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Aus dem Pharmakologischen Institut der UniversitRt Berlin. Pharmakologi§eheUntersuehungenfiber m-Dinitrobenzol. III. Mitteilung. Chronische Vergiftang mit m-Dinitrobenzo]. Von MANFRED KIESE. Mi~ 7 Textabbildungen. (Eingegangen am 18. November 1946.) ~ber die Wirkung des m-Dinitrobenzols bei wiederholter Gabo kleiner Dosen liegen systematische experimentelle Untersuchungen nieht vor. Wir haben in Erg~nzung der in der I. Mitteilung be- schriebene Versuche 1 mit groBen I)osen m-Dinitrobenzol solche Un~er- suchungen an Itunden durchgeftihrt. Den Hunden wurde m-Dinitrobenzol zu 1 oder 2 % in Oliven61 bzw. Mohn61 get6st subkutan injiziert. ]Die angewandten Methoden der Blut- untersuchung sind in der I. Mitteilung I bereits erw~hnt. Sieben Gruppen yon Tieren wurden mit Dosen yon 6,0, 2,0, 1,5, 1,0, 0,5~ 0,2 0,1 mg/kg m-Dinitrobenzol behandelt. Jedoch wurde nicht immer an der ti~glichen Injektion festgehalten, sondern bei bedrohIicher Ver- schlechterung des Zustandes der Tiere wurde die Verabreichung yon • m-Dinitrobenzol vorfibergehend unterbrochen. Zwei Versuche zur Prfifung der Wirksamkeit des m-Dinitrobenzois nadh Verabreichung in den ~¢[agen werden gesondert kurz beschrieben. Versuchsergebnisse. 1. Allgemeine Beschreibung des Vergi/tungsverlau/8. I)osen ~7on 6 mg/kg m,Dinitrobenzol lbsten bei den Hunden noch akute Wirkungen aus, wie wir schon beschrieben 9. Sic waren freilich geringer a]s nach 10 oder gar 20 mg/kg. Wir haben einem Hunde an 2 aufeinanderfolgenden Tagen und ndch 4 Tagen nochmal an 3 auf. einanderfolgenden Tagen, also im ganzen in 9 Tagen 5real je 6 mg/kg m-Dinitrobenzol injiziert. ]~r starb nach der ffinften Injektion. Am letzten Tage w~ren Kr~mpfe aufgetreten. Der Blutfarbstoffgehalt hatte yon 17,5 auf 12,5 g/100 ml abgenommen. Der H~miglobingehalt war auf 5,5 g/100 ml angestiegen, ttEr~z-Kbrper waren an 40% der roten Zellen vorhanden. 1 KI~SE, hi.: Arch. exper. Path. (D.) 206, 361 (1949). ~ 2 CAMMER~R, A., M. KIESE U. K. TAUSCn-WXTZ: Arch. exper. Path. (D.) 206, 384 (1949). Archly fiir experiment. Path. u. Pharmakol. Bd. 206. 34

Pharmakologische Untersuchungen über m-Dinitrobenzol

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Aus dem Pharmakologischen Institut der UniversitRt Berlin.

Pharmakologi§ehe Untersuehungen fiber m-Dinitrobenzol. III. Mitteilung.

Chronische Vergiftang mit m-Dinitrobenzo]. Von

MANFRED KIESE.

Mi~ 7 Textabbildungen.

(Eingegangen am 18. November 1946.)

~ b e r die Wirkung des m-Dinitrobenzols bei wiederholter Gabo kleiner Dosen liegen systematische experimentelle Untersuchungen nieht vor. Wir haben in Erg~nzung der in der I . Mitteilung be- schriebene Versuche 1 mit groBen I)osen m-Dinitrobenzol solche Un~er- suchungen an I tunden durchgeftihrt.

Den Hunden wurde m-Dinitrobenzol zu 1 oder 2 % in Oliven61 bzw. Mohn61 get6st subkutan injiziert. ]Die angewandten Methoden der Blut- untersuchung sind in der I. Mitteilung I bereits erw~hnt. Sieben Gruppen yon Tieren wurden mi t Dosen yon 6,0, 2,0, 1,5, 1,0, 0,5~ 0,2 0,1 mg/kg m-Dinitrobenzol behandelt . Jedoch wurde nicht immer an der ti~glichen Injekt ion festgehalten, sondern bei bedrohIicher Ver- schlechterung des Zustandes der Tiere wurde die Verabreichung yon

• m-Dinitrobenzol vorfibergehend unterbrochen. Zwei Versuche zur Prfifung der Wirksamkei t des m-Dinitrobenzois nadh Verabreichung in den ~¢[agen werden gesondert kurz beschrieben.

Versuchsergebnisse.

1. Allgemeine Beschreibung des Vergi/tungsverlau/8.

I)osen ~7on 6 mg/kg m,Dinitrobenzol lbsten bei den Hunden noch akute Wirkungen aus, wie wir schon beschrieben 9. Sic waren freilich geringer a]s nach 10 oder gar 20 mg/kg. Wir haben einem Hunde an 2 aufeinanderfolgenden Tagen und ndch 4 Tagen nochmal an 3 auf. einanderfolgenden Tagen, also im ganzen in 9 Tagen 5real je 6 mg/kg m-Dinitrobenzol injiziert. ]~r s tarb nach der ffinften Injektion. Am letzten Tage w~ren Kr~mpfe aufgetreten. Der Blutfarbstoffgehalt ha t te yon 17,5 auf 12,5 g/100 ml abgenommen. Der H~miglobingehalt war auf 5,5 g/100 ml angestiegen, t tEr~z-Kbrper waren an 40% der roten Zellen vorhanden.

1 KI~SE, hi.: Arch. exper. Path. (D.) 206, 361 (1949). ~ 2 CAMMER~R, A., M. KIESE U. K. TAUSCn-WXTZ: Arch. exper. Path. (D.) 206, 384 (1949).

Archly fiir experiment. Path. u. Pharmakol. Bd. 206. 34

506 MA~-F~ED KIESE :

Naeh der Injekt ion yon 2 mg/kg m-Dinitrobenzol waren bereits am ni~chsten Tage Ver~nderungen der Tiere bemerkb~r. Von 5 Hunden fraB einer gar nicht und 2 nur schleeht. Am ffinften Tage nach t~glicher Injekt ion yon 2 mg/kg m-Dinitrobenzol fral~en alle Tiere schlecht, 1 Hund war bereits in Seitenlage und ha t te einige Krampfanfi~lle. Am achten Tage starben 2 Tiere, nach 9 Tagen das dritte. ])ann wurden die Injekt ionen abgebrochen. Ein Hund starb noch 14 Tage spi~ter und einer fiberlebte.

Dosen ,con 1,5 mg/kg m-Dinitrobenzol wurden l~nger ertragen. Der Ablauf dieser Versuche war der chronischen Vergiftung schon ~thnlicher. Nachdem der Zustand der Tiere einige Tage tmver~nderb blieb, wurden sie ruhiger und zeigten bald darauf nervSse StSrungen, die meist ein typisehes ]3ild boten. Der Gang der Hunde wurde lang- sam, steif und unsicher. Wiihrend die hintere KSrperh~lfte auf steifen Hinterbeinen hoch getragen wurde, sank die vordere etwas tiefer, da die steifen Vorderbeine breit nach vorn aul~en gesetzt wurden. Auf glat tem Boden fielen die Hunde sehr hi~ufig. Entweder kippte zun~Lchst das hohe Hintertei l um oder die Tiere rutschten zunachst unter Sprei- zung der Vorderbeine p la t t auf die Brust, worauf das Hintertei l um- kippte. Sehon zu dieser Zeit war die passive Bewegung der Beingelenke erheblieh ersehwmt. Die Injekt ionen -con m-Dinitrobenzol wurden abgebroehen, sobald nervSse St6rungen in st~rkerem lViaBe vorhanden waren. ])ieser Zustand war in 7- -25 Tagen, im Mittel in 14,3 4- 1,6 Tagen erreicht (Tabelle 1). In allen Versuchen nahmen die StSrungen noch weiter zu, auch wenn nieht mehr m-])initr6benzol verabreicht wurde. L~hmungen, die den Tie ren Laufen und Stehen unmSglich machten, und Kr~mpfe fo]gten den leichteren nervSsen StSrungen oft und in kurzem Abstande, so dab vormit tags die ersten Unsicherheiten im Laufen beobachtet wurden und nachmit tags das Tier bereits in Seitenlage war und Kr/~mpfe llatte. ])ie Kriimpfe waren toniseh- klonischer Art und wurden oft durch geringe auBere Reize ausgelSst, sie gingen meist in Laufbewegungen in Seitenlage fiber. ]~inige Tiere maehten stundenlang oder gar tagelang mit kurzen Unterbreehungen solehe Laufbewegungen. In den Zeiten der gr6Bten Krampfbere i t - sehaft lagen die Tiere mit zum Rficken gezogenen Kopf und gestreekten steifen Beinen, bereit, auf den geringsten Reiz in einen Klonus zu ver- fallen. Sehnenreflexe waren auch in dem sp/~teren Stadium immer auszulSsen, wenn keine Kri~mpfe mehr auftraten. Die ])auer dieses ersten Stadiums der Lahmung mit Kri~mpfen umfaBte oft nur wenige Tage, wenn die m-Dinitrobenzolverabreichung sofort bei Beginn unter- brochen wurde. Aber bei 2 Hunden yon 12 t ra t bereits einen Tag nach dem ersten Krampf~nfal l der Tod ein, bei einem weiteren 15 Tage sp~ter. Tiere, die 1Angere Zeit in Seitenlage waren, bekamen oft

Pharmakologische Untersuehungen iiber m-Dini$robenzol. III. 507 °

Dekubita]geschwfire, die nur langsam heilten. Bei den iiberlebenden Tieren wurde die tnjektion yon m-Dinitrobenzol ausgesetzt, sobald st/~rkere nervSse StSrungen oder gar Kri~mpfe auftraten. Zwei Tiere konnten auf diese Weise 74 Tage, eines sogar 113 Tage im Wechsel zwischen manifesten StSrungen und eben ~usreichender Erholung fiir die weitere Vergiftung gehalten werden. Infolge der wiederholten Unterbrechungen der m-Dinitrobenzolverabreichung kann die Dauer bis zum Eintrit t des Todes nieht als ein ~a13 fiir die Wirkung der chro- nischen Verabreichung yon 1,5 mg/kg m- Dinitrobenzol angesehen werden.

Mit wenigen Ausnahmen ver]oren die Hunde wi~hrend der Vergiftung an Gewieht.

Die Vergiftung yon 3 Hunden mit Dosen yon 1,0 mg]kg m-Dini-. trobenzol t/iglich bot das gleiche eben beschriebene Bild mit dem Unter- sehied, d~13 die Vergiftung etwas langsamer ablief. NervSse StSrungen traten im Mittel nach 23 Tagen auf und bei ununberbroehener Dosierung starben die Tiere nach 23 bzw. 32 und 56 Tagen.

Noeh langsamer verlief die Vergiftung mi~ Dosen yon 0~5 mg/kg m-Dinitrobenzol t/iglich. Aueh diese Dosis wirkte bei 3 Hunden nach 25- bzw. 39- und 73t/~giger Anwendung noeh tSdlich. NervSse StS- rungen wurden erst naeh 40 Tagen beobachtet.

Dosen yon 0,2 mg/kg m-Dinitrobenzol ti~glieh wurden 1/~ngere Zeit ohne sehwere StSrungen ver~ragen. Jedoch war besonders bei lebhaften Tieren naeh 2--3 Woehen eine Beruhigung zu erkennen. Bei 3 Tieren tra~en nervSse StSrungen erst naeh einer Beh~ndlung yon 42 bzw. 50 und 70 Tagen auf. Das Tier, das esrt am 70. Tage nervSse StSrungen erlitt, war nach 3t~giger P~use wieder gebessert und ertrug weiterhin die Behandlung mit 0,2 mg/kg m-Dinitrobenzol ohne Sehaden bis zum 180. Tage, wo die chronisehe Vergiftung mit einer akuten beendet wurde. Vier weitere Hunde wurden 20, 25, 30 und 40 Tage mit 0,2 mg/kg m-Dinitrobenzokbehandelt, ohne dab die Tiere siehtbar geseh~dig~ wurden.

Die Injektion yon 0,1 mg/kg m-Dinitrobenzol konnte bei einem Hunde 122 Tage fortgesetzt werden, dann traten jedoch nervSse StS- rungen und 4 Tage spi~ter ~uch Kr~mpfe ein, und am 144. Tage starb der Hund. Ein anderer t tund wurde 8 Monate lang mit 0,1 mg/kg m-Dinitrobenzol t/iglich behandelt ohne jemals irgendwelche StSrungen zu zeigen. Sein Gewieht nahm sogar zu, wi~hrend die meisten t tunde bei der langdauernden Behandlung mit 0,2 oder 0,1 mg/kg m-Dinitro- benzol Gewicht verloren.

Bei 3 Hunden wurden nach einer 30 -bzw. 40- und 180tagigen Behandlung mit 0,2 mg/kg m-Dinitrobenzol je Tag Vergiftungen mi~ 10 mg/kg m-Dinitrobenzol durchgeffihrt. Alle 3 Tiere bekamen Kr~mpfe

34*

508

Tabelle 1.

IIund

115 101 102 103 104 105 112 113 114 120 121

122

123

124

GS 2

GS 3 GS 4

GS 5 109 110 l l l 106 107 108 104

116

117 125

127

128

MANFRED KIESE :

Xnderung de8 Gewichtes, der Blut/arbsto//~onzentration, der HEI~Z- licher In~e~ion verschiedener

Gewicht [ Blutfarbstoff in g,

~. am inn Ende

g kg

,3 7,5 17,4 15,0

,4 9,5 ,5 15,5 ,4 12,0

21 ,5 16,5

21 ~,7 8,5

9,5

,,5 23

;,6 14

~,0 9,5

',6 10,3

~,7 11,6 ~,5 8,5

14,0 12,5 6,0 4,2

12,0 7,1 19,7 16,8 6,5 4,3 8,0 4,0

10,5 10,0 18,0 15,5

17,5 20,0

26,5 21,0 22,0 20,0

19,7 17,5

16,0 . 16,4

niedrigste Konzen- tration

zu nach der Beginn ersten

Injektions- Periode

15,5 12,3 16,2 14,7 l l ,9 16,8 18,6 14,5 17,2 17,8 15,8

15,8

14,3

14,2

12,7

13,6 10,5

14,4 14,5 16,3 15,0 15,4 12,5 17,3 l l ,0

15,5

15,8 17,5

16,0

15,8

10,5 7,5

10,2 12,1 5,1

12,5 12,5 16,0 t0,5 11,5 9,0

10,7

11,0

6,5

11,2

10,5 7,3

11,3 12,6 2,2

12,1 14,0 7,6

12,5 8,5

12,0

10,1 12,5

12,7'

12,8

10,5 8,8

12,4 12,6 2,2

12,1 12,3 7,6

12,5 8,5

12,0

10,1 12,5

12,7

12,8

20 37

31 21 30 24 20 17 15 15

10

6 12

12

Pharmakologische Untersuchungen fiber m-Dinitrobenzol. I II . 509

K6rperzahl, /erner Zelt bib zum Eintritt nerv6~er St6run~en und des Todes bei ~ig- Dosen yon" m-Dinitrobenzol.

Beginn nervSser ~tSrungen

naeh Tagen

7

8

7 12 17

13

7

13

2~ 24

17 12 21 37 62 25 34 50

80

~2

Beginn ~I

Krn~:m°cP~fen [ T~dgnSnCh

Tagen I

8 24 10 8

8 (17 27

(17 17

113

22

37

74

74

28 46

17 32 12 23 29 32 37 56 66 83

25 ~ 39 64 68

48 48

Bemerkungen

Injektion nur am 1., 2., 6., 7. und 8. Tag

Injektionen 9 Tage lang

getStet

getStet Injektion nach 16Tagen beendet Injektion vom 13.--22., 26.--34., 41.--44.,

50.--52, 62.--113. Tage Unterbrochen Injektion yore 8.--14. Tag unterbrochen, am

20. Tag b eendet Injektion unterbrochen vom 9.--13., 20.--21.,

24.--26., 33.--37. Tag Injektion vom 9.--30., 38.--42. und 64. bis

74. Tag unterbrochen Injektionen vom 13.--20, 23.--25., 32.--34.,

41.--44., 50.--53., 57.--59., 61.:-74. Tage unterbrochen

Injektionen nach 27 Tagen abgebrochen Injektionen vom 24.--28., 30.--46. Tag unter-

brochen Injektionen am 17. Tage abgebrochen

Injektion vom 62.--73. Tag unterbrochen

2Monate vorher 9Tage lang mit 2mg/kg m-Dinitrobenzol t~glich behandelt, s. oben

Injektion vom 70.--73. Tage unterbrochen, danach Fortsetzung der Injektion bei gutem Zustand bis zum 180. Tage. Dann akute Vergiftung mit 10mg/kg m-Dinitrobenzol (Kri~mpfe, Tod nach 4 Tagen)

40Tage behandelt, danach Vergiftung mit 10mg/kg m-Dinitrobenzol, (leichte Kri~mpfe, fiberlebt)

20Tuge behandelt, danach Vergiftung mit 20mg/kg m-Dinitrobenzol (Kriimpfe, iiber- lebt)

25Tage behandelt, danach Vergiftung mit 20mg/kg m-Dinitrobenzol (Kr~mpfe, Tod nach 7 Stunden)

510 MAI~m~D KIESX :

t t n n d

129

118 1]9

Dosis

m g / k g

0,2

0,1 0,1

Gewich t Blu~farbstoff in g/100 ml

Z l l Beg inn

k g

15,7

16,5 9'2

a m E n d e

kg

14,5

12,5 10,8

n ied r igs t e i Ko n zen - i t r a t i o n I

zu n a c h de r I Beg inn e r s t e n I

In jek t ions - Pe r iode

18,0 13,0

14,2 11,0 16,6 15,0

a m E n d e

13,0

9,5 15,0

Tabelle 1.

Durch- schni t t -

l iche ~F:ixz- K 6 r p e r - K o n z e n - t r a t i o n

%

und 2 starben. Von 2 Hunden, die nach 20- bzw. 25tiigiger Behandlung mit 0,2 mg/kg Dinitrobenzo120 mg/kg erhielten, tiberlebte einer, wahrend

78

?5

5

%

u

- ~ ; I /%,. ~e/nzk<~ze,", ;

z , v i ,, : lJ " / \ N I P

7 zo ~- I ne//~ulocv/e/',

o c X.ok.~. . . . . . . ~<~.. "'..,- 0 2 ~ 8 8

Tage Abb . 1. ~_nderung de r K o n z e n t r a t i o n des Blu t fa rbs to f f s , H a m i g l o b i n s , tier H E I N z - K 6 r p e r u n d R e t i k u l o z y t e n nacb, m e h r f a c h e r I n j e k t i o n yon 6 m g / k g m-Din i t robenzo l . ]~und 115. 3,8 kg. m - D i n i t r o b e n z o l zu 2% in Mohn61 gel6s t s u b k u t a n inj izier t .

sank schon am ersten Tage.

der andere 7 Stunden nach der Injek- tion star~.

2. Verdnderungen des Blutes.

Bei allen angewandten Rosen und allen Tieren wurden Veri~nderungen des Blutes beobachtet . Zei tpunkt ihres Eint r i t t und ihr Ausmal~ waren yon der Dosierung abhangig. Die Ver- iinderungen des Blutes waren die glei- chen, die bei den Vergiftungen mit grSl~eren Rosen ~eintraten : Bildung yon H~INz-KSrpern, An~mie und Hamiglobinbildung. Diese t ra t abet immer mehr in den ]-Iintergrund je kleiner die taglich verabreiehte Dosis war. Nach ti~glichen Dosen unter 1 mg/kg stieg die H~miglobinkon- zentrat ion nur ganz selten fiber 0,5 g/100 ml.

Nach der Injekt ion yon 6mg /kg m-Dinitrobenzol kam es noeh zu einer ErhShung der Ha miglobinkonzen- tration. Die Wiederholung der Dosis am folgenden Tage erhShte sie noch mehr. Die Blutfarbstoffkonzentrat ion 30% der roten Zellen hat ten Hm~z-

KSrper. Die Ret ikulozyten nahmen nur wenig zu (Abb. 1).

Pharmakologische Untersuehungen fiber m-Dinitrobenzol. III. 511

Fortsetzung.)

Beginn Beginn I • ~ O I 1 nervSsel [ Tod nach

~t6iunge*] Kr~mpfen nach nach !| Tagen

Tagen " Tagen |

122 126 144

Bemerkungen

30Tage behandelt, danaeh Vergiftung mit 10mg/kg m-Dinitrobenzol (Kriimpfe, Tod nach 7 Tagen)

Injektionen am 142. Tage abgebrochen Injektionen naeh 8 Monaten abgebrochen.

Die Blutveranderungen nach taglicher Injektion yon 2,0, 1,5 und ! ,0 mg/kg waren sehr ahnlieh. Die Veranderungen der einzelnen Gr5Ben waren sehr unregelmaBig und streuten stark, so dab Unter- schiede in der Wirkung der 3 Dosen be| den nns zur Auswertung verfiig- baren Versuchszahlen nicht mit ganz berried|gender Genauigkeit erfal~t wurden. Es |st aueh auBerst schemer|g, zum Teil sogar ganz unmSglich, die Versuche durch einige Zahlenwerte zu charakterisieren, um dann aus der Mehrzahl der Versuche mit einer bestimmten Dosis einen ,,durchsehnittlichen Verlauf" der chronischen Wirkung der betreffenden Dosis darzustellen.

Wir haben aber versucht, 2 wesentliche Wirkungen der verschiedenen Dosen durch einfache Zahlen zu erfassen, und zwar die Abnahme der Blutfarbstoffkonzentration im Zeitraum bis zur ersten Unterbreehung tier Dosierung und elne ,,durchschnittliche HEI~z-KSrper-Konzen- t rat ion", die das Mittel aus den Messungen vom sechsten Tage nach Beginn der Vergiftung bis zur ersten Unterbrechung der Dosierung dar- stellt. Die Mittel dieser be|den Werte fiir die verschiedenen Dosen- grSBen sind in Tabelte 2 (S. 523) zusammengestellt. Si~d diese Werte ~uch ein gewisses MaB fiir die Starke der Wirkung einer bestimmten Dos|s, soweit sie sich in den Blutveranderungen manifest|err, so mfissen die Wirkungen dennoch an mehreren Beispielen,-deren Ablauf in Kurven dargestellt |st, beschrieben werden. Dabei sollen die Versuche mit tag. lichen Dosen yon 2,0, 1,5 und 1,0 gemeinsam beschrieben werden.

Be| 19 yon 20 Tieren dieser Gruppe nahm unter der chronischen Wirkung des m-Dinitrobenzols die Blutfarbstoffkonzentration ub. In einzelnen Fallen setzte die Abnahme sogar ziemlieh schnell ein. Immer war sie nach 5---6 Tagen erkennbar. Ihr Verlauf war verschie- den. Wahrend be| wenig mehr als der H~lfte der Tiere die Blutfarb- stoffkonzentration mit nur geringeren Schwankungen auf ihren tiefsten Wert sank wie in den Versuchen der Abb. 2 und 3, traten be| anderen Tieren starkere Schwankungen auf oder gar, wie im Versuch der Abb. 4,

5 1 2 MANFRED K I E S E :

nach einer betriichtlichen Abn~hme der Konzentrat ion eine Riickkehr auf den Ausgangswert unter der Wirkung des m-Dinitrobenzols. MuBten wegen nervSser StSrungen l~ngere Unterbrechungen in der Verab- reichung yon m-Dinitrobenzol eintreten, so wurde der weitere Verlauf der Blutfarbstoffk0nzentrat ion natiirlich aus diesem Grunde unregel- m~l~ig. Die Geschwindigkeit der Abnahme der Blutfarbstoffkonzen- t ra t ion hing yon der GrSi~e der tfiglichen Dosis ~b. Bei tfiglicher

~~ I I "Tdg/ ~5 rrujllkg l F°/~ehung l | i ~ m-Dinilnobenzol i ~dlnyehhonen i

.... --\.. 25 76 -- "

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . <

O 0 2 ~ 6 e 70 72 ;'~ 16 le 20 22 2~/ 28 26' 80 ~ 3~ 5~'

Abb. 2. 2~nderung der K o n z e n t r a t i o n des Blu t farbs tof fs , H~miglob ins , der r o t en ~ l l e n , weiBen Zellen, l~Ez~z-KSrper , R e t i k u l o z y t e n u n d des K 6 r p e r g e w i c h t s bei t~gl icher I n j e k t i o n yon 1,5 m g / k g m-Din i t robenzo l . H u n d 123. m-Din i t robenzo l zu 2% in Mohn61

gel6s t s u b k u t a n in j iz ier t .

x

• E .8 7Z

~ e e

0 0

Dosis yon 2,0 mg/kg m-Dinitrobenzol betrug sie beim Eintr i t t nerv6ser StSrungen im Mittel 5 ,0g /100ml oder 35% =[=4,6, bei 1 ,0mg/kg wurde das Mittel aus mtr 3 Versuchen durch einen ungewShnlichen Versuchsverlauf (Abb. 3) beeintrachtigt. Die beiden anderen Werte waren kleiner Ms 10 der 12 Werte der Versuchsreihe mit 1,5 mg/kg. In dem in Abb. 3 wiedergegebenen Versuch fiel die Blutfarbstoff- konzentrat ion in 33 Tagen gradlinig yon 16,3 auf 2,2 g/100 ml. Eine ~hnliche unaufhal tbare Abnahme der Blutfarbstoffkonzentrat ion wurde in keinem weiteren Versuch beobachtet .

Die Konzentra t ion der roten Zellen ~nderte sich bis auf kleine Abweichungen gleichsinnig mit der Blutfarbstoffkonzentration. Aniso-

Pharmakologische Untersuchungen fiber m-Dinitrobenzol. HI. 513

zytose und Poikilozytose geringen Grades wurde nur in 3 Versuchen beobac~ltet, Polychromasie hiiufiger. Kernhaltige rote Zellen in einer Konzentration yon etwa 1% der roten Zellen traten bei 7 Tieren auf.

In allen Versuchen wnrden an den roten Zellen Hi~INz-K6rper beobach¢et. Ihre Zahl nahm im allgemeinen 6--10 Tage lang zu und bewegte sieh dann unter Schwankungen im Bereich zwisehen 20und

Z7 II ~gl 1,o/nWkg rn- OmZrobenzol subcu/an

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g 6' /6' J

0 g t¢ g 8 l O 1 2 1 q , l g l S g O ~ g ~ Z S g a 3 0 J i ~ 3 ~ Trt a ,~

Abb. 3. ~nderung der l~onzentrat ion des Blutfarbstoff§, Hgmiglobinsl der roten Zellen, weil~en Zellen, ttElNz-KSrper, Ret ikulozyten und des K6rpergewichts bei tl~gliche~ In jek t ion yon 1,0 mgjkg m-Dinitrobenzol. Hund 110. m-Dini~robenzol zu 2% in l~ohn61

gel~st subku tan injiziert .

50% der roten Zellen. Die durehsehnittliche HWINz-KSrper-Konzen- tration betrug bei der Dosis yon 2 mg/kg 38%, bei 1,5 mg/kg 31% und bei 1,0 n~g/kg 25% tier roten Zellen (Tabelle 2). In GrSl~e und Farm ~hnelten die HE~z,KSrper denen, die unter der Einwirkung grSl3erer I)osen yon m-Dinitrobenzol gebildet wurden.

Die grSBten Unregelm~Bigkeiten zeigten die Retikulozyten in ihrer Zahl wie im Zeitpunkt ihrer stgrksten Vermehrung. Wghrend in den meisten Versuchen eine a]lmgh]iche Zunahme erfo]gte, trat in wenigen Versuchen nach einem schnellen Abfall der Blutfarbstoffkonzentration ein Anstieg der Retikulozyten bis zu 10% der roten Zellen oder gar noch hSher ein. Diesem folgte dann ein Anstieg der Konzentration der

514 I~IAS~R~D KIESE :

roten Zellen und des Blutfarbstoffs (Abb. 4). Retikulozytenkonzen- t ra t ionen yon 10 % und darfiber wurden aber nur in 2 Versuchen beob- achtet . In den anderen Versuchen bewegten sich die Retikulozyten- konzentrat ionen zwischen 1 und 3 % der roten Zellen und erhoben sich nut voriibergehend auf 5% oder wenig dariiber. Solche voriiber- gehenden Zunahmen folgten in mehreren Versuchen auf ein schnelleres Absinken der Blutfarbstoffkonzentrat ion, in anderen waren solche

16 Tdgl l, S r~/~g m-D/nitrobenzol / 75 subcutan ~,~

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/ °Z'I ~ 7 ~ - .Role Zellen

~..Weil3e Zellen ~..

2 g 10 "~ . J ~"",.

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7-a4e Abb. 4. ~nderung der Konzent ra t ion des Blut~arbstoffs, der roten Zellen, wei~en Ze]len, HEINZ-KSrper, Ret iku ]ozy ten und des ]~Orpergewichts bei t&gHcher !n jek~ion y o n

1,5 m g / k g m-Din i t robenzo l , l=[und 113. m-Din i t r oben zo l zu 2% in MohnOl gel0st s u b k u t a n inj iz ier t .

Beziehungen nicht zu erkennen. In dem in Abb. 3 wiedergegebenen Versuch erfolgte trotz der iiber~us starken Verminderung der Blut- farbs~offkonzentration kein st~rkerer Anstieg der Retikulozyten. Zu Beginn des Versuches wurde einmM eine Konzentrat ion yon 2 % der roten Zellen erreicht. I m weiteren Verl~uf blieben sie aber darunter.

Bei 10Versuchen wurden wiederholt Best immungen der osmo- tischen Resistenz der roten Zellen durchgefiihrt. Vor der Behandlung mi t m-Dinitrobenzol h~imolysierten 50% der roten Zellen in Kochsalz- 10sung ~on 3,8--3,9 g/100 ml. In 5 Versuchen t ra t Jm Laufe der chro- nischen m-Dinitrobenzol~ergiftung eine Verschiebung dieses Wertes in den Bereich hSherer Kochsalzkonzentrat ionen ein, d~ h. eine Abn~hme

Pharmakologische UntersuChungen fiber m-Dinitrobenzol. III. 515

der osmotisehen Resistenz. Besonders stark war diese in dem in Abb. 3 wiedergegebenen Versuch, wo sich der 50 %-H~molysewert yon 3,9 auf 5,6 g/100 ml Kochsa]z verschob. In den anderen Versuchen war die Abnahme der Resistenz geringer, n/imlich yon 3,8--3,9 auf 4,4 bis 4,7 g/100 ml als 50%-H~mdiysekonzentrati0n.

Die H~miglobinkonzentration wurde dureh Dosen yon 1--2 mgfkg m-Dinitrobenzol nur sehr wenig erhSht. Nur ausnahmsweise warden Konzentrat ionen zwischen 1 und 1,5 g/100 ml gemessen. Meist bewegte sieh die Konzentrat ion zwischenO,5 und 1,0 g/100 ml und war oft auch unter 0,5 g/I00 ml. ErhShungen der Verdoglobinkonzentration fiber die Norm wurden nicht beobaehtet.

Die Zahl der weiBen Zellen nahm immer zu. In einigen Versuehen war die Zunahme sogar betr/ichtlich, yon etwa 10000 Zellen je Kubik- millimeter auf 30---40000. In anderen Versuchen war sie geringer und vorfibergehend. Die Verteilung der weil~en Zellen wies gegenfiber dem Ausgangszustand keine auff~lligen Ver~nderungen auf. Die Zunahme der weiBen Zellen und ihre Schwankungen betraf vornehmlich die seg. mentkernigen Zellen, w/~hrend sieh die Konzentrat ion der Lympho- zyten nur wenig/tnderte; z. B. Abb. 2'. Stabkernige Zellen wurden nur einmal zu 10% der weil3en Zellen gefunden, sonst immer unter 7%. Die Monozyten schwankten zwisehen 1 und 3 %. Bei 4 Hunden nahmen die eosinophilen Zellen um 2 bzw. 3 und 4 % zu.

Bei der Hi~lfte der Tiere waren regelm/~13ige Bestimmungen des Bilirubingehalts des Serums durehgeffihrt worden. Drei yon den l0 Tieren wiesen im Laufe der Vergiftung eine Zunahme der Bilirubin- konzentrat ion iiber 1,5 mg/100 ml auf, die fiber die normalen Schwan- kungen hinausging,

Wurden die titglich injizierten Dosen vermindert auf 0,5, 0,2 und 0,1 mg/kg, so t ra t die Hgmiglobinbildung ganz in den Hintergrund, die anderen Ver~nderungen des ]3lutes blieben grunds/~tzlich erhalten, jedoch bestanden quanti tat ive Unterschiede. Bereits in den Versuchen mit tiiglicher Injekt ion yon 0,5 kng/kg m-Dinitrobenzol war eine Be- ruhigung im Ablauf der Ver/~nderungen wahrzunehmen und noch mehr in den Versuchen mit t/iglicher Injektion yon 0,2 mg/kg m-Dinitrobenzol (Abb. 5). Doch war der Verlauf durehaus nicht immer gleichf6rmig. Wenn auch die Blutfarbstoi 'fkonzentration im allgemeinen abnahm, so t ra t die Verminderung doch mehrfaeh in l~orm yon Krisen ein. So etwa in dem sehr langsam ablaufenden Versuch mit 0,1 mg/kg m-Dinitrobenzol t/iglich (Abb. 6). In den ersten 40 Tagen nahm die Blutfarbstoffkonzentratibn im Mittel nicht ab und sank dann im Laufe -con 12 Tagen um 2 g/100 ml ab unter gleichzeitiger Gewichts~bnahme des Hundes. In der 1Vfehrzahl der Versuehe t ra t gegen Ende der ¥er- giftungen, also mit dem Beginn nervSser St6rungen ein starkerer Abfall

516 M ~ Kiosk:

der Blutfarbstoffkonzentration ein. L~nger anhaltende Besserungen der An/~mie w/~hrend der Verabreichung yon m-Dinitrobenzol wurden bei diesen Versuchen nicht beobachtet wie in den .Versuchen [mit

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grSBeren Dosen (Abb. 4). Keins der Tiere hat te zur Zeit des Auftre~ens nervSser StSrungen oder gar beim Tode noch die gleiche Blutfarb- stoffkonzentration wie zu Beginn des Versuches. :~¢Ieist waren die Abnahmen der Blutfarbstoffkonzentration yon Vermehrungen der Reti- kulozyten begleitet oder gefo]gt, deren Konzentrat ion sich meist unter

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517

518 MANFRED KI.ESE :

3% der roten Zellen bewegte und nur selten und vorfibergehend auf 5% oder gar h5her anstieg. Der Grad der Verminderung der Blutfarb- stoffkonzentration war nur wenig geringer als in den Versuehen mit hSheren Dosen. So wurde in den Versuchen mit 0,5 mg/kg m-Dinitro- benzol t'~glich die Blutfarbstoffkonzentration im Mittel um 3,7 ~= 1,0 g je g/100 ml oder 26 ~ 7,6 % der ursprfinglichen Konzentrat ion vermin- dert, in den Versuchen mit 0,2 mg/kg um 4,0 ~ 0,4 g/100 ml bzw. 25 j= 2,7 % und in den Versuehen mit 0,1 mg/kg um 2,4 =[= 0,5 bzw. 16 ± 4,6%. Die Zusammenstellung der Werte in Tabelle 2 zeigt, dab die bei vex sehiedener Dosierung erreichte Abnahme der Blutfarbstoff- konzentration nur sehr wenig yon der GrS~e der taglichen Dosis ab- h~ngig war. So betrug die Abnahme bei taglicher Dosis yon 0,2 mg/kg 4,0 ~ 0,4 g/100ml oder 25 =~ 2,7% der Konzentrat ion am Anfang des Versuches und bei t~iglicher Dosis yon 1,5 mg/kg, also der 71/2fachen Dosis, 4,4 ± 0,8 bzw. 29 ± 4,6 %. Jedoch stand die mittlere Geschwin- digkeit der Abnahme in engerer Beziehung zur Dosis.

W~thrend die Abnahme der Blutfarbstoffkonzentration in den Ver- suehen mit 0,5 und 0,2 mg/kg m.Dinitrobenzol sowie einem der Ver- suche mit 0,1 mg/kg fortsehrit t bis der Versuch durch Unterbrechung der Injektion oder den Tod des Tieres beendet wurde, stell te sich die Zahl der HEINz-KSrper nach dem Anstieg, der 5--10 Tage duuerte, offenbar auf einen bestimmten gleichbleibenden Bereich ein. Die mitt- lere HEI~z-KSrperzahl betrug bei ti~gliehen Dosen yon 0,5 mg/kg 17 % der roten Zellen, bei 0,2 mg/kg 10% und bei 0,1 mg/kg 5%. Die HEINZ- KSrperzahl war yon der GrSl~e der taglichen Dosis abh~ngig, ihr jedoeh nicht proportional. Wi~hrend die HEI~z-KSrperzahl mit der Gr51~e der t~glichen Dosis zun~chst zunahm, wurde im Bereich hSherer Dosen der Anstieg der HEINz-KSrperzahl mit der Dosis wesentlich geringer.

Die Zahl der weil~en Zellen bewegte sich in den meisten Versuchen fiir l~ngere Zeit kaum aus den normalen Schwan](ungen heraus, nahm abet regelm~Big zum Schlusse des Versuches zu (Abb. 5 und 6). Bei dem in Abb. 6 wiedergegebenen Versueh, t ra ten wiederholt Abnahmen der wefl]en Zellen auf 3000 und 4000 Zellen//~l. In anderen chronisehen Versuchen wurde eine ~hnliche Verminderung nicht beobachtet. Aber auch in dem Versueh der Abb. 6 stieg zum Schlul3 die Zahl der weiBen Zellen an. Die Zusammensetzung der weiBen Zellen war in den Ver- suchen mit kleineren Tagesdosen ahnlich wie bei grSl3eren. Die Zu- nahmen betrafen ebenfalls vornehmlich die segmentkernigen Zellen.

In mehreren Versuchen wurden regelm~13ig Bestimmungen der osmo- tisehen Resistenz der roten Zellen durchgeffihrt. Nur in einem Versuch mit einer t~glichen Dosis yon 0,5 mg/kg wurde eine l~inger a4ahaltende Verminderung der osmotischen Resistenz beobaehtet, 50% ttamolyse- wert 4,2 g/100 ml Koehsalz gegeniiber 3,8 zu Beginn des Versuehes.

Pharmakologisel~e Untersuchungen fiber m-Dinitrobenzol. III. 519

Im Serum eines Hundes, der die t/~gliche Dosis yon 0,2 mg/kg m-Dinitrobenzol erhielt, wurde H/~matin gefunden. Bei den anderen Tieren gelang der Nachweis nicht.

3. Barn. Eiweil~, Zucker und Bilirubin wurden im Harn der Hunde nie ver-

mehrt gefunden, ebenso keine pathologischen Zellen. Dagegen war bei der H/~lfte der Tiere im Verlaufe der m-Dinitrobenzolvergiftung eine Zunahme der Ausscheidung yon Urobilinogen zu beobachten.

4. Verdnderungen anderer Organe.

Die Untersuchung der Organe ergab bei allen Tieren gewisse patho- logische Ver/~nderungen, die in ihrem Ausmal~ wechselten. Ein sicherer Unterschied z~4schen den kiirzere Zeit mit grSf~eren Dosen und l~n- gere Zeit mit kleineren Dosen behandelten Tieren war nicht nachzu- wei§en. Bei der Sektion waren bereits einige grSbere Veranderungen festzustellen: die starke H/~mosiderose yon Leber und Milz sowie in

• einigen Fallen auch der Niere und das Vorhandensein yon rotem Mark in der ganzen Lange der R6hrenknoehen. Die Lebern yon 2 Tieren, die taglich 2 mg/kg m-Dinitrobenzol erhalten hatten, liel~en auf dem Sehnitt Triibung des Parenehyms erkennen, d ie zweier anderer Tiere Mnskatnuszeichnung. Bei den meisten Tieren wurde die Gallenblase prall gefiillt mit dunkler Galle gefunden. Die Milzen aller Tiere walen groB und derb. Die histologische Untersuchung ergab bei allen Lebern morphologische Ver~nderungen. Die Struktur war umgebaut in ein- zelnen Fallen bis zur v611igen Verschiebung der normalen Struktur, daneben bestanden atrophische Bezirke. In der Leber einiger Hunde waren vereinzelt Nekrosen yon L/~ppchengr6Be vorhanden. Die Leber- zellen waren getriibt und h/~ufig dissoziiert. Leberzellen und Sternzellen enthielt~n dunkles Pigment. Die Zentren der Lappchen wiesen fein- tropfige Verfettung auf. Aul]er den Leberzellen enthielten auch En- dothelzellen feintropfiges Fett . Diese waren vielfaeh abgeschilfert. Die Sternzellen enthielten Stromareste der roten Zellen und waren iibervoll yon Eisen. ye rmehrung des Bindegewebes war nicht zu beob- aehten. Die Endothelzellen der Milz enthielten Stromareste, Pigment und groBe Mengen Eisen. In den Nieren waren die Ver~nderungen gering. Die Epithelien der gewundenen und geraden Harnkan/~lehen enthielten geringe Mengen Fet t , das in Form und Nfenge yon normalen Nieren nicht abwich. Daneben war sowohl in Epithelzellen wie im '• Zwisehengewebe Eisen abgelagert.

6. Die Wirksamkeit des m-Dinitrobenzols nach Gabe in den Magen.

Zur Priifung der Wirksamkeit des m-Dinitrobenzols nach Verab- reiehung in den Magen wurden 2 Hunden Dosen won 1,0 mg]kg - - und

520 MAN:FRED KIESE:

ffir einige Tage yon 2,0 mg/kg - - in einer Mehlabkochung t~iglich durch die Schlundsonde gegeben. Der Allgemeinzustand der Tiere blieb fiber 4 Monate gut, beide nahmen ein wenig an Gewieht zu. Die Blutfarb- s to f fkonzent ra t ion sank von 14 auf 12 bzw. yon 17 auf 15 g/100 ml Blut ab. I-IF.I~z-KSrper waren an 0 ,1--1% der roten Zellen vorhanden, die H~tmiglobinkonzentration war unter 0,5 g/100 ml. Nach 4 Monaten wurde die Dosis auf 2 mg/kg t~glieh erhSht. E i n Hund begann 5 Tage danaeh mit steifen Beinen zu laufen und bekam am folgenden Tage I~irampfe. Bei beiden Tieren wurde nach 7 Dosen yon 2 mg/kg je Tag die I)osis wieder auf 1 mg/kg je Tag erniedrigt. Nach den Dosen yon 2 mg/kg je Tag nahmen die HEINz-K6rloer auf 10--20% der roten Zellen zu, die Blutfarbstoffkonzentrat ion sank in 10--20 Tagen um weitere 3,5 bzw. 4,0 g/100 ml ab. Wahrend der folgenden Gabe ~on 1 mg/kg je Tag stieg sie im Laufe von 4 Woehen wieder auf den vorigen Wert an; die HEI~Z-KSrl0er ~mrden wieder auf Werte unter 1% der roten Zellen vermindert . In der Fo]gezeit blieb der Zustand his zum Abbrueh des Versuchs (9 Monate nach Beginn) unVerandert.

Bespreehung. Unter der langdauernden Einwirkung kleiner Dosen yon m-Dinitro-

benzol t ra ten beim Hunde keine grundsatzlich anderen Wirkungen auf als bei der akuten Vergiftung. Diese betrafen in beiden F~llen ~or- nehmlich das Blur (Knochenmark), das Zentralnervensystem und die Leber. Allerdings waren die Wirkungen an den Organen ein wenig verschieden infolge der kleinen ]Dosis und der langen l)auer. So t ra t im Blut die Hamiglobinbildung nicht mehr in den Vordergrund, weil ihre Geschwindigkeit bei den kleinen m-Dinitrobenzolkonzentrationen so ger~ng war, dab die ErhShung der H~miglobinkonzentrat ion nur eben noch feststellbar war In der Leber liefen Prozesse ab wie Atrophie und I~mbau der Struktur, die in den kurzen Zeitriiumen einer akuten Vergiftung nicht mSglich sind.

Die Gleiehartigkeit der Wirkung groBer und wiederholter kleiner I)osen l~i~t vermuten, dal~ es sich in diesem Falle um Addition yon ~ ' i rkung handelt wie wir sie bei verschiedenen Stoffen kennen und als I~iumulation bezeichnen. Die Kurven des Versuchsverlaufs , die einen st~ndigen Fortschri t t einiger Wirkungen zeigen, weisen in die gleiche l~ichtung. Die Untersachung der quant i ta t iven Beziehungen zwischen ])osis und Wirkung bringt sehlieBlich eine Best~tigung dieser Annahme.

Aber nicht a]le Ver~tnderungen waehsen fortlaufend mit der Dauer der Einwirkung einer kleinen Dosis m-Dinitrobenzol. So n immt die I-I~miglobinlconzentration im Blute nicht fortschreitend zu, sondern stellt sich auf ein Gleichgewicht ein, obwohl die H~miglobinbildung st'~ndig fortsehreitet. Die Wirkung wird bier schnell durch die Reduk-

Pharmakologische Untersuchungen fiber m-Dinitrobenzol. III. 521

tion des H~miglobins repariert. Bei der Er6rterung yon Untersuchungen fiber die Wirkung grol~er Dosen m-I)initrobenzol wurden diese Be- ziehungen bereits ausffihrlich dargestellt (Ki~sE1). Es sei aber an- gedeutet, wie. groBe Mengen H~miglobin im Laufe yon 20 Tagen unter der Wirknng yon i mg/kg m-Dinitrobenzol gebildet werden. Die H~miglobinkonzentration bewegte sich in diesen Versuehen zwischen 0,5 und 1,0 g/100 ml Blut. Bei diesen Konzentrat ionen betr~gt die l~eduktionsgeschwindigkeit des H~miglobins etwa ein Drit tel bis die H~lfte der Geschwindigkeit bei Konzentrat ionen fiber 2 g/100ml (KIES]~). Demnach ware beim Hunde eine Reduktionsgeschwindig- keit "ton etwa 1,0 g/100 ml/Stunde anzunehmen (KI]~SES). Im Laufe yon 20 Tagen wi~rden dann etwa 480 g H~miglobin je 100 ml Blur gebildet werden. Im Mittel wurde jede H~moglobinmolekel 50real zu H~miglobin oxydiert and wieder reduziert. Die Hi~miglobinbildung war also erheblich grSBer, wenn 20 Tage l'ang je 1 mg m-Dinitrobenzol injiziert wurde, als wenn 20 mg in einer Dosis angewandt wurden (480 g gegenfiber 190 g). Ein Grund ffir diese grSl~ere Ausbeute an 'l~Ii~mi- globin ist sieher der Ablauf der H~miglobinbildung bei einer hSheren H~moglobinkonzentration. Bei der Wirkung des m:Dinitrobenzols in hSherer Konzentrat ion geht die Gesehwindigkeit d e r H~miglobin- bildung info]ge VerIninderung der H~moglobinkonzentration nur wenig fiber die maximale Reduktionsgeschwindigkeit hinaus, wAhrend konzentrationsabhangige Abbau- und Ausscheidungsreaktionen bei der hSheren Konzentrat ion entsprechend schneller ablaufen und das m-Dinitrobenzol sehneller seiner Wirkung am Blutfarbstoff entziehen. Man kann hier an der Hi~miglobinbildung einen Zusammenhang klarer fibersehen, der auch ffir andere Wirkungen und Gifte gilt, n~mlich dal~ mit einer best immten Menge des Giftes mehr Wirkung - - wenn aueh vielleicht keine st~rkere Wirkung - - erzielt wird, wenn sie in mehreren kleinen Dosen verabreicht wird ats wenn sie in einmaliger Dosis zur Wirkung kommt.

Das kann fibrigens in anderen F~llen noch andere Ursaehen haben, deren ErSrterung hier zu weir fiihren wiirde, aber sie sind nicht immer so klar zu fibersehen.

Eine andere Ver~inderung sehritt ebenfalls nicht standig fort, sondern stellte sich, freilich unter Schwankungen, auf einen gleichbleibenden Wert ein: Die Zahl der HEINZ-K5rper, genauer der Anteil d e r roten Zeilen mit HEINZ-KSrpern an der Gesamtzahl der roten Zellen. Dieser Anteil wuchs mit der GrSl3e der ti~glichen m-Dinitrobenzoldosis, jedoch nicht ihr proportional, sondern in der in Abb. 7 dargestellten AbhAngig- keit. Mit steigender m-Dinitrobenzoldosis wurde die Zunahme der

1KI~SE, M.: Biochem. Z. ~16, 264 (1944).

Arch iv f t i r e x p e r i m e n t . P a t h . u. P h a r m a k o l . Bd. 206. 35

522 MANFRI~D K I E S E :

HEi~z-KSrper geringer. Die Ents tehung einer mehr oder minder gleieh- bleibenden Zahl yon HEI~z-KSrpern ist aus dem Zusammenwirken der Bildungsgeschwindigkeit und der Geschwindigkeit der Elimination der roten Zellen mit HEi~z-KSrpern anzunehmen. Daraus wird auch die Abh~ingigkeit der H]~INz-KSrperzahl yon der GrSl]e der t~glichen m-Dinitrobenzoldosis in ~ihnlieher Weise verst~indlich wie die der H~mig]obinkonzentration yon der m-Dinitrobenzo]dosis. Die Bildung

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i i a a,s zo 7,5 rruj/'kgga

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A b b . 7. A b h ~ n g i g k e i t d e r HEINZ- K S r p e r z a h l n n d d e r A b n a h m e d e r B l u t f ~ r b s t o f f k o n z e n t r a t i o n (b i s z u m A u f t r e t e n n e r v S s e r S t 6 r u n g e n ) y o n d e r Gr613e t i e r t ~ g l i c h e n D o s i s m - D i - n i t r o b e n z o l . D i e H E i N Z - K S r p e r z a h l i s t i n P r o z e n t d e r r o t e n Ze l l en , d i e A b n a h m e d e r ] 3 1 u t f a r b s t o f f k o n z e n - t r a t i o n i n P r o z e n t d e r u r s p r i i n g l i c h e n K o n z e n t r a t i o n a n g e g e b e n . D i e M a r - k e n g e b c n d i e ~Wiittelwcrte u n d d i e L ~ n g e d e r s e n k r e c h t e n S t r i c b e i h r e

S t r e u u n g a n . ooo ]~EINz-KLi rpe r , • • • A b n a h m c

d e r B l u t f a r b s t o f f k o n z e n t r a t i o n .

der HEI~Z-KSrper verl'~uft zwar nicht ganz so schnell wie die 0xydat ion des H~imoglobins zu ]-l~miglobin aber in Anbetracht der Dauer unserer chro- nischen Vergiftungen recht schnell. Naeh einer einnlaligen Dosis yon l0 mg/kg m-Dini t robenzol wurde die maximale HEIxz-KSrperzahl in 36 Stunden erreicht. Die Dauer des Anstiegs der HEl.nz-K6rper bis zu dem fiir die betreffende m-Dinitrobenzol- dosis charakteristischen Wert gibt dann ein ungef'ahres MaB fiir die Zeit, die erforderlich ist, um durch t~igliche Injekt ion yon m-Dinitrobenzol eine im Mittel gleichbleibende Konzentrat ion yon m-Dinitrobenzol im Hunde zu erreichen. Da die Hm~lz-KSrpermenge naeh 6- -8 Tagen ihren eharakteristi- sehen Wert erreichte, diirfte es 4 bis

7 Tage gedauert haben, bis die m-Dini t robenzolkonzentrat ion im Hunde so hoch war, dab die tfigliche Ausscheidung und der Abbau der t~iglichen Zufuhr gleich grog wurde. Das steht im Eink]ang mit der Beobachtung, dab eine einmalige Dosis yon m-Dinitrobenzol wesentlich lgnger als 24 Stunden wirkt.

I m Gegensatz zur Zunahme der Konzentrat ion des Hfimiglobins und der H]~INz-KSrper waren andere Ver'~nderungen fortschreitend solange m-Dinitrobenzol im Organismus vorhanden war : Die Abnahme der Blutfarbstoffkonzentrat ion und jene unbekannten Ver~tnderungen im Zentralnervensystem, die sieh in L~hmungen und Krampfen mani- festierten, wenn sie einen best immten Umfang erreieht hatten. Es muBte sieh hier also um Ver~nderungen handeln, die nur sehr langsam repariert werden konnten, jedenfalls langsamer als sic yore m-Dinitro- benzol erwirkt wurden.

Die Dauer der m-Dinitrobenzoleinwirkung bis zum Auftreten nerv6ser St6rungen stand in einer sehr einfachen Beziehung zur Gr6ge

Pharmakologische Untersuchungen tiber m-Dinitrobenzol. III. 523

Tabelle 2. Mittelwerte der Abnahme der Blut]arbstoHkonzentration und der durch- schnittlichen HEi~z-K6rperzahl bei chronischer Vergi/tung mit verschiedenen Dosen

m-Dinitrobenzol.

I T~gliche Dosis

mg/kg

2 1,5 1,0 0,5 0,2 0,1

Abnahme der Blur- I ~T~z- I farbstoffkonzen- I ~rue~ I

_ _ tration I Prozen-t ] nervSser Beginn Prozent I d e r I StSrungon

g]100 ml A des ~ ] ~X~ ] nach Tagen • wertes

5,0~0,6 35~6 38±5 9 4,4±0,8 29~4,6 31±2,4 14 6,3±3,2 37±19 25!2,2 23 3,7-4-1,0 26=J=7,6 17±1,2 40 4,0=t=0,4 25-4-2,7 10±1,2 90 2,4=~0,5 16±4,6 5 (122)

m

Bis zum Beginn nervSser StSrun-

gen injizierte Menge m-Dini-

trobenzol

mg/kg

18 21 23 20 18

(12)

der t~igliehen m-Dinitrobenzoldosis, sie war ihr umgekehrt proportional. Die nervSsen StSrungen traten auf, wenn eine Menge yon 10--20 mg/kg m-Dinitrobenzol einverleibt war (Tabelle 2). Es wurde also auch bei Verteilung der Dosis fiber 10--50 Tage keine grSBere Menge benStigt, als wenn eine einmalige Dosis verabreicht wurde. Eine Anh~ufung yon m-Dinitrobenzol and Speicherung fiber so lange Zoit kann als Ursaehe der weitgehenden Unabh~ingigkeit der Wirkung yon dem Zeitranm, fiber den sie verteilt wird, nieht angenommen werden, da selbst eine grol~e Dosis m-Dinitrobenzol in wenigen Tagen bis auf unwirksame Reste ausgeschieden oder abgebaut wird. Dagegen erfordert die ~epa- ration der Seh&den im Zentralnervensystem l~ngere Zeit. Wurde die Injektion yon m-Dinitrobenzol beim Auftreten nervSser StSrungen unterbrochen und nach Besserung sogleich wieder fortgesetzt, so traten meist schon nach wenigen Tagen erneut wieder StSrungen auf. Wir haben diese gesteigerte Empfindlichkeit ffir m-Dinitrobenzol aueh dadurch zu messen versucht, dab wir an eine Vorbehandlung mit kleinen Dosen m.Dinitrobenzol eine Vergiftung mit groBer Dosis aus- schlossen. Die Zahl der Yersuche ist aber ffir quanti tat ive Aussagen zu klein.

Die Anh~ufung yon Wirkung kann fiber lange Zeitr~ume erfolgen. So traten bei tfiglicher Injektion yon 0,1 mg/kg m-Dinitrobenzol noeh nach 126 Tagen Kr~mpfe ein. Erst bei einer t~glichen Dosis unter 0,1 mg/kg m-Dinitrobenzol kSnn~e die Wirkungsgeschwindigkeit so gering werden, dab die Anhaufung der Wirkung nicht mehr die kritische GrSl~e erreicht.

Eine Deutung der beobachteten Beziehangen zwisehen Gr5~e der ti~gliehen Dosen and der D~uer bis zum Auftreten yon Stbrungen ira Zentralnervensystem mu$ zuni~chst annehmen: dab sich eine Wirkung

35*

5 2 4 MANFRED KIESE :

summiert, weil sie langsamer repariert als gebildet wird. Diese Wirkung mun entweder bei den niedrigen Konzentrat ionen des Pharmakons eine gtinstigere Ausbeute haben als bei hohen Konzentrationen, so dan dutch diesen ~Tberschun an Wirkung die in der langen Wirkungs- dauer niedriger Konzentrat ionen auftretenden l~eparationen an Wir- kung ausgeglichen werden, oder sie mul~ die Empfindlichkeit der Zellen fiir die m-Dinitrobenzolwirkung erhOhen, also ihre ReaktionsfKhigkeit fiber die I)auer der Anwesenheit des m-I)initrobenzol hinaus ver'~ndern. Eine giinstigere Ausbeute an Wirkung mit kleinen Dosen and gr6nerer Wirkungsdauer wurde auch bei der H~miglobinbildung beobachtet. Sie ist aul]er ~mter Bedingungen, die bei der Hiimiglobinbildung er- 5r ter t wurden, auch dann ztt erwarten, wenn das Gift zur Wirkung mit irgendeiner reaktionsfiihigen Gruppe der Zelle eine reversible Ver- bindung eingeht, die also deln Massenwirkungsgesetz folgt und die ffir die Wirkung geschwindigkeitsbestimmend ist. Das ist die einfachere Annahme gegenfiber der einer Sensibilisierung durch die eigene Wirkung, die eine Ke t t e yon Reaktionen erfordert.

Die nervSsen St6rungen wurden als ein Ereignis betrachtet , das eintrit t , sobald eine bestimmte Menge Wirkung im Zentralnerven- system angesammelt war. Das Anwachsen dieser Wirkung selbst konnte freilieh nicht beobaehtet werden. Das war jedoch bei der an- deren fortschreitenden Ver~tnderung m6glich, der Abnahme der Blur- farbstoffkonzentration. In der Abb. 7 ist die mittlere Abnahme der Blutfarbstoffkonzentration bis zum Zeitpunkt des Eintri t ts nervOser StOrungen in Abh~ngigkeit yon der GrOne der tiigliehen m-Dinitro- benzoldosis dargestellt. Mit steigender tiiglicher Dosis erreichte die Abnahme der Blutfarbstoffkonzentration bei 0,2 mg/kg t~iglich einen Wert, der im Bereieh yon 0,2--2,0 mg/kg nur sehr wenig zunahm. Das bedeutet , daft fihnlich der Wirkung im Zentralnervensystem eine J~nderung der Blutfarbstoffkonzentration yon bestimmtem Ausmane yon einer bestimmten Menge m-Dinitrobenzol erzielt wurde, weitgehend unabh~ingig davon ob diese Menge in t~iglichen Dosen yon 0,2 oder 2,0 mg/kg injiziert wurde. Die Geschwindigkeit der Abnahme der ]~lutfarbstoffkonzentration war dann im Mittel der GrOne der tKglichen Dosis m-Dinitrobenzol umgekehrt proportional. Der geringe Anstieg der Kurve im Bereich yon 0,2--2,0 mg/kg ist wohl ein Man dafiir, um wieviel die ]Zeparationsgeschwindigkeit die relative Zunahme der Wirkungsausbeute mit abnehmender t~glicher I)osis fibertrifft.

In der Abb. 7 ist sowohl die Abh~ngigkeit der HEINz-KSrperzahl wie die der Abnahme der Blutfarbstoffkonzentration yon der taglichen m-Dinitrobenzoldosis dargestellt. I)er Unterschied im Ablatff der beiden Veriinderungen driickt sich auch hier bUS. Es darf wohl als sieher angenommen werden, daI3 die SchKdigungen der roten Zellen,

Pharmakologisehe Untersuchungen fiber m-Dinitrobenzol. III. 525

die sich in der ]~ildung der HEINz-KSrper manifestiert, zu einer schnel- leren Elimination dieser Zellen aus dem Blute ffihrt. Die (~berladung der l~etikuloendothelien mit Eisen deutet auf diesen vermehrten Blut- zerfall. Die Bildung der H~I~z-KSrper und die Elimination ihrer roten Zellen kommen im Laufe der chronischen m-Dinitrobenzolwirkung zu einem Gleichgewicht, wodurch die Geschwindigkeit des Abbaus roter Zellen wahrscheinlich ebenfalls auf eine im Mittel gleichbleibende GrSl3e eingestellt wird. Bei intaktem Knochenmark ist die Geschwindig-

ke i t der Regeneration roter Zellen yon der Stiirke der An~mie abh~ngig. Man sollte somit erwarten, dab bei der chronischen m-Dinitrobenzol- wirkung sich die Abnahme der Blutfarbstoffkonzentrat ion auf eine bestimmte Gr51~e einstellt, die aus den Geschwindigkeiten des Abbaus und der Regeneration der roten Zellen resultiert, Wenn durch das m-Dinitrobenzol lediglich ein vermehrter Abbau to ter Zellen bewirkt wird und das Knochenmark unvermindert ]eistungsftthig bleibt. Die Blutfarbstoffkonzentrat ion nimmt jedoch fortschreitend ab. Es mui~ demnach noch eine Beeinflussung der Regeneration der roten Zellen durch das m-Dinitrobenzo] eintreten. In ganz ungewShnliehem MaI~e dfirfte diese Wirkung in dem in Abb. 3 wiedergegebenen Yersuch zur Geltung gekommen sein, wo bei einer durcbaus nicht besonders hohen H]~Nz-KSrperzahl, im Mitre] 30%, unter Ausbleiben einer Retikalo- zytenvermehrung die Blutfarbstoffkonzentration ~ui~erst schnell ab- nahm. Wahrscheinlieh wirkt das m-Dinitrobenzol unmittelbar auf das Knochenmark, was bei einem Benzolderivat nieht fiberraschen wfirde. Es w~re aber auch denkbar, dal~ die Wirkung mittelbar fiber das Zen- tralnervensystem erfolgt, wo sich ja starke Wirkungen nachweisen ]assen. Einflfisse des Zentralnervensystems auf die Bhltbildung sind auf verschiedenen Wegen nachgewiesen worden (HnILME¥~I).

Die histolegischen Untersuebu~gen der Organe der mit m-Dinitro- benzol vergifteten Tiere zeigten in der Leber Veri~nderangen in der Struktur des Organs und der Beschaffenheit der Zellen auf, die als krankhaft zu betrachten sind, so dal~ eine Sehhdigung der Leber durch das m-Dinitrobenzol sicher anzunehmen ist. Die morphologisehen Veranderungen sind nicht zu messen und eine Beziehung zwisehen Dosis tlnd GrSl3e der Wirkung ist noch nicht auffindbar. Es ist auch nicht mSglich zu entscheiden, ob diese Ver~nderungen fortschreiten, solange m-Dinitrobenzol einwirkt oder ob sie einen Gleichgewiehts- zustand zwischen Wirkung u n d Reparation darstellen. Ebenso ist der Grad der FunktionsstSrung der Leber aus den morphologischen Ver~nderungen nicht zu erschliei~en. Die vermehrte Ausscheidung yon

t t E ~ Y ~ R , L. : I-Iandbuch der inneren Medizin, Bd. II, S. 4, Blutkrank- heiten. Berlin 1942.

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Urobilinogen ist wohl ein Hinweis auf eine gewisse St6rung, andere Anzeichen wie Erh6hung des Bilirubingehalts des Blutes waren nicht vorhanden.

Die orale Verabreichung yon 1 mg/kg m-Dinitrobenzol entspricht in ihrer Auswirkung etwa der subkutanen Injektion yon 0,1 mg/kg. Es w~re mSglich, dab dieser Unterschied der Wirksamkeit auf schleehter Resorption des Dinitrobenzols durch den Darm beruhte. Doch w~tre dann die schnelle starke ~Tirkung der tfiglichen Dosis yon 2 mg/kg schwer ~erstSndlich. Es ist wohl wahrscheinlicher, dab yon denl durch den Darnl resorbierten Dinitrobenzol ein Teil (durch Reaktion in der Leber ?) nicht zur Allgemeinwirkung kommt. Wenn die KapazitSt dieser Ablenkung beschr'~nkt ist, dann kommt bei Steigerung der Dosis fiber eine bestimmte Grenze em verh~tlt~ism~tBig gr6Berer Tell der Dosis zur V~irkung.

Fraulein WALTRAUT SCHWARTZKOP:FF habe ich fiir ihre zuverlassige ttilfe bei den Versuchen zu danken.

Zusammen/assung. Bei chronischer Vergiftung yon Hunden mit m-Dinitrobenzol durch

ti~gliche Injektion kleiner Dosen wurden gleichartige Wirkungen wie bei der Vergiftung mit grogen Dosen beobachtet : Bildung yon ttEI~Z- I~6rpern, Angmie, St6rungen im Zentralnervensystem (Lthmungen, KrSmpfe) und Leberschfiden. Die Erh6hung der H~miglobinkonzen- t rat ion war sehr gering.

Die Zunahme der Hm~z-K6rper und des ~fimiglobins erreichte im Laufe der Vergiftung einen mehr minder gleichbleibenden Wert, dessen GrSge yon der Gr6Be der tfiglichen m-Dinitrobenzoldosis abhing. l~iir die H~miglobinbildung konnte gezeigt werden, dab die Wirkungs- ausbeute einer bestimmten Menge m-Dinitrobenzol bei Gabe in kleinen I)osen fiber l~ngere Zeit gr6Ber ist als bei einmaliger Gabe.

• Die Zeit bis zum Auftreten von St6rungen im Zentralnervensystem war umgekehrt proportional der t~glichen Dosis m-Dinitrobenzol. Ffir die Erzeugung dieser St6rung wurde immer eine Menge yon 10--15 mg/kg m-Dinitrobenzol ben6tigt, weitgehend unabh~ngig yon der Zeit, fiber die diese Menge verteilt wurde. Zur Deutung dieser Zusammenh'~nge wurde angenommen, dab es bei der m-I)initrobenzol- wirkung infolge Uberwiegens der Wirkungsgeschwindigkeit fiber die Reparationsgeschwindigkeit zu einer Anhaufung yon Wirkung arch fiber liinger e Zeit kommt und dab die Wirkungsausbeute bei kleineren Dosen gfinstiger ist als bei groBen.

Die Abnahme der Blutfarbstoffkonzentration schritt w~hrend des ganzen Vergiftungsverlaufs mit einer Geschwindigkeit, die der t~glichen

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Dosis m-Dinitrobenzol im Bereich yon 0,2--2,0 mg/kg umgekehrt pro- portional war, so dab nach Einverleibung einer bestimmten Menge m-Dinitrobenzol jeweils fast die gleiche Abnahme der Blutfarbstoff- konzentration erzielt war. Zum Zeitpunkt des Eintritts nervSser StSrungen betrug die Abnahme der Blutfarbstoffkonzentration 25--35 % des Ausgangswertes. Die fortschreitende Abnahme der Blutfarbstoff- konzentration auf einen mehr minder gleichbleibenden Wert nmchte es wahrscheinlich, dab die Sch~digung der roten Zellen nicht die alleinige Ursache ffir die Entstehung der Anamie ist, und dab unmittelbare oder mittelbare Wirkungen auf das Knochenmark daran beteiligt sind. Sch~digungen der Leber waren morphologisch nachweisbar in Struktur- ver~nderungen, Atrophie, ~%krose, ¥erfettung und Trfibung sowie H~mosiderose. St~rkere FunktionsstSrungen wurden nicht beob- achtet.