Saarland_Handreichung

Embed Size (px)

Citation preview

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    1/186

    Handreichungenfr die Praxis

    zum Bildungsprogramm

    fr saarlndische Kindergrten

    verlag das netzInternationale Akademie

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    2/186

    Internationale Akademie, INA gemeinntzige Gesellschaft fr innovative Pdagogik,Psychologie und konomie mbH an der Freien Universitt Berlin

    Handreichungenfr die Praxis

    zum Bildungsprogramm fr saarlndische Kindergrten

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    3/186

    Leitung:Dr. Christa Preissing

    Texte:Dr. Annette DreierDr. Ute GromannAnnette HautummDr. Elke HellerGrit HerrnbergerChristine KarkowDr. Gerlinde LillCarola Pinnow

    Dr. Christa PreissingDr. Roger ProttRegine Schallenberg-DiekmannPetra Wagner

    Endredaktion:Dr. Christa Preissing

    ISBN 3-937785-

    Alle Rechte vorbehalten

    2007 verlag das netz, Weimar, Berlin

    Das Werk und alle seine Teile sind urheberrechtlich geschtzt. Jede Verwertung auerhalb der

    Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages nicht zulssig und strafbar.

    Das gilt insbesondere fr Vervielfltigungen, bersetzungen, Mikroverfilmungen und die

    Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

    Gestaltung: Jens Klennert, Tania Miguez

    Titelbild: Michael Zimmer, zimmer design, SaarbrckenFotos: S, 12, 164 Udo Lange, Pdagogische Ideenwerkstatt Bagage;S. 20 Torsten Krey-Gerve; S. 26, 178 Norbert Huppertz; S. 44, 60, 110, 126 ElisabethNiggemeyer; S. 76 Dagmar Arzenbacher, aus: Das Kohlheft, verlag das netz;S. 94 Petra Kathke; S. 142 Jochen Fiebig; S. 156 Gisela Hermann; S. 173 Volker Dring

    Druck und Bindung: Colordruck, Zwickau

    Printed in Germany

    Weitere Informationen finden Sie unter www.verlagdasnetz.de

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    4/186

    Internationale Akademie, INA gemeinntzige Gesellschaft fr innovative

    Pdagogik, Psychologie und konomie mbH an der Freien Universitt Berlin

    Handreichungenfr die Praxis

    zum Bildungsprogramm

    fr saarlndische Kindergrten

    verlag das netz

    Weimar Berlin

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    5/186

    Inhalt

    Vorwort der Autorengruppe

    Einleitung

    Grafik zur Struktur des Bildungsprogramms

    1. Zum Bildungsverstndnis

    Bildung ist ein aktiver, sozialer und sinnlicher Prozess

    Bildung ist ein kultureller Prozess

    2. Ziele: Kompetenzen im BildungsverlaufIch-Kompetenzen

    Sozial-Kompetenzen

    Sach-Kompetenzen

    Lern-Kompetenzen

    3. Aufgaben der Erzieherinnen

    Gestaltung des alltglichen Lebens

    Spiel

    Planung und Gestaltung von Projekten

    Anregungsreiche Rume

    Beobachten und Dokumentieren

    4. Die Bildungsbereiche

    Grafik zur Struktur der Bildungsbereiche

    Krper, Bewegung, Gesundheit

    Soziale und kulturelle Umwelt, Werteerziehung und religise Bildung

    Sprache und Schrift

    Bildnerisches Gestalten

    Musik

    Mathematische Grunderfahrungen

    Naturwissenschaftliche und technische Grunderfahrungen

    5. Zusammenarbeit mit ElternDer bergang von der Familie in den Kindergarten

    Entwicklungsgesprche als regelmiger Austausch

    Qualittskriterien fr die Zusammenarbeit mit Eltern

    6

    8

    10

    12

    15

    18

    20

    2325

    26

    26

    26

    29

    31

    33

    34

    36

    37

    43

    44

    47

    63

    79

    97

    113

    129

    145

    159161

    162

    163

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    6/186

    6. bergang in die Grundschule

    Der bergang vom Kindergarten- zum Grundschulkind

    bergang im familiren Kontext

    Kontinuitt und BrcheSchulfhigkeit und kindgerechte Schule

    Aufgaben der Erzieherinnen

    7. Demokratische Teilhabe Anforderungen fr die Zusammenarbeit

    und Kommunikation im Kindergarten

    Anforderungen an Erzieherinnen

    Anforderungen an die Zusammenarbeit im Team

    Anforderungen an die LeitungAnforderungen an den Trger

    Qualittskriterien fr die Zusammenarbeit im Team und mit dem Trger

    8. Zusammenarbeit mit den Arbeitsstellen fr Integrationspdagogik

    Wohnortnhe

    Ganzheitlichkeit

    Integrierte Therapien

    FreiwilligkeitQualittskriterien fr die Arbeit der integrationspdagogischen Fachkrfte

    Qualittskriterien fr die Arbeit der Erzieherinnen in den Kindergrten

    Literatur

    Inhalt 7

    167

    168

    170

    171172

    172

    175

    177

    177

    178178

    179

    181

    182

    182

    182

    183183

    183

    184

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    7/186

    Vorwort der Autorengruppe

    Das Bildungsprogramm fr saarlndische Kindergrten bietet einen fachlichen Orientierungs-rahmen fr die pdagogische Arbeit mit Kindern in Kindergrten und Kindertagessttten.

    Es knpft an die bisher geltenden Rahmenrichtlinien fr die vorschulische Erziehung imSaarland an. Damit wird gesichertes Wissen und bewhrte Praxis beibehalten.

    Neue Erkenntnisse aus der Bildungsforschung und der Neurobiologie betonen die Bedeutungder Bildungsprozesse in der frhen Kindheit fr den gesamten weiteren Bildungsweg. Siezeigen deutlich, worauf es ankommt, damit alle Kinder, gleich welcher Herkunft, gute Start-chancen fr ihr weiteres Leben erhalten.

    Das Bildungsprogramm fr saarlndische Kindergrten trgt diesen neuen Erkenntnissen

    Rechnung und bersetzt sie in klar strukturierte Bildungsbereiche mit konkret formuliertenZielen und praktischen Aufgaben fr Erzieherinnen und Erzieher.

    Die Diskussion um Bildung in der frhen Kindheit hat auch durch internationale Vergleicheund verstrkte internationale Zusammenarbeit neuen Schwung bekommen. Das Bildungs-programm fr saarlndische Kindergrten nimmt diese Impulse auf. Vor allem Erkenntnisseund Erfahrungen aus Schweden, England, Frankreich, USA, Australien und Neuseeland sindbercksichtigt.

    Das Saarland beteiligt sich seit 2000 an der Nationalen Qualittsinitiative im System derTageseinrichtungen fr Kinder. saarlndische Kindergrten und ihre Trger waren an derDefinition von Qualitt auf nationaler Ebene aktiv beteiligt. Das Bildungsprogramm frsaarlndische Kindergrten nimmt diese Qualittsbestimmungen auf. Es weist vieleGemeinsamkeiten zu den parallel erarbeiteten Bildungsplne und Programme der anderenBundeslnder auf und setzt eigene Akzente.

    Das Bildungsprogramm fr saarlndische Kindergrten gibt klare Orientierung fr alle Kinder-grten und fr alle Trger. Gleichzeitig lsst es ausreichend Spielraum, damit die konkretenGegebenheiten vor Ort und die weltanschaulichen und religisen Orientierungen eines

    Trgers Platz haben. Deshalb kann das Bildungsprogramm die Konzeption eines Kinder-gartens und die Konzeption eines Trgers nicht ersetzen. Es formuliert allerdings Mastbefr deren Konzeptentwicklung.

    Das Bildungsprogramm fr saarlndische Kindergrten benutzt den Begriff Kindergarten alsSammelbegriff fr alle Tageseinrichtungen fr Kinder. Das Programm bezieht sich auf dieArbeit mit Kindern aller in den Tageseinrichtungen vertretenen Altersgruppen.

    In Tageseinrichtungen fr Kinder arbeiten ganz berwiegend weibliche Fachkrfte. Im

    Bildungsprogramm fr saarlndische Kindergrten steht deshalb die BerufsbezeichnungErzieherin stellvertretend fr alle in diesem Beruf ttigen Personen, gleich welchenGeschlechts.

    8

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    8/186

    Die Autorengruppe, die fr das Programm verantwortlich zeichnet, hat 2003/2004 im Auf-trag der Senatsverwaltung fr Bildung, Jugend und Sport, Berlin auch das Berliner Bildungs-programm erarbeitet. Allgemeine Grundlagen, Struktur und Aufbau beider Programme sinddeshalb hnlich.

    Das Bildungsprogramm fr saarlndische Kindergrten setzt klare eigene Schwerpunkte.Landesspezifische Voraussetzungen und Traditionen sowie aktuelle Entwicklungen imSaarland machen seine Besonderheit aus. Die gelebte Nhe zu Frankreich, Luxemburg undeine durch-gehend europische Orientierung sind spezifisch fr das Bildungsprogramm frsaarlndische Kindergrten. Sie erffnen Kindern im Saarland besondere Bildungsmglich-keiten, die in anderen Bundeslndern so nicht gegeben und fr ihre Zukunft in einer immerstrker auf Europa gerichteten Lebenswelt von hohem Wert sind.

    Das Bildungsprogramm fr saarlndische Kindergrten besteht aus zwei Teilen. Die kurzeprogrammatische Fassung enthlt die grundstzlichen Aussagen und Ziele. Sie ist fr dieffentlichkeit und insbesondere auch fr Eltern gedacht. Die hiermit vorgelegte ausfhrlicheHandreichung gibt Erzieherinnen und Eltern konkrete Anregungen fr die praktischeUmsetzung.

    Die Erarbeitung des Bildungsprogramm fr saarlndische Kindergrten durch die Autoren-gruppe wurde von einem saarlndischen Beirat stndig begleitet. Diesem Beirat gehrenVertreter aller Trgerverbnde, der Eltern, des Landesjugendamtes und des Ministerium frBildung, Kultur und Wissenschaft an.

    Die Zusammenarbeit mit dem Beirat gewhrleistet, dass das Bildungsprogramm fr Saarln-dische Kindergrten in die landesspezifischen Entwicklungen passt.

    Die Autorengruppe dankt dem Beirat fr die konstruktive Zusammenarbeit.

    Fr die AutorengruppeDr. Christa PreissingInternationale Akademie an der FU Berlin

    Vorwort der Autorengruppe 9

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    9/186

    Einleitung

    Kindergrten sind Orte fr Kinder, an denen Jungen und Mdchen angeregt und begleitetdurch Erzieherinnen ihrem Forscherdrang nachkommen knnen, an denen sie Herausfor-

    derungen und Erfolge erleben, wo sie Verantwortung bernehmen und vielseitig ttig seinknnen. Das Leben im Kindergarten bietet den Kindern vielfltige Gelegenheiten: Gerade imZusammenfallen von lebenspraktischen Ttigkeiten und Lernerfahrungen liegen die Vorzgeder Bildung und Erziehung in Kindergrten. Die Erlebnisse und Erfahrungen der Kinderbestimmen die Systematik der Anregungen fr die Untersttzung der Bildungsprozesse.Bildung ist so mehr als das Ansammeln von Wissen, und das Einben von Fhigkeiten undFertigkeiten. Bildung ist Selbstbildung in dem Sinne, dass Kinder ihr Selbst als soziales Wesenherausbilden und ihre Persnlichkeit im Austausch mit anderen Kindern und Erwachsenenentwickeln (Kapitel 1: Zum Bildungsverstndnis).

    Bildung ist immer auch gezielte Anregungen durch Erzieherinnen, Eltern und andere Erwach-sene. Die Ziele sind in diesen Empfehlungen unterteilt in Ich-Kompetenzen, Sozial-Kompetenz,Sach-Kompetenz und Lern-Kompetenz und entsprechen damit einem ganzheitlichen Bildungs-verstndnis, das in Deutschland seit Humboldt, Frbel und Pestalozzi Tradition hat und durchdie internationale OECD-Studie Starting Strong besonders hervorgehoben wird1 (Kapitel 2:Ziele).

    Die Aufgaben der Erzieherinnen fr die gezielte Anregung der kindlichen Bildungsprozessedurchziehen den gesamten Ablauf des Zusammenlebens und Lernens im Kindergarten. DieVerknpfung von alltglich wiederkehrenden Prozessen mit Spielen und Lernen, mit Projekt-arbeit und Raumgestaltung erffnet allen Kindern vielfltige Zugnge zu Bildungsinhalten,die fr das gegenwrtige und zuknftige Leben der Kinder wichtig sind. (Kapitel 3: Aufgabender Erzieherinnen).

    Jedes Kind hat ein Recht darauf, im Verlauf seines Kindergarten-Lebens mit Inhalten vertrautzu werden, die es in die Lage versetzen, sein gegenwrtiges und knftiges Leben aktiv,selbstbestimmt und solidarisch mit anderen zu gestalten. Die Bildungsempfehlungen gebeneine Orientierung, welche Inhalte zum Repertoire zeitgemer Kindergarten-Pdagogik

    gehren. (Kapitel 4: Die Bildungsbereiche).

    Die Grundlage dafr, dass ein Kind die Bildungsmglichkeiten des Kindergartens nutzenkann, wird in der Eingewhnungszeit in Abstimmung mit den Eltern geschaffen. GelingendeBildungsprozesse setzen voraus, dass die Erzieherinnen jedem Kind und seinen Eltern mitWertschtzung begegnen. Dies ist Voraussetzung fr eine vertrauensvolle Zusammenarbeit(Kapitel 5: Zusammenarbeit mit Eltern).

    Das Bildungsverstndnis von Kindergrten und Grundschulen war lange Zeit von gegenseitiger

    Abgrenzung bestimmt. Die Bildungsempfehlungen legen Wert auf mehr Begegnung zwischenErzieherinnen und Lehrerinnen. Im Interesse stimmiger Bildungsverlufe der Kinder treten

    10

    1 OECD (Hrsg.): Starting Strong Lnderbericht Deutschland. Bonn 2004

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    10/186

    Gemeinsamkeiten in den Vordergrund und Unterschiede werden zu Gesprchsanlssen zwi-schen Kindern, Eltern, Erzieherinnen und Lehrerinnen. (Kapitel 6: bergang in die Grundschule)

    Der Kindergarten als ffentliche Institution ist Ausschnitt und Spiegel unserer Gesellschaft.

    Hier erfahren und begreifen Kinder, wer und was zhlt. Die Erwachsenen leben vor, welcheWertvorstellungen und Regeln das Zusammenleben politisches Leben ohne Gewalt undAusgrenzung gelingen lassen. (Kapitel 7: Demokratische Teilhabe).

    Diese Bildungsempfehlungen sind Ergebnis eines Prozesses. Kindergrten im Saarland (undanderen Teilen der Bundesrepublik) begreifen sich seit langem als Bildungsorte und Erziehe-rinnen2 arbeiten mit hohem Engagement und oft erfolgreich daran, Kindern die bestmglichenBildungschancen zu geben. Die Bildungsempfehlungen geben eine systematische und zu-sammenfassende Darstellung dieser Praxisentwicklung und verbinden sie mit aktuellen wis-

    senschaftlichen Erkenntnissen. Erzieherinnen werden sich mit ihrer Praxis und deren Reflexionan vielen Stellen wieder finden. Die Empfehlungen bauen also auf existierender Praxis auf.Sie sind gedacht als ein Handwerkszeug, das zur systematischen Weiterentwicklung derbereits erreichten Qualitt beitrgt.

    Einleitung 11

    2 Nach wie vor arbeiten in Kindergrten ganz berwiegend Frauen. Wir benutzen deshalb in diesem Text derEinfachheit halber durchgngig die Berufsbezeichnung Erzieherinnen. Die in Kindergrten arbeitenden Erziehersind selbstverstndlich ebenso gemeint.

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    11/186

    Einleitung12

    Beobachten und Dokumentieren

    Bildungsverstndnis

    Ziele Ich-Kompetenzen Sachkompetenzen Soziale Kompetenzen

    LernmethodischeKompetenzen

    BildungsverstndnisAufgaben der Erzieherin Gestaltung des Alltags Spielanregungen, Spielmaterial Projekte Raum- und Materialangebot

    Die Bildungsbereiche

    Krper, Bewegung und Gesundheit

    Soziales und kulturelles Leben

    Kommunikation: Sprachen, Schriftkultur

    und MedienBildnerisches Gestalten

    Musik

    Mathematische Grunderfahrungen

    Naturwissenschaftliche und technische

    Grunderfahrungen

    BildungsverstndnisBedeutsamkeit fr das Kind Das Kind in seiner Welt Das Kind in der Kindergemeinschaft Welterleben und Welterkunden

    Zusammenarbeit mitden Eltern

    bergang in dieGrundschule

    Demokratische TeilhabeKommunikationPartizipation

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    12/186

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    13/186

    Zum Bildungsverstndnis

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    14/186

    Bildung, Erziehung und Betreuung in Krippen, Kindergrten, Horten sollen dazu beitragen,dass jedes einzelne Kind gleiche Rechte und gute Chancen fr eine lebenswerte Perspektivein dieser Gesellschaft hat, gleich welchem Geschlecht es angehrt, gleich in welcher sozialenund konomischen Situation seine Eltern leben, gleich welcher ethnisch-kulturellen Gruppe

    es selbst und die Mitglieder seiner Familie angehren. Unabhngig von der Herkunft solljedes Kind, die Chance haben, seine Bereitschaft, seine Fhigkeiten und seine individuellenMglichkeiten in die Entwicklung von Gemeinschaft von Gesellschaft einzubringen.Das ist die Grundlage unserer demokratischen Verfassung und eines demokratischenBildungsverstndnisses.

    In Anknpfung an das Humboldtsche Bildungsverstndnis verstehen wir Bildung als dieAneignungsttigkeit, mit der sich der Mensch ein Bild von der Welt macht. Dieses Verstndniskennzeichnet Bildung als einen lebenslangen und von Irritationen und Widersprchlichkeiten

    begleiteten Prozess.

    Sich ein Bild von der Welt zu machen, beinhaltet: sich ein Bild von sich selbst in dieser Welt machen sich ein Bild von anderen in dieser Welt machen das Weltgeschehen erleben und erkunden

    Bildungsprozesse sind stets an sinnstiftende Fragen gebunden: Wer bin ich? Zu wem gehreich? Wer sind die anderen? Was passiert um mich und um uns herum? Was war vor mir undwas kommt nach mir?

    Die Antworten jedes Kindes sind subjektiv, sie sind Deutungen des individuell unterschiedlichenErlebens in der gesamten (kindlichen) Lebenswelt. Pdagogische Arbeit in Bildungsinstitutionenkann Bildung von Kindern nicht erzwingen, sondern wird immer nur begrenzten Einfluss dar-auf haben, wie ein Kind sich sein Bild von seiner Welt macht. 3 Pdagogen werden umsomehr an Einfluss gewinnen, je mehr sie die sinnstiftenden Fragen des Kindes aufnehmen undsich auf seine eigensinnigen und eigenwilligen Deutungen einlassen.

    Die Antworten des Kindes sind zugleich intersubjektiv.4 Sie entwickeln sich im Austausch mit

    anderen, im Austausch und Vergleich mit den Deutungen der anderen. Jedes Kind bentigt,damit es den eigenen Bildungsbewegungen und Erkenntnissen vertrauen kann, Vertrauenvon seinen Bezugspersonen, die nachempfinden wollen, was das Kind bewegt. Das sind zumeinen die Erwachsenen, zu denen es in Beziehung steht oder eine solche aufbaut, also dieEltern und anderen erwachsenen Bezugspersonen im familiren Umfeld und die Erzieherinnenim Kindergarten. Das sind zum anderen die Kinder in seiner Gemeinschaft: die Geschwister,Nachbarskinder und die Kinder im Kindergarten. Jedes Kind bentigt ein sprbares Interessedieser Bezugspersonen an seiner Ttigkeit, seinen Empfindungen und seinen Erkenntnissen.Deshalb ist die Qualitt von Beziehungen so wichtig fr die Qualitt der Bildung.

    Zum Bildungsverstndnis16

    3 In der aktuellen Erziehungswissenschaft und Entwicklungspsychologie werden Bildungsprozesse deshalb alsKonstruktion von Weltbildern bezeichnet.

    4 Sie werden deshalb auch als soziale Ko-Konstruktionen bezeichnet.

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    15/186

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    16/186

    fnfjhrigen Jungen geben, der in nahezu allen seiner Aktivitten die Nhe zu seiner Erzie-herin sucht. Es kann auch umgekehrt sein. Das deutet an, wie wichtig die genaue Beobachtungdes einzelnen Kindes in der Kindergemeinschaft ist. Es kann sein, dass der eben zitierte Jungevon anderen Kindern wenig akzeptiert, vielleicht gehnselt wird. Was heit das fr sein Selbst-

    bild und was heit das fr sein Bild von den anderen? Die beiden Fragen sind nicht zu trennen.

    Im Kindergartenalter sind deshalb die in den Bildungsbereichen beschriebenen Anregungenzu Das Kind in der Kindergemeinschaft vorrangig. Dabei ist wichtig: Die vorangegangeneDimension Das Kind in seiner Welt sollte darin aufgehoben sein und kann und soll imKindergartenalter weiterhin thematisiert werden. Das gilt insbesondere fr Kindergartenkinder,die vorher keine Krippe besucht haben.

    Die Annherung an ein objektives Weltverstndnis vollzieht sich in z.T. merk- und denkwrdi-

    gen Prozessen. Wrden wir allein der traditionellen Entwicklungspsychologie (z.B. nach Piagetoder Wygotski) folgen, dann wrden wir diese Stufe der Bildungsprozesse, die ja mit derBildung von abstrakten Begriffen einhergeht, erst dem (spteren) Grundschulalter zuordnen.Kinder befassen sich jedoch auch im frhen Kindesalter auf verschiedenen Wegen mit derKomplexitt von Welt, was damals nicht als relevant angesehen oder nicht erkannt wurde.5

    Zudem konfrontiert Kindheit heute Kinder mit anderen Erfahrungen als zu Zeiten der Entste-hung der genannten Theorien. Die Wirklichkeit von Kindern hat sich verndert. Das wird oftbeklagt und als Gefhrdung von Kindheit gesehen. Das lsst sich jedoch ebenfalls als Chancesehen.

    Vernderungen in den Familienstrukturen und die damit verbundenen Vernderungen vonKindheitsbedingungen, der immer frhere Zugang von Kindern zu Medien aller Art erffnetKindern ob wir das wollen oder nicht ob sie das wollen oder nicht neue Erfahrungs-horizonte und bringen neue Zumutungen. Der Kindergarten darf sich diesen Erfahrungennicht verschlieen.

    Bildung ist ein aktiver, sozialer und sinnlicher Prozessder Aneignung von Welt

    Bildung ist ein aktiver Prozess

    Ein Kind entdeckt, erforscht und gestaltet seine Welt und die zu ihr gehrenden Dinge sowiedie in ihr wirkenden natrlichen und sozialen Erscheinungen und Zusammenhnge durcheigenwillige Ttigkeit mit allen Sinnen und vom ersten Atemzug an. Ein aktives Kind bildetsich immer, es kann gar nicht anders. Kinder knnen nicht gebildet werden sie machen sichselbst ihr Bild von ihrer Welt und sie tun dies aus eigenem Antrieb. Kinder wollen lernen undsie wollen in dieser Welt etwas Bedeutsames leisten.

    Zum Bildungsverstndnis18

    5 Vgl. hierzu: Laewen/Andres (Hrsg.): Bildung und Erziehung in frher Kindheit, Weinheim, Berlin, Basel 2002 //dies.: Forscher, Knstler, Konstrukteure, Neuwied, Kriftel, Berlin 2002

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    17/186

    Bildung ist soziale Praxis

    Kinder beziehen sich in ihrer Ttigkeit immer auf andere Personen, auf einen Interaktions-partner. Ihre Bewegungen, ihre uerungen erzeugen und bentigen eine Resonanz von den

    mit ihnen lebenden Personen. Nehmen die Antworten des Interaktionspartners die Bewegungenund uerungen des Kindes auf und an, ermutigen sie das Kind zu weiteren und differen-zierteren Ttigkeiten. Wehren sie die uerungen des Kindes ab, blockieren sie das Kind inseinen Bildungsbewegungen. Die Folge kann sein, dass das Kind stehen oder sitzen bleibt.

    Bildung ist sinnliche Erkenntnisttigkeit

    Die Hirnforschung belegt die pdagogische Erfahrung, dass Kinder dann erfolgreich lernen,

    wenn sie mglichst vielfltige Sinneswahrnehmungen fr die Aufnahme und Verarbeitungvon komplexen Eindrcken einsetzen knnen. In den ersten vier bis sechs Lebensjahren diffe-renzieren sich die sensorischen, visuellen und akustischen Wahrnehmungen besonders nach-haltig. ber Bewegung, Tasten und Fhlen, Riechen und Schmecken, Sehen und Hrengewonnene Eindrcke und Erkundungen fhren zu bleibenden Verknpfungen (Synapsen)zwischen Nervenzellen im Gehirn. Diese bilden die so genannten kognitiven Landkarten, indie sptere Erfahrungen eingeordnet werden. Einem Kind als Interaktionspartner z.B. fastausschlielich sprachlich vermittelte Impulse und Erklrungen anzubieten oder ihm fast aus-schlielich mimische Rckmeldung zu geben, beeintrchtigt seine Mglichkeit, seine indivi-duellen kognitiven Landkarten mit viel Platz fr sptere Eintragungen auszubilden.6

    Bildung ist lebenslanges Lernen

    Kinder lernen nur das, was sie wollen, nicht das was sie sollen, damit drckt der Neuro-physiologe Wolf Singer aus, wie wichtig es ist, dass ein Mdchen, ein Junge aus sich herausetwas wissen, knnen und erfahren will. Jeder, der mit einem Kind zusammenlebt, kann dieErfahrung machen, wie glcklich und stolz es ist, wenn es aus eigener Kraft etwas herausge-funden hat, etwas kann, das fr es selbst von hoher Bedeutung ist. Und jeder kann mitemp-

    finden, wie sehr dieses Gefhl antreibt und die Anstrengung herausfordert, mehr erfahren,wissen und knnen zu wollen. Kinder zu ermutigen, durch eigene Anstrengung etwas heraus-zufinden, frdert ihre Fhigkeit und ihre Bereitschaft zu lebenslangem Lernen. Ihnen durchfalsch verstandene Frsorglichkeit bei allem zu helfen, ihnen alles zu erklren und jede Hrdeaus dem Weg zu rumen, stoppt ihren Lernwillen und ihre Lernfhigkeit.

    Zum Bildungsverstndnis 19

    6 Die Hirnforschung kritisiert in diesem Zusammenhang ausdrcklich die berbetonung von Unterrichtsangeboten,die auf abstrahierende und sprach-logische Begriffsbildung abzielen

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    18/186

    Bildung ist ein kultureller Prozess: Gleichheit und Unterschiede

    Gleichheit und geschlechtlich-kulturelle Unterschiede

    Kinder wachsen als Mdchen oder Junge auf. Sie alle sind Kinder und sie unterscheiden sichin ihrer Geschlechtszugehrigkeit. Was ein Mdchen ist, was ein Junge ist, wird biologischund sozial-kulturell unterschieden. Wie ein Mdchen zur Frau wird und wie ein Junge zueinem Mann wird, ist in hohem Mae bestimmt von den Vorstellungen und Erwartungen,die eine Gesellschaft ber die gesellschaftliche Arbeitsteilung von Frauen und Mnnern hat.Die erwachsenen weiblichen und mnnlichen Vorbilder, mit denen ein Kind in Familie,Kindergarten, Schule und Nachbarschaft lebt, haben unmittelbaren Einfluss darauf, wie einMdchen oder ein Junge sein Geschlecht konstruiert. Hoch wirksam sind daneben die Bildervon Mnnern und Frauen, die ber Medien7 transportiert werden. Das sich entwickelnde

    Selbstkonzept als weibliches oder mnnliches Mitglied dieser Gesellschaft beeinflusst, was einMdchen, ein Junge von dieser Welt wissen will, was sie oder er knnen will und was sieoder er meint, mit diesem Wissen und diesen Fhigkeiten in dieser Welt bewirken zu knnen.

    Gleichheit und sozial-kulturelle Unterschiede

    Kinder gehren zu einer Familie8, die gemessen an einem gesellschaftlichen Durchschnitt eineeher schlechte, eine dem Durchschnitt entsprechende oder eine eher gute soziale und kono-mische Absicherung hat. Kinder bringen als Neugeborene alle eine ungefhr gleiche genetische(in ihrem Krper angelegte) Ausstattung mit9. Sie verfgen am Lebensbeginn alle ber in etwagleiche Bildungsmglichkeiten10. Sie alle sind Kinder mit prinzipiell unendlichen Bildungsmg-lichkeiten und sie knnen, je nachdem welche Anregungen sie in ihrer Familie und ihremunmittelbaren Umfeld erfahren, sehr unterschiedliche Ausschnitte dieser Mglichkeiten imAufwachsen in ihrer Familie ausschpfen.

    Gleichheit und ethnisch-kulturelle Unterschiede

    Kinder leben mit einem Vater und einer Mutter, vielleicht auch nur mit der Mutter, nur mitdem Vater oder auch in enger Beziehung mit anderen erwachsenen Frauen und Mnnern,die in derselben Gegend aufgewachsen sind, aus einer hnlichen oder ganz anderen Umge-bung kommen, die selbst hnliche oder ganz andere Kindheitserfahrungen gemacht haben.Sie gehren zu einer Mutter und/oder einem Vater, der bzw. die die gleiche Sprache spricht

    Zum Bildungsverstndnis20

    7 Medien sind Mittler aller Art: Bcher, Erzhlungen, Bilder in Bchern, auf Werbeplakaten; Filme, Spielzeug ...8 Als Familie gilt heute jede Lebensform, in der mindestens ein erwachsener Mensch mit mindestens einem Kind

    zusammenlebt.

    9 Von der genetischen Ausstattung her unterscheidet sich ein Kind, das heute geboren wird nur unwesentlich voneinem Kind, das zur Zeit der Neandertaler geboren wurde. (vgl. Singer, W.: Was kann ein Mensch wann ein ler-nen, In: N. Killius, J. Kluge und L. Reisch (Hrsg.): Die Zukunft der Bildung. Frankfurt 2002, S. 78-99)

    10 Die Plastizitt des Gehirns erlaubt, dass Funktionen mancher Hirnbereiche, die auf Grund eines genetischen oderanderen Ausfalls reduziert oder ausgeschaltet wurden, ersetzt werden.

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    19/186

    wie andere Menschen in der Umgebung oder sie haben Eltern, die berwiegend eine andereals die Umgebungssprache sprechen. Manche Mdchen und Jungen wachsen in Familienauf, in denen beides gilt.

    Gleichheit und individuelle Unterschiede

    Alle Kinder sind gleich jedes Kind ist anders. Auch die Kinder, die derselben geschlechtlichen,sozialen oder ethnisch-kulturellen Gruppe angehren, unterscheiden sich voneinander. DieZugehrigkeit zu einer Bezugsgruppe zu beachten, ist wichtig, um damit zusammenhngendespezifische Voraussetzungen zu erkennen und zu beachten. Daneben hat jedes Kind einRecht darauf, in seiner Einzigartigkeit wahrgenommen und geachtet zu werden. IndividuelleVorlieben und Abneigungen, besondere Begabungen und Beeintrchtigungen prgen die

    Bildungswege der Kinder.

    Bildung in der Demokratie zielt auf Integration und wendet sich aktiv gegen Ausschlieung.Kein Kind darf auf Grund seiner sozial-kulturellen Herkunft, seiner Religionszugehrigkeit,seines Aussehens oder seiner individuellen krperlichen und geistigen Voraussetzungen vondem Leben in der Gemeinschaft ausgegrenzt werden.

    Geschlechtliche, soziale und ethnisch-kulturelle Unterschiede sind das ist zuletzt durch diePISA-Studie belegt die Hauptursachen von Leistungsunterschieden beim Abschluss der all-gemein bildenden Schulen in der Bundesrepublik. Unser Bildungssystem erlaubt in seinergegenwrtigen Qualitt nicht, dass alle Mdchen und Jungen ihre Leistungsmglichkeitenentwickeln knnen. Ob schon Krippen und Kindergrten daran Anteil haben, ist nicht erforscht.Die inzwischen vorliegenden Ergebnisse der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung(IGLU) belegen, dass in der Grundschule die Leistungen insgesamt deutlich besser sind als inden Oberschulen. Ergebnisse aus der Internationalen Kindergarten-Vergleichsstudie StartingStrong stehen fr Deutschland noch aus.

    Gleichwohl verweisen die Ergebnisse der Schulforschung auf die Verantwortung, dass alleKinder, gleich welchen Geschlechts und gleich welcher Herkunft, in allen ffentlichen Bildungs-

    und Erziehungsinstitutionen von Beginn an von ihnen profitieren knnen.

    Zum Bildungsverstndnis 21

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    20/186

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    21/186

    Ziele: Kompetenzen im Bildungsverlauf

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    22/186

    Die Aussage, dass Bildungsprozesse subjektiv und eigensinnig sind, schliet die Formulierungvon Zielen nicht aus. Pdagogik hat die Aufgabe zu analysieren, welche Kompetenzen Kinderbentigen, um in ihrer Lebenswelt jetzt und zuknftig bestehen und die Gesellschaft aktivgestalten zu knnen. Nach der Analyse folgen Bewertung und Entscheidung: Welche Ziele

    sind besonders wnschenswert, welche Kompetenzen sollten vorrangig angestrebt werden inder pdagogischen Arbeit?

    Wir teilen die Analyse des Bundesjugendkuratorium11 und stellen sie den Zielen alsBegrndungsrahmen voran:... dass die Gesellschaft der Zukunft eine Wissensgesellschaft sein wird, in der Intelligenz, Neugier, lernen wollen und knnen,

    Problemlsen und Kreativitt eine wichtige Rolle spielen; eine Risikogesellschaft sein wird, in der Biografie flexibel gehalten und trotzdem Identitt

    gewahrt werden muss, in der der Umgang mit Ungewissheit ertragen werden muss undin der Menschen ohne kollektive Selbstorganisation und individuelle Verantwortlichkeitscheitern knnen;

    eine Arbeitsgesellschaft bleiben wird, der die Arbeit nicht ausgegangen ist, in der aberimmer hhere Anforderungen an die Menschen gestellt werden, dabei zu sein;

    eine demokratische Gesellschaft bleiben muss, in der die Menschen an politischen Diskus-sionen teilnehmen und frei ihre Meinung vertreten knnen, ffentliche Belange zu ihrenAngelegenheiten machen, der Versuchung von Fundamentalismen und Extremen wider-stehen und bei allen Meinungsverschiedenheiten Mehrheitsentscheidungen respektieren;

    als Zivilgesellschaft gestrkt werden soll, mit vielfltigen Formen der Partizipation, Solida-ritt, sozialen Netzen und Kooperation der Brger, gleich welchen Geschlechts, welcherHerkunft, welchen Berufs und welchen Alters.

    Fr die Pdagogik in Krippen und Kindergrten mssen die hier benannten allgemeinenAussagen unter Beachtung entwicklungspsychologischer Erkenntnisse fr diese Altersstufenbersetzt und als bei den Kindern zu frdernde Kompetenzen konkretisiert werden. Die Kom-petenzen sollen das Kind in die Lage versetzen, in verschiedenen Situationen seines Lebensselbststndig und verantwortungsbewusst zu handeln. Diese Kompetenzen bezeichnen imSinne von Richtzielen die Zielrichtung bei der Frderung und Untersttzung der Kinder.12

    Sie sind im Folgenden entsprechend der in Kindergarten- und Grundschulpdagogik gngigenUnterteilung gegliedert in Ich-Kompetenz, Sozial-Kompetenz, Sach-Kompetenz und ergnztum Lern-Kompetenz. Denn in der heutigen Gesellschaft werden Bildungsprozesse berein-stimmend als lebenslanges Lernen gekennzeichnet. Es ist zu beachten, dass sich im Kinder-gartenalter ein Bewusstsein des Kindes ber seine eigenen Lernprozesse erst allmhlich undnur in Grundzgen anbahnt.

    Die Bildungsziele sind formuliert als vier Basiskompetenzen, die Kinder whrend ihrer Zeit imKindergarten erwerben. Dabei bedeutet Kompetenz mehr als Wissen, Fhigkeiten und

    Ziele: Kompetenzen im Bildungsverlauf24

    11 Bundesjugendkuratorium: Streitschrift Zukunftsfhigkeit, Berlin 2001, S. 17-1812 Vgl. Ministerium fr Bildung, Kultur und Wissenschaft Saarland (Hrsg.): Rahmenrichtlinien fr die vorschulische

    Erziehung im Saarland, Saarbrcken, April 2003, S. 45 und 46

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    23/186

    Fertigkeiten. Es wird hier ein erweiterter Kompetenzbegriff zu Grunde gelegt, der auch Gefhle,Wille und Tatkraft umfasst.

    In diesem Kapitel werden die Ziele zuerst entlang der Kompetenzbereiche allgemein formu-

    liert. Sie werden spter den einzelnen Bildungsbereichen zugeordnet bzw. przisiert. Sie sindstets formuliert mit Blick auf das, was Kinder im Verlauf mehrjhriger Bildungsprozesse anErfahrungen gemacht und sich an Fhigkeiten und Erkenntnissen angeeignet haben sollten.In dem insgesamt breiten Spektrum der Ziele wird es individuelle Unterschiede bei den ein-zelnen Kindern geben. Individuelle Strken und Schwchen werden sowohl innerhalb einesKompetenzbereiches wie auch zwischen diesen sichtbar werden. Anzustreben ist, dass das Kindam Ende seiner Kindergartenzeit Anstze eines Bewusstseins ber seine eigenen Mglichkeitenund Begrenzungen zeigt. Zu den Zielen gehrt auch, dass das Kind den Willen und dasZutrauen behlt, vorhandene Strken auszubauen und bei Schwchen Fortschritte zu erzielen.

    Die Beobachtung und Dokumentation des Bildungsverlaufs jedes Kindes sollte sich an denaufgefhrten Zielen orientieren, damit eventuelle besondere Begabungen oderBeeintrchtigungen frhzeitig erkannt und entsprechende Untersttzungsangebote geplantwerden knnen.

    Ich-Kompetenzen

    Sich seiner Bedrfnisse, Interessen und Ansprche bewusst werden Sich seiner Gefhle (Freude, Glck, Trauer, Wut, Angst) bewusst werden und diese ange-

    messen ausdrcken Vertrauen in die eigenen Krfte und das Bewusstsein entwickeln, selbst etwas bewirken

    zu knnen Sich trauen, fr die eigenen Rechte einzustehen und sich gegen Ungerechtigkeit zu wehren Die eigene Biografie, Familiengeschichte, Familientradition wahrnehmen, sich zugehrig

    fhlen und erkennen, dass die eigene Identitt kulturell geprgt ist Mit Brchen, Risiken, Widersprchen leben; bergnge und Grenzsituationen bewltigen Sich mitteilen, etwas sprachlich ausdrcken, sich mit anderen verstndigen

    Neugierig und offen sein fr neue Erfahrungen, Wissen und Informationen Sich seine Meinung ber die Dinge und Erscheinungen bilden und andere akzeptieren Ideen entwickeln, Initiative ergreifen, andere begeistern, sich durchsetzen An einer selbst gestellten Aufgabe dranbleiben, bei Misserfolg nicht gleich aufgeben Eigenen Zeitbedarf einschtzen und sich die Zeit einteilen Schnes in der Umgebung wahrnehmen, Natur, Kunst und Kultur erleben,

    Medienerlebnisse genieen und sich daran erfreuen Kontakte herstellen und erhalten; kooperieren Hilfe anbieten und Hilfe annehmen

    Seinen Krper achten, pflegen und gesund erhalten; Freude an Bewegung entwickeln Selbstgefhl entwickeln; Wissen, was einem gut tut, auf seine innere Stimme hren,ngste akzeptieren und berwinden

    Ziele: Kompetenzen im Bildungsverlauf 25

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    24/186

    Sozial-Kompetenzen

    Erwartungen, Bedrfnisse und Gefhle anderer wahrnehmen; achtungsvoll miteinanderumgehen

    Anderen zuhren, sich einfhlen knnen, sich in die Perspektive des anderen versetzenund darauf eingehen

    Die Verschiedenheit in den Interessen zwischen Kindern untereinander sowie zwischenKindern und Erwachsenen wahrnehmen und anerkennen

    Sich ber unterschiedliche Erwartungen verstndigen; Konflikte aushandeln undKompromisse schlieen

    Kritik uern und annehmen Erkennen, dass die eigenen Grundrechte nur gelten, weil andere dieselben Rechte haben Entscheidungsstrukturen erkennen und mitbestimmen

    Medien als Kommunikationsmittel ber Regionen und Grenzen hinweg begreifen und zurKontaktaufnahme mit anderen Menschen nutzen

    Fr verschiedene Kulturen aufgeschlossen sein; die kulturellen und religisen Verschieden-heiten im Leben von Menschen wahrnehmen, anerkennen und achten

    Gegenber Diskriminierungen aufmerksam und unduldsam sein Regeln und Normen des Zusammenlebens vereinbaren Die Folgen eigenen Verhaltens erkennen Verantwortung fr sich und andere, vor allem auch gegenber Schwcheren, bernehmen Erkennen, im gemeinsamen Tun etwas bewirken zu knnen Anerkennen und achten, dass andere anders bzw. unterschiedlich sind: Jungen und

    Mdchen, Alte und Junge, Menschen mit und ohne Behinderungen Mit Werbung, Konsumdruck durch Medien und Konkurrenz unter Kindern umgehen Fairness entwickeln

    Sach-Kompetenzen

    Dinge und Erscheinungen differenziert wahrnehmen und dabei alle Sinne einsetzen Verallgemeinerungen, Begriffe bilden und diese in unterschiedlichen Lebenszusammen-

    hngen anwenden Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkennen Freude am Suchen und Ausprobieren von Lsungswegen, am Experimentieren, am

    Forschen und Knobeln, am berwinden von Schwierigkeiten empfinden Zielstrebigkeit, Wissbegier, Beharrlichkeit, Ausdauer und Geschicklichkeit entwickeln Sprachliche uerungen genau wahrnehmen, den Inhalt verstehen und die Gedanken

    sinnvoll, sprachlich treffend und grammatikalisch richtig wiedergeben; etwas auch ohneWorte zum Ausdruck bringen

    Wahrnehmen, dass es unterschiedliche Sprachen gibt; sich in Hochdeutsch und in der

    Familiensprache verstndigen knnen Die Vielfalt sprachlicher Ausdrucksmglichkeiten erkennen und sich an der Schnheit von

    Sprache erfreuen; Interesse an Bchern und am Lesen entwickeln Den Inhalt von Erzhlungen, Mrchen und Gedichten erschlieen

    Ziele: Kompetenzen im Bildungsverlauf26

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    25/186

    Kreativitt und Phantasie entwickeln; Vorstellungen, Wnsche, Gefhle und Urteile mitknstlerischen Ttigkeiten ausdrcken

    Fertigkeiten in der Handhabung von Materialien, Arbeitstechniken, Gegenstnden,Werkzeugen und technischen Gerten entwickeln

    Interesse am Umgang mit elektronischen Medien (z.B. Computer, Internet, Video,Fernsehen, Hrmedien) entwickeln und sich Fertigkeiten im Umgang damit aneignen

    Den Unterschied zwischen eigenem Erleben und Medienproduktionen erkennen Einsichten in kologische Zusammenhnge gewinnen Wissen, warum und wie Menschen die Natur nutzen, gestalten und erhalten; sich fr die

    Natur verantwortlich fhlen Krperliche Beweglichkeit, Bewegungsfertigkeiten und Koordinationsvermgen sowie

    Interesse an sportlicher Ttigkeit ausbilden

    Lern-Kompetenzen

    Bereit sein, von anderen zu lernen Erkennen, dass Bildung die eigenen Handlungs- und Entscheidungsmglichkeiten erweitert Eigene Strken ausbauen und bei Schwchen Fortschritte erzielen wollen Ursachen fr gute Lernergebnisse bzw. nicht Gelungenes erkennen; Fehlerquellen ausfin-

    dig machen Erkennen, dass Anstrengung zum Erfolg fhren kann Geduld zur Wiederholung und bung aufbringen Erfahrungen und Vorstellungen ordnen und systematisieren; Beziehungen und

    Zusammenhnge zwischen den Dingen und Erscheinungen erkennen und herstellen Erfahrungen und Erkenntnisse aus einem Handlungsbereich in einen anderen bertragen Im Austausch unterschiedlicher Erkenntnisse und Meinungen zu neuen Lsungen kommen Erkennen, dass es verschiedene Lsungswege gibt Ein Grundverstndnis dafr entwickeln, dass die eigenen Wahrnehmungen und Ansichten

    nicht immer richtig sein mssen, dass es sich lohnt, mit anderen darber zu streiten Kooperieren und arbeitsteilig an einer gemeinsamen Sache arbeiten Sich selbst, auch mit Hilfe elektronischer Medien, Wissen und Informationen beschaffen

    und ggf. Hilfe von Experten holen Vielfltige Mglichkeiten (Experten, Bibliotheken, elektronische Medien usw.) kennen,

    sich gezielt Wissen und Informationen anzueignen Zeitverstndnis fr die Lsung von Aufgaben entwickeln Lust am Lernen empfinden

    Ziele: Kompetenzen im Bildungsverlauf 27

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    26/186

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    27/186

    Aufgaben der Erzieherinnen

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    28/186

    Kindertagessttten sind Orte fr Kinder, an denen sie Geborgenheit finden, vielseitige Be-ziehungen zu anderen Kindern eingehen knnen und Anregungen zur Auseinandersetzungmit ihrer Umwelt erhalten. Es sind Orte, an denen Jungen und Mdchen ihrem Forscher-drang nachkommen knnen, wo sie Verantwortung bernehmen und vielseitig ttig sein

    knnen.

    Damit das Kind die Bildungsmglichkeiten der Kindertagessttte nutzen kann, braucht es imKrippenalter eine sichere Bindung, im Kindergartenalter eine verlssliche Beziehung zurErzieherin sowie die emotionale Verbindung zu anderen Kindern der Gruppe. Die Grundlagedafr wird in der Eingewhnungszeit in Abstimmung mit den Eltern geschaffen. Positiv ver-laufende Bildungsprozesse setzen voraus, dass die Erzieherin jedes Kind anerkennt und ihmmit Wertschtzung begegnet.

    Das Leben in der Kindertageseinrichtung wird es inhaltsreich und anregend gestaltet bietetden Kindern vielfltige Gelegenheiten, sich die Welt zu erschlieen sowie sich das fr ihreEntwicklung notwendige Wissen und Knnen anzueignen. Kinder mssen dazu in den Kinder-tagessttten Gelegenheit erhalten, mit technischen Medien und Informationen umzugehenund diese gemeinsam mit anderen gezielt fr die Erweiterung ihrer Erfahrungen ber dasLeben in dieser Welt auszuwhlen und zu nutzen.

    Das Zusammensein lterer und jngerer Kinder, die alltglichen Situationen im Tagesablauf,die verschiedenen Spiele, die gemeinsam geplanten Projekte und nicht zuletzt die anregendeGestaltung der Rume ermglichen reichhaltige Lernerfahrungen. Gerade im Zusammenfallenvon lebenspraktischen Ttigkeiten und Lernerfahrungen liegen die Vorzge der Bildung undErziehung in Kindertageseinrichtungen. Sie mssen bewusst zum Tragen gebracht werden.Die Logik des Lebens, die Erlebnisse und Erfahrungen der Kinder bestimmen die Systematikder Anregungen fr die Untersttzung der Bildungsprozesse im Kindergarten. Erzieherinnenmssen sich ausgehend von der konkreten Analyse der Situation in der Kindergemeinschaftfragen: Welche spezifischen Mglichkeiten bieten die verschiedenen Erlebnisse und Ttigkeitenim Tagesablauf fr die Frderung der Ich-, der Sozial-, der Sach- und Lernmethodischen Kom-petenzen der jngeren und lteren Kinder und wie sollen sie zur Wirkung gebracht werden?Das stellt hohe Anforderungen an die Planung der pdagogischen Arbeit, denn es gilt an

    bedeutsamen Situationen im Erleben der Kinder, an ihren Erfahrungen und Fragen anzuknpfen,den Kindern gengend Freiraum zu geben und zugleich systematisch an der Umsetzung derBildungsziele und Bildungsinhalte zu arbeiten. Dazu bedarf es einer offenen und flexiblenPlanung. Strukturierungspunkte sind vorrangig die Erlebnisse und Erfahrungen der Kinder,also die Sinnzusammenhnge, die sich ihnen stellen. Kinder lernen durch konkrete Erfahrungenund in berschaubaren Handlungszusammenhngen. Krpererfahrungen, die soziale undkulturelle Umwelt, Sprache und Sprechen, bildnerisches Gestalten und musikalische Ttigkei-ten, naturwissenschaftliche und mathematische Grunderfahrungen, bieten unterschiedlicheZugnge zur Weltaneignung. Als beispielhafte Anregungen bieten sie die inhaltliche Substanz

    der Bildungsprozesse in Kindertagessttten.

    Von entscheidender Bedeutung fr die Qualitt der Anregungen sind die Kenntnisse jederErzieherin ber die Situation in der Kindergemeinschaft. Sie schtzt ein, welche Inhalte und

    Aufgaben der Erzieherinnen30

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    29/186

    welche Lernerfahrungen fr die Kinder jeweils wichtig sind, damit sie Selbstvertrauen auf-bauen und ihre Handlungsfhigkeit erweitern knnen.

    Bei der Planung und Gestaltung des Tagesablaufs im Kindergarten sind nicht zuletzt die physi-

    schen Besonderheiten der Kinder in diesen frhen Lebensjahren zu beachten. Ihre leichte Erreg-barkeit und die Empfindsamkeit ihrer Sinnesorgane sowie die rasche Ermdbarkeit verpflich-ten, whrend des Tages fr einen sinnvollen Wechsel von Anspannung und Erholung zu sor-gen, einseitige Belastungen, beranstrengung und Lrm zu vermeiden und vor allem demgroen Bewegungsdrang der Kinder Rechnung zu tragen. Zu bercksichtigen sind die indivi-duellen Unterschiede der Kinder und besonders die Bedrfnisse von Kindern mit zeitweisenoder dauerhaften Beeintrchtigungen. Erzieherinnen nutzen diese Heterogenitt innerhalbeiner Kindergemeinschaft als Entwicklungschance fr alle Kinder. Die vielfltigen Bedrfnisseund Bedingungen aller Kinder werden als Ausgangslage fr jegliches pdagogisches Handeln

    gesehen.

    Gestaltung des alltglichen Lebens

    In Kindergrten leben, lernen und spielen Kinder aus verschiedenen familiren Verhltnissen,verschiedener kultureller Herkunft, unterschiedlichen Alters und Entwicklungsstandes zusam-men. Das Leben im Kindergarten bildet ein eigenstndiges soziales Beziehungsgefge. Hierknnen sich die Kinder gleichberechtigt ihre Erfahrungen mitteilen, gemeinsame Vorhabenplanen und auch Kompromisse aushandeln, die ein gemeinsames Ttigsein ermglichen.Gerade ber das tagtgliche Erleben bilden und festigen sich bei den Kindern moralischeVorstellungen und Verhaltensgewohnheiten. Das Leben im Kindergarten ist ein bungsfeldsozialen Verhaltens. In den Alltagssituationen wie: Ankommen, Verabschieden, mit anderenKindern gemeinsam etwas tun, im Garten spielen, Gegenstnde reparieren, einkaufen, Frh-stck vorbereiten, Pflanzen und Tiere versorgen u.a.m. begegnen Kinder verschiedenen so-zialen Anforderungen und setzen sich mit Ansprchen an ihre Fhigkeiten und Fertigkeitenauseinander. Das heit, die alltglichen Situationen im Kindergarten sind voller Lernanregun-gen. Es ist deshalb von Bedeutung, wie sie gestaltet werden. Gnstige Bedingungen sinddann gegeben, wenn jedes Kind Aufmerksamkeit und Zuwendung erfhrt, wenn die Kinder

    aktiv und ideenreich mitbestimmen und gestalten knnen, wenn ihre Erfahrungen ernstgenommen und ihre Krfte herausgefordert werden.

    Alle Kinder bringen selbstverstndlich unterschiedliche Erfahrungen, Kenntnisse und Erlebnissein das gemeinsame Leben ein. Die Kindergemeinschaft ist ein Sammelbecken von Neugier,Erfahrungen und Fhigkeiten mit vielfltigen Anreizen fr interessante Ttigkeiten, weil undwenn jedes Kind Eigenes einbringen kann. Kinder entwickeln eine konstruktive Kraft zu eigen-stndigen Erklrungs- und Deutungsmustern. Allerdings ist die Entfaltung dieses erstaunlichenPotentials davon abhngig, welche Bedingungen des Aufwachsens ihnen die Erwachsenen

    anbieten. Kinder brauchen ein Gegenber, das ihre Gedanken und Aktivitten wahrnimmt,sich fr ihre Ideen interessiert und sie ernst nimmt, sie in ihrem Tun bekrftigt und anregt.Erzieherinnen sollten der Neugier der Kinder nachgehen, ihren Forscherdrang untersttzenund ihnen helfen, tiefer in die Dinge und Erscheinungen einzudringen. Je mehr Eigeninitiative

    Aufgaben der Erzieherinnen 31

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    30/186

    und Selbstbestimmung zugelassen werden, je mehr Erfahrungen und Kompetenzen knnensich die Kinder aneignen.

    Kinder entwickeln ihre Fhigkeiten und Fertigkeiten in einem anregungsreichen Umfeld, in dem

    es viel zu sehen und auszuprobieren gibt und in dem sie vieles voneinander lernen knnen.Durch eigenes und gemeinsames kreatives Ttigsein, durch Forschen, Erkunden und Nachfragenwird die Welt durchschaubar. Ein anregungsreiches Umfeld beinhaltet auch den gemeinsamenUmgang mit elektronischen Medien: Das ist fr jene Kinder von besonderer Bedeutung, diezu Hause keinen Zugang zu solcher Technik haben.

    Ein Grundanliegen der Gestaltung des Alltags im Kindergarten ist das krperliche Wohlbe-finden der kleinen und groen Kinder. Der Erhaltung und Stabilisierung ihrer Gesundheitmuss Aufmerksamkeit gewidmet werden. Das beinhaltet sowohl die Untersttzung und

    Frderung gesunder Essgewohnheiten, als auch die Anregung zu krperlicher Bewegung unddie Frderung hygienischer Kompetenzen.

    Qualittskriterien fr die Gestaltung des Alltags im Kindergarten

    Erzieherinnen sorgen fr einen Tagesablauf, der den unterschiedlichen krperlichen undsozialen Entwicklungsbedrfnissen der Kinder entspricht.

    Sie gehen auf die besonderen Bedrfnisse der Altersgruppen ein und schaffen entspre-chende Bedingungen und Erfahrungsrume.

    Sie geben den Kindern als vertraute und verlssliche Bezugspersonen emotionale Zuwen-dung, Schutz und Geborgenheit.

    Sie sind aufmerksam fr die Anliegen und Wnsche, Bedrfnisse und Gefhle der Kinderund nehmen sie ernst.

    Sie beachten bei Aktivitten die Gemeinsamkeiten und Besonderheiten von Kindernunterschiedlicher kultureller Herkunft

    Sie achten darauf, dass die verschiedenen Sprachen und Dialekte der Kinder im Alltag zurGeltung kommen.

    Sie achten bei der Auswahl von Materialien und Bchern darauf, dass Angehrige aus

    verschiedenen Kulturen auf vielfltige Art prsent sind. Sie sind sich ihrer Vorbildwirkung bewusst und entwickeln im Kindergarten ein Klima, das

    von gegenseitigem Respekt und Wertschtzung geprgt ist. Sie entwickeln Rituale und Strukturen, die das Zusammengehrigkeitsgefhl der Kinder

    strken und ihnen Orientierung und Sicherheit im Tagesablauf bieten. Sie beteiligen Kinder an der Planung und Gestaltung des Zusammenlebens und schaffen einen

    Rahmen, in dem Kinder ihre Wnsche uern sowie ihre Einflle und Ideen einbringen knnen. Sie untersttzen Kinder darin, sich ber unterschiedliche Erwartungen zu verstndigen

    und Kompromisse auszuhandeln.

    Sie regen Kinder an, sich gegenseitig zu helfen, etwas zu zeigen, etwas vorzumachenoder nachzuahmen, Hilfe zu suchen und anzunehmen. Sie beobachten die Kinder und versuchen herauszufinden, welche Fragen und Probleme

    sie beschftigen.

    Aufgaben der Erzieherinnen32

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    31/186

    Sie ermutigen Kinder, Fragen zu stellen und untersttzen sie in der Suche nach Antworten. Sie halten die kindliche Neugierde und die Lust am Lernen wach und zeigen Kindern,

    dass auch Erwachsene lernen. Sie untersttzen Kinder darin, ihre eigenen Lern- und Lsungswege zu finden, an einer

    Sache beharrlich weiter zu arbeiten und eigene Fragen weiter zu verfolgen. Sie bieten Raum fr selbststndiges Erkunden, Experimentieren und Gestalten, um den

    Erwerb von Kenntnissen, Fhigkeiten und Fertigkeiten zu untersttzen. Sie tragen Themen an die Kinder heran, die fr ihr Aufwachsen in dieser Gesellschaft

    wichtig sind. Sie geben Kindern die Zeit, die sie brauchen, um lernen zu knnen und achten darauf,

    individuelle Lernprozesse nicht zu unterbrechen. Sie ermutigen Kinder, Fehler als Lernchance zu sehen und Misserfolge als wertvolle

    Erfahrung, an der man sich weiter entwickeln kann.

    Sie regen Kinder an, Alltagssituationen in der Kindertageseinrichtung selbst zu gestalten,fr und in der Gemeinschaft ttig zu sein und Verantwortung zu bernehmen. Sie unter-sttzen Kinder, sich dazu notwendiges Wissen, Fhigkeiten und Fertigkeiten anzueignen.

    Sie stellen vielfltige Materialien und technische Medien bereit. Sie ermglichen den selbst-stndigen Zugang und erschlieen gemeinsam mit den Kindern Nutzungsmglichkeiten.

    Sie erkunden gemeinsam mit Kindern, welche Lernmglichkeiten das Gemeinwesen erffnet. Sie schaffen Bedingungen fr den Wechsel von Anspannung und Erholung, von Ruhe

    und Bewegung und frdern gesunde Essgewohnheiten. Sie untersttzen den Spa und die Freude an krperlicher Bewegung und frdern die

    Herausbildung krperlicher Fhigkeiten und Bewegungsfertigkeiten. Sie schaffen durch einzelne herausgehobene Aktionen die Voraussetzung fr besondere

    Gemeinschaftserlebnisse.

    Spiel

    Das Spiel der Kinder ist eine selbstbestimmte Ttigkeit, in der sie ihre Lebenswirklichkeit kon-struieren und rekonstruieren. Sie behandeln die Wirklichkeit ihren Vorstellungen entsprechend;sie handeln und verhalten sich, als ob das Spiel die Wirklichkeit sei. Kinder konstruieren spie-

    lend soziale Beziehungen und schaffen sich die passenden Bedingungen. Kinder verbindenimmer einen Sinn mit dem Spiel und seinen Inhalten. Sie gebrauchen ihre Fantasie, um dieWelt im Spiel ihren eigenen Vorstellungen entsprechend umzugestalten. Fr die Spielendenist allein die Handlung, in der sie ihre Spielabsichten und Ziele verwirklichen, wesentlich undnicht ihr Ergebnis. Gerade darin liegen die bildenden Elemente des Spiels.

    Das Spiel ist in besonders ausgeprgter Weise ein selbstbestimmtes Lernen mit allen Sinnen,mit starker emotionaler Beteiligung, mit geistigem und krperlichem Krafteinsatz. Es ist einganzheitliches Lernen, weil es die ganze Persnlichkeit fordert und frdert. Im Spiel lernen

    die Kinder freiwillig und mit Spa, ber Versuch und Irrtum, aber ohne Versagensngste.

    Im Spiel stellen sie sich ihre Fragen selbst und erfinden dazu die Antworten. Das entsprichtzugleich dem Prinzip der Frderung von Bildung und Weltverstndnis.

    Aufgaben der Erzieherinnen 33

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    32/186

    Das Spiel ist die Mglichkeit fr Kinder, sich mit anderen Personen auseinander zu setzen,ihnen nher zu kommen, ihre Eigenheiten, Strken und Schwchen zu entdecken und zurespektieren und damit zugleich sich selbst vertrauter zu werden. Sie gewinnenSelbstvertrauen.

    Qualittskriterien fr die Anregung und Erweiterung der kindlichenSpielttigkeit

    Erzieherinnen gestalten mit den Kindern eine anregende Umgebung mit Anreizen undFreirumen zu vielfltigem Spiel.

    Sie stellen vielseitig verwendbares Spielzeug, Gegenstnde des tglichen Lebens, ver-schiedene technische Medien und Naturmaterialien zur Verfgung.

    Sie ermglichen Kindern elementare Erfahrungen mit Feuer, Wasser, Erde und Luft. Sie untersttzen die Kinder selbst zu entscheiden, was, wann, wie lange und mit wem siespielen mchten.

    Sie beobachten, ob Kinder sich zurckziehen oder ausgeschlossen werden und untersu-chen Grnde dafr.

    Sie ermuntern Kinder, eigene Spielideen zu entwickeln und stehen als Ansprechpartnerinund Ratgeberin zur Verfgung.

    Sie untersttzen Kinder darin, Gesehenes, Erlebtes, Erfahrenes auch durch Fernsehen,Videos und andere Medien im Spiel auszuleben und gem ihrem Entwicklungsstand zuverarbeiten. Sie setzen keine Tabus, verabreden aber mit den Kindern Grenzen und Regeln.

    Sie haben selbst Spa am Spiel und verfgen ber ein breites Repertoire. Sie geben Impulse, um Spiele variantenreicher und interessanter zu gestalten, ohne die

    Spielideen zu dominieren. Sie untersttzen, falls erforderlich, die Kinder beim Aushandeln und Vereinbaren von

    Regeln und helfen, sich bei Konflikten und Streitigkeiten darauf zu sttzen.

    Planung und Gestaltung von Projekten

    Ein Projekt ist ein bewusst herausgehobenes und zielgerichtetes Handeln von Kindern undErwachsenen mit einer zeitlich und inhaltlich geplanten Abfolge der Auseinandersetzung miteinem Thema aus der Lebensrealitt dieser Kinder.

    Projekte werden aus konkreten Anlssen entwickelt, in denen die Neigungen und Interessender Kinder zum Ausdruck kommen. Aber auch Themen, mit denen die Kinder bis dahin nochnicht in Kontakt kamen, knnen in Projekten bearbeitet werden, wenn sie fr das Hinein-wachsen von Kindern in die Gesellschaft und fr die Erweiterung ihrer Weltsicht wichtigsind.

    Projekte sind auch danach auszuwhlen, ob ein Thema fr diese Bearbeitungsform geeignetist. Beispielsweise muss eine zeitlich ausreichend lange Bearbeitung mglich sein. Das Themamuss Vernderungs- und Erfahrungsmglichkeiten bieten; es muss als strukturiertes Erfahrungs-

    Aufgaben der Erzieherinnen34

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    33/186

    lernen zu planen und durchzufhren sein. Projekte sollen vielfltige Spiel- und Lernaktionenenthalten. Projektarbeit ist fr Kinder erlebnisreich und interessant, wenn sie selbst denVerlauf mitbestimmen knnen. Projekte werden deshalb nicht fr, sondern mit den Kinderngeplant.

    Lernen in Projekten ist entdeckendes und forschendes Lernen. Dabei steht das Ergebnis nichtschon vorher fest, sind die Antworten nicht schon vorher klar. Kinder und Erwachsene begebensich vielmehr in einen gemeinsamen Prozess des Forschens, Erkundens und Untersuchens.Projekte sind trotz notwendiger Planung und Vorbereitung Lernarrangements, die offensind fr spontane Ideen der Kinder, neue berlegungen der Erzieherinnen oder Anregungenvon Eltern und anderen Personen.

    Projekte bleiben nicht nur auf die Rume der Kindertagessttte begrenzt. Projekte sind hervor-

    ragend geeignet, die institutionellen Begrenzungen zu berwinden im Sinne einer ffnungdes Kindergartens, sei es durch gezielte oder spontane Kontakte zu Nachbarn, Handwerkernoder Gewerbetreibenden, die als Ehrenamtliche die pdagogische Arbeit mit ihren Erfah-rungen bereichern, sei es durch gezielte oder spontane Kenntnisnahme und Aneignung derUmgebung des Kindergartens, die zugleich meist auch die Wohnumgebung der Kinder ist.Mit Projekten dieser Art knnen Kinder beginnen, ihre Verinselung zu berwinden. ff-nung des Kindergartens kann dazu beitragen, kinderfeindliche Beeintrchtigungen zu identifi-zieren und ihnen zu begegnen.

    Qualittskriterien fr die Planung der pdagogischen Arbeit

    1. Erzieherinnen erkunden die Lebenssituation der Kinder. Dazu erfassen sie durch systematische und zielgerichtete Beobachtungen, welche Inte-

    ressen und Bedrfnisse, welche Fragen und Probleme die Kinder haben, welches aktuelleLebensthema sie beschftigt.

    Sie setzen sich mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen ber kindliche Entwicklungauseinander.

    Sie verfolgen gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen und prfen, welche fr das

    Aufwachsen in der Gesellschaft und fr die Erweiterung der Weltsicht der Kinder bedeut-sam sind.

    Sie entscheiden darber, welches Thema im Rahmen eines Projektes bearbeitet werdensoll und bercksichtigen dabei, dass Kinder ihr Wissen erweitern und in ihrem selbstbe-stimmten, sozial verantwortlichen und sachkompetenten Handeln gefrdert werden.

    2. Sie entwickeln die konkreten Ziele des pdagogischen Handelns. Dazu bertragen sie die allgemeinen Ziele in den Rahmen des Projektthemas und bezie-

    hen sie auf die Kenntnisse, Fhigkeiten, Fertigkeiten, welche die Kinder bereits mitbringen

    und welche sie brauchen, um die Situation selbstbestimmt und kompetent zu gestalten. Sie differenzieren die Ziele entsprechend den anstehenden Entwicklungsaufgaben bei jn-geren und lteren Kindern bzw. bei Kindern mit besonderen Bedrfnissen.

    Aufgaben der Erzieherinnen 35

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    34/186

    3. Sie berlegen und planen die Umsetzung gemeinsam mit den Kindern. Sie analysieren mit den Kindern, mit den Eltern, den Kolleginnen, wie sich die Situation

    aus deren jeweiliger Sicht darstellt und welche Erfahrungen diese einbringen knnen. Sie planen und untersttzen differenzierte Ttigkeiten und Aktivitten einzelner Kinder,

    fr Klein- und Grogruppen bis hin zur gesamten Kindergarten. Sie stehen den Kindern als Ansprechpartnerin zur Verfgung und untersttzen die Kinder

    bei der Realisierung eigener Vorhaben.

    4. Sie werten die Erfahrungen gemeinsam mit allen Beteiligten aus. Dazu reflektieren sie, wie aktiv sich die Kinder beteiligt haben und worin diese einen

    Erfolg fr sich sehen. Sie beachten, dass Reflexion und Kontrolle vorrangig dem eigenen Handeln dienen und

    zur Beantwortung der Fragen, welche Ziele erreicht wurden und ob das Thema richtig

    gewhlt war. Sie dokumentieren den gesamten Verlauf des Projekts und beziehen dabei die Kinder ein,so dass der Prozess fr Kinder und Eltern erkennbar und nachvollziehbar ist. Sie nutzendazu unterschiedliche Medien.

    Anregungsreiche Rume

    Raumgestaltung ist gestaltete Wirklichkeit. Sie ist Ausdruck gesellschaftlich-kultureller Realitt,zu der man sich abgrenzend oder zustimmend in Beziehung setzen kann. Kinder halten sichin Rumen auf, die Erwachsene als geeignet ansehen und fr sie gestalten. Zwangslufigwerden Kinder mit Zeitgeist und Kultur vertraut gemacht. Sie eignen sich ber die Raumge-staltung einen Ausschnitt der historischen, kulturellen und sozialen Welt an. Ein anregungs-reicher Raum wird deshalb zu Recht oft als der dritte Erzieher benannt.

    Eine differenzierte Raumgestaltung regt die Wahrnehmung der Kinder an. Durchdacht ge-staltete Rume frdern Eigenaktivitt, Orientierung, Kommunikation, soziales Zusammenleben,Krpererfahrungen und sthetisches Empfinden. Rume im Kindergarten sollten Forschungs-und Experimentierfelder sein, in denen Kinder mit allen Sinnen ein Bild von sich selbst, von

    den anderen und von der Welt entwickeln knnen.

    Rume sind zum Wohlfhlen da. Kinder werden sich eher wohl fhlen, wenn sie Einfluss aufdie Gestaltung nehmen knnen. Zwischen Anregungsreichtum und Reizberflutung mssenErzieherinnen gemeinsam mit den Kindern sorgsam abwgen.

    Qualittskriterien fr Raumgestaltung und Materialauswahl

    Erzieherinnen entwickeln mit den Kindern Ideen zur Gestaltung der Rume und desAuengelndes, so dass sich alle damit identifizieren und wohl fhlen knnen. Sie stellen unterschiedliche den Kindern frei zugngliche Materialien zum Forschen

    und Experimentieren bereit.

    Aufgaben der Erzieherinnen36

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    35/186

    Sie achten darauf, dass die Rume spezifische Elemente der jeweiligen Region sowieunterschiedliche Kulturen und Traditionen widerspiegeln.

    Sie gestalten die Kindertageseinrichtung fr neue interkulturelle Erfahrungen fr Kinderund Eltern.

    Sie frdern das sthetische Empfinden der Kinder durch die Raumgestaltung und Material-auswahl und ermglichen Gegenerfahrungen zur Reizberflutung und Konsumorientierung.

    Sie ermglichen Kindern Erfahrungen in der Pflege von Pflanzen sowie fr die artgerechteHaltung und Versorgung von Tieren.

    Sie erleichtern den Kindern die Orientierung bei der Auswahl ihrer Ttigkeiten und Spieledurch bersichtlichkeit und frei zugngliches Material.

    Sie gestalten Rume und whlen Material, so dass Kinder zum Experimentieren und For-schen, zum eigenstndigen Ausprobieren und Gestalten angeregt werden.

    Sie ermglichen Grunderfahrungen mit verschiedenen Materialien, den Umgang mit

    Werkzeugen und die Benutzung von Medien. Sie bieten den Kindern Gelegenheiten fr vielseitige Bewegungserfahrungen. Sie gestalten das Auengelnde mit Kindern zum Zweck vielseitiger Bewegung und

    Rckzug/Ruhe sowie zur Naturbegegnung.

    Beobachten und Dokumentieren

    Regelmige und gezielte Beobachtungen sowohl einzelner Kinder als auch der Kindergemein-schaft gehren zum wichtigsten Handwerkszeug der Erzieherinnen. Beobachtungen und ihreDokumentation sind unerlsslich, um erkennen zu knnen, wo genau sich Kinder in ihrenaktuellen Bildungsprozessen befinden und wie sie darin wirksam untersttzt werden knnten.

    Jede Beobachtung setzt Klarheit ber die Beobachtungsabsicht voraus.

    Beobachten der Entwicklung des einzelnen Kindes

    Prinzipiell besteht dieses Beobachtungsziel darin, die individuellen Anlagen, Interessen, den

    aktuellen Entwicklungsprozess und das emotionale Befinden jedes Kindes in regelmigenAbstnden zu beachten. Im Einzelfall kann es ntig sein, den Entwicklungsstand des Kindesin Hinsicht auf mgliche Verzgerungen oder Strungen zu erfassen.

    Bei der Beobachtung der alltglichen Aktivitten des Kindes geben die als Kompetenzen be-schriebenen Ziele Orientierung. Fr eine Beobachtungssequenz kann die Erzieherin einzelneKompetenzen auswhlen, um unter diesen Aspekten das Verhalten des Kindes einzuschtzen.Es geht darum festzustellen, welche Bedrfnisse und Interessen das Kind zum Beobachtungs-zeitpunkt zeigt, wie es diese uert und in welchen Handlungen es sie umsetzt. Eine beson-

    dere Verantwortung besteht fr die Erzieherinnen, wenn sie den Eindruck haben, dass dieEntwicklung des Kindes in einzelnen Bereichen nur geringe Fortschritte zeigt.

    Aufgaben der Erzieherinnen 37

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    36/186

    In Entwicklungsgesprchen mit den Eltern ist das beobachtete Verhalten des Kindes vor demHintergrund seiner bisherigen Entwicklung einzuordnen. Die (dokumentierten) Beobachtungenwerden durch die Wahrnehmungen in der Familie ergnzt.

    In Einzelfllen kann es notwendig werden, Experten fr diese Einschtzung hinzu zu ziehen,um zu einem dem einzelnen Kind angemessenen Verstndnis zu kommen.

    Beobachten der Situation in der Kindergemeinschaft

    Ein anderes Beobachtungsziel besteht darin, die aktuelle Interessens- und Bedrfnislage derKindergemeinschaft zu erfassen, um Hinweise fr die Planung pdagogischer Projekte sowiedie Materialbereitstellung und Raumgestaltung zu bekommen.

    Die Themen der Kinder sind aus ihren Fragen, aus ihren Spielinhalten und aus ihrem Verhaltenzu erschlieen. Dazu gehrt auch die Wahrnehmung der sozialen Beziehungen innerhalb derKindergemeinschaft unter den Aspekten: Wer spielt mit wem, womit und wo besonders hu-fig? Wer beschftigt sich berwiegend allein? Es bedarf der Professionalitt der Erzieherin,um die dem Verhalten zu Grunde liegenden Entwicklungsthemen der Kinder herauszufinden.Gleichzeitig gilt es kritisch zu prfen, welche Handlungsmglichkeiten den Kindern im Alltagder Kita ermglicht werden.

    Beobachtungsregeln

    Je nach Fragestellung werden alle Wahrnehmungen dokumentiert, gesammelt und geordnet.Neben den zuflligen Beobachtungen, die sich im Kita-Alltag ergeben, sind Zeiten fr systema-tische Beobachtungen einzuplanen. Es ist dringend zu empfehlen, dass ein Kind von minde-stens zwei Kolleginnen bzw. Kollegen unabhngig voneinander beobachtet wird. Entsprechendder Fragestellung ist von den Beobachtern exakt zu beschreiben, was ein Kind oder mehrereKinder auf welche Weise und mit wem und wie oft tun. Die beobachteten Sachverhalte ms-sen sauber von Erklrungsversuchen und Bewertungen getrennt werden. Die pdagogischen

    Fachkrfte sollten sich zunchst auf die dokumentierten Beobachtungen beziehen. AllgemeineEinschtzungen zur Person des beobachteten Kindes sollten, soweit es geht, zurck gestelltwerden. Hier ist eine kollegiale Kontrolle hilfreich. So knnen subjektive Begrenzungen in derWahrnehmung und in der Interpretation korrigiert werden.

    Qualittskriterien zum Beobachten und Dokumentieren

    Erzieherinnen fhren regelmige Beobachtungen einzelner Kinder oder Kindergruppen

    durch, dokumentieren diese und werten sie mit den Kindern, im Team und mit den Eltern aus. Sie finden organisatorische Mglichkeiten, die regelmiges Beobachten im Rahmen derjeweiligen Bedingungen der Kita sichern.

    Aufgaben der Erzieherinnen38

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    37/186

    Sie achten auf alle Kinder und beobachten nicht nur diejenigen, die zeitweise oder dauer-haft mehr Zuwendung brauchen.

    Sie beschreiben mit Hilfe ihrer Beobachtungen, der Selbstzeugnisse des Kindes und derEinschtzung der Eltern, welche Entwicklungsfortschritte ein Kind gemacht hat und wel-

    che Wege es dahin genommen hat. Sie entwickeln mit den Eltern gegebenenfalls eine gemeinsame Vorstellung fr die

    zuknftige Frderung des Kindes (Frderplan). Sie halten die Ergebnisse der Reflexion schriftlich fest und nutzen sie fr die Erstellung der in-

    dividuellen Bildungsbiographie, fr die auch verschiedene Medien eingesetzt werden knnen. Sie entwickeln fr die Bildungsbiographien ein Dokumentationssystem. Sie stellen die Bildungsbiographien Kindern und Eltern zur Verfgung.

    Schritte des Beobachtens ein Beispiel (siehe Tabelle)

    In der Dokumentation sind die beobachteten Sachverhalte (1), die Vermutungen (Hypothesen)ber mgliche Ursachen (2) und die Bewertungen (3) gesondert zu kennzeichnen. Die fachli-che Reflexion im Team kann helfen, besser auseinander zu halten, was geschehen ist undwie das Geschehen interpretiert werden kann.

    Aufgaben der Erzieherinnen 39

    Arbeitsschritte Beispiel

    (1) Beobachten und BeschreibenDie Erzieherin beschreibt zunchst ausschlielich,was sie gesehen und gehrt hat. Dabei knnenFotos oder Videoaufzeichnungen hilfreich sein.

    David, 3 Jahre alt, zeigt jedem Kind sein neuesFeuerwehrauto. Dann spielt er eine halbe Stundedamit, indem er immer wieder die Leiter hochschiebt und kleine Figuren hoch laufen und her-unter rutschen lsst.

    (2) Interpretieren und DiskutierenDie Erzieherin versucht aus verschiedenen Beob-achtungen Zusammenhnge herzustellen und inBezug auf ihr Wissen ber das Kind Erklrungen(Deutungen) zu finden. Fr einen beobachtetenSachverhalt gibt es immer mehrere Erklrungenber mgliche Zusammenhnge und Ursachen.Die Erzieherin zieht je nach der Situation, ihrenErfahrungen und Gefhlen nur eine subjektiveAuswahl von Deutungen in Betracht, die durchBeobachtungen zu anderen Zeiten, in anderenSituationen oder durch andere Erzieherinnenberprft, ergnzt bzw. korrigiert werden mssen.

    An den Tagen zuvor, ist David stndig im Raumherum gelaufen, ohne allein eine Sache zu finden,mit der er sich lngere Zeit beschftigte.Mgliche Erklrungen: Die im Gruppenraum vorhandenen Spielsachen

    sind nicht altersgerecht. Das vertiefte Spielverhalten am Beobachtungstag

    im Vergleich zu den Vortagen kann eineReaktion darauf sein, dass die lteren Kinderwegen eines Ausfluges nicht in der Kita sind.

    Da das Auto ein Geschenk von seinem Papa ist,den er nur zweimal wchentlich besucht, hlter sich besonders lange daran fest.

    (3) Bewerten und EntscheidenDer beobachtete Sachverhalt und der vermuteteZusammenhang knnen nun in Bezug auf dieAnalysefragen und Bildungsziele bewertet wer-den. Auf dieser Grundlage entscheiden dieErzieherinnen, ob und welche Untersttzung,Anregung oder Vernderung das Kind bzw. dieKindergemeinschaft braucht.

    Mgliche Schlussfolgerungen: David interessiert sich fr technische Details an

    Fahrzeugen und erkundet ihre Funktionen. DasSpielzeugangebot muss ergnzt werden.

    Es gibt nicht genug Rckzugsmglichkeiten frdie jngeren Kinder, wenn alle Kinder derEinrichtung anwesend sind.

    David beschftigt der gestrige Besuch bei sei-nem Vater sehr. Vorher war er aufgeregt, hin-terher braucht er Ruhe, um seine Erlebnisse imSpiel verarbeiten zu knnen.

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    38/186

    Beschreibung des Kontextes: Was ist der beobachteten Situation vorausgegangen? Was wei die Erzieherin, der

    Erzieher davon? Was vermutet sie, er? Wo findet die beobachtete Situation statt?

    Welche tatschlichen Handlungs- und uerungsmglichkeiten hat das Kind in dieserSituation an diesem Ort?

    Bei der Auswertung sollte deutlich werden: Welche Signale knnen beobachtet werden, durch die das Kind sein Wohlbefinden oder

    Missbehagen ausdrckt? Welche Signale knnen beobachtet werden, durch die das Kind seine innere Beteiligung

    (Engagiertheit) oder sein Desinteresse (Teilnahmslosigkeit) oder seinen Widerstand aus-drckt?

    Welche Hypothesen formulieren die Erzieherinnen zu den uerungen und Handlungendes Kindes? Welche Bedrfnisse und Interessen knnten sie leiten? Mit welchen Fragenund Themen beschftigt es sich vermutlich?

    Welche Kompetenzen des Kindes lassen sich in der beobachteten Situation erkennen?

    Als Ergebnis der Auswertung errtern Erzieherinnen: Wie knnen die Kompetenzen des Kindes gestrkt werden? Welche Impulse bentigt das Kind auf seine Fragen, und wie kann seine Suche nach

    Antworten untersttzt werden? Welche Anregungen knnen die anderen Kinder in derKita und welche knnen Erzieherinnen geben?

    Welche Vernderungen im Handeln der Erzieherinnen, in den Regelungen der Kita, in derRaumgestaltung und Materialausstattung erlauben dem Kind, seinen Fragen, Interessenund Wnschen in eigener Initiative nachzugehen?

    Welche Themen und Fragen sollten an dieses Kind herangetragen werden, um seinenErfahrungshorizont zu erweitern?

    Jedes Kind hat ein Recht darauf, be(ob)achtet zu werden, aber auch darauf, informiert zu sein,wenn es beobachtet wird. Erfahrungen zeigen, dass Kinder, die sich in ihrem Tun gestrt fh-len, sich entziehen. Es ist fr jeden Erwachsenen selbstverstndlich, das zu respektieren. Oft

    wnscht ein Kind, dass ihm der Text des Beobachters vorgelesen wird. Dadurch kann esangeregt werden, ber seine Aktivitten und seine Entwicklungsgeschichte nachzudenkensowie sich weitere Ziele zu setzen.

    Bilder, Fragen und Kommentare im Originalton von Kindern oder ihnen wichtige Gegen-stnde gehren in jede Dokumentation ber den Bildungsverlauf eines Kindes, die so zurBildungsbiografie wird. Kindern und Eltern kann diese Bildungsbiographie eine wichtigeUntersttzung beim bergang in die Grundschule sein.

    Aufgaben der Erzieherinnen40

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    39/186

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    40/186

    Die Bildungsbereiche

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    41/186

    Struktur der Bildungsbereiche

    Am Beginn jedes Bildungsbereichs steht eine kurze theoriebezogene Einfhrung. Sie umreitseine Bedeutung fr die Bildungsprozesse der Kinder. Danach istjeder Bildungsbereich indrei Teile gegliedert. Die Gliederung entspricht dem Muster des Bildungsverstndnisses indiesem Programm: Es geht um das einzelne Kind in seiner Welt, um sein Dasein in derKindergemeinschaft und um sein Erleben bzw. Erkunden von Weltgeschehen.

    Jeder dieser drei Teile wiederum ist gleich aufgebaut. Es beginnt mit Fragen zur Erkundungund Analyse der Lebenssituation des Kindes. Die Erzieherinnen und Erzieher knnen durchdie Beantwortung dieser Fragen ein Verstndnis fr die Persnlichkeit jedes Kindes erwer-

    ben. Dann folgen Ziele, die als Kompetenzen beschrieben werden. Und schlielich folgteine Zusammenstellung mglicher Bildungsaufgaben also Beispiele fr die pdagogischePraxis.

    Die Bildungsbereiche44

    Das Kind in seiner Welt:Analysefragen

    Das Kind in der Kinder-gemeinschaft:Analysefragen

    Ziele Ich-Kompetenzen Soziale Kompetenzen Sachkompetenzen Lernmethodische

    Kompetenzen

    Bildungsaufgabender Erzieherin: Im Alltag der Kita Spielanregungen

    und Spielmaterial Projekte Raumgestaltung und

    Materialausstattung

    Beobachten und Dokumentieren

    Theoriebezogene Einfhrung in den Bildungsbereich

    Weltgeschehen erleben,Welt erkunden:Analysefragen

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    42/186

    Fragen, Ziele und Bildungsaufgaben stehen als Beispiele fr jeweils ein ganzes Spektrumweiterer Mglichkeiten. Erzieherinnen und Erzieher whlen daraus sowohl die zum indivi-duellen Kontext des Kindes als auch die zum Kontext der Einrichtung passenden Mglich-keiten aus. Vermutlich mssen eigene Erkundungsfragen entwickelt, Ziele weiter differen-

    ziert und der Katalog von Bildungsaufgaben ergnzt werden. Dies ist durchaus beabsich-tigt, um den pdagogischen Handlungsspielraum nicht zu begrenzen.

    Im ersten Teil sind Fragen formuliert, die den Blick der Erzieherinnen und Erzieher auf daseinzelne Kind in seiner Welt, mit seinen Vorerfahrungen und Interessen im jeweiligen Bil-dungsbereich, lenken. Die Fragen sollen helfen, die Ausgangslage jedes Kindes zu erkun-den, damit die pdagogischen Aktivitten mglichst individuell daran anknpfen knnen.

    Mit Blick auf das einzelne Kind sind dann Ziele aufgefhrt. Sie konkretisieren die in Kapitel2 formulierten allgemeinen Kompetenzen, die Kinder in diesem Bildungsbereich entwickeln

    knnen. Am Stand des Kindes ob und wie weit ein Kind bereits bestimmte Kompeten-zen erworben hat orientiert sich die pdagogische Planung. Dazu ist eine regelmigegezielte und systematische Beobachtung jedes Kindes notwendig. Mehrere solcher Beob-achtungen geben Aufschluss ber den Bildungsverlauf eines Kindes. Die Aufgaben frErzieherinnen und Erzieher regen in einem offenen Katalog zu pdagogischen Aktivittenan, die auch bei unterschiedlicher Ausgangslage jedem Kind ermglichen, sich mehr undmehr Kompetenzen anzueignen.

    Im zweiten Teil werden Fragen, Ziele und Aufgaben auf das Kind in der Kindergemeinschaftbezogen. Hier wird differenziert betrachtet, welche Ressourcen die Zusammensetzung derKindergemeinschaft in einer Kita fr die Bildungsprozesse in diesem Bildungsbereich bietenund wie diese erweitert werden knnen.

    Derdritte Teil bezieht Fragen, Ziele und Aufgaben darauf, wie von der Kita ausgehendimmer weitere Ausschnitte der Welt erkundet werden knnen, um die Erfahrungshorizontevon Kindern und Erwachsenen zu erweitern. Die Analysefragen und die Anregungen frdie Aufgaben der Erzieherinnen und Erzieher fordern dazu auf, die vielfltigen Bildungs-gelegenheiten in der Stadt mit den Kindern zu erschlieen und kontinuierlich zu nutzen.

    Der Zuschnitt der sieben Bildungsbereiche folgt einer analytischen Logik. Im realen pda-gogischen Geschehen werden sich in der Gestaltung des Alltags, in den Spielen der Kinder,in themenbezogenen Projekten, in der Raumgestaltung und dem Materialangebot Inhalteaus verschiedenen Bildungsbereichen immer mischen. Deshalb knnen die Bildungsbe-reiche nicht nacheinander abgearbeitet werden. Vielmehr geht es darum, dass sich Erzie-herinnen und Erzieher in regelmigen Abstnden bei ihren Reflexionen im Team selbstbefragen, ob sie Inhalte aus allen sieben Bildungsbereichen bei ihren Planungen und Unter-nehmungen innerhalb angemessener Zeit ausreichend bercksichtigt haben. Jedes Kindhat ein Recht darauf, sich mit Inhalten aus allen Bildungsbereichen bekannt zu machen.Es liegt in der Verantwortung der Erzieherinnen und Erzieher, ihnen die entsprechenden

    Bildungsgelegenheiten zu erffnen.

    xxx 45

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    43/186

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    44/186

    Bewegung ist eine elementare Form des Denkens(Gerd Schfer)

    Bewegung ist ein eigener, elementarer Bildungsbereich, der die grundlegenden Orientierun-gen im Raum, im Krper und im Handeln vermittelt.1

    Die Krperwahrnehmungen sind bei der Geburt derart ausgebildet, dass im Zusammenwirkenmit den Fernsinnen und den sinnlichen Wahrnehmungen innere Verarbeitungsprozesse sti-muliert werden. Diese helfen, alle Vorstellungen ber die uere Welt zu strukturieren, undwerden so zur Basis fr die Selbstbildung des Kindes. Jede Wahrnehmung ber den Krperund die dazugehrigen Deutungen sind die Quelle der konkreten Lebenserfahrungen desKindes und bestimmen sein persnliches Wachstum. Kindliches Denken beginnt also bereits

    mit dem sensomotorischen Handeln des Suglings, der alle krperlichen Erfahrungen mit seinenSinnen zu verarbeiten sucht. Mit den sich entwickelnden motorischen Fhigkeiten werdenWahrnehmungserfahrungen verfeinert und im Gedchtnis gespeichert.

    Indem Kinder sich bewegen, bilden sie auch ihre Gefhle

    Krperwahrnehmungen, die Wahrnehmungen ber die Fernsinne und die emotionalenWahrnehmungen befinden sich untrennbar in einem komplexen Zusammenspiel. ber die

    emotionalen Anteile seines Erlebens trifft der Sugling erste Entscheidungen, indem er sichbestimmten Erfahrungsmglichkeiten zuwendet und von anderen abwendet. Werden Sinnes-erfahrungen in einer bestimmten sozialen und kulturellen Welt gering geschtzt und vernach-lssigt, gehen die Informationen dieser Sinnesbereiche fr die innere Verarbeitung verloren.2

    Mit zunehmenden krperlichen Fhigkeiten kann das Kind dann vom Krabbelalter an dieLsung vom Erwachsenen erproben und seinen Handlungsspielraum erweitern. Das emotio-nale Band zum Erwachsenen bestimmt die Qualitt der Erkundungen des Kindes in die frem-de Umwelt in der ganzen Spannbreite der emotionalen Konflikte zwischen ngstlichemFesthalten oder tollkhnem Ausreien, zwischen Verzagen und Selbstberschtzung.3

    Bildungsbereich

    Krper, Bewegung und Gesundheit

    1 Schfer, Gerd E.: Bildung beginnt mit der Geburt, Weinheim 20032 ebenda3 ebenda

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    45/186

    Tgliche krperliche Bewegung ist wesentlich fr die ausgewogene Entwicklung undGesundheit der Kinder (schwedisches Kern-Curriculum fr die Vorschulerziehung)

    Gesundheitserziehung im Elementarbereich geht weit ber das Training des Zhneputzens

    und des Hndewaschens im Kindergarten hinaus. Sie umfasst vielfltige Bewegungsanregun-gen und gesunde Ernhrung ebenso wie ein Bewusstsein von gesunder Umwelt und einWissen darum, wie Erwachsene und Kinder sich fr deren Erhaltung einsetzen knnen. Diebeste Gesundheitsfrsorge sei so die Weltgesundheitsorganisation Menschen zu befhigen,fr ihr eigenes Wohlergehen zu sorgen und fr gesunde Lebensbedingungen einzutreten4,eine wichtige Aufgabe auch fr Bildung, Betreuung und Erziehung im Kindergarten.

    Hierzu gehrt auch, dass Kinder ein unbefangenes Verhltnis zu ihrer Sexualitt entwickelnknnen. Ihre Fragen zur Sexualitt bentigen klare und situationsangemessene Antworten.

    Die Bildungsbereiche

    4 TPS-Gesundheitsfrderung, S. 146

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    46/186

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    47/186

    Das einzelne Kind

    Wie kommt das Kind in den Kindergarten zu Fu, mit dem Auto? Welche Bewegungs-arten bevorzugt das Kind? Wirkt es bewegungsfreudig oder eher unruhig? In welchenSituationen zeigt es sich bewegungssicher, ngstlich oder draufgngerisch? Kann es eineBalance finden zwischen Bewegung und Ruhe? Entspannt es sich eher durch Bewegungoder durch Ruhe? Kann es Ruhezeiten genieen?

    Wie wohl fhlt es sich in seinem Krper? Welche Berhrungen empfindet es als ange-

    nehm bzw. unangenehm? Sucht es Zrtlichkeiten, kann es Zrtlichkeiten genieen?Mag es sich selbst, findet es sich schn? Was empfindet es selbst als Vorzge an sich?Welche Vorstellungen hat es von seinen eigenen krperlichen Strken, wie geht es mitseinen krperlichen Schwchen um? Wie selbstndig ist es in der eigenen Krperpflege,in der Beherrschung der Krperfunktionen?

    Wirkt das Kind anfllig oder robust? Wie geht es mit krperlichem Unwohlsein um? Ist eshufig krank?

    Wie ist das Essverhalten des einzelnen Kindes? Kann es seinen Hunger einschtzen, umGetrnke nachfragen, weil es Durst sprt? Wie selbstndig, wie geschickt ist es bei Tisch,beim Tischdecken, beim Eingieen und Auffllen? Kann es ausdrcken, welche Speisenihm schmecken und welche nicht? Ist das, was es bevorzugt, einseitig oder ausgewogen?

    Soziale Beziehungen in der Gruppe

    Welche Bewegungsspiele bevorzugt das Kind und welche Partner findet es dafr? Fordertes andere Kinder auf, mitzuspielen?

    Zeigt es seine Gefhle, grenzt es sich ab? Kann es sich in andere hineinversetzen? Mitwelchen Kindern sucht es krperliche Nhe, tauscht es Zrtlichkeiten aus?

    Geniet es, gemeinsam mit anderen Mahlzeiten einzunehmen? Kann es bei Tisch dieBedrfnisse der anderen wahrnehmen und sich entsprechend verhalten?

    50

    Das Kind in seiner Welt

    Analysefragen, die die Erzieherin mit Kindern bzw. Eltern erkundet:

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    48/186

    Kulturelle Zugehrigkeit des Kindes

    Wie gestalten die Familienmitglieder ihre Freizeit? Welche Bedeutung haben dabeiBewegung bzw. Sport?

    Wie geht die Familie mit Krankheit um? Wie sicher ist die Familie im Umgang mitGesundheitsvorsorge?

    Welche Traditionen der Ernhrung werden in der Familie gepflegt? Worauf legen die

    Eltern beim Essen im Kindergarten Wert?

    Krper, Bewegung und Gesundheit 51

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    49/186

    Die Bildungsbereiche52

    Ich-Kompetenz Sich im eigenen Krper wohlfhlen und Lust und Unlust ausdrcken knnen Sich der eigenen krperlichen Mglichkeiten bewusst werden Lust an Bewegung haben und sich krperlich ausprobieren Das eigene Aussehen akzeptieren Essen genieen knnen und auswhlen knnen; ablehnen, was nicht schmeckt, Hunger,

    Durst und Sttigung kennen

    Sozial-Kompetenz

    Sich gerne mit anderen bewegen und dazu eigene Regeln erfinden und andere Regelnanerkennen Krperliche Fertigkeiten von anderen wahrnehmen und andere helfend untersttzen Eigene Grenzen vertreten und Grenzen anderer akzeptieren Gerne mit anderen Mahlzeiten einnehmen

    Sach-Kompetenz Krperliche Geschicklichkeit und Koordinationsvermgen erlangen, Interesse an sportli-

    cher Bettigung verspren Grundverstndnis ber Krperfunktionen entwickeln

    Grundverstndnis ber das eigene sexuelle Erleben entwickeln Grundverstndnis ber gesunde Ernhrung erlangen Grundverstndnis ber die kulturellen Unterschiede bei Essgewohnheiten, im Umgang

    mit Krper, Sexualitt, Gesundheit und Rollenbildern entwickeln Wissen darber erlangen, was dem eigenen Krper gut tut und was ihm schadet

    Lern-Kompetenz Die Signale des eigenen Krpers als Ma fr Wohlbefinden und Entwicklung wahr- und

    ernstnehmen

    Eigene Strken ausbauen wollen Bewusstheit darber erreichen, dass Wohlbefinden ber Bewegung und gesunde

    Ernhrung selbstwirksam steuerbar sind Ein Bewusstsein von den eigenen Entwicklungsmglichkeiten aufbauen

    Ziele: Das Kind in seiner Welt

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    50/186

    Krper, Bewegung und Gesundheit 53

    Im Alltag des Kindergartens, z.B. Individuelle Bewegungsfertigkeiten thematisieren (was macht dir Angst, was traust du

    dir zu) und das Kind ermutigen Mit dem Kind sprechen, was es selbst an sich mag, was es gerne isst und was nicht Die Speisevorschriften einzelner Kinder bercksichtigen ber die individuellen Zrtlichkeitsbedrfnisse des Kindes sprechen und sie entspre-

    chend beantworten (was ist dir angenehm, was magst du nicht) Untersttzung von Krperpflege und Sauberkeitsentwicklung Signale fr Bewegungs- und Ruhebedrfnisse, fr krperliches Unwohlsein und

    Wohlbefinden des einzelnen Kindes beachten

    Spielmaterial und Spielanregungen, z.B. Bewegungsmaterial, wie Rollbretter, Trampolin, Seile, Blle, Kletterwand, Balanciermg-

    lichkeiten und Fahrzeuge, die jedes einzelne Kind selbstbestimmt nutzen kann Jungen- und Mdchenpuppen, Rollenspielmaterial fr Frauen- und Mnnerrollen Bilderbcher ber Krper und Geburt, ber Essen in anderen Lndern, die sich das ein-

    zelne Kind erschlieen kann

    Projektarbeit, z.B. Mein Krper, Was macht mir Spa, was macht mir Angst? Ich bin grer als, kleiner

    als/dicker oder dnner als... Ich bin das Kind der Liebe meiner Eltern Ich bin gesund, ich bin krank. Ich beim Doktor, ich im Krankenhaus Zahnpflege meine Zhne, ich beim Zahnarzt; Krperpflege Was mag ich gern, was kann ich nicht leiden? Ich bin besonders schn, weil... Ich kann besonders gut...

    Raumgestaltung und Materialausstattung, z.B. Rume und Auengelnde mit vielfltigen Bewegungsmglichkeiten und Herausforde-

    rungen, die einzelne Kinder selbstbestimmt nutzen knnen Waschrume mit ansprechenden Pflegeutensilien fr jedes einzelne Kind Tischdekorationen, die das einzelne Kind auswhlen kann, Fotodokumentation z.B. von

    festlichen Mahlzeiten, an denen das einzelne Kind sich beteiligt hat und sich wiederer-kennt

    Aufgaben der Erzieherinnen

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    51/186

    Die Kindergemeinschaft

    Welche unterschiedlichen krperlichen Merkmale, Besonderheiten, Fertigkeiten gibt es inder Gruppe?

    Welche Rollenerwartungen gibt es in den vertretenen Familienkulturen, was ist hnlich,was ist unterschiedlich und welche Auswirkungen hat es auf die Entwicklung der Kinderin den Bereichen Krper, Bewegung und Gesundheit?

    Welche kulturellen Unterschiede gibt es in der Gruppe im Ausdruck von Krperlichkeit(beim Baden, Schwimmen, Nacktheit, Toilettengang...)

    Welche kulturellen Einflsse bezogen auf Krperlichkeit, Bewegung und Gesundheit sindbei den Kindern zu beobachten?

    Welche Kinder haben Freude an der Krperpflege, welche nicht?

    Soziale Beziehungen in der Kindergemeinschaft

    Wie gehen die Kinder miteinander um? Welche Bedeutung haben Zrtlichkeiten, Raufen,Toben...?

    Wie uern Kinder Aggressionen und wie reagieren die anderen Kinder?

    Welche geschlechtsspezifischen Spielgruppen bilden sich in den Rume, im Auengelndebei Bewegungsaktivitten? Welche Bewegungsaktivitten werden von Jungen, welchevon Mdchen bevorzugt?

    Wie drcken sich kulturelle Unterschiede in den Spielgruppen und Freundschaften aus?

    Welche Kinder helfen sich gerne bei der Pflege, beim Waschen, beim Zhneputzen?

    Essen die Kinder lieber an kleinen Tischen, an langen Tafeln? Welche Kinder sitzen gernebeieinander?

    54

    Das Kind in der Kindergemeinschaft

    Analysefragen, die die Erzieherin mit Kindern bzw. Eltern erkundet:

  • 7/24/2019 Saarland_Handreichung

    52/186

    Kindergarten-Kultur, Familie und Ausstattung

    Welche Mglichkeiten der selbstbesti