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C hina als der weltweit größte, aber auch am schnellsten wachsende, Absatzmarkt – 2010 mit einem Plus von 32 Prozent im Pkw-Segment, insgesamt 13,3 Millionen verkaufte Autos und Mi- nibusse – hat auch die Shanghai Autoshow inzwi- schen zu einer internationalen Premieren-Messe aufgewertet. Doch die Zeiten der zweistelligen Zuwachsraten scheinen 2011 zu Ende zu gehen: „Magere“ 8 Pro- zent Absatzsteigerungen bei Limousinen in den ersten drei Monaten (aber bei MPV ein Plus von 21 Prozent, im SUV-Segment sogar satte 53 Prozent), Ausweitung der Beschränkungen von Neuzulas- sungen in den großen Mega-Citys wie Peking und Shanghai, lassen eine erste Sättigungsphase und Verschnaufpause in der Massenmobilität insbeson- dere im mittleren Fahrzeugsegment erkennen. Dennoch sind die deutschen Markenhersteller wei- terhin optimistisch: „China ist der Markt, wo wir am schnellsten wachsen“, posaunt Daimler-Chef Dieter Zetsche, dem VW-Primus Martin Winter- korn mit harten Zahlen kontert und die magi- sche Glücks-(wachs- tums)zahl 18 Prozent für alle Fahrzeugmodelle im 1. Quartal 2011 mit stolzgeschwellter Brust auf der Messe verkündete. Offi- zielle Statistiken sprechen eine et- was differenzierte Sprache: Im Jah- resvergleich ist der Absatz in der Oberklasse im Jänner und Februar um 18 Prozent eingebrochen. Un- ter den Top-10-Modellen scheint nur BMW mit seiner lokalen 3er- und 5er-Produktion weiterhin in der Gunst der immer zahlungskräf- tigeren Kunden ganz oben zu lie- gen. Um den 60.000 „Superreichen“ im kommu- nistischen China mit einem Einzelvermögen von mehr als 10 Millionen Euro ringen inzwischen auch die Supersportwagenmarken wie Maserati (2010: 400 verkaufte Fahrzeuge), Bentley (Zu- wachs 95 Prozent in 2010), Ferrari und Aston Mar- tin. Es gilt die Devise: noch schnell die Businessli- mousine um einen Wochenendsportler ergänzen, bevor man die nächste Etappe in Angriff nimmt und einen Privatjet bestellt. Superlativ das Messemotiv Auf 220.000 m 2 Fläche (35 Prozent mehr als 2009) buhlten heuer 2.100 Aussteller (2009: 1.500) um die Gunst der Auto- und Komponenteneinkäufer. Unter den insgesamt 1.100 ausgestellten Fahrzeu- gen stieß der Besucher auf beinahe 200 neue Fahr- zeugmodelle (2009: 129), wobei die chinesischen Eigenmarken mit 80 Neuerscheinungen erstmals vor den europäischen (63), japanischen (31), ame- rikanischen (16) und koreanischen (5) Modellvor- stellungen in Führung lagen. Das Reich der Mitte gibt kräftig Gas und die deutschen Hersteller hal- ten mit. Etliche Weltpremieren: Allen voran die VW- Gruppe, die die Neuauflage des Beetle spektakulär und Kontinente überspannend im Rahmen einer MTV-Eventkooperation in New York und Berlin inszenierte. Audi-Herrscher Rupert Stadler zog nach und enthüllte vor dem Verkaufsstart im Juni den neuen Kompakt-SUV Q3 in Shanghai. Handel Auto Shanghai 2011 24 AUTO & Wirtschaft Mai 2011 „Größer – Schneller – Luxuriöser“, so das inoffizielle Motto der 14. Shanghai Autoshow, die seit 2009 – abwechselnd mit der Auto China in Peking – für acht Tage die Stadt am Huangpu-Fluss zum „Neuen Detroit Asiens“ kürt. Das diesjährige, offizielle Leit- thema „Innovation für eine bessere Zukunft“ spiegelt den ungebrochenen Wachstumsglauben der chinesi- schen Autoindustrie wider. Von Dr. Michael Sikora Europa bitte warten Mit Motorjourna- listen in Shang- hai unterwegs für die Volkswa- gen-Interessen in Österreich – Mag. Hermann Becker.

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China als der weltweit größte, aber auch amschnellsten wachsende, Absatzmarkt – 2010

mit einem Plus von 32 Prozent im Pkw-Segment,insgesamt 13,3 Millionen verkaufte Autos und Mi-nibusse – hat auch die Shanghai Autoshow inzwi-schen zu einer internationalen Premieren-Messeaufgewertet.Doch die Zeiten der zweistelligen Zuwachsratenscheinen 2011 zu Ende zu gehen: „Magere“ 8 Pro-zent Absatzsteigerungen bei Limousinen in denersten drei Monaten (aber bei MPV ein Plus von 21Prozent, im SUV-Segment sogar satte 53 Prozent),Ausweitung der Beschränkungen von Neuzulas-

sungen in den großen Mega-Citys wie Peking undShanghai, lassen eine erste Sättigungsphase undVerschnaufpause in der Massenmobilität insbeson-dere im mittleren Fahrzeugsegment erkennen. Dennoch sind die deutschen Markenhersteller wei-terhin optimistisch: „China ist der Markt, wo wiram schnellsten wachsen“, posaunt Daimler-ChefDieter Zetsche, dem VW-Primus Martin Winter-

korn mit harten Zahlenkontert und die magi-sche Glücks-(wachs-tums)zahl 18 Prozentfür alle Fahrzeugmodelle

im 1. Quartal 2011 mit stolzgeschwellterBrust auf der Messe verkündete. Offi-zielle Statistiken sprechen eine et-was differenzierte Sprache: Im Jah-resvergleich ist der Absatz in derOberklasse im Jänner und Februarum 18 Prozent eingebrochen. Un-ter den Top-10-Modellen scheintnur BMW mit seiner lokalen 3er-und 5er-Produktion weiterhin inder Gunst der immer zahlungskräf-tigeren Kunden ganz oben zu lie-

gen. Um den 60.000 „Superreichen“ im kommu-

nistischen China mit einem Einzelvermögen vonmehr als 10 Millionen Euro ringen inzwischenauch die Supersportwagenmarken wie Maserati(2010: 400 verkaufte Fahrzeuge), Bentley (Zu-wachs 95 Prozent in 2010), Ferrari und Aston Mar-tin. Es gilt die Devise: noch schnell die Businessli-mousine um einen Wochenendsportler ergänzen,bevor man die nächste Etappe in Angriff nimmtund einen Privatjet bestellt.

Superlativ das MessemotivAuf 220.000 m2 Fläche (35 Prozent mehr als 2009)buhlten heuer 2.100 Aussteller (2009: 1.500) umdie Gunst der Auto- und Komponenteneinkäufer.Unter den insgesamt 1.100 ausgestellten Fahrzeu-gen stieß der Besucher auf beinahe 200 neue Fahr-zeugmodelle (2009: 129), wobei die chinesischenEigenmarken mit 80 Neuerscheinungen erstmalsvor den europäischen (63), japanischen (31), ame-rikanischen (16) und koreanischen (5) Modellvor-stellungen in Führung lagen. Das Reich der Mittegibt kräftig Gas und die deutschen Hersteller hal-ten mit.Etliche Weltpremieren: Allen voran die VW-Gruppe, die die Neuauflage des Beetle spektakulärund Kontinente überspannend im Rahmen einerMTV-Eventkooperation in New York und Berlininszenierte. Audi-Herrscher Rupert Stadler zognach und enthüllte vor dem Verkaufsstart im Juniden neuen Kompakt-SUV Q3 in Shanghai.

HandelAuto Shanghai 2011

24 AUTO & Wirtschaft • Mai 2011

„Größer – Schneller – Luxuriöser“, so das inoffizielleMotto der 14. Shanghai Autoshow, die seit 2009 –abwechselnd mit der Auto China in Peking – für acht Tage die Stadt am Huangpu-Fluss zum „NeuenDetroit Asiens“ kürt. Das diesjährige, offizielle Leit-thema „Innovation für eine bessere Zukunft“ spiegeltden ungebrochenen Wachstumsglauben der chinesi-schen Autoindustrie wider. Von Dr. Michael Sikora

Europa bitte warten

Mit Motorjourna-listen in Shang-hai unterwegsfür die Volkswa-gen-Interessen inÖsterreich – Mag.Hermann Becker.

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Mittleren und Nahen Osten, nach Neuseeland,Australien und Osteuropa zu exportieren und dortgut zu verdienen, als reife und gesättigte Märktewie Österreich und Deutschland in Angriff zu neh-men. Man ist vorsichtig geworden mit der offiziellenAnkündigung eines Marktstarts in Österreich, abereines ist klar: Sie kommen bestimmt. Und wenn siebei den heimischen Importeuren eintreffen, dann

werden sie die Kinderkrankheiten wieseinerzeit die erste Welle japanischerund in Folge koreanischer Autos nichtmehr aufweisen. Die Denzel Auto Gruppe sondiert seit2007 den chinesischen Hersteller-markt und führt mit mehreren Mar-ken Gespräche. „Wir werden erst dann

HandelAuto Shanghai 2011

In Österreich sind chinesische Hersteller wieGeely, Chery, BYD und Great Wall zumindest na-mentlich schon bekannt; manches Fahrzeug hatsich in der Alpenrepublik bereits gezeigt.Obzwar die technologische Aufholjagd (Reizwort:Euro V, Euro NCAP) der Eigenmarken voran-schreitet, ist bei den Gesprächen mit chinesischenHerstellern die Begutachtung der Wille zum Exportunübersehbar.

Einsatzfähig und -willigWar es für chinesische OEM vor der Weltwirt-schaftskrise noch interessant, sich in der „au-tomotiven Festung“ Mitteleuropas rasch zuetablieren, um (wirtschaftspolitisches) Anse-hen und Prestige zu erlangen, haben diese nachder Finanzkrise des Westens deutlich wenigerInteresse daran (und esauch nicht mehr nötig).Das Landwind- undBrilliance-Debakel hatden übrigen Herstellernvor Augen geführt, dassder (mittel)europäischeAutokäufer anderePrioritäten beim Fahr-zeugkauf hat. Was vor-rangig zählt, ist ein nacheuropäischen Maßstäben entwickeltes, sicheresAuto mit tadelloser Verarbeitungsqualität.Chinesische Markenhersteller haben inzwischen er-kannt, dass den Zusatzkosten und Investments(Technologie-Upgrade, Imageaufbau, Händler- undServicenetzwerk) für den europäischen Marktein-tritt nur eine moderate Absatzsteigerung gegenüber-steht. Es ist für sie viel leichter, in „Emerging Mar-kets“ wie beispielsweise nach Südamerika, in den

AUTO & Wirtschaft • Mai 2011 25

Denzel-BossIng. AlfredStadler (M.)sondierte mitseinem Mit-subishi-Impor-teur Mag. Gre-gor Strassl (l.),und seinem

China-Spezialisten Mi-chael Röck neue Ge-schäftschancen, was inder Regel mit einemfür China unerlässli-chen Gastgeschenk (B. l.) eingeleitet wird.

Der VW-Beetle debütierte in Shanghai,obwohl seine Absatzchancen vorrangigin Europa und Amerika sein werden.

chinesische Autos unseren Kunden offerieren,wenn diese allen europäischen Sicherheits- bzw.anerkannten Fahrzeugstandards entsprechen unddas Preis-Leistungs-Verhältnis attraktiv ist“, bleibtIng. Alfred Stadler, für seine asiatischen Gesprächs-partner Präsident und CEO der Denzel AutoGroup, seiner Vorsicht weiter treu. •

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