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KT. LUZERN Ausschnitt Menzberg 1016 m Wolhusen 565 m Chorb 900 m Längebüelschür 981 m Ankeschwändi 975 m Mättenlehn 823 m 0 m Im Hotel Menzberg nächtigen und dann weiterwandern, das wärs! Der Napf drängt sich für den zweiten Tag auf. Der mächtige Nagelfluhklotz, der halb den Luzernern gehört und halb den Bernern, ist nicht allzu weit entfernt. Drei Stunden brauchen wir von Menzberg aus für die Bestei- gung. Bis zur Gmeinalp ist die Route leicht; dass sie zu einem guten Teil auf dem Fahrsträsschen verläuft, wird kompensiert durch die Aus- sicht. Wir sehen weit über das Mittelland und haben auf der anderen Seite die Gipfel der Pilatuskette, den Schim- brig, die Schrattenfluh. Ab der Chrotthütte geht es steil aufwärts. Vor der Stächelegg gehen wir auf einem Forst- strässchen, dessen Breite beruhigend ist: Zur Linken klafft der Abgrund der Stächeleggflue. Senkrechte Wände und ein Kessel, der ein wenig an den Creux du Van im Neuenburger Jura er- innert. Kurz darauf sind wir auf dem Napf. Im Restaurant, einem verwitterten Kasten, können wir essen und trin- ken, es ist Selbstbedienung, wenn das Essen bereit ist, meldet sich der rote Sender, der einem an der Kasse beim Zahlen mitgegeben wurde. Abstiegsmöglichkeiten gibt es viele. Leicht ist der Weg via Alp Trachselegg und Mitteley nach Luthern Bad zum Bus. Für die ganze Route brauchen wir 4¼ Stunden (605 Meter aufwärts, 742 abwärts). APROPOS Menzberg Glücklich, wer jetzt nicht im Tal unten dem Tagewerk nachgehen muss: Blick von Menzberg aus. M enzberg ist bekannt als Ausgangs- punkt von Napfwanderungen. Doch wieso nicht Menzberg für einmal zum Ziel machen? Das Dörfchen auf 1000 Metern über Meer ist ein herr- licher Ort zum Ankommen, Verweilen, Einkehren. Hat man ausgiebig genossen, trägt einen der Bus hinab zur Station von Menznau. So weit der Schluss dieser Wanderung. Jetzt zu ihrem Anfang. Bei blendendem Herbstwetter steigen wir in Wolhusen aus dem Zug. Zum Auſtakt geht es durch das vom Verkehr geplagte Riesendorf: vorerst zum grossen Kreisel, dann westseitig der kleinen Emme durch ein Wohnquartier. Blumen blühen in den Vorgärten, das Auge mustert sie sehnsüchtig. Bald ist es vorbei mit der Farbenfülle. Und mit dem Geruch. Das ist es, was ich im Winter am meisten vermisse: den Geruch von frisch geschnittenem Gras, von Heu, Lavendel, Flieder, Walderdbeeren, Holunderblüten. Nun wird die Unternehmung kurz richtig hart. Wir müssen steil hinauf. Zur Rechten den Stampfigraben, zur Linken das Badtobel, gewinnen wir schwitzend Höhe; vor Augen haben wir die Häuser der Schruffenegg, die wir in einigem Ab- stand passieren werden. Bei Mättenlehn ist es vorbei mit dem Leiden durch Stei- gung. Die Wanderung ist nun längere Zeit, bis zur Gutenegg, purlautere Erho- lung. Ein vollkommener Höhenweg er- möglicht es. Beim Steinhuserberg sehen wir eine moderne Kirche, die sich stim- mig in die Landschaſt fügt, sie stammt von 1970. Hernach Höfe wie Vorderätzle- schwand, Hinterätzleschwand, Länge- büelschür. Und am Horizont die Berner Alpen. Dazu natürlich der Pilatus. Und die Rigi, wenn ich recht sehe; zum Herbstwetter gehört eine gewisse Duns- tigkeit der Luſt. Vor der Gutenegg haben wir – dies die gute Nachricht – Menzberg direkt vor uns. Weit ist das nicht mehr. Oder? Die schlechte Nachricht ist, dass uns der Chorbgraben von unserem Ziel trennt; in ihn hinab oder auch hinein halten wir als- bald. Je tiefer wir steigen, desto mehr ge- fällt uns die Wegführung; das mit der schlechten Nachricht ist Blödsinn. Die Anstrengung lohnt sich auf jeden Fall, un- ten am Flüebach spriessen Pilze, wir sind im Reich der Nagelfluh, der Farne, Bla- cken und Beeren. Der Kontrast zur hellen Hügelherrlichkeit der letzten anderthalb Stunden könnte grösser nicht sein. Entspannende Aussichten Wir erobern uns das Licht wieder, steigen auf zur Ankeschwändi; was für ein hübsch gebutterter Name. Kurz darauf sind wir in Menzberg. Das Höhennest liegt wunder- bar für sich. Seine Kirche ist riesig. Unser Ziel ist freilich ganz und gar weltlich. Wir haben im Hotel Menzberg einen Tisch re- serviert. Das Haus geht übrigens zurück auf das Jahr 1834, als auf dem Menzberg eine Molkenkuranstalt gebaut wurde. Wir setzen uns, atmen durch, bestel- len. Das Essen ist sehr gut, die Weinkarte sogar bombastisch, wie unsere Bieler Connaisseuse Ronja feststellt. Und der Hotelier ist ein netter Typ, der uns freund- lich Auskunſt gibt, als wir Fragen zur Ge- gend haben. Wir sind uns im Grüpplein einig, dass man in Menzberg einmal näch- tigen müsste. Bleiben. Sich entspannen. Diesmal müssen wir leider verzichten. Aber die Idee wird notiert in meinem Ideenjournal, das über die Jahre nicht dünner, sondern dicker und dicker wird. Wer wandert, entdeckt immer noch mehr Möglichkeiten zur Freude. Widmers Wanderbücher gibt es im Echtzeit Verlag. Leser der «Schweizer Familie» erhalten alle drei Bücher von Thomas Widmer zusammen für 80 statt 102 Fr. Bestellungen: www.echtzeit.ch/ schweizerfamilie oder Echtzeit Verlag, Murbacherstr. 34, 4056 Basel WIDMER WANDERT Im Luzernischen ROUTE: Wolhusen, Bahnhof– Dorf–Mättenlehn– Vorder- und Hinterätzle- schwand–Längebüel- schür–Gutenegg– Chorb–Chorbgraben– Ankeschwändi– Menzberg. Mehr zum ema omas Widmer schreibt im «Tages- Anzeiger» die Wanderkolumne «Zu Fuss». Folgen Sie seinen Routen auf dem Blog: widmerwandertweiter.blogspot.com Er will nach Menzberg, unser Wanderer. Auf dem Weg ins Höhennest am Napf kommt er aber erst mal gehörig ins Schwitzen. RUNDUM NUR HÜGEL UND EIN WATTIGES MEER Die Stächeleggflue: Ein kleiner Creux du Van im Napfbergland. DAUER: 31/2 Stunden. WANDERKARTE: 234 T, «Willisau», 1:50 000 EINKEHR: Am Schluss in Menzberg: Hotel Menzberg. Montag Ruhetag. Sympathisches Haus, gute Küche. 041 493 18 16. www.hotel-menzberg.ch HINKOMMEN: Wolhusen liegt an der Bahnlinie Luzern–Bern. 64 65 Schweizer Familie 43/2015 Schweizer Familie 43/2015 Foto: Thomas Widmer, lllustration: tnt-graphics.ch/Atlas der Schweiz © 2015 swisstopo (JM120019)

RUNDUM NUR HÜGEL UND APROPOS Menzberg EIN WATTIGES MEER … · auf 1000 Metern über Meer ist ein herr ... geschnittenem Gras, von Heu, Lavendel, Flieder, Walderdbeeren, Holunderblüten

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KT. LUZERN

Ausschnitt

Menzberg1016 m

Wolhusen565 m

Chorb 900 m

Längebüelschür 981 m

Ankeschwändi 975 m

Mättenlehn 823 m

1 Claro, Ponton (Bus) 270 m

Im Hotel Menzberg nächtigen und dann weiterwandern, das wärs! Der Napf drängt sich für den zweiten Tag auf. Der mächtige Nagelfluhklotz, der halb den Luzernern gehört und halb den Bernern, ist nicht allzu weit entfernt. Drei Stunden brauchen wir von Menzberg aus für die Bestei-gung. Bis zur Gmeinalp ist die Route leicht; dass sie zu einem guten Teil auf dem Fahrsträsschen verläuft, wird kompensiert durch die Aus-sicht. Wir sehen weit über das Mittelland und haben auf der anderen Seite die Gipfel der Pilatuskette, den Schim-brig, die Schrattenfluh. Ab der Chrotthütte geht es steil aufwärts. Vor der Stächelegg gehen wir auf einem Forst-strässchen, dessen Breite beruhigend ist: Zur Linken klafft der Abgrund der Stächeleggflue. Senkrechte Wände und ein Kessel, der ein wenig an den Creux du

Van im Neuenburger Jura er-innert. Kurz darauf sind wir auf dem Napf. Im Restaurant, einem verwitterten Kasten, können wir essen und trin-ken, es ist Selbstbedienung, wenn das Essen bereit ist, meldet sich der rote Sender, der einem an der Kasse beim Zahlen mitgegeben wurde. Abstiegsmöglichkeiten gibt es viele. Leicht ist der Weg via Alp Trachselegg und Mitteley nach Luthern Bad zum Bus. Für die ganze Route brauchen wir 4¼ Stunden (605 Meter aufwärts, 742 abwärts).

APROPOSMenzberg

Glücklich, wer jetzt nicht im Tal unten dem Tagewerk nachgehen muss: Blick von Menzberg aus.

Menzberg ist bekannt als Ausgangs­punkt von Napfwanderungen. Doch wieso nicht Menzberg für

einmal zum Ziel machen? Das Dörfchen auf 1000 Metern über Meer ist ein herr­licher Ort zum Ankommen, Verweilen, Einkehren. Hat man ausgiebig genossen, trägt einen der Bus hinab zur Station von Menznau.

So weit der Schluss dieser Wanderung. Jetzt zu ihrem Anfang. Bei blendendem Herbstwetter steigen wir in Wolhusen aus dem Zug. Zum Auftakt geht es durch das vom Verkehr geplagte Riesendorf: vorerst

zum grossen Kreisel, dann westseitig der kleinen Emme durch ein Wohnquartier.

Blumen blühen in den Vorgärten, das Auge mustert sie sehnsüchtig. Bald ist es vorbei mit der Farbenfülle. Und mit dem Geruch. Das ist es, was ich im Winter am meisten vermisse: den Geruch von frisch geschnittenem Gras, von Heu, Lavendel, Flieder, Walderdbeeren, Holunderblüten.

Nun wird die Unternehmung kurz richtig hart. Wir müssen steil hinauf. Zur Rechten den Stampfigraben, zur Linken das Badtobel, gewinnen wir schwitzend Höhe; vor Augen haben wir die Häuser

der Schruffenegg, die wir in einigem Ab­stand passieren werden. Bei Mättenlehn ist es vorbei mit dem Leiden durch Stei­gung. Die Wanderung ist nun längere Zeit, bis zur Gutenegg, purlautere Erho­lung. Ein vollkommener Höhenweg er­möglicht es. Beim Steinhuserberg sehen wir eine moderne Kirche, die sich stim­mig in die Landschaft fügt, sie stammt von 1970. Hernach Höfe wie Vorderätzle­schwand, Hinterätzleschwand, Länge­büelschür. Und am Horizont die Berner Alpen. Dazu natürlich der Pilatus. Und die Rigi, wenn ich recht sehe; zum

Herbstwetter gehört eine gewisse Duns­tigkeit der Luft.

Vor der Gutenegg haben wir – dies die gute Nachricht – Menzberg direkt vor uns. Weit ist das nicht mehr. Oder? Die schlechte Nachricht ist, dass uns der Chorbgraben von unserem Ziel trennt; in ihn hinab oder auch hinein halten wir als­bald. Je tiefer wir steigen, desto mehr ge­fällt uns die Wegführung; das mit der schlechten Nachricht ist Blödsinn. Die Anstrengung lohnt sich auf jeden Fall, un­ten am Flüebach spriessen Pilze, wir sind im Reich der Nagelfluh, der Farne, Bla­cken und Beeren. Der Kontrast zur hellen Hügelherrlichkeit der letzten anderthalb Stunden könnte grösser nicht sein.

Entspannende Aussichten Wir erobern uns das Licht wieder, steigen auf zur Ankeschwändi; was für ein hübsch gebutterter Name. Kurz darauf sind wir in Menzberg. Das Höhennest liegt wunder­bar für sich. Seine Kirche ist riesig. Unser Ziel ist freilich ganz und gar weltlich. Wir haben im Hotel Menzberg einen Tisch re­serviert. Das Haus geht übrigens zurück

auf das Jahr 1834, als auf dem Menzberg eine Molkenkuranstalt gebaut wurde.

Wir setzen uns, atmen durch, bestel­len. Das Essen ist sehr gut, die Weinkarte sogar bombastisch, wie unsere Bieler Connaisseuse Ronja feststellt. Und der Hotelier ist ein netter Typ, der uns freund­lich Auskunft gibt, als wir Fragen zur Ge­gend haben. Wir sind uns im Grüpplein einig, dass man in Menzberg einmal näch­tigen müsste. Bleiben. Sich entspannen. Diesmal müssen wir leider verzichten. Aber die Idee wird notiert in meinem Ideenjournal, das über die Jahre nicht dünner, sondern dicker und dicker wird. Wer wandert, entdeckt immer noch mehr Möglichkeiten zur Freude.

Widmers Wanderbücher gibt es im Echtzeit Verlag. Leser der «Schweizer Familie» erhalten alle drei Bücher von Thomas Widmer zusammen für 80 statt 102 Fr. Bestellungen: www.echtzeit.ch/schweizerfamilie oder Echtzeit Verlag, Murbacherstr. 34, 4056 Basel

WIDMER WANDERT Im Luzernischen

ROUTE:Wolhusen, Bahnhof– Dorf–Mättenlehn– Vorder- und Hinter ätzle - schwand–Längebüel- schür–Gutenegg– Chorb–Chorb g raben– Ankeschwändi– Menzberg.

Mehr zum ThemaThomas Widmer schreibt im «Tages- Anzeiger» die Wanderkolumne «Zu Fuss». Folgen Sie seinen Routen auf dem Blog: widmerwandertweiter.blogspot.com

Er will nach Menzberg, unser Wanderer. Auf dem Weg ins Höhennest am Napf kommt er aber erst mal gehörig ins Schwitzen.

RUNDUM NUR HÜGEL UND EIN WATTIGES MEER

Die Stächeleggflue: Ein kleiner Creux du Van im Napfbergland.

DAUER:31/2 Stunden.WANDERKARTE:234 T, «Willisau», 1:50 000

EINKEHR:Am Schluss in Menzberg: Hotel Menzberg. Montag Ruhetag. Sympathisches Haus, gute Küche. 041 493 18 16. www.hotel-menzberg.chHINKOMMEN:Wolhusen liegt an der Bahnlinie Luzern–Bern.

64 65Schweizer Familie 43/2015 Schweizer Familie 43/2015Foto: Thomas Widmer, lllustration: tnt-graphics.ch/Atlas der Schweiz © 2015 swisstopo (JM120019)