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BÜCHER | MAGAZIN Seine thematische Bandbreite ist groß: Es verfolgt umströmte Körper und Wirbelstraßen, zeigt schlängelnde Rinnsale und groß- räumige Mäander, beschreibt Wel- len als Emanzipation in Rhythmen und analysiert unter anderem die Erregung des Wasserspiegels durch aufprallende Tropfen. Zahlreiche, so bisher wenig gesehene oder gar gezeigte Fotos unterstützen die umfang- und facettenreiche The- menpalette. Der äußerst angenehm zu lesende, weil relativ sparsam do- sierte Text erläutert die behandel- ten Phänomene und ufert nir- gendwo in seitenlange Theorielita- neien aus. Schon allein damit wäre das Werk vor allem ein visueller Hochgenuss – ansehnlich, betrach- tenswert und informativ. Seinen didaktischen Wert stei- gert es aber durch die vielen einge- bauten Anregungen beziehungs- weise Anleitungen zu Experimen- ten, die allesamt die erstaunliche, oftmals überraschende oder ver- blüffende Fluiddynamik von Was- ser thematisieren und mehrheitlich ohne nennenswerten technischen Aufwand durchzuführen sind. Da- mit empfiehlt sich das Werk nach- drücklich (auch) für den Einsatz in Schulen, speziell in kleineren oder größeren Projekten zur Gewässer- kunde mit Blickrichtung Geomor- phologie, Hydrographie oder Strö- mungsphysik. Wasser bewegt. Phänomene und Experi- mente. A. Wilkens, H. Dreiseitl, J. Greene, M. Jacobi, C. Liess, W. Schwenk, Haupt Ver- lag, Bern, 2009. 205 S., 29,90 R. ISBN 978-3-258-07521-1. Bruno P. Kremer, Universität zu Köln BIODIVERSITÄT 10 Jahre Meeres- volkszählung Etwas mehr als 70% der Erdober- fläche wird von Meeren eingenom- men, ihr Volumen macht etwa 90% der gesamten Biosphäre aus. Aus diesem hohen Anteil auf „unendli- che Ressourcen“ der Meere zu schließen, wäre jedoch verwegen und ist grundsätzlich falsch. Tat- sächlich ist die Biomasse an Land wesentlich größer als die der Meere. Vergleicht man die Anzahl der bisher beschriebenen marinen und terrestrischen Tierarten, so kommt man zu einem Verhältnis von etwa 1:5. Schaut man dagegen auf die Tierstämme (=Phyla), so findet man im Meer wesentlich mehr als an Land. Die Situation ist also etwas komplizierter als es sich viele vorstellen. Vor diesem Hinter- grund ist die Bedeutung dieses Buches zu verstehen. Im Jahre 2000 wurde der „Cen- sus of Marine Life“ ins Leben geru- fen, in dessen Rahmen bis 2010 die erste „Meeresvolkszählung“ stattfand. Im Zentrum stand die Bestandsaufnahme der Vielfalt der Organismen im Meer. Über 2000 Wissenschaftler aus mehr als 80 Nationen waren daran beteiligt – der Artikel „Der Census of Marine Life zieht Bilanz“, der auf Seite 261 ff. in dieser BIUZ-Ausgabe zu lesen ist, berichtet davon. In dem an dieser Stelle bespro- chenen, reich bebilderten Band wird ebenfalls ein Einblick in die Arbeit der Forscher gegeben. Die Autoren wollen Begeisterung für die Erforschung wecken – und das ist ihnen mit einem lebendigen Text und vielen hervorragenden Fotos auch gelungen. Zudem wol- len sie auf besonders bedrohte Le- bensräume hinweisen und die mögliche weitere Entwicklung der Weltmeere skizzieren. Wünschenswert wären konkre- tere Angaben zu den in der abge- laufenen Dekade wirklich neu ent- deckten und auch beschriebenen Arten gewesen. In diesem Kernbe- reich des „Census“ bleiben die Au- toren vage; auch hätte man sich entsprechende Abbildungen ge- wünscht. Schatzkammer Ozean – Volks- zählung in den Weltmeeren. D. T. Christ, G. Scowcroft, J. M. Harding jr., Spektrum Verlag, Heidelberg, 2010. 256 S, 39,95 R. ISBN 978-3-8274-2371-9. Volker Storch, Universität Heidelberg © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.biuz.de 4/2010 (40) | Biol. Unserer Zeit | 279 EMPFEHLUNGEN AUS DEM WILEY-BLACKWELL BUCHLEKTORAT Auf der Suche nach weiterführender Literatur zu BIUZ-Artikeln? Unser Buchlektorat gibt Tipps: Der Census of Marine Life zieht Bilanz – Seite 261 ff. Schon immer hat der Mensch Meereslebe- wesen genutzt – zunächst als Nahrung, später jedoch auch als „lebende Reakto- ren“ für die Synthese nützlicher chemi- scher Verbindungen vom kleinen bis zum großen Maßstab. In der umfassenden „Encyclopedia of Marine Natural Pro- ducts“ von Jean-Michel Kornprobst (ISBN 978-3-527-32703-4) werden, nach Organismengruppen geordnet, mit über 8300 Substanzen fast alle gegenwärtig bekannten marinen Naturstoffe vorge- stellt. Andreas Sendtko,Weinheim ABB. Andreas Sendtko ist Publishing Editor bei Wiley-Black- well in Wein- heim. Bild: Foto Borchard, Heidelberg.

Schatzkammer Ozean – Volkszählung in den Weltmeeren. Von D. T. Christ, G. Scowcroft und J. M. Harding jr

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B Ü C H E R | M AG A Z I N

Seine thematische Bandbreiteist groß: Es verfolgt umströmteKörper und Wirbelstraßen, zeigtschlängelnde Rinnsale und groß-räumige Mäander, beschreibt Wel-len als Emanzipation in Rhythmenund analysiert unter anderem dieErregung des Wasserspiegels durchaufprallende Tropfen. Zahlreiche,so bisher wenig gesehene oder gargezeigte Fotos unterstützen dieumfang- und facettenreiche The-menpalette. Der äußerst angenehmzu lesende, weil relativ sparsam do-sierte Text erläutert die behandel-ten Phänomene und ufert nir-gendwo in seitenlange Theorielita-neien aus. Schon allein damit wäredas Werk vor allem ein visuellerHochgenuss – ansehnlich, betrach-tenswert und informativ.

Seinen didaktischen Wert stei-gert es aber durch die vielen einge-bauten Anregungen beziehungs-weise Anleitungen zu Experimen-ten, die allesamt die erstaunliche,oftmals überraschende oder ver-blüffende Fluiddynamik von Was-ser thematisieren und mehrheitlichohne nennenswerten technischenAufwand durchzuführen sind. Da-mit empfiehlt sich das Werk nach-drücklich (auch) für den Einsatz inSchulen, speziell in kleineren odergrößeren Projekten zur Gewässer-kunde mit Blickrichtung Geomor-phologie, Hydrographie oder Strö-mungsphysik.

Wasserbewegt. Phänomeneund Experi-mente. A. Wilkens,H. Dreiseitl, J. Greene, M. Jacobi,

C. Liess, W. Schwenk, Haupt Ver-lag, Bern, 2009. 205 S., 29,90 R.ISBN 978-3-258-07521-1.

Bruno P. Kremer, Universität zu Köln

B I O D I V E R S I T Ä T

10 Jahre Meeres-volkszählung Etwas mehr als 70% der Erdober-fläche wird von Meeren eingenom-men, ihr Volumen macht etwa 90%der gesamten Biosphäre aus. Ausdiesem hohen Anteil auf „unendli-che Ressourcen“ der Meere zuschließen, wäre jedoch verwegenund ist grundsätzlich falsch. Tat-sächlich ist die Biomasse an Landwesentlich größer als die derMeere. Vergleicht man die Anzahlder bisher beschriebenen marinenund terrestrischen Tierarten, sokommt man zu einem Verhältnisvon etwa 1:5. Schaut man dagegenauf die Tierstämme (=Phyla), sofindet man im Meer wesentlichmehr als an Land. Die Situation istalso etwas komplizierter als es sichviele vorstellen. Vor diesem Hinter-grund ist die Bedeutung diesesBuches zu verstehen.

Im Jahre 2000 wurde der „Cen-sus of Marine Life“ ins Leben geru-fen, in dessen Rahmen bis 2010die erste „Meeresvolkszählung“stattfand. Im Zentrum stand dieBestandsaufnahme der Vielfalt derOrganismen im Meer. Über 2000Wissenschaftler aus mehr als 80Nationen waren daran beteiligt –der Artikel „Der Census of MarineLife zieht Bilanz“, der auf Seite261 ff. in dieser BIUZ-Ausgabe zulesen ist, berichtet davon.

In dem an dieser Stelle bespro-chenen, reich bebilderten Bandwird ebenfalls ein Einblick in dieArbeit der Forscher gegeben. DieAutoren wollen Begeisterung fürdie Erforschung wecken – und dasist ihnen mit einem lebendigenText und vielen hervorragendenFotos auch gelungen. Zudem wol-len sie auf besonders bedrohte Le-bensräume hinweisen und diemögliche weitere Entwicklung derWeltmeere skizzieren.

Wünschenswert wären konkre-tere Angaben zu den in der abge-laufenen Dekade wirklich neu ent-deckten und auch beschriebenenArten gewesen. In diesem Kernbe-reich des „Census“ bleiben die Au-toren vage; auch hätte man sichentsprechende Abbildungen ge-wünscht.

Schatzkammer Ozean – Volks-zählung in den Weltmeeren.D. T. Christ, G. Scowcroft, J. M. Harding jr., Spektrum Verlag,Heidelberg, 2010.256 S, 39,95 R.ISBN 978-3-8274-2371-9.

Volker Storch, Universität Heidelberg

© 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.biuz.de 4/2010 (40) | Biol. Unserer Zeit | 279

EMPFEHLUNG EN AUS DEM WILE Y-BLACK WELLBUCHLEK TO RAT

Auf der Suche nach weiterführenderLiteratur zu BIUZ-Artikeln? Unser Buchlektorat gibt Tipps:

Der Census of Marine Life zieht Bilanz –Seite 261 ff.Schon immer hat der Mensch Meereslebe-wesen genutzt – zunächst als Nahrung,später jedoch auch als „lebende Reakto-ren“ für die Synthese nützlicher chemi-scher Verbindungen vom kleinen bis zumgroßen Maßstab. In der umfassenden„Encyclopedia of Marine Natural Pro-ducts“ von Jean-Michel Kornprobst (ISBN 978-3-527-32703-4) werden, nachOrganismengruppen geordnet, mit über8300 Substanzen fast alle gegenwärtigbekannten marinen Naturstoffe vorge-stellt.

Andreas Sendtko, Weinheim

ABB. AndreasSendtko istPublishingEditor beiWiley-Black-well in Wein-heim. Bild: Foto Borchard,Heidelberg.