Upload
christoph-lutz
View
222
Download
0
Embed Size (px)
DESCRIPTION
seminar thesis about a the global media enterprise news corporation
Citation preview
0
News Corporation
Portrait einer globalen Medienorganisation
Seminararbeit im Rahmen des Seminars „Strukturen öffentlicher Kommunikation im
internationalen Vergleich“
Leitung: Dr. Patrick Ettinger & lic. phil. Esther Kamber
Eingereicht am Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität
Zürich
2. Oktober 2007
Christoph Lutz
Reggenschwilerstrasse 28
9402 Mörschwil
Matrikel: 04-712-899
E-Mail: [email protected]
Telefon: 079 504 13 61
Hauptfach: Soziologie
1. Nebenfach: Englische Sprachwissenschaft
2. Nebenfach: Publizistikwissenschaft
1
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ____________________________________________________________ 2
2. Theoretische Grundvoraussetzungen ______________________________________ 3
2.1 Strukturwandel der Öffentlichkeit ___________________________________________ 3
2.2 Neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit _____________________________________ 4
2.3 Die Mediengesellschaft _____________________________________________________ 5
2.4 Kritische Theorie: Kulturindustrie ___________________________________________ 6
3. Entwicklung und Struktur von News Corporation ____________________________ 7
3.1 Die Struktur von News Corporation __________________________________________ 7
3.2 Entwicklung von News Corporation __________________________________________ 9
4. Kontextuelle Einordnung_______________________________________________ 11
4.1 Der soziale Kontext_______________________________________________________ 11
4.2 Der politische Kontext ____________________________________________________ 12
4.3 Der technologische Kontext ________________________________________________ 14
4.4 Der medienbezogene Kontext ______________________________________________ 15
4.5 Der wirtschaftliche Kontext ________________________________________________ 16
5. Kommentar __________________________________________________________ 18
5.1 Kritische Anmerkungen ___________________________________________________ 18
5.2 Publizistische Grenzen der globalen Medienorganisation _______________________ 19
6. Schluss _____________________________________________________________ 20
Literatur ______________________________________________________________ 22
2
Well, it would've been, could've been
Worse than you would ever know
Oh, the dashboard melted
But we still have the radio
(Isaac Brock)
1. Einleitung
Dass Rupert Murdoch und News Corporation umstritten sind, wagt wohl niemand ernsthaft
zu bestreiten. Doch die herausragende Rolle, die der mittlerweile viertgrösste
Medienkonzern (Hachmeister & Rager 2005) einnimmt ruft immer wieder
Kulturpessimisten und kritische Stimmen hervor, die die aggressive Akquisitionsstrategie
des Konzerns kritisieren und die Gefahren betonen, die aus zu grosser
Medienkonzentration entstehen können (Jarren & Meier 2001). Im Gegensatz zu anderen
globalen Medienorganisationen wie z. B. Time Warner oder Walt Disney zeichnet sich
News Corporation durch einen charismatischen Konzernchef, nämlich Rupert Keith
Murdoch, aus, der auch gerne Einfluss auf editorische und inhaltsspezifische Aspekte der
Medienproduktion nimmt. Sein berechnender Opportunismus, seine klaren politischen
Stellungnahmen und seine mitunter kontroversen Aussagen machen ihn zum wohl
bekanntesten und meistgehassten Medientycoon der Gegenwart (Page 2003). Davon zeugt
auch die vielbeachtete Übernahme des Dow Jones Verlags, die erst vor kurzer Zeit und
nach starkem Widerstand gewisser Exponenten der Eignerfamilie Bancroft erfolgt ist und
ein beachtliches mediales Echo nicht nur in der Wirtschaftspresse hervorrief (Focus 2007).
In dieser Seminararbeit geht es darum die Medienorganisation News Corporation in ihrer
Entwicklung und Struktur zu beschreiben und in den Kontext der öffentlichen
Kommunikation auf globaler und wo nötig auch auf nationaler Ebene einzuordnen. Die
verschiedenen Verknüpfungen des Unternehmens und der Konzernleitung in der Person
von Rupert Murdoch mit der Politik, der Wirtschaft und dem Mediensystem werden
aufgezeigt um eine normative Orientierung der Arbeit zu garantieren. Hierfür werden
theoretische Grundlagen notwendig sein, die in einem eigenen Kapitel vorgestellt werden
und die im Wesentlichen aus dem Kontext der Soziologie und Medienwissenschaften
kommen. Im Zentrum steht der Habermas’sche Begriff des Strukturwandels der
Öffentlichkeit sowie dessen Erweiterung, der neue Strukturwandel der Öffentlichkeit (vgl.
Imhof 2006 oder Kamber 2001). Auch die Kritische Theorie, insbesondere die
3
Ausführungen von Adorno zur Kulturindustrie werden in diesem Kapitel behandelt.
Zudem wird, da es der Fokus dieser Arbeit erfordert, der Tatsache der Globalisierung und
deren theoretischer und empirischer Beschreibung eine nicht unwesentliche Rolle in dieser
Seminararbeit zukommen. Denn nur mit den globalen technologischen, strukturellen und
weltpolitischen Veränderungen der letzten 40 bis 50 Jahre im Hinterkopf, können wir die
Position von News Corporation im derzeitigen Mediensystem richtig verstehen und
interpretieren.
Die Arbeit gliedert sich in sechs Teile. Nach der Einleitung kommen die theoretischen
Ansätze zur Sprache, die beim Verständnis der Thematik als Rahmen dienen und
erkenntnisleitend wirken sollen. In einem dritten Teil wird die Entwicklung und Struktur
der Medienorganisation News Corporation behandelt - sowohl aus nationaler als auch
globaler Perspektive. Dieser Teil gestaltet sich eher deskriptiv und ist daher recht
faktenzentriert. Anschliessend erfolgt eine eingehende kontextuelle Einordnung der in
Kapitel 3 präsentierten Befunde. News Corporation wird aus verschiedenen Blickwinkeln
im Hinblick auf öffentliche Kommunikationssysteme und ein strukturelles
Gesellschaftsverständnis analysiert. Dazu dienen unter anderem wirtschaftliche
Entwicklungen und Makrotrends im politischen Weltsystem. Aber auch gesellschaftliche,
technologische und mediensystemspezifische Aspekte kommen in gesonderten Teilen zur
Sprache. Sodann werden die kontextuellen Einordnungen in einem fünften Kapitel
reflektiert und - wo möglich - mit der Theorie in Zusammenhang gebracht. Die Grenzen
der globalen Medienorganisation werden aufgezeigt und einige kritische Anmerkungen
gemacht. In einem Schlussteil werden schliesslich die wichtigsten Aussagen der
Seminararbeit zusammengefasst und kommentiert.
2. Theoretische Grundvoraussetzungen
2.1 Strukturwandel der Öffentlichkeit
In seiner Habilitationsschrift aus dem Jahre 1962 mit dem gleichnamigen Titel beschreibt
Jürgen Habermas das Entstehen einer bürgerlichen Öffentlichkeit. Aus einer historisch-
kulturwissenschaftlichen Perspektive referiert er über die grundlegenden Veränderungen
des Öffentlichkeitsbegriffs, die mit dem Aufkommen der Moderne - dem Entstehen einer
mächtigen bürgerlichen Schicht und dem Niedergang des ancien regime (insbesondere in
4
Frankreich seit der Revolution von 1789) - und der anschliessenden gesellschaftlichen
Weiterentwicklung (funktionale Differenzierung) stattgefunden haben (Habermas 1990).
Dabei unterscheidet er zwei prägende Prozesse, die mit den Begriffen „sozialer
Strukturwandel“ und „politischer Funktionswandel“ (Donges & Imhof 2005: 163ff.)
umschrieben werden. Letzterer bezieht sich im Wesentlichen auf den Übergang der
Öffentlichkeit, die in ihrer bürgerlichen ursprünglichen Form eher die Form einer
Versammlungsöffentlichkeit aufwies und sich am Idealprinzip des zwanglosen Zwangs des
besseren Arguments orientierte, zu einer anonymen Medienöffentlichkeit, bei der das
Publikum verstreut und nicht organisiert ist. Ersterer greift den Gedanken auf, dass sich die
ehemals strikte Trennung von Öffentlichem und Privatem langsam auflöst und dadurch
ihren bildungsbürgerlichen Diskurshabitus sukzessive verliert (ebd.). Im Gegensatz zur
bürgerlichen Öffentlichkeit wird Kultur in der entwickelten Medienöffentlichkeit nicht
primär raisonniert, also diskutiert und rational analysiert, sondern nur noch konsumiert.
Habermas’ Theorie hat nicht den Anspruch wissenschaftlich genaue Aussagen über die
Realität zu formulieren, sondern versucht anhand eines Idealtyps, an dem sich die
Öffentlichkeit(en) der Wirklichkeit normativ messen können, die bestehenden Zustände zu
kritisieren und Verbesserungspotentiale aufzuzeigen. In diesem Sinn steht Habermas noch
ganz in der Theorie der Kritischen Schule, von der er sich später etwas entfernen sollte.
Dennoch stellt das Konzept des Strukturwandels der Öffentlichkeit ein sinnvolles
Analyseraster für diese Arbeit dar, denn die Realität lässt sich damit an den normativen
Ansprüchen eines Ideals besser erfassen.
2.2 Neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit
Die Theorie des Strukturwandels der Öffentlichkeit von Habermas ist seit ihrem
Erscheinen rege diskutiert und überarbeitet worden. Habermas hat selbst noch mal Bezug
auf seine Habilitationsschrift genommen und einige wichtige Punkte revidiert (Donges &
Imhof 2005). So sei die Vermachtung der (Medien)Öffentlichkeit nicht so stark ausgeprägt
wie er dies ursprünglich angenommen hatte, sondern durch zivilgesellschaftliche
Gegentendenzen (die aber im Wesentlichen nach der Veröffentlichung des
Strukturwandels in gesamtgesellschaftlicher Heftigkeit - u. a. durch die 68er-Bewegung -
zum Ausdruck kamen) abgemildert oder zumindest kritisch reflektiert worden (ebd.). Auch
die Erhöhung des Ideals der ursprünglichen bürgerlichen Öffentlichkeit mit ihren
5
Debattierclubs und Versammlungen sei überhöht gewesen und in dieser Form nicht
angebracht.
Am Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich wurde mit
Bezug auf Habermas der Begriff des neuen Strukturwandels der Öffentlichkeit geprägt.
Dieser geht von einem Gesellschaftsmodell aus, in dem der soziale Wandel, im Gegensatz
zu bestimmten Modernisierungstheorien (Lerner 1958, Eisenstadt 1983), diskontinuierlich
verläuft, also nicht linear, sondern eher in Kurven- oder Wellenbewegungen (Bornschier
1998, Imhof 2006). In gesellschaftlichen Krisenphasen konzentriert sich die
Medienberichterstattung der Massenmedien1 auf wenige Themen. Es ist eine erhöhte
Konfliktstilisierung feststellbar, vermehrte Skandalisierungen treten auf und die
öffentlichen Diskussionen verlaufen in schärferem Ton (Imhof 2006).
In der Schweiz, deren Presselandschaft seit dem Sonderbundskrieg und der darauf
folgenden Gründung des Nationalstaates wesentlich von den Parteizeitungen der grossen
Parteien geprägt war, kommt es nach dem 2. Weltkrieg und insbesondere im Verlaufe der
1960er Jahre zur Ablösung der Presse von ihren politischen Trägern (Kamber 2001). Die
Zeitungen verfolgen nicht mehr strikte ideologische Linien, sondern sind ungebundener
was die Editionspolitik betrifft.
Das Erscheinen der ersten Schweizerischen Boulevardzeitung, des Blicks, fällt ebenfalls in
diese Zeit und hat Auswirkungen auf die Kommerzialisierung der Presselandschaft. Auch
die Dualisierung des Rundfunks, die in der Schweiz Mitte der 1980er Jahre aus
internationaler Sicht relativ spät erfolgt, ist Ausdruck dieses Strukturwandels und ein
entscheidender Schub in die veränderte Zeit. Das Mediensystem löst sich also vom
politischen System und orientiert sich zunehmend an ökonomischen Imperativen, es
koppelt sich an die Logik des ökonomischen Systems (ebd.).
2.3 Die Mediengesellschaft
Wie andere Gesellschaftsbegriffe wie z. B. Wissensgesellschaft, Informationsgesellschaft
oder Netzwerkgesellschaft versucht der Term „Mediengesellschaft“ das Spezifische an der
gesellschaftlichen Ausformung einer bestimmten Epoche dingfest zu machen. Kamber
(2001) verweist auf die Ausdifferenzierung des Mediensystems als eigenlogisches
gesellschaftliches Subsystem neben anderen. In Anknüpfung an Durkheim (2004) und die
auf ihn aufbauenden Theorien der sozialen Differenzierung (z. B. Luhmann 1984) schildert
1 Die grossen Zeitungen sowie Rundfunkanstalten
6
Kamber (2001) die Entstehung des Mediensystems als eigenmächtiges gesellschaftliches
Subsystem in der Schweiz. Während im 19. und angehenden 20. Jahrhundert auf
gesellschaftlicher Basis relativ klare milieuspezifische Ordnungsverhältnisse herrschten,
begannen sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts oppositionelle und
zivilgesellschaftliche Akteure mehr und mehr in Szene zu setzen. Die bis anhin relativ
stabilen Wahlverhältnisse wurden brüchiger und es gab mehr Wechselwähler, was sich u.
a. in der veränderten Rolle des politischen Systems äusserte und dieses schwächte. Es kam
zur Erosion der bestehenden Milieus, was sich auch auf das Pressesystem auswirkte, wie in
Teil 2.2 schon angetönt wurde. Die weitere Entwicklung der Presse und der Massenmedien
allgemein war von der Deregulierung und Kommerzialisierung der Inhalte geprägt.
In der Moderne, also der Gegenwart, erfüllen die Medien vielfältige Ansprüche, bringen
aber auch Probleme für Organisationen und Personen, also Akteure der Meso- und
Mikroebene mit sich. Zu nennen sind hier Personen- statt Sachorientierung, Moralisierung,
Eventinszenierung und Skandalisierung (ebd.). Diese so genannten Medialisierungseffekte
sind sehr ambivalent und sowohl eine Herausforderung als auch eine Chance für die
Moderne. Die Ansprüche und Erwartungen des Mediensystems können nicht immer mit
den Erwartungen der anderen Akteure und Systeme in Einklang gebracht werden. Es
entsteht zusätzliches Friktions- und Konfliktpotential, das bei Kamber (2001) auf
verschiedenen Ebenen analysiert wird. Auf der Mesoebene, also der Organisationsebene,
die uns hier besonders interessiert, ist dabei besonders die Tatsache erwähnenswert, dass es
im Zuge der Medialisierung zu Spannungen zwischen der betriebsinternen Kommunikation
nach innen (auch Wir-Kommunikation genannt, ebd.: 94) und der externen Ich-
Kommunikation gegenüber anderen Akteuren in der Öffentlichkeit kommt. Dadurch
werden die Anforderungen an die Binnenkommunikation gesteigert und es entsteht ein
Konfliktpotential, das auch bei News Corporation zu beobachten ist.
Des Weiteren geht Kamber (ebd.: 86) kurz auf die Transnationalisierung der Medien ein.
Dieser Vorgang stärkt ihre Rolle als Subsystem der Gesellschaft, indem es den nationalen
Rahmen sprengt, während die nationale Medienpolitik nicht genügend schnell effiziente
Massnahmen der Regulierung und Steuerung ergreifen kann.
2.4 Kritische Theorie: Kulturindustrie
Die am sozialwissenschaftlichen Institut der Universität Frankfurt a. M. entstandene
Frankfurter Schule um ihre zentralen Vertreter Max Horkheimer, Theodor W. Adorno,
7
Walter Benjamin und Herbert Marcuse beschäftigte sich u. a. auch mit kulturellen
Aspekten der Massenmedien. Insbesondere Adorno (Horkheimer & Adorno 2006) setzte
sich zeitlebens mit der (Hoch)Kultur auseinander und erkannte in den damals noch relativ
jungen Medien des Films und der Tonträger eine Gefahr für den kritisch denkenden
Bürger. Durch diese Kulturindustrie - gemeint sind standardisierte, aufs Massenpublikum
zugeschnittene Produkte - geht das wahre Ideal der Kunst verloren: die
Auseinandersetzung und Infragestellung der bestehenden gesellschaftlichen Realität, der
sozialkritische und raissonierende Geist. Das Publikum verliert die Fähigkeit zu
hinterfragen, nimmt nur noch auf, konsumiert lediglich, statt selbst zu denken. Alles sei
ähnlich geworden und diene der Flucht vor den Problemen, statt der Konfrontation mit der
zu verbessernden Realität (ebd.).
Während die wortgewaltige und im Kern sicherlich nicht ganz falsche Infragestellung der
Kulturproduktion- und Industrie seitens Adorno und Horkheimer viel diskutiert und häufig
zitiert wurde, nimmt sie nicht direkt auf bestimmte Aspekte der Medienorganisation als
solches Bezug. Ihre Kritik bleibt allgemein und ist nicht mit den modernen kleinräumigen
und empirisch auf relativ sicherem Boden stehenden Theorien mittlerer Reichweite der
Publizistikwissenschaft und Soziologie in Einklang zu bringen. Sicherlich wäre für Adorno
die Ausgestaltung eines Medienkonzerns wie News Corporation mit all seinen
Möglichkeiten der Manipulation und seinen kulturindustriellen Produkten ein Gräuel.
Inwiefern sich dies aber auf die inhaltsspezifische oder produktionsspezifische Dimension
der Organisation bezieht bleibt offen.
3. Entwicklung und Struktur von News Corporation
3.1 Die Struktur von News Corporation
Mit einem Jahresumsatz von 25,327 Milliarden US$ (Jahresbericht 2006) und 47300
Mitarbeitern ist News Corporation die viertgrösste Medienorganisation der Welt.
Konzernchef und grösster Eigentümer des Unternehmens ist der gebürtige Australier Keith
Rupert Murdoch, der die wesentlichen Entscheidungen zur Konzernpolitik selbst trifft und
durch sein charismatisches und mitunter kontroverses Auftreten auffällt (Page 2003).
Lange Zeit hatte News Corporation den Hauptsitz in Australien, vor ein paar Jahren aber
wurde er nach New York verlegt. Während andere grosse Medienorganisationen
8
bestimmte Kernbereiche aufweisen (Walt Disney z. B. macht einen grossen Teil des
Umsatzes mit Filmen und Vergnügungsparks), ist News Corporation stark diversifiziert
und umfasst acht Geschäftsfelder (Jahresbericht 2006), die alle relativ grosse Teile des
Umsatzes ausmachen und für den Erfolg des Unternehmens gesorgt haben, nämlich: Filme,
Television, Kabel Netzwerk, Satelliten TV (Pay TV), Magazine, Zeitungen, Bücher, Rest.
Jede dieser acht Sparten enthält ihrerseits wieder z. T. bekannte Brands, an denen News
Corporation mit unterschiedlichem Anteil beteiligt ist. Einige der bekanntesten
Exponenten des Konglomerats sind: The Sun, The Times, The New York Post, The Daily
Mail (Zeitungen), Fox Network, Fox News Channel (Television), 20th Century Fox
(Filmstudio, Filme), British Sky Broadcasting, (Satellit, Pay TV), TV Guide (Magazin),
Jamba (Klingeltöne, Internet, Rest) und myspace (Internet, Rest). Zudem ist News
Corporation Besitzer oder Teilhaber an einigen grossen Sportvereinen in den USA und in
Australien. Nichtsdestotrotz nimmt die Mediengattung Zeitung einen ausserordentlich
hohen Stellenwert im Gesamtgefüge des Konglomerats ein2, sowohl aus
entwicklungsspezifischen (siehe Teil 3.2) als auch aus pragmatischen Gründen (die
Zeitung erreicht grosse Teile der Bevölkerung und wird als verlässlicher und weniger
manipulativ angesehen als das Fernsehen).
Durch die vielfältigen und stark gestreuten Beteilungen ist die Konzernstruktur von News
Corporation unübersichtlich und komplex. Insgesamt rund 400 Untergesellschaften oder
Brands sind zu News Corporation zugehörig (Hachmeister & Rager 2005). Das
Tätigkeitsgebiet unterteilt sich in drei grosse Hauptmärkte, in denen der Grossteil des
Gesamtumsatzes erwirtschaftet wird: Australien/Ozeanien, USA und Grossbritannien.
Während Australien/Ozeanien als Heimatland von Rupert Murdoch und als Startmarkt
einen wichtigen traditionellen Stellenwert einnimmt und in Grossbritannien ein grosser
Teil der nationalen Presse unter der Schirmherrschaft des Konzerns steht, sind die USA das
wichtigste Zielgebiet mit rund 70% des Gesamtumsatzes. Aus diesem Grund wurde auch
der Firmenhauptsitz dorthin verlegt. Trotz dieser geographischen und produktspezifischen
Breite gelingt es der Organisation eine einheitliche und klar definierte (Konzern)Politik
umzusetzen, die sich an den Entscheidungen des CEO Rupert Murdoch orientiert und diese
konsequent in die Tat umsetzt. Dies wird durch die straffe Führung und das grosse
Kontaktnetz, über welches Rupert Murdoch verfügt, garantiert.
Rechtlich gesehen ist News Corporation eine Aktiengesellschaft, mit Eigentümern aus der
Finanzindustrie und privaten Investoren. Den grössten Anteil an der Organisation (30%) 2 Keine der konkurrierenden grossen Medienorganisationen (Time Warner, Viacom, Walt Disney) macht auch nur annähernd so viel Umsatz mit Zeitungen wie News Corporation
9
besitzt die Cruden Investment Gesellschaft, die der Familie Murdoch gehört, gefolgt von
Citicorp. Nominees mit gut 20% Anteil und Liberty Media Corp. (ca. 18%) unter der
Führung von John Malone, einem reichen Medientycoon aus den USA. Die restlichen
Prozent teilen sich verschiedene Investmentgesellschaften und Klein- und Mittelanleger.
Die erfolgreiche Strategie von News Corporation stützt sich auf vier grundlegende Stärken
ihres CEOs Rupert Murdoch (Gershon 1997: 203f.): erstens hat sich Murdoch nie gescheut
hohe Risiken einzugehen und ist damit oftmals gut gefahren, zweitens verfügt er über
ausgezeichnete Kenntnisse des Publikumsgeschmacks: er weiss, was die Leute sehen,
hören und lesen wollen, drittens ist Murdoch ein gewitzter Geschäftsmann, der weiss wie
man den Gewinn maximieren kann und keinerlei Sentimentalitäten zeigt wenn es um den
Erfolg des Unternehmens geht und viertens schliesslich verfügt er über die Fähigkeit
Schulden geschickt zu managen und neue Akquisitionen durch Kredite, die er immer
wieder bekommt, zu finanzieren.
3.2 Entwicklung von News Corporation
News Corporation hat seine Ursprünge in Australien und entwickelte sich aus der Holding
News Limited, die heute zu News Corporation gehört.
Rupert Murdoch wurde im Jahr 1931 geboren und erbte früh die beträchtlichen
Aktienanteile, die sein Vater Keith Murdoch in australische Zeitungen investiert hatte und
ihn zur Kontrolle von News Limited berechtigten, eine Organisation, die die
Nachmittagszeitung The News herausgab und in Adelaide angesiedelt war. Obwohl
Murdoch zu diesem Zeitpunkt erst 21 war, hatte er sich schon erste journalistische
Erfahrungen in England aneignen können, die ihm im Folgenden sehr zugute kommen
sollten. Schnell gelang es ihm die Auflagenzahlen der News zu steigern und sich einen
nationalen Ruf im Verlegergeschäft zu erarbeiten. In den folgenden Jahren erwarb er
mehrere australische Zeitungen und Magazine, darunter die erfolgreiche TV Week und im
Jahre 1964 wurde The Australian gegründet, die erste gesamtaustralische Tageszeitung, die
aber nur mässige Auflagen erreichte und mit ständig wechselnden Chefredakteuren zu
kämpfen hatte. Diese konnten sich mit Murdochs Führungspolitik und seinem Eingreifen
auch in inhaltliche Belange nicht anfreunden (Marjoribanks 2000).
1968 expandierte die damalige News Limited nach Grossbritannien, wo die
Sonntagszeitung The Daily Mail - mit einer Auflage von 6 Millionen Exemplaren die
grösste englischsprachige Zeitung weltweit - zu einem sehr günstigen Preis erworben
10
werden konnte, da der Mitbewerber und Konkurrent Robert Maxwell in der Öffentlichkeit
sehr unbeliebt, fast schon diskreditiert war. Nichtsdestotrotz war diese Akquisition sehr
risikoreich in Anbetracht der relativ geringen Grösse und Kapitalkraft von News Limited.
Nur ein Jahr später gelang Murdoch mit dem Aufkauf der Sun, die konsequent auf tabloid-
Kurs gebracht wurde - d. h. die Inhalte wurden moralisierend und prägnant aufgemacht,
mit grossen Headlines und wenig Text präsentiert und zu einem sehr tiefen Preis angeboten
- einer der grössten Coups seiner Karriere im Medienbusiness. Bis heute ist die Sun zur
grössten englischsprachigen Tageszeitung weltweit mit einer Auflage von über drei
Millionen Exemplaren geworden (Hachmeister & Rager 2005). Auch der Einstieg in den
US-amerikanische Pressemarkt liess nicht lange auf sich warten. Im Laufe der 1970er
Jahre wurden mehrere Zeitungen aus verschiedenen Regionen der USA gekauft, darunter
die New York Post, die heute zu den grössten amerikanischen Tageszeitungen gehört.
1979 schliesslich wurde aus News International News Corporation, die alle Aktivitäten des
Konzerns global umfassen sollte. Trotz dem Namenswechsel änderte sich wenig an der
aggressiven Akquisitionspolitik der Holding, denn nur ein Jahr später erwarb man sich mit
der englischen Times und der Sunday Times Zeitungen von Weltformat, die ein hohes
Renommee genossen und immer noch geniessen. Mittlerweile war der Konzern zu einem
gigantischen Zeitungsunternehmen geworden und wuchs ständig durch den Aufkauf immer
neuer Zeitungen in Australien und den USA. Man beschränkte sich aber vorerst fast
ausschliesslich auf den Zeitungsmarkt.
Erst die 1980er sollten das Jahrzehnt der grossflächigen Expansion in eine andere
Mediengattung werden. News Corporation baute aus sechs grossen lokalen TV-Kanälen
den Sender Fox Broadcasting auf, der sich nach und nach zum vierten grossen nationalen
TV-Network (neben ABC, NBC und CBS) entwickelte. Insbesondere populäre Serien wie
The Simpsons oder The X-Files verhalfen dem Network zu guten Quoten. Es folgte das
Engagement im Satelliten-TV Bereich, wo Anteile an den PayTV-Kanälen BSkyB und Sky
Italia für grosse Summen gekauft wurden. Durch diesen ständigen Expansionskurs, der mit
enormen Kosten verbunden war, verschuldete sich News Corporation Anfang der 1990er
Jahre stark und stand kurz vor der Liquidation. Der Konkurs konnte jedoch abgewendet
werden, weil die Einnahmen aus dem Filmgeschäft zu Weihnachten zur Begleichung der
Schulden verwendet werden konnten und Verträge ausgehandelt wurden, die die
längerfristige Abzahlung ermöglichten, aber auch weil Anteile an Magazinen in den USA
abgestossen wurden (ebd.). Im Folgenden zeigte sich News Corporation um Konzernchef
Rupert Murdoch weniger risikofreudig und begrenzte die Neuverschuldung (ebd.).
11
Seither kamen u. a. Engagements im Nachrichtenbereich mit dem US-amerikanischen
Kanal Fox News, der als Konkurrenz zum erfolgreichen CNN aufgebaut wurde, und in der
Wirtschaftsberichterstattung mit dem kürzlich übernommenen renommierten Dow Jones
Verlag, der das Qualitätsblatt Wall Street Journal herausgibt, hinzu.
4. Kontextuelle Einordnung
Die heutige Position und die Entwicklung von News Corporation sind nur verständlich,
wenn wir die sozialen, politischen, technologischen, medienbezogenen und
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, in denen das stetige Wachstum dieser Organisation
während den letzten ca. 40 Jahren stattgefunden hat, berücksichtigen. Diese Einordnung in
einen breit gefächerten Kontext wird in diesem Kapitel vorgenommen um das Verständnis
der organisationsspezifischen Aspekte zu vertiefen. Da eine solche Analyse in
vollständiger Art & Weise sehr umfangreich und zeitintensiv wäre und im Rahmen einer
gewöhnlichen Seminararbeit nur unvollständig durchgeführt werden kann, beschränke ich
mich auf die wichtigsten Punkte.
4.1 Der soziale Kontext
Mit der Theorie des diskontinuierlichen sozialen Wandels haben wir ein Werkzeug zur
Verfügung, das es erlaubt gesellschaftliche Veränderungen auf der Makroebene zu
analysieren und im Rahmen dieser Arbeit sinnvoll mit Veränderungen auf der Mesoebene
der Medienorganisation zu verknüpfen. Seit 1952, also dem Jahr, in dem Rupert Murdoch
die Konzernleitung von News International, hat sich die Struktur der englischsprachigen
Gesellschaften der USA, Grossbritanniens und Australiens stark gewandelt (OECD 2007).
Demographische Veränderungen wie das Bevölkerungswachstum, verbunden mit
beträchtlicher Immigration führten zu Urbanisierungen und grossflächiger Besiedlung des
natürlichen Lebensraums.
Nicht nur die Sozialstruktur der angelsächsischen Gesellschaften Australiens, der USA und
Grossbritanniens hat sich verändert, sondern auch die Werte und Normen innerhalb der
Bevölkerung. Im Zuge der Emanzipationsbewegung und der sexuellen Revolution der
späten 1960er Jahre wurden gesellschaftliche Leitbilder kritisch hinterfragt und bestehende
12
Ordnungsmuster herausgefordert. Auch die Individualisierung (Beck 1986) ist nicht
spurlos an den angelsächsischen Ländern vorübergegangen. Die Lebensstile und
Konsummuster haben sich durch das wirtschaftliche Wachstum und neue technologische
Möglichkeiten gewandelt und wurden vielfältiger. Im Laufe der Jahre entstand ein immer
breiteres Angebot an Medien zu allen denkbaren Themen. Dies drückt sich auch in
veränderten Medienkonsumschemata aus. Fernsehen und insbesondere das Radio werden
nicht mehr wie früher bewusst und konzentriert konsumiert, sondern mehr und mehr
nebenher und ergänzend zu anderen Tätigkeiten aufgenommen.
Für News Corporation bedeuteten diese gesellschaftlichen Prozesse und Veränderungen
Chancen sich mit ihren Produkten geschickt im Markt zu platzieren. Mit ihren
spezialisierten und auf die individuellen Bedürfnisse des Publikums abgestimmten
Produkten und ihren tiefen Preisen, insbesondere im Zeitungssektor, traf News
Corporation den Nerv der Zeit und konnte dadurch den Umsatz stetig steigern (Gershon
1997). Zugute kam der Organisation weiterhin, dass sie sich auf gegenüber
gesellschaftlichen Trends offen zeigte, was sich u. a. in den Innovationen des Page Three-
girls, das erstmals in der 1969 - nach der Übernahme von News Corporation - relaunchten
Sun erschien, und in den sehr beliebten Fernsehsendungen The Simpsons und X-Files
äusserte, die offenbar den Zeitgeist trafen und für Gesprächsstoff sorgten.
4.2 Der politische Kontext
Das starke Wachstum von News Corporation in England und den USA fällt in eine
Periode, in der mit Margaret Thatcher und Ronald Reagan zwei konservative Regierungen
an der Macht waren. Ihre marktfreundliche und gewerkschaftsfeindliche Politik brachte für
News Corporation wesentliche Vorteile mit sich. Insbesondere in Grossbritannien, wo die
Gewerkschaften der Druckereiindustrie und der Journalisten vor dem Wahlsieg Thatchers
im Jahre 1979 eine traditionell wichtige Position innehatten und die Rekrutierung von
neuem Personal sowie die Ausgestaltung der Löhne wesentlich mitbestimmen konnten,
profitierte die auf Wachstum ausgerichtete News Corporation stark von politischen
Massnahmen zur Eindämmung der Macht der Gewerkschaften (Marjoribanks 2000). Als
Beispiel und einschneidendes Ereignis kann hier die Standortverlagerung des Produktions-
und Logistikzentrums von News Corporation England von Fleet Street nach Wapping
herangezogen werden. Um längerfristig konkurrenzfähig zu bleiben hatte die Führung von
News Corporation beschlossen die veralteten und sanierungsbedürftigen
13
Produktionsanlagen in der Fleet Street (in London) zu verlassen und neue, technologisch
fortgeschrittene und z. T. computerisierte Anlagen in Wapping in den Docks von East
London zu beziehen. Dabei wurde mit den Druckereigewerkschaften und
Journalistenverbänden der Mitarbeitenden verhandelt, die ihre Position durch den Umzug
und durch den Einsatz neuer Verfahren gefährdet sahen. Es kam jedoch zu keiner Einigung
und News Corporation verlegte den Firmensitz ohne Einverständnis der Gewerkschaften
an den neuen Standort. In der Folge kam es am neuen Arbeitsplatz zu Protestmärschen und
öffentlichen Kundgebungen, die u. a. zum Ziel hatten den Produktionsprozess der
Zeitungen Sun und The Daily Mail zu blockieren. Mit Hilfe der Polizei, die auf Anweisung
der Regierung die Geschäftstätigkeit am neuen Firmensitz garantieren sollte, gelang es
aber die Demonstrationen in einem Rahmen zu halten, in dem das Produzieren und
Verteilen der Zeitungen 3 einigermassen reibungslos vonstatten ging
Dieses Kräftemessen mit den Gewerkschaften, aus dem News Corporation zweifellos als
Sieger herausging, sollte Signalwirkung haben. Denn im Folgenden hatten die Arbeitgeber
im Medienbereich das Selbstvertrauen und die Stärke bei der Ausgestaltung der
Tarifverträge und ähnlichen Verhandlungen mit den Gewerkschaften eine starke Position
zu markieren. News Corporation war schliesslich mit „gutem“ Beispiel vorausgegangen.
Hinzu kommt, dass Rupert Murdoch sich ausgezeichnet mit Exponenten der herrschenden
Regierung zu arrangieren wusste und immer noch weiss. So verdankte Margaret Thatcher
ihren Wahlsieg zu einem gewissen Teil der Tatsache, dass die Zeitungen von News
Corporation sie unterstützten (Gershon 1997). Später setzte Murdoch sich für Tony Blair
ein und auch im amerikanischen Wahlkampf vertritt er mit Hillary Clinton eine
Kandidatin, die nicht durch eine konservative Politik hervorsticht. Daraus wird ersichtlich,
dass Murdoch in erster Linie ein Geschäftsmann ist, dem die Entwicklung und das
Wohlergehen seines Konzerns mehr am Herzen liegt als die politische Stringenz oder
Konsequenz.
3 Dies war der heikelste Punkt, denn die Zeitungen wurden für gewöhnlich mit der Eisenbahn verteilt und die Eisenbahnsgewerkschaften kooperierten mit den Druckereigewerkschaften
14
4.3 Der technologische Kontext
War News Corporation (zunächst als News Limited) ein Medienkonzern, der sich nur mit
der Herausgabe von Zeitungen beschäftigte, kamen immer neue Mediengattungen zum
Portefeuille der Organisation hinzu. Mit dem Aufkommen des Fernsehens und der
Digitalisierung in den letzten Jahren bildeten sich neue Märkte heraus, die News
Corporation geschickt zu nutzen wusste.
Am Medienproduktionsprozess ging der technologische Wandel nicht spurlos vorbei.
Wurden die Zeitungen in den 1950er, 1960er und 1970er Jahren weitestgehend indirekt
produziert, d. h. die Artikel mussten manuell druckfertig zusammengestellt werden, entfiel
dieser Produktionsschritt mit dem Aufkommen von Computern und neuer digitaler
Möglichkeiten in den 1980er und 1990er Jahren. Dies war ein Anlass für den
Standortwechsel von Fleet nach Wapping Mitte der 1980er Jahre, der News Corporation
die schnellere und effektivere Herausgabe der grossen Zeitungen erlaubte (Marjoribanks
2000). Obwohl dieser Umzug für News Corporation mit erheblichen Kosten verbunden
war, brachte er durch die moderne Technologie in den neuen Produktionsräumen
Kosteneinsparungen auf der Personalseite mit sich, die sich längerfristig auszahlen sollten.
Mit dem Aufkommen des Internets im Laufe der 1990er Jahre und mit seiner immer weiter
reichenden Implementierung in das gesellschaftliche Leben breiter Bevölkerungsschichten
in den letzten Jahren entstanden für News Corporation neue Herausforderungen, aber auch
zusätzliche Umsatzmöglichkeiten. Rupert Murdoch betont immer wieder die Wichtigkeit
des Internets für die traditionelle Medienorganisation (Jahresbericht 2006). Für ihn werden
die grossen Medienorganisationen längerfristig nur überleben können, wenn sie sich an den
Gesetzen und Logiken der neuen Medien anzupassen wissen. Dies hatte zur Folge, dass
man mit Jamba und myspace zwei bedeutende und zukunftsträchtige Brands im digitalen
Markt sicherte und sich (vorerst) keine Zukunftssorgen machen muss. So sagt Murdoch:
To some in the traditional media business, these are the most stressful of times. But to us, these are great
times. Technology is liberating us from old constraints, lowering key costs, easing access to new customers
and markets and multiplying the choices we can offer. For a content company, what could be better? (ebd.: 9)
Dies bringt den wichtigen Einfluss, den technologische Entwicklungen und ihre
gesellschaftlichen Konsequenzen auf die Mesoebene der Medienorganisation haben,
prägnant auf den Punkt.
15
4.4 Der medienbezogene Kontext
Während die technologischen Entwicklungen im Bereich des Rundfunks die
Herausbildung globaler Medienkonzerne begünstigten, wenn nicht gar bedingten, ist die
grosse Medienorganisation kein neues Phänomen, das erst mit der stetigen Verbreitung
ebendieser Technologien entstand. Denn bereits im frühen 19. Jahrhundert gab es mit den
so genannten penny papers Formate, die breite Bevölkerungsschichten erreichten (Schade
2005) und umtriebige Pressbarone wie Joseph Pulitzer und William Randolph Hearst, in
deren Tradition Rupert Murdoch durchaus zu verorten ist (Gershon 1997), sind auch kein
Phänomen der letzten Jahre, sondern ein älteren Datums. Beschränkten diese frühen
publizistischen Grossunternehmer ihren Einfluss jedoch weitestgehend auf nationale
Märkte, kam es mit dem Aufkommen des Radios in den 1920er Jahren, des Films und
später des Fernsehens zur Möglichkeit grössere geographische Räume zu erschliessen und
auch sprachspezifisch bisher für unüberbrückbar gehaltene Hindernisse zu überbrücken4.
Insbesondere im Filmbereich vermochten amerikanische Unternehmer diese neuen
Möglichkeiten schon früh für sich zu nutzen. Als prototypisch für den frühen
Medienunternehmer in diesem Bereich kann Walt Disney angeführt werden, der mit den
Kinderfilmen und Cartoons seines Unternehmens in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
eine prägende Figur im Unterhaltungsbereich war und dessen Walt Disney Company heute
die zweitgrösste Medienorganisation der Welt ist (Hachmeister & Rager 2005).
Auf der Angebotsseite der Medienprodukte ist eine Fragmentierung feststellbar. War beim
Sendestart in Deutschland und später in der Schweiz lediglich ein öffentlich-rechtlicher
oder staatlicher Sender empfangbar und mussten sich zwangsweise alle Leute die
fernsahen diesen Sender zu Gemüte führen, kamen mit der Zeit immer weitere und
spezialisierte Kanäle hinzu und das Publikum hatte zunehmende Wahlfreiheit oder -pflicht.
Sport-, Musik- und Nachrichtensender gehören heute zum Standardprogramm für den
regelmässigen Fernsehseher. Dasselbe gilt für andere Medien wie dem Magazin oder dem
Radio, wo vielfältige und hoch spezialisierte Spartenmagazine und -kanäle entstanden.
Für die drei Hauptmärkte von News Corporation (USA, Grossbritannien und Australien-
Ozeanien) gilt zu sagen, dass ihre Mediensysteme in gewissen Belangen unterschiedlich
ausgestaltet sind, aber dennoch grundlegende Ähnlichkeiten aufweisen (Hallin & Mancini
2004). So kategorisieren Hallin und Mancini (ebd.) die USA und Grossbritannien
zusammen ins Nordatlantische oder Liberale Modell, das sich durch eine weitgehende
4 Ein Stummfilm mit Charlie Chaplin war auch für Deutsche, Franzosen, Italiener, Japaner und Angehörige anderer Nationalitäten zumindest teilweise nachvollziehbar.
16
Professionalisierung des Journalismus, mittlere Zeitungsauflagen, geringen politischen
Parallelismus und wenig regulative Eingriffe seitens des Staats ins Mediensystem
auszeichnet. Das australische Mediensystem ist nicht untersucht worden, orientiert sich
aber eher am Grossbritannischen Modell als am US-amerikanischen (Marjoribanks 2000).
Obgleich die Ähnlichkeiten bezüglich verschiedenen Dimensionen offensichtlich sind (so
z. B. die Pressefreiheit in allen drei Gesellschaften), sollten die Unterschiede nicht
vernachlässigt werden. Während der Rundfunk in den USA sehr stark liberalisiert ist, trifft
dies im Vereinigten Königreich nicht zu. Die Rundfunkkultur in Grossbritannien wird von
der öffentlich-rechtlichen BBC geprägt, obwohl auch private Sender nicht unbeträchtliche
Marktanteile aufweisen. In Australien ist die Situation mit Grossbritannien vergleichbar,
obwohl der Medienmarkt aufgrund der vergleichsweise geringen Einwohnerzahl nicht
annähernd so gross ist wie in den USA und Grossbritannien.
News Corporation hat aus diesen Gründen verschiedene Angebotsstrukturen, die auf die
jeweiligen Eigentümlichkeiten der nationalen Medienmärkte abgestimmt sind. In
Australien, wo die Presserzeugnisse von News Corporation rund zwei Drittel des ganzen
nationalen Zeitungsmarkts ausmachen (Gershon 1997: 200), und in Grossbritannien sind
die Druckerzeugnisse wichtiger für den Cashflow des Unternehmens als das Fernsehen
oder die anderen Sparten, in den USA ist es umgekehrt. Hier machen insbesondere die TV-
Kanäle von Fox und das Filmstudio 20th Century Fox Grossteile des Umsatzes aus
(Jahresbericht 2006).
4.5 Der wirtschaftliche Kontext
Während die Nachkriegszeit von beträchtlichem Wirtschaftswachstum, besonders in
Deutschland, aber auch in anderen zentraleuropäischen Ländern sowie in den USA geprägt
war (Wachstumsstudien 2007), kam es in den 1970er Jahren im Zuge der Ölkrise zu einer
wirtschaftlichen Stagnation, in dem das alte Gesellschaftsmodell sich langsam auflöste wie
eine Brausetablette im Wasser (Bornschier 1998). Auf diese Krise versuchten die
neoliberalen Präsidenten Thatcher und Reagan mit einer marktfreundlichen Politik und
einem möglichst schlanken Staat, der die Unternehmen und Verbraucher zu neuen
Investitionen animieren soll, zu reagieren. In der Folge kam es in verschiedenen Bereichen
zu Deregulierungen und Privatisierungen. So glaubte man durch Konkurrenz und
Innovation neue Anreize zu schaffen, die letzten Endes den Bürgern zugute kommen
sollten. Auch an den Medien ging diese Politik der Deregulierung nicht spurlos vorüber.
17
Waren die Presseerzeugnisse in den angelsächsischen Ländern seit langem durch die
Pressefreiheit relativ frei in ihrer Geschäftstätigkeit, bestanden in Grossbritannien und
Australien erhebliche Hindernisse für private Anbieter, die in den Rundfunkmarkt
einsteigen wollten. Im Vereinigten Königreich hatten es private Anbieter schwer neben der
übermächtigen öffentlich-rechtlichen BBC zu bestehen.
Die Globalisierung der Wirtschaft und neue Möglichkeiten der Vernetzung und der
effizienteren und schnelleren Kommunikation brachten auch für die Medienorganisationen
entscheidende Veränderungen mit sich. Es war nun besser möglich globale Strukturen
lokal zu implementieren und auf Veränderungen konnte schneller und zielgerichteter
reagiert werden (Marjoribanks 2000). Diese Vorteile äussern sich auf verschiedenen
Ebenen. Zum einen ist es möglich innerhalb des Konzerns vernetzter zu arbeiten. Artikel
der einen Zeitung können in gleicher oder leicht abgeänderter Form auch für andere
Zeitungen verwendet werden und die Vermittlung und Rekrutierung von Fachkräften
sowie der Informationsaustausch zu spezifischen Problemen geschieht ohne grösseren
Aufwand. Beispiele für die Vorteile, die die Globalisierung für News Corporation mit sich
bringt, sind schnell zur Hand. Bei Tarifverhandlungen mit den New Yorker
Gewerkschaften über die Anstellungsverhältnisse bei der (zu News Corporation gehörigen)
New York Post konnte es sich Rupert Murdoch leisten resistentes und streikendes Personal
durch kompromissbereites aus San Antonio zu ersetzen, wo News Corporation ebenfalls
über eine Zeitung verfügt (ebd.: 190). Auch der Einsatz von Technologie kann auf globaler
Ebene in Zeiten globaler Vernetzung rationaler kombiniert werden. Wenn alle
Produktionsprozesse innerhalb eines Unternehmens global ähnlich ablaufen und dieselben
Technologien an den verschiedenen Standorten zum Einsatz kommen, sind die Kosten für
die Schulung des Personals geringer und der Austausch von Know-How geht schneller und
effizienter vonstatten. Dadurch können erhebliche Personal- und Infrastrukturkosten
gespart werden, womit mehr Geld für zusätzliche Investitionen und Innovationen zur
Verfügung zur Verfügung steht. Zudem können Produkte in grossen Medienorganisationen
gezielt crosspromotet werden, was den Arbeitsaufwand senkt und das Publikum an die
Organisation bindet. Ein Beispiel für ein solches Crosspromoting stellt die positive
Besprechung von Filmen des zu News Corporation gehörigen Filmstudios 20th Century
Fox in dem ebenfalls zu News Corporation gehörigen TV- und Filmmagazin TV Guide dar
(Gershon 1997: 199). Mit einer Auflage von 17 Millionen Exemplaren war TV Guide
1988, dem Jahr, in dem es von News Corporation übernommen wurde, das
auflagenstärkste Wochenmagazin in den USA und eignete sich dadurch hervorragend zur
18
Promotion des zu diesem Zeitpunkt noch jungen Fox TV Networks, das neue Zuschauer
dringend gebrauchen konnte. Durch die regelmässigen Berichte und die gezielte
Crosspromotion wurde der Sender allmählich bekannter und konnte seine Einschaltquoten
stetig vergrössern.
5. Kommentar
5.1 Kritische Anmerkungen
Kritische Stimmen in Zusammenhang mit zunehmender Medienkonzentration kommen
immer wieder auf, denn globale Medienorganisationen wie News Corporation,
Bertelsmann oder Time Warner verkörpern diese Machtballung fast schon idealtypisch.
Jarren & Meier (2001) weisen z. B. auf die negativen Konsequenzen und Gefahren hin die
eine zu starke Unilateralisierung, insbesondere im Mediensektor, mit sich bringen kann. Es
besteht z. B. die Möglichkeit der Manipulation des Publikums (vgl. auch Gershon 1997:
29ff.). Medienorganisationen unterscheiden sich von anderen globalen Organisationen, wie
z. B. Getränkeherstellern und Autokonzernen, dadurch, dass sie Öffentlichkeit bereitstellen
und einen gesellschaftlichen Auftrag erfüllen sollten, nämlich sachlich zu informieren. Bei
zu grosser Machtkonzentration und weitgreifenden Oligopolen im Mediensektor kann es
zu verzerrten Outputs und einem Qualitätsverlust bei der journalistischen Professionalität
kommen (ebd.). Die Meinungsvielfalt wird dadurch gefährdet und wir sind weiter denn je
von der idealtypischen Vorstellung der bürgerlichen Öffentlichkeit (Habermas 1990)
entfernt.
Insbesondere das Fernsehen erreicht in vielen Ländern grosse Teile der Bevölkerung und
ist von wenigen öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern dominiert. In Deutschland
erreichen die Medienerzeugnisse der Bertelsmanngruppe täglich mehrere Zehnmillionen
Leute, die sich der Bedingungen und Deutungsszenarien dieser Erzeugnisse nicht immer
bewusst sind. Ein weiteres Problem, das sich im Zusammenhang mit zunehmender
Medienkonzentration stellt, sind die Möglichkeiten der journalistischen Wiederverwertung
bestimmter Produkte. Da der Journalismus - und als sein natürliches Habitat, als sein
angestammter Raum die Öffentlichkeit - idealtypisch emanzipiert und nicht nach
machtspezifischen Kriterien organisiert sein sollte, kommt hier eine Unzulänglichkeit zum
19
Tragen, die vielleicht am besten mit dem Begriff Unoriginalität oder Konservatismus
umschrieben werden kann.
Hinzu kommen Verflechtungen mit dem politischen System und dessen Exponenten
(Gershon 1997, Page 2003). Einerseits sind die Politiker auf Publizität und
Aufmerksamkeit seitens der Medien angewiesen, andererseits brauchen die
Medienkonzerne Stoff, mit dem die Zeitungen und Fernsehsendungen gefüllt werden
können und sind auf eine marktfreundliche von möglichst wenigen Regulierungen geprägte
Rundfunk- und Pressepolitik angewiesen um expandieren und den Umsatz vergrössern zu
können. Diese gegenseitige Verflechtung birgt Gefahren für die idealtypische Demokratie.
Medienkonzerne agieren heute im Grunde ohne jede politische Opposition, sie können sich nur gegenseitig
im Weg stehen oder werden von Konjunkturkrisen durchgeschüttelt. Eine vernünftige Medienpolitik
ausserhalb der Konzernsphäre, die sich konsequent um die Sicherung publizistischer Vielfalt, die Rechte der
Autoren und unabhängige Produzenten, die Pflege des Mittelstandes im publizistisch-technologischen
Komplex kümmerte, wäre in Deutschland und Europa erst aufzubauen. (Hachmeister & Rager 2005)
Bei News Corporation ist diese Verflechtung wie in Teil 4.2 aufgezeigt wurde relativ stark
ausgeprägt.
Durch die Dualisierung des Rundfunks in den 1980er Jahren hat sich die Medienlandschaft
grundlegend verändert. Was Quote bringt, was bei den Leuten ankommt, setzt sich durch.
Auf inhaltliche Qualitäten wird weniger Rücksicht genommen. Hier kann der Vergleich
von Informations- und Unterhaltungsangeboten auf den Privatsendern als Beispiel
angefügt werden. Während die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einen gewissen
Informations- und Aufklärungsanspruch zu erfüllen haben, stutzen die Privatsender (z. B.
Sat1) ihre Nachrichtensendungen mehr und mehr zeitlich und sachlich zusammen, so dass
human interest Themen und Promiberichterstattung einen immer wichtigeren Stellenwert
innerhalb dieses Formats einnehmen (Spiegel 2007).
5.2 Publizistische Grenzen der globalen Medienorganisation
Obwohl News Corporation auch in gewissen nichtenglischsprachigen Ländern prominent
vertreten ist (so z. B. in Indien, wo der Konzern einen Fernsehsender besitzt), erweist sich
ihr Einfluss im resteuropäischen Gebiet und in Südamerika als begrenzt. Scheinbar stellt
sich das medienspezifische, das kulturelle und soziale Umfeld in diesen Gesellschaften als
suboptimal und hinderlich für den Markteintritt dar. Während kleine Länder wie die
20
Schweiz oder Belgien aufgrund der geringen Marktgrösse und der erheblichen
Anpassungskosten (z. B. wegen Mehrsprachigkeit oder geographischer Fragmentierung
wie dies in Skandinavien eher der Fall ist) ohnehin für globale Medienorganisationen nicht
besonders interessant sind, böten Deutschland, Spanien, Frankreich und Italien durchaus
Entwicklungs- und Expansionspotential für News Corporation. Allerdings verfügt der
Konzern nur in Italien (mit Sky Italia) über ein entsprechendes annehmbares Engagement.
In Deutschland und Frankreich existieren mit Bertelsmann, Springer und der Pro7Sat1-
Media Group resp. Lagadère und Vivendi-Universal bereits Medienorganisationen von
Weltformat, die in ihrem jeweiligen Kontext eine wichtige, wenn nicht gar
marktbeherrschende Position einnehmen. Nur mit erheblichem Expertenwissen und daraus
folgend beträchtlichen Investitionen und nur auf Kosten der schon anwesenden Player
dürfte es News Corporation gelingen sich ein Stückchen vom Medienkuchen
abzuschneiden. Trotz einiger Versuche von News Corporation sich in den deutschen TV-
Markt einzukaufen - u. a. mit dem Kauf der Rechte für die Champions League für den
Bezahlsender Premiere und einer Beteiligung an den Fernsehkanälen Vox und tm3
(Hachmeister & Rager 2005) - ist der Konzern in deutschen Gefilden nicht erfolgreich und
auf dem Pressemarkt überhaupt nicht vertreten.
Hinzu kommt die relativ protektionistische Medienpolitik in Frankreich und Deutschland,
die strenge Vorschriften und Auflagen bezüglich der Medienproduktion, insbesondere im
Rundfunkbereich, aufweist.
6. Schluss
Diese Seminararbeit hat die Struktur und Entwicklung einer der grössten
Medienorganisationen der Welt in einem spezifischen zeitgeschichtlichen Kontext
aufgezeigt und Probleme beleuchtet, die damit verbunden sind. Sie hat gezeigt, dass
Veränderungen auf der Mesoebene der Organisation besser verständlich werden, wenn der
Rahmen, die spezifische Ausgestaltung einer Epoche und der soziale Wandel, der zu ihr
geführt hat in die Analyse miteinbezogen werden. Ein wesentlicher Teil des Erfolgs von
News Corporation ist darauf zurückzuführen, dass Rupert Murdoch die Zeichen der Zeit
verstanden hat, offen für neue Innovationen war und sich gleichzeitig mit den bestehenden
Verhältnissen arrangieren konnte (Gershon 1997). So wurde aus einem kleinen
21
australischen Zeitungsunternehmen der viertgrösste Medienkonzern der Welt mit einem
Umsatz der das Bruttoinlandprodukt vieler Länder, wie z. B. Albanien oder Nicaragua
übertrifft (Wachstumsstudien 2007).
Aus kultursoziologischer Sicht mag man den effekthascherischen und skandalisierenden
Ton der mittlerweile grössten Tageszeitung der englischsprachigen Welt beklagen und
über die mangelnde Ästhetik, den fehlenden Geist der grossen Blockbuster von 20th
Century Fox lamentieren oder gar mit erhobenen Zeigefinger auf die mitunter manipulativ
verzerrte Visage von Rupert Murdoch zeigen, aber man sollte nicht vergessen, dass dies
alles Ausgeburten einer Zeit sind, in der es eben ein bisschen anders zugeht als früher. In
Anbetracht der Ideale der bürgerlichen Öffentlichkeit, wie sie Habermas präsentiert hat,
kann man sagen, dass die globale Medienorganisation der Moderne keinerlei Möglichkeit
hat sich auch nur annähernd daran zu orientieren. Ihr Anspruch global und expandierend zu
sein kann nur in der Umgehung dieser Ideale erfolgen. Denn einerseits sind wir im
globalisierten Medienzeitalter weiter denn je von den Versammlungsöffentlichkeiten der
angehenden Moderne entfernt, andererseits erschwert die zunehmende Individualisierung
und Fragmentierung des Publikums den kulturkritischen und raisonnierenden Aspekt der
Medienanalyse.
Eine so grosse und komplexe Medienorganisation wie News Corporation in ihrer ganzen
Vielfalt und ihren zahlreichen Verflechtungen zu ergründen, erfordert mehr als bloss
oberflächliche Reflexion und einen vagen Theoriebezug. Es braucht dazu umfassende
Kenntnisse der Ökonomie, der Zeitgeschichte, der Medienkultur, ja vielleicht sogar der
Psychologie und sicherlich auch fundiertes empirisches Fachwissen um die theoretischen
Überlegungen in Form einer Inhaltsanalyse oder mit fokussierten Mitarbeiterinterviews
gezielt umzusetzen. Ein solches interdisziplinäres Projekt wäre freilich sehr zeitaufwändig
und kostenintensiv, würde aber sicherlich einen Erkenntnisgewinn im Bereich der
publizistischen Organisationsforschung bedeuten. Denn, um es mit Hachmeister & Rager
& Hachmeister (2005: 19) zu formulieren: „Eine Geschichte der Medienkonzerne, die alle
technologischen, sozialen und kulturellen Faktoren berücksichtigte, ist noch zu schreiben.“
Nichtsdestotrotz und in Anlehnung an das Zitat am Anfang dieser Arbeit hätte es
schlimmer kommen können. Denn schliesslich bleibt uns das Radio, das uns von früh bis
spät mit den süssesten und abgestandensten Melodien betören wird, wenn das
Armaturenbrett eingeschmolzen ist - und der Wagen Schrott.
22
Literatur
Beck, Ulrich (1986): Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne. Franfurt
am Main: Suhrkamp.
Bornschier, Volker (1998): Westliche Gesellschaft – Aufbau und Wandel. Zürich: Seismo.
Donges, Patrick; Imhof, Kurt (2005): Öffentlichkeit im Wandel. In: Bonfadelli, Heinz;
Jarren, Otfried; Siegert, Gabriele (Hrsg.): Einführung in die Publizistikwissenschaft. Bern:
Haupt.
Durkheim, Emile (2004): Über soziale Arbeitsteilung. Franfurt am Main: Suhrkamp.
Eisenstadt, Shmuel N. (1983): Tradition, Change, and Modernity. Melbourne USA:
Krieger Publishing Company
Focus-Online (2007): Verlagsübernahme. Murdoch am Ziel.
http://www.focus.de/finanzen/news/verlagsuebernahme_aid_68455.html
Abgerufen August, September 2007.
Gershon, Richard A. (1997): The Transnational Media Corporation. Global Messages and
Free Market Competition.
Habermas, Jürgen (1990): Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer
Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp
Hachmeister, Lutz; Rager, Günther (2005): Wer beherrscht die Medien? Die 50 grössten
Medienkonzerne der Welt. Jahrbuch 2005. München: Verlag C. H. Beck.
Hallin, Daniel C.; Mancini, Paolo (2004): Comparing Media Systems. Three Models of
Media and Politics. Cambridge: Cambridge University Press.
23
Horkheimer, Max; Adorno, Theodor W. (2006): Dialektik der Aufklärung. Philosophische
Fragmente. Frankfurt am Main: Fischer.
Imhof, Kurt (2006): Wandel der Gesellschaft im Licht öffentlicher Kommunikation. fög
discussion paper GL-2006-0013.
http://www.foeg.unizh.ch/foeg_discussion_papers/grundlagen/gl-2006-0013.aspx
Abgerufen Juli-September 2007.
Imhof, Kurt; Blum, Roger; Bonfadelli, Heinz et al. (2004): Einleitung. In: Imhof, Kurt;
Blum, Roger; Bonfadelli, Heinz; Jarren, Otfried (Hrsg.): Mediengesellschaft: Strukturen,
Merkmale, Entwicklungsdynamiken. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 9-
18.
Jarren, Ottfried; Meier, Werner A. (2002): Mediensysteme und Medienorganisationen als
Rahmenbedingungen für den Journalismus. In: Jarren, Otfried; Weissler, Hartmut (Hrsg.):
Journalismus - Medien – Öffentlichkeit. Eine Einführung. Wiesbaden: Westdeutscher
Verlag, 99-163.
Jenkner, Caroline (2007): Haben Sie einen Job für uns? Sat1 streicht Nachrichten. In:
Spiegel-Online, 17. Juli 2007. http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,494779,00.html
Abgerufen August-September 2007.
Kamber, Esther (2004): Mediengesellschaft – der Gesellschaftsbegriff im Spannungsfeld
der Modernetheorie. In: Imhof, Kurt; Blum, Roger; Bonfadelli, Heinz; Jarren, Otfried
(Hrsg.): Mediengesellschaft: Strukturen, Merkmale, Entwicklungsdynamiken. Wiesbaden:
VS Verlag für Sozialwissenschaften, 79-99.
Lerner, Daniel (1958): The Passing of Traditional Society: Modernizing the Middle East.
London: Macmillan Pub Co.
Luhmann, Niklas (2006): Soziale Systeme. Grundriss einer allgemeinen Theorie. Frankfurt
am Main: Suhrkamp.
Marjoribanks, Timothy (2000): News Corporation, Technology and the Workplace. Global
Strategies and Local Change. Cambridge: Cambridge University Press.
24
News Corporation (2006): Jahresbericht. Online-Version:
http://www.newscorp.com/Report2006/AR2006.pdf
Abgerufen Juli-September 2007.
OECD (2007): OECD Factbook 2007. Statistische Kennzahlen zur sozialen und
wirtschaftlichen Entwicklung der OECD-Mitglieder.
http://miranda.sourceoecd.org/vl=6776663/cl=13/nw=1/rpsv/factbook/
Abgerufen August-September 2007.
Page, Bruce (2003): The Murdoch Archipelago. New York: Simon & Schuster
Schade, Edzard (2005): Kommunikations- und Mediengeschichte. In: Bonfadelli, Heinz;
Jarren, Otfried; Siegert, Gabriele (Hrsg.): Einführung in die Publizistikwissenschaft. Bern:
Haupt.
Wachstumsstudien (2007): Institut für Wachstumsstudien. Wachstumsdatenbank.
http://www.wachstumsstudien.de/Inhalt/Datenbank/Wachstumsdatenbank.htm
Abgerufen August-September 2007.
Zucker, Alain (2007): Neuer Industriestandard. In: Die Weltwoche Nr. 9. 07. Zürich: Jean
Frey.