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LITERATUR- FESTIVAL WWW.SPIELSTAETTEN.AT Programmheft

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Programmheft www.spielstaetten.at KonTaKT: 0316 / 8008 – 9000 | www.spielstaetten.at | [email protected] Kultur braucht Veränderung! Ich lade Sie ein, sich mit Literatur und Texten zu beschäftigen. Christoph Thoma Intendant der Grazer Spielstätten Christoph Thoma

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Programmheft

Kultur bedeutet VeränderungLESEN: Die PISA-Studie und ihre Relevanz für Kulturveranstalter

„Die Veröffentlichung der Pisa-Studie zeigt einmal mehr, dass Österreichs Bildungspolitik in den letzten Jahren versagt hat“, schrieb Rosa Winkler-Hermaden am 7. Dezember 2010 in der Tageszeitung „Der Standard“. Und die „Kleine Zeitung“ titelte: „Österreich als Hochburg der Analphabeten“. Die PISA-Studie hat aufgezeigt, dass viele Jugendliche im Alter von 15 und 16 Jahren nicht mehr sinnerfassend lesen können. Was bedeutet das für das Angebot von Kulturveranstaltern? Wir sind zunehmend mit einer heranwach-senden Gesellschaft konfrontiert, die relevante Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben, Singen oder Tanzen nicht mehr beherrscht.

Was wird bei PISA getestet? PISA prüft Kompetenzen in Mathematik, Natur-wissenschaften und Lesen. Gemessen werden laut OECD „Kenntnisse und Fä-higkeiten, die für eine erfolgreiche Teilhabe an der Gesellschaft“ benötigt wer-den. Im aktuellen Test 2009 lag der Schwerpunkt, wie 2000, im Bereich Lesen. Und wer wird getestet? 15- und 16-jährige SchülerInnen. In jedem Land müs-sen mindestens 4500 Schüler von mindestens 150 Schulen teilnehmen – maxi-mal dürfen pro Schule 35 Schüler mitmachen, erklärt PISA Austria auf seiner Website. Lese- und Sprachkompetenz sind das Um und Auf für ein erfülltes Leben. Können diese Kernkompetenzen nicht mehr uneingeschränkt vor-ausgesetzt werden, müssen auch Kulturveranstalter Konsequenzen in Bezug auf ihr Angebot ziehen. Allerdings wäre es ein fataler Irrtum zu glauben, dass Kulturprogramme Defizite wie zum Beispiel die Leseschwäche kompensieren könnten. Aber durch verstärkte Angebote kann man auf gesellschaftliche Ent-wicklungen reagieren und entsprechende Diskurse anbieten – auf schulischer Ebene, in der Freizeit oder in gezielten Kooperationen mit Jugendzentren oder Sozialeinrichtungen. Wie reagieren wir auf diese erlebte Realität? Wie können wir der Segmentierung der Bevölkerungsschicht entgegentreten und die plu-ralistische Gesellschaft ernst nehmen? Diesen Fragen stellen wir uns.

Segmentierung der Bevölkerung: Die Spanne zwischen Arm und Reich wird größer werden. Menschen müssen verstärkt mittels partizipativen Kunstpro-jekten an geistige Herausforderungen herangeführt werden. Insbesondere im schulischen Kontext. Ein Kulturveranstalter kann nicht das Bildungssystem reformieren, er kann aber Zusatzangebote schaffen, die diesen Erkenntnissen entgegenwirken. Wir leben diese Vorgabe, entwickeln kontinuierlich Angebote für Kinder ab 1 Jahr und insbesondere für Schulen. Pluralität: Wir reden von migrantischen Kulturen, wir wissen, dass eine breite Durchmischung der Ge-sellschaft Potentiale für den Lebensstandort hat. Dies muss erkannt und an-hand der positiven Aspekte dargestellt werden. Aktives Einbinden von Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen ist ein Gebot der Stunde. Wir tun es, mit dem Projekt „Leben erzählen“. Kultur braucht Veränderung! Ich lade Sie ein, sich mit Literatur und Texten zu beschäftigen.

Christoph ThomaIntendant der Grazer Spielstätten

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KonTaKT: 0316 / 8008 – 9000 | www.spielstaetten.at | [email protected]

Christoph Thomawar von 2002 bis 2006 bei der Jeunesse Österreich für die Kinder- und Jugendprojekte zuständig. Danach zwei Jahre Geschäftsführer von Bludenz Kultur, seit 2008 Intendant der Grazer Spielstätten sowie seit Jänner 2011 Mitglied des Stei-rischen Landeskulturbeirats.

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Fr, 11. märz 2011, 20:00 UHr S3

Literaturnacht – Junge Autoren lesen aus ihren Werken

Sa, 12. märz 2011, 20:00 UHr S4

Arno Geiger – Der alte König in seinem Exil

eXtra So, 13. märz 2011, 11:00 UHr S7

Peter Ahorner und Die Strottern

Fr, 11. märz 2011, 20:00 UHr eXtra

LiteraturnachtIn Kooperation mit der Literaturwerkstatt Berlin präsentieren die Grazer Spielstätten aktuelle Texte der jungen deutschsprachigen Literaturszene mit den „open mike“-Gewinnern Jan Snela und Levin Westermann, dem aktuellen Grazer Stadtschreiber, Jörg Albrecht, oder dem jungen Konstanzer Schriftsteller Philipp Röding.

LiteraturfestivaL Programm

Levin Westermann, geboren 1980 in Meerbusch. Studium der Philosophie und Soziologie und in Frankfurt am Main. Seit 2009 am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel/Bienne. Veröffentlichungen in Literatur-zeitschriften. Gewinner des Lyrikpreis beim 18. „open mike“ 2010.

Jan Snela, geboren 1980 in München. Studiert in Tübingen u. a. Komparatistik, Slawistik und am Studio für Literatur und Theater. 2. Platz im Literaturwettbewerb „Cross over“ der Schreibwerkstätten baden- württembergischer Universitäten (2009). Gewinner des 18. „open mike Prosa“ der Literaturwerkstatt Berlin (2010).

Valerie Fritsch, geboren 1989 in Graz, Mitglied der Grazer plattform, Veröffentlichungen u. a. in manuskripte,LICHTUNGEN, Wortlaut, Korso. Die Autorin ist Photokünstlerin, Reisende und Liebhaberin des Doppelpunk-tes. Valerie Fritsch lebt in Graz und Wien. Im März 2011 erscheint ihr Roman Die VerkörperungEN.

Gerhild Steinbuch geboren 1983 in Mödling, lebt in Berlin. Theaterautorin im Rowohlt Verlag. Letzte Arbei-ten: „Herr mit Sonnenbrille" (2010) und „4 Wörter für ein besseres Leben" (2010) am Schauspielhaus Wien, sowie Beiträge für die „Enzyklopädie des ungelebten Lebens", steirischer herbst / Schauspielhaus Graz.

Philipp Röding, geboren 1990 in Stuttgart, während der Schulzeit Autor und Regisseur am Stadttheater Konstanz. Lebt seit 2010 in Wien. Ebendort Studium der Theaterwissenschaften und der Kunstgeschichte.

Jörg Albrecht, geboren 1981 in Bonn. Lebt in Berlin und derzeit als Stadtschreiber in Graz. Zuletzt erschie-nen der Roman „Sternstaub, Goldfunk, Silberstreif“ (2008) und das Hörspiel „Moon Tele Vision“ (2009). Auf-führungen am Schauspielhaus Wien, Maxim Gorki Theater Berlin und an den Münchner Kammerspielen.

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ch lese das neue Buch von Arno Geiger in ei-nem Rutsch am Silvesterabend. Ein gutes Zei-chen, nicht aus dem Text zu fallen und in einer

Welt zu bleiben, die sich ausgerechnet um so etwas Bedrohliches wie Demenz dreht – eine Krankheit, die Angst, Wut und vor allem Scham erzeugt. „‚Ich bin nichts mehr‘, sagt der Vater. ‚Ich bin einer, der nichts zu melden hat.‘“ Auf den ersten Blick ist das Buch eine sanfte und geduldige Vater-Sohn-Geschichte, auf den zweiten Blick auch die Ge-schichte einer autobiografischen wie literarischen Selbstvergewisserung mit verborgenen Fragezei-chen. Was ist jetzt? Wer bin ich, wenn ich schreibe? Und wo – wenn der Vater immer mehr Fähigkeiten einbüßt, sich verliert, sich nach Hause sehnt?

Dichten und Verdichten

Wer sich nicht mehr auskennt, hat schon verloren – der ist entwurzelt und orientierungslos, denken wir. Ein Mensch ohne Verbindungen? Aber das stimmt nicht so ganz, lehrt uns der Text, denn es sind die vielen Gegenwartsmomente, die Vater und Sohn in einen lebendigen, teils komischen Aus-tausch bringen. „‚Hier hast du deinen Hut‘, sagt der Sohn. ‚Aber wo ist mein Gehirn?‘, fragt der Vater.“Das Gehirn übernimmt jetzt der Sohn, denke ich. Das Denken, das Dichten und Verdichten. Ob der Vater wusste, dass der Sohn über ihn schreiben würde? Die Frage bleibt offen. Wir telefonieren gleich zu Neujahr. Ich frage Arno Geiger, wo wir uns treffen, um über den alten König in seinem Exil zu sprechen – das Exil, ein Ort nirgends, den die fort-schreitende Alzheimererkrankung vorgibt und der vielleicht direkt etwas mit dem Schreiben zu tun hat. Und selbst wenn nicht. Was für eine Hommage an den Vater, finde ich. Und dass es mutig ist, Ich zu sagen. Über 189 Seiten.

Ich, das ist der Sohn eines krank gewordenen Va-ters, den der Sohn gegen Ende des Lebens adelt und auf einen Thron hebt. Ein Vater, der immer ein bisschen unerreichbar bleibt, aber mit dem sich die Zeit, das Denken und der Tod besprechen lassen. „Hast du Angst vor dem Sterben?“ – „Ob-wohl es eine Schande ist, es nicht zu wissen, kann ich es dir nicht sagen.“ Ich, das ist auch der Sohn,

der sich seiner Verbindung zum Vater versichert, schließlich Verunsicherung erntet – aber dafür in einer neuen, eigenen Sprache als Autor landet. Ich, das ist auch der Vater. Es ist das Eintauchen in Sprache und Wahrnehmung eines Geschlagenen, der Wörter und Sätze, Erinnerung und Gegenwart zerfallen lässt und neu zusammensetzt. Teils halt-los und ohne Kontrolle lebt der Vater in diesem Roman, mit Arno Geiger wird sein Erleben in prä-zise strukturierte Erzählung transformiert. Immer taktvoll, immer auf Bedeutung und Menschlichkeit hinzielender Gesprächstoff ist das, zeigt uns doch die Realität anderer Krankheitsgeschichten oft den gewaltsamen Umgang mit Dementen, die uns an die Grenze bringen können, zur Raserei. Am Tele-fon erzählt mir Arno Geiger, dass er gerade „Krieg und Frieden“ von Tolstoi liest. Er schätze die Dra-maturgie des Textes, die Übersicht von Tolstoi. Eine Übersicht, die Proust nicht habe in „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“.

Literarische Exkursion und Krankheit

„Aber wer hat schon Kontrolle?“, sage ich. Ler-nen wir nicht gerade vom König-Vater in Geigers Erzählung, dass es möglich ist, nicht mehr Herr im eigenen Hause zu sein und doch jemand Be-sonderer? „Ja“, sagt der Autor, „Menschen sind immer unvollkommen und gleichzeitig immer et-was Ganzes.“ Der Vater August Geiger hat Glück mit einem Sohn Arno. Ein Sohn, der verstehen und vermitteln, aufzeichnen und statt seiner erinnern möchte, geordnet und treffend, nicht zu viel und nicht zu wenig. Immer wieder folgt er einer dem Vater abgelauschten Sprache, die eine andere Welt stiftet, die mal knapp, mal verschwenderisch um-deutet, was war und was ist. „Da, schau, Papa, da ist dein Gartenmäuerchen“ „Stimmt. Das nehme ich mit.“ „Du kannst doch das Mäuerchen nicht mitnehmen.“„Nichts leichter als das.“ „Das geht doch nicht, Papa.“ „Ich werde es dir schon zeigen.“ Das ist das eigentlich Faszinierende dieses Bu-ches: Es ist zuweilen absurd und komisch, traurig und verblüffend, dabei nie gekünstelt. Der Text ist eben auch eine literarische Exkursion in die Krankheit. Der Leser profitiert daher von Dokumentarischem, vom Symbolisieren des Au-

Wo ist zu Hause?Arno Geigers „Der alte König in seinem Exil“ Von Katrin Mackowski

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Sa, 12. märz 2011, 20:00 UHr

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tors: „Es ist, als würde ich dem Vater in Zeitlupe beim Verbluten zusehen. Das Leben sickert Trop-fen für Tropfen aus der Person heraus.“ Doch der Sohn sieht nicht nur zu, wie der Vater vergeht. Er ergreift seine Hand, will mehr, will fühlen, was da ist zwischen ihnen. Etwas bleibt offen, denn die Sehnsucht nach Wärme, nach Verbindung erfüllt sich zwar oft, aber nur in Momenten ganz. Die Be-ziehung bleibt irritierbar, ist von jeher empfindlich.

Erkunden der väterlichen Sprache

Der Vater August Geiger. Ein Landmann. Ein Rät-sel also. Ob mit oder ohne Demenz. „Oft trug er ein Taschentuch auf dem Kopf, in dessen vier Ecken er kleine Knoten gemacht hatte …“, heißt es im Text. Ein idyllisches und zugleich ein verstörendes Bild gibt dieser Mann im Nachhinein ab. Als hätte er sich noch nie etwas merken können – so deuten die Knoten im Taschentuch. Als wäre er immer schon ein loser Mensch gewesen, so wenig bezogen. Und doch. Der Vater interessiert sich für den Autor Arno Geiger, bezeichnet ihn an einer Stelle sogar als besten Freund. „Er fragt: ,Wie ist es dir ergan-gen mit deinen Papieren?‘ ,Mit meinen Papieren ist es mir immer gut gegangen‘, antwortete ich. ,Mir auch‘, sagte er.“ Das Erzähler-Ich deutet diesen Dialog so: „Eine seltsame Konstellation. Was ich ihm gebe, kann er nicht festhalten. Was er mir gibt, halte ich mit aller Kraft fest.“

Das Festhalten und Sammeln von Erinnerungen, die geschilderten Momente der Gegenwart, das sich zu Hause oder fremd fühlen in der eigenen Sprache beim Erkunden der anderen, väterlichen Sprache, das ist ein großes Thema des Buches.

Jenseits einer Vater-Sohn-Geschichte, jenseits ei-ner Auseinandersetzung mit dem Zerfall von Sinn. „Was ist jetzt? Wer bin ich, wenn ich schreibe?“, lese ich immer wieder zwischen den Zeilen. Wir treffen uns, im Café Jelinek in Wien. „Mit zwanzig wäre ich wahrscheinlich weggelaufen“, sagt Arno Geiger. „Ich hätte mich der Krankheit nicht gestellt. Aber nachdem ich mich ihr gestellt habe, wäre es undenkbar gewesen, nicht vom Erlebten zu er-zählen, schlicht, nicht pathetisch. Anders wäre es nicht gegangen.“ Schreiben bedeutet eben auch Distanz einnehmen.

„Der alte König in seinem Exil“ ist ein Text, der aus Intimsphäre Kunst macht. Ein Text nicht nur über Krankheit, sondern ebenso darüber, wie das lite-rarische Ich sich in den Zustand des Verlorenen einfühlt, wie es oszilliert zwischen innen und au-ßen – gespiegelt in der Geschichte des Vaters, der seinen Kopf hinhält und ihn nach und nach verliert. „,Aber wo ist mein Gehirn?‘ ,Dein Gehirn ist unter dem Hut‘, sagte ich von der Küche aus. Der Vater nahm den Hut ab, schaute hinein und erwiderte: ,Das wäre aber ein Wunder.‘“

Katrin Mackowskiist Schriftstellerin und Filmemacherin. Die Romane „Rosa spielen“ und „Die falsche Frau“ drehen sich um verbrecherische Liebe und verletzen fortlaufend das Genre Krimi. 2010 erschien die Theater- Groteske „Kopf oder Zahl oder wie ich meine Familie umbringe“ im Passagen Verlag. In ihren Dokumen-tationen für das Fernsehen greift die Autorin das Phänomen Trauma auf und wurde dafür mit dem Prälat-Leopold-Ungar-Preis 2008 ausgezeichnet.

„Hier hast du deinen Hut“ sagt der Sohn.„Aber wo ist mein Gehirn?“, fragt der Vater.aus dem Buch „Der alte König in seinem Exil“

Arno und August Geiger

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ie Literaturwerkstatt Berlin ist Begeg-nungsstätte von Autorinnen und Autoren aus aller Welt mit ihrem deutschen Publi-

kum. Sie sorgt für die Wahrnehmung deutschspra-chiger Literatur im Ausland und ist Vermittlerin in den deutschen Sprachraum hinein. Sie erprobt und präsentiert Literatur in intermedialen Beziehungen und organisiert Öffentlichkeit auch für jene Bereiche der Wortkunst, die nicht per se im Rampenlicht me-dialer Aufmerksamkeit stehen. Besondere Schwer-punkte ihres Arbeitens liegen in der Entdeckung und Förderung des schriftstellerischen Nachwuch-ses und in der Verbreitung von Poesie.

Thoma: Herr Dr. wohlfahrt, wie schaut für Sie eine lebendige Begegnungsstätte für Kunst und Kultur aus? Wohlfahrt: Unser Programm ist, positiv gefasst, die schärfste Kritik gegenüber all dem, was darüber hi-naus existiert, bei uns aber nicht stattfindet. Kunst und Kultur existieren nicht abgehoben, sondern sagen – poetisch – die Dinge anders und können Fragen anders stellen, weil sie die „Welt als Mög-lichkeit“ darstellen und diese Möglichkeitsräume untersuchen: ein unglaublich spannender und pro-duktiver Prozess, der deshalb seine Interessenten findet.

Thoma: Der „open mike“ hat sich zum wichtigsten deutschsprachigen Literatur-nachwuchswett- bewerb entwickelt und ist Karrieresprung-brett für junge autorInnen. Gewonnen haben ihn u. a. Karen Duve, Jochen Schmidt, Terézia mora, Tilman rammstedt, rabea edel, Jörg albrecht und Judith zander. wie beurtei-len Sie die entwicklung der jungen literarischen Generation? Wohlfahrt: Übrigens auch Kathrin Röggla und Christian Futscher aus Österreich gehören zu den Gewinnern des „open mike“. Ich meine: jede Ge-neration hat ihre Probleme und stellt ihre Fragen.

Und sie versucht, ästhetisch Formen und Formate zu entwickeln, die geeignet scheinen, mögliche Ant-worten oder weiterführende Fragen zu entwickeln. Alle Debatten um die Postmoderne oder die Post-Postmoderne usw. sind theoretischer Natur. Ich fin-de es immer wieder spannend, wie junge Autoren zum Beispiel ihre Medienumwelt, die in digitalen Zeiten ganz andere Seinsprobleme hervorruft, Text werden lassen oder daran arbeiten.

Thoma: Die kulturelle Infrastruktur ist vorhanden, es gibt zahlreiche orte und räume, über die Kunst aktiv wahrgenommen werden kann. Im Gegensatz dazu steht die nicht zuletzt durch die PISa-Studie gewonnene erkenntnis, dass insbesondere jun-ge menschen essentielle Fertigkeiten wie Lesen, Schreiben und rechnen nicht mehr beherrschen. wie können Kulturveranstalter auf diese entwick-lungen reagieren, auch im wissen, dass sie ihre Tätigkeit immer öfter über Besucherzahlen legiti-mieren müssen?Wohlfahrt: Ich halte es für entscheidend, junge Menschen sich selbst erleben zu lassen, das heißt; sich entdecken zu lassen, dass sie mit Sprache und Stimme, auch mit dem Körper ja Instrumente in der Hand haben, mit denen sie sehr viel erreichen und machen können. Das macht Lust auf mehr, auch auf mehr Lesen.

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Wortkunst im RampenlichtIntendant Christoph Thoma im Gespräch mit dem Direktor der Literaturwerkstatt Berlin, Dr. Thomas Wohlfahrt

Dr. Thomas Wohlfahrt ist Gründungsdirektor der Literaturwerkstatt Berlin und leitet sie seit 1991. Der promovierte Literatur- und Musikwissenschaftler initiierte und leitete in-ternationale Großprojekte wie den Literatur Express Europa 2000, die Webseite lyrikline.org, das ZEBRA Poetry Film Festival, den open mike und das poe-siefestival berlin. Er ist Mitglied vieler nationaler wie internationaler Gremien und kuratiert und berät verschiedene internationale Literatur- und Kunstprogramme.

Dr. Thomas Wohlfahrt

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ie beeinflusst das Sprechen in einer fremden Sprache die Kommunikation mit anderen Menschen? Wer könnte Gefallen daran fin-

den, einem unbekannten Menschen dabei zuzuhören, wie dieser aus seinem Leben, von seinen Gedanken erzählt? Eine fremde Sprache zu benutzen beeinträch-tigt oft die Möglichkeit, sich auszudrücken. Die Folge: Man lässt es bleiben. Das ist schade – Wichtiges bleibt ungesagt. Diese für die Betroffenen fatale Konsequenz unterläuft das Projekt „Leben erzählen“. Geschrie-ben wird an Tagebüchern, und damit an einer Form, die immer auch die Frage nach Identität, eigener und fremder, stellt – in sehr persönlichen, journalistischen und literarischen Texten. Die Reihe „Leben erzählen“ gibt Einblick in diese Arbeiten. Eingeladen werden aber auch Gäste, die zeigen, dass ein scheinbares Handicap zur Bereicherung werden kann. „Leben erzählen“ ist eine gemeinsame Initiative der Grazer Spielstätten,

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Wortkunst im RampenlichtIntendant Christoph Thoma im Gespräch mit dem Direktor der Literaturwerkstatt Berlin, Dr. Thomas Wohlfahrt

Leben erzählenEine neue, gemeinsame Initiative der Grazer Spielstätten, AAI Afro-Asiatisches Institut und UniT Graz

S7So, 13. märz 2011, 11:00 UHr

Die nächsten Veranstaltungen:

Mittwoch, 23. März, 20:00 Uhr | Orpheum Extra Türkei | Seher Çakir, Autorin

Mittwoch, 27. April, 20:00 Uhr, Orpheum ExtraAlbanien | Lindita Komani

Mittwoch, 25. Mai, 20:00 Uhr, Orpheum ExtraMarokko: Driss Tabaalite | Ägypten: John Hanna

des Afro-Asiatischen Instituts und der UniT, bei der Menschen mit Migrationshintergrund über ihre Erleb-nisse in ihrer (Wahl-)Heimat schreiben. Der Spaß am Umgang mit der Sprache steht im Vordergrund, wobei die Grenze zwischen deutscher Sprache und Erstspra-che fließend ist. Der fremde Blick auf das Eigene, Ver-traute fördert spannende Erkenntnisse zu Tage.

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Die Strottern & Peter AhornerDie Strottern und Peter Ahorner gehören ja inzwischen zusammen wie Donaustrom und Steckerlfisch. In gemeinsamen Auftritten fischen die Herren frisches Lied- und Dichtgut aus ihrer Wiener Werkstätte und Meister Ahorner tritt dabei als genialer Rezitator und mitunter auch als rauher Sänger in Erscheinung.Wiener Poesie von „Angetan“ bis „Zidane“. „Wien kann man nicht lernen, wer das versucht, hat das Wesentliche bereits überhört.“ (Peter Ahorner)

Lindita Komani

Das Team der Grazer Spielstätten:Christoph Thoma | Geschäftsführung, künstlerische Leitungmichael Tassis | Prokura, MarketingHeide Spitzer | Sekretariat, Assistenz der GeschäftsführungUrsula Fehle, michael Jabbour | BetriebsbüroSascha Sperdin, eduard mandl | KartenverkaufClaudia Pucher, Peter matscheko | Vertriebmichael Doubek | Technische LeitungKurt Schulz, martin Schachner | TontechnikJohann Horwath, Heribert Janzsa | Haustechnikrolf Schreiber, maximilian mahler | Lichttechnikmichael Seinitz, Gerhard Siegert | Bühnentechnikraphael Hammer | Lehrlinganja Faist | Praktikum

Programmvorschau der Grazer Spielstätten

weitere Veranstaltungen finden sie unter www.spielstaetten.atKarten: 0316 / 8008 – 9000 | [email protected]

Impressum:Herausgeber: Grazer Spielstätten Orpheum, Dom im Berg und Schloßbergbühne Kasematten GmbH, Orpheumgasse 8, 8020 Graz Für den Inhalt verantwortlich: Christoph Thoma Redaktion: Albert Seitlinger Credits: Arno Geiger (Marco Flammang), Christoph Thoma (Michael Thurm), Arno und August Geiger (Wonge Bergmann), Dr. Thomas Wohlfahrt (Kraehahn), Die Strottern (Peter Mayer), Lindita Komani (AAI)Grafische Gestaltung: onomato gestaltungsgesellschaft Druck: Medienfabrik GrazÄnderungen vorbehalten / Redaktionsschluss: 24.02.2011

Partner:

h a u p t s p o n s o r d e r g r a z e r s p i e l s t ä t t e n

mI, 16. märz, 15:00 UHr der gestiefeLte kater | grazer spielstätten, JeunesseDo, 17. märz, 20:00 UHr shenanigans | grazer spielstättenSa, 2. aPrIL, 20:00 UHr aLfred dOrfer | Vojo Concertsmo, 4. aPrIL, 15:00 UHr saitenspieLe! | grazer spielstätten, JeunesseDI, 5. aPrIL, 10:00 & 15:00 UHr cineLLO: rOsen | grazer spielstätten, JeunesseDo, 14. aPrIL, 20:00 UHr BOdO Wartke | HoanzlFr, 15. aPrIL, 20:00 UHr christina stürmer | Vojo ConcertsSa, 16. aPrIL, 20:00 UHr Birgit denk | Vojo ConcertsFr, 29. aPrIL, 20:00 UHr die dOrnrOsen | Hin & widerSa, 30. aPrIL, 20:00 UHr andreas vitasek | Vojo ConcertsDo, 12. maI, 20:30 UHr fat tuesdaY | Verein fat tuesdaySa, 21. maI, 17:00 UHr neWcOmer 2011 – das finaLe | Vojo ConcertsDo, 26. maI, 20:00 UHr dJangO asüL | Vojo ConcertsDo, 26. maI, 20:00 UHr heLge schneider | Vojo ConcertsSa, 28. maI, 20:00 UHr fLYing pickets | Vojo ConcertsDo, 2. JUnI, 20:00 UHr hOLstuOnarmusigBigBandcLuB | show factorymI, 15. JUnI, 20:00 UHr pasiOn de Buena vista | Vojo Concerts