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Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt ‐ eine Frage guter Führung?
Prof. Dr. med. Wolfgang Senf Universitätsprofessor em. für Psychosoma6sche Medizin und Psychotherapie
Universität Duisburg‐Essen
www.psychotherapy.de [email protected]
Psychische Krankheit
Bevölkerung in Europa: rund 38 % (160 Millionen Menschen) leiden aktuell an einer psychischen Störung*
*WiJchen et. al.: The size and burden of mental disorders and other disorders of the brain in Europe 2010. European Neuropsychopharmacology (2011)
Abbildung 1: Häufigkeit psychischer Störungen im Erwachsenenalter in epidemiologischen Studien innerhalb der EU (Median und Interquartils-
Abstand; Wittchen & Jacobi, 2005). Die 12-Monats-Prävalenz für „irgendeine dieser Störungen“ liegt bei 27%.
Psychische Krankheit in Europa
Jacobi F et al: Epidemiologie psychischer Störungen, Behandlungsbedarf und Versorgungssitua6on. In Senf W, Broda /Hesg.) Praxis der Psychotherapie. Thieme 2011 WiJchen et. al.: The size and burden of mental disorders and other disorders of the brain in Europe 2010. European Neuropsychopharmacology (2011)
Abbildung 1: Häufigkeit psychischer Störungen im Erwachsenenalter in epidemiologischen Studien innerhalb der EU (Median und Interquartils-
Abstand; Wittchen & Jacobi, 2005). Die 12-Monats-Prävalenz für „irgendeine dieser Störungen“ liegt bei 27%.
Psychische Krankheit in Europa
Jacobi F et al: Epidemiologie psychischer Störungen, Behandlungsbedarf und Versorgungssitua6on. In Senf W, Broda /Hesg.) Praxis der Psychotherapie. Thieme 2011 WiJchen et. al.: The size and burden of mental disorders and other disorders of the brain in Europe 2010. European Neuropsychopharmacology (2011)
Abbildung 1: Häufigkeit psychischer Störungen im Erwachsenenalter in epidemiologischen Studien innerhalb der EU (Median und Interquartils-
Abstand; Wittchen & Jacobi, 2005). Die 12-Monats-Prävalenz für „irgendeine dieser Störungen“ liegt bei 27%.
Psychische Krankheit in Europa
Jacobi F et al: Epidemiologie psychischer Störungen, Behandlungsbedarf und Versorgungssitua6on. In Senf W, Broda /Hesg.) Praxis der Psychotherapie. Thieme 2011 WiJchen et. al.: The size and burden of mental disorders and other disorders of the brain in Europe 2010. European Neuropsychopharmacology (2011)
Abbildung 1: Häufigkeit psychischer Störungen im Erwachsenenalter in epidemiologischen Studien innerhalb der EU (Median und Interquartils-
Abstand; Wittchen & Jacobi, 2005). Die 12-Monats-Prävalenz für „irgendeine dieser Störungen“ liegt bei 27%.
Psychische Krankheit in Europa
Jacobi F et al: Epidemiologie psychischer Störungen, Behandlungsbedarf und Versorgungssitua6on. In Senf W, Broda /Hesg.) Praxis der Psychotherapie. Thieme 2011 WiJchen et. al.: The size and burden of mental disorders and other disorders of the brain in Europe 2010. European Neuropsychopharmacology (2011)
Ans6eg der Krankheitstage wegen psychischer Störungen zwischen 2004 und 2010 um das 8‐fache mit im DurchschniJ mehr als 30 Fehltagen 1)
Psychische Erkrankungen verursachten im Jahr 2010 rund 12 % aller Krankheitstage 2)
IT‐Spezialisten: nur 29 % können nach der Arbeit problemlos abschalten, 37 % meinen, ihre Arbeit sei auf Dauer nicht durchzuhalten 3)
Psychische Erkrankungen sind anwachsend die häufigste Ursache für Erwerbsunfähigkeit!
1) AOK Rheinland/Hamburg (BGF‐Ins6tut); 2) Gesundheitsreport 2011 der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) 3) A. Gerlmaier, A. Kümmerling, E. Latniak: Gesund altern in High‐Tech‐Branchen? Im Spannungsfeld von Innova6on und Intensivierung, IAQ‐Report 2010
Psychische Krankheit bei uns
Nehmen psychische Krankheiten zu? Jein! Bei dem als drama6sch verkündeten „Ans6eg“ geht es offenbar um eine „gefühlte“ Zunahme von psychischen Störungen bei einer schon lange bestehenden und durchaus besorgniserregenden Prävalenz psychischer und psychosoma6scher Erkrankungen.
Psychische Krankheit bei uns
Nehmen psychische Krankheiten zu? 38 % (160 Millionen Menschen) leiden aktuell an einer psychischen oder
psychosoma\schen Krankheit, davon sind geschätzt rund 8 % schwerstkrank (z.B. Psychose) 15 % „unauffällig“ krank (z.B. Angst, Phobien, Zwangsstörungen, Essstörungen, somatoforme Störungen, Alkohol) 15 % „wechselnd auffällig“ krank (Depression, Angstsyndrome, somatoforme Störungen)
Psychische Krankheit
Klinik • körperlich erschöpm • depressiv vers6mmt • nicht schlafen, nicht mehr durchschlafen • Ständig am Grübeln • keine Zukunm mehr für sich selbst sehen • kein Selbstvertrauen mehr • überzeugt, bisherige Fähigkeiten verloren zu haben • nicht mehr rich6g freuen • Angst vor der Arbeit und vor sozialen Kontakten • Rückzug
Psychische Krankheit
Klinik • erschöpm • depressiv vers6mmt • nicht schlafen, nicht mehr durchschlafen • Ständig am Grübeln • keine Zukunm mehr für sich selbst sehen • kein Selbstvertrauen mehr • überzeugt, bisherige Fähigkeiten verloren zu haben • nicht mehr rich6g freuen • Angst vor der Arbeit und vor sozialen Kontakten • Rückzug „Der Akku ist leer!“
Psychische Krankheit
Um was handelt es sich?
• Depression • Burnout • Anpassungsstörung* (ICD‐10 F43.2)
* Simmen‐Janevska & Maercker: Anpassungsstörungen: Konzept, Diagnos6k und Interven6onsansätze. Psychother Psych Med 2011; 61(3/04)
Diagnose?
Um was handelt es sich?
• Depression • Anpassungsstörung (ICD‐10 F43.2)*
– schwerwiegende psychische Beeinträch6gungen und Störungen auch bei primär psychisch und körperlich gesunden Menschen – diese nehmen eindeu6g zu – mit verursacht durch belastende Lebens‐ und Arbeitswelten
Depressiv sein ohne Depression
* Simmen‐Janevska & Maercker: Anpassungsstörungen: Konzept, Diagnos6k und Interven6onsansätze. Psychother Psych Med 2011; 61(3/04)
Diagnose?
Anforderung
Bewältigung
Vulnerabilität
Verletzlichkeit Empfindlichkeit
Behinderung
Resilienz
Widerstandsfähigkeit Ressourcen Fähigkeiten
Anforderung und Bewäl\gung
© Senf &Tagay, 2011
Bewältigung
Vulnerabilität Genetische Faktoren psychologische Faktoren (kognitive und sozial-kommunikative Kompetenz) Biografie ( Gewalterfahrung, Verlust wichtiger Bezugs-personen, Missbrauch, etc), Soziale Umgebung (Familie, Armut, etc.)
Resilienz
Genetische Faktoren (Intelligenz, Begabungen, etc.) psychologische Faktoren (kognitive und sozial-kommunikative Kompetenz), Persönlichkeit (Bindungsverhalten, Selbstbezug, etc), Soziale Unterstützung
Anforderung
Anforderung und Bewäl\gung
© Senf &Tagay, 2011
Traumafolgestörungen • Akute Belastungsstörung • PTSD • Andauernde Persönlichkeits- änderung nach Extrembe- lastung / DESNOS
Psychische Störungen • Depressionen • Angststörungen • Somatoforme Störungen • Dissoziative Störungen • Anpassungsstörungen • Essstörungen • Psychotrope Störungen • Persönlichkeitsstörungen • Störungen des Sozialverhaltens • Sonstige psychische Störungen
Bei Chronifizierung: Hohe psychische Komorbidität!
Neurobiologische Veränderungen
Erhöhte Vulnerabilität für psychische Störungen
Gute Bewältigung aufgrund personaler, sozialer und struktureller Ressourcen
Ohne psychiatrische Morbidität / Kompensation durch Abwehrmechanismen
Anforderung
Belastung
Psychopathologischer Entwicklungsweg Bewältigung: adaptiver salutogenetischer Entwicklungsweg
adap
tiv
salu
toge
netis
ch
Persönliche Reifung
Persönliche Reifung erschwert Neurobiologische, kognitive,
emotionale, motivationale und behaviorale Veränderungen
© Tagay & Senf, 2008
Anforderung (Belastung) und Bewäl\gung: Entwicklungswege
Bewältigung
Vulnerabilität
Resilienz
Anforderung Belastung
Anforderung und Bewäl\gung
© Senf &Tagay, 2011
Bewältigung
Vulnerabilität
Resilienz
Anforderung Belastung
Anforderung und Bewäl\gung
© Senf &Tagay, 2011
Bewältigung
Vulnerabilität
Resilienz
Depression Angststörung
Anforderung und Bewäl\gung
© Senf &Tagay, 2011
Anforderung Belastung
Bewältigung
Vulnerabilität
Resilienz
Anforderung Belastung
Depression Angststörung
Anforderung und Bewäl\gung
© Senf &Tagay, 2011
Bewältigung
Vulnerabilität
Resilienz
Anforderung Belastung
Belastung Anforderung
Man muss es nur wollen
Anforderung und Bewäl\gung
© Senf &Tagay, 2011
Bewältigung
Vulnerabilität
Resilienz
Anforderung Belastung
Anforderung Belastung
Anpassungsstörung
Anforderung und Bewäl\gung
© Senf &Tagay, 2011
Anforderung
unbedeutend
bedeutungsvoll bewäl\gbar
bedeutungsvoll unbewäl\gbar
unmöglich
anstrengend
gut
Bewäl\gung
Eu‐Stress
Dys‐Stress
Anforderung und Bewäl\gung
" alle Anforderungen, die aus unserer Umwelt auf uns einwirken (z.B. Arbeitswelt: Lärm, Arbeitsanforderungen, Termindruck Anweisungen des Chefs, etc)
äussere
eigene Ziele, Wertmaßstäbe (z.B. Ehrgeiz, Konkurrenzdenken, Perfektionismus, etc)
innere
Anforderung und Bewäl\gung
Persönlichkeit Grundhaltung
Faktoren am Arbeitsplatz
Privatleben Partnerschaft Beziehungen
Gesellschaft Demographie
Individualisierung
Anforderung und Bewäl\gung
Demographischer Wandel ‐ Verschiebung der Altersstruktur, Geburtenrückgang ‐ Auswirkungen von Wirtscham‐ und Arbeitsleben ‐ Schieflage von sozialen Sicherungsystemen Globalisierung des Arbeitslebens ‐ Mobilität & Flexibilität = mehr gefordert ‐ Verantwortung, Selbstorganisa6on ‐ Instabilität von Arbeit & Leben Zunehmende Individualisierung ‐ Lebensmodelle, Arbeitsmodelle ‐ Familien‐ und Partnerschamsmodelle
Anforderung und Bewäl\gung
• zu große Arbeitsmenge • zu komplizierte Aufgaben • unklare Erwartungen • unklare Verantwortungsbereiche • wenig Handlungsspielraum • zu viele Projekte • Angst vor Arbeitsplatzverlust • Konkurrenzdruck • keine bzw. nega\ve Rückmeldungen • Konflikte mit Kollegen und Vorgesetzten • zu viele Überstunden • keine Ferien
Anforderung und Bewäl\gung
Risiken
Belastungs‐Zyklus Stadium 1
Stadium 2
Verstärkter Einsatz
Stadium 5
Umdeutung von Werten
Stadium 3
Subtile Vernachlässsigung eigener Bedürfnisse
Stadium 4
Verdrängung von Konflikten
Stadium 6
Verstärkte Verleugnung der aufgetretenen Probleme
Stadium 7
Stadium 8
Beobachtbare Verhaltensänderungen
Stadium 9 Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit
Stadium 10
Innere Leere
Stadium 11
depressiv
Stadium 12
„BURNOUT“ völlige Erschöpfung
Wird schon gehen
Anpassungsstörung („Burnout“)
• Anpassungsstörungen (sog. „Burnout“) sind bei raschem Behandlungsbeginn gut zu behandeln,
• dazu müssen sie schnell und sicher festgestellt werden durch • sorgfäl6ge Differen\aldiagnos\k, sonst droht • Gefahr unangemessener Behandlung
z.B. „psychosoma\sche Sprechstunde“?
Diagnose!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !
Ich hoffe, Sie hatten nicht zuviel STRESS beim Betrachten der Folien,
falls doch, wird etwas Bewegung sicher gut tun ….
Weitere Literaturhinweise Senf W: BurnoutPsychisch krank oder psychisch verletzt? KoNTUREN 8 (5‐2012) Senf W, Tagay S, Langkafel M: Entwicklungstheorien. In: Senf W, Broda M (Hrsg.): Praxis der Psychotherapie. StuJgart: Thieme 2012 Gerlmaier A, Latniak E (Hrsg.): Burnout in der IT‐Branche: Ursachenund betriebliche Präven6on. Kröning: Asanger 2011 Kontakt: Prof. Dr. med. Wolfgang Senf Ins6tut für psychotherapeu6sche und psychosoma6sche Diagnos6k und Interven6on (IppEI) www.psychotherapy.de Anschrim: Praxis Gendolla, Am Alfredusbad 2 45133 Essen Telefon: 0201 170 03 50 Mobil: Mobil: 015125371556 Mail: [email protected]