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Psycholinguistik des Fremdsprachenunterrichts (Kapitel I bis IV) Von Wolfgang Butzkamm

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Psycholinguistik des Psycholinguistik des FremdsprachenunterrichtsFremdsprachenunterrichts

(Kapitel I bis IV)(Kapitel I bis IV)

Von Wolfgang ButzkammVon Wolfgang Butzkamm

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InhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnis

I. Mutterspracherwerb als I. Mutterspracherwerb als

FremdvermittlungFremdvermittlung

II. Natürliche Zweisprachigkeit: II. Natürliche Zweisprachigkeit:

Im Gespräch bleiben!Im Gespräch bleiben!

III. Über das Denken in der FremdspracheIII. Über das Denken in der Fremdsprache

und das Wegkürzen und das Wegkürzen

IV. Psycholinguistik des Verstehens IV. Psycholinguistik des Verstehens

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I. Mutterspracherwerb als I. Mutterspracherwerb als SprachvermittlungSprachvermittlung

1.) Von vorsprachlicher zu sprachlicher 1.) Von vorsprachlicher zu sprachlicher VerständigungVerständigung

2.) Elternsprache als Verstehens- und 2.) Elternsprache als Verstehens- und AnalysehilfeAnalysehilfe

3.)Das Prinzip der Mehrdarbietung3.)Das Prinzip der Mehrdarbietung4.)Sinnfällige Situationen- 4.)Sinnfällige Situationen-

Transparente SpracheTransparente Sprache5.) Muttersprache als Vorleistung für 5.) Muttersprache als Vorleistung für

die Fremdsprachedie Fremdsprache

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1.) Von vorsprachlicher zu 1.) Von vorsprachlicher zu sprachlicher Verständigungsprachlicher VerständigungKommunikation zwischen Mutter und KindKommunikation zwischen Mutter und Kind

- Zwiesprache zwischen Mutter und Kind von - Zwiesprache zwischen Mutter und Kind von Geburt anGeburt an

- Mutter wandelt ihr Verhalten und ihre Sprache - Mutter wandelt ihr Verhalten und ihre Sprache um:um:

vereinfachte, sich oft wiederholende Ritualevereinfachte, sich oft wiederholende Rituale

- Das Kind versteht die Mutter, ohne zunächst - Das Kind versteht die Mutter, ohne zunächst die Sprache selber zu verstehendie Sprache selber zu verstehen

von der Bedeutung zur Sprachevon der Bedeutung zur Sprache

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- Kognitive Anreize der Mutter Kognitive Anreize der Mutter (Erkennen und Widererkennen der (Erkennen und Widererkennen der Situation)Situation)

- Das Baby ist aber bei der Das Baby ist aber bei der Kommunikation keineswegs untätig Kommunikation keineswegs untätig und inaktivund inaktiv

- Reaktionen zeigen Wohlfühlen und Reaktionen zeigen Wohlfühlen und Unwohlsein anUnwohlsein an

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Sprachmelodie Sprachmelodie - Primär ist die Sprachmelodie der Mutter Primär ist die Sprachmelodie der Mutter

von großer Bedeutungvon großer Bedeutung- Abfallend: tröstend, beruhigendAbfallend: tröstend, beruhigend- Ansteigend: aufmunterndAnsteigend: aufmunternd- Eltern benutzen unbewusst eine Eltern benutzen unbewusst eine

übertriebene Intonationübertriebene Intonation

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RitualeRituale- Das Nervensystem wird ausgebildetDas Nervensystem wird ausgebildet

( - Erfahrungen strukturieren das Gehirn( - Erfahrungen strukturieren das Gehirn

- Wiederholungen stabilisieren)- Wiederholungen stabilisieren)- Rituale zwischen Mutter und Kind spielen Rituale zwischen Mutter und Kind spielen

eine wichtige Rolle („Ordnungsliebe“)eine wichtige Rolle („Ordnungsliebe“)- Erkennen und Widererkennen der SituationErkennen und Widererkennen der Situation- Das Kind hat Spaß an gleichen HandlungenDas Kind hat Spaß an gleichen Handlungen

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„„Die Wiederkehr des Gleichen macht Die Wiederkehr des Gleichen macht Welt verständlich und Spracherwerb Welt verständlich und Spracherwerb möglich. Die Dinge müssen ihren Platz möglich. Die Dinge müssen ihren Platz bekommen.“ bekommen.“ (Butzkamm)(Butzkamm)

- Verstehen der Situation als Verstehen der Situation als Vorraussetzung für den kindlichen Vorraussetzung für den kindlichen Spracherwerb Spracherwerb

- Durch Verstehen der Situation bekommt Durch Verstehen der Situation bekommt die Sprache für das Kind Bedeutungdie Sprache für das Kind Bedeutung

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Fazit:Fazit: - Das Kind wird verstanden - Das Kind wird verstanden

- Das Kind versteht- Das Kind versteht

- Das Kind spricht- Das Kind spricht

„„from communication to talking“ from communication to talking“ (Brunner)(Brunner)

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2.) Elternsprache als 2.) Elternsprache als Verstehens- und Verstehens- und

AnalysehilfeAnalysehilfeElternsprache (parentense, caretaker Elternsprache (parentense, caretaker

speech) heißt:speech) heißt:

- Übertriebene Intonation- Übertriebene Intonation - Höhere Tonlage- Höhere Tonlage - Langsamer, deutlicher- Langsamer, deutlicher - Viele Wiederholungen (Rituale)- Viele Wiederholungen (Rituale) - Viele Imperative und Fragen- Viele Imperative und Fragen - Kurze Sätze syntaktisch vereinfacht- Kurze Sätze syntaktisch vereinfacht

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- Das Kind lernt so die Bedeutung der Worte und Das Kind lernt so die Bedeutung der Worte und ihre Ordnung innerhalb eines Satzes ihre Ordnung innerhalb eines Satzes

(Kind versteht die Situation, erkennt den Sinn, d.h. wer tut (Kind versteht die Situation, erkennt den Sinn, d.h. wer tut wem womit was und findet die relevanten Komponenten wem womit was und findet die relevanten Komponenten der Situation in der Sprache wieder und wo sie der Situation in der Sprache wieder und wo sie charakteristischerweise auftreten) charakteristischerweise auftreten)

„„doppeltes Verstehen“doppeltes Verstehen“

- Das Kind lernt so ansatzweise grammatische Das Kind lernt so ansatzweise grammatische BeziehungenBeziehungen

- Die Syntax entwickelt sich aus dem Dialog und Die Syntax entwickelt sich aus dem Dialog und aus dem doppelten Verstehenaus dem doppelten Verstehen

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3.) Prinzip der 3.) Prinzip der MehrdarbietungMehrdarbietung

- Eltern passen sich den sprachlichen Fortschritten Eltern passen sich den sprachlichen Fortschritten ihrer Kinder anihrer Kinder an

- Eltern stellen „Lehrer-Fragen“ Eltern stellen „Lehrer-Fragen“ (Fragen, die eigentlich keine (Fragen, die eigentlich keine Fragen sind, da die Antwort schon klar ist)Fragen sind, da die Antwort schon klar ist)

- Eltern gehen aber immer ein bisschen über das Eltern gehen aber immer ein bisschen über das hinaus, was ihre Kinder schon können hinaus, was ihre Kinder schon können (Förderung der (Förderung der Kinder; neue Anreize schaffen…)Kinder; neue Anreize schaffen…)

Prinzip der MehrdarbietungPrinzip der Mehrdarbietung- aber: Spracherwerb ist Gemeinschaftsarbeit aber: Spracherwerb ist Gemeinschaftsarbeit

(Dialoge)(Dialoge)

„ „Spracherwerb geschieht durch Teilhabe am Leben Spracherwerb geschieht durch Teilhabe am Leben der Gemeinschaft.“ der Gemeinschaft.“ (Butzkamm)(Butzkamm)

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4.)Sinnfällige Situationen- 4.)Sinnfällige Situationen- transparente Sprachetransparente Sprache

- Das Verstehen auf doppelte Weise ist wichtigDas Verstehen auf doppelte Weise ist wichtig (d.h. situativ und struktural verstehen)(d.h. situativ und struktural verstehen)- Das Kind muss verstehen, wie sich die Situation und Das Kind muss verstehen, wie sich die Situation und

die Sprache gemeinsam veränderndie Sprache gemeinsam verändern- (Bsp. Wassertemperatur: „Wie möchtest Du es? Heiß? Heißer? (Bsp. Wassertemperatur: „Wie möchtest Du es? Heiß? Heißer?

Noch heißer? Noch heißer? Kind fühlt die Veränderung der Kind fühlt die Veränderung der Wassertemperatur und erkennt gleichzeitig die Veränderung in Wassertemperatur und erkennt gleichzeitig die Veränderung in der Sprache.)der Sprache.)

Ordnung der Situation findet sich in Ordnung der Ordnung der Situation findet sich in Ordnung der

Sprache wiederSprache wieder

Fazit:Fazit: „Doppelverstehen ist Grundbedingung des „Doppelverstehen ist Grundbedingung des Spracherwerbs.“ Spracherwerbs.“

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5.)Muttersprache als 5.)Muttersprache als Vorleistung für die Vorleistung für die

FremdspracheFremdsprache- „„Sprache ist die Welt nochmal.“ Sprache ist die Welt nochmal.“

(Butzkamm)(Butzkamm) (Verstandenes ins Wort gefasst.)(Verstandenes ins Wort gefasst.)- Die Sprache gewinnt eine Eigendynamik, Die Sprache gewinnt eine Eigendynamik,

wenn Wortbedeutungen aus der Sprache wenn Wortbedeutungen aus der Sprache selbst gewonnen werden selbst gewonnen werden

- Vorlesen ist im Vorschulalter sehr wichtigVorlesen ist im Vorschulalter sehr wichtig- Texte bilden Gesprächsgrundlage und erste Texte bilden Gesprächsgrundlage und erste

Wortbilder prägen sich einWortbilder prägen sich ein- Eltern sollen sich dann Vorlesen lassen Eltern sollen sich dann Vorlesen lassen (Haringey- Studie)(Haringey- Studie)

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- Die Fremdsprache baut auf der Die Fremdsprache baut auf der Muttersprache aufMuttersprache auf

- Nur neue Worte und Satzstrukturen, aber Nur neue Worte und Satzstrukturen, aber keine neuen Begriffekeine neuen Begriffe

- Fremdsprachenunterricht =Fremdsprachenunterricht =

„ „A new way of doing what the learner can A new way of doing what the learner can already do“already do“

(Corner)(Corner)

- Sicherheit in der Muttersprache heißt - Sicherheit in der Muttersprache heißt Vorteil in der FremdspracheVorteil in der Fremdsprache

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Zusammengefasst:Zusammengefasst:- Kommunikation steht an erster StelleKommunikation steht an erster Stelle- Die Fremdsprache greift auf allgemeines Welt- Die Fremdsprache greift auf allgemeines Welt-

und Selbstverständnis der Muttersprache zurückund Selbstverständnis der Muttersprache zurück- Durch die Muttersprache die fremdsprachliche Durch die Muttersprache die fremdsprachliche

Kommunikation und den Verstehensprozess Kommunikation und den Verstehensprozess fördernfördern

- Muttersprache = Wegbereiter jeder weiteren Muttersprache = Wegbereiter jeder weiteren SpracheSprache

„„Anknüpfen und übernehmen, dann umlernen Anknüpfen und übernehmen, dann umlernen und neu lernen.“ (Butzkamm)und neu lernen.“ (Butzkamm)

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Fazit:Fazit: Muttersprache ist notwendige Muttersprache ist notwendige

Vorraussetzung für den Vorraussetzung für den Fremdsprachenunterricht.Fremdsprachenunterricht.

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II. Natürliche II. Natürliche ZweisprachigkeitZweisprachigkeit

1.) Kommunikationsstrategien1.) Kommunikationsstrategien

2.) Soziale Strategien 2.) Soziale Strategien

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11.) Kommunikationsstrategien:.) Kommunikationsstrategien: Hauptsprache als Vermittlungsinstanz Hauptsprache als Vermittlungsinstanz

Weit verbreitete These:Weit verbreitete These:„„Spracherlernung [wird] innerhalb einer Sprache vorgenommen.“ (Franke)Spracherlernung [wird] innerhalb einer Sprache vorgenommen.“ (Franke)

Neuere Erkenntnisse in der Bilinguismus Forschung:

„Natürliche Bilinguale benutzen ihre jeweils stärkere Sprache um in der anderen voranzukommen.“ Natürliche Strategie des Kindes um

seine sprachliche Kompetenz zu erweitern

Gilt nur für den Mutterspracherwerb!

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Rückgriff auf die Dominante Sprache kommt Rückgriff auf die Dominante Sprache kommt in folgenden Formen vor:in folgenden Formen vor:

a)a) Nachfragen aus WissbegierNachfragen aus Wissbegierb)b) Streben nach OrdnungStreben nach Ordnungc)c) Nachfragen bei Nichtverstehen bzw. WortnotNachfragen bei Nichtverstehen bzw. Wortnotd)d) VergewisserungVergewisserunge)e) Sprachmischung : Sprachmischung :

„ „Sprachmischungen als allgemeines Sprachmischungen als allgemeines Phänomen des Sprachkontakts treten Phänomen des Sprachkontakts treten allerdings sowohl beim allerdings sowohl beim SprachaufbauSprachaufbau als als auch beim auch beim SprachverlustSprachverlust auf“ auf“

(W. B.)(W. B.)

„Camouflaging a foreign word by adapting ist morphological features is a strategy that almost all billinguals use“ (Teaschner)

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2. Soziale Strategien- individuelles Lerntempo 2. Soziale Strategien- individuelles Lerntempo und der Wille zur Spracheund der Wille zur Sprache

Warum gibt es so große Unterschiede in der Warum gibt es so große Unterschiede in der sprachlichen Entwicklung von Einwandererkindern?sprachlichen Entwicklung von Einwandererkindern?

Soziale Strategien

Sozialkontakt Sprachkontakt

„Anders als bei der Muttersprache hängt der Erfolg des Zweitsprachenerwerbs Stärker von der Persönlichkeit, ja dem Willen zur Sprache ab.“ (W. B.)

„Nur wer kommuniziert lernt kommunizieren“

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III. Über das Denken in der III. Über das Denken in der Fremdsprache und das Fremdsprache und das

WegkürzenWegkürzen

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These:These:

„ „ In der Fremdsprache denken ist eine In der Fremdsprache denken ist eine Sache der Übung und Gewöhnung Sache der Übung und Gewöhnung und wird durch die anfängliche und wird durch die anfängliche punktuelle Zuhilfenahme der punktuelle Zuhilfenahme der Muttersprache nicht behindert.“ Muttersprache nicht behindert.“ (Butzkamm)(Butzkamm)

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These richtet sich gegen zwei These richtet sich gegen zwei Meinungen der Meinungen der

Fremdsprachendidaktik:Fremdsprachendidaktik:

- a) Denken in der Fremdsprache ist nur bei a) Denken in der Fremdsprache ist nur bei längerem Aufenthalt in dem Sprachland längerem Aufenthalt in dem Sprachland möglichmöglich

- b) Durch „Übersetzen“ (in die b) Durch „Übersetzen“ (in die Muttersprache) wird das Denken in der Muttersprache) wird das Denken in der Fremdsprache behindertFremdsprache behindert

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aber:aber: (so Butzkamm) (so Butzkamm)

- Denken in der Fremdsprache gelingt nach Denken in der Fremdsprache gelingt nach

aufmerksamen Zuhören und Übenaufmerksamen Zuhören und Üben- Zwischenschaltung der Muttersprache bei Zwischenschaltung der Muttersprache bei

Verstehensschwierigkeiten ist hilfreichVerstehensschwierigkeiten ist hilfreich- Sprachwechsel im Denken passiert oft ohne Sprachwechsel im Denken passiert oft ohne

Pause, übergangslosPause, übergangslos

„ „Sprachliche Indifferenz.“Sprachliche Indifferenz.“ (Schuchardt) (Schuchardt) (d.h. beide Sprachen scheinen mühelos (d.h. beide Sprachen scheinen mühelos

austauschbar)austauschbar)

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- Begriffe, bei denen die Sprache wechseln kann, Begriffe, bei denen die Sprache wechseln kann, sind weder an die eine, noch an die andere sind weder an die eine, noch an die andere Sprache geknüpftSprache geknüpft

- Die Bildhaftigkeit fremdsprachlicher Die Bildhaftigkeit fremdsprachlicher Ausdrücke ist oft der Grund dafür, weshalb Ausdrücke ist oft der Grund dafür, weshalb sich Begriffe so sehr einprägen (Bsp.: engl.: It‘s sich Begriffe so sehr einprägen (Bsp.: engl.: It‘s raining cats and dogs )raining cats and dogs )

„ „Nachhallsprache“ Nachhallsprache“ (Elwert)(Elwert)

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- Die Sprache, in der wir gerade denken, wird Die Sprache, in der wir gerade denken, wird bestimmt durch Nachhalleffekte oder lange bestimmt durch Nachhalleffekte oder lange GewöhnungGewöhnung

- Bei Gewöhnung fällt die Muttersprache als Bei Gewöhnung fällt die Muttersprache als vermittelndes Zwischenglied wegvermittelndes Zwischenglied weg

„ „Denken in der Fremdsprache.“Denken in der Fremdsprache.“- Wegfall der Muttersprache = Wegfall der Muttersprache =

„„cognitive pruning“ (Brown) oder besser:cognitive pruning“ (Brown) oder besser:

„ „short-circuiting“ (Woodworth)short-circuiting“ (Woodworth)

„ „Wegkürzen der Muttersprache.“Wegkürzen der Muttersprache.“

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IV. Psycholinguistik des IV. Psycholinguistik des VerstehensVerstehens

1.1. Die Verstehensspirale- ein GrundmodellDie Verstehensspirale- ein Grundmodell

2.2. Die EntsprachlichungshypotheseDie Entsprachlichungshypothese

3.3. Balance – Effect Theory VS. Think-Tank Balance – Effect Theory VS. Think-Tank Modell Modell

4.4. Erfolgreiche Zweisprachigkeit und Erfolgreiche Zweisprachigkeit und doppelte Halbsprachigkeitdoppelte Halbsprachigkeit

5.5. Entsprachlichung: Zur Psycholinguistik Entsprachlichung: Zur Psycholinguistik des Übersetzens und Dolmetschensdes Übersetzens und Dolmetschens

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1.) Die Verstehensspirale - ein Grundmodell1.) Die Verstehensspirale - ein Grundmodell

Verstehen =Verstehen =

Sinnentnahme + Sinngebung

bla

bla

Weltwissen

Situationswissen

Vorgängerinfo.

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Bottom-up Bottom-up und und top-downtop-down AktivierungsprozesseAktivierungsprozesse

A R M

Lexikalisches Wissen

Bedeutungsareal BedeutungsarealBedeutungsareal

„Ich lass mich nicht auf den Arm nehmen“„Das Rheindelta hat viele Arme“Hebelarmarm und reich

„Wie viele Tiere von jeder Art nahm Moses mit auf die Arche?“Der abwärtsgerichtete Prozess, ein „(…)durch den Kontext Vorstrukturiertes, auf bestimmte SinnerwartungenHin ausgerichtetes Bewusstsein“(W. B.)

macht verstehen effizient!

Das Verstehen

vonTexten

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Vorzeitiger Abbruch des Vorzeitiger Abbruch des VerstehensprozessesVerstehensprozesses

Missverständnisse Missverständnisse

z.B. Kreiselbeere (statt Preiselbeere)z.B. Kreiselbeere (statt Preiselbeere)

Herr Rodes (statt Herodes)Herr Rodes (statt Herodes)

Akte spontaner Sinngebung!Akte spontaner Sinngebung!

„ „ Schüler verstehen vermutlich viel mehr falsch als Schüler verstehen vermutlich viel mehr falsch als

unsere Lehrerweisheit sich träumen lässt. Da aber das unsere Lehrerweisheit sich träumen lässt. Da aber das Verstehen des Zugesprochenen Grundbedingung des Verstehen des Zugesprochenen Grundbedingung des Spracherwerbs ist, müssen wir der Spracherwerbs ist, müssen wir der Bedeutungsvermittlung allergrößte Sorgfalt schenken“ Bedeutungsvermittlung allergrößte Sorgfalt schenken“ (Butzkamm)(Butzkamm)

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2.) Die Entsprachlichungs- Hypothese2.) Die Entsprachlichungs- Hypothese

Speichern von Informationen nicht im Wortlaut!Speichern von Informationen nicht im Wortlaut!

Bedeutungen, Gedanken, Vorstellungskomplexe

Wortlaut

Eigener Wortlaut

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„ „Gewöhnlich speichern wir weder den gesamten Gewöhnlich speichern wir weder den gesamten Wortlaut, noch irgendwelche anderen verbalen Wortlaut, noch irgendwelche anderen verbalen Bestandteile, sondern etwas weitaus abstrakteres und Bestandteile, sondern etwas weitaus abstrakteres und dichteres, ob wir dies nun Bedeutungen, Gedanken, dichteres, ob wir dies nun Bedeutungen, Gedanken, Vorstellungskomplexe, Schemata oder anders nennen. Vorstellungskomplexe, Schemata oder anders nennen. Wir schauen gewissermaßen durch die Sprache Wir schauen gewissermaßen durch die Sprache hindurch auf das Gemeinte und lassen den Wortlaut hindurch auf das Gemeinte und lassen den Wortlaut dabei hinter uns zurück. Er zerfällt, das Gemeinte dabei hinter uns zurück. Er zerfällt, das Gemeinte bleibt: Entsprachlichung. Allerdings können wir dies bleibt: Entsprachlichung. Allerdings können wir dies so Aufgenommene und Verstandene selber nur dann so Aufgenommene und Verstandene selber nur dann weitergeben, wenn wir es wieder verlautbaren und in weitergeben, wenn wir es wieder verlautbaren und in Sprache umsetzen. Entsprachlichtes wird wieder Sprache umsetzen. Entsprachlichtes wird wieder versprachlicht.“ (W. B.)versprachlicht.“ (W. B.)

„Es gibt demnach ein Wahrnehmen, Erkennen, Erinnern, In- Beziehung- Setzen sowohl vor, in und mit, als auch jenseits von Sprache.“

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3.) Balance Effect Theory 3.) Balance Effect Theory VS.VS. Think Think Tank ModellTank Modell

-Sprechen und Denken bilden eine untrennbare Einheit

-Unterricht in der Zweitsprache aufKosten der Erstsprache

Unterricht in der einen Sprache fördert nicht zugleich die andere

-Allgemeiner, sprachunabhängiger Wissensspeicher

Erworbenes Wissen in einer Zweitsprache wirkt sich auch in der Erstsprache aus

-Unterricht in der Zweitsprache fördert den „allgemeinen Wissensspeicher

Double Talk = Double Think

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„Das Allgemeine Denkvermögen kann und muss auch von der Zweitsprache her gefördert werden“ (W. Butzkamm)

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additiveZweisprachigkeit

Normalfall

doppelteHalbsprachigkeit

1. Schwelle

2. Schwelle

negativenegative

weder weder positive positive noch noch negativenegative

positivepositive

Auswirkung auf die geistige Entwicklung

Grad der

Sprachbeherrschung

4.) Erfolgreiche Zweisprachigkeit und 4.) Erfolgreiche Zweisprachigkeit und doppelte Halbsprachigkeitdoppelte Halbsprachigkeit

- Keine genauen Statistiken vorhanden!

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Wie kommt es zur doppelten Halbsprachigkeit? (double semilengualism)

Soziokulturelle Faktoren

Affektive Faktoren

Wille zur Identifikation

„Zweisprachigkeit, die gelingt, hat demnach positive RückwirkungenAuf die geistige Potenz der Kinder. Damit sie gelingt, muss das Kind Aber in mindestens einer Sprache das Niveau erreicht haben, auf dem Es sich den geistigen Anforderungen der Schule gewachsen zeigt und Von ihr profitieren kann. Liegen bei der Einschulung beide Sprachen unter diesem Niveau, kann Zweisprachigkeit eher behindern. Aus sprachlicher Immersion wird Submersion“

Familiär bedingt

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5.) Zur Psycholinguistik des 5.) Zur Psycholinguistik des Übersetzens und Übersetzens und Dolmetschens Dolmetschens

Übersetzen ist „[…]kein Umkodieren von Sprachbedeutungen, sondern Übersetzen ist „[…]kein Umkodieren von Sprachbedeutungen, sondern Verstehen und wieder Verständlichmachen eines Sinns“ (Seleskovitch)Verstehen und wieder Verständlichmachen eines Sinns“ (Seleskovitch)

-simple transcodage nur in Sonderfällen (z.B. Zahlen)

Dolmetschen als zweistufiger Prozess:

Wort Gedanke (Verstehensphase)Gedanke Wort (Reproduktionsphase)

Page 39: Psycholinguistik des Fremdsprachenunterrichts (Kapitel I bis IV) Von Wolfgang Butzkamm

„„Wir können jetzt die alte Frage nach der Wir können jetzt die alte Frage nach der Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit des Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit des Übersetzens schlechthin beantworten. Übersetzens schlechthin beantworten. Der Schlüssel zu diesem Problem liegt Der Schlüssel zu diesem Problem liegt im individuellen, privaten Charakter des im individuellen, privaten Charakter des Verstehens. Jedes Verstehen ist Verstehens. Jedes Verstehen ist Sinnentnahme und Sinngebung Sinnentnahme und Sinngebung zugleich, also auch Konstruktion. In zugleich, also auch Konstruktion. In jedem verstehen steckt nach Humboldt jedem verstehen steckt nach Humboldt ein Rest unaufgeklärten ein Rest unaufgeklärten Nichtverstehens“ (Butzkamm)Nichtverstehens“ (Butzkamm)

Page 40: Psycholinguistik des Fremdsprachenunterrichts (Kapitel I bis IV) Von Wolfgang Butzkamm

ProtokollProtokoll

Zu Kapitel I:Zu Kapitel I:- Ergebnis der allgemeinen Diskussion: Ergebnis der allgemeinen Diskussion:

Alles, was wir bisher in Kap. I gehört haben, Alles, was wir bisher in Kap. I gehört haben, richtet sich eindeutig gegen einsprachigen richtet sich eindeutig gegen einsprachigen Unterricht!!!Unterricht!!!

Vorschlag, mehr „Muttersprache“ im Vorschlag, mehr „Muttersprache“ im Unterricht zuzulassen, um die Kommunikation zu Unterricht zuzulassen, um die Kommunikation zu fördern und Verständnisprobleme zu vermeiden fördern und Verständnisprobleme zu vermeiden

grundsätzlich mehr Kommunikation in Form grundsätzlich mehr Kommunikation in Form von Dialogen (output des Schülers fördern) von Dialogen (output des Schülers fördern) einbringeneinbringen

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Zu Kapitel III:Zu Kapitel III:- Vorschlag zu „Bildhaftigkeit, - Vorschlag zu „Bildhaftigkeit,

Nachhalleffekte“:Nachhalleffekte“:Vokabeln lernen im Vokabeln lernen im

Fremdsprachenunterricht durch Fremdsprachenunterricht durch Beispielsätze, die sich sehr gut einprägen Beispielsätze, die sich sehr gut einprägen bzw. bildlich sindbzw. bildlich sind

- Diskussion: Was ist besser? Übersetzungen - Diskussion: Was ist besser? Übersetzungen von der Muttersprache in die Fremdsprache von der Muttersprache in die Fremdsprache oder von der Fremdsprache in die oder von der Fremdsprache in die Muttersprache, um das Denken in der Muttersprache, um das Denken in der Fremdsprache zuFremdsprache zu

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„ „lernen“ bzw. die Kommunikation zu lernen“ bzw. die Kommunikation zu fördern? Sind Übersetzungen (meist fördern? Sind Übersetzungen (meist Hauptbestandteil des Unterrichts) Hauptbestandteil des Unterrichts) überhaupt sinnvoll?überhaupt sinnvoll?

allg. Ergebnis: zu wenig allg. Ergebnis: zu wenig Kommunikation im Unterricht!!!Kommunikation im Unterricht!!!

Also: Mehr Dialoge, Üben von Also: Mehr Dialoge, Üben von täglichen Sprachsituationen usw.täglichen Sprachsituationen usw.

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Zu Kapitel IV:Zu Kapitel IV:

- Einwand zum „Übersetzen“: - Einwand zum „Übersetzen“:

Genaues Übersetzen meist gar nicht Genaues Übersetzen meist gar nicht möglich, wie man beispielsweise beim möglich, wie man beispielsweise beim Synchronisieren von Filmen bemerkt oder Synchronisieren von Filmen bemerkt oder beim Übersetzen von Gedichten etc.beim Übersetzen von Gedichten etc.

- Diskussion zur Sprachmischung: - Diskussion zur Sprachmischung:

Sprachmischung ist in der Schule Sprachmischung ist in der Schule eigentlich verboten!eigentlich verboten!

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Vorschlag: Der Lehrer spricht in der Vorschlag: Der Lehrer spricht in der Fremdsprache, der Schüler darf in der Fremdsprache, der Schüler darf in der Muttersprache sprechen, um Muttersprache sprechen, um Verständigungsschwierigkeiten zu Verständigungsschwierigkeiten zu vermeidenvermeiden

Nachteil: Der Schüler versteht zwar, kann Nachteil: Der Schüler versteht zwar, kann aber nicht kommunizieren (kein output)aber nicht kommunizieren (kein output)

- Diskussion: Wie kann sich die dominante - Diskussion: Wie kann sich die dominante Sprache entwickeln, so dass ein Sprache entwickeln, so dass ein notwendiges Sprachniveau erreicht wird?notwendiges Sprachniveau erreicht wird?