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Gestik Was ein Fotograf bei Interviews mit Politikern erlebt – und was er ihnen rät MEDIEN 46 Optik Welche Rolle das Design im modernen Wahlkampf spielt KAMPAGNE 28 www.politik-kommunikation.de Helios Media GmbH | ISSN 1610-5060 | Ausgabe 06/11 | Oktober 2011 | 7,20 Euro Ihre Strategien, ihre Ziele Think-Tanks

politik&kommunikation_10_2011

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politik&kommunikation ist das einzige deutsche Fachmagazin für politische Kommunikation. Es bietet eine professionelle Plattform für die Diskussion aktueller Themen und Trends und berichtet unabhängig und parteiübergreifend über Kampagnen und Köpfe, Techniken und Methoden.

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GestikWas ein Fotograf bei Interviews mit Politikern erlebt – und was er ihnen rät MEDIEN 46

OptikWelche Rolle das Design im modernen Wahlkampf spielt KAMPAGNE 28

www.politik-kommunikation.de Helios Media GmbH | ISSN 1610-5060 | Ausgabe 06/11 | Oktober 2011 | 7,20 Euro

Ihre Strategien, ihre Ziele Think-Tanks

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pol it ik&kommunikat ion | Oktober 20112

Inhalt

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18 TaktikDie neuen deutschen Denkfabriken ste-hen für einen Umbruch: Sie sind längst zu modernen Dienstleistern geworden – und ihr Einfluss auf die Politik wächst weiter.

28 OptikDie neuen Kommunikationskanäle bedeuten Herausforderungen für das politische Design – aber auch neue Möglichkeiten. Höchste Zeit, dass die Parteien darauf reagieren.

46 GestikMarco Urban erzählt, was er als Fotograf mit Politikern erlebt – und was er sich von ihnen wünscht. Außerdem erklärt er, warum er bei jedem Interview auch die Hände fotografiert.

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26 Kompakt28 Zeit für Experimente Die Parteien müssen ihr Design der modernen Kommunikation anpassen

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34 Kompakt

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36 Rhetorik

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38 Kompakt40 Die entfesselte Politik Wie die Ansprüche der Bürger die politische Kommunikation verändern von Thymian Bussemer42 Der Krieg, den die Zeitungen

brachten p&k Historie – Teil 5: Der amerikani-

sche Bürgerkrieg von Marco Althaus44 Demut und Dolchstoß Beobachtungen zur Rhetorik Karl-

Theodor zu Guttenbergs von Heinrich Detering46 Wenn Hände sprechen Was ein Fotograf bei Interviews mit

Politikern erlebt von Marco Urban50 Bücher und TV

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8 Meldungen Kein Bock auf Blog, Lobby kritisiert Regierungs-PR

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12 Mehr Demokratie wagen? Pro und Kontra

von Petra Pau und Hans-Peter Uhl14 Parteilos, unabhängig, erfolgreich In Deutschland gibt es immer mehr parteilose Bürgermeister 16 Die Spielchen der Mächtigen In Parteien regieren intransparente

Eliten – das schwächt die Demokratie von Marco Bülow

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18 Perfekt vernetzt Think-Tanks gewinnen im politischen System zunehmend an Bedeutung20 „Die Welt ist schneller geworden“ SWP-Direktor Volker Perthes im p&k-

Interview22 „Es gibt noch Baustellen“ p&k sprach mit Andrea Ypsilanti über

das Institut Solidarische Moderne24 Das Gesetz des Monats Das Verordnungsstrukturgesetz von Jana Grühn

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52 Die Karrierekurve Martin Biesel54 Merkels Tafelrunde p&k nimmt für Sie die Sitzordnung

am Kabinettstisch unter die Lupe56 Mein Lieblings… p&k befragt Bundestagsabgeordnete

nach dem, was ihnen lieb ist58 Personen und Karriere Ehemalige Staatssekretäre wechseln, Matussek wird Cheflobbyist64 Ossis Welt Das Politikbilderbuch66 Gala Die wichtigsten Events71 Politikkalender Die Top-Termine im Oktober72 Porträt in Zahlen Georg Streiter

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3 Redaktionstagebuch5 Liebling des Monats6 Das Lobbyregister wird kommen Essay von p&k-Chefredakteur

Sebastian Lange74 Letzte Seite

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Dem kürzlich verstorbenen Humo-risten Loriot verdanken wir vieles – auch einen wichtigen Beitrag zur deutschen Debattenkultur, näm-lich die wegweisende Rede des Abgeordneten Werner Bornheim, die auch Edmund Stoiber übrigens stets als Richtschnur seiner Rheto-rik gedient hat. Ein Auszug aus Bornheims Rede: „Meine Damen und Herren, Politik bedeutet, und davon sollte man

ausgehen, das ist doch – ohne darumherum zu reden – in An-betracht der Situation, in der wir uns befinden. Ich kann meinen politischen Standpunkt in wenige Worte zusammenfassen: Erstens das Selbstverständnis unter der Voraussetzung, zweitens, und das ist es, was wir unseren Wählern schuldig sind, drittens, die kon-zentrierte Beinhaltung als Kern-stück eines zukunftsweisenden

Parteiprogramms. Wer hat denn, und das muss vor diesem hohen Hause einmal unmissverständlich ausgesprochen werden. Auch die wirtschaftliche Entwicklung hat sich in keiner Weise. Das kann auch von meinen Gegnern nicht bestritten werden, ohne zu ver-kennen, dass in Brüssel, in London die Absicht herrscht, die Regie-rung der Bundesrepublik habe da – und, meine Damen und Herren,

warum auch nicht? Aber wo haben wir denn letzten Endes, ohne die Lage unnötig zuzuspitzen? Da, meine Damen und Herren, liegt doch das Hauptproblem. Bitte denken Sie doch einmal an die Al-tersversorgung. Wer war es denn, der seit 15 Jahren, und wir wollen einmal davon absehen, dass nie-mand behaupten kann, als hätte sich damals – so geht es doch nun wirklich nicht!“

Liebling des Monats: Loriot

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4 pol it ik&kommunikat ion | Oktober 2011

Kompakt

Der SPD-Politiker Bernhard Reuter, frisch gewählter Landrat im Kreis Göt-tingen, irritierte im Wahlkampf. „Wer Rot-Grün will, wählt Bernhard Reuter“ prangte es auf Anzeigen und Internet-bannern, die komplett in Grün gehalten waren – und den Plakaten seiner grünen Konkurrentin zum Verwechseln ähnlich sahen. Die Grünen, die im Kreistag mit der CDU koalieren, fanden diese Aktion überhaupt nicht lustig und drohten der SPD mit einer Urheberrechtsklage. Der lokale Streit schlug Wellen bis in den Bundestag: Thomas Oppermann, Par-lamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion und Vorsitzender der Göttinger Sozialdemokraten, versicherte, dass die Genossen künftig auf solche Manöver verzichten.

Kompakt

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Die SPD warb in Göttingen auffallend grün

Blick in einen Newsroom: Regionale Journalisten nehmen Blog-Einträge kaum zur Kenntnis

Whistleblower können sich in Deutschland nur selten auf betrieb-liche Rahmenregelungen stützen, wollen sie gegen rechtswidriges und unmoralisches Verhalten von Füh-rungskräften vorgehen. So lau-tet eines der Ergebnisse einer Stu-die des Whistleblower-Netzwerks zu Betriebs- und Dienstvereinba-rungen, durchgeführt im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung. Ausge-wertet wurden 32 betriebliche Ver-einbarungen aus den vergangenen drei Jahren. Die meisten Regelungen drehten sich um die Bekämpfung von Korruption zu Lasten der eige-nen Firma. Das Thema Whistleblo-wing gewinne an Relevanz, heißt es.www.boeckler.de

WHISTLEBLOWING

Kaum Regeln

Polit-Journalisten in den Ländern neh-men Blogs offenbar kaum zur Kennt-nis. Zu diesem Ergebnis kommt eine Stu-die der Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation. Die For-scher haben jetzt erste Zwischenergeb-nisse der Studie veröffentlicht, die Arti-kel von Zeitungen und Blogs im zeitli-chen Umfeld der sieben Landtagswahlen des Jahres 2011 untersucht. Die Wissen-

schaftler haben überprüft, wie häufig politische Journalisten Blogs zitieren. Das Ergebnis: Gerade einmal 5,7 Prozent aller in der Studie untersuchten Beiträge von regionalen Printmedien beziehen sich auf Webtagebücher. Umgekehrt verwei-sen Blogs in ihren Berichten noch selte-ner auf die klassischen Medien, hier sind es bloß 0,6 Prozent der Fälle. „Es gibt in den untersuchten Ländern kaum regi-

onale Blogs, die die politische Diskus-sion spürbar beeinflussen“, sagte Tho-mas Horky, Journalistikprofessor an der Macromedia-Hochschule, zu p&k. Die Meinungsmacher seien weiterhin die tra-ditionellen Medienhäuser. Es gebe aller-dings Blogs, die durchaus zu einer breite-ren Öffentlichkeit durchdringen würden, etwa „Lummaland“ oder der „Wahlbeo-bachter“, beide aus Hamburg.

JOURNALISMUS

Kein Bock auf Blog

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Zwar ist der Chef des Deutschen Gewerkschafts-bunds (DGB), Michael Sommer, Mitglied der SPD – eine Empfehlung für die Sozialdemo-kraten will er bei der nächsten Bun-destagswahl aber nicht abgeben. Das erklärte Sommer jetzt in einem Inter-view mit dem „Hamburger Abend-blatt“. Der DGB sei „parteipolitisch unabhängig“, eine Wahlempfehlung „ein Rückschritt, den ich nicht will“, so Sommer. Wähler bräuchten „keine Wahlhilfe“. Allerdings machte der Gewerkschafter auch deutlich, dass es ihm nicht egal ist, wer SPD-Kanzler-kandidat wird. „Er oder sie sollte fähig sein, Wahlen zu gewinnen und das schon einmal bewiesen haben.“ Bereits bei der Bundestagswahl 2009 verzich-tete der DGB auf die noch vor weni-gen Jahren nahezu selbstverständli-che Wahlempfehlung, ebenso wie die Gewerkschaft Verdi. Das Verhältnis zur SPD, so Sommer, sei heute „kon-struktiv, kritisch, voneinander unab-hängig, aber miteinander bemüht“.

Mit dem EU-Parlameter des ZDF können sich Internet-Nutzer seit Anfang September über das Abstim-mungsverhalten von Abgeordne-ten informieren. Die Nutzer kön-nen die Parlamentarier dabei nach Herkunftsland, Geschlecht, Berufs-gruppe und Alter auswählen. Neben einem Profi l, dem Lebenslauf, einer Aufl istung der politischen Ämter und den Kontaktdaten sind die Voten der Parlamentarier zu einzelnen poli-tischen Themen aufgelistet. Mit dem Online-Tool will das ZDF das Interesse und das Verständnis der Bürger für euro-

päische Politik fördern. „Nur wer Politik versteht, kann sich eine Meinung bilden“, so ZDF-Online-Chef Eckart Gaddum.

ONLINE-PLATTFORM

Was im EU-Parlament läuft

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LEAKING

In der Vertrauenslücke

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DGB empfi ehlt nicht

Das Vertrauen potenzieller Whistleblo-wer in Wikileaks ist nach dem Daten-leck-Skandal der Plattform erschütert. Die Chancen der neuen Plattform Glo-baleaks, Anhänger zu fi nden, sind also nicht gering. Die Pläne für Globaleaks hat der Darmstädter Software-Entwick-

ler Seif Lotfy im August vorgestellt. Bei dem Projekt handelt es sich jedoch nicht um eine eigene Whistleblower-Plattform, sondern vielmehr um einen Quellcode. Noch befi ndet sich die Software aller-dings in der Entwicklungsphase.www.globaleaks.org

Micheal Sommer

Das EU-Parlameter macht Politik transparenter

Wikileaks steht nach Daten-Panne in der Kritik: Ist die Ära der Whistleblowing-Plattformen schon wieder zu Ende?

Die Zahl der Think-Tanks in Europa steigt: Verliert die wissen-schaftliche Politikberatung an Einfl uss?

SPD erzielt Erfolge bei Landtagswahlen: Hat die Partei schon zu alter Stärke zurückgefunden?

Politiker fordern Vereinigte Staaten von Europa: Braucht es mehr große Visionen, um etwas zu bewegen?

Kohl, Schmidt und Fischer kritisieren ihre Nachfolger: Verstoßen sie gegen die guten Sitten der Politik?

EXPERTEN-

TIPP

Wolfgang Ismayr(Uni Dresden)

Uwe Jun(Uni Trier)

Ulrich vonAlemann

(Uni Düsseldorf)

Karl-Rudolf Korte (Uni Duisburg-

Essen)

Wichard Woyke(Uni Münster)

Peter Lösche(Uni Göttingen)

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6 pol it ik&kommunikat ion | Oktober 2011

Kompakt

UMFRAGE

Lobby kritisiert Regierungs-PR

DROHUNG

Henkels Protestpartei

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Interessenvertreter sind unzufrieden mit der Öffentlichkeitsarbeit der Bun-desregierung. Das zeigt eine Umfrage der Berliner Agentur MSL Deutsch-land. 58 Prozent der Befragten beurtei-len die Kommunikation der Koalition als schlecht, weitere 20 Prozent als sehr schlecht und lediglich 22 Prozent als gut. „Im Vergleich zum Vorjahr ist die Unzu-friedenheit deutlich angestiegen“, sagt Axel Wallrabenstein, Chairman von MSL Deutschland. 2010 hielten ledig-lich zwölf Prozent der Befragten die PR-Arbeit der Regierung für sehr schlecht – und immerhin 31 Prozent für gut. Für Wallrabenstein ist das jedoch kein Beleg für eine grundsätzliche Skepsis gegenü-ber Schwarz-Gelb. „Die Public-Affairs-Verantwortlichen trennen zwischen Leistung und Kommunikation.“ So seien rund 60 Prozent der Meinung, dass die Regierung den wirtschaftlichen Auf-schwung eingeleitet habe. Ein weiteres Ergebnis der Umfrage: Im Vergleich zum Vorjahr setzen mehr Interessenvertreter auf Mailings und Soziale Netzwerke, um ihre politischen Kontakte zu pflegen. An der Umfrage nahmen 50 Lobbyisten teil.www.mslgroup.de

Die Mehrheit der FDP-Wähler ist männ-lich, ein überdurchschnittlicher Anteil beruflich selbständig. Das geht aus der Studie „Die Wählerschaft der FDP 2001-2010“ hervor, welche die FDP-nahe Fried-rich-Naumann-Stiftung nun präsen-tiert hat. So waren bei der vorigen Bun-destagswahl 25 Prozent der FDP-Wäh-ler selbständig, den geringsten Anteil machten Arbeiter und Beamte aus. Der Männeranteil lag ein Drittel über dem der Frauen. Das Fazit des Studienautors Thomas Volkmann: „Die Wähler-schaft ist nicht auf ein bestimmtes Milieu begrenzt“. Außerdem zeige sich, dass „die FDP-Wähler sich an Inhalten orientie-ren und lanfristig thematische Klarheit honorieren“. www.freiheit.org

ANALYSE

Klarheit lohnt Hans-Olaf Henkel, ehemaliger Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie, hofft auf eine eurokritische Partei. Wie er in einem Gastbeitrag für das „Handelsblatt“ deutlich machte, sei eine solche aus seiner Sicht der einzige Weg, die europäische Währung vor dem Scheitern zu bewahren. „Da unsere Par-teien nicht zur Vernunft kommen wol-len, müsste eine neue Partei ihnen Beine machen“, schrieb Henkel. In einem Inter-view mit „n-tv.de“ sagte Henkel zudem, er wisse, dass seine Positionen von rech-ten Parteien zitiert würden. „Für mich ist das ein Warnsignal: Wenn man über län-gere Zeit die Bedenken der Deutschen nicht ernstnimmt, darf man sich nicht wundern, dass die Rattenfänger immer erfolgreicher werden.“

Im Sozialen Netzerk Google+ sind Pseudonyme verboten. Dagegen protestierten 28 Netzaktivisten mit einem Offenen Brief. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Jimmy Schulz unterzeichnete auch. Mit Schulz sprach p&k-Mitarbeiter Thomas Trappe.

Herr Schulz, wollen Sie nicht wis-sen, mit wem Sie es bei Diskussio-nen zu tun haben?Jimmy Schulz: Doch, aber darum geht es nicht. Es gibt Leute, die wollen ano-nym bleiben, andere mögen die offene Auseinandersetzung. Und beide Sei-ten müssen das Recht haben, frei zu entscheiden, wie sie sich verhalten.Welche Gefahr sehen Sie darin,

Pseudonyme zu verbieten?Grundsätzlich sehe ich dadurch nicht die Mei-nungsfreiheit in Deutschland bedroht. Das ist aber nicht die Frage. Bloß darf

im Internet keine Sonderregel gelten. Ich darf Briefe ohne Absender abschi-cken, in der Telefonzelle bin ich auch anonym. Und das ergibt Sinn: Es gibt einfach Situationen, in denen man verständlicherweise anonym blei-ben will. Zum Beispiel der Beamte im Ministerium, der im Netz an politi-schen Debatten teilnimmt. Oder ein politischer Flüchtling aus Arabien, der über Facebook einen Aufstand in seinem Heimatland unterstützt. Eine Namensnennung wäre hier lebensge-fährlich.Hat Google schon auf den Brief reagiert?Noch nicht. Ich hoffe ja nicht nur auf eine Antwort, sondern vor allem auf eine Änderung der Nutzungsbedin-gungen.Herr Schulz, waren Sie selbst eigentlich schon mit Pseudonym im Netz unterwegs? Ja, selbstverständlich.

INTERVIEW

„Keine Sonderregel für das Internet“

Jimmy Schulz

Wie bewerten Sie die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung in den letzten zwölf Monaten?

Quelle: Studie MSL

keine Angaben

Sehr schlecht

SchlechtGutSehr gut

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2231

5855

2012

O O

Wie Lobbyisten mit Volksvertretern kommunizieren

(Alle Angaben in %. 2011 verglichen mit 2010)

SonstigeSocial Media und

Web 2.0 Elemente

Politische Salons,

Parlamen-tarische Abende

Podiums-diskus-sionen

News-letter

Regel-mäßige Mailings

Persönliche Treffen m. relevanten politischen Entschei-

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Kompakt

Gut, dass es Versicherungen gibt.

HIER REAGIERT DAS VOLK.Über 70 Millionen Mal wurden Lebensversicherungen als Altersvorsorge gewählt.

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Die Hamburger Grünen spielen mit dem Gedanken, ihren Namen zu ändern. Bislang firmiert der Ham-burger Landesverband als Grün-Alternative Liste (GAL). 1980 als eigenständige Partei gegründet, schloss sich die GAL erst 1984 den Grünen an. Der Name ist seitdem erhalten geblieben. Gerade bei jun-gen Zugezogenen ruft das aber zunehmend Irritationen hervor. Diese würden oftmals vergeblich nach den Grünen auf dem Wahlzet-tel suchen, so die GAL-Vorsitzende Katharina Fegebank. Die Ham-burger Grünen können so nur einge-schränkt vom positiven Bundestrend der Partei profitieren. Eine Kommis-sion soll nun bis Herbst 2012 einen Vorschlag für die künftige Bezeich-nung der Landespartei vorlegen, kündigte die GAL an.hamburg.gruene.de

GAL HAMBURG

Unverwechselbar

Horst Seehofer hat es geschafft: Er wird in einer Reihe mit den ganz Großen genannt. Bill Clinton, Arnold Schwarzenegger – und Horst Seeho-fer, der bislang eher in einer Reihe mit Edmund Stoiber und Ulla Schmidt genannt wurde. Der US-Präsi-dent Clinton, der sich als Vermittler im fest-gefahrenen Nahost-Friedensprozess profi-liert hat, der Termina-tor Schwarzenegger, der als Gouverneur die grüne Revolu-tion in Kalifornien ausrief – und der bayerische Ministerpräsident, der – ja was eigentlich? Achso, der laut eige-ner Aussage immerhin Karl-Theodor zu Guttenberg erfunden hat. Wer sich nun wundert, wie es Seehofer in die Reihe dieser internationalen A-Prominenz geschafft hat, dem sei verraten, dass es

wenig mit seinem poli-tischen Lebenswerk und viel mit seinem Privat-leben zu tun. Monica Lewinski, Mildred Patri-cia Baena und Anette Fröhlich – so heißen die Frauen, mit denen die drei Schauspie-ler, Verzeihung, Politi-ker fremdgegangen sind. Das Plakat, auf dem die drei zusammen zu sehen sind, gehört folgerich-tig zu einer Werbekam-pagne des Seitensprung-Portals „AshleyMadi-son.com“. Schade, aber

irgendwie auch egal. In der Politik ist schließlich jedes Mittel recht, um sich als Mann von Welt und Format zu posi-tionieren. Und in Berlin gibt es durch-aus Politiker, denen im kommenden Bundestagswahlkampf ein bisschen internationales Renommé ganz gut tun würde. Von Seehofer lernen, heißt in diesem Fall siegen lernen.

Aufgedeckt: Mann von Welt

In bester Gesellschaft: Seehofer

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Pol i t ik

Die Spielchen

der Mächtigen

In Fraktionen und Parteien regieren INTRANSPARENTE ELITEN, die Ämter unter sich

ausmachen. Die Institutionen der Demo-kratie sind geschwächt – doch entwickelt sich

zunehmend eine Gegenöffentlichkeit.

VON MARCO BÜLOW

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In unserem politischen Alltag offenbart sich eine Reihe von Symptomen, die auf das hindeuten, was die Politikwissen-schaftler als Postdemokratie bezeichnen – eine Demokratie,

in der politische Eliten mithilfe einiger Medien und einflussrei-cher Unternehmen allein die Agenda bestimmen, und in der die eigentlichen demokratischen Institutionen massiv an Einfluss verlieren.

Wir erleben es im Parlament regelmäßig, dass das Abnicken ohne ausgiebige oder gar strittige Diskussionen für die Regie-rungsfraktionen immer mehr zur Routine wird. Die Ökonomi-sierung der Politik verfestigt sich zunehmend, und die Politiker, vor allem die Basisgruppen der Parteien, verlieren ihre politi-schen Gestaltungsspielräume.

Immer wieder hat die Bundesregierung die Mitwirkungs-rechte des Bundestags, des eigentlichen Gesetzgebers, miss-achtet – eine Entwicklung, die sich seit vorigem Jahr eher ver-schlimmert als verbessert hat. Der Euro-Rettungsschirm, die Verhandlungen zur Etablierung eines permanenten Stabilitäts-mechanismus für die Eurozone, die Vorgänge um die Laufzeit-verlängerungen der Atomkraftwerke oder die Einsetzung einer Ethikkommission zum Atomausstieg sind nur einige von unzäh-ligen Beispielen. Beim Rettungsschirm hat die Bundesregierung wochenlang taktische Spielchen gespielt, um dann unausgego-rene Vorschläge ohne ausreichende Beratungszeit durch den Bundestag zu peitschen. Bei den Verhandlungen über den Sta-bilitätsmechanismus ist sie ihrer Informationspflicht gegenüber dem Parlament viel zu lange nicht nachgekommen und hat ver-hindert, dass der Bundestag ausreichend eingebunden wurde.

Die Debatten über die Atompolitik sind exemplarisch: Als die Regierung die Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke im Herbst 2010 verlängerte, wurde der Opposition nicht genü-gend Beratungszeit eingeräumt, die Aussprachen im Umwelt-ausschuss waren eine Farce und der Dimension und Wichtig-keit des Themas nicht angemessen. Einer zeitlich viel zu knapp

bemessenen Anhörung folgten zwei Sonder-ausschuss-Sitzungen, in denen die Regie-rungsfraktionen ihr Mehrheitsrecht über-strapazierten und nur eine Diskussions-runde zu dem gesamten Themenkomp-lex zuließen. Dies hatte definitiv eine neue Qualität. Anstand bewies hier auf Regierungsseite lediglich Bun-destagspräsident Norbert Lammert, der der Regierung vorwarf, die Atomgesetze zu schnell durch das Parlament gepeitscht zu haben. Er sprach von „Zumutung“ und „man-gelnder Sorgfalt“. Mutig war dies vor allem deshalb, weil er als CDU-Mitglied selbst zu einer Regierungs-fraktion gehört und wegen dieser Aussage sicher nicht viel Beifall von seinen Kollegen erhalten hat.

Gewissen aufgegeben?

Auch nach Fukushima, als die Regierung zwar verbal eine Kehrtwende bei ihren ei-genen Positionen vornahm, gab es leider kein Umdenken bei der Gestaltung des demo-kratischen Willensbildungsprozesses. Wieder regierte ein enger Zeitplan, und wieder sollte das eigentliche Entscheidungsgremium, das Parlament, am Ende nur die Vorschläge der Regierung abnicken. Er-arbeitet wurde diese Entscheidung dagegen in der Atom-kraft-Ethikkommission, in der kein einziger Parlamentarier ver-treten war.

Ich habe nichts gegen die Beratung durch Wissenschaft-ler, Ökonomen und Unternehmensvertreter. Doch gibt es dafür Anhörungen, in denen wir, die Abgeordneten, die Fragen stel-len und mit den Fachexperten diskutieren können, anstatt uns am Ende die Antworten vorgeben zu lassen. Ich kann nicht ver-stehen, wie die gewählten Volksvertreter der Regierungsparteien sich durch solche Gremien oder aufgrund angeblicher Zeitnot immer wieder freiwillig entmündigen lassen und am Ende die fremdbestimmten Vorgaben auch noch brav abnicken. Gerade bei der Atomdebatte wird doch offensichtlich, wie wenig die Abgeordneten ihrem Gewissen folgen. Entweder hatten Frakti-onsmitglieder von Union und FDP bei der Laufzeitverlängerung ihr Gewissen vollständig aufgegeben oder sie taten es, als sie im Sommer die Kehrtwende beschlossen haben.

Wenn der Bundestag und die Abgeordneten wieder zur Ent-scheidungsmitte in diesem Land werden wollen, müssen sie sich selbst ernst nehmen und das Parlament gegenüber der Exeku-tive stärken. Dazu gehören mindestens eine bessere Ausstat-tung mit wissenschaftlicher Expertise und genügend Beratungs-zeit bei Gesetzesvorhaben. Dazu gehört auch, dass Experten zu Anhörungen eingeladen werden, die die Abgeordneten bei Ent-scheidungen beraten und nicht selbst die Vorlagen erarbeiten.

Doch nicht nur in den Fraktionen, sondern auch in den Par-teien regieren weiterhin kleine intransparente Eliten, welche die Spitzenfunktionen und Ämter unter sich ausmachen. Es ist zur Routine geworden, dass zahlreiche Politiker auf diesem Weg Vor-

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sitzende ihrer Parteien und Fraktionen werden. Einmal von der Spitze vorgeschlagen, könnten die Parteien dem Bewerber nur um den Preis massiver Schäden ihre Zustimmung verweigern.

Steinbrück hochgejubelt

Statt offener Kandidaturen und Diskussionen entscheidet die Hinterzimmerdiplomatie. In der SPD gab es zaghafte Bestre-bungen, dies nach der harten Wahlniederlage zu ändern. Doch Neuerungen und Parteireformen blieben häufig in der Ver-suchsphase stecken. Neben den wenigen Politik-Akteuren spie-len auch einige Medien mit im Machtkarussell. Da werden Po-litiker wie Peer Steinbrück zu Kanzlerkandidaten hochgejubelt, bevor die betroffene Partei darüber ernsthaft diskutiert. Häufen sich diese Lobhudeleien, oder wird ein Name für eine wichtige Funktion nur häufig genug ins Spiel gebracht, wird aus dem me-dial erkorenen Favoriten automatisch ein aussichtsreicher Kan-didatenaspirant. Genauso werden mögliche Kandidaten runter-geschrieben, womit sie unter Druck geraten und eventuell sogar ihre Favoritenrolle verlieren. Die Meinungsforschungsinstitute tun ihr Übriges. Sie allein treffen die Auswahl, wer in Umfragen als möglicher Konkurrent beispielsweise gegen Angela Merkel

gestellt wird. Die eigentlichen Entscheider, die Parteimitglieder, werden so von ihren Spitzen und der medial erzeugten Stim-mung gleich doppelt entmündigt.

Sicher haben wir es noch selbst in der Hand, den Einfluss-verlust von Abgeordneten und Parteien insgesamt einzudäm-men und eine generelle Gefährdung unserer parlamentari-schen Demokratie abzuwenden. Einerseits schreitet zwar die „Postdemokratisierung“ voran, andererseits erleben wir zunehmend eine Gegenöffentlichkeit.

Die Bevölkerung spürt, dass etwas schief läuft. Viele zie-hen sich politisch völlig zurück und bleiben selbst bei Wah-len zu Hause. Andere werden aktiv, beteiligen sich, orga-nisieren Proteste, unterschreiben Petitionen oder wenden sich an die Mandatsträger. Auch in meinem Büro haben die Anfragen und Gesprächswünsche von Bürgern und von kleinen Initiativen in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.

Zaghafte Bemühungen

Es gibt zudem immer mehr Medienvertreter, die die Situation im Parlament – sei es nun der Lobbyismus oder die Entmach-tung der Fraktionen – kritisch hinterfragen und öffentlich ma-chen. Vor allem der Lobbyismus ist im vergangenen Jahr immer häufiger unter die Lupe genommen worden. Aber die journalis-tische Kritik weist die Bürger immer mehr auch auf die Gesamt-problematik hin. Schlagzeilen wie: „Steht auf, wenn ihr freie Abgeordnete seid!“ oder „Die Bundesregierung treibt die Ent-mündigung des Parlaments voran“ häufen sich. Auch der Ein-fluss von Initiativen wie Lobby-Control, Transparency Internati-onal und Campact nimmt zu. Dies beweist zum Beispiel die Dis-kussion über die Veröffentlichungspflicht der Nebeneinkünfte von Abgeordneten. Nach ersten Plänen sollte es eine „Bagatell-Grenze“ von 10.000 Euro pro Jahr geben. Die Organisationen haben zu Recht auf die Gefahr der Verschleierung von Einkom-men bei einer solchen Regelung hingewiesen, einen beispiello-sen Protest organisiert und so dafür gesorgt, dass die Regelung noch einmal überarbeitet wird.

Es weist nichts darauf hin, dass die zweite Hälfte der Legis-laturperiode anders werden wird. Vor allem die europäischen Vorlagen werden die Entscheidungsfreiheit des Bundestags wei-ter massiv einengen. Aber es gibt immer mehr Abgeordnete, die zumindest einige Regeln für Lobbyisten und auch für sich selbst aufstellen wollen, und die beginnen, die Entwicklung als Problem zu erkennen. So gab es zum Thema Lobbyismus und Transparenz der Abgeordneten schon einige Vorlagen im Bun-destag, die die Regierungsfraktionen allerdings alle ablehnten. Nun sind diese ersten Bemühungen noch zaghaft, und zu Recht werden Kritiker einwenden, dass sie nur erste Schritte sind und sich erst in Regierungsverantwortung beweisen wird, wie reformwillig die Oppositionsfraktionen wirklich sind. Aber ein Anfang ist gemacht.

Marco Bülowist sozialdemokratischer Abgeordneter des Deutschen Bundestags. Der direkt gewählte Vertreter des Wahlkreises Dortmund I veröffentlichte im vergangenen Jahr das Buch „Wir Abnicker – über Macht und Ohnmacht der Volksvertreter“.

Blick in den Plenarsaal des Deutschen Bundestags: H

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Perfekt vernetztOffen, modern, im ständigen Austausch mit der Basis: Die neuen

deutschen THINK-TANKS zeigen, wie die Zukunft der deutschen Politikberatung aussieht. Viele etablierte Denkfabriken

müssen sich umstellen. Sie wissen: Die Zeiten akademischer Elfenbeintürme sind vorbei.

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VON JOHANNES ALTMEYER

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H ier also arbeitet die nächste Genera-tion der deutschen Politikeinflüste-rer: hoch über den Dächern Berlins,

in lichtdurchfluteten Büroräumen mit kahlen, weißen Wänden; auch die obli-gatorischen Apple-Rechner dürfen nicht fehlen. In der achten Etage eines Büro-hauses am Potsdamer Platz sitzt die Stif-tung Neue Verantwortung (SNV). Schon mit dem Design ihrer Räume hat die SNV ein Zeichen gesetzt. Sie will zeigen, wie der Think-Tank arbeitet: offen für den ge-sellschaftlichen Wandel, und vor allem transparent. Die 2008 gegründete SNV ist eine von 30 in den vergangenen zehn Jah-ren gegründeten deutschen Denkfabri-ken, unter denen sich einige Institute mit unorthodoxen Beratungs-Ansätzen fin-den. Sie tragen Namen wie „Zentrum für gesellschaftlichen Fortschritt“, „Branden-burgisches Institut für Gesellschaft und Sicherheit“ oder „Institut Solidarische Moderne“. Die Arbeitsschwerpunkte va-riieren, das Budget und die Zahl der Mit-arbeiter auch. Doch haben sie eines ge-meinsam: Sie stehen für einen Umbruch. Denn die Zeiten, in denen Politikbera-ter öffentlichkeitsscheu arbeiteten und über Themen von vorgestern nachdach-ten, sind vorbei. Die Denkfabriken sind längst zu modernen Dienstleistern ge-worden – und ihr Einfluss auf die Politik wächst weiter.

Schöne Papiere reichen nicht

„Entschuldigen Sie bitte die Unordnung“, sagt SNV-Vorstandssprecher Lars Zim-mermann. Mit „Unordnung“ meint er einen – mit Ausnahme eines Tischs und ein paar Stühlen – leeren Büroraum, in dem er sich mit seinem Laptop proviso-risch eingerichtet hat. Die Stiftung be-reite gerade eine Abendveranstaltung in ihren Räumen vor, da müsse er schauen, wo er arbeiten könne. Zimmermann sieht nicht aus wie ein grauer Theoretiker, eher wie ein McKinsey-Berater: sport-liche Figur, eleganter Anzug, modische Kurzhaarfrisur und ein gewinnendes Lä-cheln. Als Gründungsgeschäftsführer war der 36-Jährige maßgeblich am Auf-bau der SNV beteiligt, die heute von einer Gruppe von rund 20 Unternehmen und Stiftungen getragen wird. Die Motive für die Gründung der Stiftung sind auf deren Webseite zu lesen: „In Deutschland fehlt

es an einem professionellen Think-Tank, der neue Ideen in den öffentlichen Dis-kurs über die Zukunft unseres Landes einbringt.“

Zimmermann sagt, dass die Grün-dung der SNV ein „Experiment“ gewe-sen sei. Eine Erkenntnis war für ihn damals ausschlaggebend: Die wichtigen Zukunftsthemen ließen sich nicht mehr auf einzelne Politikfelder begrenzen. Ein Beispiel sei die aktuelle Krise des Euro: Diese betreffe nicht nur die Finanz-, son-dern auch die Außen- und Wirtschafts-politik. Die SNV hat ihre Arbeitsweise an dieser Komplexität ausgerichtet. In ihren derzeit zwölf Forschungsgruppen bringt sie bereits etablierte Experten („Fellows“) und Nachwuchstalente („Associates“) aus Politik, Verbänden und Medien zusam-men. Die Themen ihrer Projekte reichen von „Cybersecurity“ bis zum „Führungs-verständnis in Deutschland“. Das Insti-tut ermuntert die Fellows dazu, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren, es unterstützt sie dabei, Diskussionsrunden zu veranstalten, Netzwerke zu knüpfen und Forschungsergebnisse zu publizie-ren. Eine geschickte Strategie: Auf diese Weise werden die Fellows zu gefragten Gesprächspartnern – und zu Botschaf-tern der SNV. Zimmermann: „Wir zielen auf die Themen und auf die Führungs-kräfte von morgen.“ Der SNV-Sprecher sieht keinen Sinn mehr darin, dass Think-Tanks eine Gruppe von Wissenschaftlern in einen Raum sperren, um diese über ein Problem nachdenken zu lassen: „Die Zei-ten akademischer Elfenbeintürme sind vorbei“, sagt Zimmermann. Moderne Denkfabriken müssten praxisorientiert arbeiten und sich überlegen, was die Poli-tik wolle. „Schöne Papiere alleine rei-chen nicht mehr, es kommt auf verbind-liche Ansagen und Angebote zur Partizi-pation an.“

Auch andere neue Denkfabriken wol-len die Theorie stärker mit der Praxis ver-zahnen, zum Beispiel das Institut Soli-

darische Moderne, kurz ISM, das im ver-gangenen Jahr seine Arbeit aufgenom-men hat.

Anders als die überparteiliche Stif-tung Neue Verantwortung ist das ISM ein advokatorischer Think-Tank und poli-tisch klar links positioniert. Auch das ISM setzt darauf, neue Ideen in Netzwer-ken zu erarbeiten und weiterzuverbrei-ten. Hier geschieht das allerdings nicht durch Fellows und Associates, sondern schlicht durch die „Mitglieder“. Mittler-weile haben sich rund 1500 Menschen in ganz Deutschland dafür entschieden, an dem Projekt mitzuarbeiten. Vorausset-zung: Sie müssen bereits in einer ande-ren Institution aktiv sein, beispielsweise einer Partei, Gewerkschaft oder Nicht-regierungsorganisation. „Wir wollen die Mitglieder unseres Instituts – samt ihrer Kompetenzen – miteinbeziehen“, sagt ISM-Vorstandsmitglied Andrea Ypsilanti im p&k-Interview. Dieser neue Ansatz brauche jedoch Zeit und neue wissen-schaftliche Richtlinien. So soll ein eige-ner Verhaltenskodex, der „ISM-Code“, regeln, wie sich die 1500 Aktivisten mit ihren Ideen in Diskussionen einbringen können.

Die „Think-Tanker“ kommen

Neben der alltäglichen Arbeit will das In-stitut, in dessen Vorstand neben Ypsilanti auch der Grünen-Politiker Sven Giegold und die Linken-Bundestagsabgeordnete Katja Kipping sitzen, vor allem mit sei-ner jährlichen „Summer Factory“ punk-ten. Das Ziel der dreitägigen Sommeraka-demie ist es, in Workshops Ideen zu ent-wickeln – und diese im Anschluss der Öf-fentlichkeit zu präsentieren.

„Dem ISM ist die Quadratur des Krei-ses gelungen“, sagt Dieter Plehwe vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozi-alforschung (WZB). Plehwe beschäf-tigt sich seit Jahren mit dem Einfluss der Denkfabriken und hat Ende August die Webseite „Think Tank Network Research“ gestartet. Mit dieser will er Wissenschaft-ler und Journalisten über die Netzwerke informieren, in denen sich deutsche und europäische Think-Tanks austauschen. Der WZB-Forscher sagt, dass es das ISM geschafft habe, eine üblicherweise eli-täre Organisationsform mit demokrati-scher Partizipation zu verbinden. „Was die Arbeitsstruktur, die Beteiligung der Mitglieder und die mediale Strate-

„Schöne Papiere alleine reichen nicht mehr, es kommt auf verbindliche Ansagen und Angebote zur Partizipation an“

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gie angeht, hat das ISM einen spannen-den und neuen Weg eingeschlagen“, sagt Plehwe. Das Hineinwirken in die Öffent-lichkeit ist für den Politikwissenschaftler eines der Erfolgsgeheimnisse der Think-Tanks neuen Typs. Als genauso wichtig schätzt er aber auch die einzelnen Mitar-beiter der Denkfabriken ein: die „Think-Tanker“, wie Plehwe sie nennt.

„Das Anforderungsprofil an die Mit-arbeiter in politikberatenden Stiftun-gen und Instituten hat sich in den ver-gangenen Jahren radikal verändert“, sagt der Kommunikationsberater Daniel Flo-rian, der die Entwicklung der deutschen Denkfabriken mit seiner Webseite „Think Tank Directory“ verfolgt. Letztlich sei hier ein neuer Berufszweig entstanden. Florian: „Die ‚Think-Tanker’ sind mit-tlerweile hochspezialisierte Politikbera-ter. Sie können wissenschaftlich arbeiten, schwierige Materie in leicht verständli-che Sprache übersetzen und sie wissen, wie sie in den Medien auftreten müs-sen.“ Für Florian ist die neue Profession ein Beleg seiner These, dass die „Think-

Tanks“ längst zu „Do-Tanks“ geworden sind, zu praxisnahen Akteuren, die offen-siv für ihre Ideen eintreten. Was aber hat sich verändert in den vergangenen Jah-ren? Was hat die Institute zum Umden-ken veranlasst?

Neue Themen, neue Denker

„Die Think-Tanks haben sich mit der di-gitalisierten Gesellschaft, in der wir mit-tlerweile leben, lange Zeit schwer getan“, sagt Florian. Zugespitzt bedeutet das: Sie mussten schlichtweg Angst haben, als veraltet zu gelten, als wissenschaftli-che Dinosaurier. Doch die Denkfabriken haben die Zeichen der Zeit erkannt. „Frü-her haben sie dicke Studien verschickt, die jeder sofort weggelegt hat.“ Mittler-weile setzten die Stiftungen und Institute auf E-Mail-Newsletter und kurze, ver-ständliche Politikbriefe, die man schnell durchlesen könne. „Ideal für die Taxifahrt zum Flughafen“, sagt Florian.

Die Denkfabriken profitieren davon, dass die Gesellschaft sich immer stär-

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„Die Welt ist schneller geworden“

p&k: Herr Professor Perthes, was zeichnet für Sie einen guten Think-Tank aus?Volker Perthes: In erster Linie eine wissenschaftli-che Forschungstätigkeit, die sich in praktische und politisch-inhaltliche Empfehlungen umsetzen lässt. Das unterscheidet einen Think-Tank von einem akademischen Institut, wo zwar auch gedacht und geforscht wird, es aber diese praktische Dimension nicht gibt. Gleichzeitig grenzt sich ein Institut wie die SWP mit seiner Arbeitsweise auch von einer Beratungsfirma ab, die zwar politische Ratschläge geben kann, aber keine wissenschaftlich fundierte Basis hat.In den vergangenen Jahren hat es einen starken Anstieg von Denkfabriken gegeben. Was sind die Gründe?Es hat sich ein Markt für Politikberatung entwickelt, und das meine ich nicht nur im kommerziellen Sinn.

Politiker, die Rat brauchen, wenden sich mit ihren Fragen oft nicht mehr an ein Ministerium oder eine Fraktion, sondern an einen externen Berater. Dazu kommen eine Vielzahl privater Stiftungen, die nicht mehr nur fördernd, sondern auch politikberatend tätig sein wollen. Es gibt also Bedarf, der viel mit der gestiegenen Komplexität im politischen Umfeld zu tun hat.Die SWP gilt als einer der profiliertesten Think-Tanks in Deutschland – und als einer der elitärsten. Wie oft hören Sie den Vorwurf, im Elfenbeinturm zu sitzen?Dieser Vorwurf taucht hin und wieder auf. In der täglichen Arbeit spüren wir das jedoch nicht. Unsere Ansprechpartner in der Politik wissen, dass wir die Expertise haben, die sie suchen, dass wir uns aber auch auf die einlassen, die im Maschinenraum ste-hen – beziehungsweise auf der Kommandobrücke.

Wie haben sich die politischen Anforderun-gen an die Stiftung verändert?Der Bedarf an außen- und sicherheitspolitischer Beratung hat zugenommen. Das hängt mit der größeren Rolle Deutschlands in der Außenpolitik zusammen. Es gibt dort größere Erwartungen an uns. Die Welt ist komplexer geworden, schneller – die Politiker brauchen mehr Rat. Think-Tanks haben in den USA eine längere Tradition als in Deutschland. Wodurch unter-scheiden sich die Denkfabriken der beiden Länder?In den USA verfügen die Denkfabriken über mehr privates Geld als hierzulande. Dazu kommt, dass amerikanische Think-Tanks eher bereit sind, par-teipolitische Aufträge anzunehmen. Sie schreiben zudem Parteiprogramme oder wirken an diesen mit. In Deutschland versuchen Denkfabriken, stets das gesamtgesellschaftliche Interesse im Blick zu haben.Die US-Denkfabriken gelten als Personalpool bei einem Regierungswechsel. Sollte es auch in Deutschland mehr Austausch zwischen der Politik und der Wissenschaft geben?Ich finde diesen Austausch, wie er in den USA zu beobachten ist, hilfreich. Wenn auch nicht in dieser radikalen Form. Es ist gut, wenn die Expertise aus den Think-Tanks in die Politik fließt, und sich die Forscher in der Praxis bewähren können.

Volker Perthes, 52, ist Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik. p&k sprach mit ihm über den steigenden Einfluss deutscher Think-Tanks und akademische Elfenbeintürme.

Stiftungen, Institute, Zentren und Ge-sellschaften: Die Think-Tank-Landschaft in Deutschland ist breit gefächert. Wer beraten will, darf dies in der Regel auch tun – eine staatliche Kontrollinstanz fehlt. Einer der wichtigsten Gründe dafür ist die unklare Definition einer Denkfab-rik: Ist sie staatlich finanziert oder privat? Forscht sie interessen- und parteige-bunden oder unabhängig? Besteht die Möglichkeit, Mitglied zu werden, oder kann man lediglich als Sympathisant mitarbeiten? Der US-amerikanische Think-Tank-Experte James McGann nennt drei wesentliche Charakteristika, die eine Denkfabrik auszeichnen: eine wissen-schaftliche und politiknahe Forschung, ein zeitlich nicht begrenztes Beratungs-angebot sowie das Ziel, als unabhängige Stimme zwischen akademischen, politi-schen und gesellschaftlichen Akteuren zu vermitteln.

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Video-Botschaft, dass das Institut eine komplett eigenständige und unabhän-gige Forschungseinrichtung sei.

Im Forschungsalltag will das Institut jedenfalls ganz auf eines der wichtigsten Merkmale der neuen Denkfabriken set-zen: die Kooperation. Die Wissenschaft-ler haben vor, sich nicht allein auf die aka-demische Welt zu beschränken, sondern gezielt mit der Öffentlichkeit in Kontakt zu treten. Unter anderem wollen sie Work-shops und öffentliche Seminare anbieten sowie alle Ergebnisse im Internet veröf-fentlichen. Auch die „Weisheit der Mas-sen“ will der neue Think-Tank nutzen: Das Institut plant Projekte, bei denen sich Internet-Nutzer für einen begrenzten Zeitraum zusammenschließen und an der Forschung beteiligen können.

Der „Schwarm“ als ultimatives Think-Tank-Netzwerk. Gut möglich, dass Google, der Konzern, der ein Gros der gesellschaftlichen Veränderungen durch das Internet ausgelöst hat, nun auch den deutschen Denkfabriken vormacht, wie vernetztes Denken aussieht.

ker beschleunigt. In den vergangenen Jahren wichtiger gewordene Fragen der digitalen Kommunikation wie Urheber-recht, Open Government oder Informa-tionsfreiheit standen gerade bei den par-teinahen Einrichtungen lange Zeit nicht auf der Agenda. Die Think-Tanks nutz-ten das aus, verstärkten sich gezielt mit jungen Experten und können sich nun als versierte Berater für Ministerien und Fraktionen präsentieren. Auch das neue „Institut für Internet und Gesellschaft“, das vom Suchmaschinengiganten Google finanziert und im Oktober seine Arbeit aufnehmen wird, will sich auf eine von der Politik lange ignorierte Frage kon-zentrieren: Welche Konsequenzen hat die weltweite digitale Vernetzung für unsere Gesellschaft? Das neue Institut will Antworten finden, die Voraussetzun-gen dafür sind bestens: Google finanziert das auf drei Jahre angelegte Projekt mit 4,5 Millionen Euro und konnte zum Start gleich vier renommierte Partner gewin-nen: die Humboldt-Universität, die Uni-versität der Künste, das Wissenschafts-

zentrum Berlin für Sozialforschung und das Hans-Bredow-Institut für Medienfor-schung in Hamburg.

Ein von Google gegründetes Insti-tut forscht über die Auswirkungen der modernen Technologien auf die Gesell-schaft? Kritiker befürchten, dass die neue Denkfabrik Studien erarbeiten soll, die vor allem ein Ziel haben: die Interessen des Internetriesen in Deutschland zu stärken. Google versucht, diesen Vorwurf zu entkräften: Als die am Institut betei-ligten wissenschaftlichen Einrichtungen Mitte Juli über die zukünftige Arbeit des Think-Tanks sprachen, betonte Goog-les Verwaltungsratschef Eric Schmidt via

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„Es gibt noch Baustellen“

p&k: Frau Ypsilanti, ist das ISM ein klassi-scher Think-Tank?Andrea Ypsilanti: Wir selbst bezeichnen uns nicht so. In der Regel sind Think-Tanks in ihren Möglich-keiten begrenzt, weil sie durch ihren Auftrag an eine Institution gebunden sind, die beraten werden will. Wir dagegen sind von niemandem beauftragt. Unsere Gründung war eine politische Entscheidung der Gründungsmitglieder, gemeinsam über eine solidarische Gesellschaft nachzudenken. Deshalb nennen wir uns nicht Think-Tank, sondern Pro-grammwerkstatt.Durch was zeichnet sich die Arbeit des Insti-tuts aus?Wir wollen mit vielen politischen Akteuren einen Diskurs und eine Debatte über ein zukünftiges politisches Konzept führen. Dazu haben wir die Methode des „Crossover“-Ansatzes gewählt. Das

heißt: Im Institut Solidarische Moderne arbeiten die progressiven politischen Parteien, Wissenschaftler, Gewerkschaftsmitglieder sowie Mitglieder von Nichtregierungsorganisationen und Zivilgesell-schaft zusammen.In seinem Gründungsaufruf fordert das ISM einen ‚neuen Politikentwurf‘. Konnten Sie den liefern?Unser Anspruch ist nicht, schnell etwas auf den Tisch zu legen. Wir haben erst einmal an Methoden und Regeln gearbeitet, um diesen Prozess des „Crossover“-Ansatzes produktiv zu gestalten. Wir haben an unsere Arbeit einen wissenschaftlichen Anspruch: Transparenz und Partizipation. Das braucht Zeit.Das ISM hat rund 1500 Mitglieder. Eine be-achtliche Zahl für eine Denkfabrik.Wir setzen auf solidarisches Arbeiten – und zwar in

gegenseitigem Respekt vor unterschiedlichen Posi-tionen. Wir wollen die Mitglieder unseres Instituts – samt ihrer Kompetenzen – miteinbeziehen. Dazu braucht es Regeln und neue Methoden, die wir im vergangenen Jahr erfolgreich erarbeitet haben.Spüren Sie, dass die Basis ungeduldig wird?Ja, viele Mitglieder wollen mehr Ergebnisse sehen. Das ist verständlich, denn oft führen wir einen Kampf gegen die Zeit – zum Beispiel in der Kli-madiskussion. Deswegen haben wir bei unserer „Summer Factory“ Mitte September auch ein umfangreiches Papier zum sozial-ökologischen Umbau vorgelegt.Gibt es in Deutschland eine Skepsis gegenü-ber Think-Tanks?Ich denke schon. Bei einigen ist sie auch begrün-det, weil die Arbeit eben nicht transparent ist und ganz offensichtlich nur Ergebnisse im Sinne des Auftraggebers produziert. Der Vorteil für diese Institutionen ist, dass sie finanziell abgesichert sind. Wir dagegen wollen unabhängig arbeiten. Die Beiträge der Mitglieder und deren Spenden finanzieren uns.Reicht das für die tägliche Arbeit aus?Wir könnten viel mehr Projekte starten, wenn wir mehr Geld hätten. Wir arbeiten noch daran, unsere finanziellen Ressourcen durch Spendenwerbung zu verbessern. In unserem Gründungsaufruf steht: Fragend schreiten wir voran. Und so ist es auch, es gibt durchaus noch Baustellen.

Andrea Ypsilanti, 54, ist Vorstandssprecherin der Denkfabrik Institut Solidarische Moder-ne. p&k sprach mit ihr über unabhängiges Arbeiten und ungeduldige Mitglieder.

„Die Think-Tanks haben sich mit der digitalisierten Gesellschaft, in der wir mittlerweile leben, lange Zeit schwer getan“

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VON FLORIAN RENNEBERG

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Zu den Klängen von David Bowies Song „Heroes“ steigt der künftige Bundeskanzler Gerhard Schröder

am Abend des 27. September 1998 auf die Bühne vor dem Erich-Ollenhauer-Haus in Bonn. Dort, vor der damaligen Partei-zentrale der Sozialdemokraten, lässt sich der Sieger der Bundestagswahl von sei-nen begeisterten Anhängern feiern. Eine Hand zum Schröder-typischen Victory-

Politik noch nicht gesehen hatte. „Ein Meilenstein“, schwärmen Experten noch heute. Selbst die „New York Times“ fand damals lobende Worte für die SPD-Kam-pagne.

Medienwirkung war alles

Das Design des SPD-Bundestagswahl-kampfs 1998 schien die Verwandlung vor-weg zu nehmen, die die deutsche Poli-tik in der Berliner Republik vollziehen

Zeichen geformt, winkt der Spitzenkandi-dat in die Menge. Im Hintergrund leuch-tet eine blaue Wand mit rotem Punkt, der das Schlagwort der „neuen Mitte“ symbo-lisiert. Das klassenkämpferische Rot der Sozialdemokraten ist zu einem Acces-soire geworden, es fügt sich in einen Mar-kenauftritt ein, den die Partei seit mehr als einem Jahr kontinuierlich aufgebaut hat. Pünktlich zum Ende der betulichen Bonner Jahre konzipierte die Werbeagen-tur KNSK ein Design, wie es die deutsche

Kampagne

Zeit für ExperimenteDie neuen Kommunikationskanäle stellen die Politik vor Herausforderungen. Es ergeben sich völlig neue Ansprüche an POLITISCHES DESIGN – aber auch neue Möglichkeiten. Höchste Zeit, dass die Parteien darauf reagieren.

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sollte: amerikanischer, moderner und medial perfekt inszeniert. „Die Partei hat 1998 verschiedene Medienkanäle, Wahl-kampfphasen und Organisationstypen erstmals systematisch zusammengeführt und professionalisiert“, sagt Thomas Pe-tersen vom Institut für Demoskopie Al-lensbach. Damals sei das Verhältnis von Optik und Inhalt komplett gekippt: „Vor-her hieß es, Medienwirkung spiele für die Wahlentscheidung gar keine Rolle, nach-her war Medienwirkung plötzlich alles“,

so der Experte für visuelle Kommunika-tion.

Seitdem tritt die Entwicklung des politischen Designs jedoch auf der Stelle. Seit der Bundestagswahl 1998 hätten die Parteien sogar – bis auf wenige Ausnah-men – einen Rückschritt in die 1960er Jahre gemacht, urteilt Detmar Karpinski, Geschäftsführender Gesellschafter von KNSK: „Da war eine Menge Schrott dabei.“ Die Parteien stehen vor einem grundlegenden Problem: Sie machen Jahr

für Jahr in jedem Wahlkampf dasselbe Angebot. Die Union versuchte bis in die jüngste Vergangenheit, mit Werten und Wirtschaft zu punkten, die SPD wirbt mit dem Versprechen sozialer Gerech-tigkeit, die FDP verspricht mehr Netto vom Brutto, und die Grünen setzen sich als Garanten einer nachhaltigen Entwick-lung in Szene.

Vor der Bundestagswahl 2013 steht die deutsche Politik vor einer Herausfor-derung. Die Parteien müssen sich auf viel

Politisches Design in seiner Vielfalt

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Kampagne

diffuseren Kanälen vermarkten. Online- und Offline-Elemente, Anzeigen, Pla-kate und Webseiten müssen optisch mit-einander verknüpft sein. Das Design ist ein entscheidender Baustein: „Die Par-teien müssen ihre Markenidentität durch einen extrem hohen Wiedererkennungs-wert au�auen“, sagt Thomas Petersen. Dafür seien klar verständliche Botschaf-ten wichtig: „In der visuellen Umsetzung ihrer Kampagnen sollten die Parteien auf größtmögliche Klarheit, Erkennbar-keit und Einfachheit setzen.“ Nur so wird es künftig möglich sein, sich in der Flut von Informationen, visuellen Reizen und politischen Angeboten von der Konkur-renz abzusetzen – und die Wähler an die Urnen zu locken.

Bis dahin steht den Parteien viel Arbeit bevor. Die neuen Herausforde-rungen der Politik gehen mit Umwälzun-gen in der Medienlandschaft einher. „Die Innovationsrhythmen werden schnel-ler, die Aufmerksamkeitsspanne verkürzt sich – deshalb müssen Parteien kontinu-ierlich unverwechselbar kommunizie-ren“, sagt Kajo Wasserhövel, ehemaliger Wahlkampfmanager der SPD. Um dar-auf auch im Design reagieren zu kön-nen, muss der bisherige Produktionspro-zess umgekehrt werden. „Die Corporate Identity der Parteien wird künftig immer über das Netz geprägt, um das Tempo zu halten“, prognostiziert Wasserhövel, der heute Geschäftsführer einer Agentur für Strategieberatung ist.

Sinnliche Erfahrungen

Eine Entwicklung hin zum Primat des Online-Designs hält auch Oliver Zeis-berger für dringend notwendig: „Bislang richtet sich das Webdesign der Parteien zu stark nach dem Design der Printpro-dukte“, so der Geschäftsführer der auf Online-Kommunikation spezialisier-ten Agentur Barracuda. Da bleibe wenig

berger. Das Leinenmuster, das den Hin-tergrund der SPD-Webseite bildete, ist anschließend sogar in den Offline-Wahl-kampf eingeflossen – als Hintergrund für Wahlplakate.

In den USA beginnen viele Politi-ker zwei Jahre vor einer Wahl damit, im Netz ein einheitliches Erscheinungsbild zu etablieren. Für Zeisberger eine zeit-gemäße und vorausschauende Art, mit politischem Design zu arbeiten. Zuerst müssten Politiker entscheiden, wie die Wähler sie wahrnehmen sollen, dann erst könnten die Werbeprofis ein passgenaues Online-Design entwickeln: „Entschei-dend ist, das Design von den Inhalten herzuleiten, für die ein Kandidat steht.“ Das machte auch das erfolgreiche Design der Obama-Kampagne im US-Präsident-schaftswahlkampf 2008 aus. Beispielhaft dafür steht das berühmt gewordene blau-weiß-rote O – das Logo der Kampagne.

Politisches Design im Online-Zeitalter ist jedoch längst mehr als Farbe, Schrift-art und Fotoauswahl. Nutzerfreundlich-keit hat sich zu einem unverzichtbaren Design-Baustein entwickelt. „Die Desi-gner müssen sich ständig hinterfragen, ob sie es nicht noch einfacher und über-sichtlicher machen können“, sagt Zeis-berger. Ein Design, das diese Ansprüche erfüllt, müsse deshalb vor allem für die Mitglieder in den Bezirks-, Kreis- und Ortsverbänden nutzbar sein, so der Bar-racuda-Chef. „Die beste Corporate Iden-tity kann am fehlenden Handwerkszeug vor Ort scheitern.“ An eine gelungene politische Symbolik formuliert er deshalb den Anspruch: „Sie muss unzweifelhaft mit Partei und Kandidat zusammenhän-gen, flexibel einsetzbar und für alle Betei-ligten nutzbar sein.“

Für die Polit-Designer bringt das Web 2.0 auch Fallstricke mit sich. „Für Parteien ist es extrem schwierig, einen klar defi-nierten Markenkern mit einem einheit-lichen Erscheinungsbild online durch-

FORM FOLGT INHALT

Der leuchtend weiße Halbkreis im Inneren des Buchstaben gleicht einem Sonnenaufgang, das Blau und die roten Streifen komplettieren die amerika-nischen Nationalfarben. Die Botschaft ist klar: Obama ver-körpert einen Neuanfang in der amerikanischen Politik.

Personenwahlkampf: Die Union setzte bei der Bundestagswahl 2009 auf ihre Minister Die neue Mitte: neue Wähler durch neues Design?

Raum, um einen eigenen, den Inhalten entsprechenden Look zu etablieren. Das Design werde stattdessen oft durch große Pixelflächen in der Parteifarbe bestimmt. Dass es anders geht, hat Zeisberger mit seiner Agentur beim Online-Auftritt der nordrhein-westfälischen SPD bei der ver-gangenen Landtagswahl bewiesen: „Dort haben wir die Webseite an einer Stelle mit einer digitalen Kreidetafel bestückt, an anderen Stellen Worte in einer Koh-lestift-Optik unterstrichen.“ Das Ziel: die Webseite grei�ar und wiedererkennbar zu machen. „Im Idealfall lässt das Design einer Webseite beim Nutzer sinnliche Er-fahrungen im Kopf entstehen“, so Zeis-

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zusetzen, weil die Parteibasis mit den interaktiven Medien völlig neue Spiel-räume hat und somit Einfluss nimmt“, gibt Coordt von Mannstein, Chef der gleichnamigen Werbeagentur, zu beden-ken. Dabei ist gerade die Gesamtstrate-gie für einen wirksamen Werbeauftritt entscheidend: „Die Botschaften werden in den neuen Medien schnell verwässert – deshalb spielt die signalhafte Wieder-erkennbarkeit, das Gesamtdesign politi-scher Kommunikation eine immer grö-ßere Rolle.“

Florett oder Säbel

Das Wahljahr 2011 war für die Parteien ein willkommener Testlauf. In sieben Bundesländern – in Stadtstaaten und Flächenländern, in Ost und West – fan-den Landtagswahlen statt. Jede Partei fand sich mal in der Rolle des Heraus-forderers, mal in der als Regierungspar-tei. Zwei Jahre vor der nächsten Bundes-tagswahl sind das ideale Bedingungen, um Instrumente zu testen, Trends zu be-stimmen und die Ergebnisse auszuwer-ten. „In basisnahen Landtagswahlkämp-fen zeigt sich, wie stabil eine Partei in-haltlich und optisch aufgestellt ist“, sagt von Mannstein. Der Professor für vi-suelle Kommunikation warnt jedoch davor, erfolgreiche Design-Elemente aus dem Landtagswahlkampf eins zu eins in den Bundestagswahlkampf zu über-tragen. Es mache einen Unterschied, ob der Wahlkampf sich in der Stadt oder auf dem Land abspielt: „Plakate in Schwarz-Weiß-Ästhetik können Sie in Großstäd-ten machen. Auf dem Land kommen die nicht an.“ Auch Schriftart und Schrift-größe müssten immer wieder aufs Neue an den Kandidaten und die Botschaft an-gepasst werden: „In Semantik und Typo-graphie drückt sich aus, ob Sie Politik mit dem Florett oder mit dem Säbel machen“, so von Mannstein.

Der Werber glaubt, dass das Design der Parteien im Herbst 2013 von großer Bedeutung sein wird. Die Grünen könn-ten dann von ihrer passenden Corpo-rate Identity profitieren: „Themen, Werte und Personen stimmen mit dem Design überein“, sagt von Mannstein. Die Partei-farbe könnte sich als großes Plus erwei-sen. Die kleinen Parteien sprechen eine bestimmte Klientel an – ein eindeutiges Erscheinungsbild ist dabei unabdingbar. Das geht so weit, dass der grüne Hambur-

dem charakteristischen Gelb und Blau setzt sich die Partei von der Konkurrenz ab“, sagt Coordt von Mannstein. Wenn die Stimmung für die Partei schlecht ist, gerät der Wiedererkennungseffekt aller-dings zum Nachteil. In diesem Fall müsse man die traditionellen Farben etwas ver-nachlässigen, so von Mannstein. Wie das funktionieren kann, war Anfang des Jah-res in Hamburg zu beobachten. Im Wahl-kampf setzten die Liberalen zwar auf Gelb und Blau – stellten jedoch das Blau in den Vordergrund.

Show, don’t tell

Dass das Vertrauen in die etablierten Par-teien zunehmend verloren geht, könnte bedeuten, dass im Bundestagswahlkampf die Kandidaten in den Vordergrund rü-cken. Die Union hat bereits 2009 auf ihr Spitzenpersonal gesetzt. Das Konter-fei der Kanzlerin und der Minister präg-ten die Plakate, dazu ein blauer Hinter-grund und kurze, knackige Slogans. Die SPD hat in den Landtagswahlkämpfen dieses Jahres ebenfalls weitestgehend auf das traditionelle Rot verzichtet. In den Wahlkämpfen in Hamburg und Berlin kam die Farbe – bis auf das Parteilogo – kaum vor. Für Detmar Karpinski ergibt es durchaus Sinn, auf die immer wiederkeh-renden Motive und Farben zu verzich-ten. Er stellt einen anderen Anspruch an modernes Design: „Die Menschen müs-sen sich und ihre Bedürfnisse in den Pla-katmotiven wiedererkennen“, sagt der KNSK-Chef. Das sei der Berliner SPD ge-lungen. Die Plakate erklären dem Wäh-ler nicht mit Slogans, wofür die Partei steht, sondern vermitteln ihm ein Gefühl dafür – show, don’t tell. Die minimalisti-sche „Berlin-Verstehen“-Kampagne der Hauptstadt-SPD stieß beinahe durchweg auf positive Resonanz – und könnte mit ihrem modernen Design wegweisend für die kommende Wahl sein.

DREIDIMENSIONALE SPD

Der 3-D-Würfel der SPD hat 2009 das Kasten-Logo abgelöst. Mit dem dreidimensionalen Design passen sich die Sozialde-mokraten Kommunikationsge-wohnheiten des Web-Zeitalters an. Problematisch ist der Würfel jedoch für das Corporate Design der Partei. Einige Ortsvereine und Kreisverbände nutzen noch immer das alte Logo – und ver-hindern somit ein einheitliches Markendesign.

ger Landesverband, der seit seiner Grün-dung im Jahr 1980 als Grün-Alternative-Liste (Gal) firmiert, darüber nachdenkt, das Corporate Design der Bundespartei zu übernehmen – inklusive des Namens Bündnis90/Die Grünen. Mit dem ange-passten Design – so die Überlegung in der Hansestadt – könnte die Gal vom bundes-weiten Aufwind der Grünen profitieren.

Die FDP hingegen steht derzeit vor einem Problem. Die Liberalen hätten als Marke momentan „generell verschissen“, urteilte der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki jüngst im Interview mit der „Leipziger Volkszei-tung“. Dabei war gerade der Markenauf-tritt lange Zeit eine Stärke der FDP. „Mit

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Szene

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1995 Hinzu kommt wenig später die Leitung der Abteilung Politik und Strategie der FDP-Bundesgeschäftsstelle im Bonner Thomas-Dehler-Haus. Zwar stand die damalige Dauer-Regierungspartei vielfach in der Kritik, trotzdem war der Job für Biesel ein weiterer Karriereschritt, da er Jahre später beim erneuten Aufschwung der Partei zum Kernpersonal der Liberalen gehört.

1995 Hinzu kommt wenig später die Leitung der Abteilung Politik und Strategie der FDP-Bundesgeschäftsstelle im Bonner Thomas-Dehler-Haus. Zwar stand die damalige Dauer-Regierungspartei vielfach in der Kritik, trotzdem war der Job für Biesel ein weiterer Karriereschritt, da er Jahre später beim erneuten Aufschwung der Partei zum Kernpersonal der Liberalen gehört.

Hinzu kommt wenig später die Leitung der Abteilung Politik und Strategie der FDP-Bundesgeschäftsstelle im Bonner Thomas-Dehler-Haus. Zwar stand die damalige Dauer-Regierungspartei vielfach in der Kritik, trotzdem war der Job für Biesel ein weiterer Karriereschritt, da er Jahre später beim erneuten Aufschwung der Partei zum Kernpersonal der Liberalen gehört.

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1962 wird Martin Biesel in Bergisch-Gladbach gebo-ren, es folgen der Wehrdienst und ein Studium der Politikwissenschaften, Geschichte und Ger-manistik in Bonn und in den USA. 1990 startet Biesel ins Berufsleben.

1990 Biesel beginnt als Referent in der Bundesgeschäfts-stelle der FDP, zunächst arbeitet er im Grundsatz-referat, später dann als Referent für internationale Beziehungen.

1993 Biesel arbeitet Werner Hoyer, dem damaligen Generalsekretär der FDP, als Büroleiter zu. Hoyer ist heute Staatsminister im Auswärtigen Amt.

Überfl ieger auf dem AbsprungKARRIEREKURVE: MARTIN BIESEL, ehemaliger Staatssekretär und ab November neuer Air-Berlin-Chefl obbyist, hat sich Zeit seines Berufslebens um eine Karriere in der Politik bemüht. Und dabei von Anfang an auf die FDP gesetzt. Das ging lange gut – und manchmal gab es zusammen mit der Partei eben herbe Abstürze. Dann besann sich Biesel meist darauf, dass er einen Flieger kriegt.

1994 Biesel kennt offenbar die richtigen Leute. Guido Westerwelle steigt zum Generalsekretär der FDP auf – und übernimmt ihn als Büroleiter. Es entwickelt sich ein gutes Verhältnis, das sich für Biesel auszahlen wird.

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2001Biesel kommt zurück und wird Geschäfts-führer des „Bürgerfonds für Deutsch-land“, eines Wahlkampf-Fundraising-Pro-jekts der FDP. Die FDP erholt sich wieder, Guido Westerwelle wird unumstrittener Parteichef…

2011Westerwelles Absturz hat auch Folgen für Biesel. Da sein Chef den Vizekanz-lerposten abgibt, muss das Auswärtige Amt auch auf einen Staatssekretärs-posten verzichten – auf den sogenannten Regie-rungskoordinator. Er ver-lässt das Auswärtige Amt.

2002…und macht Biesel erneut zum Bürochef. Westerwelle wird 2005 zusätzlich Frakti-onschef im Bundestag – Biesel gilt als sein engster Vertrauter.

1998Doch zunächst einmal kam die Wahlpleite. 1999 ging Biesel dann in die Wirtschaft, zum Luftfahrt- und Rüstungskon-zern EADS.

2009Biesel wird nach dem Wahlsieg der FDP von Westerwelle zum Staatssekretär im Auswärtigen Amt berufen.

2011Im November wird er Direktor für internationale Verkehrsrechte und Vor-stands-Bevollmächtigter für Politik bei Air Berlin, Deutschlands zweitgrößter Fluggesellschaft.

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