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Journal K 8337 F - ISSN 0178-2193 – 30. Jahrgang 01-2011 Rettungsdienst Rettungsdienst Postvertriebsstück K 8337 F, Gebühr bezahlt, Berufsverband für den Rettungsdienst e.V., Gießener Straße 42, 35423 Lich Mitgliederorgan des Berufsverbandes für den Rettungsdienst e.V. Journal Bachelor-Studium: Sanitäts- und Rettungsmedizin First Responder Bockau (Sachsen) Psychiatrische Notfälle im Rettungsdienst 01-2011

Rettungsdienstjournal

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Rettungsdienstjournal Ausgabe 01/2011

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JournalK 8337 F - ISSN 0178-2193 – 30. Jahrgang 01-2011

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Bachelor-Studium: Sanitäts- und Rettungsmedizin

First Responder Bockau (Sachsen)

Psychiatrische Notfälle im Rettungsdienst

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Katastrophenschutzübung

SOGRO MANV 500

09.10.2010 Frankfurt am Main

„SOGRO MANV 500“ – Großübung von bisher einmaligen Ausmaß am Frankfurter Flughafen

Den Zusammenstoß zweier Flugzeuge auf der Landebahn mit insgesamt 560 Menschen anBord zu üben, ist bereits eine große Herausforderung. Um das Ganze jedoch in Echtzeit, mitTransport bis ins Krankenhaus und mit einem neuen, digitalen System zur Triage zu tun,gehörte viel Mut. Am Samstag den 9. Oktober 2010 übten insgesamt rund 2500 Beteiligtegenau dieses Szenario auf dem Frankfurter Flughafen. Eine Katastrophenschutzübung, wiesie in dieser Größe bisher europaweit einzigartig war, mit technikgestützter Triage durch dasPDA-gestützte Forschungsprojekt „SOGRO“. SOGRO bedeutet "Sofortrettung bei Groß-unfall" und ist der Titel eines Forschungsprojekts im Bereich des Rettungswesens.

Es ist 10:30 Uhr, eine halbe Stunde später als ur-sprünglich geplant, als sich 560 Menschen auf derim Bau befindlichen Landebahn Nord-West(LBNW), Landerichtung 07 des Frankfurter Air-ports, zwischen Flugzeugtrümmern und Koffernin Position gebracht haben. Viele von ihnen sindals Verletzte geschminkt, manche mit leichtenBlessuren, andere mit schweren oder gar lebens-gefährlichen Verletzungen. 30 Puppen liegen zu-dem als „Tote“ auf der Landebahn und in denFlugzeugtrümmern. Mehr als 500 Beobachter vonPresse, verschiedenen Organisation und Behördenwarten auf den Beginn der Übung. Der Tower FRAlöst das Crashhorn aus und alarmiert damit dieEinsatzkräfte der Fraport AG. Die Einsatzkräfte

der Werkfeuerwehr und der Rettungsdienst derFraport AG, welche unter anderem auf der Feuer-wache 4 stationiert sind, fahren die Einsatzstellean. Durch das Auslösen des Crashhorns wurde dieNotfallstufe “A 11” ausgelöst. Die Sicherheitsleit-stelle alarmiert alle internen und externen Ein-satzkräfte. Die ersten Einsatzkräfte der (nochsimulierten - siehe Foto rechts) Feuerwache 4 derFlughafenfeuerwehr müssen zwar bei dieserÜbung keine Brände bekämpfen, sind aber den-noch mehr als beschäftigt. Im Minutentakt folgenunzählige Rettungs-, Polizei und Feuerwehrfahr-zeuge, die aus dem Rhein-Main-Gebiet und ande-ren Regionen Hessens hinaus mit Sondersignalzum Flughafen eilen.

Ein Bildbericht von Michael Ehresmann (Wiesbaden112.de) unter Mitarbeit von Sebastian Stenzel und W. (Don) Broemme

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Die ersten Kräfte erreichen die Schadenstel-le. Der Einsatzleiter erteilt seinen Kollegenkonkrete Anweisungen und gibt eine ersteLagemeldung ab. Nicht- oder Leichtverletzte(Kategorie grün = III) bewegen sich auf dieHelfer zu und erwarten sofortige Hilfe. AlleGehfähigen werden, teilweise gestützt,etwas abseits von der “Unfallstelle” ge-bracht, wo sie später weiter behandelt, regi-striert und betreut werden. Später sollen siemit Bussen der Fraport abtransportiert wer-den. Schnell ist der Unglücksort um knapp290 Menschen leerer. Feuerwehr- und Ret-

tungsdienstkräfte beginnen mit derSichtung der Verletzten. Fraport-Boden-personal (Medical-Support-Team) eilthinzu und unterstützt die “Retter” vor-allem als Trageteams zur und von derVerletztensammelstelle.

Das Konzept für einen Massenanfall mit ca. 500Verletzten („MANV 500“) sieht Sanitätszüge mitenormen Transportkapazitäten aus nahezu ganzHessen vor. Doch sowohl die Alarmierung, als dieAnfahrt der Einheiten braucht eben seine Zeit.

So sind die Fahrzeuge des Flughafen Frankfurtvorerst auf sich allein gestellt. Weitere 21 Ret-tungswagen aus Frankfurt konnten zwar ad-hoczum Flughafen geschickt werden und sind auchnach 15 bis 20 Minuten vor Ort, doch bei 560beteiligten “Verletzten”, von denen später rund270 in Krankenhäuser gefahren werden müssen,kann man nicht einfach den nächstbesten Ver-letzten einladen undabtransportieren.

Bilder rechts: DieVerletztendarstellerwerden kurz vorÜbungsbeginn“positioniert”, ande-re werden noch mitreichlich Kunstblut“versorgt”.

Die Fraport-Feuerwehr rückt an.

Der Fraport-Rettungsdienst erreichtden “Unglücksort”, die Teams machensich für die Triage fertig.

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Die Flugfeldlöschfahrzeuge sind vor-gezogen; “Verletzte” laufen auf dieersten Rettungswagen zu. DiesePersonen werden von Rettungskräf-ten empfangen und etwas entferntvom eigentlichen Unfallszenariogesammelt (später Triage III = GRÜN)und betreut. Helfer entnehmenMatrial aus den Gerätewagen undbeginnen mit dem Aufbau derTriageplätze (GELB = II und ROT = Ifür die Mittel- und Schwerverletzten).

Einsatzleitung im Aufbau Oben:“Verletzte” der Kategorie GELB (II) undROT (I) warten auf Hilfe.Links: Das Medical-Support-Team der Fraport-AG sowie Feuerwehr- und Rettungskräftebeginnen mit der Versorgung bzw. dem Trans-port zum Triageplatz (Verletztensammelstelle).Rettungswagen aus der Stadt Frankfurt sindeingetroffen. Unten: OLRD und LNA auf demWeg zur Sichtung.

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Im geprobten MANV-Konzept sind die Ret-tungsassistenten zur Sichtung ausgebildet. Miteinem Minicomputer (PDA) schätzen sie denVerletzungsgrad der Patienten ein und gebendie notwendigsten Daten ein. Ein farbiges Arm-band mit integriertem „RFID-Chip“ (Radio-Frequency Identification“) wird vom PDA be-schrieben und dem Patienten angelegt.

Die Armbänder sind je nach Verletzungskate-gorie gefärbt und geben so einen ersten Über-blick. Doch das Besondere an der Sichtung mitdem PDA ist, dass die Daten live über WLANoder UMTS an die Einsatzleitung, Leitstelle undalle Krankenhäuser übermittelt werden. So er-halten alle Beteiligten einen sofortigen Über-blick über die Situation. Dieses IT-GestützteSystem namens „SOGRO“ wird vom Bundes-ministerium für Bildung und Forschung (BMBF)unterstützt und soll 2012 (vorerst in Frankfurt)die bisherigen Umhängekarten für Patientenersetzen und die Versorgung effektiver undschneller machen.

Am diesem Samstag konnten die Zuschauer, dieteils aus aller Welt angereist waren, bereits 43Minuten nach der ersten Alarmierung verfol-gen, wie der erste Abtransport zu einer Klinikim System gemeldet wurde. Über diese Zeitenzeigten sich die Verantwortlichen von Bund undKatastrophenschutzeinheiten später begeistert.„Früher konnte bis zu zwei Stunden lang keineinziger Patient gefahren werden“, berichtetder Leiter der Feuerwehr Frankfurt, ReinhardRies, den Pressevertretern später.

Im Verlauf der Übung konnten die Einsatzleiterdaher jederzeit den aktuellen Stand abfragen.Die Einsatzleitung wusste zu jeder Zeit, wieviele Verletzte noch auf der Landebahn sind,wie viele wohin unterwegs sind und auch wieviele schon in welchen Krankenhäusern ange-kommen sind und konnten ihre Einheiten ausden Bereitstellungsräumen gezielter einsetzen.

ROT (I) signalisiert den Behandlungs- und Sammelplatzfür Schwerverletzte - GELB (II) für mittelschwer Verletzte

Die TEL (Technische Einsatzleitung) von Feuerwehr,Polizei und Airportsecurity mittlereweile komplet.

Verletzungen und weitere Daten werden in den PDAeingegeben und "Verletzte" mit einem Band mit Chipgekennzeichnet.

Vom Sammelplatz tragen Helfer vom Medical-Supportdie Patienten zum Rettungsmittelhalteplatz, Transport-priorität haben die “Verletzten” der Kategorie ROT .

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Hintergrundinformationen

Größte Rettungsübung aller Zeiten Das Szenario für die größte Katastrophenübung in Deutschland: Bei einem Unglück auf der neuen Landebahndes Frankfurter Airports werden 500 Personen verletzt. Ziel der vom Forschungsprojekt SOGRO initiiertenÜbung ist die Optimierung der medizinischen Erstversorgung von Unfallopfern und der Aufbau übergreifenderInformationsketten zwischen den beteiligten Organisationen unter Notfallbedingungen. Durch Einsatz neue-ster Technologien soll die Verkürzung der ersten, potenziell chaotischen Phase bis zum Beginn des Transportsder Verletzten in Krankenhäuser erreicht werden. Zu den Kernpunkten gehören die Sichtung und elektronischeErfassung der Verletzten durch farbige mit einen RFID-Chip ausgestatteten (Arm-) Bänder, sowie die Einbindungdieser neuen elektronisch unterstützten Triageform (=erste Sichtung und Einteilung der Verletzten in Dringlich-keitsstufen) in den Rettungsprozess.

Das Projekt SOGRO Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt SOGRO verfolgt die Erfor-schung neuer Ansätze, wie bei einem Großunfall (mit Hunderten von Verletzten = Massenanfall von VerletztenMANV) möglichst viele Menschenleben gerettet und Verletzte optimal versorgt werden können. Erstmals wur-den nun in Deutschland die Abläufe in einem Rettungseinsatz dieser Größenordnung mit 500 „Verletzten“erprobt. Bei der Übung kam ein Erfassungssystem aus PDA (kompakter, tragbarer Computer) und farbigen, mitDatenchip ausgerüsteten (Arm-) Bändern zur Kennzeichnung der Verletzten zum Einsatz. Anstelle der bisherüblichen, manuell beschrifteten Verletztenanhängekarten erhielt jedes Opfer ein Band mit Funk-Etikett (RFID-Chip). Über den PDA wird der Zustand des Patienten auf dem Datenchip erfasst sowie alle vorgenommenenBehandlungen und Maßnahmen bis hin zu Transportmittel und -ziel vermerkt. Da die Daten automatisch undzeitgleich an die Leitstelle und andere Beteiligte (z.B. TEL = Technische Einsatzleitung vor Ort) übermittelt wer-den, ist die Person stets lokalisierbar. Rettungskräfte wissen, wo sie den Verletzten finden und was sie erwartet. Bereits während des Transports kannsich das Krankenhauspersonal auf seine Ankunft vorbereiten. „Der Funkchip ersetzt die bei Massenunfällen bis-lang übliche so genannte Triagierung, bei der die gesichteten Opfer mit verschiedenfarbigen Anhängekarten inDringlichkeitskategorien eingeteilt werden“, erläutert Professor Leo Latasch das neue Verfahren. „Eine solcheautomatisierte medizinische Informationskette verursacht eine minimale Interaktion der Rettungskräfte undermöglicht trotzdem eine schnellere, zeitnahe medizinische und logistische Versorgung“, erklärt der Projekt-koordinator Mario Di Gennaro, der das Projekt für das DRK Frankfurt betreut.

Das Szenario / Ablauf der ÜbungAm 9. Oktober 2010 wurde, mit einer halbstündigen Verpätung, im Rahmendes Forschungsprojektes SOGRO - Sofortrettung bei Großunfall der Alarm„MANV 500“ ausgelöst. Übungsort für den „Massenanfall von Verletzten“(MANV) mit über 500 Probanden war die neue im Bau befindliche Landebahndes Frankfurter Flughafens. Aufgrund dieser Größenordnung wurden überre-gionale Einheiten aus ganz Hessen alarmiert. Als erstes traf der Rettungsdienstder Fraport AG ein. Er hat sich ein erstes Bild der Lage verschafft und eine ersteRückmeldung geben. Parallel begannen bereits erste Rettungskräfte mit Ret-tung und Sichtung der Verletzten.

Während weitere Rettungskräfte eintrafen, baute die Feuerwehr eine techni-sche Einsatzleitung auf. Per Datenübertragung (Handynetz, lokales WLAN)trafen hier dank des neuen Systems aus PDA und Triageband mit RFID-Chipzeitnah Verletztenzahlen, Status und andere Details ein. Sie dienen dazu, vorallem Schwerstverletzte schneller als bisher zu erkennen, zu transportierenund medizinisch zu versorgen. Durch die Chip-Armbänder, die allen Verletzten angelegt wurden, verkürzte sichdiese Zeitspanne erheblich und die erforderlichen Informationen standen der Einsatzleitung schneller zurVerfügung. Bei der Triagierung sollte zur besseren Identifizierung auch ein Foto des Verletzten erstellt und aufden Chip geladen werden. Allerdings ist hierbei die Rechtslage noch nicht abschließend geklärt.

Datensicherheit? Ein Zusammenbruch des Handynetzes würde die Rettungsarbeiten nicht behindern, betont Mario Di Gennaro,der Projektassistent des DRK Frankfurt. Primär übermitteln die PDA Ihre Daten über das Handynetz. Sollte die-ses ausfallen oder überlastet sein, so würden die Daten gesammelt und schnellstmöglich übertragen. AlsRückfallebene steht zusätzlich ein lokales WLAN Netz mit Verbindung zu einem Satelliten zur Verfügung, dasmit dem Eintreffen der technischen Einsatzleitung zur Verfügung steht.

Links Prof. Leo Latasch (ärztli-cher Leiter der Stadt Frankfurt),MdB Helge Braun (BMBF) undder Direktor der BF FrankfurtReinhard Ries während derPressekonferenz “Sogro”.

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Die Überörtlichen rund 210 MANV-S (Sanitäts),MANV-T (Technik) und MANV-B (Betreuung)Einheiten mit mehr als 500 Einsatzfahrzeugensollten laut Übungsbefehl vom P 9 (Buspark-platz bei Veranstaltungen) nahe der Frank-furter Commerzbank-Arena im Bereitstel-lungsraum gebündelt und nach Registrationund angenommener “Eintreffzeit” abgerufenwerden. Doch schon die Anfahrt zum Bereit-stellungsplatz 1 der vielen Rettungsfahrzeugezeigte bereits in der Mörfelder Landstraße,daß die Anmeldeeinheit an der Einfahrt zum P9 leicht überfordert war. Es bildete sich einStau von Rettungsfahrzeugen. Die Polizei lei-tete die anrückenden Kräfte auf einen weite-ren vorgelagerten Parkplatz am Stadion-Badum. Viele der Ü-MANV-Einheiten benötigtenrund eine Stunde und mehr, um zum eigentli-chen externen Bereitstellungsraum zu kom-men. Dort wurden alle Einheiten registriertund dann nach einem ausgeklügeltem Plan(Eintreffzeiten für externe Einheiten) nach derStoppuhr zum interen Bereitstellungplatz 2auf dem Flughafengelände losgeschickt.

VorgelagerterParkplatz amStadion-Bad

Fotos oben: die externen Einheiten wurden am Stadion-Bad gesammelt bevor es dann im Schritttempo überdie Landstraße zum ersten Bereitstellungsraum “P 9” ging. Fotos unten: ein kleiner Teil der zahlreichenüberörtlichen Kräfte, andere Einheiten sind auf dem Weg vom P9 zum Einsatzort am Flughafen.

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Ausschnitt aus dem Zeitplan derüberörtlichen Einheiten Foto: DON

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Wenige Minuten dauerte die Alarmfahrt vom Be-reitstellungsplatz an der Commerzbank-Arena biszur Baustelleneinfahrt der neuen Landebahn Nord-West. Bereits auf den wenigen Kilometern dorthinkamen den anrückenden Kräften zahlreiche Ret-tungsfahrzeuge mit Patienten an Board unter Ein-satzbedingungen entgegen, schließlich gehörte esauch zur Übung alle “gelben und roten” Patientenin eine der Frankfurter Kliniken zu bringen. Am Be-reitstellungsraum 2 auf dem Neubaugelände derStartbahn Nord-West angekommen, kam es erneutzu einem Stau der Rettungseinheiten, wiederumwurden die anrückenden Kräfte per KFZ-Kennzei-chen erfasst. Kurze Zeit später rollten die Rettungs-

fahrzeuge zum Rettungsmittelhalteplatz auf derneuen Rollbahn. Zügig wurden die RTWs eingewie-sen und beladen. Mit Hilfe der PDAs wurde derAbtransport und die Zielklinik der Verletzten erfasst- nach einen kurzer Übergabe erfolgte der Transportin das vorher angegebene Krankenhaus.

Oben links: Übungsgelände auf der neuen LandebahnNord-West. Oben rechts: Anrückenden Einheitenkommt ein Frankfurter RTW mit Patient entgegen. Bildmitte: “RettungswagenStau” am Bereitstellungsplatz 2auf dem neuen Flughafengelände. Bild unten links:Warten auf eine weitere Registration. Bild rechts unten:Zwischenzeitlich erfolgte der Abtransport mit Bussenvon Verletzten der grünen Kategorie III.

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Prof. Leo Latasch (Ärztlicher Leiter der Stadt Frankfurt undMdB Helge Braun (BMBF) erklären Beobachtern und Vertre-tern der Presse das Sogro Erfassungssystem aus PDA (kompak-ter, tragbarer Computer) und farbigen, mit Datenchip aus-gerüsteten (Arm-) Bändern zur Kennzeichnung der Verletzten.Diese Bänder wurden statt der bisher üblichen, manuell be-schrifteten Verletztenanhängekarten, in den Farben rot, gelbund grün, verwandt. Dies neue elektronisch unterstützteTriageform (=erste Sichtung und Einteilung der Verletzten inDringlichkeitsstufen) beschleunigt den Rettungsprozess.

Per Datenübertragung (Handynetz, lokalesWLAN) trafen hier dank des neuen Systems ausPDA und Triageband mit RFID-Chip zeitnahVerletztenzahlen, Status und andere Detailsein. So hatten Einsatzleitung und Organisationjederzeit den Überblick über den Stand derRettungsarbeiten. Unter anderem konnten dieLeitstelle Frankfurt, die Sicherheitsleitstelle, dieTEL und die teilnehmenden Krankenhäuserauf diese Daten zugreifen.

Die „Standartaufgaben“ kann SOGROnatürlich nicht ersetzen. Die Einsatzkräf-te mussten alle Verletzten zur Erstversor-gung an oder in Sanitätszelte bringenund noch vor Ort mit der Erstversorgungbeginnen. Für die kräftezehrende Trage-arbeit kam hier eingewiesenes Boden-personal (Medical-Support-Team) desFlughafens als Unterstützungstrupps zurHilfe.

Während zwei Stunden nach Übungsbe-ginn noch immer ununterbrochen Ein-heiten An- und Abrücken, zeigen sich dieOrganisatoren der Großübung bereitsbegeistert. Sowohl das MANV-Konzeptals auch SOGRO haben wunderbar funk-tioniert. Natürlich zeigte die Übung auchSchwachstellen, welche im Nachgangintensiv ausgewertet werden sollen.

Rechnerisch sollte nach 3,5 Stunden derletzte Patient im Krankenhaus angekom-men sein. Für einen Verkehrsunfall wäredas eine Ewigkeit, für einen „MANV 500“ist das jedoch eine Marke, die bisherunerreichbar schien.

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SOGRO MANV 500 - Zahlen, Daten, FaktenFahrzeuge EinsatzkräfteWerkfeuerwehr Fraport AG 16 Werkfeuerwehr Fraport AG 35 Rettungsdienst Fraport AG 5 Rettungsdienst Fraport AG 20 Airport Security Fraport AG 6 Airport Security Fraport AG 28 Berufsfeuerwehr Stadt Ffm 10 Berufsfeuerwehr Stadt Ffm 50 Rettungsdienst der Stadt Ffm 15 Rettungsdienst der Stadt Ffm 35 Übungsleitung / Logistik BF 20 Übungsleitung / Logistik BF 130 Rettungsdienst Frankfurt Hi Org 45 Rettungsdienst Frankfurt Hi Org 140 Externe Ü-MANV-Einheiten 210 Externe Ü-MANV-Einheiten 515 Freiwillige Feuerwehr Ffm 25 Freiwillige Feuerwehr Ffm 185 Polizei 100 Polizei 360 Zoll 5 Zoll 14

Unterstützungsdienste Fraport AG 60 Darsteller 560

Summe 457 Summe 2132

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Schadenslagemit 500 Verletzten eintrifft, erschien vielen Betei-ligten bei Beginn der Planungen vor drei Jahrennoch verschwindend gering, berichtet Prof. LeoLatasch (Ärztlicher Leiter Rettungsdienst FFM).Latasch weiter: „Doch leider wurden wir von denschrecklichen Ereignissen in Duisburg überholt“.

Wie SOGRO funktioniert, wenn die Rahmenbe-dingungen (Infrastruktur, Wetter, Lage und ver-fügbarer Platz) unangenehmer sind, bleibt abzu-warten. In diesem Szenario erwies es sich jedochals zukunftsweisend.

Start- und Landebahnensystem:Start- und Landebahn Nord:4.000 Meter lang, 60 Meter breit. Start- und Landebahn Süd: 4.000 Meter lang, 45 Meter breit plus 2 x 7,50 Meterbreite „Schultern“; Achsabstand: 518 Meter zwi-schen Start- und Landebahn Nord und Start- undLandebahn Süd. Startbahn West: 4.000 Meter lang, 45 Meter breit plus 2 x 7,50 Meterbreite „Schultern“. Im Bau: Landebahn Nord-West Geplante Länge 2.800 Meter mit einem Achsen-abstand zur heutigen Nordbahn von rund 1.400Meter. Fertigstellung bis zum Winterflugplan2011/2012. Terminal 3 Vorgesehen sind 75 Abstellpositionen für Flug-zeuge. Fertigstellung abschnittweise ab 2015. An-bindung über Personen-Transport-System geplant.Quelle: Fraport

Fraport AG Medizinische Dienste - Rettungsdienst

Der RD der Medizinischen Dienste ist offizieller Leis-tungserbringer im öffentlichen Rettungsdienst derStadt Frankfurt (Rettungswachen Versorgungsbereich30). Insgesamt 70 Mitarbeiter/innen fahren pro Jahrrund 20.000 Einsätze (Zahlen 2009) in den BereichenBehinderten- Service, Krankentransport, Notfallversor-gung, BA- Not (u.a. Feuerwehreinsätze wie Gefahrgut-unfälle oder Brandmeldungen). Die Wache ist eine an-erkannte Lehrrettungswache, jährlich absolvieren 10RAiP (Rettungsassistenten im praktischen Anerken-nungsjahr) ihr praktisches Jahr im Rettungsdienst undbeenden ihre Ausbildung hier mit dem Abschlussge-spräch. 21 Fahrzeuge (18 Motorgetriebe Fahrzeugeund 3 Anhänger) sind derzeit beim Rettungsdienst imEinsatz. Im Einzelnen sind dies:

- 5 RTW (alle ausgestattet wie NAW) - 1 Sonderrettungsmittel für Parkhauseinsätze - 1 Sonderrettungsmittel für Geländeeinsätze - 1 Gerätewagen für Großschadenfälle (MANV) - 2 Hubfahrzeuge (Ambulance-Lift) - 3 Mannschaftstransportfahrzeuge - 5 PKWs als ELW1 oder Arzt- PKW (Rufbereitschaft /

Hintergrunddienste) - 3 Geräteanhänger

Ende 2005 wurde die neue Rettungswache bezogen.Auf 1360qm ist Platz für die Fahrzeuge in einer großenFahrzeughalle im Erdgeschoss. Außerdem befindetsich dort eine Waschhalle, ein Desinfektionsraum, einLager für Fahrzeugersatzteile und ein Sanitärbereich,2 Lagerräume für RD- Material.

10 Mitarbeiter haben die Qualifikation zum Lehr-Rettungsassistenten und nahezu jeder Rettungsassi-stent hat die Qualifikation zum OLRD, damit ein Groß-schadensereignis von der ersten Minute an strukturiertgeleitet werden kann. Alle im Rettungsdienst einge-setzten Notärzte verfügen über den “Fachkundenach-weis Rettungsdienst“ und die Ausbildung zum LNA(Leitender Notarzt).

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