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Praxis Ratgeber zur Denkmalpflege Lothar Goretzki Salze, Gips und Feuchte im Mauerwerk 11 Fragen und 11 Antworten Informaonsschriſten der DEUTSCHEN BURGENVEREINIGUNG e.V. BEIRAT FÜR DENKMALERHALTUNG

Praxis Ratgeber - irbnet.de · und Calciumsulfat (CaSO 4). Diese Salze können nach-träglich Wasser binden und dann als Hydrate vorliegen, z.B. Mirabilit (Na 2 SO 4. 10 H 2 O); Gips

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PraxisRatgeberzur Denkmalpflege

Lothar Goretzki

Salze, Gips und Feuchte im Mauerwerk 11 Fragen und 11 Antworten

Informationsschriften der DEUTSCHEN BURGENVEREINIGUNG e.V.

BEIRAT FÜR DENKMALERHALTUNG

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1. Wie gelangen Salze in das Mauerwerk?Salze sind entweder ursprünglich in den Mauerwerks-baustoffen enthalten oder entstehen durch chemische und/oder biochemische Reaktionen der Mauerwerks-baustoffe (Werksteine, Mörtel) mit der unmittelbaren Umgebung (Umwelt). Hierbei sind als ursächlich die vor-handene mikroklimatische Situation (relative Luftfeuch-te, Temperaturwechsel) und die Nutzungsbedingungen zu betrachten sowie die Dauer und Intensität der Wech-selwirkung des Mauerwerks mit der Umwelt.

• Salze als ursprüngliche Inhaltsstoffe des Mauerwerks Es muss zwischen Werksteinen und Mauermörtel/Putz

unterschieden werden. Insbesondere künstliche Werk-steine wie Ziegel können lösliche Salze enthalten. Dies hängt geologisch bedingt von der Zusammensetzung der verwendeten Ziegelrohstoffe (Lehm) ab. Auch wur-den verschiedene Energieträger für die Herstellung der Ziegel genutzt (Holz, Kohle, Gas, Öl). Durch das Zusam-menspiel dieser Einflussfaktoren können sich im Her-stellungsprozess mittels chemischer Vorgänge Salze bil-den. Typische Salze sind Sulfate wie Natriumsulfat (Na2- SO4), Kaliumsulfat (K2SO4), Magnesiumsulfat (MgSO4) und Calciumsulfat (CaSO4). Diese Salze können nach-träglich Wasser binden und dann als Hydrate vorliegen, z.B. Mirabilit (Na2SO4

. 10 H2O); Gips (CaSO4 . 2 H2O).

Wenn Holz zum Brennen verwendet wurde, können lösliche Carbonate in Ziegeln vorliegen. Im historischen Ziegelmauerwerk wurde zum Beispiel Natriumcarbonat (Na2CO3) gefunden, das durch Wasseraufnahme unter-schiedliche Hydrate wie Na2CO3

. H2O; Na2CO3 . 3 H2O

und Na2CO3 . 12 H2O bildet (Abb. 1).

die löslichen Alkalisalze im rheinischen Trass und in Zementen. Auch Gips kann in geringen Anteilen in Mörteln enthalten sein.

• Herkunft der Nitrate (Salpeter) im Mauerwerk Nitrate bilden sich durch den biochemischen Abbau

von stickstoffhaltigen organischen Verbindungen im Erdreich und im Porenraum der Mauerwerksbaustoffe. In Fäkalien, Mist, Gülle, Urin, Kadavern und auch Lei-chen sind Stickstoffverbindungen enthalten (häufig Eiweiße und Abbauprodukte), die zu Nitraten oxidiert werden. Bei den Mikroorganismen handelt es sich um Bakterien, die in der Umwelt allgegenwärtig sind. In mehreren Schritten wird der organisch gebundene Stickstoff zu Salpetersäure (HNO3) oxidiert, die sich we-gen der hohen Reaktivität sofort einen Reaktionspart-ner zur Salzbildung sucht. Ist carbonatisches Gestein (z. B. Kalkstein) oder Kalkmörtel vorhanden, bildet sich der „echte Mauersalpeter“. Dies ist ein Doppel-salz, bestehend aus Calcium- und Ammoniumnitrat, 5Ca(NO3)2

. NH4NO3 . 10 H2O. Aber auch Calciumni-

trattetrahydrat, Ca(NO3)2 . 4 H2O wird als Salpeter be-

zeichnet. Häufig wird umgangssprachlich jede Salzaus-blühung als Salpeter bezeichnet, ohne die chemische Zusammensetzung zu berücksichtigen. Im Mauerwerk können nachfolgende Nitrate vorkommen.

Ca(NO3)2 . 4 H2O Nitrocalcit

Mg (NO3)2 . 6 H2O Nitromagnesit

K NO3 Nitrokalit Na NO3 Nitronatrit

Tabelle 1. Nitrate im Mauerwerk.

Die Nitratbildung ist häufig an die Tierhaltung gebun-den. So ist es nicht verwunderlich, in historischen Mauerwerken eine Nitratbelastung anzutreffen. Die Nitratbelastung der oberflächennahen Bereiche der Verkehrswege und der Stallungen war bis in das 18. Jahrhundert hinein so hoch, dass der Boden aufgenom-men und das Nitrat handwerklich gewonnen wurde. Verwendet wurde es u. a. zur Herstellung von Schwarz-pulver.

• Herkunft der Sulfate und Chloride im Mauerwerk Sulfate können in den Mauerwerksbaustoffen (z. B.

Ziegel) enthalten sein. Sie bilden sich aber auch durch komplexe chemische Reaktionen mit Luftschadstoffen. Bekannt ist die Reaktion von carbonatischen Gesteinen und Mörteln mit Schwefeldioxid (SO2). Die Prozesse lau-fen an der Mauerwerksoberfläche und im Porensystem der Mauerwerksbaustoffe ab. Bei diesem Vorgang der Sulfatbildung wird im ersten Schritt Schwefeldioxid zu Schwefeltrioxid (SO3) oxidiert, welches gemeinsam mit Wasser (H2O) Schwefelsäure (H2SO4) bildet. Diese Säure reagiert mit dem Stein oder Mörtel unter Bildung von Sulfat und Kohlendioxid (CO2). Handelt es sich um Kalk-stein, Marmor oder Kalkmörtel, entsteht Gips (CaSO4

. 2H2O). Dolomit, dolomitische Kalksteine oder dolomi-

Abb. 1. Salze, die durch Feuchte an die Oberfläche transportiert wer-den.

In Naturwerksteinen werden vergleichsweise selten lösliche Salze gefunden.

Die verwendeten Bindemittelsysteme für Mauermör-tel bzw. Putz können lösliche Salze enthalten. Es han-delt sich dabei häufig um Kalium- und Natriumsalze, wie z.B. Natriumsulfat und Kaliumsulfat, aber auch Natriumcarbonat und Kaliumcarbonat. Bekannt sind

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tischer Mörtel reagieren zu Magnesiumsulfathydraten (z. B. MgSO4

. 6H2O) und Gips. Eine Sulfatbildung kann auch durch Mikroorganismen

erfolgen. Dies setzt das Vorhandensein von oxidierbaren Sulfiden in den Baustoffen (z. B. Pyrit FeS2) oder Schwe-felwasserstoff (z. B. Faulgas in Abwasserleitungen, Fä-kalien) voraus. Die durch mikrobiologische Oxidation gebildete Schwefelsäure reagiert mit den Baustoffen.

Chloride treten im Mauerwerk bevorzugt in der Nähe von Meeren auf. Salzaerosole werden durch die Bewit-terung auf der Mauerwerksoberfläche abgelagert (nas-se Deposition). Andere Chloridquellen sind der Streu-salzeintrag, ein nutzungsbedingter Salzeintrag bei der Konservierung von Lebensmitteln (Fleisch, Fisch) und die Tierhaltung. Die Chloride liegen im Allgemeinen als Natriumchlorid (NaCl) vor. Häufig ist die Chloridbelas- tung auf den Sockelbereich begrenzt.

2. Wie erkennt man eine Salzbelastung im Mauerwerk?Das Vorhandensein von Salzen im Werkstein und Mörtel/Putz ist nicht automatisch schädlich für ein Mauerwerk. Sichtbar wird eine Salzbelastung, wenn die Salze Feuch-te aufnehmen und Transportvorgänge im Porensystem einsetzen. Triebkräfte für die Transportvorgänge sind un-terschiedliche chemische und physikalische Phänomene. Gradienten (Konzentrationsunterschiede) entscheiden, ob die Salze eher in das Mauerwerksinnere oder an die Oberfläche transportiert werden. Es ist ein Naturgesetz, dass sich Konzentrationsunterschiede ausgleichen wol-len. Dies betrifft sowohl den lokalen Salzgehalt als auch den Feuchtegehalt im Mauerwerksquerschnitt. Im Ein-zelnen handelt es sich um wissenschaftlich fassbare Vor-gänge, die sich mit der chemischen Thermodynamik und Kinetik beschreiben lassen. Dabei spielen verschiedene Vorgänge wie Diffusion, Osmose, Wasserdampfdiffusion, Konfektion, isotherme Destillation, Oberflächendiffusion und andere eine wesentliche Rolle.

Lokale Konzentrationsunterschiede im Mauerwerk kön-nen verschiedene Ursachen haben:• Thermohygrische Veränderungen, z. B. steigt mit sin-

kender Lufttemperatur automatisch die relative Luft-feuchte; Taupunkttemperaturen können unterschrit-ten werden. Dadurch werden Durchfeuchtungs- und Löseprozesse an der Oberfläche in Gang gesetzt.

• Verdunstung von Feuchte an der Mauerwerksoberflä-che; dies führt zu einer Aufkonzentrierung der Salzlö-sung in den Baustoffporen und zur Kristallisation der Salze.

• Regenbeaufschlagung der Oberfläche führt zur Auflö-sung von Gips und Salzen.

• Kapillares Saugen des Mauerwerks (Bodenfeuchte, seitlich eindringende Feuchte).

• Einwirkung von drückendem und nicht drückendem Wasser (Grundwasser, Schichtenwasser, Sickerwas-ser).

Im Ergebnis der häufig komplexen Transportvorgänge stellen sich typische sichtbare Veränderungen an der Mauerwerksoberfläche ein:

1. Ausblühungen Weiße Salzausblühungen sind an der Oberfläche vor-

handen (Abb. 2) oder treten im Kontaktbereich der ver-schiedenen Mauerwerksbaustoffe (Werkstein/Mörtel) auf. Die Salze können krustenartig die Oberfläche be-decken. Auch faserförmige Salzbildungen (Salzbärte) können auftreten.

Abb. 2. Flächige Salzausblühungen auf Ziegeloberfläche und Gefü-geauflösung einzelner Ziegel.

2. Feuchteflecken Abhängig von der relativen Luftfeuchtigkeit können

sich temporär Feuchteflecken an der Fassade bilden (Abb. 3). Sockelbereiche erscheinen an der Oberfläche feucht. Bei wechselnden klimatischen Bedingungen können die Feuchteflecken austrocknen. An den Rän-dern sind Salzsäume vorhanden. Die Feuchteflecken können über der gesamten Fassadenfläche wandern und sich bis zum Traufbereich ausbreiten.

3. Schädigung der Mauerwerksoberfläche (Werkstein, Mörtel/Putz)

Kristallisieren Salze in den oberflächennahen Poren der Mauerwerksbaustoffe aus, führt das zu Schäden (Abb. 4). Abschalen, Abmehlen und Abschuppen bis zur völligen Gefügezerstörung sind sichtbare Folgen.

Abb. 3. Feuchteflecken bei hoher Luftfeuchtigkeit, Heidecksburg Ru-dolstadt.

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Besonders anfällig sind Kalkmörtel, tonig-ferritisch ge-bundene Sandsteine, schwach gebrannte Ziegel und Tuffsteine.

Der exakte Nachweis der Salze erfordert eine chemisch-analytische Untersuchung von Mauerwerksproben im Labor.

3. Ist Gips ein Baustoff oder ein Schadstoff?Gips kann sowohl Baustoff als auch Schadstoff sein, wie nachfolgend beschrieben wird.Gips ist als natürliches Mineral bekannt, z. B. Marienglas, Fasergips, Alabaster oder auch Gipsstein. Aufgrund der relativ leichten Bearbeitbarkeit des Alabasters wurde dieser ehedem für viele Zwecke verwendet, so für die Herstellung von Intarsien an Wänden, für große Schalen, aber auch für Sarkophage. In Regionen, in denen Gips- stein vorhanden war, wurde dieser auch als Werkstein verbaut (im Thüringer Becken, im Harz, in Sachsen- Anhalt und in Niedersachsen) (Abb. 5). In diesen Regi-onen wurde Gips auch als Mauer- und Putzmörtel ver-wendet. Hierzu musste der Gipsstein gebrannt werden. Dies erfolgte direkt an der Baustelle. Das gebrannte Material wurde zerkleinert und mit ungebranntem Material vermischt. Entscheidend für die Dauerhaftig-keit eines Gipsputzes im Außenbereich ist der konstruk-tive Bautenschutz, d. h. entsprechende Dachüberstände und trockene Sockelbereiche. Aus dem Harz und aus Thüringen sind Estriche in Innenräumen bekannt, die auf der Basis von Gips hergestellt wurden. Gegenwärtig gibt es einige Fachfirmen, die sich mit der Verarbeitung von Gipsestrichen in der Restaurierung beschäftigen. Ein anderer Aspekt ist die Gipsbildung auf carbonati- schen Mauerwerksbaustoffen, die zum Verlust der Ober-fläche und der Bearbeitungsspuren führt. Schwefeldioxid reagiert mit dem ungeschützten Stein. Es bildet sich Gips an der Oberfläche. Die „künstlerisch“ bearbeitete carbo-natische Oberfläche wird unwiederbringlich in Gips um-gewandelt. Eine Konservierung und Rückführung in den ursprünglichen Zustand ist nicht möglich. Beim Entfernen der Gipskrusten verbleiben Reliktstrukturen. An frei be-witterten Mauerwerksoberflächen findet eine Auflösung der Gipskrusten durch den Niederschlag statt (Abb. 6).

Bei der statisch konstruktiven Ertüchtigung von Mau-erwerken werden in der heutigen Zeit neben verschie-denartigen Ankern auch Mörtelinjektionen eingesetzt. Große Vorsicht ist bei der unkritischen Anwendung von mineralischen Injektionsmörteln für gipshaltiges Mau-erwerk angeraten. Die Verwendung von ungeeigneten Verpressmaterialien führte in den letzten Jahren zu ir-reparablen Zerstörungen von Mauerwerk. Ursache ist die Ettringitbildung. Das auf chemischem Weg gebildete Treibmineral, auch „Zementbazillus“ genannt, führt zu einer erheblichen Volumenvergrößerung des einge-brachten Injektionsmörtels. Dies wiederum hat zur Fol-ge, dass große Mauerwerksrisse entstehen, sich Mauer-werksschalen ablösen, Ausbauchungen auftreten und auskragende Bauteile abstürzen können. In der kalten Jahreszeit kommt eine weitere Schadreaktion hinzu. Aus dem Ettringit bildet sich Thaumasit. Der Mörtelverbund des Mauerwerks geht völlig verloren. Es kommt zu Ab-rutschungen und Absackungen ganzer Mauerwerksbe-reiche.

Ursächlich ist für die Treibmineralbildung das Zusam-menwirken von drei Faktoren verantwortlich.1. Sulfathaltiges Mauerwerk: Es wurde Gipsmörtel oder Kalkgipsmörtel verwendet;

Gips besitzt im Gegensatz zu Kalkmörteln eine ver-

Abb. 4. Auflösung des Tuffsteingefüges im Fugenbereich. Abb. 5. Unverputztes Gipsmauerwerk, Burg Wendelstein/Unstrut.

Abb. 6. Reliktstruktur – die ursprünglich glatte Oberfläche des Schaumkalks wurde durch Gipsbildung und anschließende Löse-prozesse in ihrer ursprünglichen Ansicht (oberer Bildteil) verändert.

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gleichsweise hohe Löslichkeit. Ist ausreichend Feuchte im Mauerwerk vorhanden, kann sich darin Gips lösen.

2. Reaktive Bestandteile im Bindemittel des Verpress-mörtels:

Es handelt sich dabei um Calciumaluminate. Dies sind chemische Verbindungen, die beim Brennen des Ze-ments entstehen. Calciumaluminate sind ein unab-dingbarer Bestandteil des Portlandzementklinkers.

3. Ausreichend verfügbares Wasser: Dies ist das Anmachwasser, das die mineralischen In-

jektionsmörtel in großer Menge in das Mauerwerk einbringen.

In der Folge kann man sich die Reaktion so vorstellen: Das Anmachwasser des Injektionsmörtels löst den Gips im Mauermörtel. Es entsteht eine gesättigte Gipslösung, die in Kontakt mit dem Bindemittel des Verpressmörtels kommt. Nun setzt die chemische Reaktion ein, die zur Ett-ringitbildung und damit zum Treiben führt (Abb. 7). Die-se Reaktion verläuft unter Volumenvergrößerung über Tage, Wochen und Jahre, bis einer der Reaktionspartner aufgebraucht ist. Diese Reaktion ist nicht umkehrbar. Es ist deshalb unbedingt angeraten, im Rahmen der Planung von Sanierungsmaßnahmen das Mauerwerk gründlich auf das Vorhandensein von Gips bzw. anderen Sulfaten zu untersuchen.

4. Wie kann man durch Gips verursachte Mauerwerksschäden verhindern?Grundlage zur Vermeidung von Schäden bei der Sanie-rung von Mauerwerk ist die sorgfältige Bestands- und Zustandserfassung. Nur Laboruntersuchungen erbrin-gen den exakten Nachweis von Gips in den Mörteln und gegebenenfalls in den Werksteinen. Weiterhin ist es erforderlich, eine Feuchte- und Salzbilanz über den Mauerwerksquerschnitt und die Höhe zu erstellen. Ka-pillarfeuchtigkeit und hygroskopische Feuchtigkeit sowie das Vorhandensein von anderen Sulfaten bergen ein Ri-sikopotenzial. Im Ergebnis der Untersuchungen kann die denkmalgerechte Auswahl der Baustoffe und Technolo-gien erfolgen. Dennoch sind Risiken nicht auszuschlie-ßen. Gegebenenfalls sind Musterflächen anzulegen, die über einen längeren Zeitraum zu beobachten und zu dokumentieren sind. Aus der Erfahrung hat es sich als günstig erwiesen, die Musterflächen nach einer längeren Standzeit, z. B. Herbst/Frühjahr, zu überprüfen.

Sollte sich im Ergebnis der Untersuchungen herausstel-len, dass es sich um sulfathaltiges Mauerwerk handelt, so sind spezielle sulfatbeständige Baustoffe zu verwenden. Im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sind Gipskalkmörtel entwickelt worden, die für die Ver-mauerung, Verfugung und den Verputz geeignet sind.

5. Warum können Salze Feuchte aus der Umgebungsluft aufnehmen?Die Eigenschaft von Salzen, Feuchtigkeit aus der Umge-bungsluft aufzunehmen, bezeichnet man als Hygroskopi-zität. Dabei werden gasförmige Wassermoleküle aus der Umgebungsluft durch die Salze aufgenommen. In den Kapillarporen und an der Baustoffoberfläche bildet sich eine Salzlösung. Durch eine weitere Feuchteaufnahme verdünnt sich diese Lösung zunehmend und verteilt sich im Mauerwerk. Diese Vorgänge sind abhängig von der herrschenden re-lativen Luftfeuchtigkeit. Die hygroskopischen Eigenschaf-ten eines Salzes zeigen sich erst beim Überschreiten einer gewissen relativen Luftfeuchtigkeit der Umgebungsluft in Mauerwerksnähe.Naturwissenschaftlich erklären lässt sich das Phänomen durch die Betrachtung des Dampfdrucks von Wasser über Salzlösungen. Dies soll in einem einfachen Gedan-kenexperiment erläutert werden. Füllt man in einen verschließbaren Behälter, z. B. ein Schraubglas, Wasser und verschließt es, so stellt sich über der Wasserober-fläche ein bestimmter Dampfdruck ein. Es handelt sich dabei um die Wassermoleküle, die aus der flüssigen Phase in die Dampfphase übertreten. Es stellt sich ein Gleichgewicht zwischen verdunsteten und kondensie-renden Wassermolekülen ein. Mit einem Hygrometer kann man eine relative Luftfeuchtigkeit von 100 % r.F. messen. Wird im Wasser ein Salz aufgelöst, so verringert sich der Dampfdruck über der Lösung. Das heißt, die

Abb. 7. Ettringittreiben nach Verpressung; Strebepfeiler Schloss Wiehe/Unstrut (Rissverlauf zu unterschiedlichen Zeitpunkten).

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Anzahl der Wassermoleküle in der Dampfphase verrin-gert sich. Die Salzionen umhüllen sich mit Wassermole-külen (Solvatation).Deshalb reduziert sich der Anteil der Wassermoleküle in der Dampfphase, die relative Luft-feuchtigkeit über der flüssigen Phase sinkt. Die konkrete Beeinflussung des Dampfdrucks über der Salzlösung ist nur von der chemischen Zusammensetzung des Salzes abhängig und wird durch die Gleichgewichtsfeuchtigkeit bzw. Deliqueszenzfeuchte beschrieben.

Überschreitet die herrschende relative Luftfeuchte der Umgebungsluft die Deliqueszenzfeuchte eines Salzes, so beginnt der Vorgang der Wasseraufnahme. Dies führt zur Durchfeuchtung des Mauerwerks. Der Feuchte- und Salztransport erfolgt in den Mauerwerksquerschnitt hinein, zeitlich begrenzt, bis die Umgebungsfeuchte die Deliqueszenzfeuchte wieder unterschreitet. Dann setzt der Transport in umgekehrter Richtung ein. Es erfolgt eine Austrocknung des Mauerwerks.

6. Warum entstehen Feuchteflecken und Salzausblühungen an der Wandoberfläche?

Sind im Mauerwerk hygroskopische Salze vorhanden, so sind diese in der Lage, aus der Umgebungsluft Feuchtig-keit aufzunehmen. Dieser Vorgang verläuft zeitlich unbe-grenzt. In der Folge tritt eine zunehmende Reduzierung der Salzkonzentration in den Poren auf. Über die Kapil-larporen verteilt sich die Salzlösung im Mauerwerk. Die Salzlösungen können bis in den Traufbereich wandern. Die Fassade bzw. große Flächen erscheinen feucht (siehe auch Abb. 3).Auch der umgekehrte Fall kann eintreten. Herrscht eine geringe relative Luftfeuchte (Raumluft oder Außenluft), so verdunstet das im Porensystem der Baustoffe ge-bundene Kapillarwasser. Dabei erhöht sich die lokale Salzkonzentration. Die Verdunstung erfolgt im Wesent-lichen an der Oberfläche. Wird die Löslichkeit des Salzes unterschritten, kristallisieren diese an der Oberfläche aus. So entstehen Salzausblühungen. Oft handelt es sich dabei um ringförmige Ausblühungen, Salzbärte im So-ckelbereich oder flächige Salzschichten an der Mauer-werksoberfläche. Unter welchen konkreten klimatischen Bedingungen (rel. Luftfeuchte) es zu Feuchteflecken oder Salzausblühungen kommt, hängt von der Zusammensetzung der Salze ab. Salze bestehen aus Kationen und Anionen. Abhängig von der chemischen Zusammensetzung der Salze wird die Verdunstung des Wassers unterschiedlich beeinflusst. Diese Eigenschaft beschreibt die Deliqueszenzfeuchte. Diese für jedes Salz individuelle relative Feuchte ist die Grundlage für das Verständnis der hygroskopischen Ei-genschaften, die sich im Wechselspiel mit der jeweils herrschenden Luftfeuchtigkeit im Raum oder der Au-ßenluft zeigen. Liegt die im Raum oder der Außenluft herrschende rela-tive Luftfeuchtigkeit über der Deliqueszenzfeuchte, wie dies in den Nachtstunden und an beschatteten Ober-

flächen der Fall sein kann, so entzieht das Salz der Luft Feuchtigkeit und es kommt zur Bildung von Feuchtefle-cken. Liegt der umgekehrte Fall vor, die herrschende Luftfeuch-te liegt unter der Deliqueszenzfeuchtigkeit, so kommt es zur Bildung von Ausblühungen. Es hängt somit vom Raum- bzw. Außenklima ab (rel. Luftfeuchte), ob und wie lange Feuchteflecken oder Aus-blühungen sichtbar sind.

7. Gibt es bauschädliche und unschädliche Salze?Bei der Beantwortung dieser Frage müssen zwei Aspekte berücksichtigt werden:

• Liegt die Luftfeuchte der Umgebung ständig oberhalb der Deliqueszenzfeuchte des Salzes, so durchfeuch-tet das Mauerwerk zunehmend. Ist die beidseits des Mauerwerks herrschende Temperatur konstant, kann es zur vollständigen Durchfeuchtung und Gleichver-teilung der Salze im Mauerwerk kommen. Eine Schä-digung der Baustoffe im Sinne einer Zerstörung der Gefügestruktur des Putzes und der Werksteine tritt nicht auf. Das Mauerwerk bleibt jedoch feucht. Die-ser beschriebene Effekt wird bei der Erhaltung von Wandmalereien, die intensiv versalzen sind, genutzt. Die Raumluftfeuchte wird dann über der Deliques-zenzfeuchte der Salze eingestellt, sodass keine Ausblü-hungen und damit Zerstörungen der Wandmalereien auftreten können.

• Die Zerstörung der Baustoffe, insbesondere im ober-flächennahen Bereich, ist vom zyklischen Über- oder Unterschreiten der Deliqueszenzfeuchte durch die re-lative Luftfeuchte der Umgebungsluft abhängig. An der Mauerwerksoberfläche kommt es entweder zum Auskristallisieren oder zum Auflösen der Salze. Das Auskristallisieren der Salze erfolgt in dem oberflächen-nahen Porenraum und an der Oberfläche selbst. Bei der Kristallisation der Salze baut sich im Porensystem ein Druck auf, der sogenannte Kristallisationsdruck. Dieser führt zur Zerstörung des Baustoffgefüges. Be-sonders anfällig sind Baustoffe mit geringer Festigkeit, wie Kalkmörtel, Tuff und Ziegel.

Die Beurteilung der Schädlichkeit eines Salzes ist so-mit immer im Zusammenhang mit der Raumluft- bzw. Umgebungsluftfeuchte und deren zyklischen Verän-derungen zu sehen. Da die Temperaturänderung die Luftfeuchte beeinflusst (rel. Luftfeuchte), ist diese in die Betrachtung einzubeziehen.

Inwieweit Salze schädlich oder nicht schädlich für ein Mauerwerk sind, ist abhängig von den individuellen Eigenschaften der Salze (Deliqueszenzfeuchtigkeit, Löslichkeit) und den herrschenden mikroklimatischen Bedingungen (rel. Luftfeuchte und Temperatur). Die-ser Problematik hat sich die Bauklimatik, ein Teilgebiet der Bauphysik, angenommen.

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8. Wie kann das Schädigungspotenzial von Salzen für ein Mauerwerk ermittelt werden?Für die Bewertung des Schädigungspotenzials eines Sal- zes ist die Betrachtung der individuellen Eigenschaften des Salzes (Deliqueszenzfeuchte und Löslichkeit) und der objektkonkret vorliegenden Bedingungen (rel. Luft-feuchtigkeit, Temperatur) notwendig. Dies bedeutet, dass mittels Probenahme und Laboruntersuchungen die chemische Zusammensetzung der Salze (Kationen und Anionen) und die Konzentration im Tiefen- und Höhen-profil im Mauerwerk ermittelt werden müssen (Abb. 8). Die höchste Salzkonzentration trifft man im Allgemeinen an der Mauerwerksoberfläche an. Ist der stark versalze-ne Putz bereits entfernt oder abgefallen, muss dies bei der Bewertung des Schädigungspotenzials berücksichtigt werden. Ist die chemische Zusammensetzung des vorlie-genden Salzes bekannt, so kann die Deliqueszenzfeuch-te aus der Fachliteratur ermittelt werden. In der Praxis liegen oft verschiedene Salze nebeneinander vor. Die gegenseitige Wechselwirkung verschiedener Salzionen beeinflusst die Deliqueszenzfeuchte. Dieser Einfluss ist gegenwärtig wissenschaftlich noch nicht vollständig erforscht. Es gibt jedoch rechnerische Ansätze, die die Wechselwirkung im konkreten Einzelfall bewerten helfen (www.Salzwiki.de). In der Sanierungspraxis gesammelte Erfahrungen zum Schädigungspotenzial bzw. zum Hand-lungsbedarf sind im WTA-Merkblatt 4-5-99 „Mauer-werksdiagnostik“ aufgezeigt.Der zweite Gesichtspunkt bei der Bewertung des Schä-digungspotenzials von Salzen ist die Kenntnis der mikro-klimatischen Bedingungen, denen das Mauerwerk über die Standzeit ausgesetzt ist. Die objektkonkrete Bewertung des Schadenspotenzials bedarf somit einer komplexen Betrachtung, die neben den Laboruntersuchungen auch von den praktischen Er-fahrungen eines Fachplaners abhängt. Eine vollständige wissenschaftlich fundierte Berechnung für jeden Einzelfall ist gegenwärtig nicht möglich. Jedoch haben praktische Erfahrungen und wissenschaftliche Er-kenntnisse zu Regelwerken geführt, die für die Instand-setzungsplanung hilfreich sind.

9. Kann man Mauerwerk vollständig von Salzen befreien (Entsalzen)?Eine vollständige Entsalzung erfordert die Demontage des Mauerwerks. Die einzelnen Werksteine müssen in einem großen Wasserbehälter gelagert werden. Dabei gehen die Salze langsam in Lösung. Im Restaurierungs-bereich wurde dieses Verfahren zum Beispiel bei dem Grabmal „Wilhelm von Oranien“ in Delft und an Bauteilen des Zwingers in Dresden eingesetzt. Bekannt sind weiterhin Entsalzungsverfahren für Zie-gelmauerwerk und Sandsteinbauteile. Dabei wird auf der einen Seite über Packer Wasser eingebracht und auf der gegenüberliegenden Seite wird die Salzlösung

abgesaugt. Die Kapillarporen werden mit Wasser durch-gespült. Die sogenannte Vakuumentsalzung ist an ver-schiedenen Objekten erprobt worden, z. B. an einem der Holländerhäuser in Potsdam, an der Jannowitzbrücke Berlin und an Sandsteinsäulen in Potsdam/Belvedere.

Eine weitaus größere Verbreitung haben „Kompressen-entsalzungsverfahren“. Es erfolgt eine Salzreduzierung im oberflächennahen Bereich, wobei im Wesentlichen die leicht löslichen Salze in die Kompresse einwandern. Die Kompressenbehandlung kann mehrfach wiederholt werden (WTA-Merkblatt 3-13-01 „Kompressenentsal-zung“). Neben den Kompressen gibt es verschiedene speziell rezeptierte Putze, die Ähnliches bewirken, z. B. „Opferputze“ (WTA-Merkblatt 2-10-06/D).

Weiterhin ist das Verfahren der Sulfatumwandlung mit Ammoniumhydrogencarbonatkompressen bekannt. Da-bei entstehen aus dem schwer löslichen Gips das leicht lösliche Ammoniumsulfat und das Calciumcarbonat. Die-ses aus Italien bekannte Verfahren wurde bei gipsbela-steten Marmoroberflächen eingesetzt. Marmor ist ein dichtes Gestein mit sehr geringer Porosität, sodass die Gefahr des Eindringens der sich bildenden Ammonium-sulfatlösung in tiefere Gesteinsschichten ausgeschlossen werden kann. Bei poröseren Gesteinen, wie z. B. Savon-nier Kalkstein, besteht die Gefahr, dass die Salzlösung tiefer in den Stein einwandert und somit den Erfolg der Salzumwandlung schmälert. Restaurierungsberichte sind in der Fachliteratur verzeichnet.

Andere Verfahren, die elektrochemische Phänomene nutzen, sind unzureichend erforscht. Es gibt keine un-abhängig erbrachten wissenschaftlichen Nachweise der Funktionsfähigkeit dieser Verfahren. Hierzu gehören die aktive und passive Elektroosmose, die elektrochemische Entsalzung und die nicht nachgewiesene Wechselwir-kung der Erdstrahlung mit Salzen im Mauerwerk.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass eine vollständige Entsalzung des Mauerwerks technisch nur mit sehr großem Aufwand möglich ist und einen großen Eingriff in das Mauerwerk bedeutet. In der Praxis werden Kompressenverfahren eingesetzt, um eine Salzreduzie-rung im oberflächennahen Bereich des Mauerwerks zu erreichen.

Abb. 8. Probeachse für Probenahme.

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Praxis Ratgeber Nr. 13 – Februar 2016Herausgeber: Deutsche Burgenvereinigung

e.V. (DBV), Marksburg, 56338 Braubach

Verfasser: Dr. Lothar Goretzki, Bauhaus-Universität Weimar, Coudray-straße 13c, 99423 Weimar (Beirat für Denkmalerhaltung der DBV),

Redaktion: Dr. phil. Dipl.-Ing. Günther Stanzl, Mainz

Satz und Korrektur: Martina Holdorf M.A.Druck/Herstellung: Görres-Druckerei, Neuwied

Bildnachweis: Alle Abbildungen: Verf.

Bisher erschienen in der Reihe „Praxisratgeber“Konrad Fischer: Holzfenster. Sechzehn Argumente für die erhaltende Instandsetzung, Nr. 1/1991Stephan L. Prinz zur Lippe: Finanzielle Hilfen für Mo- dernisierung und Instandsetzung von Gebäuden in den fünf neuen Ländern, Nr. 2/1991 (vergriffen)Klaus Bingenheimer: Historisches Mauerwerk. Empfehlungen zur handwerklichen Sicherung, Nr. 3/19972

Konrad Fischer: Wirtschaftliches Instandsetzen von Baudenkmälern. Finanzierung und Planung, Nr. 4/1997Konrad Fischer: Erhaltendes Instandsetzen von his-torischen Putzfassaden. 12 Fragen und Antworten, Nr. 5/1995Sylwester Kabat: Brandschutz in historischen Bauten, Nr. 6/1999Claus Meier: Altbau und Wärmeschutz. 13 Fragen und Antworten, Nr. 7/1999Ingo Nuss: Schimmelpilze. 11 Fragen und Antworten, Nr. 8/2001Claus Meier: Bauphysik des historischen Fensters. Not-wendige Fragen und klare Antworten, Nr. 9/2001Hermann Wirth: Denkmalpflegerische Grundbegriffe, Nr. 10/2003Claus Meier: Richtig heizen. 14 Fragen und Antworten, Nr. 11/2009Günther Stanzl: Denkmalpflege auf Burgen und Burg- ruinen, Nr. 12/2010, ISBN 978-3-927558-42-7

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10. Gibt es baupraktische Lösungen, salzbelastetes Mauerwerk dauerhaft schadensfrei instandzusetzen?Die Entstehung von Schäden am Mauerwerk ist an die Transportvorgänge der Salze gebunden, wie in Fragen 5 und 6 beschrieben. Eine Reduzierung des Kapillar-transports und der Oberflächendiffusion der Salze führt zu einer Reduzierung des Schädigungsprozesses. Dieser Überlegung folgend schränken Maßnahmen zur Reduzie-rung des kapillaren Feuchtetransports die schädigende Wirkung von Salzen ein. In der Praxis wird dies durch Maßnahmen zur Wasserabweisung erreicht. Weisen die Porenwandungen des Kapillarporsystems eine Wasser-abweisung auf, so ist der Kapillartransport der Salzlösung zur Oberfläche hin stark eingeschränkt. Mauerfeuch-tigkeit kann nur noch über die Wasserdampfdiffusion (gasförmig) an die Mauerwerksoberfläche gelangen. Die Salze verbleiben jedoch im Mauerwerk. In der Praxis wer-den verschiedene Möglichkeiten zur Wasserabweisung der Baustoffe genutzt. Mörteln werden wasserabwei-sende Stoffe, wie Stearate, Kasein, Wachsemulsionen, Silikonverbindungen u. a. zugemischt. Die Transportleistung des Wassers als Wasserdampf bis an die Mauerwerksoberfläche ist deutlich geringer als die Transportleistung des flüssigen Wassers durch Kapillar-transport, d. h. das Mauerwerk trocknet bei einer solchen Behandlung vergleichsweise langsamer aus. Dies kann sich viele Jahre hinziehen. Ist die Wasserabweisung im Mauerwerksquerschnitt unvollständig, so können sich an der Grenze zwischen wasserabweisenden und kapillar-wasserführenden Bereichen Salze anreichern. Dies muss nicht automatisch zu einer Schädigung des Mauerwerks führen. Sind in den Sanierungsbaustoffen (Putz und Mör-tel) Poren vorhanden, so können diese als Salzdepots wirken. Dies bedeutet, dass Salze in diesen Poren aus-kristallisieren können, ohne den Putz oder Mauermörtel zu schädigen. In der Praxis werden solche porosierten Putze angeboten. Als Luftporenbildner werden verschie-dene künstliche und natürliche Tenside verwendet, z. B. Eiweißhydrolysate, Oleate und Laurate. Das Prinzip des Zurückdrängens des Kapillartransports zugunsten der Wasserdampfdiffusion und der Einbau von großen Poren in die Putz-/Mörtelstruktur werden in technischen Produkten genutzt bzw. in historischen Rezepturen indirekt beschrieben. Diese Lösungen stel-len einen Kompromiss dar, weil sie den ursprünglichen Zustand des Mauerwerks nicht wiederherstellen können.

11. Wie funktioniert das Sanierputzkon-zept und wie unterscheidet es sich von anderen Lösungen?Salzschäden treten besonders im Sockelbereich oder in Keller- und Gewölberäumen auf. Ziel einer Sanierung ist es, in einem möglichst kurzen Zeitraum verputzte Mauer-werksoberflächen zu erstellen, die langfristig schadens-frei sind. Dies erfolgt durch das Zurückdrängen des Kapil-

lartransports in den Putzquerschnitt. Im Allgemeinen wird dies durch eine Zugabe von Stearaten (ca. 1 M%) zum Putz erreicht. Feuchtigkeit und Salze wandern in den Putzquerschnitt. Das Wasser verdunstet. Somit können sich keine Feuchteflecken an der Oberfläche bilden. Wei-terhin wird dem Sanierputz ein Luftporenbildner hinzu-gegeben, der das Kapillarporensystem durch Kugelporen unterbricht. In diesen Poren kristallisiert das Salz aus. Dadurch kommt es zu keiner Schädigung des Putzge-füges. Seit Ende der 1970er-Jahre werden Sanierputze eingesetzt. Das Sanierungskonzept ist in die europäische Normung eingegangen.

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