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Rohstoff-Recycling und Energie-Gewinnung von Ku nstst off a bf a I len* Thomas Geiger, Hans Knopf, Gerhard Leistner, Rainer Romer und Helmut Seifert** Das Entsorgungskonzeptder Kunststoffindustrie umfaRt die vier Schritte: VermeidenNer- mindern, stoffliches Recycling (Werkstoff-Recycling,Rohstoff-Recycling), Energiegewin- nung und Deponierung. Rohstoff-Recycling oder chemisches Recycling bedeutet die chemische Umwandlung von polymeren Werkstoffen unter Abbau der makromolekularen Struktur zu niedermolekularen Rohstoffen. Bei der Verbrennung von Kunststoffabfallen wird der hohe Heizwert der Kunststoffe zur Energie-Eneugung genutzt. Im vorliegenden Beitrag werden einige Verfahren zum Rohstoff-Recyclingund zur Energie-Gewinnung aus Kunststoffabflillen vorgestellt. 1 Einleitung Die Entsorgung von Abfallen aus Haushalten, Gewerbebetrie- ben und der verarbeitenden Industrie stellt ein immer groBeres Problem dar, da Entsorgungskapazitaten in Zukunft nicht mehr ausreichend zur Verfiigung stehen werden. Deshalb forciert der Gesetzgeber mehr und mehr die Wiederverwertung von Wertstof- fen. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen hierfiir sind in $ 14 des deutschen Abfallgesetzes geschaffen. Neben anderen Stoffen wie Papier, Metall oder Glas gehoren auch die Kunststoffe zu den Wertstoffen. 2 Entstehung von Kunststoffabfallen 1990 wurden in der alten Bundesrepublik Deutschland etwa 8,6 Mill. t Kunststoffe verbraucht. Davon gelangten etwa 20 bis 25%, also etwa 2 Mill. t, in dieverpackungsbranche. Die insgesamt pro Jahr anfallende Kunststoffabfallmenge betragt ungefahr 3 Mill. t. Davon werden etwa 0,5 Mill. t intern recycelt. Etwa 0,55 Mill. t Kunststoffabfalle werden zur Verwertung an Dritte abgegeben. Vom Rest werden etwa 113 verbrannt und 213 depo- niert. Abb. 1 zeigt eine vereinfachte Darstellung des Kunststoffkreis- laufs: Ausgehend von den Rohstoffen, den Monomeren, werden Kunststoffe hergestellt, die zu Kunststoffprodukten weiterverar- beitet werden. Aus ihnen wird nach Gebrauch Abfall. Prinzipiell unterscheidet man zwischen drei Recyclingsarten: Das Werkstoff- Recycling, bei dem die polymere Struktur der Kunststoffe erhalten bleibt. Die Zerstorung der polymeren Struktur in kiirzere Kohlen- stoffketten, z. B. Monomere, wird Rohstoff-Recycling genannt. Am Ende der Recycling-Kaskade steht die Energie-Gewinnung aus Kunststoffabfallen. * Vortrag von 7: Geiger auf der GVC/Dechema-FachausschuB- sitzung ,,Abfallbehandlung", 12. bis 13. Okt. 1992 in Lyon. ** Dipl.-Ing. T. Geiger, Dr. H. Knopf, Dr. R. Romer, Dr. H. Sei- fert, BASF AG, 6700 LudwigshafedRh., und Dr. G . Leistner, Hoechst AG, 6OOO FrankfurtIM. Abb. 1. Kunststoffkreislauf. 3 Aufbereitung von Kunststoffabfallen Bevor die Kunststoffe als Einsatzmaterialien venvendet werden konnen, miissen sie vom anderen Mull getrennt, gesaubert und zerkleinert werden. Abb. 2 zeigt die pnnzipiel1enVerfahrensschrit- te fur die Aufbereitung von Kunststoffabfallen. Nachdem die Kunststoffabfalle grob vom anderen Mull getrennt worden sind, werden sie mit geeigneten Muhlen zerkleinert und danach in einer Waschstufe von noch anhaftendem Schmutz befreit. Nun ist es moglich, die Kunststoffe nach Dichten zu trennen. Eine verfiigbare Technologie ist 2.B. eine Trennung mittels Hydrozyklon-Kaskaden. Im nachfolgenden Schritt miissen die zerkleinerten Kunststoffe in den Reaktor eingetragen werden. Bei vielen Folgeschritten ist es erforderlich, daB der Kunststoff in flussiger Form vorliegt. Hierzu erfolgen die Verfliissigung und die Forderung entweder mit Hilfe eines Extruders, oder die Kunst- ~ Chem.-1ng.-Tech. 65 (1993) Nr. 6, S. 703-709 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim, 1993 OOO9-286Xl9310606-0703 $5.00 + .2510 703

Rohstoff-Recycling und Energie-Gewinnung von Kunststoffabfällen

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Rohstoff -Recycling und Energie-Gewinnung von Ku nstst off a bf a I len*

Thomas Geiger, Hans Knopf, Gerhard Leistner, Rainer Romer und Helmut Seifert**

Das Entsorgungskonzept der Kunststoffindustrie umfaRt die vier Schritte: VermeidenNer- mindern, stoffliches Recycling (Werkstoff-Recycling, Rohstoff-Recycling), Energiegewin- nung und Deponierung. Rohstoff-Recycling oder chemisches Recycling bedeutet die chemische Umwandlung von polymeren Werkstoffen unter Abbau der makromolekularen Struktur zu niedermolekularen Rohstoffen. Bei der Verbrennung von Kunststoffabfallen wird der hohe Heizwert der Kunststoffe zur Energie-Eneugung genutzt. Im vorliegenden Beitrag werden einige Verfahren zum Rohstoff-Recycling und zur Energie-Gewinnung aus Kunststoffabflillen vorgestellt.

1 Einleitung

Die Entsorgung von Abfallen aus Haushalten, Gewerbebetrie- ben und der verarbeitenden Industrie stellt ein immer groBeres Problem dar, da Entsorgungskapazitaten in Zukunft nicht mehr ausreichend zur Verfiigung stehen werden. Deshalb forciert der Gesetzgeber mehr und mehr die Wiederverwertung von Wertstof- fen. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen hierfiir sind in $ 14 des deutschen Abfallgesetzes geschaffen. Neben anderen Stoffen wie Papier, Metall oder Glas gehoren auch die Kunststoffe zu den Wertstoffen.

2 Entstehung von Kunststoffabfallen

1990 wurden in der alten Bundesrepublik Deutschland etwa 8,6 Mill. t Kunststoffe verbraucht. Davon gelangten etwa 20 bis 25%, also etwa 2 Mill. t, in dieverpackungsbranche. Die insgesamt pro Jahr anfallende Kunststoffabfallmenge betragt ungefahr 3 Mill. t. Davon werden etwa 0,5 Mill. t intern recycelt. Etwa 0,55 Mill. t Kunststoffabfalle werden zur Verwertung an Dritte abgegeben. Vom Rest werden etwa 113 verbrannt und 213 depo- niert.

Abb. 1 zeigt eine vereinfachte Darstellung des Kunststoffkreis- laufs: Ausgehend von den Rohstoffen, den Monomeren, werden Kunststoffe hergestellt, die zu Kunststoffprodukten weiterverar- beitet werden. Aus ihnen wird nach Gebrauch Abfall. Prinzipiell unterscheidet man zwischen drei Recyclingsarten: Das Werkstoff- Recycling, bei dem die polymere Struktur der Kunststoffe erhalten bleibt. Die Zerstorung der polymeren Struktur in kiirzere Kohlen- stoffketten, z. B. Monomere, wird Rohstoff-Recycling genannt. Am Ende der Recycling-Kaskade steht die Energie-Gewinnung aus Kunststoffabfallen.

* Vortrag von 7: Geiger auf der GVC/Dechema-FachausschuB- sitzung ,,Abfallbehandlung", 12. bis 13. Okt. 1992 in Lyon.

** Dipl.-Ing. T. Geiger, Dr. H . Knopf, Dr. R. Romer, Dr. H. Sei- fert, BASF AG, 6700 LudwigshafedRh., und Dr. G . Leistner, Hoechst AG, 6OOO FrankfurtIM.

Abb. 1. Kunststoffkreislauf.

3 Aufbereitung von Kunststoffabfallen

Bevor die Kunststoffe als Einsatzmaterialien venvendet werden konnen, miissen sie vom anderen Mull getrennt, gesaubert und zerkleinert werden. Abb. 2 zeigt die pnnzipiel1enVerfahrensschrit- te fur die Aufbereitung von Kunststoffabfallen. Nachdem die Kunststoffabfalle grob vom anderen Mull getrennt worden sind, werden sie mit geeigneten Muhlen zerkleinert und danach in einer Waschstufe von noch anhaftendem Schmutz befreit.

Nun ist es moglich, die Kunststoffe nach Dichten zu trennen. Eine verfiigbare Technologie ist 2.B. eine Trennung mittels Hydrozyklon-Kaskaden. Im nachfolgenden Schritt miissen die zerkleinerten Kunststoffe in den Reaktor eingetragen werden. Bei vielen Folgeschritten ist es erforderlich, daB der Kunststoff in flussiger Form vorliegt. Hierzu erfolgen die Verfliissigung und die Forderung entweder mit Hilfe eines Extruders, oder die Kunst-

~

Chem.-1ng.-Tech. 65 (1993) Nr. 6, S. 703-709 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim, 1993 OOO9-286Xl9310606-0703 $ 5 . 0 0 + .2510

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Kunststoff-

abfiilie mahlen

waschen, Fremdktirper entfernen

nach Sorten

IOsen, mischen, zerstlluben Viskositlltserniedrigung

1 Pyrolyse, Vergasung Hydrierung, Verbrennung Rohstoffe 4 Reaktor I

Abb. 2. Verfahrensschritte beim Rohstoff-Recycling.

stoffe werden als Zusatzstoff dem eigentlichen, meist aufgeheizten Feed zugemischt und danach rnit einer h m p e gefordert.

Bei beiden Verfahrensvarianten findet durch das Aufheizen des Kunststoffs ein thermischer Abbau statt, d.h. eine Molekiilverklei- nerung, und damit eine Viskositatserniedrigung der Schmelze. Dieser Verfahrensschritt ist rnit einer Entgasung der Schmelze und damit mit einer HC1-Entfernung kombinierbar. Die Aufberei- tungskosten fiir diese Verfahrensschritte liegen bei etwa 1 DM/kg Kunststoff (Abb. 3).

4 Thermische Verfahren im Uberblick

Als thermische Verfahren zum Recycling von Kunststoffen sind die Pyrolyse, die Hydrierung, die Vergasung und die Verbrennung zu nennen (Abb. 4). Alle vier Verfahren werden bei Temperaturen oberhalb 400 "C durchgefiihrt . Durch die erhohten Temperaturen und auch durch den Einsatz von Zusatzstoffen werden die Polymere aufgespalten. Als Produkte erhalt man bei der Pyrolyse und der Hydrierung kurzkettige Kohlenwasserstoffe, die wieder als Rohstoffe bei der Kunststoffpolymerisation eingesetzt werden konnen. Bei der partiellen Verbrennung entstehen Synthesegas und Energie. Werden die Kunststoffe vollstandig rnit Sauerstoff

Rohstoff-Recycling

ohne Einsatzstoffe + Pyrolyse rnit Hp + Hydrierung

rnit 0 2 + Vergasung

Energiegewinnung

rnit 0 2 + Verbrennung

Abb. 4. Thermische Recycling-Verfahren.

umgesetzt, also verbrannt, so wird die in den Kunststoffen gespeicherte Energie genutzt.

4.1 Pyrolyse von Kunststoffabfallen

Unter Pyrolyse versteht man die thermische Zersetzung unter LuftabschluB bei hohenTemperaturen. Die Kohlenwasserstoffket- ten der Kunststoffe zerbrechen unter der Energie-Einwirkung. Ergebnis der Pyrolyse sind zunachst Bruchstucke mit hoher Reaktivitat (Radikale), die sich durch Ubergange von Wasser- stoffatomen stabilisieren. Dabei entstehen wasserstoffreiche und wasserstoffarme Fraktionen: Pyrolysegas, Pyrolyseol und Pyroly- sekoks [l].

Als Reaktoren fur die Pyrolyse von verschiedenartigen Substan- Zen werden beheizte Kessel, Autoklaven, Forderschnecken, Dreh- rohre und Wirbelschichten eingesetzt. Tab. 1 gibt einen kurzen Uberblick iiber die gangigen Verfahren.

Durch die Anderung der Pyrolysetemperaturen kann auf die Produktverteilung EinfluB genommen werden. Hohe Pyrolyse- temperaturen ergeben hohere Gasausbeuten und weniger Pyroly- seole. Pyrolyseprozesse laufen in der Regel drucklos ab.

Der Eintrag in den Pyrolysereaktor erfolgt iiber Schnecken oder sonstige Forderorgane. Die Kunststoffe gelangen also in fester Form in den Reaktor. Der Aufschmelzvorgang findet im eigentli- chen Reaktor statt. Fur die Pyrolyse sind erheblich groBere Energie-Mengen erforderlich, da die Umsetzung der Kunststoffe bei hohen Temperaturen durchgefiihrt wird.

Die bei der Pyrolyse entstehenden Gase werden gereinigt, kondensiert und zu verschiedenen Fraktionen destilliert. Eine Chlorabscheidung vor der eigentlichen Pyrolyse ist notwendig, da selbst geringe Chlormengen in den Pyrolyseolen zu Schwierigkei- ten bei der weiterenverarbeitung in den nachgeschalteten Anlagen fiihren.

Als spezielles Pyrolyseverfahren ist das Coking-Verfahren zu nennen, das in Erdolraffinerien schon lange Verwendung findet. Beim Coking-Verfahren handelt es sich um ein thermisches Cracken unter harten Bedingungen, also hohenTemperaturen, bei dem ein hoher Koksanfall angestrebt wird. Als Wertprodukt wird hochwertiger Petrolkoks gewonnen, der zur Herstellung von Elektroden fiir die Aluminiumgewinnung Verwendung findet . Es ist durchaus denkbar, das Coking-Verfahren mit einem Gemisch aus Vakuumriickstanden und Kunststoffabfallen zu betreiben.

4.2 Hydrierung von Kunststoffabfallen

Bei der Hydrierung von Kunststoffabfallen werden diese in einem Reaktor bei Temperaturen von 450 bis 480 "C und Driicken bis 400 bar mit Wasserstoff umgesetzt. Die gebildeten Radikale reagieren rnit dem Wasserstoff. Dabei entstehen vorrangig gesat- tigte, fliissige Produkte. Heteroatome wie Chlor, Sauerstoff,

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Tabelle 1. Pyrolyseverfahren [2].

Kurzbezeichnung Verfahren Produkte Entwicklungsstand

DBA-Verfahren

Ebara

Kobe Steel

Krupp-Polysius-Verfahren

KWU-Verfahren

Noell, Dr. Otto-Verfahren

PK A-Verfahren

Energas

Tsukishama Kikai

Hamburger Verfahren

Drehtrommel, indirekt beheizt, 450 bis 500 "C

zwei Wirbelschichten, eine oxidierend Drehtrommel, indirekt beheizt, 500 bis 700 "C

Drehtrommel, indirekt beheizt, 500 bis 550 "C

Drehtrommel, indirekt beheizt, 450 bis 550 "C Drehtrommel, indirekt beheizt, 650 bis 700 "C

Drehtrommel, indirekt beheizt, 550 bis 600 "C

Drehtrommel, indirekt beheizt, 650 bis 750 "C zwei Wirbelschichten, eine oxidierend Wirbelschicht, indirekt beheizt, 600 bis 900 "C

Energie

Energie

01, Gas, Energie

Energie

Energie

Pyrolyseole, Gas

Energie

Energie

Energie

Pyrolyseole, Gas, RUB

6-tlh-Anlage in Burgau, Gunzburg

4-t/h-Anlage in Yokohama, Japan

1-t/h-Anlage in Kobe, Japan

1 &t/h-Anlage in Planung, Pilot-An- lage vorhanden 3-th-Anlage in Ulm

6-Uh-Anlage in Salzgitter

1-tlh-Anlage in Aalen-Unterkochen

150-kgh-Anlage in Gladbeck

3 X 6,254h-Anlage in Funabashi, Japan 20 bis 60 k g h in der Universitat Hamburg; Anlage 0,5 t/h in Eben- hausen, Ingolstadt

Stickstoff oder Schwefel werden bei der Hydrierung abgespalten und in ihre Wasserstoffverbindungen iiberfuhrt. Diese mussen bei der anschlieBenden Aufbereitung von den Wertprodukten abge- trennt werden.

Abb. 5 zeigt eine Kunststoffhydrierung im Uberblick. Die kunststoffhaltigen Abfalle werden rnit Hilfe einer geeigneten Dosiereinrichtung dem Surnpfphasenreaktor von unten zugefuhrt. Die Hydrierung erfolgt mehrstufig. In einer nachfolgenden Abscheidung werden zunachst die Gase abgetrennt und danach die Ole von dem Hydrierriickstand separiert [3].

Die entstehenden gasformigen Produkte (12%) werden haupt- sachlich als Heizgas innerhalb der Anlage zur Energiegewinnung eingesetzt. Die Ole (80%) konnen nach einer Fraktionierung in Raffinerien weiterverarbeitet werden. Der Hydrierruckstand (8%) kann in Kokereien zu Koks weiterverarbeitet werden. 1st dies nicht moglich, so wird er deponiert.

4.3 Vergasung von Kunststoffabfallen

Die Vergasung ist eine partielle Oxidation von Kohlenwasser- stoffen mit einer zur vollstandigen Verbrennung nicht ausreichen-

den Menge Sauerstoff. Die Reaktion findet bei Temperaturen zwischen 1350 und 1600 "C und Drucken bis zu 150 bar statt. Bis zur vollstandigen Umsetzung der Kohlenwasserstoffe entsteht vorrangig CO. Erst danach werden C02 und H20 gebildet.

Zur Vermeidung von Temperaturuberschreitungen in der Reak- tionszone wird Wasserdampf zugesetzt, der rnit Kohlenwasserstof- fen zu CO und Hz reagiert. Dadurch wird die Wasserstoffausbeute erhoht. Bei zu niedrigenTemperaturen oder Driicken entsteht RUB im Rohgas. Aber auch bei der Schwerolvergasung muB rnit 1,5 bis 2,5% RuBanteil gerechnet werden [4].

Wird der Kunststoff in flussiger Form vergast, so mu6 er zunachst aufgeschmolzen werden. Dazu ist entweder ein Extruder oder ein beheizter Ruhrbehalter einzusetzen. Der Kunststoff wird als abgebaute Kunststoffschmelze zerstaubt und reagiert dann rnit Sauerstoff und Wasserdampf zu Synthesegas. Es ist durchaus moglich, den Kunststoff vorher mit dem normalenveise bei diesen Prozessen eingesetzten Olen zu mischen. Dabei ist aber darauf zu achten, daB der Produktstrom eine so hoheTemperatur besitzt, daB die Zerstaubung der Mischung zufriedenstellend ablauft.

Fur die Herstellung von Synthesegasen aus flussigen Kohlenwas- serstoffen nach o.g.Verfahren gibt es zwei groBtechnisch bewahrte Verfahren, das von SHELL und das von TEXACO. Beide stimmen heute in den wesentlichen Verfahrensschritten uberein.

Bei TEXACO liegen Erfahrungen fur die Vergasung von Reifen- abfallen vor. Dazu werden die Reifenabfalle klein geschreddert und im ublicherweise eingesetzten Olruckstand gelost. Durch eine anschlieBende Filtration der Losung werden die unloslichen Bestandteile entfernt. Danach wird die Flussigkeit auf dem ublichen Weg der Anlage zugefuhrt. Fur die Vergasung von Kunststoffabfallen liegen noch keine Erfahrungen vor.

4.4 Verbrennung von Kunststoffabfallen (Kurzubersicht)

Bei der Verbrennung von Kunststoffabfallen steht die Nutzung der Energie der Kunststoffe im Vordergrund. Grundsatzlich sind verschiedene Varianten der Kunststoffverbrennung denkbar: - Abfallverbrennung von Hausmull,

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- Co-Verbrennung von Kunststoffen mit heizwertarmen Reststof-

- Einsatz von Kunststoffen als Ersatzbrennstoff in Kraftwer-

Bei allen Verfahrensvarianten ist gewahrleistet, daB durch den Einsatz von Kunststoffen als Encrgie-Trager andere Primarener- gie-Trager wie Kohle, 0 1 oder Gas eingespart wcrden. Somit sind auch hier die Grundgedanken des Recyclings: ,,Einsparung von Rohstoffen" und ,,Reduzierung der Abfallmengen" prinzipiell gewahrleistet. Bei konstantem Energieverbrauch wurde sich durch den Einsatz von Kunststoffen die Hohe der gesamten COz- Emissionen sogar verkleinern.

fen (z.B. Klarschlamm),

ken.

5 Verbrennung von Kunststoffabfallen

5.1 Verbrennung von Kunststoffabfallen in Hausmullverbrennungsanlagen

Aufgrund der in Vorbereitung befindlichen TA Siedlungsabfall durfen in Zukunft in der Bundesrepublik Deutschland nur noch weitgehcnd mineralisierte Abfalle deponiert werden. Zudem sol1 die im Abfall steckende Energie genutzt werden. Diese Vorschrif- ten bedingen also z.T. eine Verbrennung des Hausmiills.

Die Abfallverbrennung besitzt mehrere Aufgaben: Volumenre- duzierung, Mineralisierung, Energie-Gewinnung, Zerstorung von Schadstoffen und Entsorgung. Die Abfallstoffe aus dem Haus- mullaufkommen sind stark heterogen. Sowohl die Menge als auch die Zusammensetzung schwanken regional und saisonbedingt. Tab. 2 zeigt eine durchschnittliche Analyse fur die alten Bundes- lander der Bundesrepublik Deutschland.

Durch die bundesweite Einfiihrung der Wertstofftonne wird sich die Zusammensetzung des Hausmulls voraussichtlich nachhaltig andern. Legt man die angestrebten Recycling-Quoten fur die Wertstoffe zugrunde, so wird sich die Hausmullmenge um etwa 25% reduzieren. Der Heizwert des Gesamtabfalls sinkt dann auf ctwa 6 MJlkg.

Hausmiill wird im allgemeinen in Rostofen verbrannt. Die eigentliche Verbrennung findet zum Teil auf dem von unten mit Verbrennungsluft durchstromten Rost und zumTeil in dem daruber befindlichen Feuerraum statt.

Es gibt mehrere Arten von Rostsystemen. Als wichtigste Systeme sind der Vorschubrost, der Ruckschubrost und der Walzenrost zu nennen. Die Beschickung des Rostes erfolgt meist mit eincm Kran, der durch einen Fiillschacht den Hausmull auf den

Tabelle 2. Zusammensetzung und Heizwerte des Hausmulls 151.

- Inhaltsstoffe Anteile H ,

[Yo 1 [ M J k l

Verpackungsverbund Papicr

Kunststoffe Textilien Wegwerfwindeln Sonstiges (brennbares) Feinmull Mittelmull Vcgetabilien Glas Metalle NE + FE Mineralien

PaPPe

22 ,0 17,O 16,O 35,O 17,O 14,0 12,o 3 ,O 7,0 4,o 0 0 0

Gesamt 100% 8,5 MJ/kg Abfall

Rostanfang aufgibt. Durch die Bewegung des Rostes wird der Mull zu dessen Ende hin bewegt. Dabei erfolgt die Luftzufuhrung von unten durch den Rost. Im hinteren Rostbereich erfolgt der vollstandige Schlackeausbrand und der Abwurf der Schlacke.

Der uber dem Rost befindliche Feuerraum ist mit Zusatzbren- nern und Sekundarluftdiisen ausgeriistet. Das Rauchgas muB eine Zone, deren Temperatur 850 "C betragt, in einer Zeit von minde- stens 2 s durchlaufen. Die heutigen Mullverbrennungsanlagen sind rnit aufwendigen, mehrstufigen Rauchgasreinigungseinrichtungen ausgestattet, so daR selbst scharfste Grenzwerte eingehalten werden konnen.

Mit Hilfe von Abb. 6 ist zu erkennen, daB bei einer Heizwert- minderung schnell der Bereich der ,,Stutzfeuerung" erreicht ist. AuBerdem darf auch der Durchsatz nicht beliebig abgesenkt werden. Das bedeutet, daR unter Umstanden kein Teillastbetrieb der Anlage mehr moglich ist. Auch die Feuerraumtemperatur wird bei einer sonst gleichen Betriebsweise unter die geforderten 850 "C fallen. Dies bedeutet, daB vor allen Dingen bei Neuanlagen Primarenergie zugefeuert werden muBte, um die vorgeschriebenen Betriebsbedingungen einzuhalten.

Es erscheint aber wenig sinnvoll, die Kunststoffe mit sehr hohem Aufwand aus dem Hausmiill auszusortieren, um dann in den Hausmullverbrennungsanlagen Primarenergietrager als Heizwert- trager verfeuern zu miissen, damit die vom Gesetzgeber geforder- ten Betriebsbedingungen in der Anlage aufrecht erhalten werden konnen [6].

Um die durch die Wertstoffsammlung verursachte Heizwertab- senkung abzufangen, muaten andere Bestandteile des Mulls ebenfalls aussortiert werden. Wiirde man z.B. 70% der Vegetabi- lien aus dem Mull aussortieren und einem Kompostwerk zufiihren, so wiirde dadurch der Heizwert des Mulls wieder auf etwa 8 MJ/kg ansteigen.

0 5 10 15

Abfallmenge [Vh]

Abb. 6. Feuerungsleistungsdiagramm.

5.2 CO-Verbrennung von Kunststoffabfallen

Kunststoff-Fraktionen sind immer dann als heizwertreicher Zusatzbrennstoff einzusetzen, wenn das eigentlich zu verbrennen- de Material selbst zu wenig Energie-Inhalt besitzt. Ein solcher Stoff, bei dem es in Zukunft zu Entsorgungsengpassen kommen konnte, ist der Klarschlamm. Durch immer besser werdende Abwasserreinigungsanlagen wird dcr Klarschlammanfall in Zukunft steigen. Eine mogliche Entsorgungsmoglichkeit ware die Verbrennung von vorentwassertem Klarschlamm. D a durch die mechanische Entwasscrung des Klarschlamms der Heizwert nicht so weit angehoben werden kann, daB eine selbstgangige Verbren- nung des Schlammes moglich ist, wird ein Zusatzbrennstoff zum

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Klarschlamm zugegeben, so daB sich ein Mischheizwert von etwa 5000MJkg ergibt. Dabei ist es natiirlich denkbar, daB neben

5primarenergietragem wie 0 1 oder Kohle auch Kunststoffe zuge- setzt werden konnen.

Eine Voraussetzung fiir den Einsatz von Kunststoffen bei der Verbrennung heizwertarmer Fraktionen ist naturlich, daB sich die Emissionen des Prozesses nicht nachteilig verandern. Ein Beispiel zu diesem Thema sol1 hier etwas ausfuhrlicher geschildert werden: Bei der Verbrennung von industriellem Klarschlamm wird Kohle zudosiert, um eine selbstgangige Verbrennung zu gewahrleisten. Die Dosierung der Kohle erfolgt in Form einer Suspension, die dem Klarschlamm, vom Eindicker kommend, vor der mechani- schen Entwasserung zudosiert wird. Danach wird der Filterkuchen in einem Wirbelschichtofen verbrannt.

Wird die Kohle durch Kunststoff ersetzt, so kann als eine Verfahrensvariante die Zudosierung des gemahlenen Kunststoffs auch direkt in das Wirbelbett erfolgen. Das bedeutet, daB der anfallende Klarschlamm ohne Kohlezusatz entwassert werden muB. In das Wirbelbett werden jetzt zwei Brennstoffstrome gefordert, und zwar Klarschlamm mit einem sehr niedrigen Heizwert und Kunststoff, der einen hohen Heizwert besitzt. Durch individuelle Einstellung der beiden Massenstrome ist es nun moglich, die gewunschte Verbrennungstemperatur bei dem gefor- derten Sauerstoffgehalt einzustellen.

Zur Entwicklung dieses Verfahrens wurden bei der BASF in einem Wirbelbett im TechnikumsmaBstab Klarschlamm sowohl mit Kohle als auch mit Kunststoffen bei gleichen Reaktionsbedin- gungen verbrannt. Als MaB fiir den Ausbrand und damit auch als Vergleichsmoglichkeit der beiden Varianten wird die CO-Emission herangezogen.

Abb. 7 zeigt die gemessene CO-Konzentration im Rauchgas bei der Verbrennung von Klarschlamm mit Zusatzbrennstoffen. Die Konzentrationen sind als Funktion der Verbrennungstemperatur dargestellt. Es ist deutlich zu erkennen, daB bei der iiblichen Verbrennung von Klarschlamm mit Kohle rnehr CO entsteht als bei der Verbrennung von Klarschlamm zusammen mit Kunststof- fen. Durch den Einsatz von Kunststoffen als Heizwertspender bei der Klarschlammverbrennung konnte also nachgewiesen werden, daD sich die CO-Emissionen durch die geanderten Reaktionsab- laufe im Wirbelbett sogar senken lassen. Auch hierbei ist darauf zu achten, daB der eingesetzte Kunststoff weitgehend chlorfrei ist, um einen Anstieg der HC1-Emissionen zu vermeiden.

140 . 120 .

- - 700 750 800 850 900 950 1000 1050 1100

Temperatur PC]

Abb. 7. CO-Verbrennung von Klarschlamm; Zusatzbrennstoffe wie angegeben.

5.3 Kunststoffe als Ersatzbrennstoff

Neben den bereits aufgefiihrten Anwendungen von Kunststof- fen als Zusatzbrennstoff sind Kunststoffe auch als alleiniger Brennstoffstrom in Anlagen zur Erzeugung von Prozel3warme oder Energie einzusetzen. Dabei sind zwei Varianten denkbar:

- Verfliissigung des Kunststoffs und Zerstauben der Schmelze zu

- Mahlen und pneumatischer Eintrag der Kunststoffpartikeln in

Bei beiden Varianten ist der Verbrennungsverlauf direkt mit dem Ablauf der Verbrennung von konventionellen Stoffen zu verglei- chen. Wird der Kunststoff in flussiger Form eingetragen und zerstaubt , so erfolgt anschlieBend eine Verdampfung der Tropfen und die Oxidation der Gase mit der Verbrennungsluft. Dosiert man die Kunststoffe als feingemahlenen Kunststoffstaub in den Ver- brennungsraum, so brennen die Kunststoffpartikeln ahnlich den Kohlestaubpartikeln bei der Kohlestaubfeuerung ab.

Brennstofftropfen,

eine Staubfeuerung.

5.3.1 Verbrennung von Kunststoffen in einer Sprayflamme

Ausgehend von Untersuchungen an der Technischen Hochschule in Darmstadt [7] wurden Polyolefin-Mischungen mechanisch und thermisch abgebaut und die entstehende Kunststoffschmelze in einem Injektionszerstauberbrenner zerstaubt und verbrannt (Abb. 8). Dabei ist darauf zu achten, daB durch eine ausreichende Viskositatsemiedrigung der Schmelze eine gute Zerstaubung ermoglicht wird.

350

300

250 . u)

.E. 200

(?

- - m f 150

8 100

50

0 840 860 880 900 920 940 960 980

Rauchgastemperatur [“C]

Abb. 9. CO-Gehalt im Rauchgas.

Insgesamt wurden drei Versuchsreihen mit drei verschiedenen Kunststoffmischungen durchgefiihrt: 1) 45% LDPE, 45% HDPE, 10% PP, 2) 40% LDPE, 40% HDPE, 10% PP, 10% PS, 3) 100% hochviskoses HDPE. ImVergleich dazu wurde ein Schwerol bei den gleichen Reaktions- bedingungen zerstaubt und verbrannt. Bei beiden Versuchsreihen wurden die Rauchgasemissionen analysiert. Die Beurteilung der Zerstaubungsgiite und damit indirekt auch des Ausbrandgrades der Kunststoffe erfolgte durch Ausbrand-Untersuchungen der Rauchgase. In Abb. 9 sind die bei diesen Versuchen gemessenen

~

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CO-Gehalte im Rauchgas in Abhangigkeit von der Temperatur dargestellt. Bei gleichen Rauchgastemperaturen weichen die Wer- te des CO-Gehalts nur unwesentlich von denen fur Heizol ab.

Die Versuche zum Abbau von Polyolefin-Mischungen und nachfolgender Zerstaubung der Schmelze haben gezeigt , daB eine gute Ausbrandgute der Rauchgase bei konventionellen Feuer- raumbedingungen moglich ist.Voraussetzung ist jedoch ein ausrei- chender Abbau der Kunststoffe zu Schmelzen niedriger Viskositat. Nur dadurch wird eine gute Zerstaubung gewahrleistet [8].

5.3.2 Verbrennung von Kunststoffen in einer Staubwolke

Das eigentliche Problem bei dieser Art von Verbrennung von Kunststoffen stellt die Zerkleinerung der Kunststoffe dar. Wird Kohle verbrannt, so muB die KorngroBe des eingesetzten Mahlguts zu 90% unter 100 ym liegen. Dadurch wird eine Ausbrandzeit der Partikeln erreicht, die in der Regel kleiner ist als die Aufenthalts- zeit der Rauchgase im Verbrennungsraum. Somit ist ein vollstan- diger Abbrand der Partikeln gewahrleistet.

Diese Voraussetzung ist bei der Feinzerkleinerung von Kunst- stoffen nur schlecht erfullbar, da sich die Kunststoffe durch die Beanspruchung enarmen und dies zu einer zunehmenden Ver- schlechterung der Schneidwirkung fuhrt. Vor allem Folienabfalle bereiten sehr groBe Schwierigkeiten bei der Zerkleinerung. Es kommt zur Ausbildung von langlichen Folienstucken, die sich nur schlecht noch weiter zerkleinern lassen. Abhilfe ist nur durch ein vorheriges Agglomerieren oder Kompaktieren moglich. Doch auch so wird es schwierig werden, die oben angesprochene KorngroBe zu erreichen.

3

2.5

- 2 &

$ 1.5

e! m 1

c .-

c

0.5

0 0 0.05 0.1 0.15 0.2 0.25 0.3 0.35

Korndurchmesser [mm]

Abb. 10. Brennzeit von Kohlenstaub.

Abb. 10 zeigt die berechnete Abbrandzeit von Kohlestaubpar- tikeln in Abhangigkeit vom Korndurchmesser [9]. Die beiden Kurven gelten fur Magerkohle bzw. Braunkohle. Es wird deutlich, daR bei hoheren Anteilen an fluchtigen Bestandteilen die Brenn- zeit bei gleichen Korndurchmessern fallt. Somit ist fur Kunststoffe, die einen sehr hohen Anteil an fluchtigen Bestandteilen besitzen, eine noch kurzere Brennzeit zu vermuten. AuBerdem wird beim Abbrennen von Kohlekornern angenommen, daB sich die Parti- kelgroBen nicht kontinuierlich verkleinern, sondern ein Kohlen- stoffgerust iibrig bleibt, dessen GroBe sich bei der Verbrennung nicht mehr andert. Dadurch vergroBert sich die Brenndauer. Dieser Mechanismus wird bei den Kunststoffen nicht zum Tragen kommen.

Eine zweite Moglichkeit zur Verbrennung von Kunststoffparti- keln ist der Einsatz einer Zyklonbrennkammer. In einer solchen Brennkammer wurden bereits zerkleinerte Styropor-Teile der GroRe 2 bis 6 mm verbrannt. Durch die besondere Stromungsver- teilung in einer Zyklonbrennkammer ist es moglich, erheblich groBere Kunststoffpartikeln einzusetzen. Die Verweilzeit in der

heiBen Zone ist sehr vie1 groBer als bei normalen Staubfeuerun- gen. Bei den Versuchen wurden Styropor-Kugeln mit nur sehr geringen CO-Emissionen verbrannt.

6 Vergleich von Rohstoff-Recycling und Verbrennung

Ein Vergleich von Rohstoff-Recycling und Energie-Gewinnung aus Kunststoffabfallen ist auf der Basis der derzeit verfugbaren Informationen kaum moglich. Bei der Verbrennung nach dem Stand der Technik und der Gesetzgebung ist das Emissionspoten- tial klar begrenzt und ermittelbar. Beim Rohstoff-Recycling fehlen noch zuverlassige Daten.

Insbesondere die Erfassung der Energie-Verbrauche der einzel- nen Behandlungsstufen muB durchgefuhrt werden. Dabei ist darauf zu achten, daB die Erzeugung der benotigten Energie zusatzliche Emissionen verursacht. Die Errichtung der techni- schen Anlagen kommt als Belastung noch dazu. Hierzu liegen noch keine verwertbaren Untersuchungsergebnisse vor. Deshalb ist dievergabe von Studien und Berechnungen zur wirtschaftlichen und okobilanziellen Betrachtung der Kunststoffabfall-Venertung versus stofflich/chemischer Verwertung gerade in der Enquete- Kommision ,,Schutz des Menschen und der Umwelt" zur Geneh- migung vorgelegt worden.

Es muR weiterhin davon ausgegangen werden, daB in der Regel Recycling-Produkte wesentlich teurer sind als aus den gangigen Rohstoffen erzeugte Produkte. Eine grobe Kostenschatzung fur die verschiedenen Recycling-Verfahren von Kunststoffen ergibt folgendes Bild [lo, 111 (Abb. 11): Nur das Material-Recycling von sortenreinem, sauberen Kunststoff ist wirtschaftlich zu betreiben (150 DM/t). Will man vermischte, verschmutzte Kunststoffe stoff- lich recyceln, so werden sich die Kosten vermutlich auf 500 DM/t belaufen. Die Pyrolyse wird Kosten von etwa 350 DM/t verursa- chen. Obwohl die Hydrierung die groBten Gutschriften verzeich- net, ist sie am teuersten (900 DM/t). Die Verbrennung von Kunststoffen zusammen mit Hausmull ergibt Kosten bis zu 450 DM/t .

Abb. 11. Kosten des Rohstoff-Recyclings; Quelle: [lo, 111.

Bei allen wirtschaftlichen und okologischen Betrachtungen sollte der gesamtheitliche Aspekt beachtet werden. Es kommt schlieBlich auf die Effizienz des Einsatzes der durch unsere Volkswirtschaft erbrachten Mittel an. Es ist zu bedauern, daB hier aus politischen Grunden das Optimum deutlich verfehlt wird. Um die Situation, auch bei den Kunststoffabfallen, zu verbessern, mussen dringend Grundlagen und Daten zur Entscheidungshilfe, wie oben angefuhrt, erarbeitet werden.

Eingegangen am 18. Januar 1993 [B 57581

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Literatur

[ l ] Sinn, H.: Vortrag auf der DGMK-Fachbereichstagung ,,Grundlagen und Prozesse der Pyrolyse und Verkokung", am 6. 9. 1989 in Essen.

[2]__Kaminsky, W ; RoJIer, H.; Sinn, H.: Kautschuk Gummi, Kunststoffe 44 (1991) Nr. 9, S. 8461851.

[3] Korff, J.; Keim, K. -H.: Erdol Erdgas Kohle 105 (1989) Nr. 5, S. 2231226.

[4] Ullmanns Encyklopadie der technischen Chemie, 4. Aufl., Bd. 14, S. 393/401,VCH, Weinheim 1977.

[5] Umweltbundesamt: Daten zur Umwelt 1988/89.

[6] Dirks, E., in: Menges, G.; Michaeli, W ; Bittner, M.: Recycling von Kunststoffen, 1. Aufl., S. 1811198, Carl Hanser Verlag, Miinchen 1992.

[7] Bockhorn, H.; Burckschat, M.; Deusser, H.: Erdol Kohle, Erdgas Petrochem. 38 (1985) Nr. 12, S. 549/555.

[8] Geiger, 2; Seifert, H.; Ehrmann, G.; Romer, R.: Chem.- 1ng.-Tech. 64 (1992) Nr. 9, S. 796.

[9] Gumz, W : Kurzes Handbuch der Brennstoff- und Feuerungs- technik, 3. Aufl., S. 472, Springer Verlag, Berlin 1962.

[lo] Dennison, M . T : Plastics: An Environmentally Friendly and Reuseable Resource, Shell Chemicals, May 1992.

[ l l ] Brandrup, J.: Vortrag auf der Gemeinschaftstagung der OGEW und DGMK am 23. 10. 1992 in Graz.

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