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Wie gute Ideen entstehen und umgesetzt werden INNOVATION TOURISMUSMAGAZIN | AUSGABE 03/13 | SOMMER 2013 P.b.b. | VERLAGSORT: 6020 INNSBRUCK | 10Z038387M

Saison Juni 2013

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Wie gute Ideen entstehen und umgesetzt werden

INNOVATION

T O U R I S M U S M A G A Z I N | A U S G A B E 0 3 / 1 3 | S O M M E R 2 0 1 3

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3 SAISON

STICHWORTSAISON

STICHWORT

INNOVATION

„Vielleicht ist die Geschichte der Irrtümer der Menschheit doch nützlicher und interessanter als die ihrer Entdeckungen.“ Benjamin Franklin (1706–1790), amerikanischer Politiker und Erfi nder

„Alles Alte, soweit es Anspruch darauf hat, sollen wir lieben, aber für das Neue sollen wir recht eigentlich leben.“Theodor Fontane (1819–1898), deutscher Erzähler

„Bill Gates wäre in Deutschland allein deshalb gescheitert, weil nach der Baunutzungsordnung in einer Garage keine Fenster drin sein dürfen.“Jürgen Rüttgers (*1951), CDU-Politiker

AnekdotischesAm 14. Juli 1881 erschien in Berlin das „Buch der 96 Narren” – das erste Telefonbuch.

„Buch der 96 Narren” wurde es genannt, weil die meisten dachten, dass die ersten

96 deutschen Teilnehmer auf einen Schwindel aus Amerika hereingefallen waren:

das Telefon. Der Postminister bot jeder Stadt ein eigenes Fernsprechnetz an, wenn

sich wenigstens 40 Interessenten melden würden. In Köln waren es nur 36, die

Industrie- und Handelskammer bürgte für die fehlenden vier.

Erfolg durch ScheiternViele Innovationen entstanden durch Fehlschläge: So wie das Post-it,

das einem Erfi nder zu verdanken ist, der ursprünglich einen besonders

starken Superkleber entwickeln wollte. Wie man konstruktiv scheitert,

erklärt Kathryn Schulz in ihrem Buch „Richtig irren: Von falschen

Glaubenssätzen, Denkfehlern und der kreativen Kraft unserer Fehl-

barkeit“ (Riemann Verlag). Ihr Buch gilt als das Werk der „Wrongology“

schlechthin.

PREISGEKRÖNTES MARKETING

Der „Bergdoktor“ hat sich zum touristischen Botschafter Tirols entwickelt. Am Wilden Kaiser

weiß man das für sich zu nutzen. Zwischen der Region und „ihrem“ TV-Star Hans Sigl wurde

eine Kooperation geboren, die nun Jahr für Jahr ausgebaut wird. Die Bergdoktorwochen

wurden nun mit dem Tirol Touristica in der Kategorie Marketing und Vertrieb ausgezeichnet.

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INNOVATION, DIE

Von lat. Innovare = erneuern.

Im heutigen Sprachgebrauch versteht

man unter Innovationen neue Ideen oder

Erfi ndungen, die wirtschaftlich

genutzt werden.

4 SAISON

EDITORIAL

Eine gute Idee reicht nicht aus, wenn man nichts mit ihr unternimmt. Unterneh-mer, sozusagen die Ideen-manager, nicht die Erfi nder verändern die Welt.

Wer den Markt erkennt, prompt bedient, die Verbes-serungen fl ießend weiter entwickelt, lukriert am Ende entscheidende Wettbewerbs-vorteile.

Innovatives Destinations-management ist geprägt von Menschen, die viele Einzelleistungen zu einer ge-lungenen Ensemblewirkung zusammenführen können.

5

Wenn der Markt „Hurra“ schreit

W irtschaftlicher Erfolg hängt in ho-

hem Maße von Innovationsfähig-

keit ab. Doch Innovationen sind

eine heikle Sache. Die Unternehmer brauchen sie, die

Kunden wollen sie, denn das Neue zieht sie an. Bloß

reicht eine gute Idee nicht aus, wenn man nichts mit ihr

unternimmt. Unternehmer, sozusagen die Ideenmana-

ger, nicht die Erfi nder verändern die Welt. Gemessen am

anhaltenden Erfolg des Tourismuslandes Tirol versteht

es die Branche o� ensichtlich meisterhaft, unternehme-

rische Potenziale kreativ aufzuspüren, aber auch konse-

quent umzusetzen. Ganz nach dem Motto: Erfolgreich

ist, wem es gelingt, gute Ideen sowie eigene Disziplin und

gute Planung perfekt zu verschmelzen. In diesem Sinne

waren und sind Tirols Touristiker seit Jahrzehnten auch

Innovationsvorreiter, die im Kontext ihrer Tradition den

Blick für Trends und Technologien beweisen, um immer

neue anziehende, überraschende und gut komponierte

Angebote mit viel G‘spür für den Gast zu kreieren. Denn

erst wenn der Markt „Hurra“ schreit und kauft, dann sind

innovative Produkte tatsächlich angekommen.

Wirtschaftlicher Erfolg. Wie aber lässt sich In-

novation managen, wie gelingt es ein Innovationsklima

zu scha� en und zu pfl egen? Keine leichte Frage, wenn

man weiß, wie schwer sich alle mit diesem Thema tun.

Laut neuesten Untersuchungen, für die der Innovations-

Experte Robert Cooper, Unternehmen quer durch alle

Branchen analysierte, wird nur eines von vier Entwick-

lungsprojekten zu einem wirtschaftlichen Erfolg. Die

wichtigsten Eigenschaften eines Innovators, so sind

sich Fachleute einig, sei zu hören und zu sehen, was die

Leute brauchen. Gutes Verständnis und soziales Talent

gepaart mit strategischem Unternehmergeist sind dem-

nach wichtiger für den Erfolg einer Neuerung als ihre

technische Tiefe oder Perfektion.

In der Realität bedeutet das oft vermeintlich Ein-

faches. Es kann heißen: Alltägliche Herausforderungen

analysieren, Verbesserungspotenziale erkennen und

auf dieser Basis Schritt für Schritt ein unschlagbares

Produkt entwickeln. Die Wirtschaftgeschichte ist voll

von Innovationshits, die so entstanden. Ein Beleg mag

die Geschichte von Je� Bezos sein, dem Gründer des

erfolgreichsten eCommerce-Unternehmens der Welt:

Amazon. Er beobachtete im Jahr 1994/1995 den Inter-

net-Markt und stellte sich die konkrete Frage, welche

20 Produkte sich am besten über das World Wide Web

verkaufen ließen? Seine Analyse: Bücher wären ideal für

einen Online-Shop, einfach deshalb, weil es sehr viele

Bücher gibt – umgekehrt bislang aber kein Buchladen

existierte, der alle Bücher führte statt bloß eine Auswahl.

Derartige Erfolgsgeschichten, die auf sensibles

Beobachten des Umfelds basieren, kennt auch der Ti-

roler Tourismus. Wanderer, die sich am Bächlein laben,

ihre Füße ins Wasser strecken, relaxen, und spielende

Kinder legten in Söll vor über zehn Jahren nahe, dass sich

Berg und Wasser zu einer nachgefragten Inszenierung

verschmelzen ließen. Das „Hexenwasser“ war geboren

und viele höchst erfolgreiche Erlebniswelten am Berg

bestätigten diese pionierhafte Erfolgsidee nachhaltig.

Diese gelungenen Unternehmerleistungen bekräftigen

zudem: Wer den Markt erkennt, prompt bedient, die

Verbesserungen fl ießend weiter entwickelt, lukriert am

Ende entscheidende Wettbewerbsvorteile.

Das Einzelne prägt das Bild. Abseits von betrieb-

lichen Einzelleistungen stellt sich das Thema „Innovation

im Tourismus“ noch komplexer dar, als auf den ersten

Blick erfassbar. Die Erklärung ist einfach. Wer ein Land

bereist, erfährt es immer auch als Gesamtkunstwerk. Das

Einzelne prägt das Bild des Ganzen. Deshalb ist innova-

tives Destinationsmanagement geprägt von Menschen,

die viele Einzelleistungen zu einer gelungenen Ensemble-

wirkung zusammenführen können. Die Qualität eines

stimmigen Gesamterlebnisses zu scha� en, Kontraste an-

sprechend zu gestalten, die Beständigkeit des Tradierten

mit aufregendem Neuen zu verbinden – darin liegt ein

Erfolgsgeheimnis gerade auch für unser Tourismusland.

Tirol ist auch auf dieser Ebene reich an Erfolgs-

geschichten, die unseren aktuellen gemeinsamen Wohl-

stand begründen. Es gilt den Wert dieses Innovationskli-

mas nicht nur zu erkennen und zu bewahren, sondern

auch künftig in allen Bereichen intensiv und mit aller Kraft

zu fördern. ×

EDITORIAL

J O S EF M A R G R EI T ER , D I R EK TO R T I R O L W ER B U N G

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ADVENTURE TRAVEL

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„HALBWEGS VERGNÜGTER

BLICK ZURÜCK“

DIE ÜBERLEBENSSTRATEGIE 20

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DER AKTIVE GENIESSER

SAISON

INHALT

IMPRESSUMSAISON – Tourismusmagazin, Nr. 3/2013 (65. Jahrgang) SAISON-Abohotline: 0512/58 60 20

HERAUSGEBER: Tirol Werbung, Maria-Theresien-Straße 55, 6020 Innsbruck • MEDIENINHABER UND VERLEGER: TARGET GROUP Publishing GmbH, Brunecker Straße 3, 6020 Innsbruck • CHEFREDAKTEUR: Matthias Krapf • REDAKTION: Mag. Sylvia Ainetter, Ste� en Arora, Mag. Florian Gasser, Mag. Nina Heizer-Walch, Mag. Sonja Kainz, Mag. Jane Kathrein, Esther Pirchner, Ernst Spreng • AUTOREN: Ernst Molden, Alois Schöpf • FOTOGRAFEN: Gerhard Berger, Emanuel Kaser, Franz Oss • GRAFIK: Marco Lösch • ANZEIGENVERKAUF: Thomas Pilgram, [email protected] ANSCHRIFT VERLAG: Brunecker Straße 3, 6020 Innsbruck, Tel. 0512/58 6020, Fax DW -2820, [email protected] • GESCHÄFTSFÜHRUNG VERLAG: Mag. Andreas Eisendle, Michael Steinlechner • DRUCK: Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten. Die Informationen zur O� enlegung gemäß § 25 MedienG können unter der URL www.zielgruppenverlag.at/Impressum abgerufen werden.

8Von der Idee zur InnovationInnovationen sind keine zufälligen Entdeckungen, sondern können bewusst gefördert werden.

10Tirol Touristica 2013Die Preisträger des dies-jährigen Wettbewerbs

14„Halbwegs vergnügter Blick zurück“Andreas Braun: Preisträger des Tirol Touristica in der Kategorie Lebenswerk

18 Auf Umwegen zum ErfolgScheitern gilt als Tabu – zu Unrecht.

20Die ÜberlebensstrategieTirol muss sich noch inno-vativer positionieren.

24„Der verschärfte Wett-bewerb tri� t alle“Wettbewerbsstratege Ralph Scheuss im Interview

27

„Eine gute Theorie hat der Praxis noch nie geschadet“Tourismusforschung wird in der Branche oft nur auf den Begri� „Marktforschung” reduziert.

MAGAZIN

32Das Rad muss nicht neu erfunden werdenKongress über die Zukunft des Wellness-Tourismus

34 Der aktive GenießerReisemarkt Belgien im Porträt

36Virtueller Concierge auf BestellungDas rund um die Uhr erreichbare tele-fonische Butler-Service Henry Phone

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38Was Kinder im Urlaub wollenDie Tiroler Familiennester feiern heuer ihr 15-jähriges Bestehen.

41 Facebook für HotelsNadine Tschiderers Worldhotelbook

42 Adventure Travel 50 Jahre Alpinschule Innsbruck

44Mit Luft und LeichtigkeitDie Innsbrucker Promenaden-konzerte von 3. bis 28. Juli

46Nach unten sehenDas Museum in Kitzbühel zeigt Dächer und Dachlandschaften.

49 Kommentare

50 Nachgefragt

27

„EINE GUTE THEORIE HAT DER PRAXIS NOCH

NIE GESCHADET“

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NACH UNTEN SEHEN

THEMA: INNOVATION

Von der Idee zur InnovationInnovationen sind keine zufälligen Entdeckungen, sondern können bewusst gefördert werden. Vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen stimmen und gewisse Hemmnisse werden überwunden.

VON SYLVIA AINETTER

Motivation. Damit Innovationen überhaupt entstehen können, brauchen die kreativen Köpfe in den Unternehmen die richtigen Rahmenbedingungen – und vor allem auch die Motivation, innovativ zu sein.

9 SAISON

INNOVATION

B evor Alexander Fleming in

seinen wohlverdienten Ur-

laub fuhr, räumte er sein La-

bor auf. Nur eine Petrischale

mit Bakterien vergaß er auf seinem Schreib-

tisch. Als er nach drei Wochen zurückkam,

überwucherte ein Pilz die Petrischale – von

den Bakterien fehlte jede Spur. Beim Pilz

handelte es sich um Penicillium notatum.

Die Weichen für die Entwicklung des Anti-

biotikums waren gestellt.

Andere Erfi ndungen gehen eben-

falls auf Zufälle bzw. „Unfälle“ zurück: Der

Physiker Wilhelm Conrad Röntgen ent-

deckte die nach ihm benannten Strahlen

nur, weil in seinem unordentlichen Büro

herumliegende, fl uoreszierende Kristalle

zu leuchten begannen, während er mit

Gasentladungs-Röhren experimentierte.

Und die Anti-Baby-Pille sollte ursprünglich

ein Medikament gegen Arthritis werden.

„Der Zufall begünstigt nur einen vor-

bereiteten Geist“, sagte einst der Chemiker

Louis Pasteur – und brachte damit das We-

sen von Innovationen auf den Punkt: Die

Idee kann spontan, zufällig entstehen. De-

ren Umsetzung erfordert jedoch Struktur

und Planung. Voraussetzung für geglückte

Erfi ndungen ist ein schlauer Kopf, der das

Innovations-Potenzial einer neuen Idee

erkennt und auch das Know-how und die

Disziplin hat, um sie umzusetzen.

„Kreative Menschen gehen mit of-

fenen Augen durch die Welt und hinter-

fragen vieles. Wenn sie einen Mangel im

bestehenden Angebot entdecken, denken

sie sich ein neues Produkt aus. So entsteht

Innovation“, erklärt Dr. Johann Füller, Pro-

fessor für Innovation and Entrepreneurship

an der Universität Innsbruck und Vorstand

der HYVE AG.

Richtige Rahmenbedingungen. In der Wirtschaft sind Innovationen ein

großes Thema. Sie gelten als Wirtschafts-

motor, als unverzichtbar für den Fortschritt

und als probates Mittel zur Standortsiche-

rung. Größere Unternehmen haben eine

eigene Entwicklungsabteilung, die dafür

zuständig ist, innovative Produkte und Lö-

sungen zu erfi nden. „F&E“, „Forschung und

Entwicklung“, sollen die Zukunft sichern.

(Siehe auch Beitrag auf Seite 27.)

Doch ist Innovation deswegen nur

ein Thema für große Betriebe, die eigene

Mitarbeiter dafür abstellen können? „Nein,

viele Innovationen kommen aus kleinen

und mittelständischen Unternehmen“, sagt

Füller. Das liege auch daran, dass gerade

Eigentümer und Gründer, die einen starken

persönlichen Bezug zu ihrem Unterneh-

men haben, besonders großes Interesse

daran haben, sich ständig zu verbessern

und erneuern. „In großen Unternehmen

ist es wesentlich schwieriger, innovativ zu

sein. Hier braucht man bestimmte Pro-

zesse, die Innovation steuern“, erklärt der

Wirtschaftswissenschaftler.

Damit Innovationen überhaupt

entstehen können, brauchen die kreativen

Köpfe in den Unternehmen die richtigen

Rahmenbedingungen – und vor allem auch

die Motivation, innovativ zu sein. Eine Stu-

die der Tiroler Wirtschaftskammer aus dem

Jahr 2012 zeigt, was innovative bzw. hoch-

innovative Unternehmen anders machen.

Als „hochinnovativ“ gelten Unternehmen,

die mindestens 40 Prozent ihres Umsatzes

aus Produkten erzielen, die jünger als drei

Jahre sind. Die Ergebnisse: Hochinnovative

Unternehmen scheuen die Investitionen

nicht: 15 Prozent ihres Umsatzes fl ießen in

die Entwicklung und Forschung. Sie haben

außerdem den Innovationsprozess in der

Unternehmensstrategie verankert und mo-

tivieren ihre Mitarbeiter aktiv, kreative Pro-

blemlösungen zu fi nden. Bei der Entwick-

lung neuer Produkte setzen hochinnovative

Unternehmen auf die Unterstützung von

wissenschaftlichen Einrichtungen, Beratern

und Clustern. Kundenorientierung spielt

eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung

neuer Produkte. Doch hochinnovative Un-

ternehmen lassen sich nicht ausschließlich

von Kundenwünschen leiten.

Unternehmenskultur. „Ob Innova-

tionen entstehen können, hängt sehr von

der Unternehmenskultur ab“, befi ndet

auch Füller. Damit sich Mitarbeiter über-

haupt Gedanken über neue Produkte,

Verbesserung bestehender Produkte und

Arbeitsabläufe machen können, benötigen

sie ausreichend Zeit und kreativen Frei-

raum. „Dazu kommt noch, dass passende

Räumlichkeiten und je nach Branche auch

Maschinen, Werkzeuge, und so weiter zur

Verfügung stehen müssen“, erklärt Füller.

Für die Realisierung der Ideen braucht es

eine ausführliche Planung und eine struk-

turierte Umsetzung. Dieser Aufwand lohnt

sich im Idealfall: Innovationen verscha� en

Unternehmen Wettbewerbsvorteile, hö-

here Einkünfte und eventuell sogar eine

Monopolstellung. „Das ist aber nur die Un-

ternehmerseite. Doch Innovation ist kein

Selbstzweck“, sagt Füller, „der Konsument

muss profi tieren, denn er lässt sich nur auf

ein neues Produkt ein, wenn er einen Vor-

teil davon hat.“

Verständlich: Jedes neue Produkt

bedeutet eine Umstellung und kurzfristig

einen erhöhten Aufwand für den Konsu-

menten. Der Nutzer muss sich mit der

Funktionsweise beschäftigen und lernen,

wie das neue Handy oder die neue Ka� ee-

maschine funktioniert.

Zeit und Geld. Bringt ein Unterneh-

men keine neuen Produkte hervor, hat

das unterschiedliche Gründe. Als die

größten Innovationshemmnisse gelten

mangelnde Zeit und fehlendes Budget.

Mitarbeiter, die ihr Arbeitspensum kaum

bewältigen können, sind nicht innovativ.

Auch fehlende (technische) Infrastruktur

verhindert so manches neue Produkt.

„Viele Unternehmen sind auch schlicht

und einfach zu bequem“, sagt Füller,

„außerdem ist eine Neuerung auch im-

mer ein Risiko und erfordert Mut.“ Wei-

terer Hemmschuh: ein bereits erreichter

großer Erfolg. Wer ein gut eingeführtes

Produkt am Markt hat, sieht häufi g zu

wenig Anreiz, sich um etwas Neues zu

bemühen.

Gesamtgesellschaftlich gesehen,

sind Innovationen die einzige Möglich-

keit, um die bevorstehenden sozialen

Veränderungen zu bewältigen. Johann

Füller: „Wir stehen vor großen Aufgaben:

Überalterung, Ressourcenknappheit, Na-

turkatastrophen, mangelnder Wohnraum,

eine Explosion der Gesundheitskosten etc.

Diese Probleme können wir nur mithilfe

von Innovationen lösen.“ ×

„Nicht jede Neuerung verdient den Namen ,Innovation’! Eine Innovation ist stets auch wirtschaftlich nutzbar.“ DR. JOHANN FÜLLER, PROFESSOR FÜR INNOVATION AND ENTREPRENEURSHIP

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INNOVATION

Tirol Touristica 2013Auch heuer wurden wieder herausragende touristische Projekte im Herzen der Alpen mit dem Tirol Touristica ausgezeichnet. Einmal mehr wird Tirol dabei seiner Vorreiterrolle im Tourismus gerecht, wie ein Blick auf die vier Siegerprojekte zeigt.

VON STEFFEN ARORA

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D rei Regionen, zwei Länder,

ein Fluss. Auf gut 125 Kilo-

metern führt der Lechweg

vom Formarinsee, der in der Nähe von

Lech am Arlberg, also in Vorarlberg, liegt,

über Warth in die Tiroler Naturparkregi-

on Lechtal-Reutte bis hinaus ins Allgäu,

wo der Weg beim Lechfall in Füssen,

Deutschland, endet. Doch der einzigar-

tige Wanderweg besticht durch mehr als

seine schiere Größe. In enger Zusammen-

arbeit haben die am Projekt beteiligten

Tourismusregionen ein umfangreiches

und spannendes Angebot erarbeitet, das

den Besuchern die Natur sowie Land und

Leute näherbringt.

Begonnen hat die Erfolgsgeschich-

te Lechweg im Jahr 2008, als der TVB

Lechtal, die Naturparkregion Reutte und

der Naturpark Tiroler Lech eine Arbeits-

gemeinschaft bildeten, um zusammen

ein touristisches Konzept für die einmalige

Wildfl usslandschaft zu entwickeln. Es galt,

die sensible Naturlandschaft für Gäste zu

erschließen, ohne dabei dem empfi nd-

lichen Ökosystem Schaden zuzufügen.

Bald konnten auch die Nachbarregionen

in Vorarlberg und im Allgäu ins Boot geholt

werden. Das Ergebnis des gemeinsamen

Prozesses war ein völlig neuer Zugang zum

Thema Wandern sowie Weitwandern, der

neben dem Naturerlebnis auch kulturellen

Mehrwert bietet.

Für den Wandergast. Die Zielgrup-

pe, die der Lechweg anspricht, ist der ty-

pische Wandergast. Topographisch eignet

sich der Lech ideal dafür, weil er leichtes,

moderates Wandererlebnis inmitten einer

außergewöhnlichen alpinen Naturland-

schaft bietet. Entlang des Lechweges

erwarten den Gast unzählige interessante

Stationen, die ihm Fauna, Flora und Kultur

der Region näherbringen. Auf eine auf-

wändige Inszenierung der Flusslandschaft

wurde bewusst verzichtet, da diese für

sich selbst spricht und keiner Inszenierung

bedarf. Das Angebot für den Wandergast

umfasst mehrtägige Weitwanderungen,

die auf Wunsch auch mit Gepäcktransport

zum jeweils nächsten Ziel buchbar sind,

bis hin zur klassischen Standortwande-

rung ausgehend vom Hotel. Zu Zweiterem

werden 2013 in den Tallagen des Natur-

parkgebietes weitere Rundwanderwege,

sogenannte Lechschleifen, als Halb- oder

Ganztagestouren entwickelt, die ab 2014

in den Markt eingeführt werden.

Vorbildfunktion. Mit dem einzig-

artigen Konzept sorgt der Lechweg, der

im Rahmen eines EU-kofi nanzierten

Interreg-Projekts entwickelt wurde, seit

seiner Erö� nung im Juli 2012 europaweit

für Furore und dient auch als Vorbild. So

wurde in enger Zusammenarbeit mit der

Europäischen Wandervereinigung ein Zer-

tifi zierungsverfahren ausgearbeitet, das

europaweit sowohl für Küsten- als auch

Mittelgebirgs- und Hochgebirgswege zur

Anwendung kommen soll. Dieses Modell

des „Leading Quality Trail – Best of Europe“

stieß in der Fachwelt auf großes Interesse.

Nach nur einer Saison kann der

Lechweg bereits erste messbare Erfolge

für sich verbuchen. So waren 2012 rund

2.700 Gäste auf der 125 Kilometer lan-

gen Wanderroute unterwegs. Der TVB

Naturparkregion Reutte konnte schon im

ersten Jahr seine Nächtigungszahlen um

7,8 Prozent steigern. Für dieses innovative

und zukunftsweisende Konzept erhält der

Lechweg den Tirol Touristica in der Kate-

gorie Angebotsentwicklung.

Kategorie: AngebotsentwicklungSIEGER: DER LECHWEG

Erfolgsmodell. Mit seinem einzigartigen Konzept sorgt der Lechweg europaweit für Furore.

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Kategorie: Marketing und VertriebSIEGER: DIE BERGDOKTORREGION UND DIE BERGDOKTORWOCHEN WILDER KAISER

B ergdoktor Martin Gruber, alias

Schauspieler Hans Sigl, bringt

die Schönheit der Urlaubsregion

Wilder Kaiser in mehr als sechs Millionen

Haushalte. Die erfolgreiche TV-Serie hat

sich zum touristischen Botschafter Tirols

entwickelt. Am Wilden Kaiser weiß man

das zu schätzen und für sich zu nutzen.

Zwischen der Region und „ihrem“ TV-Star

wurde eine für beide Seiten befruchtende

Kooperation geboren, die nun Jahr für Jahr

ausgebaut wird.

Die einzigartige Kulisse des Wilden

Kaisers, die Dorfi dylle Ellmaus und das

urige Bergdoktorhaus begeistern Fans

nicht nur in Deutschland. Die Erfolgsserie

des ZDF hat weltweit in Ländern wie Dä-

nemark, Kroatien und sogar in den USA, in

Namibia, Indien und China eine treue und

große Fangemeinde. Seit 1992 ordiniert der

Bergdoktor – damals noch von Darsteller

Gerhart Lippert gespielt – in den Tiroler

Bergen. 2008, als Sigl die Rolle übernahm,

wurde aus dem fi ktiven Bergdoktordorf

Sonnenstein der reale Ort Ellmau. Seither

ist die Serie ganz o� ensichtlich mit der

Gemeinde und der Region verbunden.

Scharen von Fans pilgern nun alljährlich in

die Region, um die Originalschauplätze zu

besuchen.

Potenzial erkannt. Beim TVB Wilder

Kaiser erkannte man schnell das Potenzial

dieses Kults rund um den Bergdoktor. Man

schuf daher die Initiativen „Bergdoktor-

region“ und „Bergdoktorwochen“ in der

Region Wilder Kaiser. Schauspieler Hans

Sigl wurde zum Testimonial der Urlaubs-

region.

Dank seiner umgänglichen Art be-

geistert der Mime die Fans und auch die

Einheimischen. Mittlerweile stellt er die

touristischen Attraktionen der Region in

verschiedenen Kurzfi lmen vor, lädt zum

Nachkochen von Kaiserschmarrn und

anderen Spezialitäten ein und nimmt die

Zuschauer mit zum Skifahren, Bergwan-

dern oder zu Mountainbike-Touren in der

faszinierenden Bergwelt des Wilden Kai-

sers. Im Rahmen der Marketingkooperati-

on wirbt er in Broschüren und auf Plakaten

für Sommer- sowie Winterurlaub in Ellmau,

Going, Sche� au und Söll. Und vor allem

während der „Bergdoktorwochen“ des

Tourismusverbandes ist Sigl der große Star

zum Anfassen. Das kommt bei den Fans

gut an, allein bei den Bergdoktor-Fantagen

am Hartkaiser in Ellmau verzeichnete man

zuletzt mehr als 500 begeisterte Fans.

Ganzjährige Attraktionen. Besu-

chern der Region stehen ganzjährig Berg-

doktor-Attraktionen zur Verfügung: Im

Ellmauer Ortsteil Faistenbichl kann man

das originale Bergdoktorhaus besichtigen,

das zum Sinnbild der Serie und der Region

wurde. Und im Ortskern sind mit dem fi k-

tiven Gasthof Wilder Kaiser, der Apotheke

und dem Polizeiwachzimmer permanente

Requisiten erhalten. Für Ortsunkundige

bisweilen verwirrend, denn es gibt in

Wahrheit keine Apotheke und kein Wach-

zimmer im Dorf. Eine eigene Broschüre

für Gäste, in denen die bekanntesten

Drehorte in der Region aufgelistet sind,

führt vom pittoresken Hintersteinersee

über den Gasthof Föhrenhof bis nach

Söll, wo der Köpfi nghof, das Elternhaus

„Gruberhof“ des Bergdoktors, steht. Aus

touristischer Sicht ist die Marketingkoope-

ration mit dem Bergdoktor ein Konzept,

dessen Erfolg auch TVB-Geschäftsführer

Lukas Krösslhuber überrascht: „Es ist un-

glaublich, wie viele Leute kommen. Aber

für uns als Bergdoktorregion ist das ein

großer Schritt nach vorne.“

Von 7. bis 14. September 2013

steht wieder die Bergdoktorwoche am

Programm, die sich an Gäste und auch

Einheimische richtet. Von Radtouren

über geführte Wanderungen bis hin zur

Bergdoktor-Schnitzeljagd stehen zahlrei-

che Highlights am Programm. Die ideale

Gelegenheit, sich selbst davon zu über-

zeugen, warum der Tirol Touristica in der

Kategorie Marketing und Vertrieb an die

Bergdoktorregion Wilder Kaiser geht.

Kooperativ. Der Bergdoktor als touristischer Botschafter – der TVB Wilder Kaiser hat das Potenzial um die Kult-TV-Serie mit Hans Sigl erkannt.

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D er Preis in der Kategorie Infra-

struktur geht heuer an ein be-

sonders innovatives Projekt der

Naturpark- und Gletscherregion Kaunertal,

die den hochalpinen Bereich für Menschen

mit Behinderung zugänglich macht. Das

Motto dahinter laut Florian van der Bellen,

der als Bereichsleiter für das Projekt ver-

antwortlich zeichnet: „Barrierefreier Urlaub

ohne Wenn und Aber“ vom Naturparkhaus

Kaunergrat bis zum Kaunertaler Gletscher.

Rollstuhlfahrer, Menschen mit Gehbehin-

derung, Familien mit Kinderwägen oder alte

und gebrechliche Gäste – ihre Bedürfnisse

werden im Kaunertal mitbedacht.

Anfänge in der 70ern. Der Ursprung

dieser Idee geht im Kaunertal bis auf die

späten 1970er-Jahre zurück, erklärt van der

Bellen: „Alles begann mit der Erö� nung des

Gletscherskigebietes. Durch die gute Er-

reichbarkeit mit dem Auto – der Parkplatz

liegt auf 2.700 Metern direkt beim Start der

Lifte – wurden sportliche Monoskifahrer

auf die Region aufmerksam.“ Und auch das

Gletscherrestaurant wurde barrierefrei ge-

baut, was einen Glücksfall hinsichtlich die-

ser Gästeschicht bedeutete und die Region

zum barrierefreien Nischenmarkt werden

ließ. Van der Bellen nennt diese Entwick-

lung einen Glücksfall für die Region: „Man

muss sagen, die Zielgruppe hat uns zuerst

gefunden. Jetzt versuchen wir im Gegen-

zug, den Bedürfnissen dieser Zielgruppe

bestmöglich gerecht zu werden.“

So wurde im Kaunertal von Hotelier

Charly Hafele das erste Rolli-Hotel der

Alpen, das Sporthotel Weissseespitze, er-

richtet. Mittlerweile wurde als preisgünstige

Alternative zum 4-Sterne-Haus mit dem

Haus Renate von Familie Penz ein weiteres

Angebot für Rollstuhlfahrer gescha� en.

Immer mehr Betriebe wie etwa das Haus

Bergfrieden rüsten um und machen ihre

Häuser rollstuhltauglich.

Insgesamt betragen die Nächtigun-

gen von Rollstuhlfahrern oder gehbehin-

derten Menschen bereits 10 bis 12 Prozent

der Gesamtnächtigungen, Tendenz stark

steigend. „Man muss dazu bedenken“, er-

klärt van der Bellen, „dass Rollstuhlfahrer

selten alleine auf Urlaub kommen, sondern

oft die Familie oder Freunde mitbringen.

Wir haben auch immer öfter Gruppen wie

etwa Firmen, die sich für unsere Region

entscheiden, weil ein oder mehrere Mit-

glieder im Rollstuhl sitzen.“ So betrachtet,

liege daher der Anteil an den Gesamtnäch-

tigungen sogar bei rund 20 bis 30 Prozent.

Hochalpines Terrain erleben. Ne-

ben den Beherbergungsbetrieben wurde

und wird die touristische Infrastruktur bar-

rierefrei gestaltet: So ist das Naturparkhaus

Kaunergrat bereits barrierefrei gebaut wor-

den und bietet Gästen mit Behinderung die

einmalige Möglichkeit, hochalpines Terrain

zu erleben. Mittels Holzstegen wurde das

Hochmoor zugänglich gemacht und das

Gletscherskigebiet ist mittels Schleppliften

– die für Monoskifahrer ideal sind – und

entsprechenden Einstiegshilfen (stufen-

loser Zutritt zur Karlesjoch-Gondelbahn,

stufenfreier Ausstieg am Gipfel und Rampe

zum „Dreiländerblick“ auf 3.108 m) bei den

Gondelbahnen ohnehin seit jeher rolli-

freundlich.

Auf Anfrage stehen zudem Nie-

derfl urbusse für Gruppen zur Verfügung.

Ö� entliche Einrichtungen wie das Infor-

mationsbüro des TVB oder das Kaunertaler

Hallenbad sind ebenfalls barrierefrei zu-

gänglich. Und selbst das Lebensmittelge-

schäft, die Sportgeschäfte und die Skischu-

len im Kaunertal sowie auf dem Gletscher,

ja sogar die Wallfahrtskirche Kaltenbrunn

lassen sich barrierefrei erreichen.

Für die Zukunft plant man im Kau-

nertal, das barrierefreie Angebot sukzes-

sive auszubauen, bestätigt Bereichsleiter

Florian van der Bellen: „Wir arbeiten

derzeit daran, die Verpeilschlucht mittels

Stegen und Plattformen für Rollstuhlfah-

rer zu erschließen. Zudem ist geplant, eine

Aussichtsplattform auf der rund 60 Meter

hohen Seitwand zu errichten, die ebenfalls

barrierefrei zugänglich sein soll.“ So sehr

man den Tirol Touristica als Auszeichnung

für das bisher Erreichte sieht, so wenig will

man sich auf diesen Lorbeeren im Kaunertal

ausruhen und arbeitet weiter am Ausbau

des Angebots.

Kategorie: Infrastruktur und BautenSIEGER: ENSEMBLE BARRIEREFREIE NATURPARK- UND GLETSCHERREGION KAUNERTAL

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Seit 20 Jahren. Der Ski-Weltcup in Sölden ist der symbolische Auftakt zur Wintersaison.

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Engagiert. Das Kaunertal ist Vorreiter in Sachen

Barrierefreiheit.

13

Service,

Reinigungen,

Reparaturen,

Montage von

Getränkeaus-

schankanlagen

GmbHH o t l i n e : 0 6 6 4 / 2 1 4 3 9 6 5 | Te l e f o n : 0 5 2 8 2 / 5 1 0 2 5 | A - 6 2 8 4 R a m s a u i . Z . 1 6 8

w w w. s c h a n k a n l a g e n s e r v i c e . a t

Kategorie: Events und

Großveranstaltungen

SIEGER: FIS SKI-WELTCUP-AUFTAKT SÖLDEN

Im Oktober 1993, also vor genau 20

Jahren, fand am Rettenbachferner

in Sölden erstmals ein Skiweltcup-

Rennen statt. Dieses Rennen zum Saison-

auftakt wurde zur Tradition und fi ndet seit-

her alljährlich statt. Mittlerweile gilt Sölden

als Synonym für den Beginn der Winter-

saison. Zehntausende Fans vor Ort und

Millionen vor den Bildschirmen verfolgen

Jahr für Jahr die ersten Ski-Weltcuprennen

im Ötztal. Somit sind die ersten Winterim-

pressionen, die in Millionen Haushalte in

den Zielmärkten gesehen werden, Bilder

aus dem frühwinterlichen Tirol.

Auftakt der Wintersaison. Im Lauf

der Jahrzehnte wurde dieser Event stetig

verbessert und ausgebaut. Es gilt schließ-

lich Tausende Fans zu beherbergen,

Hunderte internationale Medienvertreter

zufriedenzustellen und nicht zuletzt per-

fekte Bedingungen für die Athleten und

ihre Betreuer zu scha� en. All das gelingt

den Gastgebern in Sölden seit 20 Jahren

alljährlich perfekt. Wie sonst hätte dieser

Event Kultcharakter erlangen können?

Dank des Engagements von Jack Falkner

und des touristischen Know-hows des TVB

Ötztal zählt der FIS Ski-Weltcup-Auftakt zu

den absoluten Topereignissen im Tiroler

Bergwinter. Mehr noch, er ist zugleich der

symbolische Auftakt der Wintersaison.

Nicht nur die Tourismusbranche, auch der

Sporthandel sowie der Ski-Weltcupzirkus

nutzen Sölden als Auftaktevents.

Wichtigstes Urlaubsmotiv. Ski-

fahren ist nach wie vor das wichtigste

Urlaubsmotiv der Gäste im „Herz der

Alpen“. Daher ist es naheliegend, den tou-

ristischen Saisonauftakt mit dem sportli-

chen zu kombinieren. Die seit nunmehr

20 Jahren bestehende Zusammenarbeit

zwischen Sölden und dem ÖSV zum all-

jährlichen Weltcupauftakt zeigt, wie man

beides auf ideale Weise verbinden kann.

Der materielle und vor allem auch perso-

nelle Aufwand ist unwahrscheinlich groß

und alle geben ihr Bestmögliches, um die

Faszination Skisport in die Welt hinaus-

zutragen. Der Erfolg bestätigt, dass sich

dieser Einsatz lohnt. Die Auszeichnung mit

dem Tirol Touristica unterstreicht dies und

dient zugleich als Anerkennung für den

Pioniergeist, den Sölden hier vor zwei

Jahrzehnten an den Tag gelegt hat. ×

Andreas Braun, Vor- und Querdenker

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15 SaiSON

INNOVATION

„Halbwegs vergnügter Blick zurück” Der Tirol Touristica 2013 für das touristische Lebenswerk geht an Andreas Braun, den langjährigen Direktor der Tirol Werbung und Miterfi nder der Swarovski Kristallwelten. Ein Gespräch über Herkulesaufgaben, belebenden Dilettantismus und den Fluch und Segen von Klischees.

DAS INTERVIEW FÜHRTE MATTHIAS KRAPF.

SAISON: Herr Braun, ein Preis fürs Lebens-werk – was löst das bei Ihnen aus? aNdreaS

BraUN: Ganz banal die Freude, dass ich es

erleben kann. Und dann löst so ein Preis

trotz aller Unzufriedenheit, die in mir wohnt, Genug-

tuung aus, dass man eine gewisse resonanz erzielen

und einen Beitrag leisten konnte. diese auszeichnung

lässt mich innehalten mit einem absolut nicht selbst-

zufriedenen, aber halbwegs vergnügten Blick zurück.

Manche experimente sind in die hose gegangen, einige

aber auch geglückt.

Wann hat Ihr touristisches Lebenswerk begonnen?

tourismus ist eine biographische Konstante. Meine

Mutter war Bilanzbuchhalterin in tourismusbetrieben.

ich habe mir mein Studium als gebürtiger Kitzbüheler

mit touristischer arbeit fi nanziert.

Vor Ihrer Zeit bei der Tirol Werbung haben Sie dann aber doch in Windeseile die ersten Stufen der Kar-riere in der Landesverwaltung genommen. Welcher Weg führt vom Verfassungs- und Verwaltungsjuris-ten, vom stellvertretenden Bezirkshauptmann zum Landestourismusdirektor? Zwei dinge waren dafür,

denke ich, maßgeblich. erstens genoss ich in der

Landesverwaltung bereits eine gewisse anerkennung.

Zweitens waren Landesrat Bassetti und Landeshaupt-

mann Wallnöfer der Meinung, dass jemand, der sich

in der Landesverwaltung auskennt, größere Chancen

hat, dinge voranzutreiben, als ein tourismusexperte.

Man hat Ihnen zugetraut, etwas weiterzubringen. Bassetti und Wallnöfer ging es darum, die Stellung

der tourismuswerbung in der Landesverwaltung zu

stärken. im Gegensatz etwa zum agrarwesen war der

tourismus trotz seiner großen Bedeutung fürs Land auf

der ebene der verwaltung nicht ausreichend repräsen-

tiert. die tiroler Fremdenverkehrswerbung war nicht

einmal eine abteilung, sondern nur eine dienststelle,

eine verlegenheitskonstruktion.

Ihr erstes Ziel war dann also, Strukturen aufzubauen. richtig. 1984 wurde die tourismuswerbung eine regu-

läre abteilung. die tiroler Fremdenverkehrsabteilung

ii d – das war die Zwischenetappe. Nach Bassettis

rückzug 1986 hat mich auch Landesrat Kranebitter

sehr unterstützt – wir hatten allerdings die Landes-

verwaltung nicht unbedingt auf unserer Seite. das Be-

harrungsvermögen gewachsener Strukturen ist enorm.

1989 war es dann aber trotzdem so weit. Die Tirol Werbung wurde als Verein ins Leben gerufen. Ein Mei-lenstein? es war ein Glücksfall, dass diese herkulesauf-

gabe gelungen ist. ich empfi nde die Gründung der tirol

Werbung als meinen größten erfolg. Man hat damit

sicher den Grundstein für eine noch professionellere

und für die tiroler Bedürfnisse besser geeignete Or-

ganisationsform gelegt. Und die tirol Werbung wurde

dann ja zum vorbild für andere Landestourismusorga-

nisationen. Wie anders es auch hätte verlaufen können,

sieht man am Beispiel von tiscover, wo die Politik nicht

die richtigen rahmenbedingungen ermöglicht hat.

Ihr Name wird auch heute mit dem Kontroversiellen, Unangepassten verbunden. Hatten Sie eigentlich von Beginn an Zeit und Muße dafür? in den ersten Jahren

hatte ich alle hände voll zu tun, um mich in das vielfälti-

ge touristische Geschehen einzuarbeiten. dem gesam-

ten Phänomen habe ich mich sehr vorsichtig genähert.

Frei nach Umberto eco war ich sicher ein integrierter

und kein apokalyptiker. allerdings habe ich neben dem

alltagsgeschäft Studien und analysen vorangetrieben,

die mein Gefühl empirisch belegt haben.

Was hat Ihnen Ihr Gefühl gesagt? Zum einen war ich

zur einsicht gelangt, dass der tiroler Bergsommer

„Vielleicht war der Leidensdruck in Tirol am größten, sodass wir als Erste im gesamten Alpenraum etwas geändert haben. Die Banali-sierung Tirols, die nach dem Krieg eingesetzt hatte, war ja gräulich.“

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zunehmend seine attraktivität in den hauptmärkten

deutschland und Österreich verlor – ganz massiv vor

allem bei den jungen Leuten. Zum anderen war für mich

die fehlende akzeptanz des tourismus bei der tiroler

Bevölkerung offensichtlich. die sogenannten Opinion

Leader aus Wissenschaft und Kultur pflegten eine fast

schon schamvolle distanz zum tourismus. Beide ent-

wicklungen wurden in den erhebungen bestätigt. das

hat mir sehr zu denken gegeben.

Welche Schlüsse haben Sie daraus gezogen? Letztlich

habe ich mir ein ganz einfaches Ziel gesetzt: ich wollte,

dass diese alltagskultur tourismus aktueller, avantgar-

distischer wird, sich in ihrer ganzen Zeichensprache auf

der höhe der Zeit bewegt und die Jugend berührt. ich

habe damals immer gesagt: Wenn sich die jungen Leu-

te nicht ein Plakat von Prince, sondern eines der tirol

Werbung ins Zimmer hängen, haben wir gewonnen.

Keine leichte Aufgabe, oder? Am Berg regierten da-mals doch die Knickerbocker. ich kann mich an eine

Journalistenwanderung im Pitztal erinnern, wo wir mit

Skistöcken gegangen sind. Was wurden wir dafür aus-

gelacht! die Leute haben gesagt: Stecken im Sommer

– wie kann man nur! alles andere als die Knickerbocker,

rote Stutzen, kariertes hemd war eigentlich verpönt.

das wollte ich aufbrechen. außerdem ging es mir, was

den tourismus anbelangt, um ein neues Wir-Gefühl

der tiroler. deshalb habe ich mit Künstlern wie anton

Christian, Griseldis hofer Mitterer oder Christian Berger

zusammengearbeitet. die idee war, mit den Mitteln

der verstörung, verfremdung und ironisierung etwas

zu bewirken. Und da wurde es natürlich kontroversiell.

Legendär ist der Gulasch-Sager. Worum ging es Ihnen?

Mir ging es um eine neue angebotskultur. Man kann dem

Gast kein Gulasch als gut verkaufen, wenn es das ein-

fach nicht ist. da ist dann irgendwann in holland dieser

berühmte Sager gefallen. die empörung war groß, es

hat geheißen: der Braun als tourismusdirektor macht

unsere wunderbare Qualität kaputt. es wurde als Lan-

desverrat empfunden. Zum raffl war es nicht mehr weit.

Waren die 80er-Jahre eine dankbare Zeit für das Brechen von Tabus? vielleicht war der Leidensdruck

in tirol am größten, sodass wir als erste im gesamten

alpenraum etwas geändert haben. die Banalisierung

tirols, die nach dem Krieg eingesetzt hatte, war ja

gräulich. es gab einheitsblumenkästen, einheitsessen,

einheitsmarketing. tabubrüche sind da in den 80er-

Jahren einfach angestanden. es war paradox: einerseits

war da diese Liebe zum Land, andererseits mussten wir

trotzdem auch Nein zu tirol sagen. ich habe versucht,

tirol eine vielbödigkeit zurückzugeben.

Wie wichtig war es Ihnen, dabei innovativ zu sein?

das veritable Neue ist meist eine verknüpfung von

bestehenden elementen. Bei innovation handelt es

sich also um eine Kombinationsleistung. Solche ver-

knüpfungsleistungen haben wir viele erbracht – auch

im Kleinen. Wenn man zum Beispiel ein Buch fördert,

das den tirolern zeigt, welche Bergstationen Baumann

gebaut hat, setzt man einen impuls. Und vielleicht be-

kommen zehn Jahre später junge architekten im Ötztal

die Chance, eine Seilbahnstation zu bauen, die anders

ist als der einheitsbrei.

Welche Positionierung schwebte Ihnen für Tirol vor?

die herausforderung bestand darin, einen Kompromiss

zu finden zwischen den kulturellen Bedürfnissen einer

Bevölkerung von 700.000 Menschen und den idylli-

schen erwartungshaltungen von zehn Millionen Gäs-

ten. im rahmen der Komplexitätsreduktion, ohne die

es nicht geht, hatten sich hier tirol-Klischees verfestigt.

diese waren Fluch und Segen, weil sie einerseits als

einfaches Pattern sehr gut funktioniert haben, man sich

andererseits allerdings nicht ewig auf diese Klischees

beschränken konnte. Wir mussten schauen, dass die

Klischees wieder sexy wurden. denn das ist bei jeder

erzählung so: Sie hat einen archetypischen Kern und

zeitgeistige Metamorphosen.

Und um diese Metamorphosen ist es Ihnen also ge-gangen? Jeder Markenartikler im Premiumsegment

weiß: Man muss auch gut gehende Produkte heraus-

nehmen, da sie irgendwann Gefahr laufen, banal zu

werden. ich musste also für das Unternehmen tirol

den anteil an bedrohlich malerischen Blumentöpfen

und holzhimmeln zuücknehmen, damit dieses Landl

noch irgendeine Schärfe vorzuweisen hatte.

Sie haben sich bewusst Kulturhistoriker und Phi-losophen ins Team geholt. Warum? touristisches

Fachwissen ist sehr wichtig. ich behaupte aber, dass

der tourismus ein offenes System sein sollte, in dem

Quereinsteiger eine Chance bekommen. ich sehe es

kritisch, wenn sich das teilsystem tourismus abschließt

und auch heute plädiere ich deshalb für einen beleben-

den dilettantismus.

1994 sind Sie zu Swarovski gegangen. Hat eigentlich irgendjemand damit gerechnet, dass die Kristall-welten so ein riesiger Erfolg werden? Weder Gernot

Langes-Swarovski, andré heller noch meine Wenigkeit

haben mit diesem erfolg gerechnet. Wattens war nicht

„Ich habe damals immer gesagt: Wenn sich die jungen Leute nicht ein Plakat von Prince, sondern eines der Tirol Werbung ins Zimmer hängen, haben wir gewonnen.“

„Ich sehe es kritisch, wenn sich das Teilsystem Tourismus abschließt und

auch heute plädiere ich deshalb für einen belebenden Dilettantismus.“

In offizieller Mission. Andreas Braun ver-handelte immer wieder auch in Wien. Das Foto zeige, so meint er heute, seine „leicht entspannte Haltung zu den Wiener Zentralstellen“.

ZUR PERSON dr. andreas Braun arbeitete seit 1969 als verwal-tungs- und verfassungsjurist in verschiedenen Funk-tionen in der tiroler Landesverwaltung, ehe er 1981 mit der Leitung der Fremdenverkehrswerbung be-traut wurde, der vorgängerorganisation der von ihm begründeten tirol Werbung. diese wurde 1989 als verein ins Leben gerufen. als Landestourismusdirek-tor prägte Braun Begriff e wie „herz der alpen“ und „Starkes Land“ und sorgte mit Kampagnen für Fu-rore, aber immer wieder auch für teils heftige Kritik. 1994 wechselte der gebürtige Kitzbüheler zu Swa-rovski und baute dort die Kristallwelten auf. Seit 2012 ist Braun Geschäftsführer der destination Wattens regionalentwicklung Gmbh, einem Private-Public-Partnership-Projekt von Swarovski und der Gemeinde Wattens, das die entwicklung der region in den Be-reichen Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Bildung fördern soll. von 2001 bis 2010 war der vater zweier erwachsener Kinder zudem Stiftungsrat des OrF.

World Spirit Award für Brennerei

ErberBEIM 10. WORLD-SPIRITS AWARD

2013 GING AUF DIE BRIXNER TRADI-TIONSBRENNEREI ERBER EIN WAH-

RER MEDAILLENREGEN NIEDER.

Mit dem „World Spirit Award“, dem Titel „Spirit of the Year“ und zehn Mal Edelmetall in

der Tasche kam Brennmeister Christian Schmid von der Brennerei Erber aus Brixen im Thale

mehr als zufrieden von dem 10. World-Spirits Award (WSA) in Klagenfurt nach Hause. Für die Tiroler Brennerei Erber ist dieses Ergebnis

eine Bestätigung für den eingeschlagenen Weg: Brennmeister und Geschäftsführer

Christian Schmid setzt in Österreichs größter Kupferbrennerei konsequent auf höchste

Qualität und handwerkliche Präzision.

KRÄUTERBITTER IST DER GEWINNER

An sich sind ja die erlesenen Obstbrände die Domäne der Brixner Traditionsbrennerei.

Diesmal jedoch war der Kräuterbitter „Herber vom Erber“ als „Spirit of the Year“ der Star aus dem Hause Erber. Die Jury zeigte sich

vom „Herben“ beeindruckt und lobte unter anderem dessen „fi nessenreichen Gewürz-Kräuter-Wurzel-Mix“. Die Kräuter für diese

Spezialität werden im eigenen Haus extrahiert und nach einer hauseigenen Rezeptur veredelt.

das epizentrum des internationalen tourismus und ich

wollte nicht in die Falle tappen, die eigene Bekannt-

heit und Bedeutung zu überschätzen. deshalb habe

ich viele Klinken geputzt und mit dem ohnehin schon

sehr großzügigen herrn Langes ordentliche diskussi-

onen bezüglich des Marketingbudgets geführt, wo wir

anfangs um eine Zehnerpotenz auseinander gelegen

sind. dass es ohne internationales Marketing nicht ge-

hen würde, war mir von anfang an klar. 1996 im ersten

volljahr hatten wir dann deutlich über 300.000 Besu-

cher – und lagen damit weit über den erwartungen.

Sie haben die Kristallwelten dann sukzessive aus-gebaut, außerdem kamen Standorte in Wien und Innsbruck dazu. am ende hatte ich ein veritables KMU

mit 300 Leuten und 50 Millionen euro Jahresumsatz

aufgebaut. das hat mich natürlich gefreut, weil einem

Non-Profi t-touristiker, wie ich es bei der tirol Werbung

war, gerne vorgehalten wird, wie leicht er es doch habe,

weil er kein Geld verdienen muss. das hat mein touris-

tisches biographisches Spektrum ganz gut abgerundet.

Wermutstropfen ist vielleicht, dass ich gerne noch die

internationalisierung vorangetrieben hätte. aber dafür

war die Zeit wohl einfach noch nicht reif.

Konnten Sie Ihre Lust am Diskurs auch noch bei Swa-rovski ausleben? (lacht) auch bei Swarovski hab‘ ich

beherzigt, was ich bei der tirol Werbung gelebt habe:

anfangs still verhalten und viel lernen. ich durfte dann

im Unternehmen Swarovski viele Menschen und Mei-

nungen kennenlernen und ich habe an den diskursen

teilgenommen und vielleicht das eine oder andere

beigetragen. rückblickend muss man sagen: Sowohl

bei der tirol Werbung als auch den Kristallwelten habe

ich das Glück gehabt, den richtigen Zeitpunkt des Kom-

mens und Gehens zu erwischen.

Vielen Dank für das Gespräch. ×

Am Berg. Es gibt wenige Flecken von Tirol, die Andreas Braun nicht begangen hat. Und das schon früh mit Stecken, auch wenn das anfangsbestenfalls belächelt wurde.

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18 SAISON

INNOVATION

W er scheitert, hat ver-

loren. Fehler sind in

einer auf Leistung

getrimmten Gesell-

schaft verpönt, werden mit Schimpf und

Schande bestraft sowie dem Spott preis-

gegeben. Doch dass gerade das Scheitern

immer wieder zu erstaunlichen Innovati-

onen geführt hat, wird dabei in der Hektik

des Alltages vergessen.

„Vielleicht ist die Geschichte der

Irrtümer der Menschheit doch nützlicher

und interessanter als die ihrer Entdeckun-

gen“, schrieb der amerikanische Politiker

und Erfi nder Benjamin Franklin im Jahr

1784. Tatsächlich waren es nicht selten

kolossale Fehlschläge, die zu Innovatio-

nen geführt haben, wenn nur die richtigen

Schlüsse daraus gezogen wurden. Als

ein Arzt aus Südengland im September

1992 mit dem Entwicklungschef des

amerikanischen Pharmakonzerns Pfi zer

telefonierte, wollte er ihm lediglich die

Nachricht von einem Schlag ins Wasser

überbringen: Das neue Mittel zur Be-

handlung von Bluthochdruck bringe bei

seinen Patienten keine Besserung, das

Medikament mit dem Wirksto� Sildenafi l

sei ein Reinfall. En passant erwähnte er

eine etwas merkwürdige Nebenwirkung:

Männliche Patienten bekämen nach der

Einnahme eine hartnäckige Erektion. Pfi -

zer wurde sofort hellhörig, erkannte das

Potenzial der Nebenwirkung, meldete

ein Patent an und brachte sechs Jahre

später Viagra auf den Markt – die wohl

berühmteste Erfi ndung in der jüngeren

Geschichte der Männerheilkunde.

Schuss ins Blaue. Innovationsversu-

che sind stets ein Schuss ins Blaue, ein

„Handeln unter Informationsmangel“, wie

Reinhold Bauer sagt, Historiker an der

Universität Stuttgart und Autor des Buches

„Gescheiterte Innovationen: Fehlschläge

und technologischer Wandel“ (Campus-

Verlag). „Das Risiko des Scheiterns ist

immer gegeben. Bei erfolgreichen Inno-

vationen droht der Erfolg selbst den Blick

auf diese unvermeidbaren Entstehungs-

bedingungen zu verstellen.“

Auch die amerikanische Psycho-

login und Journalistin Kathryn Schulz

propagiert einen neuen, entspannteren

Umgang mit Fehlern: Es gebe Situatio-

nen, in denen sie geradezu „notwendig

sind“, schreibt sie in ihrem Buch „Rich-

tig irren“ (Riemann Verlag), quasi dem

Grundlagenwerk der neuen Disziplin

der „Wrongology“. Diese besagt unter

anderem: Fehler sind unerlässlich für die

Erkenntnisfähigkeit des Menschen. „Von

allen Fehlern, die wir machen, ist unsere

Vorstellung von Fehlern wohl unser größ-

ter Fehler überhaupt, unser Metafehler“,

meint Schulz. Eine gute Fehlerkultur, ein

Klima, in dem Verfehlungen kein Tabu

mehr sind, sei unerlässlich, in Firmen wie

auch in der Gesellschaft.

Nicht die erstbeste Idee. Irrtümer

ziehen sich wie ein roter Faden durch die

Menschheitsgeschichte. Als der Mensch

vor 40.000 Jahren, im letzten Abschnitt

der Altsteinzeit, in Europa auftauchte, er-

fand er sehr rasch eine ganze Reihe von

neuen Geräten aus Stein und Knochen –

und versuchte, seinem ureigenen Drang

folgend, sie stets zu verbessern und neu

zu erfi nden. Dieser Drang trieb auch den

„Es macht mich rasend, Unrecht zu haben, wenn ich weiß, dass ich Recht habe“MOLIÈRE, FRANZÖSISCHER DRAMATIKER

Innovative Produkte. Post-it, Viagra und Playmobil haben eines gemeinsam: Ihre Erfi nder kamen über Umwege zum Ziel.

W er scheitert, hat ver-

loren. Fehler sind in

Einnahme eine hartnäckige Erektion. Pfi -

zer wurde sofort hellhörig, erkannte das

Auf Umwegen zum ErfolgScheitern gilt als Tabu. Doch oft liegt in Niederlagen mehr Potenzial, als es auf den ersten Blick scheint. Geschichten voninnovativen Fehlschlägen.

VON FLORIAN GASSER

Auf Umwegen

19

BUCHTIPPS

• Reinhold Bauer: Gescheiterte Innovationen: Fehlschläge und technologischer Wandel, Campus-Verlag, 2006

• Kathryn Schulz: Richtig irren, Riemann Verlag, 2011

Homo heidelbergensis, den letzten ge-

meinsamen Vorfahren von Neandertaler

und Homo sapiens, bereits vor 500.000

Jahren dazu an, Steinspitzen auf Wurf-

speere zu stecken. Und 400.000 Jahre

später kam der Mensch vermutlich auch

erst nach einigem Ausprobieren auf die

Idee, seine Bettenlager in der südafrikani-

schen Sibuduhöhle aus den Blättern einer

bestimmten Baumart zu bauen, die Gifte

gegen Malariamücken produziert – so-

zusagen als erste Form des biologischen

Insektenschutzes.

Zu scheitern widerstrebt dem

Menschen. Wissen, dass man falsch liegt,

kann zermürben und einem die Schames-

röte ins Gesicht treiben: „Es macht mich

rasend, Unrecht zu haben, wenn ich

weiß, dass ich Recht habe“, schrieb der

französische Dramatiker Molière. Doch

Erfolg ist selten linear. Auch wenn gerne

Mythen von brillanten Köpfen erzählt

werden, die auf direktem Weg zum Erfolg

durchmarschiert sind. Im kalifornischen

Silicon Valley soll es angeblich wimmeln

von solchen Menschen. Doch die Wahr-

heit sieht oft völlig anders aus. So hat

die Firma blackbox dort gemeinsam mit

den Universitäten Stanford und Berkeley

650 Startup-Unternehmen und deren

(Erfolgs-)geschichte untersucht. Eine der

wichtigsten Erkenntnisse: Die beste Idee

ist selten die erste. Wer sich an die aller-

erste Eingebung klammert, hat zumeist

schon verloren.

Post-it und Playmobil. Als der

Chemiker Spence Silver von der Firma

Minnesota Mining and Manufacturing

Ende der 1960er einen neuen Superkleber

entwickelte, war er vom Ergebnis tief ge-

tro� en. Der Kleber tat vor allem eines nicht:

dauerhaft kleben. Mit so gut wie keinem

Kraftaufwand ließ er sich wieder ablösen.

Einige Jahre später ärgerte sich Silvers Kol-

lege Arthur Fry während einer Chorprobe

darüber, dass die Lesezeichen der Noten-

blätter stets aus dem Singbuch fi elen. Die

zündende Idee: der ablösbare Kleber. Nun

war es nicht mehr weit zu den Post-its,

die 1980 auf den Markt kamen. Auch die

unverwechselbare gelbe Farbe des Pa-

piers war ursprünglich nicht geplant; es

war zum Zeitpunkt der Entwicklung ganz

einfach kein anderes bei der Minnesota

Mining and Manufacturing vorhanden.

Selbst die Playmobil-Männchen

waren ursprünglich ein Verlegenheits-

produkt. Die Firma Brandstätter aus dem

beschaulichen Zirndorf in Bayern war

bekannt als Hersteller von Hula-Hoop-

Reifen, Kindertraktoren, Kaufl äden und

sonstigem Plastikspielzeug. Doch die

Ölkrise 1974 trieb den Rohsto� preis in

schwindelerregende Höhen. Das Spiel-

zeug musste unbedingt kleiner werden.

So wurden Figuren von knapp über sie-

ben Zentimeter Höhe entworfen – die

Geburtsstunde von Playmobil, das allein

2010 einen Umsatz von einer halben Mil-

liarde Euro erwirtschaftete.

Scheitern zulassen. „Innovation

wird immer noch gedankenlos mit Erfolg

gleichgesetzt“, sagt Reinhold Bauer. „Unter

dem Einfl uss dieses Denkens droht aber

die Forderung nach steigender Innovati-

onsfähigkeit zur Leerformel zu verkom-

men.“ Wer Innovation möchte, muss das

Scheitern zulassen. Auch der Erfi nder des

Laser-Druckers, ein Techniker der Firma

Xerox, führte seine Tests trotz zahlloser

Fehlschläge und dem immer heftiger

werdenden Kopfschütteln seiner Kollegen

stetig fort. Schlussendlich wurde das von

ihm entwickelte Gerät das grandiose Er-

folgsprodukt der Firma. Der Autokonzern

Toyota sanktioniert gar Mitarbeiter, die

Fehler vertuschen – denn sie berauben die

Firma der Möglichkeit, daraus zu lernen.

„Ich habe aus meinen Niederlagen

mehr gelernt als aus meinen Erfolgen“,

bekennt der Schriftsteller Hans Magnus

Enzensberger in seinem 2010 erschiene-

nen Buch „Meine Lieblingsfl ops“. Minutiös

listet er dort seine großen Niederlagen auf:

Opernpläne, Theaterstücke, Zeitschriften-

projekte und vieles mehr. Alles Niederla-

gen im Leben des 83-Jährigen, der seine

Leser fast dazu ermutigt, möglichst elegant

auf die Nase zu fallen. Denn: „In jeder Pein-

lichkeit wohnt eine Erleuchtung inne.“

Wer behauptet, niemals gescheitert

zu sein, der erzählt ziemlich sicher die Un-

wahrheit. Oder aber, er lebt nicht. Denn

schon Augustinus von Hippo, der große

lateinische Kirchenlehrer der Spätantike,

meinte: Si fallor, sum – Wenn ich mich

täusche, bin ich. ×

„Das Risiko des Scheiterns ist immer gegeben. Bei erfolgreichen Innovationen droht der Erfolg selbst den Blick auf diese unvermeidbaren Entstehungs-bedingungen zu verstellen.“REINHOLD BAUER, HISTORIKER AN DER UNIVERSITÄT STUTTGART

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20 SAISON

INNOVATION

Die ÜberlebensstrategieUm im internationalen Wettbewerb weiterhin mithalten zu können, müssen sich die Tiroler Destinationen und Betriebe noch besser, noch genauer und noch innovativer positionieren.

VON NINA HEIZER-WALCH

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D as Leben als Touristiker ist

anstrengend. Nie kann er

sich auf seinen Lorbeeren

ausruhen, eine gut gelaufe-

ne Saison feiern oder seine Gedanken ru-

hen lassen. Die Gäste wollen bei ihrer Rück-

kehr im kommenden Jahr Neues vorfi nden.

Mit Überraschungen angelockt werden.

Sie wollen einen Grund haben, warum sie

wieder nach Tirol kommen und nicht statt-

dessen einmal der Schweiz, Südtirol oder

Frankreich einen Besuch abstatten sollen.

Mit Qualitätskriterien lockt man Urlauber

nicht mehr in die Alpenrepublik. Das war

einmal. Inzwischen setzen sie diese voraus

und erwarten zusätzlich innovative Ideen,

die ihren Aufenthalt unterhaltsam gestalten.

Und das Jahr für Jahr.

„Das Thema Qualität war in den 90er-

Jahren eine wichtige O� ensive. Nun, seit

dem Millennium, stehen die Innovationen

mehr im Mittelpunkt“, sagt Birgit Pikkemaat

vom Institut für innovativen Tourismus in

Innsbruck. Sie hat 2009 eine Studie im Auf-

trag der Tiroler Zukunftsstiftung mit dem

Titel „Innovationen im Tourismus – Zur

Lage in Tirol“ erstellt. Ziel der Studie war

es, Möglichkeiten aufzuzeigen, in welchen

Bereichen Förderbedarf für Innovationen

besteht und in welcher Form Unternehmer

bei ihrer Innovationstätigkeit unterstützt

werden können. Befragt wurden 37 Des-

tinationsmanager, Seilbahnbetreiber und

Tourismusunternehmer.

Pikkemaat kam damals zu dem

Schluss, dass die Wichtigkeit von Inno-

vationen im Tiroler Tourismus durchaus

von einigen Unternehmern schon erkannt

wurde. Viele gute Ideen seien vorhanden.

Einiges konnte auch auf Destinations-

oder Betriebsebene umgesetzt werden.

„Alle, die das Thema Berg thematisiert, die

21SAISON

INNOVATION

Gaislachkogel-bahn. Häufi g sind in Tirol die Seilbahnen die Innovations-treiber. Technisch gesehen ist Tirol weltweit führend. Und auch die Architektur wird mutiger.

Natur inszeniert und konkrete Produkte

gescha� en haben, sind sehr erfolgreich.

Das Hexenwasser in Hochsöll war sicher

ein Vorreiter und ist ein gutes Beispiel, wie

es funktionieren kann.“ Auch die Familien-

region Serfaus-Fiss-Ladis beweist, wie er-

folgreiches Product Placement stattfi ndet.

„Die haben jede Saison was Neues“, meint

Pikkemaat.

Gesättigter Markt. „Innovationen

waren und sind deshalb so wichtig, weil

der Markt über weite Teile beziehungs-

weise in vielen Bereichen inzwischen

gesättigt ist. Tirol ist das tourismusinten-

sivste Bundesland in Österreich. Doch

die Nächtigungszahlen stagnieren, wenn

auch auf hohem Niveau“, sagt die Touris-

musexpertin. Die Rahmenbedingungen

haben sich geändert. Die Trends gehen

vermehrt in Richtung Erlebnisreichtum,

Gesundheits- und Qualitätsbewusstsein

und Individualisierung. Die Zielgruppe än-

dert sich: Immer mehr Senioren und die

Generation 50 plus buchen Aufenthalte.

„Der neue Kunde ist multioptional, was

bedeutet, dass eine Vielzahl an Angeboten

erwartet wird, auch wenn tatsächlich nicht

alles in Anspruch genommen wird“, hieß es

schon in der Studie 2009. Häufi g fällt es

besonders den kleinen Betrieben schwer,

sich diesen neuen Herausforderungen zu

stellen.

Geduld ist gefragt. Oft dauern Anträ-

ge, Verfahren und Gutachten jahrelang. Ein

Beispiel, wie schwierig es ist, eine innovati-

ve Idee zu entwickeln, ist das Projekt Natur-

Refugia Obernberger See. Der ehemalige

Wacker-Präsident Gerhard Stocker hat eine

innovative Wohnlösung unter der Erde

entwickelt und wartet seit 2010 auf einen

positiven Baubescheid. „Dieses Vorhaben

weicht von den üblichen Standards ab,

so etwas gibt es in ganz Tirol nicht“, sagt

Michael Brandl von der Tirol Werbung. Seit

Jahren kämpft Stocker gegen massiven

Widerstand. „Es ist bewundernswert, wie

er trotzdem mit Geduld und Ausdauer sei-

ne Idee verfolgt. Er legt sehr viel Aufwand,

Investment und unternehmerisches Risiko

in die Umsetzung“, so Brandl. Für ihn zeigt

sich an diesem Beispiel symptomatisch,

womit man bei der Realisierung von Ideen

zu kämpfen hat und wie viel Zielstrebigkeit

dafür gebraucht wird.

Oft sind die Seilbahnen die Innova-

tionstreiber. „Die Seilbahnen verdienen

Geld und investieren dieses auch in neue

Ideen. Außerdem kennen sie auch die

Märkte genau und treiben so in einer Region

Innovationen voran“, sagt Birgit Pikkemaat.

Der Chef der Seilbahn ist oft auch im Tou-

rismusverband tätig und führt den Leitbe-

trieb des Tales. Eine Destination mit einer

starken Seilbahn kann sich leichter auf neue

Ideen und deren Verwirklichung stürzen als

schwächere Destinationen. „Oft müssen

dort die Gemeinden versuchen, die Lifte

am Leben zu erhalten. Dieses investierte

Geld fehlt ihnen dann für Innovationen“, so

die Expertin, „das ist ein wesentlicher Un-

terschied.“ In jenen Regionen, die weniger

stark von den Seilbahnbetrieben geleitet

werden, sind meist die Tourismusverbände

die Innovationstreiber.

„Um und Auf“. Für den Tiroler NR-

Abgeordneten Franz Hörl, Obmann der

Fachgruppe Seilbahnen in Tirol, sind Inno-

vationen das „Um und Auf“. Nur dadurch

können sich einzelne Gebiete von anderen

abheben. Neuerungen, technische Fines-

sen, herausragende Architektur locken

die Gäste nach Tirol. „Die Seilbahnen in

„Innovationen waren und sind deshalb so wichtig, weil der Markt über weite Teile beziehungsweise in vielen Bereichen inzwischen gesättigt ist.“BIRGIT PIKKEMAAT, INSTITUT FÜR INNOVATIVEN TOURISMUS

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Zum Touristiker geboren?

Tirol haben in den vergangenen Jahren

Großartiges geleistet“, lobt ihr Obmann.

Die Galzigbahn in St. Anton, die Bahnen in

Sölden, die geplante neue Bahn in Ischgl

auf den Pardatschgrad oder die Besonder-

heiten der Lifte in Serfaus: „Hier haben wir

weltweit die ersten Lifte mit automatischer

Kindersicherung. Oder in Kitzbühel gibt es,

auch einzigartig, eine Bahn mit durchsich-

tigen Böden“, sagt Hörl.

Mit zum Teil spektakulären, zum Teil

praktischen Erneuerungen versuchen die

Seilbahnen die Einzigartigkeit zu transpor-

tieren. Man müsse sich etwas einfallen las-

sen, damit man bei der Zielgruppe punkte.

„Nicht umsonst werden bis zu 50 Prozent

des Umsatzes wieder investiert. Das muss

sich ja auch wo manifestieren.“ Und damit

heben sich die Tiroler Seilbahnen von

den Mitbewerbern der Alpenregionen ab.

Technisch gesehen sei Tirol im Seilbahn-

sektor weltweit führend. Die Schweiz

oder Südtirol liegen „teilweise Jahrzehnte“

zurück. „Nicht umsonst haben wir in den

vergangenen Jahren das beste Ergebnis

seit Menschengedenken erzielt“, sagt Hörl.

Seinen Rat an die Seilbahner des

Landes fasst er in einem Wort zusammen:

„Weiter!“ Wer still steht, bleibt hinten. „Die

Seilbahnen sind sicher gut beraten, auch in

Zukunft innovativ zu sein, sich anzupassen,

neue Zielgruppen zu erkennen und sich am

Markt entsprechend zu positionieren.“ Zu-

sammenschlüsse von Skigebieten werden

wohl die Ausnahme bilden. Die Innovati-

onen müssen in den bestehenden Skige-

bieten geschehen. In Ischgl, am Arlberg,

in Kitzbühel oder im Pitztal-Ötztal sind

weitere große Innovationen geplant.

Ideenpool. Michael Brandl von der Tirol

Werbung weiß, wie viel Arbeit und Entwick-

lung in Innovationen stecken. „Manchmal

passiert eine Erneuerung zufällig, aber das

ist eher die Ausnahme. Meistens braucht

es jahrelange Entwicklungsarbeit.“ Das

bedeutet Aufwand und intensive Arbeit

mit neuen Ideen. „Innovation kann mit

bestimmten Techniken gesteuert und

entwickelt werden. Aber dafür braucht es

Ressourcen“, so Brandl.

Wem selbst die Ideen oder die

Ressourcen ausgehen, kann sich an eine

beratende Tourismusagentur wenden.

Wer zum Beispiel bei der GFB Unterneh-

mensberatung um einige Punkte zum

Thema Innovation anfragt, bekommt von

alternativen Finanzierungsmodellen, einem

speziellen Mitarbeiterhaus und einem ge-

nau abgestimmten Marketingkonzept auch

Inputs für Personalmanagementsysteme

und optimierte Gehaltsabrechnungen, für

Tourismus und Green Business oder eine

GFB-Solarroute.

Mit der „Tourismusanleihe“ ver-

spricht das Unternehmen beispielsweise

eine „Finanz-Innovation“. „Wir haben den

touristischen Markt und seine Finanzie-

rungsmöglichkeiten aufgerüttelt“, sagt

Geschäftsführerin Gabriele Oberhauser.

Bis dato seien rund 80 Millionen Euro an

frischem Investitionsvolumen generiert

worden. Die Idee dahinter: Insgesamt 90

Prozent der Aktiva der Hotelbilanzen sind

in Anlagevermögen oder Investitionen ge-

bunden. Und diese sind fast ausschließlich

mit Bankkrediten fi nanziert. Nun sollen

regionale Investoren, die ihr Geld nicht

mehr in „undurchschaubaren Produkten

und exotischen Märkten riskieren wollen“

in Unternehmen investieren, damit diese

die notwendigen Investitionen für die Zu-

kunft ihrer Betriebe vornehmen können.

„Der Investor, und das ist eine absolute

Novität, hat drei Sicherheitsnetze“, so

Oberhauser, „einerseits die Emissions-

bank, dann bekannte Qualitätsunterneh-

men und schließlich die Sicherheit seiner

Finanzmittel durch deren Investition in der

Region.“

Das frische Geld könne dann etwa in

ein Mitarbeiterwohnhaus investiert werden.

Das jährlich wiederkehrende Thema der

Suche nach qualifi zierten Arbeitskräften

wollen die Berater mit einem „lichtdurch-

fl uteten, modernen Mitarbeiterwohnhaus“

lösen. Damit sollen motivierte, engagierte

„Die Seilbahnen sind sicher gut beraten, auch in Zukunft innovativ zu sein, sich anzupassen, neue Zielgruppen zu erkennen und sich am Markt entsprechend zu positionieren.“NR FRANZ HÖRL, OBMANN DER FACHGRUPPE SEILBAHNEN IN TIROL

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Zum Touristiker geboren?

Angestellte gewonnen werden, die sich –

im Einzelzimmer – so wohl fühlen, dass

sie gern im nächsten Jahr wieder für den

Arbeitgeber tätig sind und ihr Wonnegefühl

auch auf den Gast übertragen. Das nennt

sich dann „psychologischer Sympathie-

Mehrwert“.

Kein Bauchladen. Vorschläge und

Beispiele gibt es viele. Welchen Zugang die

Destinationen wählen, bleibt ihrem Ideen-

reichtum und ihren fi nanziellen Möglich-

keiten überlassen. Auf jeden Fall müssen

sie sich weiter umsehen, investieren und

sich genauer positionieren.

„Marktforschung wird noch viel

wichtiger werden, als es bisher schon war“,

sagt Forscherin Pikkemaat, „die Touristiker

müssen den Markt in nächster Zeit noch

genauer beobachten und analysieren und

was ganz wichtig ist: besser eruieren und

analysieren und auch in andere Branchen

und Märkte schauen.“ Ein Bauchladen, in

dem von allem ein bisschen vorhanden ist,

wird sich nicht durchsetzen können. Auch

in Zukunft müssen sie mit Innovation ihr

Haus oder ihre Destination positionieren

und ein abgegrenztes Produkt scha� en.

Pikkemaat sieht vor allem im Bereich der

Wellnesshotels Arbeitsbedarf. „Unter dem

Namen Wellness wird schon viel darunter

gepackt. Da müssen sich die einzelnen

Wellnessbetriebe genau positionieren.

Es gibt genug Möglichkeiten, ein ganz

spezifi sches Angebot für eine defi nierte

Zielgruppe zu scha� en.“

Generell gehe es eher darum, den

Status quo der vergangenen Jahre zu erhal-

ten. „Viel mehr Gäste werden wir nicht mehr

erreichen können. Die Zeiten des großen

quantitativen Wachstums wie in den 70er-

Jahren sind vorbei“, konstatiert Pikkemaat.

Heute ist entscheidend, als Standort Tirol,

als Tourismusregion attraktiv zu bleiben.

„Quantitatives Wachstum wird es vielleicht

in einzelnen Nischenmärkten, wie dem

E-Bike-Angebot, auf das jetzt viele setzen,

noch geben.“

Für die Zukunft scheint zu gelten:

Betriebe, die ihre Hausaufgaben nicht ma-

chen, sich nicht klar positionieren, laufen

langfristig Gefahr, vom Markt wegrationa-

lisiert zu werden. So bricht auch die Mitte

der Hotelbetriebe, die Drei-Stern-Hotel-

lerie, langsam weg. Bei Ferienwohnungen

und Bauernhöfen und im Luxussegment

hingegen gibt es leichte Zuwächse, aber

der Mitte rät Birgit Pikkemaat eindringlich:

„Eigene Stärken fi nden und sich klar posi-

tionieren!“

Für Michael Brandl von der Tirol Wer-

bung ist Innovation inzwischen – wegen

der zugespitzten Wettbewerbsbedingun-

gen am touristischen Markt – die Voraus-

setzung zum Überleben. Eine Überlebens-

strategie, sozusagen. ×

Geduld gefragt. Am Obernberger See soll das

innovative Projekt Natur-Refugia entstehen. Doch seit

2010 wartet man auf den Baubescheid.

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„ Der verschärfte Wettbewerb tri� t alle“Der Wettbewerbsstratege Ralph Scheuss erklärt im Interview, warum der Tourismus zu den Branchen gehört, in denen der Wettbewerb mit am härtesten tobt und was man tun kann, um in Zeiten des „wilden Wettbewerbs“ als Sieger dazustehen.

DA S INTERVIEW FÜHRTE SONJA K AINZ .

SAISON: Herr Scheuss, Ihre Tätigkeit als internationaler Managementberater führt Sie in die Regionen der Welt, in denen der Konkurrenzkampf

zwischen den einzelnen Anbietern am härtesten tobt. In welchen Ländern herrscht derzeit der größte Druck?

RALPH SCHEUSS: Diese Frage lässt sich

nicht so leicht beantworten. Wettbewerb

fi ndet heute auf einer globalen Skala mit

unnachgiebiger Härte statt. Global heißt

dabei: Der verschärfte Wettbewerb tri� t

alle, auch lokale und regionale Anbieter.

Statt ins schöne Tirol einen Ausfl ug zu

unternehmen oder dort seine Ferientage

zu verbringen, steht dem Feriensucher eine

schier unendliche Anzahl an Alternativen

o� en, von denen die meisten auf die eine

oder andere Art Attraktives bieten. Unsere

heutige Medienwelt, sprich insbesondere

das Internet, verschärft den Wettbewerb

durch Transparenz und Vergleichbarkeit.

Gibt es bestimmte Branchen, in denen es kompetitiver zugeht als in anderen? Un-

terschiede lassen sich ausmachen. Doch

je nach Unternehmen, je nach Angebot

oder je nach Situation verschieben sich

die Intensitätsgrade. Generell gilt, dass der

Wettbewerbsdruck seitens der Konkurrenz

und seitens der Kunden zugenommen hat

und meines Erachtens sich auch noch

weiter verschärfen wird.

In welcher Liga spielt Ihrer Meinung nach der Tourismus? Tourismus ist zwangsläufi g

hochkompetitiv. Kunden sind immer auf

der Suche nach dem Besonderen, dem

Neuen, dem Innovativen, dem Außeror-

dentlichen oder nach dem unwiderstehlich

günstigen Schnäppchen.

Wie schätzen Sie die Lage im Tiroler Tou-rismus ein? Der Tiroler Tourismus spielt in

der obersten Liga, ist sehr wettbewerbs-

orientiert und dynamisch am Markt, aber

eine Spur zu wenig global ausgerichtet. Vor

allem in den aufstrebenden Schwellenlän-

dern bieten sich attraktive, neue Wachs-

tumschancen. Gerade in diesen Regionen

ist es zentral, frühzeitig die eigene Marke

markant zu etablieren.

Wie sehen Unternehmen aus, die es schaf-fen, in der von Ihnen eben beschriebenen, hochkompetitiven Wettbewerbssituation Oberwasser zu behalten und als Sieger hervorzugehen? Das sind die Champions

am Markt. Es sind die Anbieter, die den

Kunden faszinieren. Es sind die Angebote,

die man gesehen oder erlebt haben muss.

Unablässige Innovation und eine enge

Beziehung zu den Kunden sind deren

Charakteristika.

Welche sind die Verlierer? Es verliert derje-

nige, der kurzfristig denkt und handelt, der

nicht investiert und der sich nicht immer

wieder erneuert. Loser-Unternehmen

bauen auf den Erfolg von gestern. Es sind

die, die das Gewöhnliche, das Vergleichba-

re oder das Durchschnittliche wie andere

auch bieten. Kurz: Wer nicht etwas Beson-

deres oder zumindest einen attraktiven

Preis bietet, geht im Meer der mittelmäßi-

gen, gesichtslosen Angebote unter.

Welche Rolle spielt dabei der Faktor In-novation? Innovation ist Fortschritt. Er ist

der zentrale Erfolgsfaktor im Wettbewerb.

Neu ist allerdings nicht zwangsläufi g besser, es gibt auch Beispiele, in denen eine Innovation nicht die erwünschte Verbesserung bringt. Was braucht Inno-vation, die tatsächlich Sinn macht, Ihrer Meinung nach? Eine Neuigkeit ist noch

keine Innovation. Innovationen müssen

den Kunden faszinieren, einen Mehrwert

erzeugen und damit Erträge bringen.

Letztlich entscheidet der Kunde, was eine

Innovation und was nur eine gut gemeinte

Geschäftsidee ist.

Sie sprechen in Ihrem Buch „Zukunftsstra-tegien – Worauf es in der Ära des wilden Wettbewerbs ankommt“ vom Hyperwett-bewerb, der sich Ihrer Ansicht nach mitt-lerweile zur neuen Normalität entwickelt hat. Wie sieht diese neue Normalität aus?

Diese neue Normalität ist geprägt durch vie-

le, zu viele Anbieter, die mit viel zu ähnlichen

Angeboten um die Gunst derselben Kunden

„Tourismus ist zwangsläufi g hochkompetitiv. Kunden sind immer auf der Suche nach dem Besonderen, dem Neuen, dem Innovativen, dem Außerordentlichen oder nach dem unwiderstehlich günstigen Schnäppchen.“

25 SAISON

INNOVATION

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buhlen. Der Kunde weiß, dass er nun zum

König geworden ist. Er will entsprechend

umworben, begrüßt und bedient werden.

Er muss merken, dass er geschätzt wird und

dass man sich um ihn besonders kümmert.

Gerade die Ferien sind seine schönste Zeit

im ganzen Jahr, die will er rundum genie-

ßen. Daher reagiert er empfi ndlich auf den

ihm gebotenen Customer Value.

Ist ein Ende dieser Lage in Sicht? Nein, im

Gegenteil.

Sie selbst begeben sich gern auf durchaus abenteuerliche Reisen – in Usbekistan folgten Sie der Seidenstraße, Sie fuhren o� -road über die Anden und durch die Mongolei. Sind diese Reisen Quellen für

Ihre eigenen originellen Ideen? Mich inte-

ressieren Grenzen. Dort reibt sich die Ge-

genwart mit der Zukunft. Und Grenzen sind

zum Überschreiten da. An diesen Grenzen

entsteht das Neue und Unerwartete, was

inspiriert. Dies ist beim Reisen so, gilt aber

auch für die Businesswelt.

Ist es hin und wieder wichtig auszustei-gen, um eine neue Perspektive zu gewin-nen? Ich steige nicht aus, sondern vielmehr

ein, um Perspektiven zu gewinnen. Indem

ich beispielsweise über den Landweg nach

China oder Indien reise, erlebe ich die gan-

ze faszinierende Dynamik des Reisens. Die

„Letztlich entscheidet der Kunde, was eine Innovation und was nur eine gut gemeinte Geschäftsidee ist.“

Fliegerei unserer Tage führt immer nur zum

punktuellen Erleben, bei dem das Dazwi-

schen verloren geht. Der Kulturschock ist

programmiert. Gerade aber die fl ießenden,

oft nuancierten Veränderungen in Natur,

Kultur, am Speisezettel, bei der Sprache

oder im Umgang mit den Menschen vor

Ort machen das Reisen zu einem umfas-

senden, ganzheitlichen Erlebnis. Zusam-

menhänge werden geknüpft, anstatt wie

beim modernen Reisen gekappt. Wer er-

kennen will, braucht die Vernetzung. Diese

Perspektive gilt auch im Geschäftlichen.

Vielen Dank für das Gespräch. ×

ZUR PERSONRalph Scheuss (Jahrgang 1956) ist Wettbewerbsstratege, Unternehmensberater, Buchautor und international gefragter Keynote Speaker. Der Schweizer hat an der Universität St. Gallen Wirtschaftswissenschaften studiert und ist unter anderem Mitglied des International Council of Management Consulting Institutes (New York) und der WFS World Future Society. Außer-dem ist er als Dozent tätig. Seine Spezialgebiete sind Strategie, Trend, Innovation und Orga-nisationsentwicklung. Er hat zahlreiche Bücher zu diesen Themen verö� entlicht. Sein jüngs-tes trägt den Titel „Manager Tool-Box: Trends – Strategie – Change“ und ist 2012 im Walhalla Fachverlag erschienen.

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27 SAISON

INNOVATION

T ourismusforschung wird

innerhalb der Branche oft

missverstanden und auf den

Begri� „Marktforschung“

reduziert – zu diesem Schluss ist eine Ex-

pertenrunde gekommen, die im Auftrag

des Wirtschaftsministeriums einen Bericht

zur Lage der Nation verfasst hat und in

Fachkreisen damit eine breite Diskussion

entfachte. Die Ausgangsfrage lautete:

Was ist Forschung? Und macht nicht-

zielgerichtete Forschung im Tourismus

überhaupt noch Sinn? Der Expertenrat

kam zu dem Schluss: Innovation entstehe

nicht, indem man Innovationslehrstühle

oder -zentren gründet, sondern durch das

Entdecken von Problemen, systemischer

Beobachtung, Analyse, Interpretation und

Schlussfolgerung – also wissenschaftli-

ches Arbeiten.

Die Situation. Ein Blick in die For-

schungslandschaft bestätigt den Bericht.

Will man an einer ö� entlichen österreichi-

schen Universität „Tourismuswissenschaf-

ten“ studieren, ist das derzeit nicht mehr

möglich. „Etablierte Lehrstühle wurden

geschlossen, die Tourismuslehre fi ndet

zunehmend an Fachhochschulen oder

anderen Einrichtungen ohne ausreichen-

de Ressourcen statt“, schreibt Karl Wöber,

Dekan der privaten MODUL Universität in

Wien und Mitglied des Expertengremiums,

in einem Tourismus-Blog.

Renommierte Tourismuswissen-

schaftler wie Matthias Fuchs (Östersund)

oder Christine Matthies (New South Wales)

sind ins Ausland abgewandert und berich-

ten dort von besseren Forschungsbedin-

gungen. Und während in Ländern wie

China, Australien und Asien die Anzahl der

wissenschaftlichen Publikationen und Dis-

sertationen wächst, fi nden an Österreichs

Hochschulen massive Einsparungen statt.

Das ist umso verwunderlicher, als Vertreter

aus Wirtschaft und Politik immer wieder

unterstreichen, welch hohen Stellenwert

die Tourismuswirtschaft in Österreich hat.

„ Eine guteTheorie hat der Praxis noch niegeschadet“Ohne unabhängige Grundlagenforschung bleibe die Basis vieler Innovationsprozesse auf der Strecke, zu diesem Ergebnis kommt ein vom Wirtschaftsministerium eingesetzter Expertenrat. Fachhochschulen füllen in Österreich eine Lücke, die Universitäten längstnicht mehr abdecken.

VON JANE KATHREIN

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Anstelle der Unis. Tourismusforschung und -lehre fi ndet in Österreich zunehmend an Fachhochschulen wie dem MCI statt.

28

Ursachen-Forschung. Peter Hai-

mayer, Tourismusforscher und Projekt-

manager in Innsbruck, sieht die Ursachen

für den Verlust an touristischer Lehr- und

Forschungskapazität unter anderem in-

nerhalb der Institute und Universitäten.

Ein Trend sei international erkennbar

– im Zuge der Universitätsreformen

werden Institute zusammengelegt oder

ihre fachlichen Kompetenzen erweitert.

Eine Folge gezielter Berufungspolitik. Stu-

denten können Tourismuswissenschaften

an Universitäten nur mehr als einen un-

ter vielen vertiefenden Schwerpunkten

wählen.

Österreichs Beitrag in der interna-

tionalen Tourismusforschung sinkt, auch

das hat der Expertenbeirat festgestellt.

Nationale Beiträge sind das Ergebnis von

Einzelinitiativen und gehen nicht von

Institutionen aus, die langfristig orien-

tierte Grundlagenforschung betreiben.

Die Gründe sind verschieden. Entweder

stehen keine Geldmittel zur Verfügung

oder es fehlt an Forschungsstrategien.

In Gefahr sei auch der wissenschaftliche

Nachwuchs, der bislang eine wesentliche

Rolle für die Lehre an den Fachhochschu-

len gespielt hat. Schon jetzt sinkt die Zahl

der promovierten Wissenschaftler. Wer

soll die künftigen Tourismus-Studenten

ausbilden? Die private MU Wien freut sich

über regen Zulauf vor allem von Studenten

aus Asien.

Praxisorientierung. Die Fach-

hochschulen versuchen seit ein paar

Jahren, die Forschungs-Lücke zu füllen.

Mit ausgeprägter Praxisorientierung und

hoher Kompetenz der dort Lehrenden,

die teilweise auch einen akademischen

Hintergrund haben, werden hier aktuelle

Fragestellungen bearbeitet. Immer an den

Bedürfnissen der Wirtschaft orientiert.

„Tourismusforschung kann keine

Forschung sein, die von der Wirtschaft

weit entfernt ist“, ist Hubert Siller, Leiter

des Studiengangs für Tourismus- und

Freizeitwirtschaft am Management Center

Innsbruck, überzeugt. „Wir wurden von der

Wirtschaft gegründet und sind mit ihr ge-

wachsen, also beobachten wir auch deren

aktuelle Fragen.“ Über Masterarbeiten hi-

nausgehende Arbeiten wären in manchen

Fällen sehr sinnvoll, vor allem wenn es um

soziale Netzwerke, Entwicklungen oder

Kooperationsverhalten geht.

Lernen könne man von jedem und

überall auf dieser Welt, von Mitbewerbern,

von anderen Branchen und Regionen,

empfi ehlt Hubert Siller den Blick über

den österreichischen Tellerrand. Koope-

rationen mit mehr als 100 Universitäten

ermöglichen einen Wissensaustausch,

der auch gesellschaftliche und techni-

sche Veränderungen mit einbezieht. „Bei

uns steht der alpine Raum im Mittelpunkt

und dort der urbane Raum. Die Fragestel-

lungen sind allerdings sehr ähnlich. Die

Gründe, warum jemand in den Urlaub

fährt, sind überall gleich“, weiß Siller.

Transparenz. Auch die Praktiker in den

Regionen interessieren sich zunehmend

für den Wissensaustausch. Seit dreiein-

halb Jahren betreiben Tirol Werbung und

MCI die Wissensplattform „Tirol Tourism

Research“. Trends, Marktwissen, aktuelle

Themen sowie Tourismusstatistiken sind

über dieses Portal einfach und e� zient

„Während in den letzten Jahren in-ternational die Anzahl der wissen-schaftlichen Publikationen gewaltig gestiegen ist, fanden in Österreich massive Einsparungen auf Kosten der Tourismusforschung statt.“KARL WÖBER, REKTOR DER MODUL UNIVERSITÄT WIEN

„Der Praktiker ist stark am Markt und der Marktforschung interessiert.“ HUBERT SILLER, LEITER FH FÜR TOURISMUSMANAGEMENT AM MANAGEMENT CENTER INNSBRUCK

VOM EXPERTENRAT EMPFOHLENE FORSCHUNGSFRAGEN• Demografi e und Mobilität der Gesell-

schaft und die Auswirkungen auf den Tourismus

• Entwicklung des touristischen Arbeits-marktes und der sich daraus ergeben-den Anforderungen für den Bildungs-markt und die Bildungspolitik

• Auswirkung der Informations- und Kommunikationstechnologie auf das Reiseplanungs- und Buchungsver-halten

• Medienbeobachtung und Wissensma-nagement

• Analyse des Reiseverhaltens im Lich-te stärkerer Konjunkturschwankungen und globaler Finanzkrisen

• Veränderung der Umweltsituation • Etablierung moderner Strukturen im

Destinationsmanagement

abrufbar. „Der Praktiker ist stark am Markt

und der Marktforschung interessiert“, be-

obachtet Hubert Siller. 1.500 Nutzer be-

suchen das Portal inzwischen regelmäßig.

„Die Ergebnisse der Arbeiten sind

selten rezeptartig aufgebaut“, erklärt

Siller. Die Nutzer des TTR seien jedoch

früher an den aktuellen Entwicklungen

dran und könnten die Erkenntnisse auch

auf ihre Projekte anwenden. Die Seite wird

regelmäßig aktualisiert und entsprechend

den Rückmeldungen der User optimiert.

Das Interesse an Themen, die auch in der

wissenschaftlichen Community disku-

tiert werden, sei groß und der Transfer

entscheidend. Der angewandte Bereich

schließe die Lücke zwischen Forschung

und Praxis und darin spiele das MCI eine

Vorreiterrolle. Denn: „Eine gute Theorie

hat der Praxis noch nie geschadet.“ Für die

Kooperation zwischen Hochschuleinrich-

tungen und der Branche fordert Siller neue

Modelle – schon jetzt sei aber immerhin

sehr viel in Bewegung. ×

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Einzigartige Veranstaltungen, überzeugende Umsetzung und reibungslose Abläufe. Wir legen Wert auf Arbeit am Detail und Optimierung der einzelnen Teilbereiche. Modernste Technik, von der Idee über die Planung, Visualisierung bis zur Ausführung. Der Umfang des Events spielt dabei keine Rolle.

Winteropening, Zeltfeste, Firmenevents, Open Air Veranstaltungen, Tagungen, …

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Kinder in den Mittel-punktDas Paznauntal setzt auf ein neues Familienkonzept: Im gesamten Tal gibt es heuer erstmals ein kostenloses Kinderprogramm.

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D iesen Sommer verwandelt sich

das Paznaun in einen Hot-Spot

für Familien. Die vier Ortschaf-

ten Galtür, Kappl, See und Ischgl machen

das Paznaun zu einem abwechslungs-

reichen Familienparadies – mit einem

Kinder- und Jugendprogramm, das

jeden Tag an einem anderen Ort stattfi n-

det. Dank der Silvretta Card All Inclusive

ist die Teilnahme kostenlos.

Für die Kinder und Jugendlichen

bedeutet das: spannende Abwechslung,

jeden Tag ein neues Abenteuer und neue

Entdeckungen inmitten der Alpen. Beim

Klettern im Silvapark Galtür erleben Fel-

sakrobaten ein neues Körpergefühl und

fi nden die richtige Balance, während sie

lernen, sich gegenseitig zu sichern und

aufeinander zu verlassen. Geheimnisse

über die Tier- und Pfl anzenwelt verra-

ten Klara, die Kräuterhexe in Kappl, und

Willi, der freche Waldwichtel in See. Bei

Mountainbiketouren geht’s für Teenager

in rasantem Tempo durch die Ischgler

Bergwelt.

Das Kinder- und Jugendpro-

gramm fi ndet vom 24. Juni bis 6. Sep-

tember erstmals jeden Tag statt – ro-

tierend zwischen Kappl, See, Ischgl und

Galtür. ×

Im Winter 2012/13 wurden rund 26,2

Mio. Nächtigungen (+1,8 %) und

knapp 5,4 Mio. Ankünfte (+2,1 %)

verzeichnet. Damit wurde bei den Näch-

tigungen erstmals die 26-Millionen-Marke

überschritten, das Ergebnis der Gästean-

künfte konnte seit dem Winter 2007/08

durchgehend gesteigert werden. Die Auf-

enthaltsdauer blieb konstant zum Vorjahr

bei durchschnittlich 4,9 Tagen.

Tirols Tourismusreferent und Landes-

hauptmann Günther Platter sieht angesichts

dieses Gesamtergebnisses Tirols führende

Position als Wintersportland Nummer eins

der Alpen eindrucksvoll bestätigt: „Auch

wenn der internationale Wettbewerb der

Destinationen deutlich gestiegen ist, baut

Tirol – gemessen an den Nächtigungen und

Ankünften – seine Anziehungskraft aus.“

Für die Zukunft gelte es weiterhin

die Rahmenbedingungen zu scha� en, um

derartige Erfolge zu ermöglichen. Ganz

in diesem Sinne bekräftigt der Landes-

hauptmann sein Bekenntnis: „Als starkes

Rückgrat Tirols bleibt der Tourismus auch

künftig Chefsache!“ ×

Erfolgreiche WintersaisonDer Tiroler Wintertourismus erzielte das beste Ergebnis aller Zeiten.

theALPS in Chamonix

B ereits zum vierten Mal, aber erst-

malig in den Westalpen, laden

die Vertreter der AlpNet-Partner-

Regionen engagierte Alpentouristiker zu

theALPS. Es gilt, durch bessere Vernet-

zung, durch gemeinsame Analysen und

Zukunftsstrategien nachhaltige Impulse

für einen zukunftsweisenden, wert-

schöpfungsintensiven und ganzjährigen

Alpentourismus zu geben. „Mythos Alpen

– Strategien für die Zukunft“ lautet der

Titel des prominent besetzten theALPS-

Symposiums, das die Relevanz des alpi-

nen Mythos für die Tourismuswirtschaft

beleuchtet.

Das Symposium am 19. und 20.

September in Chamonix Mont-Blanc

steht allen Branchen-Interessierten o� en.

Die Teilnahme kostet 450 Euro. Anmel-

dungen werden bis 1. Juli ausschließlich

online unter www.the-alps.eu entgegen

genommen. ×

31

JUGENDLICHES SINGENÖsterreich ist ein musikalisches Land, wie sich alle drei Jahre beim Bundesjugendsingen zeigt. 2013 fi ndet es in Tirol statt, mit Konzerten, Ausschei-dungssingen und einer Messe. Aus Tirol ist unter anderem die 3a der HS I St. Johann (Bild) dabei.21. bis 25.6.2013, Kufstein und Umgebung

LUST AN DER VIELFALTIm „Langen Sommer am Sparkassenplatz“ spielt sich unter freiem Himmel vieles ab. Das Pro-gramm umfasst eine Klassiknacht mit dem Tiroler Symphonieorchester Innsbruck, ein Konzert von Jennifer Rostock, Filme und anderes mehr. 29.6. bis 17.8.2013, Sparkassenplatz, Innsbruck

KLÄNGE AUS ALTER ZEITVier Abende im Juli sind traditionell der Alten Musik gewidmet. Bei den „50. Ambraser Schloss-konzerten“ treten das Ensemble Amarcord Leipzig (Bild) und das Quatuor Mosaïques auf, dazu gibt es eine Jubiläums-Gala zum Auftakt.9. bis 30.7.2013, Schloss Ambras, Innsbruck

WEITERE VERANSTALTUNGENJohann Nestroy. Einen Jux will er sich machen1.7.–9.8.2013, Schlossbergspiele Rattenberg, www.schlossbergspiele-rattenberg.atFelix Mitterer. Die Geierwally6.7.–31.8.2013, Geierwally Freilichtbühne,Elbigenalp, www.geierwally.atMax Weiler. Bilder 1938–1989, Privatsammlungbis 6.7.2013, Galerie Theodor von Hörmann, ImstRobert Fleischanderl. ALT.SEIN. Kunst im ö� entli-chen Raum, Ausstellungbis 7.7.2013, Mo–So, 10–18 h, Galerie im Franzis-kusheim, Fügen, www.robert-fl eischanderl.com

KULTURTIPPSVON ES THER PIRCHNER

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Bergstation-Tirol Wien ist um ein Szenelokal reicher.

Im Herzen von Wien, am Karlsplatz, gibt

es jetzt ein Stück Tirol. Die Bergstation-

Tirol wurde am 14. Mai erö� net. Die

Gastronomen Kurt Bender und Tina Schu-

rian inszenieren in Kooperation mit der Tirol

Werbung eine alpine Lifestyle-Location, die

zwei Restaurants, eine Bar und einen Club

beherbergt. „Moderne tri� t Alpenschick“

lautet die Idee zum Konzept hinter der

neuen Bergstation-Tirol. Beim rauschen-

den Erö� nungsfest mit dabei: Prominenz

aus Sport, Kultur, Politik und Gesellschaft.

Mit der Bergstation-Tirol ist das Herz der

Alpen künftig ganzjährig in Wien präsent. ×

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Frauen im FelsDas Filmfest in St. Anton am Arlberg fi ndet heuer zum 19. Mal statt.

B eim diesjährigen Filmfest „Berge,

Menschen, Abenteuer“ dreht sich

wieder alles um Bergsportler, Aben-

teurer, besondere Charaktere, mutige Ideen,

Durchhaltevermögen und Können, porträtiert

in 29 Filmen. Herausragend in der diesjährigen

Veranstaltungsreihe sind die vielen erfolgrei-

chen Frauen, die längst zu ihren männlichen

Kollegen aufgeschlossen und ihren festen

Platz in der Kletterszene gefunden haben.

Fast alle Dokumentationen werden von den

Protagonisten selbst vorgestellt. Zu sehen von

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Eine Reise durch TirolDieser topaktuelle und gewissenhaft recherchierte Band rich-

tet sich an Einheimische wie Gäste gleichermaßen und stellt

ein Land vor, das wie kaum ein anderes reich ist an außerge-

wöhnlichen landschaftlichen und kulturellen Höhepunkten.

Nach einer kurzen allgemeinen Einführung zur Ge-

schichte, Geografi e und Kunst Tirols werden in fünf Kapiteln

(Innsbruck, Innsbruck-Umgebung, Unterland, Oberland,

Außerfern) alle Orte und Sehenswürdigkeiten Nordtirols

beschrieben. Übersichtliche Infotafeln und Tabellen bieten

vertiefende Informationen auf einen Blick. Freizeittipps (u. a. Museen, Schwimmbäder,

Sommerrodelbahnen) fi ndet man in diesem reich bebilderten Führer ebenso wie Auskünfte

über Ö� nungszeiten, Telefonnummern und Internetadressen. Wanderhinweise schließlich

stellen für den Leser eine weitere Möglichkeit dar, das Land besser kennen zu lernen.

Anton Prock: Reiseführer Tirol, 317 Seiten, Tyrolia Verlag

v.l.: Tirols Landes-hauptmann Günther

Platter, Opernstar Natalia Ushakova,

Bundesminister Karl-heinz Töchterle und

Tirol Werber Josef Margreiter

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32 SAISON

MAGAZIN

B in ich Spezialist oder Ge-

neralist? Bin ich echter

Wellness-Anbieter oder sind

Hot Stones und Ähnliches

lediglich der Beipack eines vielfältigen

Angebots – diese Frage sollten sich

Wellness-Anbieter in Tirol stellen, meint

Hannes Lösch von der Tourismusbera-

tung Michaeler & Partner. „Hotels müssen

sich in Zukunft noch klarer positionieren

und enger an den Bedürfnissen einer klar

defi nierten Zielgruppe ausrichten“, warf

Lösch in das dicht besetzte Auditorium.

Die Standortagentur Tirol und der „Cluster

Wellness Tirol“ luden Ende Mai zum Kon-

gress in die Villa Blanca und diskutierten

„Die Zukunft des Wellnesstourismus“.

Nach Tirol kommen immer mehr

Gäste neben Skifahren und Wandern

vor allem auch, um sich in exklusiven

Spa-Landschaften und professionellen

Gesundheitsbetrieben zu erholen. Well-

ness ist für viele Betriebe mittlerweile die

Chance, in der Zwischensaison eine länge-

re Auslastung zu erreichen. Und: Wellness-

Angebote machen den Winterurlaub in

Tirol interessanter, besonders wenn der

Schnee ausbleibt. Der Wellness-Tourist ist

unabhängig vom Wetter, ganz im Gegen-

satz zum Outdoor-Fan.

Megatrends. Wellness und Gesundheit

sind die Megatrends der letzten Jahre. Gibt

man bei Google den Begri� „Wellness“

ein, erhält man 2.840.000 Begri� e, sucht

man nach Wellness-Hotels in Österreich,

wirft Google 1.700.000 Tre� er aus. Ein

schwer überschaubares Angebot, das auf

große Nachfrage stößt, wie ein Blick auf

das Reiseverhalten der Deutschen zeigt,

einem der Kernmärkte der Tiroler Touris-

muswirtschaft. 36 Prozent der Deutschen

interessieren sich im Urlaub für gesund-

heitsorientierte Themen. 12,3 Millionen

zieht es zum Wellness-Urlaub, 8,5 Milli-

onen zum Kurzurlaub und 9,9 Millionen

möchten am liebsten Gesundheitsurlaub

machen. „Obwohl die Nachfrage groß

ist, klagen die meisten Wellness-Betriebe

über eine mäßige Auslastung“, stellt Han-

nes Lösch fest. Gut ausgelastet sind die

exklusiven Spa-Landschaften, als Beispiel

für eine gelungene Umsetzung führt Lösch

die Achensee-Region an.

Keine „Trallala-Wellness“. Er reiche

nicht mehr aus, nur Hot Stones zu ver-

packen, sagt wiederum Andreas Wieser.

„Die klassische Wellness braucht mehr

Wissenschaft über die Wirkung der An-

wendungen. Jeder Anbieter muss nach-

denken, wie er mehr Inhalt und Wissen

in seine Leistung integrieren kann statt

Trallala-Wellness zur Pfl ege von Wehlei-

digkeiten und Flucht aus Brüchen, Krisen

und Stress“, fordert der Gründer des Lans

Institute for the future of health. Das dafür

nötige Wissen wäre vielfach vorhanden,

die Studien dazu würden jedoch unaufge-

arbeitet in den Schubladen liegen.

Gefragt sei ein massiver Wandel.

„Der Weg muss von der analogen Tou-

rismusgesellschaft, die sich auf Materie

konzentriert, hin zu Angeboten für eine

neue, digitale beziehungsweise kreative

Generation führen“, ist Andreas Wieser

überzeugt. Diese suche vermehrt geistigen

Anreiz, Kunst, Kultur und Kommunikation.

Bis hin zu Spiritualität und Transzendenz.

Andreas Wieser sieht Spiritualität

als Begri� der spätmodernen Religiosität.

Eine neue Zielgruppe für den Wellness-

Touristiker könnte der Esoteriker sein. Ein

Gast, der in Yoga-Retreats und Detoxing

zur Ruhe fi ndet, sein neu entdecktes Kör-

perbewusstsein könnte der Verbindungs-

schlüssel zur Wellness sein. Die Tiroler

Natur der Anker.

Sehnsucht. Immer mehr Menschen

spüren eine tiefe Sehnsucht nach dem

Ursprünglichen in sich, sie wühlen mit

ihren Händen in der Erde auf der Suche

nach ihren Wurzeln. Schul- und Gemein-

schaftsgarten-Projekte wachsen, immer

mehr Österreicher und auch Deutsche

werden zu Hobbygärtnern. Ein Trend, der

sich weltweit bis in den organisierten Ur-

laub hinein zieht, wie Andreas Wieser auf

einer Reise nach Arizona beobachtete. Hier

arbeiteten Gäste in einem Hotelgarten mit

und waren bereit, dafür zu bezahlen.

Das Rad muss nicht neu erfunden

werden, darin war sich die Expertenrunde

einig. Und nicht jeder Betrieb muss ein

Wellness-Anbieter sein.

„Tirol soll zum begehrtesten Kraft-

platz der alpinen Welt werden“, wünscht

sich Harald Gohm, Geschäftsführer der

Standortagentur Tirol. Andreas Wieser

sieht Tirol als Modellland der Touris-

muswirtschaft. Die heimischen Betriebe

müssen mit den modernsten Instrumen-

ten der Unternehmensführung arbeiten,

denn nur so können sie Spitzenkräfte im

Land halten. Investment in ein Klima, in

dem sich Innovationen und Ideen entfal-

ten können. So erwecke man vermehrt

soziale und intellektuelle Potenziale.

Gegen den Strom. Authentizität war

ein viel verwendetes Schlagwort in der

Das Rad muss nicht neu erfunden werdenWellness und Gesundheit sind die Megatrends der letzten Jahre. Wie der Tiroler Tourismus dieses Segment stärker nutzen kann, wurde kürzlich im Rahmen eines Kongresses in Innsbruck diskutiert. Mut zu Neuem und Authentizität waren die am häufi gsten verwendeten Schlagworte.

VON JANE K ATHREIN

„Der Gesundheitstourismus hat großes Potenzial und ist in unserer neuen Marketingstrategie als wichtiges Entwicklungsthema berücksichtigt.“MICHAEL BRANDL, PROKURIST DER TIROL WERBUNG

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Expertenrunde. Wer die eigenen Stärken

und Schwächen kennt, fi ndet die Themen,

die er mit Überzeugung nach außen trans-

portieren kann und das überzeuge auch

die Gäste. „Der Gesundheitstourismus hat

großes Potenzial und ist in unserer neuen

Marketingstrategie als wichtiges Entwick-

lungsthema berücksichtigt“, betont Mi-

chael Brandl, Prokurist der Tirol Werbung.

„Es braucht allerdings insbesondere noch

eine stärkere Spezialisierung und Positio-

nierung auf betrieblicher Ebene.“

Wer aber alte Pfade verlassen und zu

seinem Angebot fi nden will, braucht Mut.

Die Frage „Würde ich selber gerne in mei-

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CLUSTER WELLNESS TIROL113 innovationsstarke Unternehmen, Institutio-nen und Hochschulen haben sich zum Cluster Wellness Tirol zusammengefunden. Gemeinsam wollen sie ihre Stärken bündeln und so Entwick-lungen vorantreiben und auch zwischen Wirt-schafts- und Forschungspartnern vernetzen. Die Höhe des Clusterbeitrages ist nach Unterneh-mensgröße gesta� elt, von Start-up-Unternehmen wird im ersten Jahr kein Beitrag eingehoben. An-sprechpartner: Robert Ranzi, 0512/ 57 62 62-35.

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nem Hotel Urlaub machen?“ helfe einen

großen Schritt weiter, ist Hannes Lösch

überzeugt. Das Hotel als vielfältiger Alles-

könner, das viele Zielgruppen gleichzeitig

bedient, hat hingegen ausgedient. Zum

Bauchladen würden sich heute nur noch

große Hotelanlagen und Resorts eignen.

„Die drei Schlagwörter für den

Tiroler Tourismus müssen künftig Raum,

Ruhe und Zeit sein. Wenn es uns gelingt,

dem Gast einen gesunden Lebensstil

vorzuleben, bleiben wir erfolgreich“, gab

Siegfried Egger, Obmann der Fachgruppe

Hotellerie der Wirtschaftskammer Tirol,

den Teilnehmern mit auf den Weg. ×

„Die klassische Wellness braucht mehr Wissenschaft über die Wirkung der Anwendungen. Jeder Anbieter muss nach-denken, wie er mehr Inhalt und Wissen in seine Leistung integrieren kann statt Trallala-Wellness zur Pfl ege von Wehleidigkeiten und Flucht aus Brüchen, Krisen und Stress.“ANDREAS WIESER, GRÜNDER DES LANS INSTITUTE FOR THE FUTURE OF HEALTH

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34 SAISON

MAGAZIN

Der aktive GenießerDie Belgier lieben die Alpen. Vor allem der Sommer hat großes Potenzial. Seit einigen Jahren sind die Nächtigungszahlen im Sommer jedoch rückläufi g. Diesen Abwärtstrend will die Tirol Werbung mit gezieltem Marketing umkehren.

VON S YLVIA A INE T TER

BELGIEN

R und neun Stunden Au-

tofahrt: Die nimmt der

belgische Gast in Kauf, um

Urlaub in Tirol zu machen.

Im Sommer 2012 waren es rund 97.500

Gäste, im Winter 2012/2013 156.700. Der

Belgier ist im Urlaub gerne fl exibel – des-

wegen entscheiden sich 85 Prozent für

die Anreise mit dem Pkw. Die Belgier sind

anspruchsvolle Gäste – sie bevorzugen

mehr als andere Nationen die gehobene

Hotellerie: Rund 40 Prozent steigen in

4- und 5-Stern-Unterkünften ab. Doch

auch in anderen Bereichen zeigt sich der

belgische Gast wählerisch: „Der Urlauber

aus Belgien legt viel Wert auf gute Küche

und ist auch bereit, dafür entsprechend

Geld auszugeben“, sagt Nicole Pfeifer,

bei der Tirol Werbung für den belgischen

Markt zuständig. Die Tiroler Küche hat es

ihnen eben besonders angetan.

Diese hohen Ansprüche machen

sich auch in den Kosten des Urlaubs

bemerkbar: Im Winter liegt er mit Tages-

ausgaben von 142 Euro ein gutes Stück

über dem Durchschnitt von 123 Euro.

Im Sommer ist der belgische Gast zwar

sparsamer und gibt nur 85 Euro pro Tag

aus (Durchschnitt: 97 Euro), allerdings hat

er mit 5,8 Tagen eine überdurchschnittlich

hohe Aufenthaltsdauer (Tirol gesamt: 4,0).

Die niedrigen Tagesausgaben sind auch

darauf zurückzuführen, dass die belgi-

schen Gäste in der warmen Jahreszeit

vor allem Familienurlaub machen.

Der belgische Sommergast. Zwar

kommen auch die belgischen Urlauber in

erster Linie in den kalten Monaten zum

Skifahren nach Tirol, doch auch für den

Sommertourismus sind sie wichtige Gäs-

te: 40 Prozent machen Sommerurlaub in

Tirol. Aktivität Nummer eins: Wandern.

Dicht gefolgt von Baden/Schwimmen,

Radfahren und Mountainbiken. Der bel-

gische Gast sieht sich im Vergleich zu

anderen Nationen überdurchschnittlich

aktiv und kombiniert viele Aktivitäten in

seinem Urlaub in Tirol.

Neben Sport ist Kulinarik eine

wesentliche Urlaubskomponente: Der

Restaurantbesuch und der Genuss Tiro-

ler Speisen steht vor allem im Sommer

im Fokus. Zur Erholung gehen belgische

Gäste gern spazieren, machen Ausfl üge,

besuchen Sehenswürdigkeiten, Freizeit-

parks, Erlebnisbäder und Museen. Sehr

beliebt ist außerdem das Shopping.

Werbeo� ensive. Reist der Belgier

nach Österreich, fällt seine Wahl meist

auf Tirol (60 %). Doch seit 2007 sind die

„Wir konzentrieren uns auf den kaufkraftstarken Raum Flandern, der eine hohe A� nität zu Tirol hat – im Gegensatz zu den Wallonen, die stärker zu Frankreich tendieren.“NICOLE PFEIFER, MARKETING BELGIEN, ITALIEN

Präsenz. Eine groß angelegte Image-Kampagne soll Tirol wieder ins Bewusstsein der Belgier rücken.

35

DER TYPISCHE BELGISCHE GAST: ist im Som-mer durchschnittlich 46 Jahre, im Winter 45 Jahre alt. Der Wintergast ist älter als der durchschnittliche Tirol-Gast (42 Jahre), der Sommergast jünger (48 Jahre).

AUFENTHALTSDAUER: Der belgische Gast bleibt überdurchschnittlich lange. Im Winter 2011/12 und im Sommer 2012 jeweils 5,8 Tage (Tirol gesamt 4,9 bzw. 4,0 Tage)

BEVORZUGTE UNTERKUNFT 2011/12: Mit fast 40 % überdurchschnittlich hoher Anteil in der 4/5-Sternehotellerie (Tirol gesamt: 34 %); Ferienwohnungen sind mit 18 % unterdurch-schnittlich gefragt (Tirol gesamt: 25 %).

WINTERAKTIVITÄTEN: Skifahren (85 %), Snow-boarden (20 %), Winterwandern (16 %), Rodeln (14 %), Langlaufen (9 %), Skitouren (5 %)

SOMMERAKTIVITÄTEN: Wandern (96 %), Baden und Schwimmen (40 %), Bergtouren (30 %), Radfahren (22 %), Mountainbiken (11 %)

ANREISE: Belgier reisen sehr häufi g mit dem Auto an (Winter 83 %, Sommer 84 %). Im Som-mer spielt auch die Busanreise (12 %) bzw. im Winter das Flugzeug (7 %) eine wichtige Rolle.

BUCHUNGSGEWOHNHEITEN: Der Großteil der belgischen Gäste bucht direkt beim Ver-mieter (Sommer 60 %, Winter 52 %), Buchun-gen werden hauptsächlich per E-Mail durch-geführt.

INFORMATIONSQUELLEN: Internet im Win-ter (60 %), im Sommer Internet und Bekannte/Freunde in gleichem Maße (je 40 %)

TAGESAUSGABEN 2011/12: Im Winter gibt der Belgier pro Tag 142 Euro (Durchschnitt aller Nationen: 123 Euro) aus, im Sommer 85 Euro (Durchschnitt: 97 Euro).

ANTEIL AM TIROLER GÄSTEMIX: 3,4 % der Übernachtungen im TJ 2011/12

REISEHÄUFIGKEIT 2011: sehr hohe Auslandsreise intensität von 174 %

NÄCHTIGUNGSZAHLEN: Sommer 2012: 566.700, Winter 2012/2013: 915.500

REISEVOLUMEN: Die Belgier unternahmen 2011 rund 15,2 Mio. Auslandsreisen, wovon 12 Mio. auf Urlaubsreisen entfallen.

BIP PRO KOPF 2011: 33.700 Euro (EU: 25.100 Euro)

REISEMARKT BELGIENIN ZAHLEN:

KONTAKTMag. Nicole Pfeifer Marketing Belgien, ItalienTel.: +43 (0)512/53 20-664

[email protected]

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Zahlen deutlich rückläufi g. Nicole Pfeifer

führt das nicht auf Desinteresse oder die

Wirtschaftskrise zurück: „Die Zahl der

Alpenauslandsurlaube ist gestiegen, Tirol

hat es aber in der Vergangenheit nicht

gescha� t, dieses Potenzial abzuschöp-

fen. Unsere Konkurrenten konnten die

Sommerzahlen in den vergangenen Sai-

sonen steigern, während Tirol Einbußen

verzeichnen musste.“

Die Tirol Werbung hat den bel-

gischen Markt wieder aufgewertet und

bemüht sich nun verstärkt um den belgi-

schen Gast. „Wir konzentrieren uns auf den

kaufkraftstarken Raum Flandern, der eine

hohe A� nität zu Tirol hat – im Gegensatz

zu den Wallonen, die stärker zu Frankreich

tendieren“, erklärt Pfeifer. Nach einer sehr

erfolgreichen Kooperation mit dem belgi-

QUELLEN: CIA, EUROSTAT 2011, AMT DER TIROLER LANDESREGIERUNG, SG. LANDESSTATISTIK, TIRIS, TOURMIS, DZT MARKTINFORMATION BELGIEN, T-MONA SOMMER 2011 UND WINTER 2011/12

schen Autofahrerclub VAB folgte im April/

Mai diesen Jahres eine innovative und groß

angelegte Imagekampagne: Straßenbahn-

beklebungen, ansprechende Gestaltung

von Tirol-Bushaltestellen mit Social-Me-

dia-Komponente und Verteilaktion sowie

zahlreiche Citylights in Antwerpen und

Gent sollen Tirol wieder ins Bewusstsein

der belgischen Bevölkerung rücken.“

Der Belgier sieht sich selbst als

sportlich und aktiv – in Tirol wird der

belgische Urlauber jedoch als Genussur-

lauber wahrgenommen. Bisher sprach ihn

die Tourismuswerbung auch als solchen

an – das soll sich nun ändern. „Wir streben

einen Image-Wandel an“, erklärt Pfeifer,

„und präsentieren uns vermehrt als Sport-

Region, um den sportlichen Genießer

adäquat anzusprechen.“

„Wir müssen etwas tun, damit wir

diesen wichtigen Sommergast nicht ver-

lieren“, erklärt Nicole Pfeifer, „unser Ziel ist

es, den Negativtrend aufzuhalten und auf

lange Sicht den Marktanteil zu erhöhen.“

Gemeinsam mit den Regionen will die

Tirol Werbung bis 2016 den Abwärtstrend

im Sommer umkehren, damit künftig in Ti-

rol wieder mehr belgische Gäste begrüßt

werden können. ×

TIPPS FÜR DIE MARKTBEARBEITUNG• Dem belgischen Gast ist die persön-

liche Betreuung sowie auch gute Qualität wichtig. Dafür ist er gerne bereit, mehr zu bezahlen.

• Die Ansprache der Flamen sollte auf Flämisch, Englisch oder Deutsch passieren, aber nicht auf Französisch.

• Flamen und Wallonen dürfen schon alleine aufgrund der Sprachen nicht über einen Kamm geschert werden.

• Kulinarik ist dem belgischen Gast sehr wichtig – er ist ein Genießer.

• Der Belgier sieht sich selbst aber als sehr sportlich aktiv – aus diesem Grunde sollte der sportliche Genießer mit passenden Angeboten angesprochen werden.

• Vor allem im Sommer spielen Familien eine große Rolle und daher ist die Kommunikation von Familien-angeboten und -aktivitäten von großer Bedeutung.

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36 SAISON

MAGAZIN

G utes, geschultes Personal

kostet – zu Recht. Aber

was in der Hauptsaison

das größte Kapital eines

Hotels ist, kann in der Zwischensaison

zur fi nanziellen Belastung werden. Zu

den kostenintensiven Services gehört

auch die Rezeption. Nicht immer wird sie

im gleichen Ausmaß in Anspruch genom-

men. Außerhalb der Hauptsaison oder zu

Randzeiten des Tages wird dieses Ange-

bot oft kaum genutzt. Der elektronische

Concierge-Service von Susanne Thamer

und Margarethe Ritsch soll hier Abhilfe

scha� en. Sogenannte Henrys erledigen

alles, was zu den klassischen Aufgaben

eines Concierge gehört. Mit nur einem

Unterschied: Sie sind nicht tatsächlich

vor Ort.

Henrys sind eigens für diese Aufga-

be ausgebildete Mitarbeiter. Ruft der Gast

an, wird er an die Henrys weitergeleitet,

die dann seine Anfrage entgegenneh-

men und ihm weiterhelfen. „Es ist keine

Hotline und auch kein Callcenter“, betont

Thamer. Der Anrufer merke gar nicht, dass

er sich nicht mehr im Hotel befi nde. Der

zuständige Henry melde sich nämlich mit

dem jeweiligen Hotelnamen. Er verfüge

außerdem über dieselben Informationen

wie der dortige Tourismusverband und

die Rezeption des Hotels.

Damit er darüber hinaus auch das lokale

Umfeld kennt, wird ein Teamleiter vor Ort

geschickt. Er macht sich dann mit dem

Betrieb und seiner Umgebung vertraut.

Dieses Wissen gibt dieser dann an sein

Team weiter. „Wenn beispielsweise ein

Gast anruft und sagt, ich bin gerade bei

der Hütte XY, aber die hat zu, erklärt ihm

ein Henry, wo er die nächstgelegene of-

fene Almhütte fi ndet“, so Thamer.

Kostensparender Service. Die Idee

stammt von Ritsch. „Es ist einfach schön

zu wissen, da ist jemand nur für mich da“,

erklärt sie die Vorzüge des Concierge-

Service für den Anrufer. Egal welche

Auskunft gebraucht werde, ob es die

Abfahrtszeit des nächsten Zugs ist oder

welche Veranstaltungen am Abend in-

teressant sein könnten, ein Henry hilft

weiter. Die Rezeption habe dafür nicht

immer ausreichend Zeit. Auch wenn viele

Gäste heute ihr Smartphone nutzen, hat

die telefonische Auskunft für Urlauber aus

dem Ausland immer noch einen wichtigen

Stellenwert, ist Ritsch überzeugt. Gerade

internationale Besucher seien angesichts

Virtueller Concierge auf BestellungMit einem rund um die Uhr erreichbaren, telefonischen Butler-Service wollen die beiden Touristikerinnen Susanne Thamer und Margarethe Ritsch für Hotels eine Kosten sparende Alternative zur ständig besetzten Rezeption bieten. Zwei Hotels setzen bereits auf Henry Phone.

VON SONJA K AINZ

„Es ist einfach schön zu wissen, da ist jemand nur für mich da.“MARGARETHE RITSCH

37

zusätzlich ein Henry mit entsprechenden

Sprachkenntnissen organisiert werden.

Die Henrys erfüllen Aufgaben, die sonst

die Rezeption im Haus übernimmt – sie

tätigen Reservierungen, veranlassen das

Au� üllen der Minibar oder sorgen dafür,

dass ein Gast vom Hotelchef zurückge-

rufen wird.

Das Unternehmen mit Sitz in St.

Johann in Tirol existiert mittlerweile seit

drei Jahren. 2012 wurde es in eine GmbH

umgewandelt und fi rmiert jetzt unter dem

Namen Henry Dienstleistungs GmbH.

Zwei Hotels setzen bisher auf Henry,

hoher Roaminggebühren beim Surfen im

Ausland zurückhaltend.

Für die Hotels sieht Thamer den

Vorteil vor allem im Kostenfaktor. „Henry

spart Personalkosten.“ Henry Phone ist

24 Stunden erreichbar, sieben Tage die

Woche. Das sei für die Betriebe etwa au-

ßerhalb der Hauptsaison interessant oder

am Wochenende. Aber auch, wenn es

einmal hoch hergeht, könne Henry Phone

für ein Hotel von Nutzen sein. In Zeiten, in

denen die Rezeption mit anderen Anfra-

gen ausgelastet ist, könne man Henry als

Backup benutzen. „Man kann vereinbaren,

dass jeder Anruf nach drei Mal läuten zu

uns umgeleitet wird. Gerade in der Hoch-

saison ist jeder Gast, dessen Anruf nicht

beantwortet wird, ein verlorener Gast“,

meint die Unternehmensberaterin.

Überzeugungsarbeit nötig. Alle

derzeit 25 Mitarbeiter von Henry Phone

sind zweisprachig – deutsch und eng-

lisch. Verfüge ein Hotel beispielsweise

über viele russischsprachige Gäste, könne

„Man kann vereinbaren, dass jeder Anruf nach drei Mal läuten zu uns umgeleitet wird. Gerade in der Hochsaison ist jeder Gast, dessen Anruf nicht beantwortet wird, ein verlorener Gast.“SUSANNE THAMER, LI.

eines zu Zeiten, in denen die Rezeption

nicht besetzt ist, ein weiteres verlässt

sich komplett auf Henry Phone und ver-

zichtet auf eine eigene Rezeption. Es sei

nicht immer ganz leicht, die Betriebe von

Henry zu überzeugen, räumt Thamer ein.

Es bestehe eine gewisse Hemmschwelle,

diese Aufgaben außer Haus zu geben. Was

hierzulande allerdings noch ein Novum

darstellt, ist in den USA und Großbritan-

nien schon weit verbreitet, so die Unter-

nehmerin. ×

www.henryphone.at

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3838

W ir sind mit den Kin-

dern draußen in

der Natur. Es ist die

Tiroler Berg- und Al-

menwelt, die wir bespielen. Wald, Wiesen,

Wasser – viel mehr braucht man nicht,

um Kinder zu begeistern“, sagt Marlies

Erhard. Die gelernte Sozialpädagogin ist

seit Beginn an mit der Leitung der Tiroler

Familiennester betraut und gibt die Be-

geisterung für das naturnahe kindliche

Erleben der Tiroler Natur weiter.

Die Tiroler Familiennester sind

heute eine der erfolgreichsten Initiativen

in diesem Bereich und wurden 1997 auf

Anregung der Tirol Werbung und en-

gagierter Regionen ins Leben gerufen.

Inzwischen sind die Familiennester ein

eigenständiger Verein, der sich um Kin-

derprogramme kümmert, die dann in den

Regionen Tirols umgesetzt werden. Dazu

gehören die entsprechende Konzeption

der Programme, die Fortbildung der

Kinder- und Jugendbetreuer sowie die

Betreuung der Partnerbetriebe aus der

Tiroler Hotellerie.

Eine Erfolgsgeschichte. Vor 15

Jahren haben die Tiroler Familiennester

mit neun Tiroler Orten begonnen, die

schon damals großen Wert auf qualitativ

hochwertige Programme für die Familie

gelegt haben. Inzwischen sind aus diesen

neun Orten 15 Tiroler Tourismusregionen

geworden. „Unser jüngstes Mitglied ist das

Ötztal“, erzählt Marlies Erhard stolz. „Hier

haben wir gerade begonnen, im vorderen

Ötztal sehr erfolgreich die Programme der

Familiennester umzusetzen.“

Der Verein Tiroler Familiennester

wird von den Tourismusregionen getra-

gen, welche die jährlich wechselnden Kin-

derprogramme kostenlos in ihrer Region

umsetzen. Wesentlicher Bestandteil des

Konzeptes sind die Beherbergungsbetrie-

be, die sich als Partner der Familiennester

einem Qualitäts-Check unterziehen und

ihre Gäste-Kinder zu den Programmen

schicken. „Will man Partnerbetrieb sein,

dann wird man alle drei Jahre auf Familien-

freundlichkeit untersucht“, erzählt Marlies

Erhard. Dieser Qualitäts-Check wird von

den Partnerbetrieben gerne mitgetragen,

ist er doch ein wichtiger Gradmesser für

den Erfolg im Familientourismus. Derzeit

tragen rund 200 Hotels und Pensionen

dieses Gütesiegel.

Willi Waldwichtel. Kernarbeit der

Tiroler Familiennester ist es, jährlich neue

Programme zu bieten, um Kinder und Ju-

gendliche zu begeistern. Jedes Programm

wird begleitet von einem Maskottchen,

das stellvertretend die Idee aufgreift. 2013

ist es Willi Waldwichtel, der die Kinder ver-

zaubern soll. Rund um das Maskottchen

wird dann ein Aktivitätenprogramm ge-

strickt – mit Spielgeschichten, Bastelideen

und vielem mehr.

Hinter dem Jahresmotto steckt

jede Menge Arbeit. Die Nestbetreuer der

Regionen tre� en sich jährlich, um die In-

halte zu vertiefen und sich untereinander

auszutauschen, wie die Kinderbetreuung

in ihrer Region funktioniert. „Ohne die en-

gagierten Nestbetreuer in den Regionen

würde unser Konzept nicht funktionieren“,

ist Marlies Erhard überzeugt. „Sie geben

all die Emotionen weiter, die wir in unsere

Konzepte stecken.“

Zum 15-jährigen Jubiläum schaut

man bei den Tiroler Familiennestern in die

Zukunft. Ein Themenfeld, dem man sich

intensiver widmen wird, ist die Betreuung

von Jugendlichen. „Hier ist der eindeutige

Wunsch, dass man auch für Kinder über

zehn Jahren ein kostenloses Betreuungs-

angebot scha� en muss“, erklärt Erhard.

Was Kinder im Urlaub wollenDer Verein Tiroler Familiennester feiert heuer sein 15-jähriges Jubiläum. Erfolgreich bietet man hochwertige Kinderprogramme an. Das Credo: Kinder müssen Natur erleben können.

VON ERNST SPRENG

Engagiert. Die Nest-betreuer der einzelnen Tiroler Tourismus-regionen tre� en sich einmal jährlich zur Fortbildung.

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DIE TIROLER FAMILIENNESTER

Die Tiroler Familiennester wurden 1997 als eigene Angebots-gruppe der Tirol Werbung ins Leben gerufen. Inzwischen bilden sie einen eigenständigen Verein, der aktuell 15 Tiroler Regionen zu seinen Mitgliedern zählt. In diesen Familienregionen sind 200 familienfreundliche Beherbergungsbetriebe Partner der Tiroler Familiennester. 2012 haben circa 90 Kinder- und Jugendbetreu-er mehr als 30.000 Kinder in den Programmen der Familiennes-ter betreut.

www.tiroler-familiennester.at

Die Familiennester haben reagiert und

heuer beispielsweise zum ersten Mal das

Thema „Geocaching“ aufgegri� en, das für

Jugendliche eine interessante Möglich-

keit bringt, moderne Technik mit Naturer-

lebnis zu verbinden. Neu bei den Tiroler

Familiennestern ist seit heuer auch die

Unterteilung der Partnerbetriebe in „Nest-

partner“ und „Premium-Nestpartner“. Die

ersten Premiumbetriebe werden jetzt im

Ötztal mit diesem Gütesiegel versehen.

Engagiertes Team. Ein wesentlicher

Erfolgsfaktor der Tiroler Familiennester

ist das anhaltende Engagement der trei-

benden Kräfte. Alle Gründungsregionen

sind auch heute noch dabei, der Obmann

heißt seit zehn Jahren Karl Atzinger. Und

auch Familienpionier Franz Tschiderer aus

Serfaus ist seit Anbeginn an mit dabei. „Der

Verein ist so erfolgreich, weil es nach wie

vor eine sehr enge Bindung zur Tirol Wer-

bung gibt“, ist Marlies Erhard überzeugt.

„Denn ohne die entsprechende Vermark-

tung durch die Tirol Werbung nützt uns

das beste Kinderprogramm nichts.“ ×

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Geehrt. Seit Beginn an Nestbetreuer (v. l.): Karl und Franziska Frinner, Helmut Reibl und Cordula Geiger. Weiters im Bild: Marlies Erhard, Karl Atzinger und Familiennester-Assistentin Conny Friesenbichler.

Fixstarter. Marlies Erhard ist seit 15 Jahren

Leiterin der Familien-nester, Karl Atzinger seit

zehn Jahren Obmann des Vereines.

41

N adine Tschiderer ist in

der Hotellerie groß ge-

worden. Die Idee, ein

soziales Netzwerk für

die Branche zu scha� en, ist deshalb quasi

an der Rezeption des Familienbetriebs in

Ischgl entstanden. Immer wieder sah sie,

wie fanatisch Gäste sich mit Facebook

befassten, und dachte sich: „Wieso gibt

es so etwas eigentlich nicht für Hotels?“

Mit Worldhotelbook rief sie deshalb

einen digitalen Tre� punkt für Branchenin-

sider ins Leben. Im Gegensatz zu privaten

Social-Media-Plattformen werden hier

allerdings keine Schnappschüsse von der

letzten Party gepostet. Stattdessen haben

Hotels aller Kategorien die Möglichkeit,

sich für potenzielle neue Mitarbeiter von

ihrer schönsten Seite zu präsentieren.

200 Häuser sind derzeit auf World-

hotelbook zu fi nden, darunter klingende

Namen wie das SPM in Monte Carlo oder

das 1912 erö� nete Luxushotel Negresco

in Nizza. Der Schwerpunkt liegt derzeit

noch auf Betrieben aus dem deutschspra-

chigen Raum, besonders Norddeutsch-

land und Österreich sind stark vertreten,

aber es kommen auch immer mehr re-

nommierte Mitglieder aus aller Welt dazu,

sagt die Unternehmerin.

Von Reiseliebhabern geschätzt. Seit März 2012 ist die Seite online und ent-

wickelt sich. Auch in zunächst unerwarte-

te Richtungen. „Es hat sich herausgestellt,

dass neben den Insidern auch immer

mehr Reiseliebhaber auf Worldhotelbook

aufmerksam geworden sind“, erzählt die

29-Jährige. Deshalb gebe es mittlerweile

auch einen großen Gästefaktor. Im Ge-

gensatz zu Unternehmen können sich

Privatpersonen kostenlos registrieren.

Alle Informationen sind aber auch für

nicht registrierte Nutzer zugänglich. Wenn

einem Besucher ein Hotel zusagt, kann er

es zusätzlich sofort online buchen. Der In-

teressent wird dazu entweder direkt zum

Buchungstool auf der Hotelwebsite wei-

tergeleitet, oder er nutzt das Angebot auf

einer der großen Buchungsplattformen.

„Derzeit wird Worldhotelbook von

Hotels großteils als Distributionskanal

genutzt“, sagt die Jungunternehmerin.

Die Firmengründerin glaubt, dass in den

kommenden fünf bis zehn Jahren die

Bedeutung der großen Buchungsplatt-

formen tendenziell abnehmen wird. „Ich

denke, die Hotels werden sich verstärkt

Wege suchen, um die hohen Provisionen

zu vermeiden.“ Im Konzept von Worldho-

telbook sieht sie deshalb auch Potenzial

als zusätzlichen Vertriebskanal.

Personalsuche via „Sedcard“. Neben der Eigenpräsentation der Ho-

tels und dem Buchungstool bringt die

Plattform zusätzlich auch Jobsuchende

und potenzielle Arbeitgeber zusammen.

Bewerber können sich ebenso wie Hotels

auf Worldhotelbook in Szene setzen, und

zwar mit einem Online-Lebenslauf in

Form einer „Sedcard“.

Eine weitere Entwicklung, die

Tschiderer nicht in der Größenordnung

erwartet hat, ist, dass sich neben Hotels

und potenziellen Gästen auch verschie-

denste Dienstleister für die Hotellerie auf

Worldhotelbook registrieren. Die Auswahl

reiche von Consulting-Firmen über Wer-

beagenturen bis zu Getränkelieferanten.

„Der Vorteil für die Firma ist, dass sie sich

e� zient und zielgruppengerecht präsen-

tieren kann“, so die Touristikerin.

Die Schnelllebigkeit des Internets lässt

Prognosen darüber, wohin sich World-

hotelbook in Zukunft bewegen wird,

kaum zu. Aktuell scheint Tschiderer mit

ihrer Geschäftsidee jedenfalls einen Nerv

getro� en zu haben. „Die Resonanz war bis

jetzt sehr gut. Dieser Mix aus allem war

schon etwas Neues für die Branche.“ ×

www.worldhotelbook.com

Facebook für HotelsSocial Media ist zum Schlagwort für zeitgemäßes Marketing geworden. Was Facebook für Privatpersonen ist, soll Worldhotelbook für Hotels werden.

VON SONJA KAINZ

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Plattform. 200 Hotels sind derzeit auf Worldhotelbook von Gründerin Nadine Tschiderer zu fi nden.

„Es hat sich herausgestellt, dass neben den Insidern auch immer mehr Reiseliebhaber auf Worldhotelbook aufmerksam geworden sind.“NADINE TSCHIDERER, JUNGUNTERNEHMERIN

SAISON

MAGAZIN

42 SAISON

MAGAZIN

D ie Geschichte der Alpin-

schule Innsbruck (ASI)

ist untrennbar mit dem

Namen Hannes Gasser

verbunden. Der Bergführer und Leiter

mehrerer spektakulärer Südamerika-

Expeditionen erö� nete 1963 mit nur zwei

Mitarbeitern die Alpinschule Innsbruck. Im

ersten Jahrzehnt der Firmengeschichte hat

sich Hannes Gasser darauf fokussiert, sei-

nen Gästen die schönsten Routen in den

Alpen zu zeigen. Die Hütte am Berg war der

zentrale, stimmige Ausgangspunkt zahllo-

ser Wanderungen. Die Entwicklung der ASI

ging dann schnell voran. Zuerst steigerte

sich der Komfort der Unterbringungen, vor

rund 30 Jahren entschloss man sich dann,

Wanderreisen international anzubieten.

Und das mit Erfolg. Die ASI ist heute

im Bereich der Wander- und Trekkingrei-

sen Marktführer im deutschsprachigen

Raum und betreut pro Jahr über 20.000

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Urlaubsgäste. Allein im Alpenraum werden

50 verschiedene Wanderreisen angebo-

ten. Inzwischen ist die ASI mit rund 250

Guides auf fünf Kontinenten im Einsatz.

„Unser Markenkern sind die Wander- und

Trekkingreisen“, erklärt Firmenchef Am-

bros Gasser, Sohn des Gründers. „Jede

Reise ist ein von uns sorgfältig geplantes

Gesamterlebnis aus Natur, Kultur, kulinari-

schen Besonderheiten und ausgewählten

Unterkünften. Im Englischen ist die Defi -

nition unserer Reiseinhalte gri� ger: Es ist

Adventure Travel.“

Die Reiseziele werden bei der ASI

aber nicht nur nach ihrer Einzigartigkeit

ausgewählt. „Wir reisen mit unseren Gäs-

ten abseits der Masse und zeigen unseren

Kunden Ursprünglichkeit und echtes Le-

ben. Wir meiden inszenierte Touristen-

shows“, erzählt Gasser. Und: „Nachhaltig

waren unsere Reisen schon immer. Das ist

reine Selbsterhaltung. Nur dort, wo ökolo-

gische Verantwortung übernommen wird,

und das tun wir, kann man auch in Zukunft

Natur erleben.“

Familienunternehmen. Doch zu-

rück zur Geschichte des erfolgreichen

Unternehmens. Nach dem plötzlichen

Tod von Hannes Gasser 1996 übernahm

seine Frau Elfi die Geschicke des Unter-

nehmens. 2007 stieg die zweite Genera-

tion – Ambros Gasser – ins Unternehmen

ein. Seit 2011 leitet er das Unternehmen.

„Ich kann meinem Vater und meiner Mut-

ter nur danken. Sie haben mit viel Bedacht

wichtige strategische Entscheidungen ge-

tro� en und unseren Markenkern nie aus

den Augen verloren“, so Gasser.

Besucht man heute den Firmensitz

in Natters, hat man rasch das Gefühl, dass

hier die Kernelemente Wandern, Erleb-

nis, Trekking wirklich gelebt werden. Das

ist wahrscheinlich das Erfolgsrezept der

Adventure TravelDie Alpinschule Innsbruck wird heuer 50 Jahre alt. Heute ist das Unternehmen aus Natters im deutschsprachigen Raum der führende Reiseveranstalter für Wander- und Trekking-Urlaube.

VON ERNST SPRENG

43

ASI: Es sind keine Reiseprodukte aus der

Retorte, sondern feinfühlig abgestimmte

Naturerlebnisse. „Jeder ASI-Mitarbeiter

kann einmal im Jahr kostenlos selbst eine

ASI-Reise mitmachen“, erklärt Ambros Gas-

ser seinen Stil der Personalführung, der sich

auch in der Mitarbeiterzentrale deutlich wi-

derspiegelt. Meetings werden im Wald beim

Walking abgehalten, im Mitarbeiter-Garten

steht eine Kletterwand zum Entspannen.

„Wer Adventure Travel anbietet, muss wis-

sen, welche Bedürfnisse der Kunde hat. Das

erleben meine Mitarbeiter hautnah“, meint

Ambros Gasser, der selbst noch regelmäßig

Gruppen führt und sich nicht nur auf die

Marktforschung verlässt.

Neue Reisen. Noch etwas zeichnet die

Arbeit der ASI aus. Jährlich werden neue

Sich weiter- entwickeln

Im Interview erzählt Ambros Gasser von den Zukunftsplä-nen der Alpinschule Innsbruck.

H err Gasser, 50 Jahre erfolgreich – was nun?

AMBROS GASSER: Unse-

re Zukunftsstrategie ist klar defi niert. In

unserem Markenkern, den Erlebnisrei-

sen zu Fuß, wollen wir weiter kontinu-

ierlich wachsen und uns innerhalb des

Segments verbreitern.

Wie soll das konkret ausschauen?

Zum Beispiel haben wir uns zum

50-jährigen Jubiläum ein Geschenk

gemacht. Erstmals bieten wir nicht

nur Gruppenreisen an, sondern haben

Angebote für Individualreisen ins Pro-

gramm aufgenommen. Diese Individu-

alreisen kann man mit oder ohne Guide

buchen. Damit erreichen wir jene, die

nicht in der Gruppe auf Abenteuerreise

gehen möchten.

Gibt es weitere Zukunftspläne? Wir

sind seit Kurzem in Österreich exklu-

siver Agent für Intrepid Travel, den

weltweit größten Anbieter im Ad-

venture Travel. Damit fungieren wir

erstmals als Reisemittler. Mit diesem

Angebot sprechen wir vor allem jün-

gere Menschen an, die internationales

Flair in ihrer Reisegruppe schätzen.

Und kürzlich haben wir eine eigene

Firma gegründet, die sich mittelfristig

im Incoming-Geschäft etablieren soll.

Und zwar dort, wo das Angebot an-

derer Incomer aufhört, also im alpinen

Bereich ab 1800 Metern Meereshöhe.

Vielen Dank für das Gespräch. ×

spannende Reisen angeboten. Stillstand

gibt es nicht. Zum ersten Mal in der Fir-

mengeschichte können außerdem Indivi-

dualreisen gebucht werden. „Unsere Er-

fahrung hat gezeigt, dass rund 40 Prozent

jener, die gerne einmal eine Wanderreise

machen möchten, nicht in der Gruppe

reisen wollen. Für diese Menschen haben

wir Angebote mit Guide beziehungsweise

auch ohne Guide gescha� en“, berich-

tet Gasser. Diese Individualreisen sind

modulartig aufgebaut, der Kunde kann

sich seine Reise aus Bausteinen selbst

zusammenstellen. „Damit folgen wir dem

Trend, dass der moderne Urlauber selbst

Produktdesigner wird, sich aber seine Indi-

vidualität nicht mühselig selbst erarbeiten

muss, sondern auf die Erfahrung von Profi s

zurückgreifen kann.“ ×

Gewachsen. Gründer Hannes Gasser (Bild rechts oben) startete 1963 mit zwei Mitarbeitern. Heute betreut die Alpinschule Innsbruck über 20.000 Urlaubs-gäste pro Jahr.

„Wer Adventure Travel anbietet, muss wissen, welche Bedürfnisse der Kunde hat. Das erleben meine Mitarbeiter hautnah.“AMBROS GASSER, ASI-GESCHÄFTSFÜHRER

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SI

44 SAISON

MAGAZIN

D as Bild ist seit vielen Jahren

dasselbe: In den abend-

lichen Dämmerstunden

des Sommers füllt sich der

Innenhof der Innsbrucker Hofburg mit

Gästen, die im monarchischen Ambiente

klassischer Bläsermusik lauschen wollen.

Der Andrang ist groß: Bis zu 2.800 Zuhörer

verzeichnen die Innsbrucker Promena-

denkonzerte pro Abend, und das fast einen

ganzen Monat lang und bei Konzerten von

33 Blasorchestern aus sieben Nationen.

Highlights der Kunstmusik. Da-

bei haben die Promenadenkonzerte mit

seichter Unterhaltung – wie sie etwa

mit durchschnittlichen Platzkonzerten

dörfl icher Blaskapellen assoziiert werden

– nur wenig gemein. Die Idee, die hinter

der Gründung der Innsbrucker Promena-

denkonzerte vor 19 Jahren stand, war die,

an eine alte und fast vergessene Tradition

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anzuknüpfen. „In Österreich hatte die Blä-

sermusik die Aufgabe, den Menschen bei

Serenaden die Highlights der Kunstmusik

in leichter Form näherzubringen. Das

geht von Haydn und Mozart bis zu den

Militärmusikkapellen, die vor der Zeit der

Tonträger die klassische Musik dem Volk

zugänglich gemacht haben“, erklärt Alois

Schöpf, Gründer und Leiter der Innsbru-

cker Promenadenkonzerte, wenn man ihn

auf die historische Bedeutung der Blasor-

chester anspricht. In diesem Geist werden

jedes Jahr professionelle Orchester und

hochkarätige Laienensembles engagiert,

die die Altstadt dann mit klassischer Musik

bespielen.

In die Gegenwart. Ursprünglich galt

bei den Promenadenkonzerten die Vorga-

be, (fast) ausschließlich Musik aus der Zeit

der österreichischen Kaiserzeit aufs Pro-

gramm zu setzen – eine Einschränkung,

die in den letzten Jahren zunehmend

aufgebrochen wurde. Inzwischen setzen

Veranstalter und Orchester nicht mehr nur

auf Strauß-Walzer und Ähnliches, sondern

haben das Repertoire bis in die Jetztzeit

erweitert. Einzige Bedingung ist, dass die

gespielten Werke vor dem Kanon der klas-

sischen Musik bestehen können.

Äußeres Zeichen dieser Entwicklung

ist eine Änderung des Namens: Statt „Musik

aus Altösterreich“ lautet der Untertitel der

Innsbrucker Promenadenkonzerte nun „Im

Innenhof der Kaiserlichen Hofburg“. Viel

stärker noch macht sich die Veränderung in

den Programmen der Orchester bemerk-

bar, die vermehrt Musik von der klassischen

Moderne bis in die Jetztzeit aufs Programm

setzen. Kompositionen von Igor Strawinsky,

Benjamin Britten oder Heinz Karl Gruber

fi nden sich zwischen den Werken von Jo-

seph Haydn und Georg Friedrich Händel,

Richard Strauss, Henry Purcell und Friedrich

Mit Luft und LeichtigkeitWenn die Innsbrucker Nächte wieder lau werden, weht allabendlich feiner Bläserklang durch die Innsbrucker Innenstadt – eine musikalische Visitenkarte und Einladung der Innsbrucker Prome-nadenkonzerte, die von 3. bis 28. Juli 2013 im Innenhof der Kaiserlichen Hofburg stattfi nden.

VON ESTHER PIRCHNER

Publikumsmagnet. Bis zu 2.800 Zuhörer verzeichnen die Innsbrucker Promenadenkonzerte pro Abend.

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Smetana. Selbstverständlich haben einige

Kapellen anlässlich der 200. Geburtstage

von Giuseppe Verdi und Richard Wagner

deren Musik ins Programm aufgenommen,

andere haben aber gerade wegen der vie-

len Gedenkkonzerte, die 2013 stattfi nden,

ganz anderes ausgewählt.

Profi s und Laien. Was auch immer

auf dem Konzertplan steht, die Faszination

für Bläsermusik, die eine hohe Qualität hat

und gut gespielt ist, ist bei den Innsbrucker

Promenadenkonzerten ungebrochen.

Das mag daran liegen, dass die Arran-

gements vergleichsweise leicht fasslich

sind und dass sowohl das herrschaftliche

Ambiente als auch die hervorragende

Akustik der Kaiserlichen Hofburg den Zu-

hörern einfach einen angenehmen Abend

bescheren. Vor allem ist der Grund aber

wohl im Können und der Leidenschaft der

eingeladenen Ensembles zu suchen, die

musikalisch auf hohem Niveau agieren.

Die Hälfte von ihnen sind profes-

sionelle Orchester, die andere sehr gute

Laienorchester. Tiroler Ensembles –

„Platzhalter für die Tiroler Identität“, wie

Alois Schöpf sagt – bestreiten traditionell

einen Teil des Programms, darunter die

Brassband Fröschl Hall, die Swarovski Mu-

sik Wattens, die Musikkapellen Anras und

Heinfels und die Alt Matreier Tanzmusik.

Andere Konzertabende werden von inter-

nationalen Kapazundern bestritten, und

Militärmusikkapellen fi nden sich ebenso

hier ein wie kleinere Ensembles, deren

Schwerpunkt auf der Musik des 20. und

21. Jahrhunderts liegt. Insgesamt ist rund

die Hälfte der Gruppen erstmals bei den

Promenadenkonzerten zu Gast, die andere

war bereits in früheren Jahren zu hören.

Von den Besten. Ins Schwärmen

kommt der Festivalleiter, wenn er von

Gruppen wie der Sächsischen Bläserphil-

harmonie erzählt, die bereits mehrmals in

Innsbruck zu Gast war und diesmal „Sym-

phonische Tanzmusik“ au� ühren wird:

Werke aus dem Barock stehen dabei Musik

aus Osteuropa von Igor Strawinsky, Peter

Iljitsch Tschaikowsky und Antonín Dvořák

sowie Kompositionen aus Lateinamerika

gegenüber. Ein besonderes Konzerterleb-

nis verspricht auch der Auftritt von Wind-

kraft Tirol unter der Leitung von Kasper de

Roo. Auch hier tri� t Barock auf Musik des

19. und 20. Jahrhunderts, die Protagonis-

ten heißen aber Johann Sebastian Bach,

Richard Wagner und Heinz Karl Gruber.

Erfolgsmodell. Auch darin liegt eine

Besonderheit der Innsbrucker Promena-

denkonzerte: Sie sind nicht nur eines der

umfangreichsten Festivals dieser Art im

weiten Umkreis, in ihrer Konzentration auf

klassische Musik sind sie auch einzigartig.

Im kommenden Jahr feiern die

Promenadenkonzerte ihr zwanzigjähriges

Bestehen. Fragt man Alois Schöpf, ob er

sich eine so lange Erfolgsgeschichte er-

wartet habe, verweist er einmal mehr auf

die Ausrichtung der Konzerte und ergänzt:

„Wir bemühen uns, immer bessere Pro-

gramme zu machen und immer bessere

Orchester einzuladen. Da kann einfach

nichts schiefgehen.“ ×

„Der Grund für die Gründung von Blasorchestern war, im Freien Lärm machen zu können.“ALOIS SCHÖPF, GRÜNDER UND LEITER DER INNSBRUCKER PROMENADENKONZERTE

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19. INNSBRUCKER PROMENADENKONZERTEIM INNENHOF DER KAISERLICHEN HOFBURG

3. bis 28. Juli 2013www.promenadenkonzerte.at

46 SAISON

MAGAZIN©

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W er heute in einer

gebirgigen Gegend

wohnt, kennt die An-

sicht von oben: Bei

Wanderungen oder einer Gondelfahrt ge-

nügt ein Blick, um die Stadt, die einem zu

Füßen liegt, aus der Vogelperspektive zu

betrachten. In anderen Regionen wird die

Sicht von oben aus dem Flugzeug möglich

oder – wesentlich weniger aufwendig –

per Google Earth vom Computer, Tablet

oder Smartphone aus. Die Möglichkeit, die

Welt von oben her zu betrachten, die uns

heute so selbstverständlich scheint, hat

also ganz eng mit kulturellen Errungen-

schaften zu tun – mit dem Alpinismus, der

im 19. Jahrhundert aufgekommen ist, und

der technischen Fähigkeit, Aufstiegshilfen

und Flugzeuge zu bauen. Kein Wunder

also, dass die ersten Bilder, die die reale

Sicht auf die Dinge wiedergaben, aus die-

ser Zeit stammen. Besonders eindrück-

liche Beispiele dafür sind Egon Schieles

Ansichten von Krumau oder Alfons Waldes

Blick auf Kitzbühel, „Stadt im Tauschnee“,

in denen die Dächer ein wichtiges Gestal-

tungselement darstellen.

Die fünfte Seite. Es sind diese Bilder,

die Kurator Günther Moschig und der Lei-

ter des Museums Kitzbühel, Wido Sieberer,

als Ausgangspunkt genommen haben, um

die diesjährige Sonderschau mit außer-

gewöhnlichen Stadtansichten zu bestü-

cken. Dabei zeigte sich, dass Dächer und

Dachlandschaften aus mehreren Gründen

interessante Kunstmodelle darstellen:

Neben der historischen Entwicklung und

der geografi schen Lage spielt auch der

architektonische Aspekt eine Rolle, kann

doch das Dach als die fünfte Seite eines

Gebäudes normalerweise nur im Modell

oder in perspektivischen Ansichten be-

trachtet werden.

Zudem erlaubt die Sicht von oben

auch einen Überblick über städtische Ge-

gebenheiten. „Wenn ich in den Himmel

schaue“, erläutert Günther Moschig dazu,

„sehe ich in einen unendlichen Raum. Aber

wenn ich nach unten schaue – auf den

Boden der Realität, wenn man so will –,

dann ist der Blick endlich. Und dann kann

ich etwas erkennen, urbanistische Entwick-

lungen oder soziale Besonderheiten. Ich er-

lebe die Stadt als Stadtraum, als Ort, wo sich

Menschen bewegen, arbeiten, shoppen.“

Beispiele für diese Sicht in der Ausstellung

stammen von Inés Lombardi, die in foto-

grafi schen Studien ihre Heimatstadt São

Nach unten sehenDächer und Dachlandschaften zeigt das Museum Kitzbühel in seiner aktuellen Sonderausstellung, die an Bilder von Alfons Walde und Egon Schiele anknüpft. Kunstwerke von Gerhard Richter, Inés Lombardi, Erwin Wurm und anderen erö� nen dabei den Blick „von oben her“.

VON ESTHER PIRCHNER

Von der Dachterrasse des von Wido Sieberer

geleiteten Museums aus genießt man den Blick

über Kitzbühel.

Während Besucher von unten nach oben durchs Museum gelangen, wandert der Blick nach unten.

Das Dach als Grenze zwischen Privatem und Ö� entlichem ist Thema von Siggi Hofers

Buntstiftzeichnung „Demokratie“ von 2010.

Egon Schieles Gemälde „Die kleine Stadt II“ von 1913,

Öl/Bleistift auf Leinwand, ein Beispiel für seine Kru-

mauer Stadtansichten.

47

VON OBEN HER BETRACHTET. DÄCHER UND DACHLANDSCHAFTEN VON EGON SCHIELE BIS ALFONS WALDE, VON INÉS LOMBARDI BIS GERHARD RICHTERMuseum Kitzbühel, bis 31. Oktober 2013Juli bis September: tägl. 10–17 Uhr, Do 10–20 UhrJuni und Oktober: Di–Fr 10–13 Uhr, Sa 10–17 Uhr

www.museum-kitzbuehel.at

Paulo als ausufernde Megacity porträtiert,

und von David Goldblatt, dessen Ansichten

der Peripherie von Johannesburg die Dis-

krepanz zwischen wild wuchernden Slums

und den Versuchen, geordnete Siedlungen

zu errichten, darlegen.

Aufstieg und Fall. Als Ausstellungs-

besucher vollzieht man die Veränderung

der Betrachterposition von unten nach

oben nach: Im Erdgeschoß sind Objekte

ausgestellt, denen man sozusagen auf

Augenhöhe begegnet – beispielsweise

Olaf Quantius’ Modell einer Scheune aus

blauem Styropor oder Siggi Hofers Bunt-

stiftzeichnung „Demokratie“, in denen das

Dach schützt und Privates von Ö� entli-

chem trennt. Je weiter man im Museum

nach oben steigt, umso mehr wandert

der Blick nach unten. In Rudolf Wackers

„Winterlandschaft“ und Alexandra Wackers

„Montag, 13.12.42“ schweift der Blick noch

über die Dächer bis zum Horizont, wäh-

rend dieser bei Gerhard Richter („Stadtbild“,

1969) und Hubert Schmalix („Isabel Drive,

Das Dach trägtDächer und Dachlandschaften bieten nicht nur für Künstler attraktive Ansichten, wie Kurator Günther Moschig im Interview erzählt.

S AISON: Herr Moschig, als Ku-rator werfen Sie im Museum Kitzbühel einen Blick auf ver-

schiedene Städte. Haben Sie sich schon öfter mit dieser Perspektive beschäftigt? GÜNTHER MOSCHIG: Meine Beschäfti-

gung damit kommt eigentlich von Egon

Schiele, weil ich ein Krumau-Fan bin. In

Krumau hat Schiele seine Dach-Bilder

entwickelt. Aus einem Satz von ihm ha-

ben wir auch den Titel der Ausstellung

entlehnt: „Das hat sich in Krumau so

aufgedrängt. Dort lernt man die Welt von

oben herab zu betrachten.“

Neben Schiele zeigen Sie auch Werke von Gerhard Richter, Erwin Wurm und Inés Lombardi in Kitzbühel. War es schwierig, an diese heranzukommen?Eigentlich nicht. Das Thema hat von An-

fang an getragen. Auch Erwin Wurm war

sofort dabei, obwohl ich Skrupel hatte, ihn

zu fragen.

Der Gang durch die Ausstellung endet auf dem Dach des Museums. Worum ging es Ihnen dabei?Es sollte einen realen Blick von oben

geben und natürlich gibt es eine Anspie-

lung auf das letzte Konzert der Beatles.

Interessant fi nde ich auch die Entwicklung

von Google Earth, die ja ihren Ursprung in

militärischen Anliegen hat.

Vielen Dank für das Gespräch. ×

Fresnaida 02“, 2005) gänzlich aus dem

Blickfeld verschwindet. Bas Jan Aders Vi-

deo „Fall 1“ von 1970 verdeutlicht auf dem

weiteren Weg nach oben, dass, wer hoch

steigt, auch tief fällt: vom Giebel eines Ein-

familienhauses, auf dem Ader anfangs auf

einem Stuhl thront, über das Dach bis auf

den Boden, wo er nur wenige Sekunden

später im Gebüsch landet.

Auf der Terrasse. Der räumliche Hö-

hepunkt der Ausstellung liegt schließlich

außerhalb des Museums. Vom Dachraum,

„Als geübter Fotograf hat sich Walde bei der ‚Stadt im Tauschnee‘ der Fotografi e bedient – sogar der Schnee liegt auf vielen der Dächer auf der Fotografi e und dem Gemälde in exakt derselben Position.“WIDO SIEBERER, LEITER VON ARCHIV UND MUSEUM KITZBÜHEL

in dem ein Teil der ständigen Walde-

Ausstellung untergebracht ist, führen

einige Stufen über das Dach bis auf eine

temporäre Terrasse, von der man den

Blick über das heutige Kitzbühel schwei-

fen lassen kann. Hier hat sich seit Waldes

Zeiten einiges verändert: Die Dächer sind

(fast) nicht mehr mit Schindeln gedeckt,

sondern mit Blech, hier und da ist eine

Dachterrasse herausgeschnitten oder ein

Dachfi rst angehoben worden, um mehr

Raum und Licht zu gewinnen.

An dieser Stelle ist es auch, an der

deutlich wird, wie sehr das Thema „Von

oben her betrachtet“ jeden Einzelnen an-

spricht und wie vieles sichtbar wird, wenn

man nur eine andere Position einnehmen

kann. Hoch oben über den Dächern von

Kitzbühel fangen Einheimische und sons-

tige Ausstellungsbesucher über die Stadt,

ihr Aussehen und ihre Bedeutung nachzu-

denken und zu diskutieren an. ×

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49 SAISON

KOMMENTARE

Veraltete Homepages – verhungerte Gäste VON ALOIS SCHÖPF

Schädelstätte VON ERNS T MOLDEN

Alois Schöpf lebt als Journalist und Schriftsteller in Lans.

Ernst Molden, 45, lebt als Liedermacher und Schriftsteller in Wien. Für seine Alben und Bücher wurde er mehrfach ausgezeichnet. Zuletzt erschien seine Platte A SO A SCHEENA DOG (monkeymusic).

D er Schnee war geschmolzen und der Tiroler Lenz tat

zumindest so, als wolle er Einzug halten. Wie jedes

Jahr machte ich mich daher zur Alpenvereinshütte

auf, die ich im Frühjahr immer besuche, während

die Almen noch geschlossen sind. Zur Vorsicht, da die Strecke doch

ziemlich weit ist, setzte ich mich vor den Computer und besuchte

die Homepage des Hauses, auf deren erster Seite stolz verkündet

wird, dass ganzjährig geö� net ist. Wunderbar, dachte ich, auf geht‘s

in die Natur!

Ich weiß nicht, ob ich es meiner grundsätzlichen Skepsis dem

Weltenlauf gegenüber zu verdanken habe, dass ich zur Absicherung

meiner Recherche den Link „News“ anklickte und dort die herzer-

wärmende Mitteilung fand: „Da wir ein neues Kindlein erwarten,

ö� nen wir erst wieder Anfang Juni!“

Inzwischen ist das Kindlein geboren und gedeiht einem ho� entlich

intensiven Leben entgegen. Was mich betri� t, so habe ich mir eine

andere Route ausgesucht und mich all der unverho� ten Abenteuer

erinnert, die man nur deshalb erlebt, weil unsere ansonsten hoch

geschätzten Hüttenwirte zu schlampert sind, sofern sie überhaupt

eine Homepage betreiben, diese auch auf dem neuesten Stand zu

U nlängst fuhren meine Band und ich durch das früh-

lingshaft proppende Salzkammergut. In Ischl spiel-

ten wir im herrlichen Lehar-Theater, was so etwas

ist wie das Burgtheater im Playmobil-Format, und

nachher trafen wir ein paar Musikerfreunde auf ein Bier. Da erzählte

man uns dann vom aktuellen Regional-Skandal: Ein junger Künstler

in Hallstatt habe begonnen, Totenschädel aus Gips herzustellen,

mit allerlei schönen Bildern zu bemalen und den Hiesigen gleicher-

maßen wie den Touristen zu verkaufen. Der Hintergrund dazu: Im

berühmten Hallstätter Beinhaus lagern teils Jahrhunderte alte und

kunstvoll bemalte Schädel, die der Tourist gegen ein feistes Entgelt

an die Pfarre auch besichtigen kann. Das Salzkammergut-Patriziat,

in erster Linie aber die lokale Kirche regen sich nun unheimlich auf.

Man spricht von Tabubruch, Pietäts- und Geschmacklosigkeit und

will dem fi ndigen Mann das Handwerk legen.

Das fi nde ich ja ein bisschen blöd. Ich sage, der Mann hat eine

gute Idee gehabt, und ich gönne ihm seinen Lauf. Die Schädelplastik

zum Mitnehmen hat ja auch eine kleine Tradition. In Gothic- und

Ki� ergeschäften kann man sie seit Jahrzehnten kaufen, sei es als

Kerzenhalter, als Wasserpfeife oder als schlichten Briefbeschwerer.

Nur der Eintritt ins Touristen-Merchandising, in die Welt der Wander-

stöcke, Filzhüte und Gamsbärte, ist neu. Und das auch nur bei uns.

halten und darauf zu achten, dass sich nicht, wie

oben geschildert, Widersprüche einschleichen,

die vor allem unsere Gäste in Schwierigkeiten

bringen können.

Denn es ist nicht nur unangenehm und

frustrierend, wenn man sich zwei Stunden lang

auf einen Kasknödel mit Salat freut und dann vor verschlossener

Tür steht, obgleich einem versichert wurde, dass geö� net ist. Es

kann vor allem für Familien und nicht auf die Fährnisse des Berges

eingestellte Wanderamateure durchaus unangenehm bis gefährlich

sein, wenn sie plötzlich ohne Proviant und ohne etwas zu trinken

dastehen, die durchgeschwitzte Wäsche nicht wechseln können

und nicht wissen, was sie mit ihren Kindern anfangen sollen.

Eine eigene Homepage, die im Übrigen mit den großen Infor-

mationsnetzen des Landes wie www.tirol.at zu verlinken ist,

sollte für jede Alm- oder Alpenvereinsgastwirtschaft heute

eine Selbstverständlichkeit sein. Sie am aktuellen Stand

zu halten, ebenso. Wobei neben diesem Pfl ichtteil in der

Kommunikation nicht die zusätzlichen Chancen vergessen

werden sollten: So ermöglicht eine eigene Homepage nicht

nur kostenlos die Ankündigung von Veranstaltungen, auch

das meist aus schwer abhängigen Genussspechten bestehende

Stammpublikum kann etwa durch ein Menü oder einen Wein der

Woche durchaus umsatzsteigernd an das alpine Etablissement

gebunden werden. ×

Mit meinem Bruder bereiste ich vor Jahren

Mexiko, und dort gehört der Tod – als Schädel-

chen, als kleines, zierliches Skelett, als beinernes

Bildstöckerl – fest zum Angebot der Standln vor

den Kirchen. Dazu kauft man Räucherwerk. Im

Süden, in den Provinzen Oaxaca und Chiapas,

bietet man zusätzlich noch kleine Zapatisten-

Puppen aus Stroh mit winzigen Maschinenpistolen an. Die Dreiei-

nigkeit aus Weihrauch, Tod und Zapatist drapiert

man sodann blumenbekränzt zum nächsten

Feiertag vor dem Hausaltar, der Tourist wiede-

rum setzt den kleinen Sensenmann daheim in

Wien vor die Rilke-Gesamtausgabe. Denn Rilke

hat geschrieben: „Der Tod ist groß. / Wir sind

die Seinen / lachenden Munds. / Wenn wir uns mitten im Leben

meinen, / wagt er zu weinen / mitten in uns.“

Aber den eigentlichen Gehalt dieses wunderschönen Ge-

dichts hat der Europäer nie so ganz kapiert. Den Tod räumt man

weg. Wir hängen doch an der eher dämlichen Illusion des ewigen

Lebens auf Erden. Den Schädel mag man schaudernd im Beinhaus

betrachten, ein blumenbekränztes Platzerl im Alltag räumt man

ihm nur eher selten ein. Unsere Ischler Freunde erzählten uns

noch, was der Künstler selbst dazu zu sagen habe: Der Hallstätter

Pfarrer sei nur grantig, weil die Idee nicht von ihm sei. ×

„Eine eigene Homepage, die im Übrigen mit den großen Informationsnetzen des Landes wie www.tirol.at zu verlinken ist, sollte für jede Alm- oder Alpenvereinsgastwirtschaft heute eine Selbstverständlichkeit sein.“

„Mit meinem Bruder bereiste ich vor Jahren Mexiko, und dort gehört der Tod – als Schädelchen, als kleines, zierliches Skelett, als beinernes Bildstöckerl – fest zum Angebot der Standln vor den Kirchen.“

© B

ÖH

ME

50 SAISON

NACHGEFRAGT

DREI SCHÖNE ORTE AUF DER WELT (AUSSERHALB TIROLS): Dolomiten, Sylt, Barcelona

DIE GRÖSSTEN TUGENDEN IM TOURISMUS: Begeisterung und Herzblut, überlegtes Handeln, funktionierende und

fruchtbare Netzwerke zu scha� en.

DIE GRÖSSTEN SÜNDEN IM TOURISMUS: Versuchen, allen gerecht zu werden und alles anzubieten, zu wenig

über den Tellerrand der Branche schauen, Bewertung des Erfolgs nur nach Nächtigungen

DIE STÄRKEN DES TIROLER TOURISMUS: Authentizität, starke Unternehmer, starke Marke, gut ausgebildete

Mitarbeiter, Urlaubsraum ist gleichzeitig auch Lebensraum der Bevölkerung, Lage im Herzen Europas

DIE SCHWÄCHEN DES TIROLER TOURISMUS: Vertriebsschwäche, Kooperationsverhalten, Preisdurchsetzung

DIE BESTE IDEE DER LETZTEN FÜNF JAHRE BEI KITZBÜHEL TOURISMUS: Als eine der ersten Destinationen im Alpenraum, gemeinsam mit einer

professionellen Markenagentur und wichtigen Stakeholdern einen ganzheitlichen und langfristigen Markenprozess einzuleiten.

LETZTER URLAUB (WANN UND WO?): Ende Mai, eine Woche Radurlaub auf Mallorca

ICH LERNE täglich von den vielen Kontakten in meinem sehr aufregenden Beruf.

MEIN LIEBLINGSORT IN/RUND UM KITZBÜHEL: Schwarzsee ( 1 x pro Woche Morgenlauf mit anschließendem Schwimmen)

FÜR DIE ZUKUNFT DES TVB KITZBÜHEL ERHOFFE ICH MIR dass die Stärken, die Kitzbühel groß gemacht haben, verantwortungsvoll

in die Zukunft entwickelt werden.

DIE GRÖSSTE HERAUSFORDERUNG DER LETZTEN SIEBEN JAHRE: Die Politik im Ort. Den vielen verschiedenen Ansprüchen gerecht zu

werden und trotzdem einen klaren Weg zu gehen.

DAS GRÖSSTE ERFOLGSERLEBNIS DER LETZTEN SIEBEN JAHRE: Der Markenbildungsprozess. Daran zu arbeiten, dass durch die scharf

positionierte Marke ein klares Bild in den Köpfen der Gäste, der Einheimischen und der Mitarbeiter erzeugt wird.

EIN TIPP AN MEINEN NACHFOLGER BEIM TVB KITZBÜHEL: Wer im Stande ist, Kitzbühel Tourismus zu führen, braucht sicher keine

Tipps vom Vorgänger.

IM URLAUB IST MIR BESONDERS WICHTIG: Mich aktiv zu erholen. Land und Leute intensiv zu erleben.

Landestypisches Essen.

IN HOTELS ACHTE ICH AUF: Eine Situation, die so stimmig ist, dass ich erst gar nicht auf einzelne

Dinge achten muss.

1 5 FR AG EN A N . . .

Peter Marko

Peter Marko war in den vergan-genen sieben Jahren Geschäfts-führer des Tourismusverbandes Kitzbühel, den er nun in Rich-tung Privatwirtschaft verlässt.

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Leopoldstraße 28, 6020 Innsbruck, T: + 43 512 578691, F: 573738Mo - Fr: 9:00 - 18:00 Uhr, Sa: 9:00 - 13:00 Uhr, Erster Samstag im Monat: 09:00 - 17:00 Uhr

DER TRACHTENEXPERTE FÜR HEIMATVERLIEBTE

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Foto: Wenger

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