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09.10.2014 Wundbezogene Schmerztherapie Kopierrechte: Benrath, Klinik für Anästhesie, Mannheim 1 Erfolgreiche Schmerztherapie bei der Wundversorgung Justus Benrath Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin - Schmerzzentrum - Universitätsmedizin Mannheim Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg Theodor-Kutzer-Ufer 1-3 D-68167 Mannheim Schmerztherapie bei der Wundversorgung Wundbezogene Schmerztherapie Schmerzmessung und Schmerzarten WHO-Stufenschema Einzelsubstanzen Schmerztherapie zum Verbandswechel Schmerztherapie bei der Wundversorgung Vier Fragen zur Schmerzanamnese 1. Wo tut es weh? 2. Seit wann tut es weh? 3. Wann tut es wie stark weh? in Ruhe (Spontanschmerzen?) bei Belastung/Bewegung/Pflegerischen Maßnahmen/Tagesrhythmik? Schmerzauslöser beeinflussbar? 4. Wie ist der Schmerz charakterisiert? brennend, einschießend? ziehend, stechend? Schmerztherapie bei der Wundversorgung Schmerzmessung Visuelle Analogskala (VAS) Leichte Dokumentation in der Patientenkurve Schmerztherapie bei der Wundversorgung Schmerzmessung Numerische Rating Skala (NRS) „Wie stark tut‘s denn weh? Null bedeutet kein Schmerz; zehn bedeutet allerstärkster Schmerz“ Handlungsbedarf bei NRS, VAS > 3 Interindividuell schlecht vergleichbar Individuell gut vergleichbar Schmerztherapie bei der Wundversorgung VAS 10

Schmerzmessung und Schmerzarten Erfolgreiche

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Page 1: Schmerzmessung und Schmerzarten Erfolgreiche

09.10.2014

Wundbezogene Schmerztherapie Kopierrechte: Benrath, Klinik für Anästhesie, Mannheim 1

Erfolgreiche Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Justus BenrathKlinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin- Schmerzzentrum -Universitätsmedizin MannheimMedizinische Fakultät der Universität HeidelbergTheodor-Kutzer-Ufer 1-3D-68167 Mannheim

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Wundbezogene Schmerztherapie

� Schmerzmessung und Schmerzarten

� WHO-Stufenschema

� Einzelsubstanzen

� Schmerztherapie zum Verbandswechel

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Vier Fragen zur Schmerzanamnese

1. Wo tut es weh?

2. Seit wann tut es weh?

3. Wann tut es wie stark weh?

� in Ruhe (Spontanschmerzen?)� bei Belastung/Bewegung/Pflegerischen Maßnahmen/Tagesrhythmik?� Schmerzauslöser beeinflussbar?

4. Wie ist der Schmerz charakterisiert?

� brennend, einschießend?� ziehend, stechend?

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Schmerzmessung

Visuelle Analogskala (VAS)

Leichte Dokumentation

in der Patientenkurve

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Schmerzmessung

Numerische Rating Skala (NRS)� „Wie stark tut‘s denn weh?

Null bedeutet kein Schmerz; zehn bedeutet allerstärkster Schmerz“

� Handlungsbedarf bei NRS, VAS > 3

� Interindividuell schlecht vergleichbar� Individuell gut vergleichbar

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

VAS 10

Page 2: Schmerzmessung und Schmerzarten Erfolgreiche

09.10.2014

Wundbezogene Schmerztherapie Kopierrechte: Benrath, Klinik für Anästhesie, Mannheim 2

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

VAS 10

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Schmerzmessung bei dementen Patienten

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Nozizeptiver Schmerz

vorübergehender Schmerz als Reaktion auf schädigenden Stimulus

Woolf, C. J. Ann Intern Med 2004;140:441-451

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Entzündungsschmerz

spontaner Schmerz und Schmerzüberempfindlichkeit als Antwort auf Gewebsschädigung und Entzündung

Woolf, C. J. Ann Intern Med 2004;140:441-451

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Neuropathischer Schmerz

spontaner Schmerz und Schmerzüberempfindlichkeit alsdirekte Folge einer Läsion oder einer Erkrankung des somatosensorischen Systems

Woolf, C. J. Ann Intern Med 2004;140:441-451

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

WHO-Stufenschema

Stufe I

Nicht-Opioidanalgetika

Metamizol, Paracetamol

Ibuprofen, Diclofenac

Stufe II

Schwache-Opioidanalgetika

Tramadol, Tilidin/Naloxon

+ Stufe I

Stufe III

Starke Opioidanalgetika

Morphin, Oxycodon, Fentanyl

Hydromorphon, Buprenophin

+ Stufe I

Nervenblockaden, pharmakologische Denervierung, Opioidrotation

Behandlung opioidbedingter Nebenwirkungen

Koanalgetika; Chemotherapie, Strahlentherapie, ggf. Operation

Zuwendung, psychologische Unterstützung; physikalische Therapie

Stufe I

Nicht-Opioidanalgetika

Metamizol, Paracetamol

Ibuprofen, Diclofenac

Stufe II

Schwache-Opioidanalgetika

Tramadol, Tilidin/Naloxon

+ Stufe I

Stufe III

Starke Opioidanalgetika

Morphin, Oxycodon, Fentanyl

Hydromorphon, Buprenophin

+ Stufe I

Nervenblockaden, pharmakologische Denervierung, Opioidrotation

Behandlung opioidbedingter Nebenwirkungen

Koanalgetika; Chemotherapie, Strahlentherapie, ggf. Operation

Zuwendung, psychologische Unterstützung; physikalische Therapie

Page 3: Schmerzmessung und Schmerzarten Erfolgreiche

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Wundbezogene Schmerztherapie Kopierrechte: Benrath, Klinik für Anästhesie, Mannheim 3

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Einzelsubstanzen

� Koanalgetika

� Nichtopioid-Analgetika� NSAR

• Salizylate (ASS)• Propionsäuren (Ibuprofen)• Essigsäuren (Dicofenac)• Coxibe (Etoricoxib)

� Aniline (Paracetamol)� Pyrazolone (Metamizol)� Zentral wirksame Muskelrelaxantien

� Opioid-Analgetika

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Koanalgetika und Kotherapeutika

Koanalgetika� Antikonvulsiva� Trizyklische Antidepressiva� Serotonin-Noradrenalin-

Wiederaufnahme-Hemmer� Kortikosteroide� Bisphosphonate� Kalzitonin� (zentral wirksame)

Muskelrelaxantien� Spasmolytika� Dronabinol

� Ketamin

Kotherapeutika� Laxantien� Antiemetika

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Zusammenfassung Nicht-Opioide

� Alle Nicht-Opioide haben Risiken und Nebenwirkungen

� Anwendungsdauer so kurz wie möglich halten

� Besondere Vorsicht ist geboten bei Patienten mit Risikofaktoren für kardiovaskuläre Ereignisse (Kurpfälzer Trias)

� Coxibe senken das gastrointestinale Risiko

� Paracetamol und Metamizol haben wenige Nebenwirkungen

� Paracetamol und Metamizol haben wenig/keinen antiphlogistischen Effekt

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Oxford league table of analgesic efficacy 2007

Analgetikum NNT

Etoricoxib 120 1.6

Ibuprofen 600/800 1.8

Diclofenac 100 1.8

Celecoxib 400 2.1

Oxycodone 5 IR/Paracetamol 500 2.2

Oxycodone 15 IR 2.3

Ibuprofen 200 2.7

Tramadol 150 2.9

Paracetamol 500 3.5

Tramal 100 4.8

Tramal 50 8.3

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Opioid-Analgetika

Niedrig potente Opioide� Tramadol (Tramal®)� Tilidin/Naloxon (Valoron N®)

Hoch potente Opioide

� Morphin� Piritramid (Dipidolor®)� Hydromorphon (Palladon®, Jurnista®)

� Oxycodon (Oxygesic®, Targin®)� Buprenorphin (Temgesic®, Transtec®, Norspan®)

� Fentanyl (Durogesic®, Abstral®, Effentora®, Instanyl®, PecFent®)� Tapentadol (Palexia®)

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Niedrig potente Opioide

Tramadol (Tramal®)

Einzeldosierung Erwachsene: 50-100 mg (20-40 Trp)Tagesdosierung Erwachsene: bis 600 mgWirkdauer 2-4-8-12 h, Bioverfügbarkeit 70%

Nebenwirkung: Übelkeit, Erbrechen, Sedierung, Schwitzen, Kopfschmerzen

Anmerkung: geringe spasmogene Wirkung, keine Atemdepression

Page 4: Schmerzmessung und Schmerzarten Erfolgreiche

09.10.2014

Wundbezogene Schmerztherapie Kopierrechte: Benrath, Klinik für Anästhesie, Mannheim 4

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Niedrig potente Opioide

Tilidin/Naloxon (Valoron N ®)

Einzeldosierung Erwachsene: 50-100 mgTagesdosierung Erwachsene: bis 600 mgWirkdauer 2-4-8-12 h, Bioverfügbarkeit 90%

Nebenwirkung: keine

Anmerkung: Umwandlung zu Nortilidin in der Leber, hohes Suchtpotential!

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Hydromorphon

� osmotisch aktives System 24 h retardiert (Jurnista® 4, 8, 16, 32, 64 mg)

� Hydromorphon 12 h retardiert (Palladon® 4, 8, 16, 24 mg) und kurz wirksam (Palladon® 1,3 und 2,6 mg)

� Intravenös: große Ampullen mit hoher Dosierung(2 mg/1 ml10 mg/1 ml100 mg/10 ml)

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Hydromorphon

Hydromorphon ist Substanz der Wahl zur Therapie von nozizeptiven Schmerzen:� niedrige Plasmaeiweißbindung� keine therapeutisch aktiven Metabolite, daher� keine Kumulation bei Niereninsuffizienz� hohe analgetische Potenz reduziert Toleranzentwicklung� Abbau unabhängig von CYP 450

Neuer Goldstandard bei nozizeptivem Schmerz!

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Oxycodon

zur Schmerztherapie bei neuropathischem Schmerz� retardiert

� Oxygesic® 5, 10, 20, 40, 80 mg

� und kurz wirksam � Oxygesic akut® 5, 10, 20 mg

� Oxygesic dispersa® 5, 10, 20 mg

� intravenös zur postoperativen Schmerztherapie

� Oxygesic injekt ® 10 mg/ml

� in Kombination mit Naloxon als Targin® 5 mg, 10 mg, 20 mg und 40 mg

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Oxycodon und Naloxon (Targin®)

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Oxycodon und Naloxon (Targin®)

Page 5: Schmerzmessung und Schmerzarten Erfolgreiche

09.10.2014

Wundbezogene Schmerztherapie Kopierrechte: Benrath, Klinik für Anästhesie, Mannheim 5

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Spinale Wirkung von Tapentatol

+MOR

X

α2-R

NA

Dezendierende Bahnenvom Gehirn

+SP

Glut

Aszendierende Bahnenzu Gehirn

Schmerz-Signal

---

MOR

Tapentadol

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Wirkeintritt und Wirkdauer von Opioiden

KURZ WIRKSAM ( Short Acting Opioids, SAO)Wirkeintritt nach 20- 30 min, Wirkung 3-4 h• Morphin s.c., Morphin p.o. (Oramorph®, Sevredol®)• Hydromorphon s.c., p.o. (Palladon® 1,3mg/2,6 mg) • Buprenorphin sublingual (Temgesic®)

SCHNELL WIRKSAM ( Rapid Onset Opioids, ROO)Wirkeintritt nach (5-) 10 min, Wirkung 1-2 h• Fentanyl nasal (Instanyl® PecFent®)• Fentanyl Buccaltabletten (Effentora®)• Fentanyl sublingual (Abstral®)• OTFC (ACTIQ®)• Morphin i.v.

LANG WIRKSAM ( Long Acting Opioids, LAO)Wirkeintritt nach Stunden, Wirkung 8-12 h• Morphin retard p.o. • Hydromorphon p.o. (Palladon® retard, Jurnista®) • Fentanyl transdermal (Durogesic® SMAT)• Oxycodon p.o. (Oxygesic®, Targin®)

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Dauerschmerz und Durchbruchschmerz

Nauck F et al. Z. Palliativmed 9 (2008) 219

Schmerztherapie bei der Wundversorgung 28

Zeit nach Fentanylapplikation (Minuten)

% C

max

100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

015 300 60 7545 105 12090

* Fisher, Int J Clin Pharm Ther 2010; 48: 138-145.†Christrup, Clin Ther 2008; 30: 469–481.‡Darwish, Clin Pharmacokin 2006; 45 (8); 843-50.** Lennernas, Br J Clin Pharmacol; 2004; 59 (2); 249 -53.§ Zeppetella et al. J Pain Symptom Manage 2000; 20(2): 87-92., Portenoy et al. J Opioid Manag 2010; 6(2): 97-108.

PecFent, 100mcg*

Actiq, 200 mcg*

Instanyl, 100 mcg †

Effentora, 400 mcg ‡

Abstral, 100 mcg**

Profile aus mehreren Studien zusammengestellt (Cmax Werte auf 100 % normiert)

Plasmaspiegel nach Fentanylapplikation

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Nicht-Opioide:� Novalgin 500 mg = 20 Trp bis 4 x/d� Perfalgan 1 g (100 ml) als KI bis 4x/d

� Voltaren dispers 50 mg als Tablette in Wasser aufgelöst

Opioide:� Palladon 1.3 mg� Oxygesic akut®, Oxygesic dispersa® 5, 10, 20 mg

� Fentanyl als Durogesic®, Abstral®, Effentora®, Instanyl®, PecFent® je 100 µg

� Palexia 50 mg FTA, Palexia Lösung 20 mg/ml

Bedarfsmedikation

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Prinzipien der wundbezogenen Schmerztherapie� Behandlung nach WHO-Stufenschema

� Basisbehandlung mit Retardpräparaten regelmäßig oral so lange die Patienten schlucken können; dann Pflaster oder subkutane Gabe erwägen

� Bedarfsmedikation zusätzlich zur täglichen Basistherapie: Einzeldosis mindestens 1/6 der Basistherapie bis 6x/dvor allem zur Wundversorgung

� Hydromorphon 2 x 4 mg retard plus� Hydromorphon bis 6 x 1.3 mg kurz wirksam (= 7.8 mg)

� Vor Verbandswechsel: Bedarfsmedikation!

� Koanalgetika sind unverzichtbar, interventionelle Möglichkeiten erwägen

Page 6: Schmerzmessung und Schmerzarten Erfolgreiche

09.10.2014

Wundbezogene Schmerztherapie Kopierrechte: Benrath, Klinik für Anästhesie, Mannheim 6

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Lumbale Sympathikusblockade

Indikationen:� pAVK� PNP� Ulcus cruris� CRPS� Postzosterneuralgie� Stumpf- und Phantomschmerzen� Neuropathische

Tumorschmerzen

Durchführung: je 3 ml Bupivacain 0.5 % oderje 3 ml Alkohol 50 %

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Lumbale Sympathikusblockade

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

CT-gezielte lumbale Sympathikusblockade

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

Vorstellung einer 73 jährigen Patientin am 2.3.12 durch die Dermatologie zur Optimierung der Schmerztherapie

•Aktuelle Problematik:• Pyoderma gangraenosum

•Vorerkrankungen:• Art. Hypertonie• Z. n. TIA• Z. n. Knie-TEP (2006)• Z. n. Nephrolithiasis• Z. n. 4x Venenstripping• Z. n. Uterus-Exstirpation

Verfahren: Lumbale Sympathikusblockade

Schmerztherapie bei der Wundversorgung

http://www.umm.de/schmerzambulanz

12.000 Patientenkontakte pro Jahr� Schmerzambulanz 2000� Konsiliardienst innerhalb des Klinikums

� Akutschmerzdienst 6000� Spezielle Schmerztherapie 4000

Schwerpunkte� Tumorschmerz� Neuropathischer Schmerz� Schmerzdiagnostik mit QST� Interventionelle Schmerztherapie (60 LSB, 35 Zoeliakus)

Schmerztherapie Universitätsklinikum Mannheim

Schmerztherapie bei der Wundversorgung