob Plijnaar sich entschlossen,das Stadtleben hinter sich zu lassen. In Groe-nekan, einem Dorf in der Nähe von Utrecht,hatten sie ein Grundstück gefunden. IhrWunsch: ein 300 m2 großes Haus, voll unter-kellert. Die Herausforderung bestand darin, daspassende Haus zu finden. Erster Versuch: einFertighaus. Bei ihrer Suche stießen sie auf dasArchitektenbüro Zecc Architects in Utrecht undentscheiden sich für Marnix van der Meer alsProjektarchitekten.

Das Haus besteht aus zwei zusammen ge-schobenen Baukörpern, die wie kantige, mitdunklen Ziegeln verkleidete Klötze wirken.Diese Formensprache wurde in einem separatenAnnexgebäude weitergeführt. Die beiden Ge-bäudekörper haben nicht die gleiche Firsthöhe,weil die Grenze zum ländlichen Raum am nied-rigeren Teil des Hauses verläuft. Dort darf nureinstöckig gebaut werden.

Dem Bauvorhaben zu Grunde lag derWunsch nach einem monolithischen Ausdruck.Dadurch wurde die Aufmerksamkeit auf Peter-

sen Tegl gerichtet, weil man mit der der Ko-lumba-Produktlinie einen Ziegel hatte, der alsFassadenverkleidung in Frage kam, aber auchauf das Flachdach gelegt werden konnte. DerBauherr besuchte zusammen mit dem Architek-ten van der Meer die Ziegelei in Broager, umsich die Farben der Steine anzusehen. Schließ-lich entschied man sich für Kolumba K60.

Das Haus überzeugt. Die Steine schmiegensich um alle Ecken, füllen die Flächen der Fen-sterlaibungen aus, gleiten über das Dach undfinden einen Abschluss als Belag zweier Ter-rassen. Die Schornsteine stehen wie Anker-punkte senkrecht vom Dachfirst ab. Ihre Seitensind von senkrechten Schlitzen im Mauerwerkgekennzeichnet, mit Bändern aus Kolumbastei-nen als Dilitationsfugen. Ganz oben lösen sichdie Schornsteinpfeifen in einem filigranenMauerwerk auf, das einen Durchblick erlaubtund einen weichen Übergang zum Himmel er-möglicht.

Die Dachrinnen wurden in den Dachfuß in-tegriert und sind somit unsichtbar. Regenfall-rohre gibt es nicht, das Wasser wird durch

Innenrohre abgeleitet. Für die Verkleidungenan den Dachkanten wurde braun getöntes Bleiverwendet, das völlig in der homogenen Mau-ersteinstruktur aufgeht.

Für das Haus wurden 11.040 Kolumba K60in Standardausführung produziert. 1.070 völligflache Dachziegel sind Spezialanfertigungen,eine Weiterentwicklung des Dach-Fassaden-steins vom Dünenhaus der Mins in Bergen aanZee. Hinzu kamen 1.271 Spezialsteine fürEcken, Fensternischen, Sohlbänke und Überlie-ger. Sämtliche Farben und Strukturen entspre-chen dem K60, alle wurden von Hand gefertigt.

Die Wahl des Steins sollte sich als einfachererweisen als einen Konsens über die Fuge zuerreichen, berichtet Architekt van der Meer.Schließlich einigte man sich auf einen dunk-len, braunen Mörtel, zurückgezogene Lagerfu-gen und senkrechte Stoßfugen auf gleicherEbene wie die dunklen Steine.

Als Kontrast zum dunklen Mauerwerk ist dasInnere der Villa in hellen Farben gehalten -weiße Wände, hellgraue Bodenklinker und ein-zelne Flächen aus heller Eiche. Die hellen Sei-

ten des Hauses und des Annexgebäudes mani-festieren sich außen durch einzelne Fassaden-partien aus weiß lackiertem Holz, diebruchstückhaft Türen oder Fenster einrahmen.

Es fiel den Bauherren schwer, aus der Stadtzu ziehen. Ihre Bedingung war, dass ihr neuesHeim etwas ganz besonderes sein sollte, unddieser Herausforderung stellten sich die ZeccArchitects. Das Ergebnis, ein wirklich außerge-wöhnliches Haus, weckte anfangs großes In-teresse in der Nachbarschaft. Als es fertigstand, erlebte Janna Plijnar, dass vor ihrerHaustür Kinder standen, die das neue Haus un-bedingt von innen begutachten wollten.

Und was sagen die Bauherren? Sie liebenihr Haus. Wie Janna und Rob Plijnaars es aus-drücken: ”Der Urlaub beginnt, wenn wir nachHause kommen – in unserem Haus ist jeder Tagein Urlaubstag.”

Das einheitlich dunkle Mauerwerk, das Haus und Annexgebäude umschließt,wird ausschließlich von partiellen Fassadenpartien aus weiß lackierten Holz unterbrochen.

Der Haupteingang wurde durch die Verwendung von Holz markiert.

Zecc Architekten nutzten das länglicheFormat des Steins für ein raffiniertesFiligranmuster der Schornsteine.

Architekt und Bauherr entschieden sichfür den gleichen Kolumba-Stein für Terrassen,

Fassaden und Dach.

DAS HAUS IN GROENEKAN WURDE MIT VIEL FINGERSPITZENGEFÜHL DER LANDSCHAFTANGEPASST. AN EINEM GRAUEN WINTERTAG GEHT ES FAST VÖLLIG IN DER NATUR AUFUND WIRKT UNMITTELBAR EHER UNSCHEINBAR. ERST BEIM NÄHEREN HINSEHENOFFENBAREN SICH DIE BESONDERHEITEN VON FORM, DETAILS UND MATERIALIEN.

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Nach einigen Experimenten wurde für die Fugenein dunkelbrauner Mörtel gewählt, der raffiniertmit dem schwarz-braunen Kolumba-Steinmit beigen Tupfern harmoniert.

Villa in Groenekan, NiederlandeBauherren: Janna und Rob Plijnaar

Architekten: Zecc Architekten, Utrecht

Hoch- und Tiefbau: Bouwbedrijf Van Rhenen, Driebergen

Ingenieure: Pieters Bouwtechniek

Fassadenstein: Kolumba K60. Sonderanfertigungen flacher

Dachziegel, eine Weiterentwicklung der Kolumba Dach- und

Fassadensteine. Spezialsteine für Ecken, Fensternischen,

Sohlbänke und Überlieger.

Text: Peter Zinck, Architekt maa

Fotograf: Paul Kozlowski

Zusammen mit Petersen Tegl entwickelten die Architekteneine Sonderanfertigung: ein flacher Stein für das Dach ausdem gleichen Lehmtyp wie der Fassadenstein.

Erdgeschoss

Obergeschoss

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Der Lohsepark in Hamburg verwandelt sichlangsam in den neuen »Central Park« der Ha-fenCity. Im Spätsommer 2013 waren die erstenParkabschnitte fertiggestellt. Der südliche Teildes Parks, dort wo die HafenCity Universitätgebaut wird, markiert den Eingang zum Parkund ist zugleich Bindeglied zwischen demneuen Stadtteil am größten Hafenbecken derHafenCity, dem Baakenhafen.

Zwischen dem zentral gelegenen Platz imBaakenhafen und der Hafenpromenade bestehtein Niveauunterschied von drei Metern. VogtLandschaftsarchitekten – verantwortlich für dielandschaftliche Gestaltung des Viertels – habenals Bindeglied zwischen den beiden Ebeneneine großflächige Treppenanlage geschaffen,deren markante Sitzstufen zu einem Aufenthaltam Kai einladen.

AUSSICHTAUF DENHAFENEINE NEUE TREPPENANLAGE INDER HAFENCITY VERANSCHAULICHTHÖHENUNTERSCHIEDE– UND LÄDT ZUM VERWEILEN EIN.

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Treppenanlage in der HafenCity, HamburgBauherr: HafenCity Hamburg GmbH

Architekten: Vogt Landschaftsarchitekten AG, Zürich

Hoch- und Tiefbau: Zum Felde GmbH, Hamburg

Stein: K43

Text: Ida Præstegaard, Architektin

Fotograf: Anders Sune Berg

In Anlehnung an die vielen Mauerstein-fassaden war nahe liegend, eine Bepflasterungaus gebranntem Lehm zu verwenden. Ein wei-terer wichtiger Aspekt: Treppen und Sitzstufensollten visuell einladend wirken und die Ober-fläche sollte wasserresistent sein. Man ent-schied sich für Kolumba K43, einen Stein, dermit seiner robusten Struktur und seinem har-monischen Farbenspiel der Anlage einen be-sonderen Charakter verleiht und gleichzeitigeinen markanten Kontrast zum Bollwerk ausunverputztem Beton bildet. Die Anlage insge-samt wirkt als attraktiver Eingang zum Lohse-park – und lädt gleichzeitig zum Verweilen ein.

Es war nahe liegend, einen Belag aus gebranntemTon zu wählen, da die Gebäude im Hafenbereichüberwiegend gemauerte Fassaden haben.

< < Der 58 cm lange Kolumba-Stein eignet sichhervorragend für die Bepflasterung der 40 Meterbreiten Treppenanlage.

< Die Treppe gleicht einen Niveauunterschiedvon drei Metern zwischen dem zentralen Platzim Baakenhafen und der Hafenpromenade aus.

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ARCHITEKTMIT PASSIONFÜR MATERIALIENFÜR ARCHITEKT VINCENT VAN DUYSEN IST ENTSCHEIDEND,DASS DIE MATERIALIEN, DIE ER FÜR SEINE HÄUSER WÄHLT,NATÜRLICHKEIT UND QUALITÄT BESITZEN.

Der belgische Architekt Vincent Van Duysen vertritt die Auffas-sung, dass Entwurf und Ausführung eines Bauprojekts nicht voneinander getrennt werden können. Details und Materialwahl sindgenau so entscheidend für das Ergebnis wie die übergeordneteIdee.

Diese Haltung wird von vielen Architekten geteilt. Der Un-terschied liegt in der Tatsache, dass Vincent Van Duysen in sei-nem gesamten Wirken immer seiner Überzeugung folgen konnte.Er hat stets mit Bauherren zusammengearbeitet, die ihm dieKontrolle des Projekts überließen, vom Anfang bis zum fertigenBauwerk – einschließlich der Projektierung und der Materialwahl.

Nach seinem Studium am Higher Institute of ArchitectureSint-Lucas in Gent gehörten Anfang der 1990'er Jahre der Bauund die Einrichtung von Läden und Wohnungen in und um Ant-werpen zu seinen ersten Aufträgen. Seitdem hat sich die geo-graphische Spannweite seiner Projekte beträchtlich erweitert.Bauherren aus aller Welt beauftragen seit Jahren Van Duysen mitdem Bau von so verschiedenartigen Projekten wie Einfamilien-häuser und große Wohnanlagen, Bürokomplexe und Einkaufszen-tren. Die Projekte tragen seine deutliche Handschrift, sind abernie effekthaschend oder aufdringlich. Ungeachtet ihrer Funktionund Größe vermitteln sie seine Fähigkeit, eine Idee in ganzheit-liche Architektur zu verwandeln – charakterisiert durch einen ar-

chitektonisch zurückhaltenden Ausdruck und räumliche Harmo-nie. Und selbstverständlich durch Qualitätsmaterialien und De-tailreichtum.

Diese Charakteristik gilt in hohem Maße auch für eine Villaaus dem Jahre 2011 in Sint-Martens-Latem in Belgien, die ineinem Wohngebiet mit blühenden Gärten und von großenEschen, Eichen und Ahornbäumen umsäumten Wegen liegt.

Hier sollte eine Villa gebaut werden, die sich teils harmonischin die umgebende Landschaft einfügen, teils in sich geschlossendie Privatsphäre des Gartens sichern sollte. Diesen Wünschenwurde entsprochen – mit einem einfachen, markanten Konzept.

Die L-förmige Villa ist in einer Ecke des Grundstücks platziertund bildet daher einen effizienten Sichtschutz zum nach Südengewandten Garten. Für die Verbindung von Haus und Garten sor-gen Mauern, die von beiden Flügeln ausgehend das gesamteGrundstück umgeben. Die nordwestliche Mauer läuft parallel zumlangen, schmalen Swimmingpool und findet ihren Abschluss ineinem point de vue, dem Poolhaus. Die nordöstliche Mauer bildetdie Wand eines Hofraumes, der an die Küche anschließt.

Das Haus selbst ist modern und schlicht, fast monolithischund besteht aus rechteckigen, verschachtelten Volumina. DieFensterpartien wurden konsequent in die schlichten, wohlpro-portionierten Fassaden hineingezogen. Der Grundriss sieht vor,

Die harmonisch und schlicht proportionierten Fassaden erreichen durchdie handgefertigten, rustikalen Steine große Plastizität.

Erdgeschoss

Erstes Obergeschoss

K51gehört mit seinen changierenden hellen Grau- und Blautönen und einer Andeutung von Grün zu seinen Favoriten im Sortiment von Petersen Tegl.

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dass die Funktionen des Hauses logisch miteinander verbundensind. Vom Haupteingang betritt man eine dramatisch ausla-dende Hall mit Oberlicht; Esszimmer und Wohnbereich in offenerVerbindung schließen sich an. Eine Küche und der Hausarbeits-raum sind im nordöstlichen Flügel untergebracht. Große Glas-partien können vollständig zur Seite geschoben werden undgewähren Zutritt zu Terrassen mit Oberflächen aus glattemBeton, in die rechteckige Partien von Dinesen Eichenparketteingelassen wurden.

Schon in Verbindung mit seinen allerersten Aufträgen arbei-tete Vincent Van Duysen eng mit Produzenten zusammen, dieseinen hohen Anforderungen an Materialien und handwerklicherProduktion gerecht werden. Mit Petersen Tegl fand er eine Zie-gelei, die seine Passion für handgefertigte Ziegel teilt. Und mitKolumba einen Ziegelstein mit einem rustikalen, natürlichen Aus-druck in den gewünschten Proportionen. Für die Fassaden unddie Gartenmauern der Villa von Sint-Martens-Latem entschied ersich für K51, der mit seiner unebenen Oberfläche an Garten undVegetation anknüpft und mit seinen hellgrauen Nuancen einenansprechenden, kühlen Kontrast zur Umgebung bildet.

Villa in Sint-Martens-Latem, BelgienBauherr: privat

Architekt: Vincent Van Duysen Architects

Hoch- und Tiefbau: Dedeyne Construct

Ingenieure: Ingenieursbureau Fraeye & Partners

Landschaftsarchitekten: Wannyn Tuinaanleg

Stein: K51

Text: Ida Præstegaard, Architektin

Fotograf: Koen Van Damme

Die nordwestliche Mauer spiegelt sich im langen, schmalen Pool und findet ihren Abschluss in einem Poolhaus.

Genau wie in den übrigen Räumen und auf der Terrasse wurden auch im tiefer gelegenen Wohnraum Eichenböden von Dinesen verlegt.

Die Lage des Hauses in einer Ecke des Grundstücks und die Mauern um den gesamten Garten bilden einen effizienten Sichtschutz.

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WÜRDE INAUSDRUCKUND FUNKTION

Nähert man sich der Lichtung im Birkenwald, bleibt die kreis-förmige Anlage der neuen Klinik Brinkåsen verborgen. Es fälltaber sofort ins Auge, wie harmonisch die rechteckigen Häusermit ihren in verschiedenen farbigen Kohlebrandziegel-Fassadenmiteinander verflochten sind.

Besucher werden intuitiv zum Haupteingang im höchstenGebäude der Anlage geleitet, wo sich der Empfang und verschie-dene Büros befinden. Bewegt man sich am Empfang vorbei, of-fenbart sich die Struktur der Anlage, und man sieht, wiedurchdacht, einfach und würdig eine Reihe der funktionsbe-stimmten Problemstellungen einer psychiatrischen Klinik hiergelöst wurden. Das Auge findet nirgends Hinweise darauf, dassman sich in einer Behandlungsinstitution befindet.

Das Architekturbüro Sjögren arkitekter erhielt 2006 den Auf-trag, die neue Klinik in Vänersborg zu entwerfen. Die Kliniksollte Platz für 80 stationäre Patienten haben. Die Hälfte wurdenach rechtspsychiatrischem Gesetz verurteilt und darf sichweder frei im Klinikbereich bewegen noch die Klinik verlassen.Die Architekten begannen ihre enge Zusammenarbeit mit demBauherrn damit, ein Klinikprogramm zu formulieren. Später pro-jektierten sie, beaufsichtigten, richteten ein, wählten Materia-lien aus und beteiligten sich an der Auswahl der Kunst. DieKlinik war 2011 bezugsfertig.

Grundlage der Klinik ist es, den Patienten angenehme undoptimal respektvolle Rahmen zu bieten. Es sollte eine Gesell-schaft in der Gesellschaft entstehen und eine Voraussetzungdafür geschaffen werden, dass die Patienten ein so normales

Leben wie möglich führen können. Es ist dokumentiert, dassPatienten dadurch schneller gesund werden und sie kürzere Zeitin der Klinik verbringen müssen. Der sympathische Gedankewird von gesundem Menschenverstand getragen.

Die Anlage ist kreisförmig um einen Park angelegt. Ein Teildes bestehenden Felsenterrains konnte bewahrt werden. AuchTeile der ursprünglichen Bepflanzung wurden erhalten. Je nach-dem, wie krank sie sind, können die Patienten sich frei im Parkbewegen. Vom Kreis strahlen vierzehn gleich breite Baukörpervon der runden Parkanlage ab. Die Häuser sind durch Glasgängeverbunden, die eine notwendige Abgrenzung zur Umwelt dar-stellen. Mauern und Stacheldraht konnten so vermieden werden.Jedes Haus umschließt ein Atrium mit Bäumen, Grünpflanzen,Tischen und Bänken, so dass alle Patienten von ihrem Zimmer

Für die Fassaden wurden Mauersteine in insgesamt sechs verschiedenen Farben verwendet– um ein institutionelles Gepräge zu vermeiden und die Gebäude individuell zu gestalten.

Alle Gebäude der Klinik sind dem großen, kreisförmigen Park zugewandt.Felsen und ein Teil der ursprünglichen Vegetation konnten bewahrt werden.

Brinkåsen, psychiatrische Klinik in Vänersborg, SchwedenBauherr: Västfastigheter, Västra Götlandsregionen

Architekt: Sjögren Arkitekter AB

Bauunternehmer: PEAB

Landschaftsarchitekten: Algren & Bruun Landskabsarkitekter

Stein: D48, D43, D71, D55, D91 und D51

Text: Ida Præstegaard, Architektin

Fotograf: Anders Sune Berg

DURCH SEINE ARCHITEKTUR UND SEINE FUNKTIONELLE STRUKTURIERUNGLÖST EINE NEUE RECHTSPSYCHIATRISCHE KLINIK BEI VÄNERSBORGEINE REIHE FUNKTIONSBESTIMMTE HERAUSFORDERUNGEN.

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aus in die frische Luft gelangen können, ohne jemanden um Er-laubnis bitten zu müssen. Die Patienten müssen ebenfalls insFreie, um von ihrer Wohnung in die Gebäude zu gelangen, indenen Unterricht, Freizeitaktivitäten oder ein geselliges Zusam-mensein angeboten werden. Auch das wirkt einem institutio-nellen Gepräge entgegen. In allen Häusern blickt man voneinigen Fenstern aus auf Felsen und Birkenwald und auf dieTiere des Waldes, die sich nahe an die Fassaden der Häuser her-anwagen.

Die Gebäude wurden mit Ziegeln verkleidet – in Anlehnungan die benachbarte, ursprüngliche psychiatrische Klinik, die um1900 aus roten Ziegeln gebaut wurde. Um in der neuen Klinikfür Abwechslung zu sorgen und um den Wohnabschnitten einindividuelles Gepräge zu geben, entschieden sich die Architek-

ten dafür, alle Gebäude mit verschieden farbigen Ziegeln ver-kleiden zu lassen. Die Wahl fiel auf Mauersteine von PetersenTegl – aufgrund der Schönheit und Stärke der Steine, und weilder Kohlebrand ihnen eine besondere Qualität verleiht. Es wur-den sechs verschiedene Steine ausgewählt – in weiß-gelben,braunen, roten und schwarz-grauen Farbtönen. Trotz der Far-benvielfalt harmonieren die Steine miteinander. Aufgrund desKohlebrands besitzen alle Steine – außer der ihr eigenen Grund-farbe – ein vielfältiges Farbenspiel, das fast alle Nuancen derübrigen Steine enthält.

Eine weitere Begründung dafür, die Steine von Petersen zuwählen, war der Wunsch von Sjögren arkitekter, die dem Waldzugewandten Ziegelfassaden ohne Sockel in die Landschaft hin-einzuführen. Der Bauunternehmer war skeptisch, aber die Ar-

chitekten wussten, dass dieses wichtige Detail kein Risiko fürFrostschäden mit sich führen würde. Die Vorbereitung desLehms in der Ziegelei bewirkt nämlich, dass dieser eine opti-male Textur mit Kapillaren und Luftporen erhält. Damit kannsich eingedrungenes Wasser im fertigen Stein bei Frost auswei-ten, ohne dass der Stein zerstört wird.

Die Architekten bestanden ebenfalls darauf, auf Dilitations-fugen zu verzichten. Um den Fassaden ohne Schäden im Mau-erwerk Bewegung zu ermöglichen, wurde Mörtel mit hohemKalkgehalt verwendet. Dass die Fassaden ohne unmotivierte,durchgehende Linien gemauert wurden, ist ebenfalls ein Detailvon großer Bedeutung für den Gesamtausdruck dieser in jederHinsicht gelungenen Klinik.

Mitten im Wald - die umgebende Natur wurdevon der neuen Klinik nicht beeinträchtigt.

Die gemauerten Fassaden in wilden verbandt treffen direkt auf dasGelände, ein Detail, das für das Zusammenspiel von Gebäude undNatur von großer Bedeutung ist.

Zwei Wohneinheiten, Plandetail Lageplan

Ein einzelnes Gebäude hat gemauerte Säulen aus dunkelgrauemStein – ein wirkungsvoller Kontrast zur hellen Fassade.

Die Häuser der Klinik werden durch Zwischengebäudeaus Glas verbunden.

Das Architektenbüro von Sven Magnus Sjøgrenliegt im Herzen von Gothenburg.

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Appelbloesem, geschützte WohneinheitenBauherr: Vivare Projecten BV

Architekt: Attika Architekten, Amsterdam

Hoch- und Tiefbau: Van Campen Bouwgroep

Ingenieure: F. Wiggers

Steine: D37, D47, D71 und D91

Text: Peter Zinck, Architekt maa

Fotograf: Paul Kozlowski

Niek Kruisheer hat eine besondere Vorliebefür den Kohlebrandziegel D47, der in Appelbloesemfür die beiden Wohntrakte verwendet wurde.

Der Fassadenaufbau ist klassisch:eine feste Abfolge französischer und schmaler, hoher Fenster.

Lageplan

Appelbloesem in Westervoort ist eine Wohnan-lage mit 18 Wohnungen, ein Entwurf von AttikaArchitekten für Menschen mit einer Behinde-rung oder einem psychischen Leiden, das keineigenständiges Leben ermöglicht. Einzelne Be-wohner gehen einem Job für leicht Behindertenach, aber alle sind von einer Wohnung ineinem geschützten Rahmen abhängig und auchvon der Möglichkeit, rund um die Uhr Hilfe zubekommen.

Bauherr ist die Siza Group, eine private Or-ganisation, die sich auf den Bau und die Ver-mittlung von Wohnungen für Menschenspezialisiert hat, die besonderer Fürsorge be-dürfen. Die Siza Group zeichnete bereits fürmehrere ähnliche Projekte in den Niederlandenverantwortlich.

Die Wohnanlage besteht aus zwei Gebäudenmit Wohnungen, die einen spitzen Winkelzueinander bilden, sowie einem weiteren

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fürsorge

Gebäude als Bindeglied zwischen den beidenWohnblöcken.

Für die Fassaden der beiden Blöcke wurdenPetersen D47 mit einer dunkelgrauen Kratzfugevermauert. So entstand ein markantes, ab-wechslungsreiches Mauerwerk.

Der Fassadenaufbau ist dabei klassisch:eine feste Abfolge französischer und schmaler,hoher Fenster. Ein Detail, das man nicht sofortbemerkt: Tür- und Fensterrahmen sind abwech-selnd weiß und grau, und letztere habenschwarz glasierte Sohlbanksteine. Sie sorgenfür spielerische Variation, die den Eindruck ein-ladender Fassaden erweckt.

Die beiden Wohnungsabschnitte werdendurch ein drittes Gebäude miteinander verbun-den, das Architekt Niek Kruisheer als "Schar-nier" bezeichnet. Dieses Gebäude bestichtdurch seinen völlig eigenen Ausdruck. Die Fas-saden wurden aus Petersen D37, D71 und D91

in unterschiedlichen Schichten gemauert – wieein Querschnitt durch eine Landschaft, der dieErdschichten zeigt. Hier wurde eine helleKratzfuge verwendet. Von einer Ecke aus gese-hen wendet das Gebäude dem Betrachter denRücken zu, denn man sieht nur eine große fen-sterlose Fläche, an dessen oberen Teil derName der Einrichtung angebracht wurde.

Der Haupteingang liegt im "Scharnier". Aufder Rückseite rahmt der Gebäudewinkel eineliebevoll bepflanzte Hofanlage ein, die als Auf-enthaltsort und Parkplatz dient. Über gemein-same Laubengänge erreichen die Bewohnerihre Wohnungen. Obwohl der Zugang mit denNachbarn geteilt wird, ist für jeden Bewohnervor seiner Wohnung für Privatsphäre gesorgt.

Die Attika Architekten erreichten dies,indem sie in den Laubengängen Aussparungenvorsahen. Der lineare Verlauf wird unterbro-chen, es entsteht Variation – ein Detail, das

ebenfalls für Tageslicht in allen Stockwerkensorgt. Die Decks aus weißem Beton werdendurch schlanke Geländer und Spindeltreppenaus schwarz lackiertem Stahl komplettiert. AlsKontrast wurden für die Eingangstüren zu denWohnungen warme gelbe und orange Nuancengewählt, die freundlich und einladend wirken.

Das Gespräch mit Niek Kruisheer fand im Ar-chitektenbüro im Herzen Amsterdams statt. DieAttika Architekten sollten am folgenden Tagein Wettbewerbsprojekt einreichen, aber Nieknahm sich viel Zeit, um von Appelbloesem unddem Mauerwerk zu berichten. Er erläuterte,dass eine der grundlegenden Ideen darin be-stehe, das Interesse des Betrachters zu wek-ken, der das Gebäude schrittweise entdeckensolle. Erst treffe man auf das Eckgebäude, das"Scharnier", das durch seine asymmetrischeForm zum Nachdenken anrege. Dann werde dieAufmerksamkeit auf die unregelmäßigen Mau-

ern gelenkt, die mit ihren variierenden Schich-ten ihre eigene Persönlichkeit ausstrahlen.

Die Attika Architekten sind es gewöhnt, mitZiegeln zu arbeiten und haben früher mit demKohlebrandziegel D47 Erfahrungen gesammelt.Niek Kruisheer versucht gar nicht, seine Begei-sterung für die Steine aus der dänischen Zie-gelei zu verbergen: Sie hätten Ausstrahlung,ihre Wärme greife auf den Betrachter über. Manerlebe sie als Material der Natur.

In Appelbloesem erlebt man ein Gefühl derGemeinschaft, nicht nur zwischen den Bewoh-nern, sondern auch zwischen Bewohnern undMitarbeitern. Nur einen Schritt tiefer tauchtder Gedanke auf, der dem Projekt zu Grundeliegt: Verantwortungsbewusstsein. Die Verant-wortung dafür, fürsorglich miteinander umzu-gehen,und die Verantwortung dafür, Qualitätzu bauen. Beides wurde in Appelbloesem er-reicht.

Der Haupteingang von Appelbloesem liegt im zentralen Gebäude, dessen Fassaden sich aus Kohlebrandziegeln in drei verschiedenen Nuancen zusammensetzen.

Die Verwendung von Mauersteinen in sehr unterschiedlichen Farbnuancen verleihtder Anlage ein abwechslungsreiches Gepräge.

Die Bewohner erreichen ihre Wohnungen über die Treppender gemeinsamen Laubengänge.

DER GRUNDGEDANKE EINER NEUEN ANLAGE FÜR PSYCHISCHBEHINDERTE MENSCHEN IN DEN NIEDERLANDEN WAR ES,DIE GEMEINSCHAFT ZU STÄRKEN.

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DIALOG DER STEINE - ZEITÜBERGREIFENDNEUE, GRÜNE TECHNOLOGIEN IN EINEMKOPENHAGENER ELEKTRIZITÄTSWERK AUSDEM JAHRE 1898 WURDEN IN MAUERNEINGEKAPSELT, DIE FARBLICH MIT DEM UR-SPRÜNGLICHEN GEBAÜDE HARMONIEREN.

Eines der ersten Elektrizitätswerke Kopenhagensliegt dem Tivoli und dem Hauptbahnhof gegen-über. Es wurde kürzlich umgebaut und erweitert,um eine moderne Fernkälteanlage beherbergenzu können, die Unternehmen und Institutionenin der dänischen Hauptstadt mit umweltfreund-licher Meerwasserkühlung versorgt.

Im Zuge dieses Projektes bauten wir – dasArchitektenbüro Gottlieb Paludan Architects –das Gebäudeinnere um, so dass es seinerneuen, technologischen Funktion gerecht wird.Ursprüngliche Räume konnten bewahrt werden,

eine Anzahl neuer Räume wurden angebaut.Genau wie viele andere Gebäude dieses

Stadtviertels ist auch das ehemalige Elektrizi-tätswerk von einer gewissen Schwere und aus-drucksvollem Mauerwerk mit vielen Detailsgeprägt. Die einzelnen Gebäudeabschnittespiegeln den Stil ihres Baujahrs wider. Eswurde jedoch immer rote Backsteine verwen-det, und die typischen Merkmale jeder Stilepo-che sind deutlich akzentuiert.

Der jüngste Anbau für die neue, umwelt-freundliche Kühlanlage, die Wasser aus dem Ko-penhagener Hafenbecken zirkuliert, ist nur dieletzte einer ganzen Reihe von Erweiterungen.

Um Platz für die neuen Kühlinstallationenzu schaffen, musste das Gebäudevolumen umknapp 800 Kubikmeter erweitert werden, waszwei kleineren Einfamilienhäusern entspricht.

Eine technisch geprägte Lösung wäre es gewe-sen, in die Höhe zu bauen und das bestehendeSheddach abzureißen. Es war jedoch wichtig,dass der neue Anbau nicht im krassen Wider-spruch zu den übrigen historischen Gebäude-einheiten stehen würde. Die Lösung: eineneue, zurückgezogene Fassade aus Ziegeln miteinem markanten Relief. Durch eine Kratzfugekonnte jeder Stein der neuen Konstruktion in-dividueller exponiert werden und dadurch ineinen Dialog mit dem alten, äußerst detailrei-chen Mauerwerk treten.

Das Kalksteingesims des alten Sheddachswurde bewahrt und hat buchstäblich die Funk-tion eines Reißverschlusses, der neu und altverbindet. Obwohl der Neubau subtil und mi-nimalistisch ist, schließt er oben am altenKalksteingesims an – eine Lösung, die, etwas

provozierend, traditionelle Details und Über-gänge überflüssig machte.

Für den neuen Anbau in unmittelbarer Nähedes alten Schiederdachs wurde der Stein Peter-sen D35 in dunkelrot gewählt. Die Kombinationder Schatten, die teils auf die zurückgezoge-nen Mauersteingänge, teils auf die Kratzfugenzurückgehen, verleihen dem Neubau einenAusdruck von Schwere, wie die der Dächer.

Im Zuge des Baus wurde deutlich, dass diemodernen, weich gestrichenen Steine von Pe-tersen Tegl das ideale Gegenstück zu den Va-riationen und der akkumulierenden Patina der120 Jahre alten, maschinengefertigten Steinedes Gebäudekomplexes bildet. Wahrscheinlich,weil es sich sowohl bei den neuen als auch beiden alten Steinen um Kohlebrandziegel han-delt.

Dank seiner Proportionen und der Materialwahl dominiert das neue Gebäude seine Umgebung nicht.

Genau wie die übrigen Gebäude des Stadtteils wurden für das umgebaute Elektrizitätswerk rote Mauersteine verwendet. Die schönen architektonischen Details sind typisch für den Stil des 19. Jahrhunderts.

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B E R N S T O R F F S G A D E

Lageplan

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Die Kälteanlagen von Großunternehmen und In-stitutionen in Kopenhagen standen bisher meistauf dem Dach oder im Keller. Das führte enormeStromrechnungen und Betriebskosten mit sich.Hinzu kommt eine bedeutende CO2-Emission. Dieneue Lösung, eine gemeinsame, nachhaltigeKühlung, senkt die Kosten der Unternehmen,aber auch ihre CO2-Emission und die der Haupt-stadt allgemein.

Der neue Anbau – ein faszinierendkontrastreiches Erlebnis, markant,

modern und ein diskretes Understatement.

Das Elektrizitätswerk vor dem Ausbau.

Das Elektrizitätswerk beherbergt eine moderne Fernkälteanlage und liegt gegenüber dem Kopenhagener Tivoli.

Fernkältezentrale, Tietgensgade, KopenhagenBauherr: HOFOR A/S

Architekt: Gottlieb Paludan Architects

Hoch- und Tiefbau: C.C. Brun Entreprise A/S

Ingenieure: Cowi A/S, Moe A/S

Stein: D35

Text: Jesper Gottlieb, Architekt maa,

Kreativdirektor und Partner

Fotograf: Anders Sune Berg

Querschnitt

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VILLAIM WALDDIE NEUE VILLA AUSSERHALB OSLOSFÜGT SICH IN DIE NATUR EIN, UNTERANDEREM AUFGRUND DER MATERIALWAHL.

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Das Haus wurde mit viel Fingerspitzengefühl für die Hanglage gebaut und erscheint daher kleiner als seine 360 m2.

Die Villa wurde aus Mauersteinen gebaut, die im Klinkerbrand hergestellt wurden – und in unzähligen Nuancen von Rot, Blau und Orangeüber Braun, Schwarz und Lila changieren.

Erdgeschoss Obergeschoss Längsschnitt

Querschnitt

Das kürzlich fertig gestellte Familieneigenheimin der zweiten Reihe vor der Küste an der West-seite des Oslofjords wurde inmitten der Naturin Hanglage gebaut. Die umsichtige Integra-tion in den Hang lässt es kleiner erscheinen,als es eigentlich ist. Bei Betreten des Hausesüberrascht, dass es ein Untergeschoss hat. Mansieht es erst, wenn man am Haus vorbei hin-unter zum Fjord fährt.

Die Hanglage wurde für das zweigeschossigeHaus perfekt genutzt. Der Eingang befindetsich auf der südwestlichen Seite im Oberge-schoss; vom Untergeschoss aus gelangt man ander nordöstlichen Seite in den Garten. DasHaus mit seinen 360 m2 verdient es, als Villabezeichnet zu werden, obwohl sein Flachdach,seine schnörkellose Bauweise und die rustika-len Materialien eher Understatement signali-sieren. Die hohen Bäume in unmittelbarer Nähedes Hauses konnten bewahrt werden, dahertritt es nicht unmittelbar als Neubau in Er-scheinung.

Auf der oberen Ebene, am Eingangsbereich,wurde eine einladende Holzterrasse gebaut, mitAußenküche, Kamin, Grill und sehr viel Platz,um die helle Jahreszeit im Freien genießen zukönnen. Geschützt wird der Aufenthaltsbereichdurch die Winkelform des Hauses und eineHalbmauer. Überall, wo Mauersteine Anwen-dung fanden, entschied man sich für den SteinD48 von Petersen Tegl. Von der Front des Hau-ses aus fährt man auch in die Doppelgarage,die in das Haus integriert wurde.

Im Obergeschoss wurden ein Eingangs-bereich, das Wohnzimmer, die Küche undSchlafräume platziert. An der nordöstlichenSeite ist das Ober- mit dem Untergeschossdurch einen doppelhohen Aufenthaltsraumverbunden, der dem Besucher den Eindruck

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Villa bei OsloBauherr: privat

Architekten: Filter arkitekter as

Landschaftsarchitekt: Gullik Gulliksen as

Hoch- und Tiefbau: Krefting & Thiis as

Stein: D48

Text: Thomas Dickson, Architekt

Fotograf: Nils Petter Dale

Die alten Bäume nahe den Fassaden verstärken den Eindruck der gelungenen Verbindung mit der Natur.

Für einzelne Fenster wurden von den Architektenein vorspringender Mauerverband vorgesehen.

Tür- und Fensterrahmen wurdendunkelgrau lackiert.

Lange, kontinuierliche Fensterbänder gewähreneinen ungehinderten Ausblick auf den Wald.

vermittelt, sich in einem Atrium aufzuhalten.Für das Holz in den Innenräumen sowie fürBöden, Decken und eingebaute Schränke wurdeausnahmslos helle Esche verwendet. Die Räumewirken luftig und freundlich. Im Wohnzimmerist die Stirnwand aus hellem Beton. Eine ein-gebaute Sitzbank und ein integrierter offenerKamin vervollständigen die Einrichtung. Alleanderen Wände wurden weiß gestrichen. Dieschwarzen Schränke der Küche und die dunkel-grauen Klinker im Eingangsbereich bildeneinen reizvollen Kontrast.

Die Fenster des Hauses haben verschiedeneAbmessungen. Es dominiert jedoch ein langgestrecktes Fenster im Wohnbereich, das einenpanoramischen Ausblick auf den Fjord gewährt.Vier dünne, schwarz gestrichene Eisensäulentragen das Gewicht der Konstruktion über demFensterband. Der Abstand zwischen Säulen undGlas bedeutet, dass die Illusion eines langen,ungebrochenen Glasbandes fast aufrecht erhal-ten werden kann. Vom schon erwähnten dop-pelhohen Aufenthaltsraum führt eine Treppe indas Untergeschoss. Von hier aus gelangt manin den Garten und auf dieser Ebene wurdenauch Gästezimmer sowie ein Wasch- und einTechnikraum untergebracht.

Von außen wird das Haus von den rustikalenMaterialien gekennzeichnet: Senkrechte Lär-chenholzbretter, mit Eisenvitriol behandelt, er-gänzen die Steine von Petersen, für dieMocca-Nuancen gewählt wurden. Für die Ver-kleidungen am Dach und an den Fensternwurde Zink gewählt. Die Fensterrahmen sinddunkelgrau lackiert, der kleine Balkon an derNordfassade verzinkt. Der Gesamteindruck istein sorgfältig geplantes Haus, das sich harmo-nisch in die Farbpalette der umgebenden Natureinfügt.

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B E R A T E R – P E T E R S E N T E G L

DÄNEMARK OSTENCHRISTIAN TEITUR HARRIST: +45 2463 9235E: [email protected]

DÄNEMARK WESTEN UND FÜNENTORBEN SCHMIDTT: +45 2028 4355E: [email protected]

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REINHARD BAASCHT: +49 170 4818 870E: [email protected]

DEUTSCHLAND OSTENHARTMUT REIMANNT: +49 170 5565 792E: [email protected]

DEUTSCHLAND SÜDEN/NRWSCHWEIZ DEUTSCHSPRACHIGER TEIL,ÖSTERREICHBACKSTEIN-KONTOR GMBHT: +49 221 888785-0F: +49 221 888785-10E: [email protected]

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TINA KJÆR LOICHTLT: +45 3063 4912E: [email protected]

B E R A T E R – Z I E G E L B A L K E N

STEEN SPANG HANSENT: +45 2142 7962E: [email protected]

H E R A U S G E B E R

PETERSEN TEGL A/SNYBØLNORVEJ 14DK-6310 BROAGERT: +45 7444 1236E: [email protected]

WWW.PETERSEN-TEGL.DK

REDAKTION (VERANTWORTL.)ANNETTE PETERSEN, ARCHITEKTIN MAAE: [email protected]

REDAKTIONIDA PRÆSTEGAARD, ARCHITEKTINE: [email protected]

GRAFIKZANGENBERG DESIGN

ÜBERSETZUNGAD HOC TRANSLATIONS

DRUCKZEUNER GRAFISK

REPROEHRHORN HUMMERSTON

AUFLAGE97.000

SOFERN NICHTS ANDERES ANGEFÜHRT IST, WURDENARTIKEL UND TEXTE VON IDA PRÆSTEGAARD,ARCHITEKTIN/ REDAKTEURIN, VERFASST.

KOLUMBAINSPIRIERT

Ein Ziegelstein misst 22,8 x 10,8 x 5,4 cm. Da-neben gibt es das Flensburger Format, dasetwas dünner ist. Grundsätzlich gibt es zweiFarben: Gelb und Rot. So war es seit Genera-tionen.

Mit der Einführung des Kolumba-Steins, derviel länger und um einiges dünner ist als einNormalstein (52,8 x 10,8 x 3,7 cm), ändertesich auch die Auffassung dessen, was ein Mau-erstein ist.

Die wesentliche Neuheit war dabei natürlichdas Format, aber auch, dass der Stein in 28Farben und mit Oberflächen von völlig glatt bissehr rustikal erhältlich ist. Umdenken ist an-gesagt.

Kolumba ist kein Ziegel, der für ein Bauvor-haben »vorgesehen« wird. Durch sein Format,seine Farbe und seine Oberfläche lädt der Steinein, neue und andersartige Möglichkeiten zuüberdenken – und wird damit oft ein Teil deskreativen Prozesses.

In einem Gebäude, das der Weinherstellungdient (Titelseite und einleitender Artikel)haben Stocker Lee Architetti die Länge desSteins genutzt, um ein Perforationsmuster zuschaffen, das mit einem Ziegel im Normal-format nicht möglich gewesen wäre. Auchwurde Kolumba in einer kürzeren Version alsBepflasterung verwendet. So entsteht der Ein-druck, dass Gebäude und Fläche miteinanderverschmolzen sind.

Auf Seite 8 berichten wir, wie der neue KolumbaDach- und Fassadenziegel vom ArchitektenbüroMin2 entwickelt wurde. Für ihr eigenes Haus inBergen aan Zee suchten die Architekten einenStein, der sowohl für Fassaden als auch für dasDach brauchbar war. Der Stein wurde von Lund-gaard & Tranberg Arkitekter für das Sorø Kunst-museum weiterentwickelt.

In einem Einfamilienhaus in Groenekan (Seite10) haben Zecc Architects das Format von Ko-lumba eingesetzt, um die Schornsteine desHauses als Abschluss mit einem Filigranmusterzu versehen. Der Architekt wünschte einen fla-chen Dachziegel und entwickelte zusammenmit der Ziegelei eine Sonderanfertigung vonKolumba.

Ursprünglich ist Kolumba das Ergebnis der Zu-sammenarbeit zwischen dem Schweizer Archi-tekten Peter Zumthor und Petersen Tegl. Heutefindet man Kolumba in einer Reihe preisge-krönter Gebäude weltweit, wo Architekten undBauherren entweder eine der 28 Farben im Sor-timent wählten oder in Zusammenarbeit mitder Ziegelei eine neue Farbe, eine neue Ober-fläche oder ein geändertes Format entwickelthaben.

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