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a s u t bulletin 3/2014 Schwerpunkt «Internet Governance»

Schwerpunkt «Internet Governance» · dem Trial-and-Error-Prinzip. Und die Letzteren basieren auf dem Exklusionsprinzip: Staatlich berufene Experten erarbeiten vertrauliche Vorschläge,

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asut bulletin

3/2014

Schwerpunkt «Internet Governance»

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3/20143/20142 bulletin

INHALT

Titelbild: Internet Map (www.lumeta.com)Nicht anders bezeichnete Illustrationen:123RF Stock PhotoÜbersetzungen: CLS Communication, Basel

IMPRESSUMOrgan der asut,

Schweizerischer Verband der TelekommunikationOrgane de l’asut,

Association suisse des télécommunications

Erscheint zehnmal jährlich.

Paraît dix fois par an.

Herausgeber – Editeur Vorstand der asut – Comité de l’asut

Redaktionskommission – Commission rédactionnellePeter Grütter, Christian Grasser, Dominik MüllerRedaktionsleitung – Direction de la rédactionChristine D’Anna-Huber (cdh), Klösterlistutz 8, CH-3013 Bern Tel. 079 593 02 75, Fax 031 560 66 67E-Mail: [email protected]

Geschäftsstelle – AdministrationKlösterlistutz 8, CH-3013 Bern Tel. 031 560 66 66, Fax 031 560 66 67E-Mail: [email protected]

Weiterverwendung nur mit Bewilligung der Redaktion.Reproduction interdite sans l’autorisation de la rédaction.

EDITORIALInternet Governance – eine Chance für die Schweiz 3Gouvernance d’Internet – une chance pour la Suisse 5

NEUE MITGLIEDER 7

UNTERNEHMEN & LEUTEWertvoll durch Innovation: Helbing AG 8

INTERVIEW«Wir müssen für das Internetzeitalter einen neuen Gesellschaftsvertrag aushandeln» 10«L'ère de l'Internet nous amène à négocier un nouveau contrat social» 14

SCHWERPUNKTGenf und die Verwaltung der Zukunft 18Alles wird komplizierter 20Globale Internet Governance – wie weiter? 26Wer macht die Spielregeln im Internet? 28Warum sich die ICT-Branche über Internet Governance Gedanken machen sollte 31

COMMUNICATION INFRASTRUCTURESErhebliche Einsparungen bei der Installation 34

ASUT SEMINARICT goes mobile – Diskutieren Sie mit! 35 AGENDA 36

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EDITORIAL

Das Internet ist eine beispiellose Erfolgsstory. Noch nie in der Geschichte der Menschheit hat ein Technologiesprung so rasch die ganze Welt erfasst. Und weder die Staatengemeinschaft als Ganzes noch die Gesellschafts- und Wirtschafts-modelle der Nationalstaaten haben mit dieser Entwicklung bisher Schritt halten können.

Die aktuelle Internet Governance zeichnet sich durch einen rudimentären Organisations-grad und eine Vielzahl von Akteuren auf ver-schiedenen Ebenen aus: ECOSOC, EU, ITU, OECD, UNESCO, Nationalstaaten, eine Fülle von Nicht-regierungsorganisationen wie die CCIA, I3E, ICANN, IETF, IGF, ISO, ISOC, W3C, zahlreiche Industrie und Handelskammern usw. Am «Global Multistakeholder Meeting on the Future of Internet Governance» vom 23. und 24. April 2014 in Sao Paolo, Brasilien, soll eine Roadmap zur künftigen Entwicklung des Internets fest-gelegt werden. Solche Meetings lösen sich fast im Minut-entakt rund um den Globus ab. Es herrscht wohlwollend ausgedrückt ein kreatives Chaos, andere würden sagen ein heilloses Durcheinander. Das ist in Entdecker- bzw. Goldgräberzeiten nichts Besonderes, sondern eigentlich die Regel. Doch es ist wichtig, dass es nicht dabei bleibt.

Ungezügeltes Wachstum ist riskantDenn immer mehr vitale Infrastrukturen und Systeme hängen auf Gedeih und Verderb vom reibungslosen Funk-tionieren der Informations- und Kommunikationsnetze ab. Dabei denke ich nicht in erster Linie an den ungestör-ten Zugang zu Websites, an E-Mail, Collaboration, Chat, soziale Medien und Online-Banking bzw. Cyberrisiken im Sinne von «Achtung Datendiebstahl». Im Vordergrund stehen vielmehr Energieversorgung, Verkehr und Trans-port, Handel und Industrie, Gesundheits-, Bildungs- und Forschungswesen; alles hängt heute am Internet.

Leider kann man im Internet Stabilität und Sicherheit nicht dadurch herbeiführen, dass man dem Netz einfach ein klassisches hierarchisches Governance-Korsett ver-passt. Das Internet hat keine hierarchische Struktur und kann deshalb auch nicht hierarchisch gesteuert werden. Es besteht aus vielen verteilten, horizontal und vertikal verbundenen Netzen, wo jeder Netzknoten Verbindungen zu mehreren anderen und auf unterschiedlichen Ebenen hat. Diese Vermaschung ist komplex und dynamisch.

Sie ähnelt dem zentralen Nervensystem eines hochentwickelten Organismus.

Der Kommunikationsfluss in Organismen ist nicht top-down, sondern aufgabenteilig an-gelegt. Das Geheimnis des guten Funktionierens organischer Kommunikationsnetze sind offene Standards, robuste Schnittstellen, ineinander-greifende Abläufe und eine hohe Autonomie und Flexibilität der Teilsysteme.

An diesen Prinzipien, die in der Natur durch Jahrmillionen der Evolution herausgefiltert

wurden, sollten wir uns auch orientieren, wenn wir uns um Internet Governance bemühen. Der Multistakeholder-Ansatz, der auf einer an den jeweiligen Stärken ausgerich-teten, partnerschaftlichen Arbeits- und Aufgabenteilung von Politik und Behörden, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft beruht, kommt diesem natürlichen Or-ganisationsprinzip am nächsten.

Offenheit und Transparenz sind gefragtFür eine bedarfsgerechte und verlässliche Steuerung genügen jedenfalls weder der durch Wissenschaft und Industrie dominierte chaotische Governance-Ansatz des ersten Vierteljahrhunderts des Internets, noch die tradi-tionellen politischen Verhandlungsmuster. Die Ersteren beruhen – wie in Gründerzeiten üblich – allzu stark auf dem Trial-and-Error-Prinzip. Und die Letzteren basieren auf dem Exklusionsprinzip: Staatlich berufene Experten erarbeiten vertrauliche Vorschläge, Lösungen und Kom-promisse, über die dann in ebenfalls geschlossenen Zirkeln befunden wird.

Demgegenüber basieren erfolgreiche Multistakeholder-Modelle auf dem Inklusionsprinzip:

• auf Offenheit und Transparenz nach innen und aussen,

• auf Meinungs- und Interessenvielfalt,• auf dem proaktiven Miteinbezug aller Beteiligten und

einem strukturierten Dialog zwischen ihnen.

Das tönt komplex, basiert jedoch auf einem einfa-chen Muster: Es geht um ein dynamisches, breites und systematisches Zusammenwirken zum guten Gelingen des Ganzen. Die Arbeitsteilung unter den massgeblichen Stakeholdern könnte vereinfacht etwa aussehen wie auf folgender Seite dargestellt.

Peter Grütter.

Internet Governance – eine Chance für die Schweiz

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Kann die Schweiz ihre Chance packen?Welche Rolle könnte die Schweiz im Rahmen eines solchen Governance-Modells übernehmen? Um sich als Standort für Internet-Governance-Fragen zu etablieren und das Multistakeholder-Modell mitgestalten und umsetzen zu helfen, hält unser Land eine ganze Reihe von Trümpfen in der Hand: Die Schweiz selber ist ein partizipatives Multistakeholder-Modell mit erprobter und erfolgreicher Aufgabenteilung zwischen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Föderalismus und hohe Autonomie der Teilsysteme sind Teil unserer nationalen DNA. Wir sind keine Grossmacht und wollen auch keine werden. Als neutraler Kleinstaat haben wir uns über viele Jahr-zehnte einen guten Ruf als «Honest Broker» erworben. Wir haben technologisch fortschrittliche Infrastrukturen und eine ausgewiesene Nähe zur Wissenschaft (u.a. mit ETH, EPFL und CERN). Genf ist Standort renommier-ter internationaler Organisationen und auch die privaten Internetinstitutionen sind sehr gut vertreten.

Auf diesem fruchtbaren Boden hat das EDA, unter-stützt von Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wis-senschaft, die «Geneva Internet Platform» konzipiert,

die am 8. April 2014 in Genf formell lanciert worden ist (siehe Bericht Seite 18). Sie ist als Forum angedacht, wo sich die Akteure aus Politik und Diplomatie, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zum Thema Internet Governance strukturiert einbringen und austauschen kön-nen, wo Prozesse und Standards erarbeitet und diskutiert und wo evidenzbasierte Politik betrieben werden kann.

Die Schweiz und Genf versuchen damit ihre Chance zu packen und sich neben der anerkannten Stellung als bedeutender Standort internationaler Organisationen im humanitären und friedensfördernden Bereich auch als Magnet und Hub für einen neuen Gesellschafts- und Politikbereich des 21. Jahrhunderts zu positionieren: der Governance des zentralen Nervensystems der Menschheit, des Internets. o

Peter Grütter, asut-Präsident

EDITORIAL

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Internet est une success story sans précédent. Jamais encore, dans l’histoire de l’humanité, une avancée technologique ne s’est répandue aussi rapidement à travers le monde. Et ni la communauté internationale, ni les modèles sociaux et économiques des Etats n’ont pu tenir le rythme de cette évolution.

La gouvernance d’Internet actuelle se dis-tingue par un degré d’organisation rudimentaire et une multitude d’acteurs à différents niveaux: ECOSOC, UE, UIT, OCDE, UNESCO, Etats, une foule d’organisations non gouvernementales telles que CCIA, I3E, ICANN, IETF, IGF, ISO, ISOC, W3C, de nombreuses chambres de commerce et d’industrie, etc. Une feuille de route de la future évolution d’Internet doit être élaborée lors du «Global Multistakeholder Meeting on the Future of Internet Governance» organisé les 23 et 24 avril 2014 à Sao Paolo (Brésil). De telles rencontres se succèdent presque à la minute dans le monde entier, et il règne – pour parler dans le respect des convenances – un chaos créatif que d’aucuns qualifient plus volontiers d’«énorme confusion». Or si une telle situation constituait la règle au temps des explorateurs ou de la ruée vers l’or, elle ne saurait perdurer aujourd’hui.

Une croissance incontrôlée constitue un risqueCar un nombre croissant d’infrastructures et de systèmes vitaux dépendent – pour le meilleur et pour le pire – du bon fonctionnement des réseaux d’information et de communication. En l’occurrence, je ne pense pas en pre-mier lieu à l’accès sans perturbations aux sites web, à la messagerie électronique, à toute forme de collaboration, aux forums de discussion, aux réseaux sociaux ou à aux plateformes d’e-banking, ni aux cyber-risques au sens de «Attention, vol de données». Je songe avant tout à l’approvisionnement en énergie, au trafic et aux transports, au commerce et à l’industrie, aux domaines de la santé, de la formation et de la recherche, autant de secteurs qui dépendent aujourd’hui d’Internet.

Mais Internet n’offre malheureusement pas une stabi-lité et une sécurité permettant de soumettre le réseau aux contraintes d’une gouvernance hiérarchique classique. Dé-nué de toute structure hiérarchique, Internet ne peut pas être piloté hiérarchiquement. Il se compose de nombreux réseaux partagés et reliés horizontalement et verticalement,

Peter Grütter.

Gouvernance d’Internet – une chance pour la Suisse

EDITORIAL

où chaque nœud multiplie les connexions à différents niveaux. Ce maillage complexe est en outre dynamique. Il ressemble au système ner-veux central d’un organisme ultraperfectionné.

Dans les organismes, le flux de communi-cation n’adopte pas une approche descendante, mais suit la répartition des tâches. Le secret du bon fonctionnement de réseaux de commu-nication organiques repose sur des standards ouverts, des interfaces solides, des processus

interconnectés et une grande autonomie et flexibilité des sous-systèmes.

Tels sont les principes, issus d’une évolution naturelle de plusieurs millions d’années, sur lesquels nous devrions nous appuyer lorsque nous abordons la question de la gouvernance d’Internet. L’approche multilatérale, fondée sur une répartition des tâches et du travail des milieux politiques, des autorités, de l’économie, de la science et de la société civile, fondée sur le partenariat et orientée en fonction des différentes forces, se rapproche le plus de ce principe d’organisation naturel.

Besoin d’ouverture et de transparenceToutefois, pour un pilotage fiable et en phase avec les besoins, ni l’approche de gouvernance chaotique du pre-mier quart de siècle d’Internet, dominée par la science et l’industrie, ni le schéma de négociation politique traditi-onnel ne suffisent. La première approche citée repose trop largement – comme c’est souvent le cas dans les périodes de fondation – sur le principe de l’essai et de l’erreur («trial-and-error»). Quant au schéma de négociation politique, il obéit au principe de l’exclusion: des experts désignés par l’Etat élaborent des propositions, solutions et compromis confidentiels, sur la base desquels des décisions sont ensuite prises, également au sein de cercles fermés.

A l’inverse, les modèles à parties prenantes multiples s’appuient sur le principe d’inclusion:

• sur l’ouverture et la transparence vers l’intérieur et l’extérieur,

• sur la diversité des opinions et des intérêts,• sur l’implication proactive de toutes les personnes

concernées et sur un dialogue structuré entre elles.

Ce qui paraît complexe s’inspire en fait d’un modèle simple: une interaction dynamique, large et systématique,

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garante de la réussite globale. La répartition des tâches entre les principales parties prenantes pourrait être représentée de manière simplifiée comme en bas de page.

La Suisse peut-elle saisir sa chance?Quel rôle la Suisse pourrait-elle assumer dans le cadre d’un tel modèle de gouvernance? Notre pays a en mains une foule d’atouts lui permettant de se profiler comme un site intéressant pour les questions liées à la gouvernance d’Internet et d’aider à la mise en œuvre du modèle à parties prenantes multiples: la Suisse elle-même est un modèle multipartite participatif, dont la répartition des tâches entre l’Etat, l’économie et la société est éprouvée et efficace. Fédéralisme et autono-mie élevée des sous-systèmes font partie intégrante de notre ADN national. Nous ne sommes pas une grande puissance et ne souhaitons pas le devenir. En tant que petit Etat neutre, nous avons acquis sur plusieurs dé-cennies une solide réputation de «honest broker». Sur le plan technologique, nous disposons d’infrastructures progressistes et entretenons une relation de proximité avec la science (notamment avec l’EPFZ, l’EPFL et le CERN). Genève est le siège de nombreuses orga-

nisations internationales renommées et abrite aussi différents organismes privés liés à Internet.

Sur ce terrain fertile, le DFAE, soutenu par des représentants des milieux politiques, économiques et scientifiques, a créé la «Geneva Internet Platform», lan-cée officiellement le 8 2014 avril à Genève (voir article en page 18). Il s’agit d’un forum sur lequel les acteurs de la politique et de la diplomatie, de l’économie, des milieux scientifiques et de la société civile peuvent intervenir et échanger leurs idées de manière structurée à propos de la gouvernance d’Internet, où des proces-sus et des normes sont élaborés et discutés et où une politique basée sur des faits peut être mise en œuvre.

La Suisse et Genève s’emploient ainsi à saisir leur chance et à se profiler, outre leur statut reconnu de sites importants pour les organisations internationales dans le domaine humanitaire et la promotion de la paix, comme un pôle d’attraction et un hub pour un nouveau secteur socio-politique du XXIe siècle: la gou-vernance du système nerveux central de l’humanité, d’Internet. o

Peter Grütter, président de l’asut

EDITORIAL

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NEUE MITGLIEDER

EDICO Engineering AGDorfstrasse 33Postfach 114303 KaiseraugstTel. 061 816 80 00Fax 061 816 80 [email protected]

Am Anfang jeden Projekts steht die Beziehung. Die Bezie-hung zu Ihnen als Kunde, als Mensch. Als unabhängiges Ingenieurbüro beraten und unterstützen wir Sie bei der Pla-nung Ihrer Projekte in der Gebäudeelektronik. Ob Banken und Versicherungen, öffentliche Verwaltungen, Spitalbauten oder Datacenter – auf uns und unser langjähriges Fachwis-sen können Sie sich verlassen. Wir planen und begleiten Ihr Projekt vom Erstgespräch bis zur Abnahme.

arcade solutions AG arcade solutions AGWinkelriedstrasse 376003 LuzernTel. 041 417 31 73www.arcade.ch

Luzerns ICT-Marktführer – arcade ist der inhabergeführte und in Luzern verankerte regionale Marktführer für Cloud, Connectivity und ICT. Wir entwickeln und betreiben in-telligente Lösungen für KMU, Grosskunden und Energie-versorger. In Luzern verfügen wir über zwei eigene lokale Datacenter und bieten – als strategischer Allianzpartner von ewl energie wasser luzern – Zugang zu Luzerns modernster Netzinfrastruktur.

EDICO Engineering AG

Genuel AGGeneralplanung, Gebäudetechnik & Data CenterFriedentalstrasse 436004 LuzernTel. 041 429 11 50Fax 041 429 11 [email protected]

Die Genuel AG erbringt sämtliche Leistungen als General-planer, Generalunternehmer oder Totalunternehmer. Insbe-sondere die integrale Planung, Erstellung und Lieferung von Gesamtanlagen und Systemen im Bereich der komplexen Gebäudetechnik (HLKSE, MSRL/GA, ICT, Sicherheit) wie z.B. Rechenzentren bzw. Data Center.

Genuel AG

Coriant GmbH & Co. KgSt. Martinstrasse 76D-81541 MünchenTel. +49 89 5159 38820www.coriant.com

Coriant ist ein führender Hersteller von dynamischen Lö-sungen für optische Transportnetze mit weltweit 500 Kun-den. Das Portfolio ermöglicht Betreibern, die Komplexität ihrer Netze zu reduzieren und die Nutzung zu verbessern, sowie die Bereitstellung von Diensten zu beschleunigen. Co-riant operiert in über 48 Ländern mit Entwicklungsstand-orten in Asien, Deutschland, Portugal und den USA, sowie einem Produktionsstandort in Berlin.

Coriant GmbH & Co. KG

Migros-Genossenschafts-Bund Heinrichstrasse 216Postfach 8031 ZürichTel. 044 277 35 77 www.migros.ch

Die Migros-Gruppe ist mit einem Umsatz von 26,7 Mrd. Franken (2013) und über 87 000 Mitarbeitenden das gröss-te Detailhandelsunternehmen der Schweiz. Eigentümer der Migros sind über zwei Millionen Genossenschafter, welche in zehn regionalen Genossenschaften organisiert sind. Diese betreiben das Kerngeschäft der Migros, den Detailhandel. Zur Gruppe gehören zudem 17 Industriebetriebe, diverse Handels- und Reiseunternehmen sowie die Migros Bank.

Migros-Genossenschafts- Bund

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UNTERNEHMEN & LEUTE

Wertvoll durch Innovation

Die Helbling Unternehmensgruppe differenziert sich am Markt über ein einzigartig breites Spektrum an Kompetenzen in Engineering und Business Con-sulting und nutzt dieses, um die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit ihrer Kunden zu stärken. Die unabhängige Gruppe ist im Besitz von 28 geschäfts-führenden Partnern und beschäftigt an eigenen Standorten in der Schweiz, Deutschland, den USA und China über 480 Mitarbeitende.

Für viele Unternehmen in westlichen Industri-eländern wie der Schweiz und Deutschland ist In-novation zum entscheidenden Erfolgsfaktor gewor-den. Nur wenn es ihnen gelingt, immer wieder neue und bessere Produkte auf den Markt zu bringen und gleichzeitig die Effizienz ihrer Prozesse laufend zu er-höhen, werden sie langfristig bestehen. Dabei zeigt sich, dass innovative Lösungen nur in Ausnahmefäl-len die Erzeugnisse einzelner kreativer Köpfe sind. In der Regel ist an bedeutenden Innovationen immer eine Vielzahl von eng miteinander kooperierenden Experten beteiligt. So ist heute denn auch über-all von «Collaborative Design» und «Collaborative Business» die Rede. Wir bei Helbling pflegen diese Ansätze seit Jahren und haben die Fähigkeit, inter-disziplinäre Teams effizient zusammenzubringen und wirksam einzusetzen, zu einer Schlüsselkompe-tenz ausgebildet. Sie prägt die Arbeitsweise unserer vier Unternehmensbereiche, so verschieden deren Dienstleistungen auch sind. Sie reichen von Inno-vation und Produktentwicklung über Strategie, Re-strukturierung und Mergers & Acquisitons bis zu IT, Immobilien, Energie und Infrastruktur.

Breite KundenbasisUnsere Kunden stammen aus den unterschiedlichs-ten Branchen und umfassen sowohl Divisionen mul-tinationaler Konzerne wie auch mittelständische Fir-men und Start-ups. Wir unterstützen Unternehmen

bei ihren Innovationsvorhaben genauso wie bei der schrittweisen Erschliessung des Weltmarktes. Andere Kunden beauftragen uns damit, ihren Innovations-prozess zu beschleunigen, die Herstellkosten für neue Produkte signifikant zu senken oder die Effizienz der Prozesse zu erhöhen. Für Unternehmen in finanziel-len Schwierigkeiten führen wir überlebenssichernde Restrukturierungen durch und entwickeln parallel dazu tragfähige Strategien, die wir gemeinsam mit ihnen rasch umsetzen. Wieder andere Firmen beglei-ten wir bei der Durchführung komplexer und nicht selten grenzüberschreitender M&A-Transaktionen, sei es auf Käufer- oder Verkäuferseite. Schliesslich unterstützen wir öffentliche wie private Bauherren bei grossen Bau- oder Infrastrukturprojekten, stets mit dem Ziel, die Effizienz und damit die Profitabi-lität zu steigern.

Trend zum OutsourcingEine der wichtigsten Entwicklungen, an denen wir unser Geschäft ausrichten, ist der Trend zum Out-sourcing von Unternehmensfunktionen. Der Haupt-grund dafür liegt auf der Hand: Kein Unternehmen ist heute mehr in der Lage, sämtliche Kompetenzen auf Topniveau intern aufzubauen und verfügbar zu halten, um alle Herausforderungen zu bewältigen. Aus diesem Grund bilden Unternehmen vermehrt Projektteams aus den weltweit besten Spezialisten. Dadurch verschaffen sie sich den Zugang zu Know-how und potenzieren ihre Kreativität. Gleichzeitig gewinnen sie an Flexibilität bei den Fixkosten.

Helbling TechnikZu den wissensintensivsten Unternehmensfunktion gehört die Forschung & Entwicklung. Entsprechend weit fortgeschritten ist deshalb der Trend zur Aus-lagerung von F&E-Aufgaben. So positioniert sich unser Unternehmensbereich Helbling Technik als unabhängiger Entwicklungspartner (Independent

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UNTERNEHMEN & LEUTE

Helbing auf einen Blick

Die 1963 gegründete Helbling Unternehmensgruppe ist im Besitz ihrer 28 Partner. Das international tätige Engineering- und Beratungsunternehmen Helbling beschäftigt über 480 Professionals in vier Unternehmensbereichen mit Fokus auf: Innovation/Produktentwicklung, Management Consulting, Mergers & Acquisitions, Turnaround und Financial Perfor-mance Management sowie Informatik, Immobilien, Energie und Infrastruktur.

R&D Contractor), der mit Kopf, Herz und Tatkraft für seine Kunden Innovationslösungen entwickelt, die ihnen einen Wettbewerbsvorsprung verschaffen. Die Kundenbeziehungen sind dabei geprägt von gegenseitigem Vertrauen und langfristiger, partner-schaftlicher Zusammenarbeit. Ihre fortlaufende Ver-tiefung zählt zu den wichtigsten strategischen Zielen von Helbling Technik. Der Unternehmensbereich verfügt über eigene Innovationszentren in Aarau, Bern, Wil SG und Zürich sowie in Cambridge MA, München und Shanghai. Sie erarbeiten Lösungen für Unternehmen aus vielen unterschiedlichen und mit-unter hochspezialisierten Branchen. Dazu gehören Clean Tech, Energie und Smart Infrastructure, ICT, Transportation, Automatisierung und Maschinen so-wie Medizintechnik, Diagnostik und Laborsysteme und Haus- und Bürogeräte.

Creativecenter. Foto:Helbing

InnovationsnetzwerkeÜber 300 erfahrenen Ingenieure und Informatiker von Helbling Technik sind eingebunden in einge-spielte und interdisziplinäre Teams, die sich auf leis-tungsfähige Infrastrukturen und moderne Labors stützen können. Zahlreiche ISO-Zertifizierungen be-stätigen die Qualität der Entwicklungsabläufe. Dar-über hinaus eröffnet Helbling Technik ihren Kunden auch den Zugang zu ihrem vitalen Innovationsnetz-werk, das sich aus Universitäten und Hochschulen, Industrial Designern, Prototyping-Spezialisten und Produktionspartnern zusammensetzt. So kommen die Kunden von Helbling Technik in die Lage, ihre Produkte nicht nur schneller und zu tieferen Kosten zu entwickeln, sondern vor allem auch mit einem hö-heren Innovations- und Qualitätsgrad. o

Helbling Holding AGHohlstrasse 614Postfach8048 ZürichTel. 044 438 17 11Fax 044 438 17 [email protected]

Weitere Informationen

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Weshalb ist Internet Governance überhaupt nötig? Ist das Internet nicht dieses einmalige, umfassende, konsensbasierte und kooperative System, ein freier Raum, der allen offen steht? Selbst ein sehr offenes System braucht ein ge-wisses Mass an Verwaltung. Die Art und Weise wie das Internet bisher verwaltet wurde, darf als grosser Erfolg gelten: In ihren Anfängen hat die Internet Governance massgeblich zum Wachs-tum des Internets beigetragen. Aber wenn das Internet weiterhin wachsen und ein offener, lebendiger und allen zugänglicher Raum für menschliche Kreativität bleiben soll, dann muss sie sich der Entwicklung anpassen und sich ver-ändern: Internet, mit seinen drei Milliarden Nutzern weltweit, ist längst zu einer kritischen Infrastruktur der modernen Gesellschaft gewor-den. Das stellt ganz andere Anforderungen an die Internet Governance, sie wird mit neuen Ri-siken, Gefahren und Verletzlichkeiten konfron-tiert, muss sich beispielsweise mit Fragen wie Cyber Security, Online-Privatsphäre und dem Missbrauchspotenzial von Internet auseinander-setzen.

Die Internet Governance, so wird gesagt, stehe an einer Wegkreuzung: Ein Weg führt zu einem en-gen, zentralisierten Ansatz, der andere zu einem breitangelegten Multistakeholder-Modell. Sehen Sie das auch so?Wir stehen an einem Scheideweg, das ist rich-tig. Grund dafür ist das schnelle Wachstum des Internets und natürlich auch, dass die Frage, wie und nach welchen Regeln das Internet ge-nutzt wird, nach den Enthüllungen von Edward Snowden viel stärker ins Bewusstsein der globa-len Öffentlichkeit geraten ist. Jetzt gibt es zwei entgegengesetzte Optionen. Die eine ist eine zentralisierte Governance durch eine UNO-ähnliche internationale Internet Organisation, auf der anderen Seite steht die Möglichkeit die heutige eher dezentrale und nicht-hierarchische Art der Internetverwaltung weiterzuführen.

«Wir müssen für das Internetzeitalter einen neuen Gesellschaftsvertrag aushandeln»

Genf will die Welthauptstadt für Internet Governance werden. Christine D'Anna-Hu-ber hat den dort ansässigen Internetexperten Jovan Kurbalija danach gefragt, was das ge-nau bedeutet und welche Aufgaben die so-eben gegründete «Geneva Internet Platform» wahrnehmen wird.

asut: Was ist Internet Governance?Jovan Kurbalija: Internet Governance ist die Ver-waltung des Internets in technischer, politischer und organisatorischer Hinsicht. Es geht dabei um technische Infrastrukturen, aber auch um viele politische Aspekte der Informationsgesell-schaft. Aufgaben, wie sie die Internetregistrie-rungsstelle ICANN wahrnimmt – Namen und Zahlen – gehören also ebenso dazu, wie Aspekte wie die Online-Privatsphäre, E-Commerce und Cybersicherheit, um nur ein paar wenige zu nen-nen. Internet Governance geht uns alle etwas an, weil das Internet einen grossen Einfluss darauf hat, wie wir unser tägliches Leben gestalten.

Jovan Kurbalija. Foto: zVg.

INTERVIEW SCHWERPUNKT

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indem wir Schulungen anbieten, verschiedene Veranstaltungen und Informationsanlässe orga-nisieren. Wir bieten beispielsweise jeden ersten Dienstag des Monats die «Geneva Internet Brie-fings» an, in denen wir zusammenfassen, was im Monat zuvor alles passiert ist, was im kommen-den Monat auf der Agenda steht und welches die wichtigsten Trends sind. In nur einer Stunde können sich die Leute also auf den letzten Stand bringen. Warum soll gerade Genf eine wichtige Drehscheibe im Bereich Internet Governance werden und was hat die Schweiz damit zu tun?Genf ist schon heute eine der wichtigsten Dreh-scheiben für Internet Governance. Gemäss einer von uns durchgeführten Studie, ist Genf der Ort, an dem über 50 Prozent aller politischen Entscheide gefällt werden, die mit Internet zu tun haben, sei es im Bereich der Telekommuni-kation, der Menschenrechte, des E-Commerce, der Standardisierung oder in weiteren Bereichen. ICANN, als wichtige Instanz, ist zwar nicht hier basiert, aber sie ist in Genf vertreten. Genf drängt sich also als Standort auf, wenn es darum geht, all diese verstreuten Punkte zu verbinden und in eine übersichtliche Ordnung zu bringen.

Die Schweiz ihrerseits spielt in der Internet Governance bereits heute eine wichtige Rolle. Sie leistet wertvolle Dienste, indem sie den un-zähligen Akteuren eine neutrale Plattform zur Verfügung stellt, wo Fragen rund um die Inter-net Governance debattiert werden können. Sie ist verschiedentlich als Gastgeberland des Welt-gipfels über die Informationsgesellschaft aufge-treten und hat massiv in die Entwicklung von Kompetenzen in Drittwelt- und Schwellenlän-dern investiert. Und schliesslich gibt das politi-

Realistischerweise müssen wir davon ausgehen, dass sich eine Art Kompromiss zwischen diesen beiden Extremen herauskristallisieren wird, eine Mischform, die den pulsierenden Multistake-holder-Ansatz beibehält und ihn wo nötig ver-bessert – grössere Transparenz, wirksamere Kon-trollmechanismen –, die gleichzeitig aber auch den Regierungen eine wichtigere Rolle einräumt, insbesondere in Bezug auf Fragen, die von öffent-lichem Interesse sind und für deren Umsetzung nur Regierungen bürgen können, wie dem Schutz kritischer Infrastrukturen oder dem Respekt der Menschenrechte. Von aussen gesehen ist dieses vielfältige Multista-keholder-Ökosystem sehr verwirrend: Eine Vielzahl von Akteuren, eine Unmenge von wichtigen Ta-gungen, internationalen Konferenzen und Debat-ten rund um die Welt. Wie soll man da den Über-blick behalten?Das ist eines der Hauptprobleme, insbesondere für kleine Staaten und Entwicklungsländer. Es gibt heute mehr als hundert verschiedene An-lässe, an denen Fragen rund um die Internet Governance behandelt werden, dazu jede Men-ge von Konferenzen und politischen Prozessen. Selbst grosse Staaten mit gut ausgebauten dip-lomatischen Diensten können nicht alles verfol-gen. Deshalb ist eine der Gefahren der heutigen Internet Governance sicher, dass die Leute sich ausklinken, weil sie sich nicht mehr zurechtfin-den. Und das ist genau der Punkt, wo die Geneva Internet Platform (GIP) ins Spiel kommt: Eine ihrer Aufgaben wird es sein, eine gewisse kog-nitive Ordnung in diesen wild wuchernden Be-reich zu bringen, damit die Leute wieder verste-hen, was hier alles vor sich geht. Es wird darum gehen, Interessevertretern und Entscheidungs-tragenden klare Informationen bereitzustellen, leicht verständliche, aber gleichzeitig auch nicht allzu stark vereinfachte Wissensgrundlagen. Das ist eine Herausforderung, es gibt keine Patent-rezepte. An wen richtet sich diese Plattform?Die GIP wird den verschiedenen Akteuren dabei helfen, was in der Internet-Governance-Debatte vor sich geht, wer was tut und wie sie ihrer Stim-me Gehör verschaffen können. Passieren soll das

«Die Schweiz leistet wertvolle Dienste, indem sie eine neu-trale Plattform zur Verfügung stellt, wo Fragen rund um die Internet Governance debat-tiert werden können.»

SCHWERPUNKT INTERVIEW

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sche System der Schweiz, das auf Inklusion und das Bottom-up-Prinzip baut, für die Zukunft der Internet Governance ein paar wertvolle Pisten.

Im Zug des NSA-Überwachungsskandals wurde verschiedentlich nach einer Nationalisierung des Internets gerufen oder wenigstens nach einer stär-keren nationalen Kontrolle von Internetressourcen und Nutzerdaten. Sehen Sie solche Bestrebungen als Bedrohung des globalen Internets? Die Enthüllungen von Edward Snowden haben das Vertrauen ins Internet und in die Internet Governance erschüttert. Das alles erhöht auch das Risiko einer Fragmentierung des Internets. Verschiedene Regierungen und Nationalparla-mente haben sich deshalb die Frage gestellt, ob sie die digitalen Güter und die Menschenrechte ih-rer Bürgerinnen und Bürger im Internet schützen können. Und genau das ist die grosse Herausfor-derung: Es muss uns gelingen, ein globales Sys-tem zu schaffen, welches die legitimen Bedenken der Staaten und der Privatnutzer weltweit ernst nimmt – andernfalls werden verschiedene Länder damit beginnen, selber Massnahmen zu ergreifen, um das Internet mit ihren nationalen Gesetzen abzustimmen. Brasilien, das von den Snowden-Enthüllungen ja ganz besonders betroffen war, war mit diesem Dilemma konfrontiert. Eine der Handlungsoptionen der brasilianischen Regie-rung war es, anzuordnen, dass Facebook, Twitter und Google zur Verwaltung der Daten brasilia-nischer Bürgerinnen und Bürger ausschliesslich in Brasilien basierte Server hätten verwenden dürfen. Diese Lösung hätte die Kosten für Inter-net-Dienstleistungen erheblich erhöht. Vorläufig hat das brasilianische Parlament sich nun doch dagegen entschieden, eine Nationalisierung des Internets zu verfolgen und setzt sich stattdessen

für die Schaffung einer internationalen Ordnung einzusetzen, welche den Schutz der durch die brasilianische Gesetzgebung garantierten Rechte gewährleisten soll. Meiner Meinung nach ist das die bessere Option, auch für die Schweiz und alle anderen Länder und Volkswirtschaften, die stark vom Internet abhängig sind.

Das dürfte, mit so vielen Stakeholdern, eine schwie-rige Übung werden.Es wird bestimmt nicht einfach sein und wir können uns auf lange Verhandlungen gefasst machen. Für Pessimisten ist es längst zu spät: Das Internet ist in der Hand der USA und einiger grosser US-Unternehmen und uns allen bleibt nichts anderes übrig, als uns damit abzufinden oder auf ein offenes Internet, wie es heute noch existiert, zu verzichten. Es gibt viele Gründe dafür, pessimistisch zu sein. Ich sehe aber auch ein paar Gründe für Opti-mismus und sie haben mit der Interdependenz der Internetwirtschaft zu tun. Schwindendes Vertrauen ins Internet könnte dazu führen, dass die Nutzer weniger willig sind, ihre Daten zu teilen. Sind weniger Daten verfügbar, dann sinken die Gewinne der Online-Unternehmen. Für diese ist es deshalb überlebenswichtig, sich für ein robustes globales Netz einzusetzen. Ohne Vertrauen lässt sich das nicht machen. Mit einem ähnlichen Dilemma sehen sich Re-gierungen konfrontiert. Einige von ihnen mö-gen versucht sein, den Zugang zu Internet aus politischen Gründen einer Zensur zu unterzie-hen oder sogar ganz zu sperren, wie es 2011 in Ägypten geschehen ist. Doch weil Internet auch ein ganz wesentlicher Faktor für das soziale und wirtschaftliche Wohl und für Investitionen ist, dürften sich sowohl der Privatsektor als auch Re-gierungen zunehmend davor hüten, Entscheide zu treffen, die ihre eigenen Interessen untergra-ben. Mein Optimismus stützt sich auf die Hoff-nung, dass in dieser Hinsicht ein «aufgeklärtes Eigeninteresse» die Überhand gewinnt.Ist Privatsphäre im Internetzeitalter ein Ding der Vergangenheit?Nein, das ist sie nicht. Der Kampf für die Pri-vatsphäre ist der Kampf für die Zukunft der demokratischen Gesellschaft. Das ist für mich

INTERVIEW SCHWERPUNKT

«Es muss uns gelingen, ein globales System zu schaffen, welches die legitimen Beden-ken der nationalen Regierun-gen ernst nimmt und entspre-chende Lösungen bietet.»

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Internetdaten ist nicht immer ganz klar. Online-Unternehmen werden die Art und Weise, wie sie mit unseren Daten umgehen und wie sie unsere Daten verwerten, sehr viel transparenter machen müssen.

Es sind so viele, teilweise widersprüchliche Interes-sen im Spiel. Und doch glauben Sie daran, dass im Interesse der Internet Governance ein Kompromiss möglich ist? Der nächste Schritt wird die NETmundial in Brasilien sein. Dort wird sich die Diskussion über die Zukunft des Internets einerseits haupt-sächlich darum drehen, dass die USA sich dazu entschieden haben, die Aufsicht über die Inter-net-Verwaltung ICANN aufzugeben und an-dererseits um den entschiedenen Vorstoss Bra-siliens für den Schutz der Online-Privatsphäre. Ich hoffe, dass sich in Sao Paolo die ersten Um-risse eines künftigen Kompromisses abzeichnen werden. Doch die Frage einer neuen Internet-Governance-Vereinbarung wird mehr Zeit be-nötigen und wird noch während vielen Jahren Gegenstand von Verhandlungen sein. o

(Übersetzung aus dem Englischen: Christine D'Anna-Huber)

SCHWERPUNKT INTERVIEW

Jovan Kurbalija ist der Gründungsdirektor der Di-ploFoundation, die Diplomaten in Sachen Internet Governance trainiert. Er ist vormaliger Diplomat mit beruflicher und akademischer Laufbahn im Bereich des Internationalen Rechts, der Diplomatie und der ICT. 1992 hat er an der Mittelmeerakademie für di-plomatische Studien in Malta die Abteilung «IT und Diplomatie» geschaffen, die nach zehn Jahren efolg-reicher Lehr-, Forschungs- und Publikationstätigkeit in die von der Schweiz und von Malta finazierte Di-ploFoundation umgewandelt wurde. Jovan Kurbali-ja leitet Onlinevorlesungen zu ICT und Diplomatie und ist Gastprofessor an verschiedenen Universi-täten und Lehrinstituten in der Schweiz, den USA, Österreich, Grossbritannien, Holland und Malta. Sein Buch «An Introduction to Internet Governance» wurde auf neun Sprachen übersetzt und wird welt-weit an Unviersitäten als Lehrbuch eingesetzt. Die DiploFoundation trägt nun auch die neu gegründete «Geneva Internet Platform».

Jovan Kurbalija

einer der wichtigsten und komplexesten Punk-te der Internet Governance. Wir haben in ge-wisser Weise stillschweigend darin eingewilligt, dass wir im Internet Dienstleistungen nicht mit Geld, sondern mit unseren persönlichen Daten bezahlen. Ich zum Beispiel schätze die Bequem-lichkeit des Übersetzungsprogramms von Goog-le und gebe dafür ein Stück meiner Privatsphäre preis. Das grundsätzliche Problem dabei ist aber, dass solche Transaktionen nicht wirklich trans-parent sind, weil wir nie genau wissen, was mit unseren Daten weiter geschieht.

Ich bin deshalb überzeugt, dass wir mit der Hilfe unserer Regierungen eine Art von neuem Gesellschaftsvertrag aushandeln werden müssen, der es Bürgerinnen und Bürgern erlauben wird, informierte Entscheidungen zu treffen. Das könnte am Ende tatsächlich die Entscheidung sein, ein Stück Privatsphäre aufzugeben, manche werden das tun und manche nicht. Aber die heu-tige Situation mit ihren völlig undurchsichtigen Abmachungen ist auf die Dauer nicht gesund, weder für die Internetnutzer noch für die On-line-Unternehmen, die aus genau diesem Grund heute bereits einen gewissen Backlash spüren.

Selbst die «bösen grossen Unternehmen» könnten sich am Ende also für Datenschutz und Privat-sphäre einsetzen?Es ist in ihrem Interesse, weiterhin im Business zu bleiben und das geht nur, wenn sie das Ver-trauen der Nutzer in die Art und Weise, wie sie mit deren Daten umgehen, zurückgewinnen können. Aber ich denke nicht, dass sich diese Problematik durch kleine Ad-hoc-Lösungen aus der Welt schaffen lässt – dazu braucht es eine sehr viel grundlegendere Diskussion.

Die «South by Southwest», eines der weltweit grössten Internet-Treffen, das kürzlich in den USA stattfand, hat das sehr anschaulich gezeigt. Edward Snowden wurde von Moskau aus zuge-schaltet und erhielt für seine Rede eine stehende Ovation von Tausenden von Programmierern. Unmittelbar danach nahmen dieselben Leute an einer Session teil, wo es um Data Mining ging und darum, wie sich durch die Manipulierung von Nutzerdaten möglichst viel Geld machen lässt. Die Trennlinie zwischen Sicherheitsbe-denken und dem wirtschaftlichem Nutzen von

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«L'ère de l'Internet nous amène à négocier un nouveau contrat social»

INTERVIEW SCHWERPUNKT

Jovan Kurbalija. Photo:Màd

Genève veut devenir la capitale mondia-le de la gouvernance d’Internet. Christine D’Anna-Huber a demandé à Jovan Kurba-lija, spécialiste d’Internet établi dans la cité de Calvin, ce que cela signifie exactement et quelles tâches la «Geneva Internet Plat-form» récemment créée assumera au juste.

asut: Qu’entend-on par gouvernance d’Internet?Jovan Kurbalija: La gouvernance d’Internet désigne la gestion de l’Internet du point de vue technique, politique et organisationnel. Il s’agit en l’occurrence d’infrastructures tech-niques, mais aussi d’aspects politiques liés à la société de l’information. Les tâches assumées par l’organisation d’enregistrement Internet ICANN – noms et chiffres – en font égale-ment partie, ainsi que des aspects tels que la sphère privée en ligne, le commerce électro-nique et la cybersécurité, pour n’en citer que quelques-uns. La gouvernance d’Internet nous intéresse tous d’une manière ou d’une autre car

Internet influe fortement notre vie et la mani-ère de structurer notre quotidien.

Pourquoi la gouvernance d’Internet est-elle en fait nécessaire? Internet n’est-il pas ce système unique, complet, coopératif et basé sur les coûts, c’est-à-dire un espace libre ouvert à tous? Même un système très ouvert exige une cer-taine gestion. La manière dont Internet a été géré jusqu’ici peut être perçue comme un franc succès: à ses débuts, la gouvernance d’Internet a considérablement contribué à la croissance d’Internet. Mais s’il doit continuer à grandir tout en restant un espace ouvert, vivant et ac-cessible pour la créativité humaine, il est essen-tiel qu’il s’adapte aux changements et évolue: avec ses trois milliards d’utilisateurs de par le monde, Internet est depuis longtemps de-venu une infrastructure critique de la société moderne. Il en résulte des exigences très diffé-rentes pour la gouvernance d’Internet, qui est désormais confrontée à de nouveaux risques, dangers et vulnérabilités et donc obligée de se pencher sur des questions telles que la cybersé-curité, la sphère privée en ligne et le potentiel d’utilisation abusive d’Internet.

On dit que la gouvernance d’Internet est à la croisée des chemins entre une approche étroite et centralisée, et un modèle multipartite à large échelle. Partagez-vous cet avis?Il est vrai que nous nous trouvons à un carre-four décisif. Du fait notamment de la rapide croissance d’Internet, mais aussi parce que, suite aux révélations d’Edward Snowden, le public se pose davantage la question de savoir comment et selon quelles règles Internet est utilisé. Deux options contradictoires s’offrent maintenant à nous: adopter une gouvernance centralisée assurée par une organisation In-ternet comparable à l’ONU, ou privilégier l’actuel type de gestion de l’Internet, plutôt décentralisé et non hiérarchisé. De manière

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SCHWERPUNKT INTERVIEW

«La Suisse fournit de précieux ser-

vices en mettant à disposition une

plateforme neutre permettant de

débattre de questions liées à la

gouvernance d’Internet.»

réaliste, nous devons envisager un compromis issu de ces deux extrêmes, une combinaison de ces deux variantes qui maintienne l’approche dynamique multipartite en l’améliorant si né-cessaire – transparence accrue, mécanismes de contrôle plus efficaces –, mais qui confère également aux gouvernements un rôle plus important, en particulier pour ce qui est des questions d’intérêt public dont seuls les gou-vernements peuvent garantir la mise en œuvre, à l’image de la protection des infrastructures critiques ou du respect des droits de l’homme.

Vu de l’extérieur, cet écosystème dynamique à parties prenantes multiples est très confus: il im-plique un grand nombre d’acteurs, une multitude de colloques importants ainsi que des conférences et des débats internationaux dans le monde en-tier. Comment est-il alors possible de garder la vue d’ensemble?C’est l’un des principaux problèmes, en parti-culier pour les petits Etats et les pays en déve-loppement. Aujourd’hui, plus d’une centaine de manifestations traitent de questions liées à la gouvernance d’Internet, sans compter les innombrables conférences et processus po-litiques. Même les grands Etats disposant de services diplomatiques très étendus ne parvi-ennent pas à suivre tout le calendrier. L’un des risques de l’actuelle gouvernance d’Internet réside dès lors dans le fait que les gens décro-chent parce qu’ils ne s’y retrouvent plus. Et c’est précisément là que la Geneva Internet Platform (GIP) entre en jeu: l’une de ses missi-ons consistera à créer un certain ordre cognitif dans cette jungle, afin de permettre aux gens de comprendre quel en est l’évolution. Il s’agira donc de fournir aux représentants d’intérêts et aux décideurs des informations claires et faci-lement compréhensibles, mais également des fondements cognitifs qui ne soient pas trop simplifiés. Un défi considérable, pour lequel il n’existe pas de recette miracle.

A qui s’adressera cette plateforme?Cette plateforme aidera les différents acteurs de comprendre ce qui se passe, de savoir qui fait quoi, et comment ils pourront faire enten-dre leur voix dans le débat global au sujet de la

gouvernance d'Internet. Pour cela nous allons assurer des activités de formation, organiser des événements et des points d'information. Par exemple, chaque premier mardi du mois, nous proposerons les «Geneva Internet Brie-fings», dans lesquels nous résumerons tout ce qui s’est passé au cours du mois précédent, ce qui sera à l’agenda du mois à venir, ainsi que les principales tendances. En une heure seule-ment, les gens pourront mettre leurs connais-sances à jour.

Pourquoi Genève devrait-elle devenir une plaque tournante importante dans le domaine de la gou-vernance d’Internet et quelle y sera l’implication de la Suisse?Aujourd’hui déjà, Genève est l’une des prin-cipales plaques tournantes en matière de gou-vernance d’Internet. Selon une étude menée par nos soins, plus de la moitié de toutes les décisions politiques liées à Internet sont pri-ses à Genève, qu’il s’agisse du secteur des té-lécommunications, des droits de l’homme, du commerce électronique, de la standardisation ou d’autres domaines. ICANN, une instance clé, n’a certes pas son siège à Genève, mais y est représentée. Genève s’impose donc en tant que site lorsqu’il s’agit de faire converger ces différents points et d’établir un ordre clair.

De son côté, la Suisse a déjà joué un rôle important en matière de gouvernance d’Internet. Elle a fourni de précieux services en mettant à la disposition de nombreux acteurs une plateforme neutre permettant de débattre de questions liées à la gouvernance d’Internet. A plusieurs reprises, elle a accueilli le sommet mondial sur la société de l’information et a

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massivement investi dans le développement des compétences dans les pays du tiers-monde et émergents. Enfin, le système politique su-isse, qui repose sur l’inclusion et l’approche ascendante («bottom-up»), offre quelques per-spectives très intéressantes pour l’avenir de la gouvernance d’Internet.

Dans le sillage du scandale de la NSA, on a évo-qué le besoin de nationalisation d’Internet ou au moins d’un contrôle national renforcé des ressour-ces Internet et des données d’utilisateurs. Perce-vez-vous de tels efforts comme une menace pour l’Internet global? Les révélations d’Edward Snowden ont ébranlé la confiance dans Internet est dans sa gouver-nance. Ceci augmente également le risque de fragmentation d’Internet? Un beau nombre de gouvernements et parlements nationaux se po-sent la question de comment protéger les bien numériques et les droits de leurs citoyens sur Internet. Et c’est précisément là que se trouve la clé: nous devons parvenir à créer un système global qui prenne en compte les réticences lé-gitimes des pays et des utilisateurs au niveau mondial ou les gouvernements commenceront de prendre les choses en main eux-mêmes pour aligner Internet avec leurs lois nationales.

Une tentative de ce type a déjà eu lieu au Brésil – un des principaux des révélations de Snowden – lorsque le gouvernement a consi-déré la possibilité de contraindre Facebook, Twitter et Google d'administrer les données des utilisateurs brésiliens dans des serveurs ba-sés au Brésil. Une telle option aurait augmenté les coûts des services Internet. Pour l'instant, les législateurs brésiliens ont renoncé à pous-

ser la nationalisation d'Internet et décidé de s’engager plutôt pour la création d’un ordre international assurant la protection des droits garantis par la loi brésilienne. A mon avis, il s’agit de la meilleure option, également pour la Suisse et tous les autres pays et économies qui dépendent fortement d’Internet.

Avec autant de parties prenantes, la tâche pour-rait se révéler ardue.Ce ne sera sûrement pas simple et nous pou-vons nous attendre à de longues négociations.

Les pessimistes affirment qu’il est beaucoup trop tard: Internet est aux mains des Etats-Unis et de quelques grandes entreprises américaines et il ne nous reste plus qu’à nous en accommoder, ou à renoncer à un Internet ouvert tel qu’il existe aujourd’hui. Il y a beaucoup de raisons d'être pessimiste. Mais j'en vois aussi quelques-unes pour être op-timiste. Elles se basent sur l'interdépendance de l'économie digitale. Moins de confiance dans Internet pourrait amener les utilisateurs à être plus réticents à partager leurs données. Avec moins de données à disposition, les compag-nies d'Internet pourront faire moins de profit. Ainsi, les géants d'Internet ont un intérêt vital à promouvoir un réseau global et robuste. Sans confiance, ils n'y parviendront pas. Les gou-vernements sont confrontés par un dilemme similaire. Certains d'entre eux pourraient être tentés de censurer l'accès à Internet pour des raisons politiques, voir de le couper complè-tement comme cela a été le cas en Egypte en 2011. Mais Internet est tellement crucial pour le bien-être économique et social et pour les investissements, que les gouvernements et le secteur privé se garderont bien à la longue de prendre des décisions mettant en péril leurs in-térêts vitaux. Mon optimisme repose donc sur l'espoir qu'un sorte d'«intérêt propre éclairé» l'emportera.

A l’ère d’Internet, la sphère privée a-t-elle vécu?Non, elle 'a pas vécu. Le combat pour la sphère privée est un combat pour le futur de la soci-été démocratique. Cette question hautement complexe est à mon avis au coeur du débat sur

INTERVIEW SCHWERPUNKT

«Nous devons parvenir à créer

un système global qui prenne

en compte les réticences

légitimes des pays et des

utilisateurs au niveau mondial.»

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la gouvernance d'Internet. D’une certaine ma-nière, nous avons tacitement accepté de payer, sur Internet, des prestations non pas avec de l’argent, mais avec nos données personnelles. Par exemple, dans mon cas, j'ai volontiers re-cours à la commodité du programme de tra-duction de Google – en échange d’une petite partie de ma sphère privée. En l’occurrence, le problème fondamental réside dans le fait que de telles transactions ne sont pas vraiment transparentes, car nous ne savons jamais exac-tement ce qu’il advient de nos données.

Je suis convaincu que nous serons, avec l'aide de nos gouvernements, amenés à né-gocier un type de nouveau contrat social per-mettant aux citoyens de prendre des décisions en connaissance de cause. Au final, cette dé-cision peut revenir à dévoiler une partie de sa sphère privée; certains le feront, d’autres pas. Mais la situation actuelle caractérisée par un manque de transparence total des accords sur Internet, n’est pas saine sur la durée. Pas uni-quement pour les internautes, mais aussi pour les sociétés Internet qui en subissent déjà le contrecoup.

Même les «méchantes grandes entreprises» pour-raient, finalement, s’engager en faveur de la pro-tection des données et de la sphère privée?Il est dans leur intérêt de rester dans le coup, ce qui ne sera possible que si elles réussiront à regagner la confiance des utilisateurs dans la manière d'administrer leurs données. Mais je ne pense pas que cette problématique de protection des données et de la sphère privée pourra être résolue par de petites solutions ad hoc; il faudra mener une discussion fon-damentale. Lors du festival «South by Sou-thwest», consacré aux nouvelles technologies et qui se tenait récemment aux Etats-Unis, la complexité de cette situation a été démontrée de façon éclatante. Edward Snowden était pré-sent par vidéoconférence depuis Moscou et a été ovationné par plusieurs milliers de person-nes pour sa critique de la NSA et de la surveil-lance d’Internet. Mais lors de la session suivan-te déjà où il était question d’exploration des données (data mining), ces mêmes personnes

se demandaient comment faire le plus d’argent possible en manipulant les données des ‘utilisa-teurs. La ligne de démarcation entre sécurité et utilisation commerciale des données n'est pas toujours claire. Les compagnies d'Internet de-vront affronter la question de l'administration et l'exploitation de nos données avec beaucoup plus de transparence.

Et en dépit de tous ces intérêts contradictoires, croyez-vous à la possibilité d’un compromis?Le NETmundial au Brésil sera la prochaine étape. La discussion sur l’avenir d’Internet tournera d’une part autour du fait que les Etats-Unis ont décidé d’abandonner la surveil-lance de la gestion d’Internet ICANN et consi-dérera, d’autre part, le pas franchi par le Brésil en faveur de la protection de la sphère privée en ligne. J'espère que les premières esquisses d’un futur compromis prendront forme a Sao Paolo. Mais la question d'une nouvelle gou-vernance d'Internet prendra plus de temps et resteront objet de négociations pour beaucoup d'années encore. o

Jovan Kurbalija est le directeur-fondateur de Dip-loFoundation, institut de formation de diplomates dans le domaine de la gouvernance d’Internet. Ancien diplomate avec un parcours centré sur le droit international, la diplomatie et les technolo-gies de l’information et de la communication (TIC), il a établi en 1992 l’unité pour l’informatique et la diplomatie à la Mediterranean Academy of Diplomatic Studies à Malte. En 2002, après dix années d’activités d’enseignement, de recherche et de publication, l’unité s’est transformée en Di-ploFoundation. Jovan Kurbalija dirige actuelle-ment des cours en ligne consacrés aux TIC et à la diplomatie, et donne des conférences dans des institutions académiques et de formation en Suis-se, aux Etats-Unis, en Autriche, au Royaume-Uni, aux Pays-Bas et à Malte. Son livre «An Introduc-tion to Internet Governance» a été traduit en neuf langues et sert de référence dans les universités du monde entier. DiploFoundation est impliquée dans la création de la «Geneva Internet Platform».

Jovan Kurbalija

SCHWERPUNKT INTERVIEW

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18 bulletin 3/2014

Genf und die Verwaltung der Zukunft

SCHWERPUNKT

Die Schweiz hat sich als Vermittlerin guter Dienste in langjähriger Tradition weltweit ei-nen respektierten Na-men gemacht. Nun will sie auch im Bereich der Internet Governance diese Rolle überneh-men. asut ist an der Initiative massgeblich beteiligt.

Von Christine D'Anna-HuberEs war eine hochkarätige Versammlung: Am 8. April 2014 wurde in Genf die «Geneva Internet Platform» (GIP) in Präsenz des Schweizer Uno-Botschafters Ale-xander Fasel, verschiedener ausländischer Diplomaten, hoher Beamten von Bundesverwaltung, UNO und nichtstaatlichen Organisationen aus der Taufe geho-ben.

Die Ausgangslage ist klar: Internet ist in den letz-ten Jahren exponentiell gewachsen und steht nun an einem Scheideweg. Die zukünftige Ausgestaltung der Internet Governance, also der Art und Weise, wie In-ternet sowohl in technischer als auch in politischer, rechtlicher, wirtschaftlicher und soziokultureller Hin-sicht verwaltet werden soll, um weiterhin ein sicheres, stabiles, robustes und vertrauenswürdiges globales Netzwerk zu bleiben, ist Gegenstand leidenschaftli-cher Auseinandersetzungen. Zentral sind dabei The-men wie technologischer Wandel, Netzdemokratie, Sicherheit und Schutz der Privatsphäre. Kann die er-folgreiche Selbstverwaltung des Internets fortgesetzt werden? Oder ist das weltweite Netz so sehr gewachsen – und dazu seit den Enthüllungen Edward Snowdens in eine schwere Vertrauenskrise gerutscht –, dass nun der Zeitpunkt gekommen ist, die Aufsicht über die so-genannten kritischen Internetressourcen unter die re-

Christine D'Anna-Huber.

gulatorische Oberaufsicht der Vereinten Nationen zu stellen? Drohend zeichnet sich auch die Möglichkeit einer Segmentierung oder Zersplitterung des Internets und einer verstärkten einzelstaatlicher Einflussnahme ab, wie sie beispielsweise Russland und China, gefolgt von der Türkei und zahlreichen Schwellenländern, an-streben.

Schweiz für ein freies und offenes Internet Die Schweiz ist – wie viele andere – der Ansicht, dass an-gesichts der globalen wirtschaftlichen und gesellschaft-lichen Bedeutung des Internets ein multidisziplinärer Dialog zwischen den vielen Akteuren – Regierungen, Privatsektor, die Vereinten Nationen, Nichtregierungs-organisationen und Zivilgesellschaft – über die zu-

Internet Governance: Um was es geht. Quelle: DiploFoundation

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3/2014 bulletin 19

SCHWERPUNKT

künftige Entwicklung und Ausgestaltung der Internet Governance notwendig ist. Denn nur ein einheitliches, inklusives Internet wird nach Schweizer Ansicht auch in Zukunft seine Potenziale bestmöglich ausschöpfen können – und es auch kleinen Drittweltstaaten und Schwellenländern ermöglichen, von der internetgetrie-benen sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen zu profitieren. Mit der GIP will die Schweiz deshalb eine neutrale und unabhängige Plattform für die Koordi-nation des anstehenden Aushandlungsprozesses bereit-stellen. Ein Observatorium, das alle relevanten Infor-mationen rund um die Internet Governance sammelt und ordnet, und gleichzeitig auch ein physischer und (via Internet) virtueller Treffpunkt für einen offenen und konstruktiven Multistakehoder-Dialog, der allen Interessensvertretern gleichermassen zur Verfügung steht. Unterstützt (mit einem Beitrag von 400 000 Franken auch finanziell) wird die Initiative vom Eidge-nössischen Departement für auswärtige Angelegenhei-ten (EDA) und vom Bundesamt für Kommunikation (BAKOM), betrieben wird sie von der in Genf be-heimateten DiploFoundation, einer von der Schweiz und Malta gegründeten Stiftung, die Diplomaten in Sachen Internet Governance schult.

Das internationale Genf, Sitz zahlreicher internati-onaler Organisationen, wie beispielsweise der Interna-tionalen Fernmeldeunion (ITU), aber auch, zusammen mit Lausanne und dem übrigen Arc Léman, Standort renommierter Hochschulen und Forschungsinstitutio-nen und Nährboden für Start-ups und Unternehmen im ICT-Bereich, bietet sich dabei als idealer Standort an. Und vielleicht, so wird gemunkelt, wird die Stadt «au bout du lac» auch bald Heimat der Internet-Ad-ressverwaltung ICANN, die ab 2015 nicht mehr unter der Oberaufsicht der USA stehen wird.

Wichtige Rolle der asutasut, als Interessenvertreter der Telekommunikations-nutzer und insbesondere zahlreicher grosser und klei-ner Unternehmen, die mit dem Internet wirtschaftli-che Wertschöpfung betreiben – von Service-Providern, über Contentanbieter, Carrier, Hard- und Softwareli-eferanten bis zu Kommunikationsunternehmen –, hat sich von Anfang an für die Geneva Internet Platform stark gemacht. Die Rolle, die nicht zuletzt asut-Präsi-dent Peter Grütter dabei gespielt hat, wurde während der Präsentation der neuen Initiative in Genf denn auch mehrmals ausdrücklich betont und verdankt. o

Weitere Informationen zur Geneva Internet Platform: www.giplatform.org

Die Mehrheit der deutschen Internet-nutzer lehnt eine Renationalisierung des Internets ab

(eco, März 2014) – «Wem gehört das Internet?“» oder «Wer sollte das Internet regieren?» Diese Fragen wer-den derzeit im Rahmen internationaler Internet-Gover-nance-Verhandlungen diskutiert. Deutsche Internet-nutzer beziehen hierzu eine klare Position: Weniger politische Regulierung, mehr Selbstverwaltung – so das zusammengefasste Ergebnis einer repräsentati-ven Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid im Auftrag von eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V. unter tausend Internetnutzern im Alter von 18 bis 65 Jahren bundesweit durchgeführt hat.

Die grosse Mehrheit der Internetnutzer (76 %) ist dem-nach der Meinung, dass die freie, offene und dezen-trale Struktur des Internets eine Grundvoraussetzung für die demokratische Teilhabe aller Nutzer ist. Regu-latorische Massnahmen durch die Politik sollten da-her nur dort erfolgen, wo sie absolut notwendig sind. Eindeutig ablehnend stehen die Internetnutzer hinge-gen Bestrebungen zur Renationalisierung des Internets gegenüber. Über die Hälfte der Befragten (51 %) sieht ihre Bürgerrechte oder gar die nationale Sicherheit durch das Internet nicht gefährdet und ist gegen ent-sprechende Pläne der Bundesregierung zur Schaffung eines deutschen oder europäischen Internet.

Starkes Multi-Stakeholder Modell als Alternative zu US-FührungsrolleEine führende Rolle in der Internetverwaltung spielt bislang noch die US-Regierung, die über ihr Handels-ministerium die Oberaufsicht über die Internet-Ad-ressverwaltung der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) hat. Diese Kontroll-funktion wollen die USA nun allerdings bis September 2015 aufgeben. Wie ab nächstem Jahr die Kontrolle über das Domain-Namensystem durch die ICANN organisiert werden soll, ist derzeit noch unklar und Gegenstand internationaler Verhandlungen wie dem ICANN-Treffen Anfang April 2014 in Singapur.

Die Mehrheit der Internetnutzer (rund 40 %) sind laut eco-Umfrage der Meinung, dass die EU künftig mehr Verantwortung für Internet Governance übernehmen sollte, dicht gefolgt von internationalen Organisatio-nen wie zum Beispiel den Vereinten Nationen (UN), die 35 % der Nutzer gerne stärker an der Internet-verwaltung beteiligt sähen. Immerhin ein Drittel der Befragten (32 %) sieht allerdings auch eine direkte Verantwortung für Internet Governance bei den Nut-zern selbst.

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20 bulletin 3/2014

Was 2014 in Sachen In-ternet Governance auf uns zu kommen könn-te: Renationalisierung des Internets, kalter Cyberkrieg oder mehr Sicherheit und Schutz der Privatsphäre.

Von Wolfgang KleinwächterIm schlimmsten Fall wird das Internet mehr und mehr fragmentiert

und renationalisiert. Eine wachsende Zahl von Re-gierungen könnte beginnen, ein «nationales Internet-segment» zu definieren. Grössere nationale Überwa-chung und Zensur wären die Folge.

Nationale Firewalls könnten das «heimische In-ternet» vom globalen Internet trennen und es könnte nach dem Vorbild der Grenzkontrollen ein System eingeführt werden, wonach ein Internet-Nutzer ein Password braucht, um vom nationalen Netz in an-dere Netze zu gelangen. Solche Passwörter könnten wie Autokennzeichen von einer staatlichen Stelle ausgehändigt werden und bedürften jährlich der Er-neuerung.

International könnte 2014 die Internet-Gover-nance-Debatte ein neues Konfrontationsstadium erreichen. Der Streit um die Kontrolle der kritischen Internet-Ressourcen und Auseinandersetzungen über Cybersicherheit und Menschenrechte im Netz könnten ausufern und in einen kalten Cyberkrieg münden. Internationale Abkommen kommen nicht zustande und die UNO verweigert eine Verlänge-rung des 2015 auslaufenden Mandats des Internet Governance Forums (IGF).

Im besten Fall werden wir Ende 2014 ein sicheres Internet mit mehr Freiheiten und mehr Privatsphäre haben. Staatliche und nichtstaatliche Internetakteure arbeiten Hand in Hand und auf gleicher Augenhöhe konstruktiv zusammen und suchen nach globalen Lösungen für Datenschutz, Meinungsäusserungs-freiheit, Breitband, Cybersicherheit, Netzneutrali-

tät, Urheberrecht, Cloud Computing, Internet der Dinge etc. Die Überwachung von Internetnutzern wird unter rechtsstaatliche Prinzipien gestellt und nur dann gestattet, wenn es von einem unabhängi-gen Gericht bestätigte Verdachtsgründe für illegale Aktivitäten gibt.

Die nächste Milliarde von Internetnutzern geht online. Eine neue Welle innovativer Dienste und Anwendungen durch die Verbindung von mehr und mehr Objekten mit dem Internet schafft neue Marktchancen, Arbeitsplätze und Räume für alle Arten von kommerziellen, kulturellen und sozialen Aktivitäten die zur Verbesserung der Lebensqualität von Milliarden von Nutzern auf der ganzen Welt beitragen ohne das dabei Sicherheit und Schutz der Privatsphäre auf der Strecke bleiben.

Zwischen diesen beiden Szenarien könnte 2014 auch ein weiteres Jahr werden mit vielen Diskussi-onen und wenig konkreten Resultaten. Zahlreiche Papiere werden zirkulieren mit kontroversen Vor-schlägen wie das Internet reorganisiert werden sollte. Möglicherweise gibt es einige Erfolgsgeschichten bei der Einführung neuer Top Level Domains, Regie-rungen werden sich über einige vertrauensbildende Massnahmen im Cyberspace einigen und eventu-ell wird man sich auch auf eine Reihe allgemeiner Grundprinzipien in einer «Internet Governance Charta» verständigen. Aber die meisten Internet-probleme werden auf 2015 vertagt werden. Es wird weiter so gehen, wie der ehemalige US-Präsident Bill Clinton die Internet Governance einmal beschrie-ben hat: Man stolpert vorwärts.

Drei VerhandlungskanäleInternational wird das Thema 2014 mehr den je Gegenstand zahlreicher Konferenzen und Verhand-lungen sein. Diese werden im wesentliche auf drei Ebenen stattfinden:

Die Regierungsebene (UNO, ITU etc.)Bereits im Februar 2014 hat sich in Genf die UNCSTD Working Group on Enhanced Coopera-tion (WGEC) getroffen. Die WGEC hat den Auf-trag, Empfehlungen zu erarbeiten zur der seit dem

Alles wird komplizierter

SCHWERPUNKT

Wolfgang Kleinwächter.

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3/2014 bulletin 21

Weltgipfel zur Informationsgesellschaft (WSIS) offenen Frage, ob es neuer globaler Mechanismen bedarf für die Aufsicht über die kritischen Internet-Ressourcen und/oder zur Entwicklung globaler In-ternetpolitiken.

Der WGEC-Bericht wird im Mai 2014 in Genf von der UNCSTD diskutiert. Die Ergebnisse wer-den dann via ECOSOC an die 69. Vollversammlung der Vereinten Nationen, die im September 2014 in New York beginnt, geschickt. Der für die UNCSTD zuständige 2. Ausschuss wird auch über die Erneue-rung des Mandats für das IGF und das WSIS Follow diskutieren.

Der 1. und 3. Ausschuss der UN-Vollversamm-lung behandeln jedoch jetzt auch zentrale Internet-fragen. Im 1. Ausschuss geht es um Cybersicherheit, Cyberwaffen und vertrauensbildende Massnahmen im Cyberspace. Im 3. Ausschuss wird ein Bericht diskutiert, bei dem es um die Privatsphäre, Überwa-chung und Menschenrechte im Internet geht. Die Erstellung dieses Berichts war von der 68. Vollver-sammlung im Dezember 2013 beschlossen worden und geht zurück auf eine deutsch-brasilianische In-itiative.

Die ITU veranstaltet im April 2014 eine World Telecommunication Development Conference (WTDC), bei der es darum gehen wird, wie die Entwicklungsländer stärker von der Internetent-

wicklung profitieren können. Gleich darauf folgt, auch unter der Ägide der ITU, eine hochrangige WSIS10+ Konferenz auf der die Ergebnisse der UN-Weltgipfel zur Informationsgesellschaft von 2003 und 2005 bilanziert werden.

Die Ergebnisse der beiden Treffen werden in die im November 2015 in Korea stattfindenden Kon-ferenz der Regierungsbevollmächtigten der ITU einfliessen. Dort wird die ITU Verfassung neu ver-handelt. Das kann insofern spannend werden da es nicht auszuschliessen ist, dass diejenigen Regierun-gen, die während der WCIT im Dezember 2012 in Dubai das Mandat der ITU auf das Internet auswei-ten wollten und für die rechtliche Anerkennung ei-nes «Nationalen Internet Segment» kämpften – wie Russland, China und Saudi Arabien – versuchen werden, diese Vorschläge in die Neuverhandlung der ITU-Verträge einzubringen.

Und dann gibt es noch die zwischenstaatlichen Freihandelsverhandlungen zwischen den USA und ihren Partnern in Europa und dem Pazifik: die trans-atlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) und die Trans-Pacific-Partnership (TPP). In-ternetthemen kommen dort zur Sprache, wo es um das geistige Eigentum und den Datenschutz geht. Doch auch WTO, WIPO, UNESCO, UNCITRAL und andere zwischenstaatliche Organisationen wie OECD, Europarat und OSCE haben das Internet

SCHWERPUNKT

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NANOG, SANOG und vielen anderen auch mit dem Thema Cybersicherheit, Überwachung, Privat-sphäre, Cloud Computing und Internet der Dinge beschäftigen.

Die Multi-Stakeholder-Ebene (Brasilien Konferenz, IGF etc.) im April 2014Die Internet-Weltkonferenz, die Ende April 2014 in Sao Paulo unter dem Titel «Globale Multi-Stake-holder-Konferenz zur Zukunft von Internet Gover-nance» stattfindet, könnte ein Meilenstein werden. Initiiert als Reaktion auf die Snowden-Enthüllungen von der Präsidentin der aufstrebenden Internet-Weltmacht Brasilien, Dilma Rousseff, und ICANNs Präsident & CEO, Fadi Chehade, könnte diese Konferenz einen Standard setzen, wie im 21. Jahr-hundert eine Multi-Stakeholder-Zusammenarbeit zu konkreten Ergebnissen führen kann.

Wie es jetzt aussieht, könnten in Sao Paulo zwei Dokumente verabschiedet werden: Eine «Charta über Internet Governance Grundprinzipien» und eine «Internet Governance Roadmap». Die Dekla-ration wäre ein Art Orientierungsdokument, das den Rahmen definiert, in dem sich staatliche und nichtstaatliche Akteure bewegen sollten. Die Road-map wäre so etwas wie eine «To-do-Liste» für die kommenden Jahre, die auflistet, was im Internet zu verbessern, zu erweitern und neu zu entwickeln ist. Hier könnte die gerade im Entstehen begriffene neue Multi-Stakeholder-Plattform – die «/1Net-Ko-alition» – eine interessante Rolle spielen.

Das 9. Internet Governance Forum (IGF) fin-det im September 2014 in Istanbul statt. Auch dort könnte es eine mehr ergebnisorientierte Diskussion geben die nicht mehr zurückschreckt, Beschlüsse zu fassen. Dem IGF würde z.B. eine Art Clearing-House – ein «Multistakeholder-Internet Policy Council» (MIPOC) – gut zu Gesicht stehen. Ein solcher MIPOC könnte das bisher bestehende IGF-Programmkomitee – die Multistakeholder Advisory Group (MAG) – ergänzen und Empfehlungen ge-ben, wer sich wie und wo mit all den neu entstehen-den politischen Internetfragen auf globaler Ebene auseinandersetzen soll. Neben dem globalen IGF finden auch wieder zahlreiche regionale und natio-nale IGFs rund um den Globus statt. Für Europa ist der «7. European Dialogue on Internet Governance» (EuroDIG) in Berlin im Juni 2014 von wesentlicher Bedeutung. Alle drei Ebenen sind mehr oder weni-ger eng miteinander verbunden, obwohl der jeweili-

SCHWERPUNKT

mittlerweile als ein Thema entdeckt und wollen im globalen Internet-Governance-Ökosystem mitmi-schen. Und es würde auch nicht überraschen, wenn der G8-Gipfel in Sotschi im Juni 2014 (unter rus-sischer Führung) und der G20-Gipfel in Brisbane im Oktober 2014 (unter australischer Führung) das Internet auf die Agenda setzen würden.

Die praktische und technische Ebene (ICANN, IETF etc.)ICANN, momentan damit beschäftigt mehr als tausend neue generische Top Level Domains in das Internet einzuführen, hat für 2014 drei Treffen ge-plant: Singapur (März 2014), London (Juni 2014) und Los Angeles (Oktober 2014). Dort wird die Globalisierung von ICANN und insbesondere von IANA zum grossen Thema werden. Das ist natürlich von zentralem Interesse für Regierungen.

Die Tatsache, dass die Publikation von Top Level Root Zone Files im Internet-Root noch immer der Autorisierung der US-Regierung bedarf, ist seit lan-gem ein Stein des Anstosses. Eine besondere Rolle wird das ICANN-Treffen in London spielen, weil es mit dem zweiten Internet-Nutzer-Gipfel, dem so ge-nannten At Large Summit (ATLAS II) zusammen-fällt. Hunderte von Internet-Nutzerorganisationen aus der ganzen Welt werden in London erwartet. Der erste Internet-Nutzer-Gipfel (ATLAS I) hatte 2009 in Mexico-City stattgefunden.

Die Internet Engineering Task Force (IETF), die wichtigste Plattform für die Entwicklung von Inter-netprotokollen, hat 2014 auch drei Treffen geplant: London (März 2014), Toronto (Juli 2014) und Honolulu (November 2014). Seit der letzten Sit-zung der IETF in Vancouver im November 2013 ist das Thema Cybersicherheit oberste Priorität. «Wir müssen das Internet zurückgewinnen», hatte Bruce Schneier in Vancouver von der technischen Com-munity gefordert. Die IETF ist jetzt drauf und dran, nach technischen Lösungen zur Zurückweisungen der US-amerikanischen Überwachungsmethoden zu suchen.

Die Regional Internet Registries (RIRs) – RIPE-NCC, ARIN, APNIC, AFRINIC und LACNIC –die das IP-Nummernsystem verwalten, haben 2014 fast ein Dutzend Konferenzen in allen Regionen der Welt. Und es ist nahezu unvermeidlich, das sich die meisten der technischen Expertentreffen von ISOC, IEEE, W3C, APAN, MENOG, AFNOG,

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3/2014 bulletin 23

SCHWERPUNKT

ge Rechtsstatus und auch das Verständnis von «Mul-tistakeholderism» sehr unterschiedlich sind.

Auf der multilateralen zwischenstaatlichen Ebe-ne werden heute nichtstaatliche Akteure teilweise eingeladen, an der Diskussion mitzuwirken. Ein gu-tes Beispiel ist die WGEC. Auch die ITU bemüht sich seit kurzem, Privatwirtschaft, technische Com-munity und Zivilgesellschaft stärker einzubeziehen. Wenn es aber um die Annahme der Schlussdoku-mente geht, haben die nichtstaatlichen Akteure nichts zu sagen. In Gremien wie UNCSTD, ECO-SOC, UN-Vollversammlung, ITU, WIPO, WTO, UNESCO haben sie kein Stimmrecht. Die Freihan-dels-Verhandlungen zwischen der US-Regierung und ihren pazifischen und atlantischen Partnern finden gleich ganz hinter verschlossenen Türen statt, Zugang haben allenfalls Lobby-Gruppen aus der Wirtschaft.

Auf der technischen Ebene sind Regierungen zur Teilnahme an allen Konferenzen eingeladen und spielen auch eine wachsende Rolle. ICANNs Governmental Advisory Committee (GAC) ist mittlerweile das einflussreichste zwischenstaatliche Gremium im Hinblick auf die Verwaltung von kri-tischen Internet-Ressourcen. Eine Empfehlung des GAC – ein sogenannter «GAC Advice» – kann zwar nicht einen Beschluss des ICANN-Direktoriums überstimmen, aber der ICANN-Vorstand denkt zweimal nach, bevor er einen im Konsens der mehr als 100 GAC-Mitglieder angenommenen GAC Ad-vice ignoriert. Regierungsexperten sind auch mehr und mehr in RIR- und IETF-Meetings beteiligt, ha-ben dort allerdings meist wenig zu sagen.

Das IGF und die bevorstehende Konferenz in Brasilien haben das Multistakeholderprinzip – d.h.

die volle Gleichberechtigung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Teilnehmern – am weitesten getrieben. Allerdings haben diese beiden Gremien nur wenig zu entscheiden.

Handlungsstränge zusammenführen2014 ist somit eine Herausforderung, diesen ganzen institutionellen Mechanismus stärker zu vernetzen. Im Internet ist alles mit allem verbunden. Man kann das globale Internet-Governance-Ökosystem am ehesten noch mit dem Regenwald vergleichen. Dort leben Hunderte von Arten mit ihren eigenen Mechanismen zusammen. Eine ist von der anderen abhängig. Niemand kann den Regenwald kontrol-lieren oder beherrschen. Wohl aber kann man Teile des Regenwaldes zerstören.

Im Internet-Governance-Ökoystem koexistieren gleichfalls Hunderte von Mechanismen – teils staat-lich, teils nicht-staatlich, teils reguliert, teils selbst-reguliert –, die einerseits selbständig, aber doch mit den anderen verbunden und von ihrem Funktionie-ren abhängig sind. Wenn in diesem Internet-Gover-nance-Ökoystem eine Gruppe auf einer Ebene etwas tut und eine andere Gruppe auf einer anderen Ebene etwas Gegenteiliges macht, dann kann das verhee-rende Folgen für das Internet als Ganzes haben.

Das sogenannte «Do-not-harm-Prinzip» – Ma-che im Internet nichts, was einen unbeabsichtigten Negativeffekt für unbeteiligte dritte Parteien haben kann! – ist von zentraler Bedeutung. Im realen Le-ben weiss die linke Hand oft nicht, was die rechte tut. Im Internet aber sollte sie es schon wissen. Nötig ist also ein viel höherer Grad von Kommunikation, Koordinierung und Zusammenarbeit sowohl inner-halb als auch zwischen den einzelnen Stakeholder-Gruppen.

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24 bulletin 3/2014

Mechanismen und Cooperation» unter dem Vorsitz des Präsidenten der Republik Estland, Tomas Hend-rik Ilves, ist der richtige Ausschuss mit den richtigen Leuten zur richtigen Zeit.

Initiiert von ICANN ist die Ilves-Kommission jetzt eine unabhängige hochrangige Gruppe, die auch vom Davoser Weltwirtschaftsforum und der Annaberg-Stiftung in Kalifornien unterstützt wird. Ihre 22 Mitglieder repräsentieren eine einzigarti-ge Kombination von Weisheit, Wissen und Per-spektiven auf höchstem politischem Niveau. Ein ehemaliger norwegischer Ministerpräsident, Gene-ralsekretär des Europarats und Vorsitzender des Frie-densnobelpreis-Komitees (Torbjorn Jageland) und der ICANN-Präsident (Fadi Chehade) sitzen neben einem ehemaligen FCC-Commissioner aus den USA (Robert McDowell), dem Vorsitzenden der umstrit-tenen WCIT-ITU-Konferenz in Dubai aus den Ver-einigten Arabischen Emiraten (Mohamed Al Gha-nim), einem ehemaligen Minister und erfolgreichen Internetunternehmer aus Südafrika (Andile Ngcaba) und einem ehemaliger CEO von Cable&Wireless (Francesco Caio). Der Vater des Internets, Vint Cerf, und die Ex-Vorsitzenden vom Internet Architecture Board (IAB), Olof Kolkman, und der Internet So-ciety (ISOC), Lyn St. Amour, sowie der Vorsitzen-de von ICANNs CNSO, Bryan Holland, arbeiten zusammen mit dem Informationsminister aus Ma-zedonien, Ivo Ivanowski, der den Vorsitz der ITU-WTPF-Konferenz im Mai 2013 in Genf hatte, und dem Kommunikationsminister von Nigeria, Omo-bola Jonsson. Mozillas Mitchell Baker, Wikipedias Jimmy Wales, Samsungs Won-Pyo Hong und Walt Disneys Dorothy Atwood kooperieren mit Frank La Rue, dem UN-Sonderberichterstatter zur Freiheit im Internet, Liu Quingfeng, einem CEO aus China, Virgilio Fernandes Almeida, dem Vorsitzenden des brasilianischen Internet-Lenkungsausschusses cgi.br, und Anriette Esterhuysen von der zivilgesellschaft-lichen Association for Progressive Communication (APC).

Das erste Treffen dieser Gruppe Mitte Dezember 2013 in London war sehr ermutigend. Sie hat kei-ne Angst, heisse Kartoffeln anzufassen. Es gibt keine Tabus und alle Mitglieder sind voller Phantasie und Kreativität. Ihr Bericht wird für Mitte Mai 2014 er-wartet und könnte dazu beitragen, die Luft klarer zu machen und mehr Licht in die noch unentdeckten Gebiete im grenzenlosen Cyberspace zu bringen.

Das ist natürlich eine gigantische Aufgabe, be-denkt man, dass es ja schon innerhalb einer Stake-holder-Gruppe wie den Regierungen nicht nur ex-trem schwierig ist, einen internationalen Konsens zu erzielen, sondern es auch national kompliziert ist, zu ausbalancierten Lösungen zu kommen. Die permanenten Konflikte zwischen Innenministerien und Justizministerien zum Thema Sicherheit und Datenschutz sind dafür ein gutes Beispiel. Und im globalen Internet-Governance-Ökosystem müssen Regierungen, Privatwirtschaft, Zivilgesellschaft und technische Community miteinander auskommen.

Die wachsende Komplexität des Internet-Gover-nance-Ökosystems ist aber ein Fakt, an dem niemand vorbeikommt. Eine national orientierte Froschpers-pektive ist da nicht mehr hinreichend und kann eher grossen Schaden anrichten.

Überblick aus der VogelperspektiveEine wichtige Rolle, die Vogelperspektive zu erlan-gen, könnte die neue Ilves-Kommission spielen. Dieses Mitte Dezember 2013 in London gegründete «High Level Panel on Global Internet Governance

SCHWERPUNKT

Bericht des 7. Internet Governance Forums. Zum freien Download unter www.intgovforum.org

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3/2014 bulletin 25

SCHWERPUNKT

Wolfgang Kleinwächter ist ein deutscher Kommuni-

kationswissenschaftler und Internet-Governance-Exper-

te. Er ist Mitglied unter anderem der ICANN und des

IGF und Professor for International Communication

Policy and Regulation am Department for Media and

Information Sciences der Universität Aarhus in Däne-

mark. Kleinwächter ist Herausgeber der Schriftenreihe

«MIND Discussion Paper Series» zu globalen Internet-

Governance-Themen des Berliner Think Tanks Internet

& Gesellschaft Collaboratory: www.collaboratory.de/w/

Discussion_Paper_Series

Diese Kommission könnte eine ähnliche Rol-le spielen wie die vom damaligen UN-Generalse-kretär Kofi Annan im Jahr 2003 gegründete Wor-king Group on Internet Governance (WGIG). Die WGIG hatte eine Definition für Internet Gover-nance erarbeitet, das Multi-Stakeholder-Modell ent-wickelt und die Gründung des IGF vorgeschlagen. Alle drei Punkte wurden von den Staats- und Regie-rungschefs der UN-Mitgliedstaaten beim 2. Welt-gipfel zur Informationsgesellschaft 2005 in Tunis abgesegnet. Der Vorsitzende der WGIG, Kofi An-nans damaliger Stellvertreter Nitin Desai aus Indien, ist im Übrigen auch Mitglied der Ilves-Kommission.

Das «Multi-Stakeholder-Internet Governance Modell» steckt immer noch in den Kinderschuhen. Sowohl die Brasilien-Konferenz als auch der Ilves-Report könnten 2014 Weichen stellen, um die glo-bale Internet-Governance-Diskussion in die richtige Richtung zu lenken.

Kein Kaiser, kein Papst und kein ZarFatal wäre es allerdings, wenn 2014 eine Konstella-tion heraufbeschwört würde, bei der die «Mutilate-ralisten» gegen die «Multistakeholderisten» zu Felde ziehen. Das würde zu einer sinnlosen Konfrontation führen und wäre mehr als kontraproduktiv. Es wäre dumm, Barrikaden dort zu errichten, wo eine Zu-sammenarbeit nötig ist.

Im Grunde genommen ergänzen sich die bei-den «M-Camps». Die Diskussion über die Zukunft der Internet Governance ist kein Box-Event, wo die «blaue Ecke» (einige auf völkerrechtliche Regelun-gen drängende Regierungen) gegen die «rote Ecke» (eine Regenbogenkoalition aus allen Stakeholder-gruppen) kämpft. Bei der Auseinandersetzung um die Zukunft von Internet Governance geht es dar-um, vom Level 1 auf Level 2 aufzusteigen. Es geht nicht um «rechts gegen links», nicht um «konserva-tiv gegen progressiv» und auch nicht um «Ost gegen West» oder «Nord gegen Süd». Der Konflikt besteht zwischen simplen und komplexen Strukturen. Die simplen Modelle – wo ein Kaiser, Papst, Zar oder Präsident alleine entscheidet – funktionieren nicht mehr. Die Komplexität des Internets verlangt die Einbeziehung aller betroffenen und beteiligten Gruppen – ob staatlich oder nichtstaatlich – in ei-nen offenen und transparenten Politikentwicklungs-prozess. Im internationalen Sprachgebrauch hat sich dafür der Terminus «Multistakeholderismus» ein-gebürgert. Das ist schwer ins Deutsche zu übertra-

gen. Am Treffendsten sind noch Bezeichnungen wie «Mitbestimmung» oder «partizipative Demokratie».

Die Entstehung des Multistakeholder-Modells ist das Ergebnis einer natürlichen Entwicklung unauf-haltsam wachsender Komplexität von Gesellschaf-ten. Simple Antworten funktionieren nicht mehr, komplexe Themen verlangen komplexe Lösungen. Kein Stakeholder – weder die Regierungen noch die Privatwirtschaft – kann heute alleine eine vernünf-tige Internetpolitik entwickeln. Eigene Interessen kann man nicht mehr mit einfachen Mehrheiten durchboxen. Wer es trotzdem versucht, riskiert ko-lossale Kollateralschäden.

Dabei verschwinden bei der Erweiterung des zwischenstaatlichen Systems des 20. Jahrhunderts in ein Multistakeholder-System des 21. Jahrhunderts weder das völkerrechtliche Vertragssystem noch na-tionale Souveränität und nationalen Interessen, aber ihre Ausübung und Umsetzung ist heute mehr denn je eingebettet in eine Multistakeholder-Umgebung, wo viele Player auf vielen Layern mit unterschiedli-chem Rechtsstatus und in unterschiedlichen Rollen kommunizieren, koordinieren und kooperieren.

Das erfordert weitaus komplexer Mechanismen, als wir sie aus dem Politikbetrieb des vergangenen Jahrhunderts kennen. Notwendig ist ein neues Ver-ständnis von globaler Teilhabe, gemeinsamer Wahr-nehmung von Verantwortung und kollaborativer Souveränität. Im Internet gibt es keinen Königsweg. Es gibt auch keine zentrale Autorität. Lösungen müssen Fall für Fall entsprechend der spezifischen Natur des jeweiligen Problems in einem von unten angestossenen Diskussionsprozess erarbeitet werden, an dem alle betroffenen und beteiligten Gruppen in einem offenen und transparenten Verfahren einge-bunden sind. o

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26 bulletin 3/2014

Das Internet prägt jede Facette des modernen gesellschaftlichen Le-bens. Was als US-Mi-litär-Experiment be-gann, verwandelte sich über die Jahre in eine Basistechnologie. Und obwohl man webutopi-schen Ideen mit Skepsis begegnen sollte, hat das

Internet in der Tat wesentlich verändert, wie man ar-beitet und kommuniziert, und bildet nun einen un-abdingbaren Bestandteil der fundamentalen Men-schenrechte, wie jüngst UN-Berichte bestätigen.

Von Mira BurriDas Internet ist weder ein Plug-in-Gerät noch ein abstraktes Phänomen. Es erfordert die komplexe Zu-sammenarbeit verschiedener Technologien, die am besten zu verstehen sind als verteilt über drei Schich-ten – physische (Netzwerk und Hardware), logische (Protokolle und Software) und inhaltliche – auf wel-cher die eigentlichen Text-, Video- oder Audio-Mes-sages platziert sind. Dieser Beschrieb mag hilfreich

sein, beantwortet aber in keiner Weise die wichtige Frage, wer die Kontrolle über das Internet ausübt.

Die Suche nach der Antwort auf diese Frage führt zum Diskurs über die Internet Governance. Früher war dieser stark technisch fokussiert und nur in der Peripherie der öffentlichen Aufmerksamkeit – nun rückt er ins Zentrum heftiger politischer Diskussi-onen. Um wesentliche Dimensionen dieser Debat-ten zu verstehen, muss man zuerst wissen, dass auf internationaler Ebene keine Organisation zur Regu-lierung des Internets geschaffen wurde. Das einzige Forum mit einem klaren Mandat für Internet-Ange-legenheiten ist die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). ICANN ist aber keine konventionelle internationale Organisation im Sinne der zwischenstaatlichen Kooperation und des Völkerrechts, sondern ein privates gemeinnüt-ziges Unternehmen gemäss kalifornischem Recht. Der ICANN-Kompetenzbereich ist ebenfalls eher begrenzt und richtet sich auf technische (obgleich wichtige) Fragen, wie die Verwaltung der IP-Adressen und Domänennamen. Zugleich ist essenziell, dass vor dem Internet-Zeitalter entstandene Institutionen durch das Internet nicht irrelevant geworden sind.

SCHWERPUNKT

Globale Internet Governance – wie weiter?

Mira Burri.

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3/2014 bulletin 27

Im Gegenteil, Organisationen wie die Internationale Fernmeldeunion (ITU) oder die Welthandelsorgani-sation (WTO) bestimmen wesentliche Elemente der regulatorischen Umgebung des Internets. So reguliert die WTO den Gesamthandel mit IT-Produkten, Te-lekommunikations- und Medien-Dienstleistungen, sowie den Schutz geistigen Eigentums. Insgesamt ist der Bereich der globalen Internet Governance durch Komplexität und Anfechtung geprägt – zahlreiche Akteure unterschiedlicher institutioneller Herkunft und Legitimität behaupten ihre Kompetenz. Die-ses Bild wird nur komplexer durch die Anwesenheit neuer Akteure, welche nicht an Staaten gekoppelt sind, sondern Interessen wirtschaftlicher, technischer oder zivilgesellschaftlicher Kreise oder gar einzelner Individuen vertreten, die durch das Internet ermäch-tigt sind, aktiv an den Debatten teilzunehmen.

Dennoch ist der Nationalstaat von vorrangiger Bedeutung. Obwohl der digitale Datenfluss nicht an nationalen Grenzen halt macht, regulieren Staaten unilateral verschiedene Aspekte des Internets. China ist ein anschauliches Beispiel tiefgreifender Internet-Zensur, aber bestimmt nicht das einzige. Fast alle Staaten, auch demokratische, üben Kontrolle auf jeder Schicht des Internet-Modells aus – durch Ein-schränkungen des Netzes, der Software oder des In-halts. Je höher der Entwicklungsgrad digitaler Tech-nologien und die Verfügbarkeit von Big Data, desto einfacher wird die staatliche Kontrolle. Die Snow-den-Enthüllungen haben die Breite und die Tiefe der Überwachung, sowie die fehlende Transparenz des staatlichen Handelns klar aufgezeigt.

Die Snowden-Affäre könnte aber auch gewisse positive Auswirkung haben. Sie hat das bestehende System der globalen Internet Governance erschüt-tert und verursachte im Nachgang nicht nur heftige Reaktionen, sondern führte auch zu konkreten An-strengungen, grundlegende Werte wie Sicherheit und Privatsphäre im Cyberspace zu schützen. Der bisher am weitest gehende Versuch in diesem Kontext wur-de von der etwa sonderlichen politischen Allianz zwi-schen der brasilianischen Präsidentin Rousseff und dem Präsident von ICANN, Fadi Chehadé, initiiert und konnte in den letzten Monaten an kritischer Masse gewinnen. Der Höhepunkt dieser Bemühun-gen wird an der kommenden Global Multistakehol-der Conference on the Future of Internet Gover-nance (NetMundial) erwartet, welche Ende April 2014 in São Paulo stattfindet. Die Forumsagenda ist

äusserst ambitioniert und visiert als Ergebnis einen Konsens zu den universalen Prinzipien des Internets, zu den institutionellen Formen der Internet Gover-nance, sowie zur Erschaffung von Mechanismen, die sich auch den neuen Herausforderungen des Inter-nets stellen können.

Je nach tatsächlichen Resultaten könnte die São Paulo-Konferenz zu signifikanten Veränderungen der existierenden Internet-Governance-Ordnung führen. Die Aufgabe ist aber gewaltig und verlangt die Entschärfung der augenscheinlichen Spannungen zwischen westlich dominierten Internet-Multistake-holder-Institutionen und den Forderungen für eine bedeutende Rolle von Staaten und UN-orientierten intergouvernementalen Institutionen. Die politische Ökonomie der Internet Governance hat bisher stabi-le Deals verhindert und zahlreiche Akteure in Macht-positionen haben immer noch starke Präferenzen für den Status Quo. Ein wichtiges zu beobachtendes Verhältnis wird dasjenige zwischen Brasilien und der Europäischen Union sein – wenn diese Partner-schaft gelingt, dürfte die Wahrscheinlichkeit steigen, dass sich auch andere Parteien zusammenschliessen. Wenn nicht, bleibt das Internet-Governance-System gespaltet wie bis jetzt zwischen dem EU–US- und dem China–Russland-Block – eine Konstellation, welche wenig zukunftsorientierte Bewegungen er-laubt.

Es ist auf jeden Fall von zentraler Bedeutung, dass sowohl das akademische wie auch das breite Publi-kum über diese kritischen Entwicklungen informiert werden und ihre Meinungen und Forderungen for-mulieren können. Denn es stehen essenzielle Aspekte unseres digitalen Lebens auf dem Spiel. o

SCHWERPUNKT

Mira Burri, Dr. iur., unterrichtet internationales Medien-

recht und internationales Wirtschaftsrecht an der Uni-

versität Bern. Sie ist Leiterin der Forschungsgruppe «Di-

gital Technologies and Trade Governance», die ein Teil

des NCCR Trade Regulation bildet und am World Trade

Institute der Universität Bern domiziliert ist. Im Dezem-

ber 2013 organisierte sie eine von Swiss Network for

International Studies (SNIS) unterstützte internationale

Konferenz zum Thema «The Institutionalization of Glo-

bal Internet Governance: Multistakeholderism; Multila-

teralism and Beyond», welche die Zukunft der Internet-

Regulierung diskutierte.

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28 bulletin 3/2014

SCHWERPUNKT

Wer macht die Spielregeln im Internet?

Thomas Schneider.

Seit dem UNO-Weltgipfel zur Infor-mationsgesellschaft (WSIS) von Genf 2003 und Tunis 2005 streiten die Regierun-gen der Welt unter-einander, aber auch mit Vertretern von Zivilgesellschaft und Wirtschaft darüber,

wer denn die Spielregeln im Internet bestim-men soll.

Von Thomas SchneiderDie USA und ihre engsten Verbündeten sowie die Internetwirtschaft haben sich bisher auf den Standpunkt gestellt, dass das Internet wegen der weitgehenden Abwesenheit staatlicher regulatori-scher Eingriffe zu dem geworden ist, was es heute ist, nämlich ein Treiber für wirtschaftliche und auch soziale Entwicklung und Innovation. Vie-le Staaten der G77 fordern schon lange, dass die Regierungen stärker einbezogen werden müssen und dass die internationale Staatengemeinschaft mehr Kompetenzen im Bereich der Internet Governance erhalten müsse. Kern des Anstosses ist dabei für viele Regierungen die Vormachtstel-lung der USA, denn die für die Verwaltung von IP-Adressen und Domain Namen zuständige ka-lifornische Gesellschaft ICANN steht unter allei-niger Aufsicht des US-Handelsministeriums.

Internationalisierung der Internet Governance – ja, aber wie?Die Regierungen Europas sind in dieser Frage seit Jahren hin- und hergerissen. Ihnen ist die Vormachtstellung der USA ebenso ein Dorn im Auge wie die Tatsache, dass wichtige Aspek-te bei der Nutzung und Weiterentwicklung des Domain-Name-System (DNS) auf Basis des amerikanischen Rechts geschieht und für andere Rechtssysteme immer wieder zu Problemen führt.

Insbesondere im Rahmen der gegenwärtigen Zu-lassung neuer generischer Top-Level-Domain-namen (gTLDs) wie .berlin, .music oder .safe gerät das in den USA entwickelte Regelwerk für solche neuen gTLDs immer wieder in Konflikt mit europäischem Recht, zum Beispiel in Fragen der Vorratsdatenspeicherung oder des Schutzes von geographischen Herkunftsbezeichnungen für Weine. Andererseits ist man sich bewusst, dass sich das Internet seit seiner Entwicklung in den späten 1960er-Jahren durch kalifornische Wissenschaftler und unter der amerikanischen Führung zu einer gut funktionierenden und mittlerweile unverzichtbaren Infrastruktur ent-wickelt hat, und möchte die Stabilität und auch die Innovationsfähigkeit des Internets auf keinen Fall durch überhastete Veränderungen bei des-sen Governance gefährden. Gegen eine Stärkung des Einflusses der Regierungen auf das Internet spricht ebenfalls die – durch eine Vielzahl von Ereignissen in den letzten Jahren genährte – Be-fürchtung, dass die Regierungen ihren verstärk-ten Einfluss dazu nutzen würden, die Aktivitäten ihrer Bürger zu kontrollieren und deren Informa-tions- und Meinungsfreiheit einzuschränken.

Uneinigkeit über die Rolle der Regierungen So versuchten einige europäische Regierungen, darunter auch die Schweiz, zusammen mit Brasi-lien und anderen moderaten Staaten der G77 seit Jahren in der UNO aber auch im Rahmen von ICANN auf eine vorsichtige «Internationalisie-rung» der Internet Governance hin zu arbeiten. Weil man sich aber auch unter diesen Ländern in wichtigen Fragen im Bezug auf die künfti-ge Rolle der Regierungen nicht einigen konn-te, war es den USA und der Internetwirtschaft lange Zeit möglich, die Frage der Stärkung der Rolle der Staaten bei der Internet Governance als eine blosse Entscheidung zwischen Freiheit des Internets oder staatlicher Kontrolle und Zensur darzustellen, und am Ende doch eine

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klare Mehrheit für die Beibehaltung des Status Quo und gegen «Experimente» mit ungewissem Ausgang zu erreichen. Im vom WSIS geschaf-fenen Internet Governance Forum (IGF), einer für alle Interessierten weltweit offenstehenden Multi-Stakeholder-Dialogplattform der UNO, wurde zwar seit 2006 über die Ausarbeitung von Grundprinzipien für die Internet Governance und mögliche Schritte zu einer Internationalsie-rung von ICANN diskutiert. In der Folge haben der Europarat, die OECD und auch Zivilgesell-schaftskreise solche Grundprinzipien verabschie-det. Ein internationaler Konsens über eine kon-krete Stärkung der Rolle der Regierungen konnte aber bisher weder im Rahmen der UNO noch im Rahmen von ICANN erreicht werden. Auch der Versuch der Internationalen Fernmeldeunion (ITU), anlässlich der WCIT-Konferenz in Dubai vom Dezember 2012 der ITU gewisse Kompe-tenzen im Bereich der Cybersicherheit und der Bekämpfung von SPAM zuzuteilen, scheiterte an dieser Frage.

Snowden als Katalysator für die weitere Ent-wicklung der Internet Governance?Seit den Enthüllungen des früheren Geheim-dienstmitarbeiters Edward Snowden über den NSA-Skandal und den daraus resultierenden Protesten in Europa und Lateinamerika hat sich die Situation allerdings deutlich verändert. Eine Koalition von Brasilien und Deutschland hat mit einer breiten Unterstützung aus der EU, der Schweiz und den G77 letzten Herbst in der UNO erfolgreich eine Resolution eingebracht, die glo-bale Massnahmen zum Schutz der Privatsphäre und anderer Grundrechte auch bei der digitalen Kommunikation fordert. Seitdem haben sich die Fronten zwischen den Blöcken aufgeweicht und eine stärkere «Mitte» scheint auch in anderen Fragen rund um das Internet möglich.

Die brasilianische NETmundial-Konferenz als Wendepunkt der Internet-Governance-Debat-te?Für weltweite Aufregung in Internet-Kreisen hat ebenfalls letzten Herbst eine weitere brasilianische Initiative gesorgt: Die Ankündigung der brasilia-nischen Präsidentin Dilma Roussef in der UNO-Generalversammlung vom September 2013, im Frühling 2014 in Brasilien eine grosse Konferenz auf hohem Niveau zum Thema Internet Gover-

nanz zu organisieren, hat zu grossen Hoffnungen bei den Einen, grossen Befürchtungen bei den Anderen, bei Vielen aber einfach Anlass zu gros-sen Spekualtionen gegeben. Inzwischen ist die als Regierungsgipfel angekündigte Konferenz zu ei-nem hochrangigen «Multistakeholder Meeting» mutiert und ein breiter Vorbereitungsprozess für die «NETmundial» genannte Konferenz vom 23. und 24. April 2014 in Sao Paulo aufgegleist wor-den. Im Frühjahr 2014 wurden alle interessierten Regierungen, Wirtschafts- und Zivilgesellschafts-organisationen aufgefordert, ihre Vorstellungen zu den beiden Themen der Konferenz – die Erar-beitung global gültiger Prinzipien für die Internet Governance sowie die künftige Entwicklung des Internet-Governance-Ökosyststems – als Input für NETmundial zu formulieren. Die rund 180 eingegangenen Beiträge, darunter auch derjenige der Schweiz, wurden bei der Erklärung, welche an dieser Konferenz von den 800 Teilnehmenden verabschiedet werden soll, berücksichtigt. Ein Konsens der wichtigsten globalen Stakeholders auf eine solche Erklärung stellt zweifelsohne ei-nen Meilenstein in der globalen Internet-Gover-nance-Debatte dar. Ob dieser aber nachhaltige Veränderungen mit sich bringen wird, wird da-von abhängen, ob es in der Zeit nach NETmun-dial gelingen wird, diesen Konsens in die interna-tionalen Organisationen hinein zu tragen.

Schritte von ICANN und den USA hin zu einer Internationalsierung der Internet GovernanceUnter der Führung des seit einem Jahr amtieren-den neuen ICANN-CEO Fadi Chehadé hat sich auch ICANN seit Sommer 2013 für die Debatte über eine Weiterentwicklung und Internationali-sierung der Internet Governance geöffnet. Vor al-lem von Fadi Chehadé selbst wurde seitdem wie-derholt die Frage aufgeworfen, ob die Zeit nicht reif sei, die Aufsicht über ICANN auf eine brei-tere Basis zu stellen sowie diejenigen Aktivitäten von ICANN, welche das globale öffentliche In-teresse beträfen, zu internationalisieren. Letzten Herbst hat Chehadé angekündigt, dass ICANN auch stärkeren Kontakt zu den internationalen Organisationen suchen wolle und in Genf ein erstes Büro eröffne. Zudem hat sich ICANN mit Brasilien zusammengetan und ist zum Mitorga-nisator von NETmundial geworden. Als weiteres wichtiges Signal hat die für die Aufsicht über

SCHWERPUNKT

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ICANN zuständige US-Behörde NTIA im März 2014, also einen Monat vor der NETmundial-Konferenz, angekündigt, dass sie bereit sei, ihre Aufsicht über die Kernfunktionen von ICANN – die sogenannten IANA-Funktionen – unter bestimmten Bedingungen an eine breitere Mul-tistakeholder-Gemeinschaft abgeben zu wollen. Während diese Entwicklungen weltweit positiv aufgenommen werden, haben sich innerhalb der USA, insbesondere von der politischen Rechten und auch von der Internetwirtschaft, eine Reihe kritischer Stimmen zu Wort gemeldet.

Eine aktive Rolle der Schweiz bei der Weiter-entwicklung der Internet GovernanceDie Schweiz hat seit dem WSIS bei der interna-tionalen Debatte über die Internet Governance wiederholt eine aktive Rolle, sowohl inhaltlich als auch als Vermittlerin und Mediatorin, eingenom-men. Unter Federführung des BAKOM hatte die Schweiz als Gastgeber des ersten WSIS-Gipfels von Genf die Verhandlungen zum Thema Inter-net Governance geleitet. Die vom WSIS in Genf 2003 eingesetzte Multistakeholder-Arbeitsgrup-pe der UNO zur Internet Governance (WGIG), welche die Ergebnisse des zweiten Gipfels in Tu-nis vorbereitete, wurde von einem Schweizer Di-plomaten geleitet. Mit Geldern der DEZA hatte die Schweiz nach Tunis die Anschubfinanzierung des UNO-Internet-Governance-Forums geleistet und bis 2011 den Vorsitzenden dessen Exeku-tivsekretariates gestellt. In dieser Funktion hat sie die durch das IGF entstandene Kultur eines offenen und tabulosen Multistakeholder-Dialogs über Internet Governance wesentlich mitgeprägt. Das BAKOM war 2008 auch Mitinitiator des europäischen IGF, (EuroDIG) welches seitdem weltweit zum grössten Dialogforum zur Internet Governance nach dem IGF geworden ist und über Europa hinaus Beachtung findet. Weiter hat die Schweiz die Arbeit der von der UNO mit der Umsetzung der WSIS-Resultate betrauten Kom-mission CSTD inhaltlich und auch mit Ressour-cen seit 2006 aktiv unterstützt. Im Europarat hat sich die Schweiz an vorderster Front für die Behandlung von Internet-Governance-Themen eingesetzt und bei der Formulierung der zehn Prinzipien des Europarats zur Internet Gover-nance aktiv mitgearbeitet. Als Vizevorsitzende des Regierungsbeirates (GAC) von ICANN setzt

sich die Schweiz auch in diesem Rahmen dafür ein, dass die Rolle der Regierungen im Rahmen von ICANN gestärkt und die Funktionsweise des GAC verbessert wird.

Internationale Rolle der Schweiz angestrebtSchliesslich haben, nach Anstössen aus dem Par-lament und der Schweizer Wirtschaft, das EDA und das BAKOM zusammen im Frühjahr 2014 die Geneva Internet Platform (GIP) lanciert, welche einen Beitrag dazu leisten soll, dass alle interessierten Akteure, insbesondere solche aus Entwicklungsländern, einfacheren Zugang zu Themen, Anlässen und Prozessen der Internet Governance erhalten und in der Absicht, die Rolle des Internationalen Genf als Zentrum für die Weiterentwicklung der Internet Governance nachhaltig zu stärken. Inhaltlich setzt sich die Schweiz dafür ein, dass die Innovationskraft und die Sicherheit des Internets genauso wie die Grundrechte, die kulturelle Vielfalt und der Zugang Aller zum Internet gefördert wird. Die Internet-Governance-Mechanismen sollen so weiterentwickelt werden, dass alle Menschen und Gesellschaften der Welt ihre Bedürfnisse einbrin-gen können und dass die Rollen und Verantwor-tungen aller staatlichen und privaten Akteure im Internet auf Basis eines von allen geteilten Grundkonsenses über Prinzipien und Spielregeln für das Internet weiter geklärt werden. o

Für weitere Informationen zu NETmundial, den einzelnen Stellungnahmen sowie der Schlusserklä-rung siehe www.netmundial.org

Thomas Schneider ist Koordinator für die internatio-nale Informationsgesellschaft und stv. Leiter des Inter-nationalen Dienstes des Schweizer Bundesamtes für Kommunikation (BAKOM). In dieser Funktion ist Tho-mas Schneider verantwortlich für Internet Governance und Informationsgesellschaftsfragen, insbesondere für elektronische Medien, Menschenrechte und Konsumen-tenschutz. Thomas Schneider vertritt die Schweiz in der UNO-Kommission für Wissenschaft und Technologie im Dienste der Entwicklung (CSTD) und ist regionaler Koordinator der WEOG-Regierungen in der Multistake-holder-Beratergruppe (MAG) des UNO-Internet-Gover-nance-Forum (IGF). Er vertritt zudem die Schweiz im Regierungsbeirat (GAC) von ICANN. Thomas Schneider hat Geschichte, Volkswirtschaft und englische Literatur studiert.

SCHWERPUNKT

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SCHWERPUNKT

Warum sich die ICT-Branche über Internet Governance Gedanken machen sollte

Nick Ashton-Hart.

Die Snowden-Ent-hüllungen stellen in der politischen Landschaft der inter-nationalen Internet-Governance-Debatte eine genauso deutli-che Zäsur dar, wie die westliche Zeitrech-nung den Lauf der Jahre in «vor Chris-

tus» und «nach Christus» unterteilt.

Von Nick Ashton-HartDiese neue politische Realität hat das Inter-esse an allen internationalen Debatten rund um Internet ungeheuer verstärkt – besonders, wenn es dabei um «Internet Governance» geht. Problematisch ist hier allerdings, dass es kein breitabgestütztes Übereinkommen darüber gibt, was dieser Begriff eigentlich alles umfasst – obwohl die internationale Gemeinschaft sich vor rund zehn Jahren, nach zähen und schwie-rigen Verhandlungen, auf eine (wenngleich eher unpräzise)1 Arbeitsdefinition verständigt hatte.

Dieser Mangel an Klarheit hat dazu geführt, dass sich die Politikspielräume ständig ausge-weitet haben, während gleichzeitig immer we-niger gemeinsamer Grund für Entscheidun-gen gefunden werden konnte; so beinhalten unlängst gemachte Internet-Governance-Vor-schläge E-Health-Initiativen, die Lösung der

1 Diese Definition lautet: « ...die Erarbeitung und Anwen-dung gemeinsamer Grundsätze, Normen, Regeln, Entschei-dungsverfahren und Programmen, die die Weiterentwicklung und Nutzung des Internets gestalten, durch Regierungen, den Privatsektor und die Zivilgesellschaft im Rahmen ihrer jeweiligen Rollen.» (Tunis-Agenda für die Informationsgesell-schaft, Artikel 34; vollständige Agenda zu finden unter:http://www.itu.int/wsis/docs2/tunis/off/6rev1. html)

Massenüberwachungsproblematik und neue Massnahmen zur Besteuerung des E-Commerce. Aus diesem Grund hat der Verband, den ich vertrete, in seiner Ein-gabe für NetMundial (die grosse Netzre-gulierungs-Konferenz, die diesen Monat in Brasilien stattfindet) einen Vorschlag gemacht, der sich auf eine einfache Vorgabe stützt: Inter-net Governance sollte nichts zu tun haben mit den Inhalten, die das Internet transportiert. Dieser Vorschlag scheint eine ganze Menge von positivem Feeback zu erhalten und zwar nicht nur seitens der Industrie, sondern auch von vielen Staaten.

Wir alle sind uns bewusst, dass die Bedeu-tung des Internets nicht nur für Wirtschaft und Gesellschaft ständig zunimmt, sondern auch im Bereich der öffentlichen Politik. Meiner Meinung nach bedingt dies eine einverständli-che Abmachung in Bezug auf zwei wesentliche Punkte:1. Welche Bereiche der Politik fallen unter die

Internet Governance – und welche liegen ausserhalb;

2. Welche ausserhalb der Internet Governance liegenden Bereiche der Politik besitzen eine grundsätzlich internetrelevante Dimension und wie und wann überschneiden sich die-se beiden Bereiche?

Was kümmert das die asut-Mitglieder?Ich glaube, dass diese Debatte alle Unterneh-men im ICT-Bereich betrifft und zwar aus zwei einfachen Gründen:1. Jeder Versuch des internationalen Systems,

den Einfluss von Regierungen auf Net-zinhalte auszuweiten, wird wirtschaftlich schwerwiegende Folgen nach sich ziehen, und mit der Zeit zu immer mehr multi-lateralen, staatsgetriebenen Bestimmungen

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SCHWERPUNKT

darüber, was online gesagt, gefunden oder gekauft werden darf.

2. Das Unvermögen der internationalen Ge-meinschaft in Sachen Internet Governance eine Übereinstimmung zu erzielen, wird sich umso stärker auswirken, je breiter und komplexer die zu behandelnden Fragen werden. Falls es den beteiligten Staaten nicht gelingt, durch internationale Prozes-se zu befriedigenden Resultaten zu gelan-gen, dann werden sie das durch nationale Richtlinien und Bestimmungen zu kom-pensieren suchen, wie zum Beispiel die Verpflichtung zum lokalen Daten-Hosting und die Auflage, auf der Basis-Transport-struktur des Internets gewisse Inhalte zu blockieren. Dies wird zu einer Verteuerung von Dienstleistungen und Produkten füh-ren und – in einem grenzüberschreitenden Handelsumfeld und einem Medium, das keine Schranken kennt – zu grosser recht-licher Unsicherheit: also zum genauen Ge-genteil dessen, was sich die Internetbran-che von der Policy-Debatte erhofft.

Unserem Vorschlag liegen vier Prinzipien zu Grunde, die in der Folge beschrieben werden.

Erstes Prinzip: Das Netz und die Daten, die es befördert, sind in Bezug auf die Netzpo-litik zwei völlig getrennte Entitäten (und sol-len auch so behandelt werden). Das Internet als «Netz der Netze» basiert auf einem ganzen Set von Systemen und Dienstleistungen, die es durch ihre Interoperabilität ermöglichen, jeden Punkt A mit jedem irgendwo auf der Welt gelegenen Punkt B zu verbinden. Diese Systeme und Dienstleistungen funktionieren unabhängig von den Daten, die übermittelt werden, sobald die Verbindung zwischen den Punkten etabliert wurde. Einmalige Identifi-zierungsmerkmale wie IP-Adressen und Do-main-Namen, Untersee- und Überlandkabel, mobile Verbindungen und Verbindungen per Satellit, Internetknoten, soft- und hardwareba-sierte Sicherheitsinfrastrukturen, die gemeinsa-me Standards (wie DNSSec) etablieren: Dies alles ermöglicht es, sicherzustellen, dass der erreichte Punkt B auch wirklich der anvisierte Punkt B ist.

Im Hinblick auf die oben beschriebene Netzdefinition drängt sich ein Zweites Prinzip auf: Kein Interessevertreter darf Massnahmen treffen, welche die Fähigkeit des Netzes kom-

Copyright: politicalcartoons.com

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Nick Ashton-Hart ist als «Senior permanent represen-

tative» für den profitorientierten Technologiesektor bei

den Vereinten Nationen in Genf, ihren Mitgliedstaten

und den in Genf vertretenen internationalen Organisa-

tionen akkreditiert. Dieser Artikel ist eine speziell auf die

asut und ihre Mitglieder zugeschnittene Version eines

am 28. März 2014 auf CircleID publizierten Textes mit

dem Titel «Internet Governance: What Does It Mean,

Anyway?». Der Autor drückt darin seine persönlichen

Ansichten aus. Weitere Informationen zu Nick Ashton-

Hart unter: http://www.circleid.com/members/7172/

promittieren, so viele Nutzer wie möglich so kostengünstig und effizient wie nur möglich zu verbinden. Daraus leitet sich ab, dass auch Staaten in Bezug auf die Netzinfrastruktur oder auf ihrem Gebiet erbrachte Dienstleistungen keine Massnahmen treffen dürfen, welche die Nachbarländer benachteiligen. Dies entspricht internationalen Abkommen auf anderen Ge-bieten, wie zum Beispiel der Nutzung von Flusssystemen, wo Staaten seit Jahrhunderten übereingekommen sind, dass der Zugang zu zwischen mehreren Ländern geteilten Flussge-bieten nach genau diesem Prinzip gehandhabt wird. Es ist wichtig zu bemerken, dass dieses Prinzip nicht ausschliesst, dass differenzierte Internetdienstleistungen Endnutzern und Un-ternehmen in Rechnung gestellt werden. Es zielt darauf ab, ein innovationsförderndes Um-feld zu schaffen, in dem alle, insbesondere auch Entwicklungsländer, Zugang zu einer kosten-günstigen Grundversorgung haben.

Das Dritte Prinzip besagt, dass die die Ver-waltung von und der Zugang zu Daten, die durch das Netzwerk zirkulieren, nicht Gegen-stand der internationalen Internet Governance sind. Die Definition dessen, was private Infor-mation ist, was üble Nachrede, Betrug, was als kriminelle Aktivität gelten muss, und viele wei-tere Aspekte der Kommunikation, liegen in der Zuständigkeit der nationalen Gesetzgebung; wie sie ausgelegt werden ist ein wesentlicher Bestandteil der nationalen Souveränität. Wo hingegen internationale Gesetzesbestimmun-gen globale Normen, Leitsätze und Prinzipien festlegen, sind diese Foren der geeignetste Ort, um auch im digitalen Bereich Massnahmen für den Umgang mit Daten zu diskutieren und zu bestimmen. So sind im Bereich der Menschen-rechte der Internationale Menschenrechtsrat und die Werkzeuge, über die er verfügt, die In-stanz, die sich um die entsprechenden Gesetze zur Förderung und zum Schutz der Menschen-rechte im On- und Offlinebereich kümmert.

Viertes Prinzip: Die Regulierung des Inter-nets oder technologischer Entwicklungen im Allgemeinen löst keine sozialen Probleme. Das in den letzten Monaten bekannt gewordene

SCHWERPUNKT

Ausmass der Überwachung, hat viel Wut und Ärger ausgelöst und dazu geführt, dass ver-schiedene Staaten nun Gegenmassnahmen vor-schlagen. So sollen zum Beispiel kommerzielle Anbieter dazu gezwungen werden, gewisse Ar-ten von Daten an bestimmten geographischen Orten zu speichern. Dies hätte unerwünschte negative Nebenwirkungen, ohne die Sicherheit der Daten tatsächlich zu erhöhen und ohne das grundliegende Problem zu lösen: Es ist dies die Frage, welche kooperativen zwischen-staatlichen Vereinbarungen in einer vernetzten und globalisierten Welt notwendig sind, um sicherzustellen, dass jeder von ihnen die Pflicht erfüllen kann, die Sicherheit seiner Bürgerin-nen und Bürger und die Unversehrtheit seines Staatsgebietes zu gewährleisten.

Diese Frage ist zweifellos ungeheuer wichtig und es ist denkbar, dass die Technologie dabei helfen kann, hier Lösungen zu finden. Sicher aber kann die Regulierung von Technologien an und für sich keine Lösung darstellen.

Das soll nicht heissen, dass es grundsätzlich eine schlechte Idee ist, wenn Staaten im Inter-esse der nationalen Sicherheit sich damit ausei-nandersetzen, wie die private oder geschäftliche Nutzung und der Zugriff auf Daten via elekt-ronischer Mittel geregelt sein sollte: Vielleicht ist das tatsächlich eine gute Idee und vielleicht nicht. Ich möchte aber zumindest behaupten, dass es bei einer solchen Debatte nicht ums In-ternet geht. Und erst recht nicht um Internet Governance. o(Übersetzung aus dem Englischen: Christine D'Anna-Huber)

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COMMUNICATION INFRASTRUCTURES

Mit der Weiterentwicklung seiner FTTH-Glas-faser-Indoorkabel eröffnet Huber+Suhner dem Elektro- und Telekommunikationsinstallateur er-hebliche Einsparungspotenziale. Der Aussenman-tel des Kabels lässt sich auch bei Striplängen von 1,5 oder 2 Metern ohne Mühe mittels integrier-tem Aufreissfaden oder mit einem Standard-Strip-werkzeug abziehen. Die neuen Kabel brauchen gegenüber ihren Vorgängertypen 20 Prozent we-niger Platz, was den Einzug bei grossen Kabelzahl stark vereinfacht.

Von Reginald MoserGlasfaser-Indoorkabel sind heute in fast jeder Woh-nung und in praktisch allen Industrie- und Gewer-bebetrieben ein selbstverständlicher Bestandteil der Kommunikations-Infrastruktur. Sie bringen Telefon, Hochgeschwindigkeitsinternetverbindungen und hochauflösendes Fernsehen (HDTV, 3D-TV) direkt in den Wohnbereich. Glasfaser-Indoorkabel sind so ein wesentlicher Bestandteil unseres hohen Wohn-komforts und bilden sozusagen die Nervenbahnen für das Leben und Arbeiten mit zukunftsweisenden Technologien.

Technischer und wirtschaftlicher NutzenDie Standardausführung des Kabels enthält vier einzelne Glasfasern des Typs LowBend Singlemode gemäss ITU-G.657.Ax (ITU = International Te-lecommunication Union). Die vier farbcodierten Glasfasern liegen in einer flexiblen knickresisteten Mikrobündelader, die wiederum mit einer Zugent-lastung mit Aramidgarn und einem halogenfreien, selbstverlöschenden Aussenmantel umgeben ist. Als Zugentlastung dient Aramidgarn, damit kann das Kabel bei der Installation eine Zugbelastung von über 400 Newton aufnehmen. Der brandhemmen-de LSFH- Aussenmantel lässt sich einfach mit Hilfe eines Aufreissfaden abisolieren und die trockne Mi-krobündelader ist danach beliebig lang abstrippbar. Der grosse Vorteil der trockenen Mikrobündelader ist die Zeiteinsparung, die Lichtwellenleiter müssen nicht mehr von Gel gereinigt werden. Trotz seines ge-ringen Aussendurchmessers von 2,3 Millimetern ist es knickfest und verträgt Biegeradien von lediglich 7,5 Millimetern

Huber+Suhner gehört schon seit Jahrzehnten zu den international renommierten Herstellern von Kommunikationskabeln. Die aktuell dem Markt vorgestellte Weiterentwicklung der FITH-Glasfaser-Indoorkabel vereinfacht die Montage der Kabel er-heblich und bietet dem Installationsunternehmen damit die Möglichkeit, seine Kosten beträchtlich zu senken. Die Kabel erfüllen alle von der Norm IEC 60794-2-20/60794-1-2 geforderten Standards und verfügen über die Zulassung der Kommunikations-Infrastrukturunternehmen der Schweiz und in allen wichtigen Industrieländern. o

Erhebliche Einsparungen bei der Installation

Reginald Moser ist Verkaufsleiter Kommunikation bei der

Huber+Suhner AG. Das weltweit tätige Schweizer Unter-

nehmen entwickelt und produziert Komponenten und Sys-

temlösungen der elektrischen und optischen Verbindungs-

technik. Mit Kabeln, Verbindern und Systemen der drei

Schlüsseltechnologien Hochfrequenz, Fiberoptik und Nie-

derfrequenz bedient das Unternehmen Kunden in den drei

Märkten Kommunikation, Transport und Industrie.

www.hubersuhner.chFTTH-Glasfaser-Indoorkabel. Foto: Huber+Suhner

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ASUT SEMINAR

Ausgeruht ankommen.Unterwegs zuhause.

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40. ASUT SEMINARKURSAAL BERN

26. JUNI 2014

SWISS TELECOMMUNICATION SUMMIT

ICT GOES MOBILE

Vladgrin/Shutterstock.com

ICT goes mobile – Diskutieren Sie mit!

(asut) – Obwohl das Smartphone noch keine 10 Jahre alt ist, ist das mobile Internet nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken: Über 75 Prozent der Schweizer Bevölkerung nutzen es bereits. Dabei sind Smartphones und Tablets nur die Spitze des Eisbergs: neue Geräte wie Google-Glass, intelli-gente Armbänder und Uhren oder die Vernetzung von Haushaltsgeräten und Fahrzeugen ermöglichen Dienste und Anwendungen, die weit über die tradi-tionelle Telekommunikation hinausgehen.

Mit dem Jahresmotto der asut «ICT goes mo-bile» legen wir den Schwerpunkt jedoch nicht pri-mär auf die smarten Endgeräte, sondern auf die durch die mobile Kommunikationstechnologie beflügelten Verknüpfungen zwischen Menschen, Infrastrukturen und Systemen. Standen zu Beginn des Mobilfunks die individuelle Mobilität und die Kommunikation einzelner Menschen im Vorder-grund, so geht es heute um die vernetzte Mobilität von Menschen und Maschinen. Diese Entwicklung schafft neue Bedürfnisse und wird neue Dienstleis-tungen und Produkte ermöglichen. Damit dieses Potenzial erkannt und genutzt wird, muss auch die ICT-Branche selbst mobiler werden und über die traditionellen Grenzen hinausdenken. Gefragt sind Partnerschaften mit angrenzenden Branchen, in de-nen ICT neue Businessmodelle möglich macht.

Mit welchen Services und Anwendungen kön-nen Anbieter neues Wachstum generieren? Welche Rolle spielen Machine-to-Machine (M2M) oder Mobile Payment für den Detailhandel? Wie steht es um die Governance im Internet, welchen Stel-lenwert haben dabei Privatsphäre und Datenschutz, und wie kann die Sicherheit und Integrität der Da-ten gewährleistet werden? Wie kann die Kapazität von Schiene und Strasse durch die Kommunikati-onstechnologie spürbar erhöht werden? Kann ICT die Kosten im Gesundheitswesen senken? Welchen Beitrag leistet unsere Branche zur Energiewende? Diese Fragen zeigen die Herausforderungen auf, vor denen unsere Branche steht.

Ganz folgerichtig ist «ICT goes mobile» denn auch das Thema des Swiss Telecommunication

Summit 2014, der am 26. Juni 2014 im Kursaal Bern stattfindet. Kurzweilige Referate und span-nende Podiumsdiskussionen liefern wie immer den Stoff für das Wichtigste an unserem Jahresanlass, das Networking und die Kontakte unter Branchenver-tretern, mit Kunden und mit Repräsentanten von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung.

Die Debatte ist lanciertasut-Präsident Peter Grütter liegt das asut-Jahres-motto ganz besonders am Herzen. Seit Beginn 2014 veröffentlicht er auf Twitter, Google+, Facebook und seinem Wordpress-Blog seine Reflexionen und Impressionen zum Thema, gebündelt unter dem Hashtag «#ICTgoesMobile». Und natürlich würde er sich darüber freuen, wenn möglichst viele asut-Mitglieder mitdiskutieren. Markieren auch Sie ein-fach Ihre Posts auf Facebook, Twitter usw. mit dem Schlagwort «#ICTgoesMobile» und schon sind Sie dabei! Wir sind gespannt auf Ihre Kommentare zu Jahresmotto und Seminar, vor allem aber dazu, wie Sie die Veränderungen wahrnehmen, welche die rasante Entwicklung der mobilen Kommunika-tionstechnologie für die moderne Gesellschaft im Allgemeinen und die ICT-Branche im Besonderen mit sich bringt. o

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AGENDA

DATUM WAS/WO VERANSTALTER

23.04.2014 ICT-Fachkräfte von Morgen ausbildenInfo-LunchZLI Zürcher Lehrbetriebsverband ICT

ZLIwww.zli.ch

06.05.2014 Fachtagung Smart Factory – Industrie 4.0Wettbewerbsstärke durch intelligente Produktion Campussaal Brugg-Windisch

electrosuissewww.electrosuisse.ch

07.05.2014 Provider Day 2014Hosting zwischen Business und StaatsmachtOrganisation und Informatik Stadt Zürich, Zürich

Simsawww.simsa.ch

08.05.2014 9. Swiss Information Management ForumSwissôtel Zürich-Oerlikon

Uvisionwww.uvision.ch

16. 05.2014 40. asut-GeneralversammlungMuseum für Kommunikation, Bern

asutwww.asut.ch

21.05.2014 Greenforum 201420 Jahre SWICO RecyclingVerkehrshaus der Schweiz, Luzern

Swicowww.swico.ch

22.05.2014 38. Member ApéroMax Hauri AG, Bischofszell

asutwww.asut.ch

26.06.2014 40. asut-SeminarSwiss Telecommunication SummitKursaal Bern

asutwww.asut.ch