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TERROIR DIVO Nr. 74 Oktober 2013 RIBERA DEL DUERO Rudeles: ein gelungenes Selbsthilfeprojekt . . 3 Abadia Retuerta: 15 Jahre Zusammenarbeit . . 7 RIOJA Bodegas Landaluce: baskische Identität . . . 11 Remelluri: zurück zu den Wurzeln . . . . . . . . 14 I NHALT DIVO DÉFENSE ET ILLUSTRATION DES VINS D’ORIGINE RIBERA DEL DUERO – RIOJA 15 JAHRE ZUSAMMENARBEIT MIT

RIBERA DEL DUERO –RIOJA - divo.ch · (v o nRu p er z, del H y u d Es i l). «I mM o ent ... ü. M. Umfasst über 100 Weinbaudörfer an beiden Ufern des Duero. Rebfläche:ca. 2 0500

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TERROIRDIVO Nr. 74

Oktober 2013

RIBERA DEL DUERO

• Rudeles: ein gelungenes Selbsthilfeprojekt . . 3

• Abadia Retuerta: 15 Jahre Zusammenarbeit . . 7

RIOJA

• Bodegas Landaluce: baskische Identität . . . 11

• Remelluri: zurück zu den Wurzeln . . . . . . . . 14

INHALT

DIVO DÉFENSE ET ILLUSTRATION DES VINS D’ORIGINE

RIBERA DEL DUERO – RIOJA

15 JAHRE ZUSAMMENARBEIT MIT

2DIVO DÉFENSE ET ILLUSTRATION DES VINS D’ORIGINE

EDITORIAL

Walter ZambelliEric DuretClaudia Heine

Für das Team DIVO

Die Ribera del Duero fordert die Rioja heraus

Noch vor zwanzig Jahren war die Hegemonie der Riojaunangetastet. Sie galt als die führende spanische Wein -region schlechthin. Im Zug der Modernisierung, die durchden Beitritt Spaniens zur EU 1986 zusätzlich Auftrieb er-hielt, kam es zu tiefgreifenden Umwälzungen im flächen-mässig grössten Weinland der Welt. Vorher kaum bekannteRegionen betraten die Szene, etwa das Priorat. Und auchdie Ribera del Duero, die seit 100 Jahren einen der bestenspanischen Weine produziert – den mythischen VegaSicilia –, aber trotzdem immer im Schatten der Rioja standund erst 1982 den Status als Denominación de Origen erhielt, mauserte sich inzwischen zur ernst zu nehmendenKonkurrentin der Rioja.Rioja und Ribera del Duero produzieren fast ausschliesslichRotwein, beide Regionen versuchen das Beste ihrer Wein-bautradition zu bewahren und gleichzeitig Investitionen inmoderne Techniken zu tätigen. Zumindest beim Besuchbei vier unserer Produzenten, zwei aus der Ribera, zweiaus der Rioja (beide übrigens in der kleinsten Unterregion,der bergigen Rioja Alavesa domiziliert), geht der «Match»Ribera gegen Rioja unentschieden aus. Beide begegnen

sich auf Augenhöhe. Und bieten überzeugende, authenti-sche Weine, allerdings in unterschiedlicher Stilistik. DieRioja-Weine überzeugen durch Charme, Anmut, ein sehrfeines Tanningerüst und viel Schmelz. Die Ribera-Weinedagegen sind das Produkt eines «Weinbaus am Limit» inextremem Klima und imposanten Höhenlagen – eine echteHerausforderung: kraftvolle, nicht immer leicht zugänglicheWeine, die Zeit brauchen, dafür aber mit saftiger Säureund Charakter überzeugen.Unverkennbar der Trend in beiden Regionen, frischere, fei-nere Weine zu produzieren, die nicht mehr so stark vomHolz geprägt sind wie früher. Möglich, dass hier sogar dieWirtschaftskrise hilft, werden doch kostspielige Barriquesweniger schnell ausgewechselt als früher. Bleibt zu hoffen,dass die Krise nicht zu viele Winzer zwingt, ihre kostbarenalten Rebparzellen aufzugeben. Das wäre ein unersetzlicherVerlust.

TERROIRDIVO

WEINREGIONEN

DIE BEIDEN GROSSEN SPANI-SCHEN WEINREGIONEN RIBERADEL DUERO UND RIOJA LIEGEN

AN DEN UFERN DER FLÜSSEDUERO BEZIEHUNGSWEISE EBRO

S P A N I E N

RUDELES: EIN GELUNGENES SELBSTHILFEPROJEKT

Wenige Kilometer südwestlich von SanEsteban de Gormaz liegt ein hübsches,verschlafenes Dörfchen namens Peñalbade San Esteban: einige Häuser aus röt-lichgelben Steinen, nicht wenige davonmit verschlossenen Fensterläden, eingrosser, leerer Platz und eine stattliche,im 15. Jahrhundert auf romanischenGrundmauern erbaute Kirche. Im Winterleben hier nur ein paar Handvoll Men-schen, im Sommer, wenn die ausgeflo-genen Kinder des Dorfes für ein paarFerientage zurückkehren, kommt Lebenins Dorf. Immerhin: Der Spielplatz nebender Kirche lässt vermuten, dass biswei-len Kinderlachen über den Platz schallt.

Wer zur Kellerei Rudeles will, überquertdirekt beim Dorfeingang die kleine Stein-brücke über den Rio Pedro und hältsich danach scharf links, lässt eine he-runtergekommene Garage rechts liegen– und schon steht er vor der Bodega.Weit und breit ist kein architektonischspektakuläres Gebäude oder auch nurein Schild zu entdecken, das Weinfreun-den den Weg weisen würde. Lediglichzwei Barriques mit dem eingebrannten«R» von Rudeles, die vor einemschmucklosen Hangar stehen, verraten,dass wir richtig sind.

INNERE WERTE SIND GEFRAGT

Bei Rudeles geht es um Sein, nicht umSchein. Das wird schnell klar. Juan-Martìn del Hoyo, einer der Partner, erzählt uns die Geschichte des Selbst-hilfeprojekts: Als 2001 die regionale

Kooperative ihre Traubenlieferanten nichtmehr bezahlen konnte und schliesslichKonkurs ging, standen viele Winzer vordem Nichts und waren gezwungen, ihreRebberge aufzugeben. Auch die Männerhinter Rudeles wussten nicht weiter.Doch schliesslich hatten sie eine Idee.Juan-Martìn del Hoyo, sein SchwagerJavier Ruperez, Javiers Bruder AntonioRuperez und Marcos Espinel, Javiersund Antonios Schwager, hatten alle vonihren Eltern kleine und grössere Reb-parzellen geerbt, deren Ertrag bisher andie Kooperative gegangen war. AusserAntonio und seinem Sohn Sergio lebtkeiner von ihnen mehr im Dorf. Die

Männer, nicht nur durch verwandt- undfreundschaftliche Bande vereint, son-dern auch durch ihre Liebe zum heimat-lichen Boden und zur Weinkultur, wag-ten das Abenteuer – und gründeten eineigenes kleines Weingut. Sie kauftennoch einige aufgegebene Rebparzellendazu und nannten ihre Bodega Rudeles(von Ruperez, del Hoyo und Espinel).«Im Moment ist das noch ein reichlichkostspieliges und zeitaufwendigesHobby», feixt Juan-Martìn, «doch wirhoffen natürlich, in nicht allzu ferner Zu-kunft schwarze Zahlen zu schreiben…»Antonio Ruperez ist der einzige, derseine Arbeitskraft voll und ganz in denDienst der jungen Kellerei stellt – er istWinzer und Kellermeister in Personal-union, im Keller wird er von Sohn Sergiokräftig unterstützt. Der wirkliche Chef imKeller ist allerdings eine Chefin: die pa-tente Önologin Roser Amoros, die zehnkleinere Bodegas, vor allem im Priorat

3DIVO DÉFENSE ET ILLUSTRATION DES VINS D’ORIGINE

Ribera del Duero

115 km lange und 35 km breite Weinregion in Kastilien-León, im oberen Duerotal, auf dem nordspanischen Plateau in einer Höhe von 700 bis 900 mü. M. Umfasst über 100 Weinbaudörfer an beiden Ufern des Duero.

Rebfläche: ca. 20500 ha.

Klima: kontinental und extrem. Heisse, trockene Sommer mit Temperaturenum 40°C und bitterkalte Winter mit bis zu -15°C. Sehr grosse Temperatur -unterschiede zwischen Tag und Nacht. 2400 Sonnenstunden und 450 mmNiederschläge pro Jahr.

Terroir: Muttergestein aus Schiefer, bedeckt von vielfältigen, immer aber kalk-reichen, mineralischen Bodentypen (kiesig, sandig, steinig, lehmig, gipshaltig).

Rebsorten: gemäss DO müssen die Rotweine aus mindestens 75% Tempra-nillo (auch Tinto Fino oder Tinto del País genannt) bestehen. Erlaubt sindauch Cabernet Sauvignon, Merlot und Malbec. Diese vier Sorten zusammenmüssen mind. 95% der Cuvée ausmachen, die restlichen 5% dürfen ausGarnacha Tinta und/oder der weissen Sorte Albillo bestehen. Die DO siehtnur Rot- und Roséweine vor.

IN DEN REBBERGEN VON RUDELES (VON LINKS):WALTER ZAMBELLI, EVA ZWAHLEN, JUAN-MARTÍN DEL HOYO, JAVIER RUPEREZ,

ROSER AMAROS, ERIC DURET, CLAUDIA HEINE UND ANTONIO RUPEREZ

und in Montsant, betreut. Sie reist ein-mal pro Woche aus Taragona an, umdie Rudeles-Weine zu überwachen undVater und Sohn Ruperez anzuleiten.

ALTE REBSTÖCKE IN BESTEN LAGEN

Wir verteilen uns auf diverse Fahrzeugeund los geht die Fahrt in Richtung Reb-berge. Es ist Mitte Juni. In den letztenMonaten war es in Spanien wie im rest-lichen Europa kühl und regnerisch. Un-gewohnt grün präsentiert sich deshalbdie herrlich weite Landschaft. Das Grassteht hoch und saftig grün, gesprenkeltvon Hunderten und Aberhunderten vonblutroten Tupfern: Die Mohnblumen stehen in voller Blüte und wetteifern mit Margeriten, Raps, Ginsterbüschen,wildem Salbei und anderen duftendenWiesenblumen in allen Farben um dieGunst der Insekten. Wir können unskaum sattsehen an dieser Pracht ! Bi-zarre Felsformationen, weiss-gelb-rotgestreift, erinnern an nordamerikanischeCanyons. Weit und breit ist keine Men-schenseele zu sehen. Plötzlich entde-cken wir auf sanften Hängen die erstenRebberge, dazwischen wild wucherndeHecken und vereinzelte Bäume. EineSchar Rebhühner sucht hektisch dasWeite, ein Reh flüchtet in grossenSprüngen bergaufwärts. Das Vogelge-zwitscher setzt kurz aus, als unsere Autotüren klappen, um dann wieder mitneuem Elan einzusetzen.

Wir schwärmen aus in die mit kostbarenalten Gobeletstöcken bewachsenenWeingärten. «Wir bewirtschaften insge-samt 15,5 Hektaren Reben», setzt Juan-Martìn zur Erklärung an, doch ÖnologinRoser fällt ihm fröhlich ins Wort: «Achwas, das klingt ja nach nichts ! Es sindsage und schreibe 60 verschiedene Parzellen, stellen Sie sich das vor, einefurchtbar mühsame Sache…!» Sie lachtihr herzliches Lachen. «In den kleinstenwachsen gerade mal 50 Rebstöcke.»Die meisten der buschförmig gezogenenReben sind 50 bis 80 Jahre alt und er-zählen mit ihren knorrig-verwachsenenStämmen und flehend gegen den Him-mel gereckten Ästen von bitterkaltenWintern und sengend heissen Sommern.Das breit ausladende Hochtal liegt aufeiner Höhe von über 900 Metern.

EXTREMES KLIMA UND EXTREME HÖHENLAGEN

Winzer Antonio bricht da einen Geiztriebaus und kappt dort ein Blatt. «DieReben haben dieses Jahr mindestensdrei Wochen Verspätung», meint er. Mitgerunzelter Stirn zeigt er uns Reben,die von den Frostnächten vom 26. Aprilund 16. Mai gezeichnet sind. NichtsUngewohntes in der Ribera del Duero,sind doch lediglich die Monate Juni bisSeptember garantiert frostfrei. Im Wintersinkt das Thermometer häufig weit unterden Gefrierpunkt, minus 15 Grad Celsiussind keine Seltenheit. Selbst jetzt, imFrühsommer, verträgt man abends einewarme Jacke.Die Winzer der Region sind nicht verwöhnt. Hier, in der Provinz Soria,

TERROIRDIVO

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AMPELOGRAPHISCHES FENSTER

Der Tempranillo, ein vornehmer und frühreifer Edelmann

In gewissen Werken lesen Sie möglicherweise, der Tempranillo(vom spanischen temprano = frühreif) sei von den Zisterziensermönchen derBurgunder Abtei Cîteaux in Spanien eingeführt worden und es handle sich beiihm um einen Cousin des Pinot, der sich auf Pilgerfahrt nach Santiago deCompostella begeben habe. Diese Bücher können Sie getrost weglegen,denn mittlerweile weiss man, dass diese Legende falsch ist. 2012 hat mannämlich mittels DNA-Tests die Eltern des Tempranillo entdeckt: Der Tempranilloist, wie wir heute wissen, eine natürliche Kreuzung zwischen Albillo Mayor,einer alten Rebsorte aus der Ribera del Duero, wo der Tempranillo seit jeherunter dem Namen Tinta del País («Landroter») kultiviert wurde, und einer auf-gegebenen Rebsorte der autonomen Gemeinschaft Aragón namens Bene-dicto, von der man so gut wie nichts weiss. Die Kreuzung fand irgendwo zwi-schen Aragón, der Rioja, Kastilien-León und Navarra statt, und zwar vor dererstmaligen Erwähnung des Tempranillo im Jahr 1807 in der Rioja oder sogarnoch deutlich früher, wenn man gewissen unklaren Erwähnungen in derRibera del Duero ab dem 13. Jahrhundert Glauben schenken will.

José Vouillamoz

DAS CHARMANTE STÄDTCHEN SAN ESTEBAN DE GORMAZ

WINZER ANTONIO RUPEREZ

befinden wir uns nicht nur an der öst-lichsten Grenze der langgezogenen Ribera del Duero, sondern auch buch-stäblich am Limit, was den Weinbaubetrifft. Rebbau ist gerade noch mög-lich, muss aber der Natur abgetrotztwerden. Bei solchen Höhenlagen darfman getrost von «Bergweinen» reden.Das Klima ist geprägt von markantenTemperaturunterschieden zwischen Tagund Nacht, was die poylphenolischeReife der Trauben begünstigt. Die Nie-derschläge sind – zumindest in norma-len Jahren – sehr niedrig. Nur robuste,gesunde Rebstöcke schaffen es, ihreTrauben zur Reife zu bringen. Genaudiese Bedingungen verhelfen den Wei-nen aber auch zu herrlicher Finesse und Frische sowie zu einer ausserge-wöhnlich ausdrucksvollen Aromatik. «Esgelingt uns nicht immer, vollreife Traubenzu lesen», räumt Roser Amoros ein. «Imschlechtesten Fall werden sie zu Ro-sado oder zu Joven verarbeitet. Sindsie aber reif, dann präsentieren sie sichunvergleichlich aromatisch und frisch !»,kommt sie ins Schwärmen.

DER TEMPRANILLO GIBT DEN TON AN

Die unangefochtene Hauptsorte in derRibera und natürlich auch bei Rudelesist der Tempranillo beziehungsweise die lokale Tempranillo-Varietät Tinto Fino,auch Tinto del País genannt. Danebenbesitzen die Partner von Rudeles100 Jahre alte Stöcke von Garnacha,eine einzigartige Kostbarkeit in der Re-gion. Höchste Zeit, die Weine, die hiergedeihen, zu verkosten ! Mitten in denReben ist ein kleiner Imbiss für uns vor-bereitet und die ersten Flaschen werdenentkorkt.Doch plötzlich fühlen wir uns beobach-tet. Auf der Krete des Hochplateaus,

Las Comarcas genannt, haben sichnach und nach fünf riesenhafte Vögelniedergelassen, die uns nicht aus denAugen lassen: Gänsegeier mit einerSpannweite von weit über zwei Metern.«Die fressen nur Aas…», beruhigen un-sere Gastgeber und präsentieren munterihre Weine, angefangen beim einzigenWeisswein des Hauses, dem raren Albillo, der kein Anrecht auf die DO be-sitzt. Strahlend fruchtig, rund und vonentwaffnendem Charme dann der roteCepas Jovenes 2012, höchst elegantder «Original», eine fast explosiv fruch-tige, tiefgründige Cuvée aus 23 Parzel-len mit bestens integrierten Tanninen.Die Terroirs in der Region, immer mithohem Kalkanteil, bilden ein buntes Mosaik aus sandig-kiesigem Schwemm-land, Lehm, Schiefer bis hin zu Gips –eine Vielfalt, die viel zur Komplexität derWeine beiträgt.

Unter dem strengen Blick der Geiergeht es weiter, vorbei an den in dieHügel gebauten, unterirdischen altenSteinkellern und zurück ins Dorf. DerKeller von Rudeles, ohne Schnick-schnack, aber blitzsauber und auf demmodernsten Stand, erzählt von hartnä-ckiger Qualitätsarbeit. Der Schlüsselbe-griff heisst Selektion. Schon im Rebbergwerden die Trauben jeweils in vierDurchgängen gelesen, von Hand natür-lich – bei alten Gobeletstöcken ist nichtsanderes denkbar –, bevor sie in 12-Kilo-Kistchen in die Bodega geliefert werden.Auf dem Söndertisch müssen sie eineweitere unerbittliche Selektion über -stehen, bevor sie in thermoreguliertenStahltanks vergären, abgepresst werdenund zum Ausbau und Verfeinern in dieBarricas kommen.«Wir sind immer noch am Anfang»,meint Juan-Martín bescheiden, «aberunser Ziel ist klar: Wir wollen das kost-bare Weinbauerbe unserer Eltern undGrosseltern bewahren und Weine pro-duzieren, die ihr Terroir reflektieren. Ge-startet sind wir 2003 mit 2500 Flaschen,die wir in einer Garage ausgebauthaben, heute sind es rund 40000 Fla-schen. Wir werden aber niemals unsereQualitätsgrundsätze zugunsten derQuantität verraten !» Und so arbeitendenn drei der fünf Partner weiterhinauswärts, um den Traum vom Charak-terwein aus ihrer Heimat zu finanzieren.Doch spätestens zur Ernte versammeltsich die ganze Familie mit Kind undKegel im Dorf und hilft mit, die kostbarenTrauben zu lesen.

Nr. 74 OKTOBER 2013

5DIVO DÉFENSE ET ILLUSTRATION DES VINS D’ORIGINE

UNZÄHLIGE KLEINE, UNTERIRDISCHE KELLER BIETEN NOCH HEUTE IDEALE BEDINGUNGEN ZUM LAGERNUND REIFEN DES WEINS

URALTE TEMPRANILLO-REBSTÖCKE IM GOBELET-SYSTEM

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TERROIRDIVO

DIE WEINE AUS DEM HAUSE RUDELES

l Rudeles 2006, Selección, Ribera del Duero, Tierras elGuijarral: elegant und samtigweich

Die sorgfältig selektionierten Traubenaus den allerbesten Parzellen am Hangder Comarcas werden entrappt und inEdelstahltanks bei 27°C vier Wochenan der Maische vergoren. 13 MonateAusbau in einjährigen französischen Ei-chenfässern und weitere zwölf Monatein der Flasche. Ein intensiver, strahlenderWein mit schmeichelnd fruchtiger Nase(Kirschen, Pflaumen, Kaffee, Schokoladeund Lakritze), im Gaumen kraftvoll,dicht, mit schön ausbalancierter Säureund seidig-weichen, eleganten Tanninen.Ein aromatisch komplexer Wein voncharaktervoller Rasse.Lammkeule mit Kräutern • Kaninchen-Confit • Lamm-Eintopf mit Tomaten.

Rudeles 2006, Selección, Ribera del Duero, Tierras el Guijarral («Wein des Jahres» 2013)Genussreife: 2013-2014 • Ref.: 402806Rebsorten: 95% Tempranillo/Tinto Fino (zwei Drittel von 10-jährigen und ein Drittel von 90-jährigen Reben),5% Garnacha (von 100-jährigen Reben)Spezialpreis für Mitglieder: CHF 19.70Typ: intensiv, charaktervoll, seidige Tannine, kräftig

l Rudeles 2012, Cepas Jovenes,Ribera del Duero, Tierras elGuijarral: Frucht pur

Der Tempranillo für diesen Wein wächstauf einer Höhe von 800 Metern auf steinigen Böden. Die Trauben vergären

sieben Tage lang bei einer Temperaturvon 23°C, damit sie ihre herrliche Fruchtbewahren. Im Tank ausgebaut und frühabgefüllt, bezaubert dieser sympathi-sche Wein durch seine von Gär- undPrimäraromen dominierte Frucht, imGaumen ist er rund, sehr fruchtig, flei-schig und getragen von leicht rustikalenTanninen. Ein unkomplizierter, frischerAlltagswein, der einfach Spass macht.

Rudeles 2012, Cepas Jovenes, Ribera del Duero, Tierras el GuijarralGenussreife: 2013-2015 • Ref.: 402912Rebsorte: 95% Tempranillo/Tinto Fino (von jungen Reben),5% Garnacha (von 100-jährigen Reben)Preis für Mitglieder: CHF 8.95Typ: fruchtig, frisch, leicht zugänglich

l Rudeles 2010, Original, Cuvée Spéciale DIVO, Riberadel Duero, Tierras el Guijarral:ein sehr harmonischer und eleganter Wein

Diese speziell für DIVO abgefüllte Cuvéestammt aus 23 verschiedenen Parzellen.Die Trauben werden zwei Wochen langbei 25°C an der Maische vergoren,

sechs Monate in gebrauchten franzö -sischen Barriques und mindestens einJahr in der Flasche gereift. Ein ge-schmeidiger, sehr fruchtbetonter Weinvon grosser Harmonie: komplexe Notenvon roten und schwarzen Beeren, Kaffee, Veilchen und süssen Gewürzen,das elegante Holz ist dezent und gut eingebunden. Im Gaumen rassig,vollmundig, angenehm frisch und mitfeinkörnigen Tanninen. Langes, aroma-tisches Finale.Gemüsekuchen • geschmortes Kanin-chen mit Oliven • mit Hackfleisch gefüllteAuberginen.

Rudeles 2010, Original, Cuvée Spéciale DIVO, Ribera del Duero, Tierras el GuijarralGenussreife: 2013-2015 • Ref.: 403610Rebsorten: 95% Tempranillo/Tinto Fino (zwei Drittel von 10-jährigen und ein Drittel von 90-jährigen Reben),5% Garnacha (von 100-jährigen Reben)Preis für Mitglieder: CHF 12.95Typ: komplex, geschmeidig, rassige Frucht

EINE DER SEHENSWÜRDIGKEITEN VON SANESTEBAN DE GORMAZ: DIE IGLESIA DE NUESTRA

SEÑORA DEL RIVERO IN ROMANISCHEM STIL

EINE VON 60 REBPARZELLEN DES HAUSES RUDELES PRÄSENTIERT SICH IM JUNI 2013 ALS WAHRES BLÜTENMEER…

Nr. 74 OKTOBER 2013

7DIVO DÉFENSE ET ILLUSTRATION DES VINS D’ORIGINE

ABADÍA RETUERTA: 15 JAHRE ZUSAMMENARBEIT MIT DIVO

1998 stellte Christophe von Ritter in derRevue DIVO Nr. 27 die Abadía Retuertavor. Er begrüsste begeistert den erklärtenWillen der neu geschaffenen Domäne,ungeachtet der restriktiven AOC-Be-stimmungen die Terroirs in den Mittel-punkt zu stellen und Rebsorten und Vi-nifikationsmethoden ausschliesslich inFunktion dieser Terroirs auszuwählen.Heute, 15 Jahre später, ist Abadía Re-tuerta zu einer international angesehenenMarke geworden. Trotz seiner Grösseüberzeugt das Gut mehr denn je durchsorgfältige Arbeit in Rebberg und Keller– und durch seine modern vinifizierten,aber stark von ihren Terroirs geprägtenWeine. Grund genug, die langjährigeZusammenarbeit fortzusetzen.

110 Kilometer westlich von Rudeles, inSardón de Duero, gewissermassen am«anderen Ende» der Ribera del Duero,in der Region Valladolid, liegt die AbadíaRetuerta. Die imposante Prämonstra-tenserabtei, 1146 im Zug der Recon-quista errichtet und bis ins 19. Jahrhun-dert als Weinproduzentin bekannt undgeschätzt, liegt in nächster Nähe desDuero und präsentiert sich heute alsgeschmackvoll renoviertes Fünfsterne-Weinhotel namens Le Domaine, daskeine Wünsche offen lässt, mit ange-schlossenem Luxusrestaurant (elegantim ehemaligen Refektorium der Möncheuntergebracht) und modernem Bistro.Zum prachtvollen Landgut gehören750 Hektaren Land, 204 davon sind mit

Reben bestockt. Rebberge und Kellereiliegen auf dem Nordufer des Duero, aneinem sanften Hang bis zu einer Höhevon 850 Metern.1988 wurde das heruntergekommeneAnwesen von einem international tätigenSchweizer Grosskonzern gekauft, derenorme Summen in die Renovation derkulturhistorisch einzigartigen Gebäude,aber auch in die Neuanlage der Reb-berge und die topmoderne, 1996 ge-gründete Kellerei steckte. Heute atmetalles vornehme Eleganz, die Kelleranla-gen sind technisch ausgeklügelt undauf dem allerneusten Stand – ein Traumfür jeden Önologen.

EHRGEIZIGES PRESTIGEPROJEKT

Auch beim Personal wurde nicht ge-spart, nur die Besten waren gut genugfür das ambitionierte Prestigeprojekt.Als Berater fungierte von Anfang an derberühmte französische Önologe undAgronom Pascal Delbeck. Ebenfalls seitBeginn des Abenteuers dabei ist dertechnische Direktor, der verantwortlichzeichnet für die Rebberge und die Bo-dega: der brillante Önologe Angel Ano-cibar, der sympathisch bodenständigund unkompliziert geblieben ist. Dererste promovierte Önologe Spaniens, inBordeaux ausgebildet und einst aufChâteau Calon Ségur tätig, lädt unsohne viel Federlesens in seinen Jeep,den ein kleiner Engel ziert (das Symbolder Abadía, der Schutzengel, passt bes-tens zum Vornamen Angel…) und fährtuns stolz durch sein Reich. Immer wie-der heisst er uns aussteigen, zeigt uns

REBEN, SO WEIT DAS AUGE REICHT : NICHT WENIGER ALS 204 HEKTAREN REBEN GEHÖREN ZUR ABADÍA RETUERTA

WO EINST MÖNCHE EIN UND AUS GINGEN, FAHREN HEUTE BETUCHTE GÄSTE VOR. DAS EHEMALIGE

KLOSTER WURDE IN EIN LUXUSHOTEL UMGEWANDELT

mit sichtlicher Freude wilde Reben, erzählt lebhaft von den hundertjährigenPinien, Zedern und Eichen («wo Pinienwachsen, ist der Boden karg und san-dig») oder von den Tieren, die hier leben(und denen seine Mitarbeiter auf seineAnweisung hin Wassertränken aushe-ben). Dann weist er uns auf die grossenWindräder hin, welche die Reben in derEbene vor Frost schützen sollen, undzwar, indem sie die am Boden gestautekalte Luft mit den darüber liegendenwärmeren Schichten vermischen. Funk-

tioniert das denn? «Das bezweifelten zu Anfang viele», schmunzelt er. «Dochnach einem Frost im September warenrundherum die Blätter aller Reben plötz-lich braun – ausser die in unseren Rebbergen. Seither ist die Sache klar !»

KOMPROMISSLOSE ARBEIT IM REBBERG

Die Vegetationszeit in der Ribera istkurz, Schuld daran sind Höhe und

Klima. «Es braucht grossen Einsatz imRebberg, um reife Trauben lesen zukönnen.» Angel Anocibar legt Wert auf möglichstökologischen Weinbau, Insektizide ver-wendet er aus Prinzip nicht, chemischenDünger ebensowenig, Fungizide nurwenn unbedingt nötig. Nützlinge werdengefördert, Schädlinge natürlich be-kämpft. Dass Rehe sich gerne an denJunganlagen gütlich tun, stört ihn nicht.«Solange es nicht zu viele sind…»,meint er achselzuckend. Die gleicheentspannte Einstellung zeigt der natur-verbundene Chefönologe gegenüberRebkrankheiten. Kompromisslos dage-gen wird er, wenn es um die Qualitätseiner Trauben und Weine geht. Die Pflanzdichte ist mit 3000 Stöckenpro Hektare relativ niedrig – «bei höhererDichte würden die Pflanzen wegen Was-sermangel eingehen» –, die Blattwandwird aus demselben Grund stark aus-gedünnt. Insgesamt unterteilt sich dasGelände in 54 Parzellen, die alle einzelnvinifiziert werden. Die allerbesten Einzel-lagen, «Pagos» genannt, ergebengrosse, tiefgründige Crus der Spitzen-klasse. «Wir haben von Anfang an dasmittlere und obere Weinsegment anvi-siert», betont Angel, «doch dafür mussman etwas tun.» Etwa den Ertrag zü-geln, denn: «Wein braucht Struktur, umin der Zeit zu bestehen.» Und das –Weine, die vorzüglich altern und ihreedle Persönlichkeit erst mit den Jahrenvoll entfalten – ist das erklärte Ziel derBodega.

TERROIRDIVO

8DIVO DÉFENSE ET ILLUSTRATION DES VINS D’ORIGINE

DIE EHEMALIGE PRÄMONSTRATENSERABTEI LIEGT MITTEN IN DEN REBEN, NUR WENIGE SCHRITTE VOM

DUERO ENTFERNTLÉGENDE (OU NON)

ERIC DURET, CLAUDIA HEINE UND WALTER ZAMBELLI LASSEN SICH VON ANGEL ANOCIBAR DIE

REBBERGE ZEIGEN

VOM PROVISORIUMZUM LUXUSKELLERAls unser Gastgeber uns den eindrück-lich avantgardistischen Keller mit seinen«schwebenden» Tanks zeigt – «vor15 Jahren war es innovativ, nur mitSchwerkraft zu arbeiten, heute machendas alle» –, das bestens ausgerüsteteLabor, in dem eigene Hefen und Milch-säurebakterien isoliert werden («in Sachen Hefen haben wir zehn JahreVorsprung auf Vega Sicilia»), undschliesslich den riesigen Reifekeller mitden in schwindelerregend hohen Ge-stellen aufgestapelten Barricas, 3000an der Zahl, erinnert er sich an die An-fänge und beginnt zu erzählen: «Denersten Jahrgang haben Pascal Delbeckund ich in einem wahren Loch vinifiziert,ohne Dach über dem Kopf. Damals warder Keller noch nicht fertig gebaut. Daswaren noch Zeiten…!» Fast beschleichteinen der Verdacht, dass es Angel Anocibar im ehemaligen Provisoriummindestens so wohl war wie im heutigenLuxuskeller.

PAGO-WEINE MIT TIEFGANG

Die grosse Idee hinter der Abadía Re -tuerta: die Produktion von Weinen, welche die historischen Parzellen undTerroirs widerspiegeln, auf denen siegewachsen sind. Das hat Konsequen-zen für die Arbeit in Rebberg und Keller.

Jede Parzelle, zu Beginn geologischuntersucht und entsprechend ihrer Beschaffenheit und Ausrichtung mit der passenden Rebsorte bepflanzt, wirdregelmässig analysiert und kontrolliert.Selbstverständlich werden nur die eige-nen Trauben eingekellert, die – nachLagen getrennt und von Hand gelesen– auf Söndertischen selektioniert underst dann separat vinifiziert und ausge-baut werden. Eine gewaltige logistischeHerausforderung! Die Persönlichkeit desTerroirs, das ist die Essenz der Pago-

Weine, gleichgültig, ob sie aus der ein-heimischen Sorte Tempranillo gekeltertwerden oder aus dem französischenCabernet Sauvignon. Und selbst wer inSpanien eher Tempranillo als CabernetSauvignon sucht, verfällt unweigerlichdem Charme des grossartigen PagoValdebellón, eines reinsortigen Caber-nets, der es dank seiner hinreissendenEleganz und seinem mineralischen Cha-rakter mit den Grossen der Weinweltaufnehmen kann.

Nr. 74 OKTOBER 2013

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IM KELLER DER ABADÍA RETUERTA TÜRMEN SICH 3000 BARRICAS

DIE WEINE DER ABADÍA RETUERTA

l Abadía Retuerta SelecciónEspecial 2009, Sardón deDuero: der geborene «Siegerwein»

Kam, sah und siegte. So könnte mandie Selección Especial, kurz und präg-nant zusammengefasst, vorstellen. Derwohl beliebteste und erfolgreichste Weinder Abadía, ein klassischer Blend ausverschiedenen Lagen und Sorten, gefälltmit feiner, eleganter, im besten Sinnklassischer Nase, dominiert von Cassis,Pflaumen, Kaffee und einem Hauch Veilchen. Der Gaumen präsentiert sichfeingliedrig, dicht und samtig weich, getragen von frischer Säure und fein-körnigen Tanninen. Ein unwiderstehlichharmonischer, ausdrucksvoller Wein.Im Ofen geschmortes Kaninchen •Lammtajine.

Abadía Retuerta Selección Especial 2009, Sardón de DueroGenussreife: 2013-2016Ref.: 81309Rebsorten: 75% Tempranillo/Tinto Fino, 20% Cabernet Sauvignon, 5% MerlotPreis für Mitglieder: CHF 24.30Typ: komplex, elegant, samtig weich, fein

l Abadía Retuerta Pago Valde -bellón 2009, Viñedos Propios,Sardón de Duero: ein gross -artiger Cabernet Sauvignon

Auch wer der Meinung ist, CabernetSauvignon müsse nicht unbedingt ausSpanien kommen, wird bei diesem Weinschwach werden, garantiert ! 24 Monate

in neuen französischen Barriques gereift,zeigt dieser edle «Pago», was in ihmsteckt: ein vornehmer, sehr klassischerWein, der durch Eleganz, Mineralitätund Komplexität beeindruckt. In derNase Noten von Gewürzen, mediterra-nen Kräutern, roten Früchten und mine-ralischen Nuancen, im Gaumen fein,langgliedrig, von grosser Eleganz undharmonischer Struktur. Lang ausklin-gendes Finale. Herrlich !Gebratenes Täubchen • Rindsfilet anPfeffersauce.

Abadía Retuerta Pago Valdebellón 2009, Viñedos Propios, Sardón de DueroGenussreife: 2013-2019Ref.: 80009Rebsorte: Cabernet SauvignonPreis für Mitglieder: CHF 79.20Typ: mineralisch, elegant, würzig, klassisch

l Abadía Retuerta Pago Negralada 2010, Viñedos Propios, Sardón de Duero: ein Tempranillo für höchste Ansprüche

So stellt man sich einen Spitzentempra-nillo vor: Gewachsen auf tiefgründigenSand- und Kiesböden, 24 Monate inneuen französischen Barriques verfei-nert, begeistert er mit einer wunderbarkomplexen, facettenreichen Nase vongrosser Finesse und Reintönigkeit (reifeschwarze Beeren und Kirschen, unter-

malt von Tabak- und Rauchnuancen) ;im Gaumen ist er dicht, kraftvoll, miteleganter, filigraner und präziser Tannin-struktur. Sehr langer, edler Ausklang.Ein Wein von grosser Klasse und mitviel Schmelz – etwas für besondere Gelegenheiten. Täubchen mit Trüffeln • Lammfilet mitThymian.

Abadía Retuerta Pago Negralada 2010, Viñedos Propios, Sardón de DueroGenussreife: 2013-2019Ref.: 81410Rebsorte: TempranilloPreis für Mitglieder: CHF 79.20Typ: tiefgründig, vornehm, kraftvoll

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ALLE REBBERGE WURDEN GEOLOGISCH

UNTERSUCHT UND DANN NEU BESTOCKT

DER EHEMALIGE KREUZGANG DES KLOSTERS DIENT HEUTE PROFANEN ZWECKEN

Eines stellt Asier Larrauri Donnay, Direk-tor von Landaluce und ansonsten eindiskreter, in sich gekehrter und liebens-würdiger Mensch, gleich zu Beginn unmissverständlich klar: «Wir befindenuns hier nicht in Spanien, sondern imBaskenland!» Das Weingut Landaluceliegt in der kleinsten der drei Subzonender Rioja, in der landschaftlich äusserstreizvollen, gebirgigen Rioja Alavesa, amFuss der schroff abfallenden Sierra deCantabria und wenige Minuten aus -serhalb des befestigten Städtchens Laguardia, das zur autonomen RegionBaskenland gehört.

Die baskische Identität wird nicht nurvon unserem Gastgeber betont, auchdie engen mittelalterlichen Gassen desOrtes sind konsequent zweisprachig

her, da lieferte der Winzer Goyo Landa-luce die Trauben seiner 15 HektarenReben an die örtliche Kooperative, so,wie es schon sein Vater und sein Gross-vater vor ihm getan hatten. Doch imJahr 2001 wurde alles anders. Er hattedie Wahl: aufgeben oder den Quanten-sprung wagen. Goyo entschied sich zu springen – und schloss sich mit drei Geschäftspartnern zusammen, zudenen auch Asier Larrauri gehört. DasQuartett, überzeugt vom Potential (zumindest des baskischen Teils…) derWeinregion Rioja, gründete die BodegasLandaluce.Mittlerweile bewirtschaftet Goyo, unter-stützt von einem festangestellten Mit -arbeiter und fünf Saisonniers, nebenden eigenen Rebbergen weitere 15 Hek-taren, die er pachten konnte. Stolz führter uns durch einige der Parzellen. DieStöcke, mehrheitlich Tempranillo, mitgrossen Abständen von 1,7 auf 1,7 mgepflanzt und aus Angst vor Wasser-mangel unbegrünt, werden alle im tra -ditionellen Gobeletsystem als kleine,rund einen Meter hohe Büsche mit dreiArmen erzogen. Die meisten weisenschon ein respektables Alter auf ; die äl-testen wurden vor sage und schreibe93 Jahren gepflanzt.

JUNGES GUT MIT ALTEN REBSTÖCKEN

«Ältere Rebstöcke sind von viel bessererQualität als junge Reben», erklärt derWinzer. «Da ihre Wurzeln tiefer reichenals die der Jungreben, ertragen sieDürre oder kräftige Niederschläge, wiewir sie in den letzten Monaten hatten,viel besser, zudem neigen sie wenigerzu exzessivem Ertrag, verlangen alsodeutlich weniger Arbeit.» Und, wie Asierbedächtig anfügt, sie ergeben auch bes-sere, sprich tiefgründigere, komplexereWeine.Der moderne, funktionale Keller, in demsich 22 blitzende, selbstverständlich tem-peraturkontrollierte Gärtanks verschie-dener Grösse aneinanderreihen, ist seit2009 das Reich des selbstbewussten

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AMPELOGRAPHISCHES FENSTER

Der Graciano, ein Aragonese in Sardinien

Der Graciano ist eine uralte Rebsorte aus der autonomen Gemeinschaft Aragón im Nordosten Spaniens. Er ist weit gereist ; davon zeugen seine vielenregionalen Synonyme. So haben DNA-Tests bestätigt, dass sich der Gracianoin Andalusien hinter dem Namen Tintilla de Rota verbirgt, im Languedoc Morrastel genannt und häufig mit Mourvèdre verwechselt wird (in Spanienheisst die Mourvèdre nämlich Monastrell) und in Sardinien unter den NamenCagnulari und Bovale Sardo bekannt ist. Vermutlich wurde der Graciano zuder Zeit auf Sardinien heimisch, als die Insel zum Königreich Aragón gehörte(1323 bis 1720), sehr wahrscheinlich zusammen mit Mazuelo (alias Carignan),den man Bovale Grande oder Bovale di Spagna nannte. Der Gracianostammt also zweifelsfrei aus Spanien, was auch seine genetische (Eltern-Kind-) Verbindung mit dem Mandón belegt, der alten Rebsorte aus Bierzo, inder Provinz León im Nordwesten Spaniens.

José Vouillamoz

BODEGAS LANDALUCE: EHRLICHE WEINE MIT

BASKISCHER IDENTITÄT

beschriftet. Zuerst führt uns Asier durchden sehenswerten Ort, der trutzig aufeinem Hügel thront und von einer altenStadtmauer mit fünf prachtvollen Stadt-toren umschlossen ist. Wie aus einemAdlerhorst geniesst man von hier obeneinen phantastischen Blick auf das Um-land, auf einen wahren Flickenteppichaus grossen und kleinen Rebbergenund Bodegas, die sich in der Ebeneausbreiten und ein gutes Stück an denFlanken des kantabrischen Gebirgeshochziehen.

VOM SIMPLEN TRAUBENLIEFERANTEN ZUR MODERNEN BODEGA

Die Bodegas Landaluce sind ein jungerBetrieb. Es ist noch gar nicht so lange

DIE REBEN DER BODEGAS LANDALUCE WACHSEN AM FUSS DES KANTABRISCHEN GEBIRGES

Önologen Xabier Kamio – der Nameverrät es: auch er ein gebürtigerBaske… Er erzählt, wie er mittels Laboranalysen und ausgeklügelten Rechensystemen jeweils die idealenErntedaten für die verschiedenen Par-zellen und Rebsorten heraustüftelt, undbetont, dass bei Landaluce nur Traubenaus eigener Produktion eingekellert werden. «Das ist eine Rarität in derRioja, die meisten Weinhäuser kaufenTrauben zu», betont er. Selbstverständ-lich wird die ganze Ernte – «auch dieTrauben für die Basisweine !» – auf demSöndertisch streng kontrolliert, bevordie Trauben entrappt, aber ganz, alsonicht gequetscht, in die Tanks kommenund mit selektionierten Hefen bei Tem-peraturen von 22 bis 28 Grad vergären.«Zu tief darf die Temperatur nicht sein, sonst haben die Weine keinenSchmelz», meint Xabier Kamio, derWeine mit viel Frucht und Charme anvisiert und auf eine traditionelle Ver -tikalpresse schwört.

VIEL FRUCHT DANK «MACÉRATION CARBONIQUE»

Um die Frucht der Trauben zu bewah-ren, greift der Önologe gerne auf dieMethode der «Macération carbonique»(Kohlensäure-Maischung) zurück. ImGegensatz zur klassischen «Macérationcarbonique» lässt er die Trauben aller-dings entrappen, doch werden sie mög-lichst unverletzt, also nicht gequetscht,in den Gärbehälter gefüllt.

unseren Geschmack allerdings ist eretwas zu sehr vom Holz dominiert. Dagefallen uns die «normale» Crianza, einunkomplizierter, fruchtiger Alltagswein,oder die elegante Reserva deutlich besser.Unser heimlicher Favorit ist allerdingsein leicht verrückter Wein, gekeltert ausder alten lokalen Varietät Graciano. Einspannender Roter voller Rasse mit fri-scher, pfeffriger Nase, sehr gradlinigund getragen von einer saftigen Säure.Ein Wein aber auch, der die Geisterscheidet. «Eindeutig zu viel Säure für

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Rioja

Die führende Weinbauregion Spaniens, benannt nach dem Rio Oja, liegt inNordostspanien, auf beiden Seiten des Flusses Ebro, in den autonomen Pro-vinzen Baskenland, La Rioja und Navarra. Das Gebiet, durch die Sierra deCantabria im Norden und Westen gegen die Regen bringenden Atlantikwindeabgeschirmt, erstreckt sich auf 120 km Länge vom nordwestlichen Haro biszum südöstlichen Campo de Borja und wird in drei Unterregionen aufgeteilt:Rioja Alavesa, Rioja Alta und Rioja Baja. 144 Gemeinden produzieren Rioja-Wein. Die Reben wachsen auf Höhen von 300 bis 800 m ü. M. Produziertwerden 90% Rotwein sowie 10% Rosé- und Weisswein.

Rebfläche: ca. 63600 ha.

Klima: eine Mischung aus atlantischen und mediterranen Einflüssen, deutlichausgeglichener als in der Ribera del Duero. Vergleichsweise massvolle Tem-peraturen, Niederschläge je nach Gegend 300 bis 500 mm pro Jahr.

Terroir: grosse Vielfalt. Rioja Alavesa: lehmige Kalkböden; Rioja Alta:alluviale Kiesböden, eisenhaltige Lehmböden und lehmige Kalkböden; RiojaBaja: alluviale und eisenhaltige Lehmböden.

Rebsorten: Die AOC-Verordnung erlaubt folgende Rebsorten: die roten Tem-pranillo, Garnacha, Mazuelo (= Cariñena), Graciano und Maturana tinta sowiedie weissen Viura (= Macabeo), Malvasía, Garnacha blanca, Tempranilloblanco, Maturana blanca, Turruntés, Chardonnay, Sauvignon blanc und Verdejo.

Die meisten Jungweine reifen danach in mittel bis stark getoasteten franzö -sischen Barriques ; nur sieben Prozentder Barricas sind aus amerikanischerEiche gezimmert. Nicht im normalenReifekeller, sondern im eleganten «Sé-parée» lagern die Fässchen, in denendas Aushängeschild des Hauses seinerVollendung entgegenschlummert: derCapricho, der nur in besten Jahren ausTrauben von 80 Jahre alten Tempranil-lostöcken gekeltert, 18 Monate in neuenfranzösischen Barriques verfeinert undschliesslich unfiltriert abgefüllt wird. Für

DAS IST DER SCHATZ VON LANDALUCE:URALTE REBSTÖCKE

BEI DEN NEUANLAGEN DIREKT NEBEN DER KELLEREI LANDALUCE WURDEN DIE REBEN AUF DRAHTRAHMENERZOGEN

die Schweizer Kundschaft», meint etwaEric Duret entschieden, «den Gracianomüsste man zähmen, mit wenigen Pro-zent Tempranillo beispielsweise oder miteinem Hauch einer weissen Sorte.»Doch was wäre das für ein Jammer,diesen Charakterwein zu kastrieren undihm seine unvergleichliche Persönlichkeitzu nehmen! Und ob sich ein waschech-ter Baske überhaupt zähmen lässt?

DIE WEINE DER BODEGASLANDALUCE

l Fincas de Landaluce Crianza2008, Rioja Alavesa, BodegasLandaluce: leichtfüssig undharmonisch

Ein reinsortiger Tempranillo, von 20 bis40 Jahre alten Stöcken, ein Jahr lang in französischen Barriques ausgebaut,der mit feiner, würziger Nase gefällt.Man erschnuppert Noten von schwar-zen Früchten, Veilchen und Zedern, derGaumen ist langgliedrig, rund, harmo-nisch und geprägt von einer ange -nehmen Eleganz. Ein wunderbar fruch-tiger Wein aus einem sehr gelungenenJahrgang.Truthahn-Confit • gefüllte Peperoni •Auberginengratin.

Fincas de Landaluce Crianza 2008, Rioja Alavesa, Bodegas LandaluceGenussreife: 2013-2016Ref.: 403808Rebsorte: Tempranillo /Tinto FinoPreis für Mitglieder: CHF 13.50Typ: fein, harmonisch, frisch

l Fincas de Landaluce Reserva2008, Rioja Alavesa, BodegasLandaluce: Komplexität und Finesse

Diese Reserva, ein Jahr lang in französi-schen Barriques verfeinert, besitzt einefeine, elegante Nase mit schöner Fruchtund dezenter Würze, im Gaumen gefälltsie mit fülligem Auftakt, harmonischerAnmut und einer schönen Frische. DieTannine sind jugendlich und feinkörnig,das Gerüst von überzeugender Finesse.Ein eleganter, recht tiefgründiger Riojamit sehr feiner Struktur und zurück -haltendem, gut integriertem Holz.Pfeffersteak • Lammkoteletts vom Grill.

Fincas de Landaluce Reserva 2008, Rioja Alavesa, Bodegas LandaluceGenussreife: 2013-2018Ref.: 403908Rebsorte: Tempranillo /Tinto FinoPreis für Mitglieder: CHF 17.55Typ: süsse Gewürze, fruchtig, füllig, komplex

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WINZER AUS LEIDENSCHAFT: GOYO LANDALUCE DIE KELLEREI LANDALUCE IST JUNG, IHR KELLER ENTSPRECHEND MODERN

DEGUSTATION UND ANGEREGTE DISKUSSION MIT DEM ÖNOLOGEN VON LANDALUCE XABIER KAMIO (3. VON LINKS). IST DER GRACIANO WIRKLICH ZU

SÄUREBETONT FÜR DIE SCHWEIZER KUNDSCHAFT?

Wer zum ersten Mal das Weingut Re-melluri besucht, das mit vollem Nameneigentlich La Granja de Nuestra Señorade Remelluri heisst und in Labastida, inder Rioja Alavesa, liegt, ist bezaubert.Wer könnte sich dem Liebreiz diesergrossartigen Landschaft entziehen? DasGut gehörte einst zum Besitz des Hiero-nymiten-Klosters, dessen Ruinen mannoch auf dem 1000 Meter hohen Berg-kamm Sierra de Toloño erkennen kann.Am Fuss des im oberen Teil von schrof-fen, in der Sonne fast weissen Felsengekrönten Massivs schmiegt sich Remel-luri idyllisch in ein Mosaik von gepflegtenWeingärten, Baumgruppen, Olivenhai-nen, stolz aufragenden Zypressen undGärten. Die diversen Wohn- und Wirt-schaftsgebäude mit ihrem schönen altenMauerwerk und schweren, eisenbe-schlagenen Holztüren wurden mit vielGespür und Geschmack restauriert undzu einem Ort umgestaltet, an dem mansich unmittelbar wohl fühlt. Ein Brunnenplätschert – welche Seltenheit im was-serarmen Spanien ! –, Bienen summenum blühende Lavendelbüsche, Grillenzirpen, ein sanfter Wind wispert durchdie Blätter der Mandelbäume. Sonstherrscht nichts als Stille.

EIN KLEINOD AUS EINER LÄNGSTVERGANGENEN EPOCHE

Doch wir haben keine Zeit, uns in einelauschige Gartenecke neben akkuratgetrimmten Buchsbäumen, Rosen oderEfeuranken zurückzuziehen und ineinem der Korbstühle den Tag zu ver-träumen. Da Hausherr Telmo Rodriguezwie so oft durch die Welt reist, werdenwir von der energischen Amaja Rodri-guez, Telmos Schwester, willkommen

geheissen, die uns ohne viel Feder -lesens mit ihrem Önologen in die Reb-berge schickt. Emmanuel Guiot, denkecken Jack Russell Ioda wie ein treuerSchatten im Schlepptau, verfrachtet unsnach kurzer Begrüssung in seinen Jeepund holpert über halsbrecherisch steile,ausgewaschene Pfade die Bergflankehoch. Auf halber Höhe, an der Grenzezwischen Kulturland und wilder Garri-gue, durchsetzt von kleingewachsenenEichen, machen wir Halt und steigenaus.

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Zu unseren Füssen dehnt sich das Ebro-tal wie ein Garten Eden aus, so weitdas Auge reicht. Alle möglichen Schat-tierungen von Grün, da und dort durchdas Terrakotta der Dachziegel oder dassatte Ocker der Erde unter den Rebstö-cken akzentuiert, gehen am Horizont inein sanftes Blau über, in das sich dasmilchige Weiss einiger Wolken mischt.Der Duft blühender Zistrosen vermengtsich mit den herb-würzigen Aromen vonRosmarin, Thymian, Wacholder. So oderähnlich stellt man sich das Paradiesvor…«Ja, das ist ein magischer Ort», lächeltder 30 Jahre junge Emmanuel Guiot,der vor zwei Jahren auf Remelluri ange-fangen hat. Davor war er in Bordeauxtätig, als Rebmeister von Cos d’Estour-nel. Wahrlich keine schlechte Referenz !

ATEMBERAUBENDER BLICK AUF REMELLURI UND SEINE REBBERGE – EIN KLEINER GARTEN EDEN !

REMELLURI: ZURÜCK ZU DEN WURZELN

ASSIS SUR LA TERRASSE DE LA BODEGA REMELLURI, ON PERÇOIT TOUTE LA MAGIE DE LA RIOJA ALAVESA

Hier, in seiner spanischen Wahlheimat,trägt er nicht nur Verantwortung für die108 Hektaren Reben, sondern auch für den Keller und die Vinifikation derprestigereichen Weine. Die Reben wach-sen in Höhenlagen von 600 bis 800Metern. Zuoberst, in den kühleren Par-zellen, gedeihen ausschliesslich weisse,vor allem französische Sorten – allenvoran Sauvignon blanc, den Telmo Rodriguez einst aus reiner Neugier anpflanzte. Diese insgesamt neun Va-rietäten werden zu einem grossartigenCharakterwein vermählt, der wohl zuden interessantesten spanischen Weiss-weinen gehört. In den tieferen Lagenfinden sich die klassischen Rotwein -sorten der Rioja, vor allem natürlich deromnipräsente Tempranillo, ergänzt vonGarnacha und Graciano.

DER GARTEN EDEN WIRD BIOLOGISCH KULTIVIERT

Kultiviert werden die Reben biologisch,zwei Parzellen sogar strikt biodyna-misch, «mit Kräuteraufgüssen, Kuhhör-nern, Mondphasen und allem, was dazugehört. Wir wollen die Biodynamik nachund nach ausdehnen, aber es ist haltein grosses Gut…» Die alten Rebstöckesind im traditionellen Gobeletsystem er-zogen, die jüngeren auf Drahtrahmen,«doch wir kommen zunehmend auf dasGobeletsystem zurück, vor allem in denbesten Parzellen», erzählt der Franzose.«Es erfordert zwar ungleich viel mehrHandarbeit, bringt aber einfach Traubenhöherer Qualität hervor. Die Buschrebenhaben drei Dimensionen, die auf Draht-rahmen nur zwei…»Alle Reben sind begrünt, «normaler-weise müssen wir ansäen, aber in die-sem regenreichen Jahr hat das dieNatur für uns erledigt.» Für die Boden-bearbeitung – zum Unterpflügen derBegrünung, aber auch, um den Bodenzu lockern und die oberflächlichen Wur-zeln der Reben zu zerstören und sie sozu tieferem Wachstum zu zwingen –wird unter anderem Maultier Irati einge-setzt. Freiwilliger Helfer ist Jack RusselIoda, der während unserer Tour durchdie Rebberge fleissig Löcher gräbt.Doch nun geht es zurück zum Gut, zueinem kurzen Rundgang durch die Bo-dega, wo – der letzte Schrei in avant-gardistischen Kellern – einige Zement -eier neben 2000 Barricas stehen. «Wirkaufen nur noch französische Barriques,keine amerikanischen mehr», erläutertEmmanuel, «und verwenden sie solange wie möglich, im Schnitt etwa acht

Jahre.» Auf keinen Fall sollen die Weinevom Holz geprägt, die Terroirnuancenvon Röstnoten überdeckt werden. DieVinifikation ist so natürlich wie möglich.Emmanuel Guiot meint schlicht: «Ichlasse die Weine machen. Ich überwachesie lediglich…»

VORWÄRTS IN DIE VERGANGENHEIT

Mittlerweile hat sich Amaja Rodriguezwieder zu uns gesellt. Und bevor wir inder Bibliothek des stilvollen Gästehau-ses, in dem die Zeit stehen gebliebenzu sein scheint, die Weine verkosten,erzählt sie uns die Geschichte von Re-melluri: 1968 verlor die baskische Fami-

quista zur Zuflucht für mozarabischeEremiten wurde, Christen jüdischen odermaurischen Ursprungs, die von der ka-tholischen Kirche verfolgt wurden.Unter der Familie Rodriguez wandeltees sich, wie Christophe von Ritter imJahr 2002 schrieb, zu einem «Pilgerortfür Önophile». Zu verdanken war dasnicht zuletzt dem Sohn des Hauses,dem talentierten, in Bordeaux ausgebil-deten Önologen Telmo Rodriguez.Nachdem er sich mit seinem VaterJaime überworfen hatte, verliess er Re-melluri, bald gefolgt von Amaja. Inzwi-schen hat sich der Senior aus den Ge-schäften zurückgezogen und Telmo undAmaja sind zurück. «Als meine Elternhier anfingen, hatten sie das Vorbild der

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lie Rodriguez ihr Herz an dieses im15. Jahrhundert erbaute ehemaligeKlostergut mit damals zwanzig HektarenReben. Amajas Eltern kauften den Land-sitz und begannen ihn in hartnäckigerKleinarbeit zu renovieren und die Reb-berge mit alten Sorten neu zu bestocken(noch heute stammen die Reben fürNeupflanzungen übrigens aus massalerSelektion in den eigenen Weingärten).«Was Sie hier sehen», und sie umfasstmit einer weiten Armbewegung diekleine Kapelle, die Keller- und Wohnge-bäude sowie die Rebberge, «ist dasResultat von fünfzig Jahren Wiederauf-bau.» Viele Geschichten ranken sichum Remelluri, das während der Recon-

grossen, klassischen Bordeaux vorAugen», meint Amaja Rodriguez. Nachden Irrungen und Wirrungen der letztenJahre haben die Geschwister das Ruderherumgerissen und nehmen Kurs… aufdie Vergangenheit ! «Ja, zurück zu denWurzeln», meint Amaja bestimmt, «wirmachen jetzt wieder genau das, wasdie Rioja in den Vierziger- und Fünfzi-gerjahren gross gemacht hat.» Wer diein ihrer hinreissenden Finesse und Ele-ganz fast burgundisch geprägten, ter-roirverbundenen Weine von Remelluriverkostet, versteht, was sie meint.

ALTE GOBELETREBEN HABEN DREI DIMENSIONEN, DIE AUF DRAHTRAHMEN ERZOGENEN DAGEGEN NUR

ZWEI. DAVON IST REMELLURIS ÖNOLOGE EMMANUEL GUIOT ÜBERZEUGT.

TERROIRDIVO

HerausgeberClub DIVO, Route de la Gare 44, 1305 PenthalazTelefon 021 863 22 70, Fax 021 863 22 95E-Mail [email protected] www.divo.ch

RedaktionEva Zwahlen, DIVO und José Vouillamoz für die ampelographischen Fenster

Fotos Team DIVO

Französische ÜbersetzungenMarcel Gasser

GestaltungArcane PAOChavornay

DruckPaperformsVillars-Sainte-Croix

DIE WEINE AUS DEM HAUSE REMELLURI

l Lindes de Remelluri 2009,Rioja, La Granja de Remelluri:eine Hommage an die Winzer

Eine elegante Cuvée, gewachsen auflehmigen Sandsteinterrassen in den bei-den Dörfern Labastida (Rioja Alavesa)und San Vicente de La Sonsierra (RiojaAlta). Die Rebberge (die in den nächstenJahren auf biologischen Weinbau um-gestellt werden sollen) gehören 18 Win-zerfamilien, die seit zwanzig, manchegar seit dreissig Jahren mit Remellurizusammenarbeiten. Als Wertschätzungihrer sorgfältigen Arbeit (aber auch, umdie nicht auf Remelluri gewachsenenWeine speziell zu kennzeichnen) werdendie von ihnen gelieferten Trauben sepa-rat zu diesem «Dorfwein» komponiert,der zwölf Monate in kleinen und grossenfranzösischen Eichenfässern reift: sehrausdrucksvoll und fein, im Gaumen füllig, gut eingebundene Kraft, harmo-nisch und angenehm frisch. Ein ausge-wogener Rioja mit einer finessenreichenStruktur.Roastbeef • mit Honig lackiertesSchweinsfilet.

Lindes de Remelluri 2009, Rioja,La Granja de RemelluriGenussreife: 2013-2017Ref.: 404209Rebsorten: Tempranillo, Garnacha, Graciano, ViuraPreis für Mitglieder: CHF 18.90Typ: sehr fruchtig, vollmundig, ausgewogen

l Remelluri 2007, Sélection Spéciale DIVO, Rioja, La Granjade Remelluri: der beliebte Klassiker

Diese speziell für die DIVO-Mitgliederausgewählte und mehrheitlich aus Tem-pranillo gekelterte Sélection Spéciale er-freut sich nicht umsonst grösster Be-liebtheit. Der Jahrgang 2007 befindetsich jetzt auf seinem absoluten Höhe-punkt, wird aber noch einige JahreFreude machen. Unwiderstehlich facet-tenreiche, expressive Nase mit Notenvon schwarzen Beeren, süssen Gewür-zen, Tabak, Zigarrenkistchen und einemHauch von Eukalyptus. Im Gaumen feingliedrig und kraftvoll zugleich, sehrharmonisch ausbalanciert, geschmeidig,frisch und aromatisch lang ausklingend.So mag man Rioja !Gegrillte Entenbrust • geschnetzeltesRindfleisch mit Kräutern • Lammfilet mitOliven.

Remelluri 2007, Sélection Spéciale DIVO, Rioja, La Granja de RemelluriGenussreife: 2013-2018Ref.: 80607Rebsorten: 95% Tempranillo/Tinto Fino, 5% GrenachePreis für Mitglieder: CHF 24.30Typ: aromatisch, geschmeidig, kraftvoll

Remelluri Blanco 2009, Rioja, La Granja de Remelluri:ein komplexer, sehr vornehmerWeisswein

Weisswein spielt zwar in der Rioja eindeutig die zweite Geige, doch derRemelluri Blanco braucht nicht unterMinderwertigkeitskomplexen zu leiden,im Gegenteil. Die raffinierte barriquege-reifte Cuvée, gewachsen in fast800 Meter hoch gelegenen Parzellen,überrascht durch intensive, komplexeFrucht mit Anklängen von Zitrusfrüchten,Aprikosen und Pfirsich, emailliert vondezenten Vanille- und mineralischenNoten. Der Gaumen ist gehaltvoll, flei-schig und dicht, getragen von einemsehr langen, frischen Abgang. Ein kör-perreicher, origineller und ausgespro-chen edler Weisswein.Vornehme Fischgerichte wie Seewolfoder Steinbutt.

Remelluri Blanco 2009, Rioja, La Granja de RemelluriGenussreife: 2013-2020Ref.: 84909Rebsorten: Grenache Blanc, Sauvignon Blanc, Chardonnay, Viognier, Roussanne, MarsannePreis für Mitglieder: CHF 46.80Typ: intensiv, körperreich, frisch, elegant

Es freut uns besonders, Ihnen die Gastautorin dieser Revue kurz vorzustellen: Eva Zwahlen begleitet DIVO seit vielenJahren und ihr Name ist den meisten Weinkennern unter Ihnen sicher ein Begriff. Nach erfolgreichem Abschluss ihres Lizentiats als Historikerin und Germanistin an der Universität Zürich arbeitete sie als Redaktorin bei Vinum und derSchweizerischen Weinzeitung. Seit rund 15 Jahren ist sie freischaffende (Wein-)Journalistin, Übersetzerin und Autorin.

FRANZÖSISCHE BARRIQUES UND BETONEIER IN

STILLER EINTRACHT