20
Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRT fff der report www.verdi.de Sport an Bord Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis 11

SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

  • Upload
    others

  • View
    5

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

Fachbereich Verkehr

3/2006

E 11130

SCHI AHRTfffder report

www.verdi.de

Sport an BordSport an BordTitelgeschichte

auf den Seiten 10 bis 11

Page 2: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

ver.di report | NACHRICHTEN

Prestige-Katastrophe

In dem Gerichtsverfahren des spani-schen Staates gegen die multinatio-nale US-amerikanische Klassifika-tionsgesellschaft American Bureau ofShipping (ABS) in New York hat diezuständige Richterin Laura TaylorSwain der spanischen Regierung eineFrist bis zum 30. September 2006 ge-setzt, um dem Gericht umfangreicheDokumente zum Untergang des Ka-tastrophenschiffs Prestige im Novem-ber 2002 vor der galizischen Küstevorzulegen.In der Vergangenheit hatten sich spa-nische Gerichte gegen eine Überga-be der Ermittlungsergebnisse ausge-

sprochen, wohl auch aufgrund derTatsache, dass damit einiges zur in-zwischen anerkannten Fehlentschei-dung der zuständigen Behörden, dasSchiff aufs offene Meer zu beordernund ihm den Zugang zum Hafen zuverweigern, in die Öffentlichkeit ge-kommen wäre.Da es bei dem Prozess jedoch um eineSumme von einer Milliarde US-Dollargeht (praktisch die gesamten Folge-kosten der Katastrophe), ist die natio-nale spanische Staatsanwaltschaftnun geneigt, über ihren Schatten zuspringen und dem US-Gericht die angeforderten Ermittlungsergebnisse

vorzulegen, zumal die Chancen derSpanier offensichtlich nicht schlechtstehen: Sachverständige werfen der Klassifikationsgesellschaft grobeFahrlässigkeit bei den vorgeschriebe-nen Inspektionen des damals 26 Jah-re alten Schiffes vor. ❏

Doppelte Buchführungauf der „Antares“

Zusätzlich zu der Forderung nachAuszahlung von unbezahlten Heuernin Höhe von etwas mehr als 33 000US-Dollar haben die zehn Kläger dieBeschuldigung erhoben, die ReedereiTradewood Shipping habe sie mitdem Versprechen ITF-Heuern zu zah-len angeheuert, sie jedoch nachheran Bord gezwungen, wesentlichniedrigere Heuern zu akzeptieren.Als Reaktion auf die Beschwerde ord-nete Richter Donald Graham vom US-Bezirksgericht vor kurzem die Arres-tierung des 1976 gebauten, unter derFlagge Panamas fahrenden Schiffes(7020 LT) an. Das Schiff wurde ersatzweise in dieObhut von „National Maritime Servi-ces“, einer Abteilung der in Fort Lau-derdale ansässigen „National Liqui-dators“ beordert.Mit ihrer Rechtsklage führen die Klä-ger an, „durch Täuschung zum Ver-lassen ihrer Heimatländer gebrachtworden zu sein“, um zu den von derITF vorgegebenen, wettbewerbsfähi-gen Heuern zu arbeiten. „ErheblicheGeldanleihen“ ihrerseits waren nötig,um in Gibraltar an Bord des Schiffeszu kommen. Nach Ankunft jedoch –so ihre Behauptung – wurden sie ge-zwungen, ganz andere Verträge zuwesentlich niedrigeren Tarifen zuunterschreiben – eine Praxis, die als„doppelte Buchführung“ bekanntist; anderenfalls „würde man sie vonBord jagen und in einem ausländi-schen Hafen an den Strand setzen,ohne Geld und ohne Heimkehrmög-lichkeit“.Als Beweis haben die Kläger zwei Dokumente vorgelegt: einen von einem Besatzungsmitglied unter-schriebenen ITF-Heuervertrag, indem die Spalte über die Höhe der

Heuer frei gelassen wurde, sowie einTelex vom Reeder an den Kapitän, indem die „tatsächlichen“, d. h. niedri-geren, Heuern angegeben sind, diean jeden Seemann ausgezahlt wer-den sollen.Die „korrekte“, d. h. höhere, vonder ITF vorgeschriebene Summe soll-te im nachhinein mit Bleistift einge-tragen werden, so die Beschuldi-gung. Der Eigentümer wird darüberhinaus beschuldigt, versucht zu ha-ben, die gesamte Besatzung zurUnterschrift unter monatliche Heuer-abrechnungen zu den niedrigeren,illegalen Tarifen zu zwingen – offen-sichtlich in dem Bemühen, die Unter-bezahlung als rechtmäßig erschei-nen zu lassen.Gemäß dem Prozess zugrunde lie-genden Fakten behaupten die Kläger,vom Reeder konstruktiv entlassenworden zu sein. Darüber hinaus wirddie Reederei beschuldigt, nicht nurihrer Verpflichtung zur Auszahlungder Heuern nicht nachgekommen zusein, sondern ebenso wenig dasSchiff in einem seetüchtigen Zustanderhalten zu haben.Wäre die Arrestierung nicht in denUSA betrieben worden, so befürchte-ten die Kläger, wäre das Schiff in ei-nen anderen Hafen ohne Zugang zueinem Rechtssystem geflohen, woman die Besatzung am Strand ausge-setzt hätte.Nach der Arrestierung in Port Ever-glades blieb die Besatzung an Bord,wo sie täglich eine minimale Wasser-ration sowie nahezu keine Verpfle-gung erhielt. ❏

Unter fremder Flagge

Die Anzahl der Seeleute unter frem-der Flagge, die in der deutschen Sozi-alversicherung sind, nimmt wiederzu. Waren es Ende 2005 noch 1089,so sind es Ende August bereits wie-der 1172. Hinzu kommen noch ca.1000 deutsche Seeleute, die nicht inder deutschen Sozialversicherunggemeldet sind. Der Anstieg geht ein-her mit der Zunahme von Schiffendeutscher Reeder unter fremderFlagge. ❏

MELDUNGEN AUS ALLER WELT

2 3/2006 | SCHIFFFAHRT

Strandreinigung in Spanien

Foto

: Ko

nra

d B

enze

Page 3: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

ver.di report | KOMMENTAR

INHALTNachrichten

2 Meldungen aus aller Welt

Kommentar3 Global organisieren

Arbeitsbedingungen4 – 5 Erschöpfung tötet

Wachsende Psycho-Probleme

IAO-Seearbeits-übereinkommen

6 Bundesregierung will ratifizieren

Leserbriefe7 Thema Arbeitsvermittlung

Tonnagesteuer8 China finanziert deutsche

Schiffe

Seehäfen9 ITF nimmt Terminalbetreiber

ins Visier

Boxenflut aus China ebbt nicht ab

Titelgeschichte10 – 11 Sport an Bord

Rückflaggung12 Es spukt wieder

Bordbetreuung13 Das wahre Leben an Bord

Tarifrunde 200614 Maritime Tarifergebnisse

Anspruch auf E-Mails an Bord

ITF-Kampagne15 „The heat is really

on Frank now“

Lotsversetzwesen16 – 17 Schifffahrt muss sicher sein

Ostseefähren18 Laeisz übernimmt Bereederung

von Finnlines-Fähren

Nachruf19 Jörg Stange ist tot

Glosse20 Fiete Festmacher: Glück auf!

Der ver.di-Report SchifffahrtNr. 3, September 2006

Herausgeber:Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Fachgruppe Schifffahrt,Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlinv.i.S.d.P.: Frank Bsirske, Jan Kahmann, Bearbeitung: Dieter BenzeTelefon (0 30) 69 56 26 32Fax: (0 30) 69 56 38 20

Internet: www.verdi.de

Herstellung und Druck:alpha print medien AG, Kleyerstraße 3, 64295 Darmstadtwww.alpha-print-medien.de

Layout: apm AG, Sabrina Stamm

Titel-Karikatur: Rainer Hofmann – Battiston

IMPRESSUM

SCHIFFFAHRT | 3/2006 3

Die Organisation hat sich bis zumJahr 2010 ein umfangreichesArbeitsprogramm vorgenom-

men. So sollen die gewerkschaftlichenStrategien mit Blick auf die neoliberaleGlobalisierung der Wirtschaft, die stra-tegischen Ziele im Rahmen von Trans-port- und Erzeugerketten und die zu-nehmende internationale Ar-beitsteilung neu erörtertwerden. Neben der Ent-wicklung schlagkräf-tiger globaler Ge-werkschafts- undArbeitskampfstra-tegien werdenauch der Frie-denssicherungund dem Kampfgegen Aids / HIVoberste Priorität ein-geräumt.

Vor allem die Ausge-staltung des Kampfes für dieRechte der Arbeitnehmer in der globa-len Transportwirtschaft – aller Bran-chen – stand im Mittelpunkt einer detaillierten Debatte und der ergän-zenden Anträge.

Die „ Billigflaggenkampagne“ so-wie die laufenden Aktivitäten gegenReedereien, wie z. B. das HamburgerUnternehmen Leonhard & Blumberg,haben gezeigt, dass Gewerkschaftererfolgreich Sozialdumping und unge-bremsten Neoliberalismus bekämpfenkönnen. Auch das gezielte Vorgehengegen andere Versuche von Reedernund internationalen Konzernen, diesozialen Standards aufzuweichen – wieetwa im Fährverkehr in der Ostsee(Superfast/Tallink) – waren Gegen-stand der Beratungen.

Wege zur Lösung der drängendenFragen für Gewerkschaften, wie die

Bildung von weltweiten Netzwerken inErzeuger- und Transportketten im Rah-men einer aktiven Solidarität unter Ge-werkschaftern, sind Bestandteil desneuen Arbeitsplans der ITF und bildenden Mittelpunkt der konzipierten Ar-beit.

In dem strategischen Arbeitspro-gramm wird auch eine Auswei-

tung der Bildungsarbeitder ITF in den einzelnen

Regionen, insbeson-dere in Afrika undAsien, angestrebt.Die Gleichberech-tigung der Frauenim Transportsek-tor ist dabei einzentrales Thema.

Die Delegiertensetzten sich zudem

intensiv mit Fragen der Privatisierung in der

Transportindustrie auseinan-der und diskutierten Wege zur geziel-teren gewerkschaftlichen Arbeit in glo-balen Konzernen wie Maersk, UPS undFedEx.

Der Kongress wählte für die nächs-ten vier Jahre David Cockroft als Gene-ralsekretär und Randall Howard (Süd-afrika) als Präsident der Organisation.Die Gewerkschaft ver.di ist in allenFachsektionen des Verkehrs vertretenund Jan Kahmann als Mitglied des ITF-Vorstands wieder gewählt worden.

Jan Kahmann wies darauf hin, dassdie Mitgliederorganisationen sich vorOrt noch wirksamer organisieren müs-sen, um das anspruchsvolle Arbeits-programm umsetzen zu können. DieVerkehrsgewerkschaft ver.di wird in ihren Strukturen national und interna-tional den erfolgreichen Weg weiterbeschreiten. Karl-Heinz Biesold

Global organisierenErgebnisse des ITF-Kongresses in Durban

1194 Teilnehmer von mehr als 600 Mitgliedsgewerk-schaften in 142 Ländern berieten vom 2. bis 9. August2006 auf dem 41. Kongress der Internationalen Trans-portarbeiter-Föderation (ITF) in Südafrika, wie inner-halb einer globalen Weltwirtschaft ein noch besseresEintreten für die Rechte der Arbeitnehmer im Trans-portsektor organisiert werden kann.

Page 4: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

Alle Dienstgrade sind von einemProblem betroffen, das sich vonder Verletzung eines einzelnen

Besatzungsmitglieds bis zum Verlustdes Schiffes, Verlust von Menschen-leben und Verschmutzung der Meeresowie der Küstenregionen erstreckt.

Es handelt sich hierbei um ein syste-matisches Problem, dessen Reichweitevom Verlust eines Schiffes aufgrundder Erschöpfung des wachhabendenOffiziers bis zum Verlust des Lebens-unterhalts geht, wenn ein Decksmanndurch eine offene Luke fällt.

Da es sich um ein systematisches Pro-blem handelt, istauch eine systema-tische Annäherungerforderlich. Es istan der Zeit, das The-ma nicht nur untereinzelnen Aspek-ten, sondern um-fassend zu betrach-ten. Nach Meinungder Gewerkschaftkann Erschöpfungnicht unabhängigvon Faktoren wieAnzahl der an Bord arbeitenden Men-schen (als „Bemannungsstärke“ be-kannt), Arbeitsstunden, Häufigkeit undLänge der Ruhezeiten, Qualität der Ru-hezeit (wird sie durch Maschinenlärm,Ladungsumschlag oder schlechtes Wet-ter gestört?), Atmosphäre an Bord desSchiffes sowie Fahrtdauer und Isolierungvom normalen Gesellschaftsleben un-tersucht werden.

Um was handelt es sich eigentlich?

Es gibt keine genaue rechtliche Defi-nition des Begriffes „Erschöpfungszu-stand (englisch: fatigue) bei Seeleu-

ten“, Statt dessen benutzt die IMOfolgende Arbeitsdefinition: „Die Re-duzierung der körperlichen und/odergeistigen Fähigkeiten infolge körper-licher, geistiger oder emotionalerÜberanstrengung, welche sich auffast alle körperlichen Fähigkeiten ne-gativ auswirken kann, so z. B. Kraft,Schnelligkeit, Reaktionszeit, Koordi-nation, Entscheidungsfindung oderGleichgewicht.“ Es handelt sich umeinen biologischen Zustand, dem alleMenschen unterliegen, unabhängigvon Befähigung, Wissen oder Ausbil-dung. Die IMO stellt ebenfalls fest,

dass „die Auswir-kungen auf dieSchifffahrt be-sonders gefährlichsind. Das techni-sche und spezia-lisierte Wesen die-ses Wirtschafts-zweigs erfordertständige Wach-samkeit und äu-ßerste Konzentra-tion von seinen Ar-beitnehmern. Der

effektive Umgang mit Erschöpfungerfordert eine ganzheitliche Vorge-hensweise.“

Zusätzlich zu der unmittelbaren Ge-fahr, die von überlastetem Personalausgeht, welches in einer gefährlichenUmgebung arbeitet, entstehen auchlangfristige Risiken für die Gesundheit.Und wenn die Rolle, die Erschöpfungim Falle eines Unfalls gespielt hat, nichtnachgewiesen werden kann, so büßendie Opfer möglicherweise Entschädi-gungszahlungen sowie ihre Karrierenein. Zu den weiteren langfristigen Fol-geerscheinungen von Überbelastunggehören Depressionen, Alkoholismussowie Magen- und Herzerkrankungen

– und jede einzelne kann dazu führen,dass das Opfer seine Beschäftigungohne Anerkennung oder Entschädi-gung verliert.

Wie entsteht Erschöpfung?

Ursachen für Erschöpfung sind Schlaf-mangel, Ruhestörungen oder schlech-te Qualität der endlich angetretenenRuhezeit, Überarbeitung und Stress.Gesundheit, Ernährung, Alter und an-dere Faktoren, welche sich auf den bio-logischen Rhythmus (die „innere Uhr“)auswirken – wie z. B. Schichtarbeit –spielen möglicherweise auch eine Rol-le.

ver.di report | ARBEITSBEDINGUNGEN

Erschöpfung tötetErschöpfung (englisch: fatigue) tötet Seeleute. LangeArbeitsstunden, Überarbeitung und geringe Beman-nungsstärken verursachen Schiffszusammenstöße und-untergänge; dabei werden Menschenleben vernich-tet, die Gesundheit von Seeleuten ruiniert und die Um-welt gefährdet. Alle Studien sowie unzählige Unfall-untersuchungen betonen das Ausmaß der Gefahr.

„Sicherlich liegt dasProblem daran, dassmanche Schiffe einfachnicht genügend Leutean Bord haben.“

Arthur Bowring, geschäftsführender

Direktor des Reederverbands von

Hongkong, laut „Lloyd’s List“ 9/2005

4 3/2006 | SCHIFFFAHRT

Page 5: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

Schiffseigentümer und -betreibermüssen zur Kenntnis nehmen – wie esviele auch bereits tun – dass ein ver-nünftig bemanntes Schiff ein sichere-res Schiff und eine fitte, gut erholteBesatzung eine effizientere ist. See-leute selbst können zur Bekämpfungvon Erschöpfung beitragen, indem sieerstens Alarm schlagen, wenn ihnenzu viel Arbeit zugemutet wird, zwei-tens ihre Gewerkschaft unterrichtenund drittens sich selbstständig um ih-re Gesundheit und Ernährung küm-mern.

Nach Meinung der Gewerkschaftist das Problem des Erschöpfungszu-stands zu weit verbreitet, um es mit

derzeit bestehender Gesetzgebung an-gehen zu können. Studien haben dieUnzulänglichkeit bestehender Prinzi-pien zur Beurteilung sichererer Min-destbemannungsstärken zutage ge-bracht und führten bei der ITF zum Rufnach einer Gesetzgebung zur Festle-gung von Besatzungsstärken, die den tatsächlichen Betriebsbedingun-gen, Fahrtgebieten und anderen An-forderungen entsprechen. Bereits be-stehende Gesetze wie der Internatio-nale Sicherheitsmanagement-Code(ISM-Code) haben den Zweck, einenübergeordneten Rahmen zu liefern.Von Schiffseigentümern werden sie je-doch oft missbraucht, um sich ihrerVerantwortung zu entledigen, indemsie lediglich Aktenordner und Anwei-sungen bereitstellen (Diese starke Zu-nahme an Papierarbeit zu einem Zeit-punkt, wo Besatzungsstärken dra-stisch reduziert werden, hat schon fürsich alleine die Anforderungen an lei-tende Offiziere erhöht!).

Zu lange Arbeitszeiten

Inzwischen tauchen auch Beweise auf,dass Besatzungen sogar über rechtli-che Grenzen hinaus zur Arbeit ge-zwungen werden. Die aufgrund derPariser Vereinbarung (MOU) stattfin-dende Hafenstaatkontrolle versucht inden meisten westeuropäischen Staa-ten unsichere Schiffe aus dem Verkehrzu ziehen. Sie hat festgestellt, dassNachweise über Arbeits- und Ruhezei-ten an Bord gefälscht werden.

Seeleute sind Menschen mit Men-schenrechten. Es handelt sich bei ihnennicht um Waren, die ausgebeutet wer-den können, um Lücken zu schließen,um sie dann wegzuwerfen, wenn sieverschlissen sind. Die mit ihrem Arbeits-platz einhergehenden Gefahren erfor-dern Wachsamkeit und Aufmerksam-keit. Ihre Schiffe, die vielleicht Passagie-re, Treibstoff und gefährliche Ladungtransportieren, müssen von ausrei-chendem Personal gesteuert werden.Umweltzerstörung, höhere Preise fürÖl und andere Waren sowie langfristigeGesundheitsprobleme bei Seeleutenkönnen die Folgen reduzierter Besat-zungsstärken, langer Arbeitszeiten undzu kurzer Ruhezeiten sein. Glücklicher-weise ist bei vielen einflussreichen ma-ritimen Gremien und Flaggenstaatender Wille erkennbar, das Problem in An-griff zu nehmen. ❏

Eine Zunahme von Zwischenfällen,die ihre Ursache in psychologischenProblemen haben, beobachtet derNorth of England P&I Club (NoE). Inder jüngsten Ausgabe des Info-Briefes „Signals“ hält der Club esfür möglich, dass wachsende Angstder Seeleute vor einer Kriminalisie-rung Auslöser dieser Probleme seinkönnte.Risk-Manager Tony Baker vom NoEbetonte, dass die tatsächlichenGründe für die Zunahme derZwischenfälle an Bord nicht völligeindeutig seien, sicherlich aber Fa-miliendruck und die Angst vor derKriminalisierung als mögliche Ursa-chen infrage kämen. Die Symptomereichten von leichten Angst-attacken und Depressionen bis hinzu aggressivem Verhalten gegenü-ber Kameraden und sogar Selbst-tötungen.Weitere Faktoren, die zur Ver-schlechterung des mentalen Zu-stands von Seeleuten führten,seien die länger gewordenen Fahr-zeiten, erhöhte Probleme bei derAblösung und stärkerer Druck, län-ger fahren zu müssen, um mehrGeld nach Hause schicken zu kön-nen. Baker: „In der modernenSchifffahrtswelt sind die Hafenlie-gezeiten nur noch sehr kurz unddie Dauer eines Landaufenthaltsdurch die örtlichen Behörden ofteingeschränkt. Das schafft für Offi-ziere und Mannschaften mehr Ar-beit und weniger Gelegenheit zurEntspannung. Daraus wiederumentsteht größere Ermüdung undStress.“Der NoE Club empfiehlt, den Be-troffenen so schnell wie möglich inprofessionelle Behandlung zu über-geben. Er dürfe niemals alleine ge-lassen werden, so Tony Baker. Manmüsse ihn unter Beobachtung inder Kammer belassen und von Deckund Reling fernhalten. Dies könnesonst eine Versuchung darstellen.Hilfe böten auch die Seemannsmis-sionen, die in über 100 Häfen derWelt Niederlassungen unterhieltenund in 200 anderen Häfen vertretenseien. Aus THB, 14. 9. 06

Wachsende Psycho-Probleme

SCHIFFFAHRT | 3/2006 5

Page 6: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

ver.di report | IAO-SEEARBEITSÜBEREINKOMMEN

6 3/2006 | SCHIFFFAHRT

Die beiden StaatssekretäreGerd Andres aus dem feder-führenden Bundesministe-

rium für Arbeit und Soziales und Karin Roth vom Bundesministeriumfür Verkehr, Bau und Stadtentwick-lung betonten übereinstimmend,dass die Bundesregierung das Über-einkommen sobald als möglich ratifi-zieren will. Sie haben angekündigt,dass dies im Jahre 2007 geschehen sollund in Deutschland dann zum 1. Janu-ar 2008 in Kraft tritt. Die extra herbei-geeilte Direktorin der Abteilung Inter-natonale Arbeitsstandards der IAO inGenf, Cleopatra Doumbia-Henry, er-klärte die herausragende Bedeutungdes Seearbeitsübereinkommens in derzunehmenden Globalisierung. Erfreutzeigte sie sich von der Ankündigung

derbeiden Staatssekre-

täre über die Position der Bundesre-gierung in Bezug auf die Ratifizierungdes Übereinkommens. Dr. Dierk Linde-mann vom Verband Deutscher Reederberichtete darüber, wie es zu diesemÜbereinkommen gekommen ist. AlsSprecher der Reeder bei der IAO kann-te er alle Aspekte der Entwicklung.

Last but not least trug Jan Kah-mann von ver.di die Position der Ge-werkschaft vor. Er betonte, dass dasÜbereinkommen für deutsche Seeleuteunmittelbar kaum Verbesserungen mitsich brächte. Mittelbar sei es aber auchfür deutsche Seeleute ein Fortschritt,wenn der internationale soziale Stan-dard insbesondere auf den Billig-flaggenschiffen auf ein einheitlichesNiveau angehoben würde.

Er hob hervor, dass die IAO demBeispiel der Hafenstaatenkontrolle ge-folgt sei und den Mitgliedsstaaten dieMöglichkeit einräume, die Einhaltungder Bestimmungen des Übereinkom-mens auf allen Schiffen in ihren Häfen

zu kontrollieren – unabhän-gig von der Flagge. Bei gro-ben Verstößen könne derHafenstaat ein Schiff sogarfesthalten. Erfreut zeigtesich Jan Kahmann darüber,dass das Seearbeitsüber-einkommen am 23. Fe-bruar 2006 in Genf ohneGegenstimmen von al-len Reeder-, Regierungs-und natürlich auch allenGewerkschaftsvertre-tungen angenommenwurde. Nach seinerAuffassung sei dies

ein ermutigendes Zeichen,dass es in dem Globalisierungsprozessmöglich sei, internationale Mindest-standards zu schaffen.

Er zeigte sich erfreut, dass FrauDoumbia-Henry, die Mutter des Seear-beitsübereinkommens, nach Hamburggekommen ist und dankte ihr für dieimmense Arbeit, die sie in das Zustan-dekommen der Konvention einge-bracht hat. db

Bundesregierung will ratifizierenSeearbeitsübereinkommen jetzt auch in Deutsch

Vom 21. bis 25. August tagte in Hamburg die Dol-metscherkonferenz der deutschsprachigen Länder. Siehat das bisher in englischer, französischer und spani-scher Sprache vorliegende Seearbeitsübereinkommenin die deutsche Sprache übersetzt. Aus diesem Anlassfand am 25. August im Hafenclub in Hamburg einePressekonferenz statt.

Foto

s: D

iete

r B

enze

Page 7: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

ver.di report | LESERBRIEFE

SCHIFFFAHRT | 3/2006 7

Kapitän Dammalacks

Zu dem offenen Brief des KollegenDammalacks an Herrn Münteferingkann ich nicht viel sagen, versteheauch seine Verbitterung, nur kann erdas nicht auch der Heuerstelle anlas-ten.Was aber ganz bestimmt nicht derWahrheit entspricht ist die Aussage,die der Kollege Bender gemacht ha-ben soll: „... Der Verband DeutscherReeder hat das so angeordnet.“Der Kollege hat in diesem Zu-sammenhang auf das Sozialgesetz-buch III hingewiesen, wenn auch viel-leicht nicht ausführlich oder für HerrnDammalacks verständlich genug,nach dem gemäß Paragraph 16 ar-beitslos nur sein kann, wer der Ar-beitsvermittlung zur Verfügungsteht. Diese Verfügbarkeit endet abermit dem Altersruhegeld § 117 (2) SGBIII. Arbeitnehmer, die das 65. Lebens-jahr vollendet haben, haben keinenAnspruch mehr auf Arbeitslosengeld(oder andere Leistungen nach demSGB III). Der Bundesrechnungshof,der die ZHH 2005 geprüft hat, rügteu. a. auch, dass die ZHH Leistungen(in Form von Beratung/Vermittlung)an Personen gewährt, die keine Bei-tragszahler nach SGB III sind, da Beitragszahler zur BA die Heuerstellefinanzieren.Abgesehen davon, dass uns kein Ver-band Anweisungen geben kann, rich-ten wir uns bei Stellenangeboten nurstets nach den Wünschen der Auf-traggeber (der einzelne Reeder) undBewerber, beraten diese aber auchüber Alternativen, wenn sich ihreVorstellungen nicht verwirklichen las-sen.Im vorliegenden Fall kann ich die Wutund Enttäuschung des Kollegen Dam-malacks schon verstehen, wenn er al-le Scheine erneuert und dann merkt,dass er kaum eine Chance hat, ver-mittelt zu werden oder selbst einenArbeitsplatz zu finden, nur hat er sichmit Sicherheit nicht vorher bei unsoder möglichen Arbeitgebern erkun-digt! Nicht mit der Vermittlung oderEinstellung beauftragte Behördenund Personen sind dafür nicht dierichtigen Ansprechpartner.

Hätte er mich vorher gefragt, hätteich auch abgeraten, nicht weil er zualt ist, gerade gestern haben wir wie-der einen 70-jährigen Kapitän für ei-ne Vertretungsreise vermittelt, unserältester Arbeitssuchender ist 72 Jahrealt (Kapitän auf VLCC-Tankern), son-dern weil er Berufserfahrung mit-bringt die, zur Zeit zumindest, nichtnachgefragt wird. Das Offshore-Ge-schäft ist schon lange nicht mehr indeutscher Hand, ganz selten wird malvon nicht nachprüfbaren Firmen undKonditionen im Perser Golf ein Stel-lenangebot aufgegeben. Für alterna-tive Stellen, z. B. auf Schleppern, ister wirklich für eine Vermittlung zu alt,Vertretungen werden dort nichtnachgefragt.Wie der Kollege Benze schreibt, ent-scheidet das biologische Alter, abereben nicht allein, es muss auch diegängige Berufserfahrung mitge-bracht werden! Niemand wird einenüber 65-jährigen einarbeiten wollen!Wir prüfen in jedem Einzelfall, ob esSinn macht, den Rentner für even-tuelle Vertretungen aufzunehmen,gesucht werden Kapitäne für Groß-container und Tanker, sowie Chiefsund zweite Ingenieure für alle größe-ren Maschinenanlagen, vorausge-setzt, der Lebenslauf stimmt. Seeleu-te, die lange aus dem Geschäft raussind, haben keine Chancen. Offizieremit Einschränkungen ebenfalls kaum,die einzigen wenigen langzeitarbeits-losen Patentinhaber sind Kapitäne/Nautiker AK und CMa-Leute sowieNicht-EU-Staatsbürger.

Uwe Schweitzer

Jobsuche der Seeleute:

Berichtete Schwierig-keiten

Die Presse schreibt zwar laufend dieVDR-Berichte zum händeringend su-chenden Reeder aus den Pressemittei-lungen des VDR oder dem VDR nahe-stehenden Organisationen ab, nur ei-nige Dinge hätten der Presse vielleichtauch schon einmal auffallen sollen.Ein Reeder, der wirklich sucht, würdesich ja nun nicht nur alleine auf dieHeuerstelle verlassen. Ein Blick in die

eigene Zeitung Rubrik Stellenanzeigenhätte dabei hier eigentlich schon ge-reicht. Hier fehlen die Stellenanzeigen,über Monate gibt es gar keine, wenndann wird einmal nach einem Inspek-tor gesucht, jedoch kaum – wennüberhaupt – seemännisches Personal.So wenig Initiative ist nur schlecht ver-einbar mit Statements, dass der Ree-der händeringend Seeleute sucht.Wer wirklich sucht, der hat auchIdeen. Seefahrer, die noch die Zeitenkennen, als noch wirklich gesuchtwurde wissen, wie erfinderisch dieReeder sein können, um an Telefon-nummern zu kommen, um die Leuteeinzufangen. Es gab auch Zeiten, indenen man die Seeleute in den See-mannskneipen eingesammelt hat. Inder heutigen Zeit reicht wohl ein Blickin das Internet auf die Seiten der Ree-dereien wie Hapag Lloyd, die es vor-bildlich machen. Man wird dabei je-doch feststellen, dass viele Firmen aufihrer Website überhaupt keine Jobsei-te haben, und wenn doch, dann stehtdort, dass kein Personal benötigt wirdoder auch nur Landpersonal, jedochnicht das Bordpersonal, welches manangeblich so händeringend sucht.Man findet einige Jobseiten, dieschon seit Jahren nicht mehr upgeda-ted wurden, auf einigen Seiten stehtauch der Pro-forma-Spruch einer Ini-tiativbewerbung. Firmen, die ihre Job-seiten laufend updaten, sind sehr sel-ten. Würde man wirklich nach Perso-nal suchen und die Möglichkeitenausschöpfen, würde das hier sicher-lich auch etwas anders aussehen.Auch diese Tatsachen sprechen nichtunbedingt für die Richtigkeit der Aus-sagen des VDR über händeringend suchenden Reeder.Im Zusammenhang mit dem Artikelüber den 67-jährigen Kapitän habeich gebeten, dass eine Kopie diesesSchreibens an ver.di weitergeleitetwird, zumindest dass diese erkennen,dass es sich hierbei wohl nicht um ei-nen Einzelfall handelt. Das Themavom händeringend suchenden Reederläuft ja nun schon einige Jahre undvielleicht ist es doch einmal an derZeit, dass endlich etwas mehr Licht indiese Angelegenheit gebracht wird.

Team Heuerstall

BRIEFE UNSERER LESERINNEN UND LESER ZUM THEMA ARBEITSVERMITTLUNG

Page 8: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

ver.di report | TONNAGESTEUER

Nicht nur im Schiffbau setzt Chinaneue Maßstäbe, auch in derSchiffsfinanzierung – traditio-

nell eine Domäne der deutschen Ban-ken – tritt die aufstrebende Wirt-schaftsmacht verstärkt auf den Plan.Für eine Serie von deutschen Contain-erschiffen und Produktentankern steu-ert die Export-Import Bank of China(CEXIM) 180 Millionen US-Dollar bei,wie kürzlich in Hamburg bekannt wur-de. Das entspricht einem Drittel desbenötigten Kreditvolumens. Bestelltwurden die acht 2500-TEU-Container-frachter und sechs 73400-tdw-Produk-tentanker von Beteiligungsgesellschaf-ten des Hamburger EmissionshausesHCI Capital. Neben der staatlichen Ex-portbank Chinas beteiligen sich auchdie HSH Nordbank AG, die Kreditan-stalt für Wiederaufbau und die Hypo-

vereinsbank an der Finanzierung.Durch die Cexim-Darlehen kann sichHCI langfristig günstige Zinsen für dieFonds KGs sichern, die die Schiffe nachAblieferung übernehmen werden.Möglich wurde die Exportfinanzierungmit staatlichen Bürgschaften, weil bei-de Schiffsserien auch in China gebautwerden. Die Aufträge dafür haben sichdie Werften Jiangsu Yangzijian Ship-building und New Century Shipbuil-ding aus der Provinz Jiangsu gesichert.„Wir sind das erste deutsche Emis-sionshaus, das sich für diesen innovati-ven Weg der Schiffsfinanzierung ent-schieden hat“, erklärte Harald Christ,Vorstandsvorsitzender der HCI.

Dabei führen die beteiligten Bankenfreilich auch ganz eigene Interessen imSchilde. Die chinesischen Banker, diebislang nur wenig Erfahrung im inter-

nationalen Kreditgeschäft haben, kön-nen durch Zusammenarbeit mit dendeutschen Partnern viel Neues überTransaktionen im Schifffahrtsgeschäftlernen. Andersherum sind die deut-schen Geldinstitute daran interessiert,einen leichteren Zugang zum gewalti-gen chinesischen Markt zu erhalten.„Wir hoffen schon, dass es für uns da-durch an der einen oder anderen Stelleetwas reibungsloser geht“, war ausKreisen der beteiligten Institute zu er-fahren. Der chinesische Finanzmarkt istnoch immer stark abgeschottet. Daraufwiesen auch kürzlich Experten auf demChina-meets-Europe-Wirtschaftsgipfelin Hamburg hin. Zum Beispiel darf dieweltgrößte Schiffsbank HSH Nordbank,die nach eigenen Angaben Schiffbau-projekte in China mit einem Kreditvolu-men von gut zwei Milliarden US-Dollarfinanziert, trotz Niederlassungslizenz inSchanghai keine Darlehen in chinesi-scher Währung vergeben. „Das ist einklares Hindernis“, sagte Vorstandsmit-glied Ulrich Ellerbeck. „Stellen Sie sichvor, unser Büro in New York dürfte nurKredite in Schweizer Franken gewäh-ren.“ Auf eine Lizenz für die Refinan-zierung in Renminbi müsse das Unter-nehmen voraussichtlich noch drei Jahrewarten. ❏

China finanziertdeutsche SchiffeHCI Capital mobilisiert 180 Millionen US-Dollar

aus chinesischer Exportfinanzierung

Billigflagge, Tonnagesteuer und

so gut wie keine Auflagen sind

die Gründe dafür, dass immer

mehr Reeder aus aller Welt deut-

sche Containerschiffe chartern.

Foto

: pri

vat

8 3/2006 | SCHIFFFAHRT

Page 9: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

Die Internationale Transportarbei-ter-Förderation (ITF) will nebenihrem langjährigen Kampf ge-

gen die Ausflaggung in der Seeschiff-fahrt nun auch eine Kampagne gegen„Billighäfen“ starten. Ziel ist es, eineweitere Ausbreitung der Gelegenheits-arbeit in den Umschlagbetrieben zustoppen.

Darauf haben sich Vertreter der na-tionalen Mitgliedsgewerkschaften derITF Anfang August auf ihrem Jahres-

kongress in Durban, Südafrika, geei-nigt. Die Hafen-Kampagne soll zu-nächst „in Dialog und Kooperation“mit den Umschlagfirmen stattfinden,betonte Frank Leys, Chef der Docker-Sektion in der ITF. Das Hauptaugen-merk werde zunächst auf den Arbeits-bedingungen bei den vier großen Ter-minalkonzernen Hutchison Port Hol-dings, PSA, DP World und APM Termi-nals liegen, die einen Großteil desWeltcontainerumschlags abwickeln.

„Diese Unternehmen geben weltweitdie Standards vor und können damitviel für die Hafenarbeiter ausrichten“,erklärte Leys. Die Gewerkschafter stre-ben mit den Konzernen u. a. Rahmen-vereinbarungen zur Ächtung prekärerBeschäftigungsverhältnisse an. Die ITFbeklagt seit längerem eine Zunahmeder Gelegenheitsarbeit im Hafensektorund sah sich auch aufgrund der anhal-tenden Debatte um die Liberalisierungder Hafendienstleistungen in der EUzum Handeln gezwungen. Parallel zuden Gesprächen mit den Containerter-minalfirmen sollen politische Bünd-nisse auf globaler und lokaler Ebeneins Leben gerufen werden, teilte derDachverband von mehr als 600 Einzel-gewerkschaften mit. ❏

ITF nimmt Terminal-betreiber ins Visier

ver.di report | SEEHÄFEN

Trotz der anhaltenden Diskussionum Schutzzölle auf Schuhe undTextilien aus Fernost können die

Reedereien nach Meinung von Exper-ten weiterhin mit zweistelligen La-dungszuwächsen im Containerver-kehr von China nach Europa rechnen.Seit Einführung der EU-Strafzölle aufSchuhe aus China vor gut einem hal-ben Jahr mussten im Reich der Mittezwar Fabriken geschlossen werden.Die Auswirkungen auf die Güterströ-me seien aber marginal, so der Schiff-fahrtsanalyst Philip Damas. „Die Ab-wanderung von Fertigungskapazitä-ten aus den westlichen Staaten nachChina hält unvermindert an“, beob-achtet der Direktor der britischenMarktforschungsfirma Drewry Ship-ping Consultants. Um 15 bis 20 Pro-zent pro Anno werden die Container-transporte aus China seiner Einschät-zung nach in den nächsten zwei Jah-ren zulegen. Allein im ersten Quartal2006 trugen die Carrier mehr als800 000 TEU (20-Fuß-Container) nachEuropa. Ermöglicht wird dieser Boomdurch den rasanten Aufbau neuer Um-schlagplätze entlang der chinesischenKüste. „Der Ausbau der Häfen hältaußerordentlich gut mit dem Anstiegder Verkehrsströme Schritt“, beob-achtet Damas. Ganz anders in Europaund den USA. Da der Hafenausbau

wegen der längeren Genehmigungs-verfahren nicht so schnell in Gangkommt, drohen in Spitzenzeiten im-mer wieder Abfer-tigungsstaus.„China ist die Auf-gaben rechtzeitigangegangen“,meint auch NicolasSartini von derfranzösischenGroßreederei CMACGM. So wie diegrößeren Konkur-renten Maersk undMSC (Mediterra-nean ShippingCorp.) will sich auch CMA CGM anden Hafeninvestitionen beteiligen.Denn durch Aufbau eigener Terminalskönnen sich die Reeder günstigere Be-dingungen bei der Abfertigung ihrerGroßcontainerschiffe sichern. In Tian-jin im Norden des Landes sowie inSchanghai ist der Konzern in „fortge-schrittenen Verhandlungen“ über eineTerminalbeteiligung. Weitere Projektedürften folgen. „Wir wollen in min-destens je einem Hafen im Norden, derMitte und dem Süden des Landes prä-sent sein“, stellt Sartini klar. Die meis-ten Seecontainer werden von den in-dustriellen Zentren nahe der Küste ausverschickt. Da sich aber auch im

schwerer zugänglichen Hinterland im-mer mehr Fabriken ansiedeln, müssenReedereien und Spediteure nach

Wegen suchen,wie sie die ge-normten Boxen kostengünstig ins Inland befördernkönnen. Für langeDistanzen bietensich normalerweiseBahnverkehre an.Wegen des viel zudünnen Schienen-netzes und fehlen-der Container-De-pots im Inland sind

Container-Blockzüge, wie sie in Europaoder den USA Standard sind, in Chinaaber noch eine Seltenheit. Außerdemmüssen die Container zur „Gestel-lung“ im Hinterland über weite Strecken leer befördert werden, weildem starken Exportaufkommen nurgeringe Importe gegenüberstehen. DieAnlieferung der Boxen sei deshalb „miterheblichen Positionierungskosten“verbunden, gibt Hans-Hermann Mohr,Geschäftsführer der Senator LinesGmbH, zu Bedenken. Um mit den Ver-ladern fernab der Küste ins Geschäftkommen zu können, müssen die Ree-dereien außerdem ihre Agenturnetzeverdichten. ❏

Boxenflut aus China ebbt nicht abLinienreeder versuchen, das Hinterland stärker zu containerisieren

SCHIFFFAHRT | 3/2006 9

„Die Abwanderung vonFertigungskapazitätenaus den westlichenStaaten nach China hältunvermindert an“

Philip Damas, Direktor der

britischen Marktforschungsfirma

Drewry Shipping Consultants

Page 10: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

An Bord vieler Schiffe wird die Arbeit heute eher sit-zend ausgeführt. Die Möglichkeiten für Sport undFitness sind begrenzt. Daher obliegt es meist den

Seeleuten selbst, innerhalb ihrer Lebens- und Arbeitsumge-bung Verantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen.

Laut IMO-Statistik sind 80 Prozent aller Unfälle an Bordauf den „Faktor Mensch“ zurückzuführen, der auch durchden Fitness- und Gesundheitszustand der Seeleute beein-flusst wird. Mit sportlicher Aktivität können wir jedoch un-sere Ausdauer, Beweglichkeit und Kraft verbessern.

Sportliches Training hat vielerlei positive Auswirkungen:

Stärkung des Körpers und des GeistesAusgeglichenheitBessere VerdauungVerhinderung von ÜbergewichtigkeitStabilisierung der Blutzuckerwerte (verhindert Diabetes)Besserer SchlafVerbessertes KonzentrationsvermögenStärkeres SelbstbewusstseinStärkere Knochen und Muskeln geringere VerletzungsgefahrStabilisierung des Blutdrucks Abnahme des Herzerkrankungsrisikos

Als Aufwärm- und Ausdauerübungen bieten sich z. B. Spa-ziergänge an Bord an, die über eine festgelegte Route ver-

ver.di report | TITELGESCHICHTE

10 3/2006 | SCHIFFFAHRT

„Dafür fehlt mir die Zeit.“ oder „Ich habe einfach kei-ne Energie mehr.“ Wer kennt sie nicht, die Ausredender Sport-Muffel? Ob an Land oder auf den siebenWeltmeeren – immer sind es die Startschwierigkeiten,die uns daran hindern, unseren Muskeln täglich einbisschen Bewegung zu gönnen.

Oberkörpertraining

Stufe Schwach Durchschnitt Gut Sehr Gut

Untrainierte Liegestütz gegen Wand 1 bis 5 6 bis 10 11 bis19 20 +

Anfänger 1/2 Liegestütz 1 bis 5 6 bis 10 11 bis19 20 +

Fortgeschrittene 3/4 Liegestütz 1 bis 5 6 bis 10 11 bis19 20 +

Sportler ganzer Liegestütz 1 bis 5 6 bis 10 11 bis19 20 +

laufen und an denen jede/r teilnehmen kann. Falls es ge-lingt, den Reeder dazu zu bewegen, macht sich auch einLaufband, ein Trimm-dich-Pfad oder ein Heimtrainer an ei-nem für alle zugänglichen Ort schnell bezahlt – durch fittereSeeleute!

Die Teilnahme an sportlichen Aktivitäten während derLiegezeit im Hafen ist besonders empfehlenswert. MitUnterstützung der Reederei oder der Schiffsleitung fällt esden Seeleuten leichter, den ersten Schritt in Richtung sport-licher Betätigung zu wagen. Die Art dieser Aktivitäten er-möglicht jedem die Teilnahme, da es mehr um Spaß als umWettbewerb geht.

Das Internationale Sportkomitee für Seeleute (ISS) unddas Internationale Gesundheitskomitee für Seeleute (ISCW)haben ein Sport- und Fitnessprogramm für Schiffsbesatzun-gen ausgearbeitet. Dabei unterscheiden sie drei verschiede-ne Arten: 1. sportliche Übungen in Seemannsheimen oder -clubs, z. B.

Tischtennis2. sportliche Aktivitäten auf Feldern wie Fußball, Basketball

oder Volleyball3. Fitnessprogramme an Bord

Anregungen dazu erhalten Seeleute über www.seafarerssport.org und www.seafarershealth.org.

Also: Auf was warten wir noch? Ein freier Kopf, neueGedanken, viel Power und ein Körper, der so richtig Spaßmacht. Klingt doch gut, oder? Na denn: Volle Kraft voraus! dob

Sport an BordGesündere Seeleute erhöhen die Arbeitssicherheit

Quelle: Guidelines for Fitness Onboard Merchant Ships, International Committee on Seafarers’ Welfare

Page 11: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

ver.di report | TITELGESCHICHTE

Untrainierte (Liegestütz gegen die Wand)

Wir stehen 60 cm von einer Wand entfernt, mit dem Gesichtzur Wand. Die Füße stehen etwas auseinander, Rücken ge-rade halten, Brust raus und Bauch einziehen. Hände aufSchulterhöhe flach auf die Wand legen; die Finger zeigennach oben.

Ellbogen anwinkeln und einatmen. Rücken und Beine beimAnwinkeln gerade halten. Die Wand mit der Nase berührenund diese Position kurz halten. Beim Ausatmen die Armevon der Wand wegdrücken. Ergebnis laut Tabelle feststellen.

Anfänger (1/2 Liegestütz)

Wir knien und legen unsere Hände auf den Boden. Die Fin-ger zeigen nach vorne, und Kopf und Rücken bilden eine ge-rade Linie. Die Knie befinden sich direkt unter den Hüftenund die Hände unter den Schultern.

Beugen Sie die Ellbogen beim Einatmen. Den Boden mit derNase berühren und diese Position kurz halten. Ausatmen,während Sie den Körper wieder heben. Ergebnis laut Tabel-le feststellen.

Fortgeschrittene (3/4 Liegestütz)Wir legen uns auf den Bauch, Ellbogen angewinkelt. Händeflach auf den Boden direkt unter die Schultern legen, Knieetwas auseinander. Knie beugen und Füße ineinander ha-ken. Beim Ausatmen die Arme hochstemmen. Die Positionkurz halten und wieder Einatmen, sobald Sie die Arme beu-gen. Den Boden mit der Brust berühren. Während derÜbung Kopf und Rücken in einer geraden Linie halten! Er-gebnis laut Tabelle feststellen.

Sportler (ganzer Liegestütz)Wir legen uns auf den Bauch. Die Füße stehen etwas ausein-ander; die Hände liegen direkt unter den Schultern. IhreHände sollten flach auf dem Boden liegen. Den Körper aufHänden und Zehen nach oben heben. Einatmen, währendder Oberkörper wieder zum Boden sinkt. Diese Position kurzhalten und ausatmen, während Sie den Körper wieder nachoben heben. Ergebnis laut Tabelle feststellen.

Liegestütz eignen sich gut als Krafttraining

Quelle: Guidelines for Fitness Onboard Merchant Ships

SCHIFFFAHRT | 3/2006 11

Page 12: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

ver.di report | RÜCKFLAGGUNG

12 3/2006 | SCHIFFFAHRT

Im ersten Halbjahr 2006 ist die Rück-flaggung von Schiffen ins Stockengeraten. So fuhren im Januar 433

Schiffe unter deutscher Flagge, und imAugust 2006 waren es nur noch 420.Es erscheint deshalb fraglich, ob daspolitische Etappenziel – 500 Schiffeunter deutscher Flagge – bis zur mariti-men Konferenz im Dezember noch er-reicht werden kann.

Der VDR begründet dieses Aufstop-pen der Rückflaggung mit feh-lenden deutschen Kapitänenund verlangt vehement von derPolitik eine befristete Über-gangsregelung. Danach sollenauf Schiffen unter deutscherFlagge auch ausländische Kapi-täne ohne deutsche Sprach-kenntnisse und ohne Teilnahmean einem Rechtslehrgang zuge-lassen werden.

Es ist aber unlauter, Politikernglaubhaft zu machen, dass mit ei-ner Übergangslösung das Pro-blem der fehlenden deutschenKapitäne beseitigt werden kön-ne. Schließlich sind genügendKapitäne da, um statt 420 Schiffe500 unter deutscher Flagge zubesetzen. Die deutschen Kapitä-ne werden nur auf den falschenSchiffen eingesetzt! Das zeigtauch die Statistik des deutschenITF-Inspektorats. Es hat für 1146Schiffe unter fremder Flagge ITF-Tarifverträge mit deutschen Ree-dern abgeschlossen. Aus denMannschaftslisten dieser Schiffegeht hervor, dass auf 311 von ih-nen – das sind 27 % – deutscheKapitäne fahren. Insgesamt gibtes aber etwa 2500 deutsche Schiffe un-ter fremder Flagge. Mal angenommen,dass dort das gleiche Verhältnis besteht,dann fahren 675 Schiffe mit deutschenKapitänen unter ausländischer Flagge.

In den ersten acht Monaten des Jah-res ist außerdem die Anzahl der in Bare-boatcharter „befristet“ ausgeflaggtenSchiffe um 358 Schiffe gestiegen. Wei-tere 700 Handelsschiffe sind für deut-

sche Reeder im Bau und werden in dennächsten Jahren abgeliefert. Die über-wiegende Anzahl von ihnen wird sofortunter fremde Flagge verbracht und teil-weise auch wieder mit deutschen Kapi-tänen besetzt. Das heißt: Durch diewachsende Zahl fremdflaggiger Schiffewerden die deutschen Kapitäne perma-nent vom deutschen Arbeitsmarkt ab-gesaugt. Wer vor diesem Hintergrunddie Kapitänsknappheit mit einer befris-

teten Übergangsregelung lösen will,verkennt das eigentliche Problem.

So viel zur Behauptung, es gäbenicht genügend deutsche Kapitäne. Ge-gen eine befristete Übergangsregelungbestehen aber auch grundsätzliche Be-denken. Denn wenn der Staat ausländi-sche Kapitäne ohne deutsche Sprach-und Rechtskenntnisse erst einmal offi-ziell als Kapitäne auf Schiffen unter

deutscher Flagge zulassen würde, gäbees keine überzeugenden Argumentemehr, diese Regelung später wieder zu-rückzunehmen. Sobald eine Übergangs-regelung in Kraft treten würde, entfielefür die Reeder auch die Notwendigkeit,sich um die Nachwuchsausbildung fürihre Schiffe unter deutscher Flagge zubemühen. Den erfreulich vielen jungenMenschen, die die seemännische Ausbil-dung bereits begonnen haben, würdegleichzeitig die Motivation geraubt.Denn ihr Ziel ist es ja, Kapitän auf einemSchiff unter deutscher Flagge zu wer-den. Das maritime Know-how in derdeutschen Volkswirtschaft würde wie-der versickern, und eine finanzielle För-derung der Handelsflotte durch dieBundesregierung ließe sich nicht mehrrechtfertigen. Das Maritime Bündnis für

Ausbildung und Beschäftigungwürde wie ein Kartenhaus zu-sammenklappen.

Nein, das Problem lässt sichnur durch intelligente Personal-planung lösen: AusländischeKapitäne ohne deutsche Kennt-nisse auf Schiffen unter fremderFlagge – deutsche Kapitäne aufSchiffen unter deutscher Flag-ge! Eine solche Umbesetzungwürde sogar noch Spielraum fürweitere Rückflaggungen schaf-fen. Und sind wir doch mal ehr-lich: Als einziger Deutscher un-ter Seeleuten ohne ausreichen-de sprachliche Verständigungist ohnehin nicht das, was mansich gemeinhin unter guten Ar-beits- und Lebensbedingungenan Bord vorstellt.

In diesem Zusammenhangwäre natürlich wichtig, dass dieBundesregierung ihre unmög-liche Steuerbefreiung für deut-sche Seeleute mit Sitz in derBundesrepublik auf Schiffen un-ter Liberiaflagge endlich zurück-nimmt. Ohne diesen finanziellenAnreiz wären Seeleute wohlkaum bereit, die Isolation an

Bord von immerhin 550 deutschenSchiffen unter Liberiaflagge zu ertragen.

Das Maritime Bündnis ist aufgefor-dert, sich auf seine ursprünglichen Zielezu besinnen und den Spuk der befriste-ten Übergangsregelung unverzüglichzu beenden, damit er nicht noch auf derMaritimen Konferenz mit der Bundes-kanzlerin im Dezember 2006 in Ham-burg herumgeistert. Dieter Benze

Es spukt gewaltigEine befristete Übergangsregelung

für Kapitäne wäre kontraproduktiv

755

826

1075

1469

2109

717692

605582

1592

1751

1203

646

847

603

508482

550

400

600

800

1000

1200

1400

1600

1800

2000

2200

Dez.9

8

Dez.9

9

Dez.0

0

Dez.0

1

Dez.0

2

Dez.0

3

Dez.0

4

Dez.0

5

Aug.0

6

Bareboat unter fremder Flagge Schiffe unter deutscher Flagge

Quelle: BSH und See-BG

Handelsschiffbestand

Page 13: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

ver.di report | BORDBETREUUNG

SCHIFFFAHRT | 3/2006 13

Seit September 2005 besuche ichfast täglich Schiffe, gebe den See-leuten Zeitungen, erkläre ihnen,

wie sie zum „Seamen’s Club“ in dieStadt gelangen und lade sie Sonntagszum Fußball oder Basketball auf demSportfeld ein.

Dabei haben sich immer wiedersehr nette Gespräche entwickelt undKontakte auf der ganzen Welt erge-ben. Natürlich sind die meisten Seefah-rer immer froh, wenn sie jemanden anBord begrüßen können und somit auchjemand da ist mit dem sie über ihreProbleme sprechen können. Das be-trifft so ziemlich jedes Thema von der

Sehnsucht nach der Familie, Problemeunter der Crew oder allgemein die psy-chische Belastung, die die Arbeit anBord mit sich bringt.

Ein deutscher Chiefmate hatte eseinmal so ausgedrückt: „Auf einemSchiff wirst du am Leben erhalten. Dubekommst zu Essen, zu Trinken undhast einen Schlafplatz. Das wahre Le-ben jedoch findet an Land statt. All dieGeburtstage, Hochzeiten und das Auf-wachsen deiner Kinder. Diese Zeit kanndir später keiner mehr zurückgeben.“

Genau diese Erfahrung konnte ichvor einigen Wochen auch machen, alsich mit einem kleinen Containerschiff

als Passagier nach Schottland gefahrenbin. Von Antwerpen über Rotterdamnach Schottland und wieder zurück. Ei-ne ganze Woche hat es gedauert bisich wieder belgischen Boden untermeinen Füßen spürte.

Da es meine erste Reise auf See war,bin ich bei drei Meter hohen Wellenund rollendem Schiff die ersten zweiTage seekrank gewesen. Meine Kniewaren weich und mein Magen flau. DieCrew an Bord hatte schon ihren Spaßals ich morgens am Frühstückstisch saßund an meinem trockenen Weißbrotkaute. Auch als die See ruhiger war,habe ich mich nie richtig fit gefühlt.Die ständigen Vibrationen und der un-ruhige Schlaf haben ihren Teil dazu bei-getragen.

Deshalb war ich auch überglück-lich, als wir dann in Antwerpen einge-laufen sind.

Ich frage mich, wie die Crew dasteilweise zehn Monate an Bord aus-hält, besonders auf einem Container-schiff, bei dem sie noch nicht einmalZeit haben, um in den Häfen von Bordzu gehen.

Doch trotz alledem möchte ich die-se Erfahrung nicht missen. Es hat sichmir verdeutlicht, wie wichtig die Arbeitder Seemannsmissionen ist, wie wich-tig mein einjähriger Einsatz als Freiwil-lige war und wie wichtig es ist ihre Zu-kunft zu sichern.

Tina Röper, Freiwillige der „Deutschen Seemannsmission

Antwerpen“

Das wahre Leben an Bord

Ein ganzes Jahr unter-stütze ich nun schon die

„Deutsche Seemanns-mission Antwerpen“ mit

meiner freiwilligen Arbeit, auf die ich damals

durch die Organisation„Aktion Sühnezeichen

Friedendienste“ gestoßen bin.

Tina bei der Bordbetreuung im Hafen von Antwerpen

Foto

s: K

on

rad

Ben

ze

Page 14: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

ver.di report | TARIFRUNDE 2006

14 3/2006 | SCHIFFFAHRT

Die Versendung von Telegram-men und Blumengrüßen war zuZeiten der Anwesenheit eines

Funkoffiziers an Bord der Seeschiffe ei-ne Selbstverständlichkeit. Mit demWegfall des Funkoffiziers und der Ein-führung der neuen GMDSS-Technik sowie der satellitengestützten Kom-munikation waren diese Möglichkeitenabgebrochen bzw. finanziell unattrak-tiv. Die dienstliche Kommunikation perE-Mail hat sich flächendeckend durch-

gesetzt, nur der Seemann musste aufprivaten Nachrichtenaustausch ver-zichten. Erst zögerlich wurde auch derprivate E-Mail-Verkehr an Bord durchden Kommunikationsverantwortlichenmit übernommen. Auf Grund derunterschiedlichen tech-nischen Voraussetzun-gen gab es auch Reede-reien, wo dies nicht ein-geführt wurde. Auchmanche Verantwortlichelehnten den privatenNachrichtenverkehrwegen Mehrbelastungab.

Durch die Tarifver-tragsparteien wurden im Rahmen derletzten Tarifrunde Regelungen für denprivaten E-Mail-Verkehr vereinbart.Wichtig ist vor allem, dass der privateZugang zu den Kommunikationsmög-lichkeiten des Schiffes für die Kapitäne

und Besatzungsmitglieder gesichertist. Des Weiteren ist auch die kosten-freie Versendung von Nachrichten ineinem Umfang von 10 Kilobyte pro Tagin den Verkehrsrichtungen See – Landund Land – See vereinbart worden. Da-

mit haben sich für vieleSeeleute an Bord dieMöglichkeiten des Kon-taktes mit der Familie be-deutend gebessert. Esliegt jetzt an den Reede-reien, die technischen Ge-gebenheiten dahinge-hend zu prüfen, wie derprivate E-Mail-Verkehrmöglichst ohne großen

Mehraufwand realisiert werden kann.In der Reederei F. Laeisz GmbH wurdez. B. eine spezielle Software einge-setzt, die den Versand beträchtlich er-leichtert und Mehraufwand reduziert.

Manfred Seyer

Seit der letzten Ausgabe des ver.di-Reports Schifffahrt hat ver.di imWesentlichen folgende Tarifab-

schlüsse erreicht:HTV-See 2006/07Die Heuern in der deutschen Seeschiff-fahrt erhöhen sich ab dem 1. August2006 linear um 2,6 % ( mit Ausnahmeder Heuern der Azubis im 1. Lehrjahr).Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit biszum 31. Juli 2007. Darüber hinaus ha-ben die Tarifvertragsparteien einen kos-tenfreien E-Mail-Zugang für alle Be-satzungsmitglieder vereinbart. Bis zu10 Kilobyte (an- und abgehend) täglichsind kostenfrei. Je nach Inanspruch-nahme dieses E-Mail-Zugangs beträgtdeshalb das Volumen des Tarifab-schlusses in der Seeschifffahrt etwa3,1 %. HTV-Lotsversetz 2006/07Die Gesamtvergütungen und Sachleis-tungen der Lotsversetzer erhöhen sichab 1. September 2006 um linear 3,1%.Außerdem wird das Verpflegungsgeldder Lotsversetzer auf das des HTV-Seesangehoben. Der Tarifabschluss hat ei-ne Laufzeit bis zum 31. August 2007.

HTV-Reederei F. LaeiszDie Heuern für die Seeleute der Reede-rei F. Laeisz, Rostock werden in zweiStufen an die Heuern des HTV-See he-rangeführt. Der erste Schritt erfolgt am1. 10. 2006 und der zweite am 1. 10.2007. Der kostenfreie E-Mail-Verkehrwird ebenfalls auf 10 Kilobyte täglichangehoben.Wage-agreement for Kioso/Tosu-SeafarersMit der South-Pacific-Marine-Services(SPMS, Hamburg) ist vereinbart wor-den, dass die Heuern der Südseeinsula-ner ab 1. September 2006 um 2,6 %und ab 1.September 2007 um weitere2,6 % angehoben werden. Zusätzlichist eine Einmalzahlung von 100, 75bzw. 50 US-Dollar vereinbart worden.Darüber hinaus gab es einige Verbesse-rungen im Manteltarifvertrag.

Bewertung:

Insbesondere der Tarifabschluss HTV-See wurde von einigen Besatzungs-mitgliedern als zu niedrig bewertet.In Mitteilungen an die ver.di-Tarif-

Maritime Tarifergebnissekommission drückten sie ihren Un-mut aus. Ohne Frage, wir alle würdengern etwas mehr verdienen. Dochkönnen die Tarifrunden in der See-schifffahrt nicht losgelöst von derlohnpolitischen Entwicklung an Landgesehen werden.

Die Tarifeinkommen der Beschäf-tigten in Deutschland sind im Jahr2005 im Durchschnitt um 1,6 % ge-stiegen. Für das laufende Jahr stehenbereits wieder eine Reihe von modera-ten Tarifabschlüssen fest. Schon jetztkann man sagen, dass die Heuerab-schlüsse im Bereich der Seeschifffahrtsowohl 2005 als auch 2006 im oberenBereich aller Abschlüsse in der Bundes-republik liegen. Hinzu kommt, dassdeutsche Seeleute zu den bestbezahl-testen in der internationalen Seeschiff-fahrt gehören. Daran soll sich nichtsändern. Das zeigt aber auch, dass dieMitglieder der Tarifkommission gehal-ten sind, bei ihren Diskussionen diewirtschaftlichen Rahmenbedingungeninsgesamt zu berücksichtigen undnicht umhin kommen, den ein oder an-deren Kompromiss zu machen. ❏

Die Lebensbedingungenan Bord haben sich durchden Abschluss eines E-Mail-Tarifvertrages ver-bessert. Seit dem 1. Au-gust können Seeleute kostenlos Mails empfan-gen und verschicken.

Anspruch auf E-Mails an Bord

@

Page 15: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

ver.di report | ITF-KAMPAGNE

Seit nunmehr zwei Jahren läuft dieKampagne der ITF gegen die Ree-derei Leonhardt und Blumberg

(L&B), nachdem es Frank Leonhardt ab-gelehnt hat, ITF-Tarifverträge für seine46 Schiffe unter billigen Flaggen abzu-schließen.

Das deutsche ITF-Inspektorat hattewiederholt versucht, auf dem Verhand-lungsweg zum Abschluss von ITF-Tarif-verträgen zu kommen. Vergeblich. Somussten erst globale gewerkschaft-liche Aktionen entfaltet werden, ehedie Reederei bereit war, nach und nach

für elf Schiffe ITF-Tarifverträge abzu-schließen und zwar für die Schiffe: CapAzul, Hansa Africa, Hansa Castella,Hansa Catalina (ex Cap Lobos), HansaLondon, NYK Prestige, Hansa Flens-burg, Hansa Rendsburg, Hansa Sonder-burg, MOL Accord, Hansa Centaur.

Die ITF hat am Rande ihres Kongres-ses in Durban beschlossen, die Kam-pagne gegen L&B noch auszuweiten.Dean Summers, der australische ITF-Koordinator, beschrieb die Situationmit dem Ausspruch: „The heat is reallyon Frank now“.

Zu dem tarifvertraglichen Anspruchder ver.di-Seeleute auf Versendungund Empfang von E-Mails gab Kapi-tän Frömmert folgende Stellung-nahme ab: „Zum Thema ‚Kostenfreier Zugangzu E-Mail-Kommunikationssyste-men‘ soviel – auf den von mir ge-führten Schiffen wird, aus Sicher-heitsgründen, kein Besatzungsmit-glied Zugang zu dem E-Mail-Rech-ner haben. Weiter werde ich per-sönlich keinerlei E-Mail-Verkehr fürBesatzungsmitglieder abwickeln.Dies würde eine erhebliche Mehr-belastung des Kapitäns bedeuten –selbstverständlich ohne Bezah-lung. Zumindestens diesen, die E-Mail-Kommunikation betreffendenTeil Ihres Machtwerks halte ich fürein rechtsungültiges Rechtsge-schäft zu Lasten Dritter. Dagegenwird ggf. Klage erhoben werdenmüssen.“Nur soviel zu dieser Zuschrift. Ab 1.August 2006 haben die SeeleuteAnspruch auf E-Mail-Verkehr. DieReedereien haben dies sicherzustel-len und die Bordvertretungen undSeebetriebsräte haben darauf zuachten, dass die gültigen Tarifver-träge eingehalten werden. Ver.di-Mitglieder können tarifvertraglicheAnsprüche auch mit Hilfe des Ar-beitsgerichts durchsetzen. db

So nicht, Herr Kapitän!

Auf dem 41. ITF-Kongress in Durban wurde dem Kollegen Dieter Benze vom General-

sekretär der ITF, David Cockroft, wegen herausragender Verdienste um die ITF-Kam-

pagne die goldene ITF-Nadel verliehen. In seiner Dankesrede betonte D. Benze, dass

er in der Verleihung eine Auszeichnung des gesamten deutschen Teams sehe. Anteil

an dem Verdienst haben auch Hafenarbeiter, Seeleute, deutsches ITF-Inspektorat und

die freiwilligen ITF-Helfer.

Auf dem ITF-Kongress wurden über 40 Entschließungsanträge verabschiedet. Außer-

dem wurden in der Sektionskonferenz der Häfen, der Seeleute, der Fischereiwirt-

schaft, der Binnenschifffahrt und der gemeinsamen Konferenz der Seeleutesektion

und der Sektion Häfen die Arbeitsprogramme für die nächsten vier Jahre diskutiert

und verabschiedet.

Durch die sture Haltung von FrankLeonhardt, der Vorsitzender des Ver-bandes Deutscher Reeder ist, fällt auchinternational kein gutes Licht auf diedeutschen Reeder. Am 29. August istdarüber hinaus die vom GermanischenLloyd klassifizierte „Karl Leonhardt“ inIpswich in die Kette gelegt worden. DieHafenstaatkontrolle hatte unter ande-rem erhebliche Korrosionsschäden anden Rettungsbootsdavits festgestellt.Die „Karl Leonhardt“ wurde deshalbzwei Tage lang in Großbritannien fest-gehalten. Dieter Benze

„The heat is really on Frank now“Schon elf Leonhardt-Schiffe unter ITF-Tarifvertrag

Foto

: Hye

Kyu

ng

Kim

, Ko

rea

SCHIFFFAHRT | 3/2006 15

Page 16: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

ver.di report | LOTSVERSETZWESEN

Es war schon immer mit Risiko be-haftet, das Schiff mit der Ladungsicher zu seinem Bestimmungs-

hafen zu bringen. Um die Navigation inKüstennähe sicherer zu machen, ent-stand der Berufsstand der Lotsen. Siesind Berater der nicht ortskundigenKapitäne.

Zuerst waren es Fischer mit gutenRevierkenntnissen, die den Beruf desLotsen ausübten. Bei den immer größerwerdenden Schiffen und zunehmen-den Schiffsanläufen wurden späterehemalige Kapitäne für die Revierfahrtgeschult und zu Lotsen bestallt. Bis zumheutigen Tage sind sie vorbeugendeGaranten, um Unfälle zu vermeiden.

Wie aber gelangen die Lotsen drau-ßen vor der Küste auf die einkommen-den Schiffe, bei Wind und Wetter undrund um die Uhr? Der Lotse wird mitkleinen (Rettungs-) Versetzbooten vomLotsenschoner leewärts zur (Jacobs-)Lotsenleiter gebracht. Der Lotsenscho-ner, das Versetzboot und das einkom-mende Schiff müssen dabei koordiniert

manövrieren. Ein misslungenes Ver-setzmanöver kann fatale Folgen ha-ben. Wiederholungen kosten sehr vielZeit und gestalten sich bei steigendenSchiffsanläufen sehr risikoreich. Gera-de in den Ansteuerungen wird der ver-fügbare Manöverspielraum immer en-ger. Leider werden gleichzeitig inter-national die seemännischen Fähigkei-ten, die nur über langjährige Erfahrun-gen auf See erworben werden können,immer schlechter. Luv und Lee kennennoch die meisten Kapitäne, aber derenAuswirkungen für längsseits gehendeFahrzeuge kennt lange nicht mehr je-der. Selbst auf die richtige Befestigungder Jacobsleiter darf man sich nichtverlassen. Bei schönem Wetter machtdie Arbeit Spaß, aber normalerweiseist sie gefährlich.

So wundert es nicht, dass die Lots-versetzer für eine sichere Tätigkeit biszu einem Jahr qualifiziert werden müs-sen, obwohl sie jahrzehntelang mit gu-ter Ausbildung als Mannschaftsdienst-grad oder Offizier zur See gefahren

sind. Es ist durchaus nicht selten, dassNeuankömmlinge nach ein paar Wo-chen oder Monaten das Handtuchwerfen. Das wird akzeptiert, da nur guteingespielte Stammbesatzungen, wiees sie sonst nur noch in der Spezial-und Forschungsschifffahrt gibt, ein si-cheres und zuverlässiges Lotsversetzengewährleisten können. Wer bleibt,weiß, worauf er sich einlässt.

Für die Aufrechterhaltung des Lots-versetzsystems bezahlen die einkom-menden Schiffe Lotsabgaben. Leidergibt es seit jeher Bestrebungen derReeder, die Abgaben für das Lotswe-sen zu senken, zu vermeiden oder un-ter eigene Kontrolle zu bringen (siehedazu die Bestrebungen in der geschei-terten Hafenrichtlinie „Port Package“).

Bedauerlicherweise wird über dieReduzierung der Lotsabgaben unterEinfluss der Lobbyisten am grünen

16 3/2006 | SCHIFFFAHRT

Schifffahrt muss sicher seinLotsversetzer, die Vorposten für den Küstenschutz

„Lotsversetzer, was ist das eigentlich?“ wird oft ge-fragt, da dieser Berufsstand in seiner mehrere hun-dert Jahre alten Geschichte ohne viel Aufhebens zumachen, seinen harten und gefährlichen Job erfüllt.

Gefährlich! Viele Schiffe machen kein Lee mehr.

Foto

: Jan

Bo

rk

Page 17: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

Tisch entschieden. Trotz der Bemü-hungen, die Kosten zu senken,scheint dies bei der In-Dienst-Stel-lung der neuen Generation von Lot-senschiffen zumindest in Bezug aufden Kraftstoffverbrauch und die Zu-verlässigkeit keine Rolle gespielt zuhaben. Die Lotsversetzer, die späterdie Schiffe bedienen müssen, sind un-verständlicherweise bei den Planun-gen für die Neubauten nicht einbezo-gen worden.

Wie will man Menschen davonüberzeugen, dass die Sicherheit aufSee, an unseren Küsten und auf unse-ren Flüssen nicht Sparzwängen ge-opfert werden dürfen. Man würdemanchem Entscheidungsträger wün-schen, dass er einmal bei Windstärke 7als Besatzungsmitglied in einem Lots-versetzboot sitzen müsste.

Im Gegensatz zu den Unfällen, diesich erfassen lassen, ist der Wert derPrävention nicht statistisch zu erfas-sen. Wenn das jahrhundertalte Lots-und Lotsversetzwesen auseinanderge-rissen werden sollte und weiterhinneue Versetzfahrzeuge ohne Einbezie-hung des Fachwissens der Lotsverset-

zer in Dienst gestellt werden, wird diebisher vorhandene Unfallpräventionvielleicht durch unser neues Havarie-kommando dokumentiert werden kön-

nen – dann ist es jedoch zu spät. Daswill eigentlich niemand, nicht einmaldie Menschen, die an den Lotsabgabensparen wollen. Udo Beyer

ver.di report | LOTSVERSETZWESEN

Gerade noch mal gut ging die Tarifrunde bei den Lotzversetzern. Die Zeichen standen

auf Sturm, nachdem der Lotsbetriebsverein die Heuertarifrunde mit einem Pauken-

schlag eröffnet hatte. Er wollte die bestehenden Heuern um bis zu 20 % kürzen. Das

aber wollten sich die Lotsversetzer nicht gefallen lassen. Doch erst als die ersten

Arbeitskampfmaßnahmen vorbereitet worden waren, kam es doch noch zu einem

Kompromiss. Um 3,1 % werden die Heuern angehoben. Unser Foto zeigt die Arbeits-

gruppe HTV- Lotsversetz in Berlin bei der Vorbereitung der Heuertarifrunde.

von links nach rechts: Olaf Maske, Jan Bork, Karl-Heinz Spitz, Norbert Stelljes, Udo

Beyer, unten: Dieter Wilts, Thomas Heitmann

Das neue Stationsschiff „Elbe“ bei

einem Stoppmanöver bei ruhiger See,

noch ohne „Schwimmflügel“ (zusätz-

liche Stabilisatoren)

Foto

: Jan

Bo

rkFo

to: D

iete

r B

enze

SCHIFFFAHRT | 3/2006 17

Page 18: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

ver.di report | OSTSEEFÄHREN

Finnlines Deutschland hat der Ree-derei F. Laeisz GmbH die Bereede-rung der Fährschiffe „Transeuro-

pa“ und „Translubeca“ übertragen.Das nautische / technische Manage-ment wechselte zum 1. September, dasPersonalmanagement bereits zum 1.August. Die Übernahme der 62 deut-schen Seeleute erfolgte auf der Basiseines Betriebsüberganges entspre-chend Paragraph 613 a BGB. Der See-betriebsrat der Finnlines-Schiffe, JensRedmer, wird für die laufende Wahlpe-riode in den Seebetriebsrat der Reede-rei F. Laeisz aufgenommen.

Die „Transeuropa“ fährt erstregis-terbesetzt zwischen Travemünde und

Helsinki und die „Translubeca“ imZweitregister zwischen Lübeck und St.Petersburg. In einem Tarifvertrag hatdie Gewerkschaft ver.di mit der Reede-rei F. Laeisz die Rahmenbedingungenfür die Seeleute festgeschrieben. In-

dessen laufen zwischen beiden Firmenbereits Gespräche über die Übertra-gung weiterer Bereederungsaktivitä-ten von Finnlines. Dabei handelt es sichum „Transfinlandia“ und „Transbalti-ca“. Peter Geitmann

Laeisz übernimmt Bereederungvon Finnlines-Fähren

Arbeitsplätze gerettet – Schiffe bleiben unter deutscher Flagge

Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft

Ich möchte Mitglied werden ab:

Monat/Jahr

Persönliche Daten:

Name

Vorname/Titel

Straße/Hausnr.

PLZ Wohnort

Geburtsdatum

Telefon

E-Mail

Staatsangehörigkeit

Geschlecht weiblich männlich

Beschäftigungsdaten

Arbeiter/in Angestellte/r

Beamter/in DO-Angestellte/r

Selbstständige/r freie/r Mitarbeiter/in

Vollzeit

Teilzeit Anzahl Wochenstd.

Erwerbslos

Wehr-/Zivildienst bis

Azubi-Volontär/in-Referendar/in bis

Schüler/in-Student/in bis (ohne Arbeitseinkommen)

Praktikant/in bis

Altersteilzeit bis

Sonstiges

Bin/war beschäftigt bei (Betrieb/Dienststelle/Firma/Filiale)

Straße/Hausnummer im Betrieb

PLZ Ort

Personalnummer im Betrieb

Branche

ausgeübte Tätigkeit

ich bin Meister/in-Techniker/in-Ingenieur/in

Ich war Mitglied der Gewerkschaft:

von: bis:Monat/Jahr Monat/Jahr

Einzugsermächtigung:

Ich bevollmächtige die ver.di, den satzungs-gemäßen Beitrag bis auf Widerruf im Last-schrifteinzugsverfahren

zur Monatsmitte zum Monatsende

monatlich halbjährlich

vierteljährlich jährlich

oder im Lohn-/Gehaltsabzugsverfahren*monatlich bei meinem Arbeitgeber einzuziehen. *(nur möglich in ausgewählten Unternehmen)

Name des Geldinstituts/Filiale (Ort)

Bankleitzahl Kontonummer

Name Kontoinhaber/in (Bitte in Druckbuchstaben)

Datum/Unterschrift Kontoinhaber/in

Tarifvertrag

Tarifl. Lohn- oder Gehaltsgruppe bzw. Besoldungsgruppe

Tätigkeits-/Berufsjahr, Lebensalterstufe

regelmäßiger monatlicher Bruttoverdienst

Euro

Monatsbeitrag: Euro

Der Mitgliedsbeitrag beträgt nach § 14 der ver.di-Satzung pro Monat 1% des regelmäßigen monat-lichen Bruttoverdienstes. Für Rentner/innen, Pensio-när/innen, Vorruheständler/innen, Krankengeldbezie-her/innen und Erwerbslose beträgt der Monatsbeitrag0,5% des regelmäßigen Bruttoeinkommens. Der Mindestbeitrag beträgt € 2,50 monatlich. Für Haus-frauen/Hausmänner, Schüler/innen, Studierende, Wehr-,Zivildienstleistende, Erziehungsgeldempfänger/innenund Sozialhilfeempfänger/innen beträgt der Beitrag € 2,50 monatlich. Jedem Mitglied steht es frei, höhereBeiträge zu zahlen.

Datum/Unterschrift

Werber/in:

Name

Vorname

Telefon

Mitgliedsnummer

DatenschutzIch erkläre mich gemäß § 4a Abs. 1 und 3 BDSG ein-verstanden, dass meine mein Beschäftigungs- undMitgliedschaftsverhältnis betreffenden Daten, derenÄnderungen und Ergänzungen, im Rahmen derZweckbestimmung meiner Gewerkschaftsmitglied-schaft und der Wahrnehmung gewerkschafts-politischer Aufgaben elektronisch verarbeitet undgenutzt werden.Ergänzend gelten die Regelungen des Bundes-datenschutzgesetzes in der jeweiligen Fassung.

W-2

256-

03-0

305

Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft

Beitrittserklärung

Ausgefüllte Beitrittserklärung einschicken an:

ver.di-Bundesverwaltung, Fachgruppe Schifffahrt, 10112 Berlin✁

Foto

: pri

vat

Bei Mehrbedarf bitte kopieren!

Page 19: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

Als im Jahre 2000 die ÖTV und die Inter-nationale Transportarbeiter FöderationITF beschlossen, für den Hamburger Ha-

fen einen weiteren ITF-Inspektor einzustellen,kam für die Betriebsräte des Hamburger Hafensnur ihr Kollege Jörg Stange infrage. Jörg warTeil des Hafens und kannte durch seine langjäh-rige Betriebsratstätigkeit die Menschen, diedort arbeiteten. Er war während seiner Tätig-keit als ITF-Inspektor stets ein wichtiges Binde-glied zwischen den Menschen und dem deut-schen ITF-Inspektorat.

Jörg wusste aufgrund seiner politischen Aktivitäten die Auswirkungen der Globalisie-rung in der maritimen Industrie zu bewerten. Erkonnte den Hafenarbeitern vermitteln, dass esmittelbar in ihrem eigenen Interesse ist, Billig-Flaggschiffe zu boykottieren, um zum Ab-schluss eines ITF-Tarifvertrages zu kommen. Vordiesem Hintergrund war es für Jörg auch keine

Frage, dass er führend dabeiwar, als es darum ging, die Ha-fenarbeiter wegen des drohen-den Verlustes ihrer Arbeitsplätzedurch die Brüsseler Hafenrichtlinie(Port Package) zu mobilisieren. So-wohl bei der Großdemonstrationder europäischen Hafenarbeiter inRotterdam als auch in Straßburgwar er dabei.

Von Jörgs plötzlichem Todsind wir alle betroffen. Wirverlieren mit ihm einen liebenKollegen und überzeugten Mitstreiter imKampf gegen die negativen Auswirkungen derGlobalisierung.

Wir trauern mit seiner Familie und seinenFreunden und mit allen ehren- und hauptamt-lichen Weggefährten.

Jörg wir vermissen dich.

ver.di report | NACHRUF

SCHIFFFAHRT | 3/2006 19

Am 1. September 2006 ist unser Kollege JörgStange im Alter von nur 59 Jahren plötzlich undunerwartet verstorben. Nach seiner Ausbildungzum Maschinenschlosser und der Weiterbil-dung zum Energieanlagenelektroniker ar-beitete Jörg als Hafenarbeiter in Hamburg.1998 wurde er zum Vorsitzenden des Konzernbe-triebsrates der BUSS-Gruppe gewählt.

Jörg Stange ist tot

Bild links: Jörg Stange

bei einem Bordbesuch

im Hamburger Hafen

Bild rechts: Einer der

vielen Trauerkränze

auf der Beerdigung in

Hamburg-Rahlstedt

Foto

: Die

ter

Ben

ze

Foto

: Sab

ine

Vie

lmo

Foto

: Sab

ine

Vie

lmo

Page 20: SCHI AHRT fff Fachbereich+file++538f32bbaa698e68a9000751/download/2006...Fachbereich Verkehr 3/2006 E 11130 SCHI AHRTder reportfff Sport an Bord Titelgeschichte auf den Seiten 10 bis

ver.di report | GLOSSE

Postvertriebsstück • DPAG • Entgelt bezahlt • E 11130 FAbsender ver.di · Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft e.V.

Empfänger:

Heute war er aber gut gelaunt,sein Freund Fiete hatte sich zumKrankenbesuch angesagt. Da

gab es bestimmt Neuigkeiten undTratsch zu hören.

Er hatte seine Gedanken noch nichtsortiert, da hörte er schon die Haustür-klingel und Fietes tiefen Bass: „Na,Sylvia, wo liegt denn das krankeHuhn?“

Im nächsten Moment stand erauch schon im Krankenzimmer. „Glück auf, Hannes. Wie geht es dir?“Hannes guckte erstaunt. „Seit wanngrüßt du denn mit Glück auf, früherhast du immer Moin gesagt?“ „ Dassagt man jetzt so, weil du doch auchbei der KBS bist.“ „Nee“, erwidertHannes entrüstet, „ich bin immernoch bei der See-Krankenkasse.“ „Al-so doch irgendwie auch bei bei derKBS“, stellt Fiete fest und grinst sicheins.

„Was heißt denn KBS?“, fragt Han-nes. „Knappschaft, Bahn, See“,kommt es prompt zurück.“ Und dieKnappen grüßen nun mal mit Glückauf und nicht mit Moin.“

„Ich versteh nur noch Bahnhof“,meint Hannes. „Das ist schon mal einguter Anfang, die Bahn ist ja auch da-bei. Aber wie die grüßen das weiß ichjetzt auch nicht“, entgegnet Fiete.

„Nun hör mal auf mit den Mist undmach mich schlau“, fordert Hannes.

„Also, die alte See-Sozialversiche-rung haben sie mit der Knappschafts-versicherung und der Bahnversiche-rung zusammengepackt, zunächst mal

Fiete Festmacher

Glück auf!

richtig in der Rentenversicherung. Dashat die Politik so entschieden. Irgend-welche Leute sind der Meinung, wennman aus vielen Versicherungen einigewenige macht, dann spart das Geldund senkt die Kosten“, doziert Fiete,„und deshalb bist du jetzt bei der KBS.Und weil viel mehr Knappen als Seeleu-te versichert sind, sind die vorn und wirhinten.“

„Hoffentlich fallen wir dabei nichthinten runter“, antwortet Hannes einwenig besorgt. „Und warum muss mandas zusammenpacken und groß ma-chen? Bei anderen großen Einrichtun-gen sagen sie im Fernsehen immer‚Mammutbehörde’, die nur Geld schluckt. Ich war immer zufrieden mitmeiner Kasse, und der Beitrag war im-mer niedriger als bei den anderen. Aberdenn muss es ja jetzt Beitragssenkungengeben, wenn das die Kosten senkt.“

„Nee, min Jung, diesmal hast dudich verkalkuliert. Erst mal sind die Bei-träge rauf gegangen. Hast du deineLohnabrechnung noch nicht studiert?Und eh du jetzt weiter fragst, warum,weshalb, wieso: Das hat was mit derGesundheitsreform zu tun. Und das istwieder ein anderes Thema. Aber davonist schon so viel bekannt, dass man dieKrankenversicherungen wohl auch zu-sammenpacken will und dann geht esrichtig ans Eingemachte.

Soviel Lohnerhöhung kannst du garnicht fordern, wie das ‘nen Loch in dei-nen Geldbeutel reißt.“

Es wurde noch ein sehr langerKrankenbesuch. Als Fiete endlichging, machte er sich Gedanken, obdas Thema gesundheitsfördernd ge-wesen war. ❏

Fietes Kumpel aus der Festmachergang ist schon übersechs Wochen krank geschrieben. Im Winter hatte er sich stark erkältet , aber immer weiter gearbeitet.Irgendwann ging es nicht mehr. Hannes ging zum Arzt und bekam außer Vorwürfen die Diagnose „Ver-schleppte Lungenentzündung“. Jetzt lag er also erstmal flach und hatte Zeit zum Nachdenken. Warum warer eigentlich nicht früher zum Arzt gegangen, wemhat es eigentlich genützt sich zur Arbeit zu schleppenusw.

20 3/2006 | SCHIFFFAHRT