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Reader: Exkursion in das Banat/ Rumänien, veranstaltet vom Seminar für Europäische Ethnologie/ Volkskunde (CAU Kiel) (30.8.08 bis 6.9.08) Protokoll vom 2. September 2008: Orawitza Sven Reiß, Christian Zimmer (Text), Verena Lippert (Fotos) „Tuica“ Während der Großteil der Gruppe noch mit dem Frühstück beschäftigt ist, erreicht Maria in Begleitung ihres Onkels das Hotel. Im Gepäck haben die beiden etliche Flaschen des rumänischen Nationalgetränks „Tuica“, die sie an die Gruppe als Gastgeschenke verteilten. Die „Tuica“ ist ein aus Pflaumen gebrannter Schnaps der gern als Aperitif gereicht wird und bei keiner Feierlichkeit fehlen darf. Interessant ist, dass der Großteil dieser Spirituose schwarz gebrannt wird, und dies scheinbar von offizieller Seite geduldet wird. So ist denn auch diese Tuica von Marias Onkel selbst gebrannt worden und wird uns nun in den verschiedensten früheren Wasserflaschen überreicht. Busfahrt zwischen ungleichen Gleichzeitigkeiten N ach dem Frühstück geht es mit dem Bus nach Orawitza. Auf dem Weg dorthin fahren wir auf einer neu angelegten Straße entlang der Donau, und bekommen so noch einmal die Gelegenheit die Landschaft an der Donau zu bewundern. Neben der Landschaft fallen einige Dinge besonders auf: zum einen sind alle paar Kilometer Baustellen zu sehen, an denen entweder die Straße gebaut bzw. ausgebessert wird, oder aber die Hänge gesichert werden, da die Straße an vielen Stellen von Erdrutschen bedroht ist. Auf die Nachfrage warum denn

Protokoll vom 2 - uni-kiel.de · rumänischen Nationalgetränks „Tuica“, die sie an die Gruppe als Gastgeschenke verteilten. Die „Tuica“ ist ein aus Pflaumen gebrannter Schnaps

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Reader: Exkursion in das Banat/ Rumänien, veranstaltet vom Seminar für Europäische Ethnologie/

Volkskunde (CAU Kiel) (30.8.08 bis 6.9.08)

Protokoll vom 2. September 2008: Orawitza

Sven Reiß, Christian Zimmer (Text), Verena Lippert (Fotos)

„Tuica“ Während der Großteil der Gruppe noch mit dem Frühstück beschäftigt ist, erreicht Maria in

Begleitung ihres Onkels das Hotel. Im Gepäck haben die beiden etliche Flaschen des

rumänischen Nationalgetränks „Tuica“, die sie an die Gruppe als Gastgeschenke verteilten.

Die „Tuica“ ist ein aus Pflaumen gebrannter Schnaps der gern als Aperitif gereicht wird und

bei keiner Feierlichkeit fehlen darf. Interessant ist, dass der Großteil dieser Spirituose

schwarz gebrannt wird, und dies scheinbar von offizieller Seite geduldet wird. So ist denn

auch diese Tuica von Marias Onkel selbst gebrannt worden und wird uns nun in den

verschiedensten früheren Wasserflaschen überreicht.

Busfahrt zwischen ungleichen Gleichzeitigkeiten

N

ach dem Frühstück geht es mit dem Bus nach Orawitza. Auf dem Weg dorthin fahren wir auf

einer neu angelegten Straße entlang der Donau, und bekommen so noch einmal die

Gelegenheit die Landschaft an der Donau zu bewundern. Neben der Landschaft fallen einige

Dinge besonders auf: zum einen sind alle paar Kilometer Baustellen zu sehen, an denen

entweder die Straße gebaut bzw. ausgebessert wird, oder aber die Hänge gesichert werden,

da die Straße an vielen Stellen von Erdrutschen bedroht ist. Auf die Nachfrage warum denn

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soviel gebaut werde, nicht nur entlang dieser Straße sondern im gesamten bis dahin

besichtigten Teil des Banats, wird meist auf den EU Beitritt Rumäniens im vergangenen Jahr

verwiesen.

Ein anderer Aspekt der förmlich ins Auge springt ist der extreme Gegensatz von „Neu“ und

„Alt“ sowie der von „Arm“ und „Reich“. In einer gewissen Regelmäßigkeit fahren wir an

Ortschaften vorbei die sehr bunt gemischt sind, Häuser die noch aus der ersten Hälfte des

letzten Jahrhunderts sein mögen, stehen neben welchen die erst vor ein paar Jahren

errichtet wurden, und für deutsche Verhältnisse dem gehobenen Mittelstand zuzurechnen

sind. Fabrikhallen aus Zeiten der kommunistischen Diktatur stehen in Sichtweite von

Baustellen von Hotelkomplexen neuester Bauart. Aber nicht nur an Hand der Gebäude lässt

sich eine seltsame Gleichzeitigkeit zweier Epochen feststellen, sondern auch an den

unterschiedlichsten Fahrzeugen. Während wir in Orschowa eine breite Palette von Autos

jüngeren wie älteren Baujahrs sahen, stoßen wir in ländlicheren Gegenden gelegentlich auf

Pferdefuhrwerke, vor denen auch auf Verkehrsschildern gewarnt wird. Während die

Straßenarbeiten mit modernsten Maschinen vollrichtet werden, sehen

wir auf dem Feld daneben noch den Bauern den vom Pferd angetriebenen Pflug in den

Boden rammen.

Decebal-Monument

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Nach etwa einer halben Stunde Fahrtzeit halten wir am Relief des Dakerkönigs Decebalus.

Das Relief wurde vor etwa vier Jahren von einem wohlhabenden Geschäftsmann gestiftet,

und stellt den letzten dakischen König dar dem es gelang die Stämme im Kampf gegen die

Römer zu einen. Es ist zwischen 1994 bis 2002 massiv in den Fels hineingearbeitet worden

und hat eine Höhe von 40 und eine Breite von 25 Metern. Sonderbar bleibt, warum die

Rumänen gerade Decebal als Gegener römischer Einwanderung ein solches Denkmal

setzten, wo sie sich sonst eher mit stolz darauf berufen, von den Römern abzustammen.

Interessant ist, dass es gerade für den rumänischen Busfahrer eine besondere Attraktion

darstellt und er es begeistert mit seiner Tochter betrachtet. Wahrscheinlich ist ihm mehr

bewusst als uns, dass es sich hier um die höchste Felsskulptur Europas handelt.

In der Nähe des Reliefs genauer gesagt am „Eisernen Tor“ steht ein Kraftwerk, welches in

den 1970er Jahren erbaut wurde und ein Jointventure zwischen Rumänien und Jugoslawien

bzw. heute Serbien ist.

Die Banater Tschechendörfer Während der Busfahrt an der Donau entlang gehen einige recht unwegsame Fahrpisten

hinein in das an die Donau anschließende Gebirgsland. Frau Volkmann erklärt uns, dass

diese Wege in ein tatsächlich recht schlecht erreichbares Gebiet mit tschechischen Dörfern

führen. Im 19. Jahrhundert ließ die KuK-Monarchie dort etwa 9000 Personen aus Böhmen

ansiedeln. Sie fanden ihr Einkommen in der Holzwirtschaft und später im Kohlebergbau.

Durch die abgelegene Lage sind sechs dieser Dörfer bis heute mit tschechisch sprechender

Bevölkerung besiedelt, auch in den Schulen wird tschechisch gelehrt. Unterstützung erhält

diese Minderheit heute besonders aus Tschechien selbst.

Tri Cule – Die drei Türme Vgl. http://alexisphoenix.org/trikule.php

„Hier zur linken sehen wir in der Donau nun die drei Türme!“ Brav blicken wir nach links in

die Donau hinein und erblicken – zwei im Wasser stehende Türme. Nun sind zwei Türme die

im Wasser stehen und drei Türme heißen ja doch ein wenig sonderbar. Doch tatsächlich

waren es eigentlich drei Türme, die hier seit 1792 teil einer Habsburger Zollstation waren.

Noch Anfang des 20. Jahrhunderts waren alle drei Türme vollständig zu sehen, durch Zerfall

und Steigung des Wasserspiegels der Donau sind heute nur noch zwei der drei Türme

sichtbar. Die Türme selbst sind älteren Ursprunges als die Zollstation und stammen

vermutlich aus dem 14. Jahrhundert.

Die Fahrt führt uns immer weiter entlang der Donau, rechter Hand Rumänien und linker

Hand Serbien, bis wir etwa gegen 12 Uhr in Moldowa ankommen und einen kurzen

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Zwischenstopp einlegten. Moldowa ist im 18. Jahrhundert. von der Habsburger Monarchie

gegründet worden um den Bergbau in der Region zu fördern. Früher wurden in Bergen um

Moldowa Blei, Silber und Kupfer gefördert heutzutage nur noch Kupfer. Darüber hinaus

besteht der Ort aus zwei Teilen: Alt- und Neumoldowa, von denen der ältere Teil eine

deutsche und der jüngere eine rumänische Siedlung ist.

Die frühere Bergbausiedlung Orawitza Etwa gegen 13:30 Uhr erreichten wir das erste Ziel unseres Tagesprogramms: Orawitza.

Orawitza wurde ab dem 18. Jh. von der Habsburger Monarchie besiedelt und wurde eines

der bedeutendsten Bergbauzentren im Banater Bergland.

Der Pfarrer von Orawitza mit Tuica

In Orawitza haben wir einen Termin mit dem örtlichen Pfarrer im Gemeindehaus, dessen

Geschichte exemplarisch ist für so vieles in dieser gesamten Region. Errichtet wurde das

Gemeindehaus 1739 als Schul- und Pfarrhaus und blieb im Besitz der Kirche bis zur

Enteignung durch das kommunistische Regime nach 1945. Zwischenzeitig war es während

der beiden Weltkriege als Kasernengebäude genutzt worden. Während der totalitären

Herrschaft nach 1945 wurde es in eine Teppichfabrik umfunktioniert und nach dem Sturz

stand es leer, die Spuren der letzten 50 Jahre sind noch deutlich zu erkennen. 2002 erfolgte

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die Rückgabe des völlig verwahrlosten und geplünderten Hauses an die katholische Kirche.

Seit 2003 wird es Stück für Stück restauriert. Bis heute ist das Dach neu gedeckt und ein

Gemeinderaum mit Hilfe von Spendengeldern aus der Bundesrepublik hergerichtet worden.

Andere Räume stehen weiterhin leer und verfallen, es fehlt überall das Geld. Dafür ist der

Gemeinderaum hell erstrahlt von modernen Energiesparlampen. Gegensätze überall.

Der Pfarrer empfängt uns sehr herzlich mit einem kleinen Imbiss samt Umtrunk mit

selbstgebranntem Tuica-Schnaps für alle. Anschließend erzählt er anschaulich von seiner

Arbeit in der Gemeinde: abgesehen von der Gemeindearbeit in Orawitza und vier weiteren

anliegenden Kirchen obliegt ihm im Wesentlichen die Jugendarbeit. Doch auch in Orawitza

ist die Lage in der Gemeinde schwierig, da viele der jungen Menschen ab und auswandern

in andere Regionen des Landes oder andere Länder Europas. Die Heilige Messe ließt er vor

den meist weiblichen Besuchern dreisprachig: Rumänisch, Deutsch und Ungarisch.

Im Gemeindehaus von Orawitza

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Im Anschluss an den Imbiss führt der Pfarrer uns durch den Ort, beginnend mit der Kirche.

Die Kirche Orawitzas, zwischen 1718 und 1722 errichtet und 1732 geweiht, im Stil Banater

Barocks gebaut und im Besitz einer Reliquie, die vom Kaiser selbst gestiftet wurde. Nicht nur

die Kirche sondern der Ort an sich konnte sich der kaiserlichen Unterstützung erfreuen, so

wurde beispielsweise das Altarbild 1774 vom Kaiser gestiftet.

Im inneren der Kirche von Orawitza

Die Mehrsprachigkeit zeigt sich auf eindrucksvolle Weise auch auf der Gedenktafel für die

Gefallenen der beiden Weltkriege: Gedenket der Helden –mahnet es dort auf Deutsch und

Ungarisch.

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Im Theater von Orawitza

Prunkvoll eröffnet sich uns das innere des „Mihail Eminescu“ Theaters: zwar klein nur, aber

dafür mit einem goldenem Prunk, wie man ihn in einer früheren Bergarbeitersiedlung nicht

erwartet hätte. Und tatsächlich handelt es sich, bei dem im Übrigen ältesten Theater

Rumäniens, um einen Miniaturnachbau des Wiener Burgtheaters. Wir erfahren, dass die

KuK-Monarchie über eine beachtliche Theatertradition verfügte und im gesamten Reich

Theater als Symbol des monarchischen Geistes entstanden. So eben auch hier in Orawitza,

wo das Theater 1817 im Beisein des Kaisers Franz II. mit seiner Gemahlin eingeweiht

worden ist.

Der Bau selbst ist eine Stahlkonstruktion, die lediglich mit Holz verkleidet worden ist. Nach

langjähriger Baufälligkeit wurde das Theater in den 1990er Jahre von Grund auf saniert und

ist heute wieder für Theatervorführungen offen – was jedoch von der Bevölkerung kaum

angenommen wird. Ein wenig kulturpessimistisch erzählt uns der Pfarrer, dass das Theater

in den vergangenen Jahren nur einmal voll war: es war anlässlich einer „Misswahl“…die

heutige Jugend mag eben nur noch „Balkanbeats“ hören, diese werde jedoch im Theater von

Orawitza keinen Raum erhalten. So finden heutige Theatervorstellungen teilweise nur noch

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mit 5 Zuschauern statt. Ob es an der Armut liege? Nein, das Theater hier sei kostenlos.

Im früheren Foyer des Theaters zeigen uns einfach und doch liebevoll hergestellte

Schautafeln und Vitrinen das früheres Alltagsleben in Orawitza: Bilder von Feiern und

Festen, Vereinswesen – und natürlich der Bergbau. Im Nebenraum dazu passend

Alltagsgegenstände und eine kleine geologische Sammlung…ein kleines Heimatmuseum in

den Vorräumen des ältesten Theaters Rumäniens.

Modell von Orawitza im Foyer des Theaters

Wir befinden uns wieder vor dem Theater und seiner ebenfalls sanierten Fassade. Über dem

Eingang hängen zwei Fahnen: die Rumänische und die der EU. Nicht nur hier, sondern auch

an anderen Orten finden wir immer wieder neben der rumänischen auch die europäische

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Fahne. Seit 2007 ist Rumänien nun EU Mitglied und hat damit seine „Westanbindung“

vollzogen. Welch starke Hoffnung haben die rumänischen Bürger zu dieser

Staatengemeinschaft?

Fahrt zur Wallfahrtskirche Maria-Tschiklowa Weiter geht die Fahrt im Bus zusammen mit unserem Pfarrer aus Orawitza zur

Wallfahrtskirche Maria-Tschiklowa. Auch sie gehört noch zu seinem Pfarrbezirk, der gesamt

etwa 30qkm umfasst. Die Fahrt führt uns zunächst vorbei an endlos erscheinenden

Pflaumenbaumplantagen. Was man daraus machen kann, haben wir an diesem Tag bereist

zweimal gezeigt bekommen: den beliebten Tuica-Schnaps.

Die nun folgenden Dörfer zeigen deutlich die Armut in Teilen des Banat außerhalb der

Städte: alte, vielfach in einem schlechten zustand befindliche, Häuser, viel Pferdefuhrwerk,

Hausbrunnen an den unbefestigten Straßen. In diesen Orten fallen die vielfach äußerst

schmuckvoll verzierten Regenrinnen besonders auf. Zinkrinnen mit teilweise ziemlich

aufwendigen, eingestanzten Eckornamenten und aufgesetzten Zierblenden. An allen Orten

des Banat, die wir besuchten sahen wir diese, hier, in diesen ärmlichen Dörfern vielen sie mir

besonders auf.

Doch noch etwas fällt an diesen Häusern auf: vielfach wehen vor den Eingängen schwarze

Fahnen. In Europa finden sich schwarze Fahnen oftmals als Widerstandssymbol, etwa bei

anarchistischen Bewegungen oder auch der schleswig-holsteinischen Landvolkbewegung

der 1920er Jahre. Hier stehen die Fahnen nicht für irgendeine Befeiungsbewegung, hier sind

sie Zeichen des Todes. Es ist in dieser Region des Banat üblich, den Tod eines

Hausangehörigen etwa zwischen 14 Tagen und sechs Wochen durch das hissen einer

schwarzen Fahne am Hauseingang zu zeigen. Nur hier in diesen Dörfern hingegen bleiben

die Fahnen auch mal zwei bis drei Jahre hängen.

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Wir erreichen den Ort Tschiklowa. Nichts deutet heute auf den ersten Blick mehr darauf hin,

das diese frühere Bergbausiedlung einst eine eigene Brauerei und eine Münzfabrikation

hatte. Ruhig und verschlafen liegt das kleine Dorf heute da. Wie viele Menschen denn heute

noch den hiesigen, regelmäßigen katholischen Gottesdienst besuchen, wollen wir wissen.

Der Ort hat noch 5 Katholiken, einer davon ist noch deutscher Banater. Die Kirche selbst

aber kann im Jahr deutlich mehr Besucher aufweisen: sie ist Wallfahrtskirche.

Die Wallfahrtskirche Maria Tschiklowa Ziel der Pilgerfahrten ist besonders eine byzantinische Ikone die Maria mit dem Jesuskind

darstellt. Diese soll schon zu türkischer Zeit in einer Höhle verehrt und dann im beginnenden

18. Jahrhundert von deutschen Siedlern unversehrt dort wieder entdeckt worden sein. Diese

Unversehrtheit des Heiligenbildes gilt als erstes Wunder. 1727 errichteten die Siedler hierfür

auf dem Hügel oberhalb der Höhle eine Holzkappelle, welche jedoch 1776 abbrannte. Nur

der Altar und das Heiligenbild blieben durch ein erneutes Wunder unversehrt und wurden

1777 in den noch heute existenten Kirchenneubau integriert. Der Ort ist als „Maria Fels“ vom

Papst als Wallfahrtsort anerkannt. In der Kirche zeigen einige Bilder weitere

Wundererzählungen, die sich hier zugetragen haben sollen. Eine schildert etwa den Sturz

eines Mädchens 1845 von diesem Fels, welchen sie jedoch unversehrt ohne eine Verletzung

überstand.

Bis 1990 pilgerten die verschiedenen deutschen Pfarrgemeinden des Banats hierher, was

jedoch mit der Abwanderung der Deutschen zunächst rapide abnahm. Gegenwärtig finden

hier pro Jahr

sechs größere Wallfahrten statt. Zunächst einmal sind dies die klassischen Pilgerfahrten der

katholischen Gemeinden zu Maria Verkündung und Maria Heimsuchung. Daneben führen

die tschechischen Dörfer an der Donau und die Kaschowenen-Kroaten hier Pilgerfahrten

durch. Relativ neu sind eine Jugendwallfahrt und eine Fahrradwallfahrt, welche seit 2007

durchgeführt wird. Als Idee berichtet uns der Pfarrer davon, hier auch eine Motorradwallfahrt

einzurichten, besonders, da die neu gewonnene individuelle Mobilität in Rumänien eine

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große Rolle für die Menschen spielt.

Innerhalb der Kirche von Maria Tschiklowa

Postkarte von Maria Tschiklowa, in der unteren Mitte die byzantinische Ikone, rechts zwei

Bilder aus der Kirche, die dortige Wunder darstellen.

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Nachdem wir vom Pfarrer noch einige Anstecker und jeder einige Postkarten von der

Wallfahrtskirche als Erinnerung geschenkt bekommen, verlassen wir die Kirche wieder und

schlendern in das unterhalb gelegene Dorf zu unserem Bus zurück. Auf dem Grundstück des

Gemeindehauses von Tschiklowa treffen wir uns noch einmal mit unserem Pfarrer. Siebzehn

Jahre hat er auf die Rückgabe des Gemeindehauses warten müssen. Heute haben

Jugendliche innerhalb der Ummauerung des Gemeindegrundstückes die Möglichkeit zu

zelten. Mit den besten Wünschen verlassen wir hier den Pfarrer, der uns seit Orawitza so viel

hat zeigen und erzählen können.

Die Programmpunkte des Tages liegen hinter uns. Ohne Pause geht die Busfahrt nun zu

unserem Nachtquartier, einem Hotel in der Innenstadt Temesvars. Es ist später Nachmittag,

in den Dörfern, durch die wir noch fahren, sammeln sich die Menschen auf den Bänken vor

den Häusern und erzählen sich vom Tag.

Ende eines erlebnisreichen Tages: unser Hotel in Temesvar.

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Einige weiter Bilder vom 02.09.

Straßenschutzmauern an der Donau

Denkmal zum Decebal-Monument

Pause am Decebal-Monument

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Bilder aus der Kirche in Orawitza